Radreise Berlin – Verona

Juni 2017

(6) Durch Südtirol und Trentino nach Verona in Venetien


13. Tagestour Steinach bis Brixen               
Montag 19. Juni                                     
Hotel Grüner Baum in Brixen                                                              

Die Strecke:
SteinachRadweg München Venedig – Gries - Brennersee – Hotel Brennerpass – Zollamt – Grenze – Brennerbad - „Schleife“ in das Fleres-Tal - Gossensaß/Colle Isarco - Unterried/Novale di Sotto – Sterzing/Vipiteno– Freienfeld/Campo di Trens - Stilfes/Stilves – Franzensfeste/Fortezza – ( (der Radweg München Venedig geht ab hier Richtung Osten weiter) – Vahrn/Varna – an der Eisack/Isarco entlang – Brixen/Bressanone.
71 km, 4 Stunden630 m Aufstieg, 1.128 m Abstieg.


Gleich hinter  (südlich) dem Brennerpass entspringt die Eisack, die sich bei Bozen mit der Etsch (deren Quelle am Reschenpass ist und die durch den Meraner Talkessel fließt) vereinigt.

Der Brennerpass ist einer der bedeutendsten Übergänge über die Alpen (neben St. Gotthard und Simplon). Er liegt 1370 m ü. A.  (Meter über Adria). Im Osten sind die Zillertaler Alpen, im Westen die Stubaier Alpen.
Für die Angabe der Höhe über dem Meeresspiegel werden unterschiedliche Bezugshöhen verwandt. Österreich verwendet einen 1875 festgelegten Pegelstand bei Triest (m ü. A., Meter über Adria). Deutschland verwendet Nomalhöhennull  (NHN). Als Bezugspunkt wurde ein Höhenfestpunkt an der Kirche Wallenhorst im Landkreis Osnabrück festgelegt. Der wiederum ist durch den Amsterdam Pegel – mittleres Hochwasser 1683/1684 - bestimmt.

Südtirol: Italienisch Alto Adige, Autonome Provinz  Bozen-Südtirol. Zusammen mit der ebenfalls autonomen Provinz Trentino bildet Südtirol die Region Trentino-Südtirol.  Die Provinz hat 521.000 Einwohner (2015); etwa 2/3 davon deutschsprachig. In den Dolomiten wird Ladinisch (eine sog. vulgärlateinische Sprachvariante, entstanden in der Römerzeit)   gesprochen, in Bozen mehrheitlich italienisch.  Die Provinz zählt zu den wohlhabenden Gebieten in Italien und Europa. Der wichtigste Sektor ist das Dienstleistungsgewebe (Tourismus, Handel, Verkehr). Die Wirtschaftsstruktur ist mittelständisch und genossenschaftlich geprägt.
BIP Südtirol 147  % % ,  
(EU 100 %,  Italien 96 %, Deutschland 124 %).

Geschafft: Brennerpass

Von Steinach ging es oberhalb der Brennerstraße weiter bergauf Richtung Brenner. Ein herrliches Alpenpanorama. Gries am Brenner. das war früher der klassische Übernachtungsort am Brenner. Dann Brenner See. Um 10 Uhr waren wir am Brenner und mussten auf unsere Frauen warten. Sie hatten wie wir nicht gedacht, dass wir so schnell am Brenner sind.

Der Brennerpass ist hässlich verbaut. Ein großes Outlet Center ist dort hingesetzt worden. Nur der Grenzstein an der Grenze zwischen Österreich und Italien erinnert daran, dass der Pass erreicht ist.

Nach unserem historischen Foto am Brenner ging es weiter. Ein sehr gut ausgebauter Radweg ist auf einer aufgegebenen Bahntrasse angelegt worden. In einer großen Schleife führt der Weg nach Westen in das Pflerschtal (Val die Fleres) der Stubaier Alpen und auf der anderen Talseite wieder in das Eisack-Tal nach Gossensaß zurück. Immer schön bergab. Gerade abwärts direkt im Eisacktal wäre es eine heftige Schussfahrt, wohl kaum sicher zu fahren. Danach ging es  das Eisacktal hinunter, mal rechts und mal links des Flusses. Der weitere Weg erreicht Sterzing. Vorbei an Franzensfeste, von der vom Fahrrad aus nicht viel zu sehen ist. Hier biegt der Radweg nach Venedig ab. Wir fahren weiter im Eisack-Tal bis Brixen. Nicht lange und Brixen war erreicht.

Die Thermalquellen von Brennerbad (mit fast 22 Grad die wärmste Quelle in Südtirol) sollen schon in der Antike bekannt gewesen sein. In den besten Jahren (bis zum Beginn des 1. Weltkriegs)  hielten die Züge für die Gäste des Grand Hotels in Brennerbad. Nach einem großen Brand 1922 und der wirtschaftlichen Krise kam das Aus für das Grand Hotel und den Bäderbetrieb.

Gossensaß, Knappensitz ist der Name (Gossen – Knappen, Saß – Sitz). Die Bergleute (Knappen) der Silberminen im Pflerschtal wurden aus ganz Europa angelockt und wohnten hier. Das dauerte von Anfang des 15. Jh. bis zum Ende des 16. Jh. dann waren die Silberadern erschöpft.  Anfang des 19. Jh. kam ein – kurzer – Aufschwung mit den Thermalquellen in Brennerbad. Aber auch das war mit dem Beginn des 1. Weltkriegs zu Ende.

Sterzing ist die erste Stadt hinter dem Brennerpass. Aufgrund seiner Lage war sie seit alters her eine wichtige Handelsstadt. Schon im 14. Jh. v.Chr. entstand in der Nähe die römische Siedlung Vibidenum. Die Italiener leiteten nach der Übernahme Südtirols davon den italienischen Namen für Sterzing ab, Vipiteno. Um 1400 bis in das 16. Jh. erlebte Sterzing wie Gossensaß einen großen Aufschwung, als im Wipptal Silberminen erschlossen wurden. Sterzing erhielt den Beinamen „Fugger-Städtchen“, auch hier waren die Fugger im Besitz der Stollen. Rd. 10.000 Knappen arbeiteten damals in dem Gebiet.

Die Festung Franzensfeste wurde in der 1. Hälfte des 19. Jh. von Österreich zur Sicherung des Verkehrswegs über den Brenner gebaut. Weiter südlich (bei Rivoli Veronese) sind wir an weiteren Festungsbauten vorbeigekommen. 1939 wurde der Stausee zur Elektrizitätserzeugung gebaut. 

Brixen ist eine der ältesten Städte der Region Trentino-                         Südtirol.
Die Fürstbischöfe von Brixen waren von 1027 bis 1803 deutsche Reichsfürsten.  Einer der Bischöfe war Nikolaus von Kues.
Auf dem Konzil 1080 in Brixen wurde Papst Clemens III gegen den amtierenden Papst Gregor VII („gregorianische“ Kirchenreform, u.a. Durchsetzung des Zölibats) gewählt.
1758 wurde der Dom „Maria Aufnahme in den Himmel und St. Kassian“ geweiht, Vorgängerbauten stammten aus ottonischer Zeit (um das Jahr 1000).
Zweitgrößter Wirtschaftsstandort (nach Bozen) Südtirols.

Im Hotel Grüner Baum in Brixen waren meine Frau und ich schon einmal vor vielen Jahren bei einem Treffen der Altstipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung. Deswegen hatte ich es auch für die Fahrradtour ausgewählt. 
Das Hotel liegt im ursprünglichen Kern von Brixen, Stufels. Die Familie Stremitzer betreibt das Hotel seit 1784, der Ursprung liegt schon im Jahr 1670. Aber ich war enttäuscht. Die Zimmer waren zwar gut. Doch das Hotel war ein großer Betrieb mit drei Häusern geworden. Nicht viel Familiäres mehr.

Die Tagung der Altstipendiaten war damals in der Cusanus-Akademie neben dem Priesterseminar.  Der Name der Akademie erinnert an Nikolaus von Kues (Nikolaus Cryfftz aus Kues an der Mosel), der Mitte des 15. Jh. Bischof in Brixen war.  Kues war bedeutender Philosoph und Kirchenlehrer. Im Laufe seines Lebens verschaffte er sich über 30 kirchliche Ämter (Pfründe, die ihm sein Einkommen sicherten. Das war damals üblich). Kurz vor seinem Tod 1464 erhielt er noch die Propstei von St. Mauritius in Hildesheim (Moritzberg).

Als Kardinal besuchte Kues während einer Reise durch Deutschland 1452 im Auftrag des Papstes auch Hildesheim. Er nahm den Gläubigen die Beichte ab. Dazu mussten sie 4 Glaubensstücke kennen (Vaterunser, Ave Maria, 10 Gebote, Glaubensbekenntnis). Damit die Gläubigen die Texte verstehen konnten, wurden sie in dem damaligen Hildesheimer Plattdeutsch abgeschrieben. Die Tafel mit den 4 Glaubensstücken befindet sich in der Hildesheimer Lambertikirche (das Original ist im Hildesheimer Museum).

Dom und 1000-Jahresäule
Der Dom ist inmitten der historischen Altstadt. Gegen Ende des 1. Jahrtausend wurde der Bischofssitz von Säben (Eisacktal oberhalb von Klausen) nach Brixen verlegt. Davor bestand schon ein Vorgängerbau des Doms. Der jetzige Dom stammt weitgehend aus dem Anfang des 13. Jh. mit späteren Umbauten (u.a. frühbarocke Turmbauten).
Auf dem Domplatz wurde 1901 zur 1000-Jahrfeier die Bischofssäule errichtet.

Am Domplatz befindet sich auch die Pfarrkirche St. Michael, um 1500 errichtet. Auch sie hatte Vorgängerbauten, die bis in die Anfänge des 11. Jh. reichen. Auch sie wurde mehrfach umgebaut,  das Kircheninnere wurde  barockisiert.

Das Rathaus der Stadt ist erst rd. 100 Jahre Verwaltungssitz. 1911 wurde es gekauft. Gebaut wurde es viel früher als Bürgerhaus mit einem Mehl- und Viktualienhandel.

Die Hofburg war Sitz der Fürstbischöfe (ab 1803). Heute sind dort Museum und Archiv der Diözese. Ursprung ist eine fürstbischöfliche Burg (13. Jh.). Kurze Zeit war die Bischofsburg Sitz der Tiroler Bauernrepublik, die der Bauernführer Michael Gaismair 1525 ausrief. Die Bauernaufstände verbreiteten sich von Süddeutschland aus in die Alpenländer. Der Aufstand in Brixen wurde im gleichen Jahr niedergeschlagen.

Ursache der Bauernaufstände  war die zunehmende Abgabenlast, die auf den Bauern lastete. Die Feudalgesellschaft (Fürsten und Klerus)  lebte von der Arbeit der Bauern. Hinzu kamen häufige Missernten. Überliefertes Recht wurde von den Grundherren ignoriert und zu Lasten der Bauern abgeschafft (Allmende, Weiderechte, Fischereinutzung etc.).
In Luthers Schriften („Von der Freiheit eines Christenmenschen“) sahen viele eine Rechtfertigung für den Widerstand gegen Ausbeutung und Unterdrückung. Luther selber war entsetzt über die Wirkung seiner Worte und distanzierte sich von den Bauernaufständen. Anders Thomas Münzer, ursprünglich ein Anhänger Luthers, er stand zu der gewaltsamen Befreiung der Bauern. Ebenso Ulrich Zwingli.


14. Tagestour Brixen nach Bozen   
Dienstag 20. Juni                                  
Hotel Stadthotel Citta in Bozen                                            

Die Strecke:
Brixen/BressanoneBrennerradroute -  Klausen/Chiusa – Waidbruck/Ponte Gardena – Kollmann/Colma – Atzwang/Campdazzo – Steg/Steg –  Karneid/Comedo all Isarco– Bozen/Bolzano.
45 km, 2,5 Stunden,  262 m Aufstieg,  554 m Abstieg .


Diese Tagestour sollte die Tour der Tunnel werden. Ich habe sie nicht gezählt, es waren viele. Der Radweg nutzt hinter Klausen  eine aufgegebene Eisenbahntrasse mitsamt den alten Tunnel und Brücken. Ein interessanter Radweg durch das hier enger werdende Eisacktal, manchmal erhöht über dem Ufer.

Schon vor Brixen fuhren wir fast durchgehend an Obstplantagen vorbei, es waren immer Äpfel-Spalierbäume. Das wiederholte sich jetzt, immer öfter abgelöst von Weinbergen.

Kloster Säben

Oberhalb von Klausen liegt die alte Klosteranlage Säben. An Klausen erinnere ich mich. Hier hatten wir mit der Familie auf der Durchreise vom Gardasee kommend übernachtet. Im Dunkeln waren wir angekommen und am Morgen von den steil aufragenden Bergen direkt am Hotel überrascht. So hoch fand ich die Berge um Klausen herum jetzt gar nicht.

Oberhalb von Klausen ist der Säbener Berg.  Hier wurde das Bistum Säben (um  das Jahr 350) gegründet, das vor der Jahrtausendwende nach Brixen verlegt wurde. An der Stelle des jetzigen Klosters befand sich eine römische Siedlung, die sich zu einem frühchristlichen Zentrum entwickelte. Nach der Verlegung des Bischofssitzes nach Brixen blieb Säben eine bischöfliche Wehrburg. Im 17. Jh. kamen die ersten Nonnen aus Salzburg nach Säben. Noch heute ist Säben ein Benediktinerinnen-Kloster.

In Bozen hatten wir unser Hotel direkt am Marktplatz, ein modernes und schönes Stadthotel. Alle unsere Unterkünfte lagen sehr zentral, bis auf das in Trient. Das Hotel warb mit dem Gebirgs-Trinkwasser der Stadt. Auf dem Zimmer waren Wasserflaschen, in die man das Leitungswasser füllen konnte. Wir durften sie als Erinnerung mitnehmen.

Walther-Platz

Das Hotel lag am Walther-von-der-Vogelweide-Platz mit dem Walther-Denkmal im Mittelpunkt. Errichtet wurde das Denkmal Ende des 19. Jh. zur Erinnerung, dass Walther von der Vogelweide aus Südtirol stamme (aber auch andere Regionen nehmen das für sich in Anspruch). Das Denkmal sollte zudem die Zugehörigkeit Südtirols zum deutschen Sprach- und Kulturraum unter-streichen. Deswegen wurde es vorübergehend während der Musollini-Zeit in Italien an einem weniger zentralen Ort aufgestellt.

Walther von der Vogelweide gilt als bedeutendster deutschsprachiger Dichter des Mittelalters.

In Brixen hatten uns die Laubengänge schon gefallen. Hier in Bozen waren sie größer (im 11. Jh. gebaut). Und das Einkaufen macht in den Lauben-Geschäften mehr Spaß als in den modernen Kaufhäusern. Uschi hat das so gefallen, dass sie an einem (schon schönen) Twinset nicht vorbeikam. 

Auf der Piazza delle Erbe sind wir an den Marktständen mit Südtiroler Süßkirschen und Feigen und natürlich Käse und Schinken vorbei geschlendert. Die Piazza Erbe ist übersetzt die Kräutergasse. In Verona ist die gleichnamige Straße ebenfalls ein Markt. Die Bozener Deutschen haben die Straße einfacher übersetzt und nennen sie Erbsenstraße.

Pünktlich um 4 Uhr nachmittags erklang (nicht nur) für uns das Glockenspiel „Großer Gott wir loben Dich“ vom Turm der Franziskanerkirche. Das Lied ist eines der am weitesten verbreiteten Kirchenlieder. Als ursprünglich katholisches Lied ist es eines der wenigen, das auch in evangelischen Kirchen gesungen wird. Das zur Kirche gehörende Kloster geht auf Franziskaner aus Speyer zurück, die Anfang des 13. Jh. nach Bozen kamen.

Die Stadtpfarrkirche Maria Himmelfahrt ist seit 1964 Dom und Konkathedrale des Brixener Doms. In dem Jahr wurde der Bischofssitz von Brixen nach Bozen verlegt. Jedoch blieben der Bischofsstuhl (Kathedra)  und das Domkapitel (Leitung des Bistums) in Brixen. Nur der Bischof wohnt in Bozen.

Es war warm in Südtirol, 35 Grad und schwül. So blieb es nicht aus, dass ein Gewitter mit ordentlichen Regenschauern kam. Aber erst am Abend, nach dem Stadtrundgang. Das störte uns nicht.

Bozen ist die Landeshauptstadt Südtirols
Bischofssitz. Universitätsstadt.
Ursprung ist die römische Militärstation Pons Drusi.
Noch 1910 war in Bozen die deutschsprachige Bevölkerung deutlich in der Überzahl. Die Industrialisierung und die gezielte Ansiedlung von Italienern in der Mussolini-Zeit brachte eine Umkehrung, 75 % der Einwohner sprechen heute italienisch (2011).


15. Tagestour Bozen nach Trient     
Mittwoch 21. Juni                                 
Hotel NH Trento in Trento                                        

Die Strecke:
Bozen/Bolzano  - vorbei an Auer/Ora – vorbei an Neumarkt/Egna -  vorbei an Salorno/Salurn – San Michaele all Adige – Nave San Rocco – vorbei an Lavis – vorbei an Canova – Trient/Trento.
  85 km, 4 Stunden, 48 m Aufstieg, 120 m Abstieg.


In Bozen fließt die Eisack in die Etsch. Der Etsch-Radweg kommt vom Reschenpass und ist jetzt unser Weg ab Bozen bis Verona. Weiter nach Trient und zum Ziel Verona.

Trentino: Italienisch Provincia autonoma di Trento. 540.000 Einwohner (2015), mehrheitlich italienischsprachig. Hauptstadt ist Trient.  Wichtigster Wirtschaftszweig ist auch hier der Dienstleistungssektor. Bedeutend ist die Textil- und Holzverarbeitungsindustrie.
BIP Trentino 123  % ,  
(EU 100 %,  Italien 96 %, Deutschland 124 %).

Wir hatten es offen gelassen, ob wir von Bozen nach Trient direkt im Tal der Etsch fahren oder einen Umweg über den Kalterer See machen. Die Entscheidung fiel für den Kalterer See.

Mendelkamm am Kalterer See

Das bedeutete aber als erstes einen kräftigen Anstieg gleich hinter Bozen, um Schloss Sigmundskron (seit 2006 ist hier ein Bergmuseum des Südtiroler Bergsteigers Reinhold Messner) herum. Mit kräftigem und stetigem Anstieg bis Eppan. Aber Eppan war nicht weit. Trotzdem haben wir uns mit unseren Frauen in einer Jausen-Station in St. Michael (Hauptort der Gemeinde Eppan) verabredet, um den roten Kalterer zu probieren (am Kalterer See gibt es nur Rotwein).

Hinter Eppan verlief der Radweg oberhalb des alten Flusslaufs der Etsch, durch Apfel-Spalierbaum-Plantagen  und Weinfelder. Das bedeutete anschließende Schuss-Fahrt runter zum Kalterer See. Ein ziemlich kleiner See. Der Ort davor, Kaltern, gab dem See den Namen. Ein touristisch überlaufener Ort.

Der Kalterer  See liegt in dem urzeitlichen Tal  der Etsch (bevor der heutige Verlauf entstand) mit Kaltern und Tramin (die Weinsorte Gewürztraminer hat von dem Ort den Namen, dort ist die Rebsorte seit dem 11. Jh. dokumentiert). In Göttinger Studentenzeiten gab es den „Bauerntrunk“ vom Kalterer See, ein preiswerter (!) Rotwein in großen Flaschen.

Auch hier wieder eine Erinnerung. An einen früheren Familien-Urlaub am Gardasee. Wir hatten einen Ausflug auch an den Kalterer See unternommen. Tina war noch klein (na ja, sie selber fühlte sich wohl schon als Teenager). Wir waren mit einem Tretboot auf dem Wasser. Über den Bergen zogen schon dunkle Wolken auf. Aber die waren ja noch weit weg. Weit gefehlt. Im Nu waren die Wolken über dem See. Und mit ihnen kräftiger Regen und heftiger Wind. Uschi und ich haben Tina am Tretpedal abgelöst. Es half nicht. Wir kamen nicht voran. Also entschlossen wir uns, das Tretboot irgendwo an das Ufer treiben zu lassen. Durch Wind und Regen am Ufer zurück zum Bootsverleih. Die nahmen es gelassen, dass wir das Boot am Ufer zurück gelassen hatten. Sie kannten das.

Hinter dem Kalterer See war eine der wenigen Fehlfahrten. Wir waren nicht auf dem Radweg zur Etsch. Meine Outdoor-App sagte mir, dass es auch noch einen anderen Weg gibt. Den fuhren wir. Es war ein schöner Weg durch Apfelbaum-Plantagen (60 Millionen Apfelbäume gibt es in Südtirol). Aber mit einem Mal  standen wir vor einem Kanal. Ohne Brücke oder Steg.  Also: Zurück. Sicherheitshalber sind wir auf einer Landstraße weitergefahren, Richtung Auer. Das bedeutete entgegen unserer Richtung, nach Norden. Aber Auer ist an der Etsch und an unserem Radweg nach Süden. Sicher war Sicher.

Weiter an der Etsch entlang. Auer, Neumarkt, Salurn. Bei Salurn ist die Salurner Klause, eine kleine Höhe an der Etsch. Hier ist die Grenze zwischen der deutsch- und italienisch-sprachigen Besiedelung.  
Bei Lavis mussten wir 3 km ins Landesinnere fahren und im spitzen Winkel wieder 3 km  zurück. Direkt an der Etsch gab es keine Brücke über den kleinen Nebenfluss Avisio.

Um Auer herum war früher eine Sumpflandschaft.  Die österreichische Kaiserin Maria Theresia ließ im 18. Jh. die Sümpfe trockenlegen und schuf damit die Voraussetzung für den heutigen Obst- und Weinbau.

Stadtteil Le Albere, von Renzo Piano entworfen

Trient war nicht mehr weit. Der Flutdamm entlang der Etsch führte uns fast bis zu unserem Hotel. Diesmal etwas außerhalb der Stadt (nicht so weit, eine viertel Stunde zu Fuß). Es war in dem neuen Stadtteil Le Albere, entworfen von Renzo Piano (In Berlin stammen Gebäude am Potsdamer Platz von ihm, auch das Centre Pompidou   in Paris stammt von ihm). Im Mittelpunkt steht das Museum für Wissenschaft (Naturwissenschaft, Energie, Umwelt). Der neue Stadtteil wurde auf dem aufgelassenen Industriegelände von Michelin gebaut.  Er soll Wissenschaftsstandort und Beginn einer Neuausrichtung der gesamten Region werden. Vielleicht erhofft man sich einen Aufbruch ähnlich wie in Bilbao mit dem Guggenheim-Museum (s. Bericht Nordspanien). Eine neue Universitätsbibliothek war direkt neben unserem NH-Hotel. Aber außer Studenten sah man wenige Leute. Auch waren viele Wohnungen nicht belegt.

Trient ist die Hauptstadt der Region Trentino-Südtirol. Erzbistum. Gegründet wurde Trient von den  Kelten, später von den Römern erobert. Nach dem Ende des Weströmischen Reiches kam es unter verschiedene Herrscher.

Der Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Heinrich II, übertrug 1004 dem Bischof von Trient die weltliche Gewalt (Trient wurde Hochstift) und löste es aus dem Italienischen Königreich heraus. Das Hochstift wurde reichsunmittelbar und hatte Stimmrecht im Reichsfürstenrat des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Er wollte damit den Zugang in den Süden stärker unter deutsche Kontrolle bringen. Zu dem Hochstift gehörten später die Grafschaften Trient,  Bozen und Vinschgau. Anmerkung: Den Fürstentitel führten die Bischöfe bis 1951.

1803 kam das Hochstift zur Grafschaft Tirol und damit zu Österreich. Ab 1805 bis 1809 wurde Trient mit Tirol bayerisch (durch Vertrag zwischen Österreich und Napoleons Frankreich).  Dann mussten Bayern 1810 – 1813  das Bistum an das von Napoleon gegründete Königreich (Nord-) Italien abgeben. Mit Napoleons Untergang ging auch das Königreich Italien unter. Österreich besetzte das Gebiet und ab 1814 wurde das Bistum wieder österreichisch.
1919 kam Trient mit Tirol zu Italien.

Das 19. Konzil fand von 1545 bis 1563 in Trient statt. Es befasste sich mit den Folgen der Reformation und beschloss u.a. das Verbot des Ablasshandels, das Verbot der Ämterhäufung im Bischofsamt, die Residenzpflicht der Bischöfe in ihren Diözesen und die Ausbildung der Priester in Seminaren. Die Gegenreformation begann.  Mit Hilfe des katholischen Habsburger Kaisers erfolgte die Rekatholisierung protestantischer Territorien, auch gewaltsam. Zusammen mit anderen politischen Gründen führte das schließlich zum 30-jährigen Krieg (1618 – 1648).
.
Eine Zwischenepisode war von 1943 bis 1945, als Trient wie Südtirol Teil der faschistischen Republik von Salo (Stadt am Westufer des Gardasees) wurde.

Stadtrundgang am Nachmittag. Zuerst der Domplatz, der Mittelpunkt des historischen Trient.

Die Kathedrale San Vigilio, ein romanischer Dom aus dem 13. Jh., steht an der Stelle einer frühchristlichen Basilika  aus dem  5. Jh. über dem Grab des Heiligen Vigilio (Missionar im oberen Etschtal und Bischof). Wir kamen gerade zum Ende einer Heiligen Messe durch den Seiteneingang in den Dom. In der großen Kirchenhalle waren 5 Priester und genau so viel Gläubige.

Domplatz

Neben dem Dom ist der Bischofssitz (9.  -  10. Jh.), der Palazzo Pretorio (ab dem 11. Jh. Sitz des Gerichts, Pretore sind Amtsrichter). Heute ist darin das Diözesan-Museum. Davor steht der Neptunbrunnen (Neptun – römischer Gott des Wassers, der griechische Wassergott ist Poseidon).

Das Rathaus der Stadt war vorher ein Adelspalast, Palazzo Thun  (Bau Mitte 15. Jh., ab 1873 Rathaus).

Das Teatro Social galt als das schönste Theater des damaligen Tirol (Nord-, Süd- und Osttirol). Mit einem Rossini-Stück („Aschenbrödel“) wurde es eröffnet (Gioachino Rossini, 1792 – 1868, italienischer Opernkomponist, u.a. „Der Barbier von Sevilla“). Bei Ausgrabungen wurden Reste der Römerstadt Tridentum, Straßenpflaster, Mosaiken, ein ganzer Handwerksbetrieb freigelegt.

Nach dem Stadtrundgang und dem Abendessen gab es wieder ein Wärme-Gewitter. Wir hatten uns sicherheitshalber für eine Taxifahrt entschieden und das erwies sich als vorausschauend. Regen hatten wir immer nur am Abend. Tagsüber war Sonnenschein und Wärme.


16. Tagestour Trient bis Verona                       
Donnerstag 22. Juni                            
Hotel B&B all`Opera Prima in Verona                        

Die Strecke:
Trient/Trento  - vorbei an Mattarello – vorbei (am Westufer) an Calliano  – vorbei (am Ostufer) an Volano, gegenüber ist Nomi – vorbei an Borgo Sacco - Rovereto – vorbei an Serravalle all Adige – Picante (gegenüber ist Ala) –  vorbei an Avio – vorbei an Borghetto (Grenze zwischen Trient und Verona) – vorbei an Peri - Brentino – Dolce – Rivoli Veronese – Ponton – BussolengoVerona.
115 km, 6 Stunden,  318 m Aufstieg, 455 m Abstieg.


Auf zur letzten Etappe. Sie sollte heute etwas länger werden. Reger Radverkehr herrschte auf dem Etsch-Radweg hinter Trient,  in beiden Richtungen. Das waren die Fahrer nach und vom Gardasee. In Rovereto bogen sie ab und es war wieder ruhig auf dem Fahrradweg.

Rovereto hat mit der Glocke Maria Dolens auf dem Hügel Miravalle die viertgrößte Glocke der Welt  (Die größte Glocke ist in Japan in einem Ferienpark. Die drittgrößte Glocke hängt im Kölner Dom). Mit 100 Glockenschlägen wird jeden Abend an die Gefallenen aller Kriege gedacht. Die Glocke wurde 1924 aus Kanonen der am Ersten Weltkrieg beteiligten Staaten gegossen. Rovereto war im Ersten Weltkrieg Schauplatz heftiger Kämpfe. 20.000 Soldaten sind im Castel Dante beerdigt.

Wir wollten sie uns ansehen, aber der Hügel war uns dann doch zu weit vom Weg entfernt. So sind wir nach einer kurzen Einkehr weiter gefahren.

Etsch-Kanal

Bei Borghetto verlassen wir die norditalienische Region Trentino-Südtirol und kommen in die Region Veneto. Westlich der Etsch sind die Berge des Monte Baldo, dahinter ist der Garda See.
Wir fahren ab jetzt meist am Etsch-Kanal entlang.

Der Kanal (Canale Medio Adige o Biffis – Biffis ist der Name des Kanal-Planers, der ihn 1913 vorgeschlagen hat) beginnt in Ala und endet in Verona. Er war für die Bewässerung der Landschaft oberhalb Veronas mit Etsch-Wasser und für zwei Elektrizitätswerke geplant. Mit dem Bau wurde 1928 unter Mussolini begonnen, beendet wurde er 1943. Die Erdbewegungen erfolgten weitgehend von Hand, in den letzten Jahren auch mit Einsatz von Kriegsgefangenen.  Der Kanal ist 47 km lang, davon 8,5 km im Tunnel. Täler wurden mit Brücken überwunden.

Venetien: Italienisch Regione del Veneto. 4,9 Mio. Einwohner (2015). Die Hauptstadt ist Venedig. Verona ist nach Venedig die zweitgrößte Stadt (262.000 Einwohner). Bis 1970 verließen innerhalb eines Jahrhunderts 3 Millionen Einwohner das bis dahin arme Land. Mit der Industriealisierung nach 1970 gab es Zuzüge aus Süditalien und dem Ausland (Ausländerquote knapp 10 %). Inzwischen gehört Venetien zu den wirtschaftsstarken Regionen Italiens.
BIP Venetien 110 % ,  
(EU 100 %,  Italien 96 %, Deutschland 124 %).

Bei Brentino ist 700 m oberhalb der Etsch eine der berühmtesten Wallfahrtsstätten Italiens,   das Santuario (Heiligtum) Basilica Madonna della Corona,  in die Felswand des Monte Baldo gebaut.

Der Monte Baldo ist ein Bergrücken der Gardaseeberge zwischen dem Gardasee und dem Etsch-Tal. Die Gardaseeberge gehören zu den Südlichen Kalkalpen und verlaufen bis zur Po-Ebene. Zu den Südlichen Kalkalpen gehören auch die Dolomiten. Zu den nördlichen Kalkalpen gehört u.a. die Karwendel-Gebirgsgruppe.

Auf den Monte Baldo sind wir vor Jahren mit der Seilbahn von Malcesine am Gardasee aus gefahren (s.o. Kalterer See). Hinunter sind wir gegangen. Besser gesagt gehüpft. Wir hatten einen Heuschlitten-Weg erwischt, über den früher im Winter das Heu ins Tal gefahren wurde. Das wäre ja nicht schlimm gewesen. Aber der Weg war mit großen Findling-Steinen ausgelegt, von Pflasterung konnte man nicht sprechen. So mussten wir von Stein zu Stein mehr springen als gehen. Die Folge waren mehrere Tage Muskelkater.

Über dem Etschtal

Heftig wurde es bei Rivoli Veronese. Der Kanal verschwindet hier im Berg. Wir mussten den Berg hinauf. Ohne E-Bike hart an der Grenze. Oben angekommen gab es zur Belohnung einen herrlichen  Blick in das Tal der Etsch.
Danach geht es wieder runter, dachten wir. Es war nur eine kleine Abfahrt. Weiter ging es  bergauf, kräftezehrend. Dann war endlich der Höhepunkt erreicht.

Etwas höher gelegen ist eine Festung an der Etsch, das Forte di Rivoli. Zusammen mit anderen Sperrwerken sicherte es (1850/1851 gebaut) das Etschtal nach Süden.

Schussfahrt hinunter auf das Kanal-Niveau. Weiter am Kanal. Es war sehr warm und mit der Zeit wurde die Fahrt immer nur am Kanal auch etwas eintönig.

Letzter Halt in Bussolengo. Nur das Hinausfahren aus der Stadt war wieder einmal etwas schwierig. So war es öfter. Das Hineinfahren war kein Problem Aber beim Verlassen der Stadt mussten wir ein wenig hin- und herfahren, bis wir die Richtung und den richtigen Fahrradweg gefunden hatten. Schließlich waren wir auch in Bussolengo wieder auf dem Kanalweg. Jetzt war es nicht mehr schwierig, den Weg nach Verona zu finden. Wir mussten nur darauf achten, immer am Kanal der Etsch zu bleiben.

Am Ziel: Arena de Verona

In Verona wurde unsere Geduld dann etwas auf die Probe gestellt. Der im Internet herausgesuchte (kürzeste ?) Weg führte im Zickzack in die Stadt. Sehen konnten wir nicht, ob wir die richtige Richtung hatten. Wir mussten uns ganz auf das Smartphone und die dort ausgezeichnete Streckenführung verlassen. Und die hatte es in sich. Einbahnstraßen wurden schlicht nicht berücksichtigt. Was sollten wir machen. Umfuhren wir die Einbahnstraßen, um nicht in verbotener Richtung durchzufahren, hatten wir Mühe die richtige Straßen -  es waren alles kleine Nebenstraßen, durch die wir gelenkt wurden – wiederzufinden. Also fuhren wir die nächsten Male einfach in der verkehrten Richtung durch die Einbahnstraße. Die Stadt hätte ja Radfahrern die umgekehrte Durchfahrt erlauben können, wie wir das in vielen Städten schon gesehen hatten.

Es ging alles gut. Mit der Annäherung an das Stadtzentrum konnte Eckhard die Führung übernehmen. Er erkannte das Castelvecchio wieder. Eva und Eckhard waren schon öfter in Verona und konnten uns an den nächsten Tagen die Stadt sehr schön zeigen. Und dann fuhren wir auch schon auf die Piazza Brá. Zielfoto vor der Arena di Verona und ein Glas Franciacorta als Abschluss unserer Fahrradtour über die Alpen.


16. und 17. Tag Verona
Freitag 23. Juni und Samstag 24. Juni
Hotel B&B all`Opera Prima in Verona     
Rückreise am Sonntag 15 Juni                            

Am Freitag und Samstag haben wir Verona erkundet. Die Plätze, Straßen und Restaurants waren voller Menschen. Die Festspielzeit hatte begonnen. Das hatten wir schon Wochen vorher bei der Buchung der Hotels gemerkt. Alle Hotels, die Eva kannte, waren ausgebucht. Schließlich haben wir noch eine B&B-Wohnung  bekommen, sogar ganz nah in einer Seitenstraße an der Arena und sehr gut. 

Verona hat viele gut erhaltene Gebäude und Kirchen, interessante Geschäfte und eine große Restaurant-Vielfalt. Natürlich haben wir eine Aufführung in der Arena besucht.

Mit der Expansion Roms wurde Verona 89 v.Chr. römische Kolonie.  In dieser Zeit wurde 30 n. Chr. die Arena, in der heute die Opernfestspiele sind, erbaut (das war  50 Jahre vor dem Kolosseum in Rom).

Im Ostgotenreich war es Residenz des Ostgoten-Königs Theoderich (5./6. Jh.). Danach herrschten die Langobarden.

Nach der Eroberung durch Karl der Große gehörte es zum Fränkischen Reich  und zum Herzogtum Bayern (10. Jh.).
Im 12. Jh. wurde Verona selbständig. Es gehörte zum Lombardischen Städtebund. Der war ein Zusammenschluss norditalienischer Städte (u.a. auch Mailand, Padua und Venedig) gegen den Herrschaftsanspruch der römisch-deutschen Kaiser. In Anlehnung an den historischen Städtebund propagiert heute die norditalienische Partei Liga Nord eine stärkere Selbständigkeit des industrialisierten Nordens von Italien.

Danach folgte die Herrschaft Venedigs (1405).
Ende des 18.Jh. kam die Republik Venedig und damit auch Verona zu Österreich (Folge des 1. Koalitionskriegs Frankreich gegen Österreich/Preußen). 1866 gehörte Verona zum neu gegründeten Königreich Italien.

Heute ist Verona Hauptstadt der Provinz Verona in der Region Venetien.

Die Nabucco-Aufführung in der Arena di Verona war eine Neuinszenierung. Der Regisseur wollte dem Verdi-Werk seine Sichtweise geben und hätte es besser gelassen. Den Kampf der Israeliten gegen die römischen Unterdrücker legt er in die Zeit der italienischen Unabhängigkeitsbewegung (Das italienische Volk wehrte sich gegen die österreichische K-und-K-Monarchie). Eine solche Umschreibung von Verdis Werk in der Zeit des Versuchs, Europa mehr zu einigen. Das passt gar nicht. Bei der Szene des Gefangenen Chors musste der große Regisseur dann doch auf das Original zurückgreifen.     
Arena di Verona

Die Arena von Verona fasste in römischer Zeit 30.000 Zuschauer. Anfang des 12. Jh. wurde bei einem Erdbeben der größte Teil des Außenrings zerstört. Die Bevölkerung setzte sich für den Erhalt der Arena ein, so dass sie nicht als Steinbruch genutzt wurde (wie z.B. beim Kolosseum in Rom).

Zurzeit von Goethes Italienreise 1786 waren die unteren Gewölbe der Arena an Handwerker vermietet.

Die Arena soll das besterhaltene römische Amphitheater (offener Rund- oder Ovalbau für Gladiatorenkämpfe)  sein. Seit 1913 wurde die Arena als Theater genutzt.  Anlässlich des 100. Geburtstags von Giuseppe Verdi wurde hier die Oper Aida aufgeführt.

Im Innenraum der Arena sind die nummerierten und teureren Plätze. Der Balkon über dem Eingangstor war einst dem römischen Statthalter vorbehalten, heute dem Bürgermeister und seinen Gästen. Preiswerter ist es auf den Steinstufen der Seconda Gradinata, den Billigplätzen. Hier ist auch während der Vorführung italienisches Leben mit Picknick und Unterhaltung. 22.000 Zuschauer können eine Vorstellung sehen und hören oder auf den antiken Steinstufen erleben.

Von den vielen Gebäuden, die wir gesehen haben, und Plätzen, an denen wir waren, greife ich nur einige heraus.

Dass Verona eine römische Stadt war, bezeugt nicht nur das Amphitheater. An vielen Stellen der Altstadt zeugen Ausgrabungen von der damaligen Baukunst (z.B. an der Via Guglielmo Oberdan). Die Porta Borsari stammt aus dem 1. Jh. n.Chr.. Aus der gleichen Zeit stammt der Triumphbogen Arco dei Gavi. Am der Altstadt gegenüberliegenden Ufer ist das Teatro Romano, ebenfalls ein antikes römisches Amphitheater, um 20 v.Chr. gebaut und damit vor der Arena di Verona.

Die Piazza Erbe war in römischer Zeit Teil des Forums (Zentraler Platz  für Handel, Politik, Gerichtsverhandlungen und Religion).  Die Handelsfunktion ist geblieben. Heute sind dort die Marktstände.

Die reichen Veroneser des Mittelalters stellten sich auch noch nach dem Tod zur Schau. Prächtige Sarkophage und Grabmale sind überall in der Stadt zu sehen, meist in Form gotischer Grabbauten. So die Scaliger Gräber aus dem 13. und 14. Jh.. Die Scaliger waren die Herrscher über Verona in dieser Zeit.
Das Castelvecchio  und die damit verbundene Brücke über die Etsch bauten die Scaliger als Sicherung des Fluchtweges aus der Stadt. Flüchten musste der letzte Scaliger 1387, als die Veroneser sich gegen ihn empörten. Die Mailänder besetzten Verona für kurze Zeit. Danach kam es zu Venedig.

Kirchentür San Zeno Maggiore
Die Kirche San Zeno Maggiore ist eine „Basilica Minor“.  Mit dem Titel werden vom Papst bedeutende Kirchen ausgezeichnet. Man erkennt sie an dem Papstwappen, das über einem Portal angebracht wird. Höheren Rang als die Basilica Minor haben die „Basilica Major“, von ihnen gibt es nur sechs, vier in Rom und zwei in Assisi.  San Zeno Maggiore wurde Anfang des 12. Jh. auf den Mauern von zwei Vorkirchen aus dem 4. und dem 9. Jh. gebaut. Bedeutend sind die 48 Bronzeplatten mit Szenen aus dem Alten und Neuen Testament (11. u. 12. Jh.) an den beiden Kirchentüren. Die Krypta ist nicht unter dem Altarraum sondern auf halber Höhe. Vorbild dafür und für viele andere Kirchen dieser Zeit in Norditalien war die Krypta im Kaiserdom zu Speyer. Der Name der Kirche erinnert an Zeno, der aus Mauretanien stammte und im 4. Jh. Bischof in Verona war.

Über dem Teatro Romano befinden sich das Castel San Felice und das Castel San Pietro aus österreichischer Zeit. Das Castel San Felice ist heute ein verwilderter Park mit Ruinen. Auf den Hügeln im Süden Veronas sind Reste der Mauer zu sehen, die Teil der österreichischen Befesti-gungen waren.

Der Palast Barberini an der Piazza Brá beherbergt heute das Rathaus der Stadt. Gebaut wurde er 1836 bis 1848 als Hauptwache der österreichischen Armee.

Vor dem Rathaus ist quasi der Übergang zur heutigen Zeit. Teile der Bühnenaufbauten der Arena sind hier gelagert. In einer Spielzeit werden mehrere Opern aufgeführt, so dass die Bühne immer wieder umgebaut werden muss. Mit einem Kran müssen die Bühnenteile in die Arena gehoben und wieder zurückgebracht werden.

Park an der Piazza Brá vor der Arena

Der Springbrunnen in dem kleinen Park zwischen der Piazza Brá und der Arena wurde 1975 anlässlich der Städtepartnerschaft mit München gestiftet. Im Gegenzug wurde eine Julia-Statute in München am Alten Rathaus aufgestellt.

An dem Balkon von Julia und Romeo, den es dort nie gab,  sind wir auch vorbeigekommen. In dem kleinen Innenhof ist immer Gedränge. Alle Touristen, ob jung oder alt, schieben sich da durch. Gegen eine Gebühr kann man sich auf dem Balkon fotografieren lassen. Nichts historisches, nur Geschäft.

Wir haben viel gesehen,  in den zwei Tagen. Trotzdem, es lohnt sich, Verona wieder zu besuchen – und dann eine Verdi-Oper in der Originalfassung zu erleben.


Die Rückreise mit dem Auto bis München war, wie der Verkehr um München herum halt ist, mit Staus auf der Autobahn.  Aber Eva hat uns rechtzeitig am Bahnhof abgesetzt. Die Zugfahrt über Hannover nach Berlin dauerte lange, mit dem Rad konnten wir nur langsamere IC-Züge nehmen.  Und, wie das mit der Bundesbahn so ist, in Hannover funktionierten weder die Rolltreppe noch der Aufzug von und zu den Bahngleisen. Auf dem Ankunftsbahnsteig nicht und nicht auf dem Abfahrtbahnsteig. Also Gepäck abladen, Rad hochtragen, das ganze umgekehrt noch einmal. Aber wir sind pünktlich in Berlin angekommen, was ja bei der Bundesbahn nicht selbstverständlich ist.