An der polnischen Ostseeküste
Mit dem Rad von Bansin nach Danzig

3. Tagestour
13. Juni 2023 

Rewal/Rewahl bis Ustronie Morskie/Henkenhagen


77 Kilometer
Unterkunft Murena Hotel
 
Rewal über Trzebiatow und Kolobrzeg nach Ustronie Morskie

Rewal/Rewahl - Pogorzelica/Fischerkaten - Trzebiatow/Treptow -Mrzezyno/Treptower Deep - Dzwirzyno/Kolberger Deep - Kolobrzeg/Kolberg -Ustronie Morskie/Henkenhagen 


Auf diesem Abschnitt verlassen wir noch einmal die Ostseeküste und fahren in das Landesinnere, um Treptow an der Rega zu besuchen. Eine weitere interessante Stadt ist Kolberg. Hier sind wir dann wieder an der Ostseeküste. 

Aber zunächst fahren wir von Rewahl aus zum Leuchtturm in Niechorze, dem früheren Horst. Der Ort und der Leuchtturm liegen auf der Landzunge zwischen der Ostsee und einem ehemaligen Gletschersee aus der letzten Eiszeit. Nach einem weiteren Gletschersee biegen wir nach Süden in Richtung Treptow ab. 

Leuchtturm Niechorze/Horst

Der Leuchtturm (polnisch: Latarnia Morska) ist einer von sieben an der polnischen Ostseeküste, die Ende des 19. Jahrhunderts gebaut wurden, um den zunehmenden Schiffsverkehr des Hafens Swinemünde zu sichern. Einigen werden wir auf unserer Radtour noch begegnen.



Die Leuchttürme an der Ostsee

            Übersichtstafel am Leuchtturm Niechozre


Trzebiatow/Treptow 

Der Ursprung der Stadt war eine slawische Festung und Siedlung an der Rega aus dem 9. Jahrhundert. Anfang des 13. Jahrhunderts kamen deutsche Einwanderer, die der pommersche Herzog zur Besiedlung des Landes angeworben hatte. Treptow war als Hafenstadt Mitglied der Hanse.

Auf dem Weg nach Trzebiatow

Auf dem Lande müssen die Bewohner ihre Post
an der Durchfahrtstraße abholen

Bauernhaus aus deutscher Zeit


Teile der Stadtmauer
aus dem 13. Jahrhundert sind erhalten. 

Stadtmauer an der Rega


Der quadratische Marktplatz
mit dem Rathaus ist der Mittelpunkt der schachbrettartig angelegten Stadt. Das Rathaus stammt aus dem 15. Jahrhundert und erhielt nach einem Brand im 18. Jahrhundert seine jetzige Form. 

Der Marktplatz 
und die gut erhaltenen Bürgerhäuser

Das Rathaus mit dem Bauernmarkt

Das Renaissance-Schloss
bauten die Pommern-Fürsten im 16. Jahrhundert. Um 1800 gehörte das Schloss einige Jahre dem Feldmarschall Gebhard von Blücher.

Das Pommernschloss - heute als Kulturzentrum genutzt
 

„Ich wollte, es wäre Nacht, oder die Preußen kämen“ soll der britische Feldmarschall Wellington am Abend der entscheidenden Schlacht gegen Napoleon ausgerufen haben. Mit den Preußen waren die Truppen des damals 73-jährigen Marschalls Blücher gemeint. Napoleon hatte nach seiner Rückkehr aus dem Verbannungsort Elba erneut versucht, Europa zu beherrschen. Den französischen Truppen stellten sich die Armeen Englands und Preußens entgegen. Am 18. Juni 1815 standen sich französische und englische Soldaten bei Waterloo gegenüber und die englische Armee geriet in starke Bedrängnis. Gerettet wurde sie durch das Eintreffen Blüchers und seiner Armee und damit war auch die Niederlage Napoleons besiegelt.

 

In Treptow war Johannes Bugenhagen (1485 – 1558, Reformator und Weggefährte Luthers) zunächst Lehrer und Rektor der Stadtschule (der Lateinschule der Marienkirche) und danach Priester und Vikar der Marienkirche. Nachdem er Luthers Schriften gelesen hatte, ging er nach Wittenberg und wurde auf Empfehlung Luthers Stadtpfarrer an der Wittenberger Stadtkirche. Später ging er nach Braunschweig, Hamburg, Lübeck und zurück nach Wittenberg. Dort schrieb er die reformatorischen Kirchenordnungen. Auf Veranlassung der gemeinsam regierenden Herzöge von Pommern verfasste er 1535 die Pommersche Kirchenordnung.

 

Marienkirche
Kościół Macierzyństwa Najświętszej Marii Panny - Kirche der Mutterschaft der Heiligen Jungfrau Maria.
Eine erste Kirche wurden mit der Besiedlung durch deutsche Einwanderer Anfang des 13. Jahrhunderts errichtet. Die heutige Kirche stammt aus der Zeit Ende des 14./Anfang des 15. Jahrhunderts. Der Kirchturm wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts durch den königlich-preußischen Baumeister Friedrich August Stüler umgestaltet. 

Die Marienkirche

Reliquienkult 
In über 100 Kirchen und Kapellen in Polen
sind Reliquien von Papst Johannes  Paul II.,
dem polnischen Papst (1978 bis 2005).


Heilig-Geist-Kapelle
Cerkiew Św. Ducha, Kapelle des Heiligen Geistes.
Eine ehemalige Hospitalkapelle aus dem 13./15. Jahrhundert, jetzt Kirche der polnisch-orthodoxen Kirche.

Heilig-Geist-Kapelle

In Treptow gibt es noch drei erhaltene Hospital-Kapellen.
Im 14. Jahrhundert wurde das Gertruden-Hospital vom Rat der Stadt Treptow gegründet, das vor allem für die Aufnahme auswärtiger Armer und Kranker diente. Im 17. Jahrhundert wurde das Hospital abgerissen, nur die Kapelle blieb erhalten. Ende des 19. Jahrhunderts war sie eine evangelische Friedhofskapelle.  Seit 1957 ist sie die katholische Kirche für ukrainische Gemeindemitglieder. 

Nach der Großen Pest Mitte des 14. Jahrhunderts (in Europa starben etwa 25 Millionen Menschen, ein Drittel der Bevölkerung) wurden im Ostseeraum Hospitäler für Pilger und auswärtige Kranke errichtet. Sie bestanden meist bis zum 16. und 17. Jahrhundert.

Gewidmet wurden sie der Heiligen Gertrud von Nivelles (Äbtissin des Augustiner-Klosters in Nivelles, Belgien, und Verwandte Karls des Goßen, 7. Jahrhundert), die sich für die Armen- und Krankenfürsorge einsetze.

 

Am Weg zurück zur Küste

Neuer Weg neben der im Weltkrieg zerstörten Brücke

An der Alten Rega, die in den Resko Przymorskie mündet

Nach dem Ausflug nach Treptow kehren wir zurück zur Küste, und fahren etwa parallel zu der bei Mrzezyno/Treptower Deep ("Deep" bedeutet "tief") in die Ostsee fließenden Rega. 

Nach Treptower Deep folgt Dzwirzyno/Kolberger Deep (Deep ist niederdeutschen und bedeutet tief.)   

Mrzezyno/Treptower Deep

Zwischen Ostsee und dem Resko Przymorskie/Kamper See

Dzwirzyno/Kolberger Deep

Der ursprüngliche Name von Kolberger Deep war Regamünde. Bis in das 16. Jahrhundert floss die Rega durch den Kamper-See (Resko Przymorskie) in die Ostsee, als der Mündungsarm versandete. Um weiter einen Ostseehafen zu haben, ließ die Stadt Treptow einen Kanal von der Rega zur Ostsee graben und einen neuen Hafen, Treptower Deep, anlegen.    

        

Am Hafen Mrzezyno gesehen:
Auflistung der Fangfische der Ostsee.
Sprotte, Hering, Meerforelle, Steinbutt, Aal,
Hornhecht, Dorsch, Flunder, Lachs, Zander.

Es folg die Stadt Kolberg/Kolobrzeg. Danach fahren wir entlang der Küste zwischen Ostsee und einem Moor-Naturschutzgebiet weiter bis Ustronie Morskie/Henkenhagen. 

 

Hafen Kolobrzeg/Kolberg

Kolobrzeg/Kolberg

Der Ursprung der Stadt sind Salzquellen, die auch den späteren Reichtum begründeten. Heute erinnert noch eine eingefasste Salzquelle auf der Salzinsel Wyspa Solina daran (die bei unserem Besuch aber trocken war). 

Nachbau einer Salzsiedepfanne auf der Salzinsel

Eine erste Siedlung Kolberg bestand schon um das Jahr 1000, die die Salzquellen ausbeutete. Sie wurde Sitz des ersten Bischofs in Pommern. Diese Siedlung lag südlich des heutigen Kolbergs (heute als Budzistowo/Alt-Kolberg ein Stadtteil von Kolberg). Nur wenige Jahre später wurde der Bischof vertrieben und das Bistum ging unter. 

Auf Bitten des polnischen Herzogs Boleslaw III., der das heidnische Pommern unterwarf und christianisierte, unternahm Bischof Otto von Bamberg Anfang des 12. Jahrhunderts zwei Missionsreisen nach Pommern.  1125 wurde in der slawischen Siedlung (Alt-Kolberg) die Marienkirche (heute die Kirche Johannes der Täufer) von Bischof Otto geweiht.

Im Zuge der deutschen Ostsiedlung wurde zwei Kilometer nördlich der slawischen Siedlung eine deutsche Stadt gegründet. Der Name der benachbarten slawischen Siedlung Kolberg ging auf die deutsche Gründung über. Mitte des 13. Jahrhunderts erhielt die Siedlung das Lübische Stadtrecht. Das Domkapitel der Altstadt Kolberg und die Marienkirche wurden in die neue Stadt verlegt. Der Bau der neuen Marienkirche, der spätere Dom, wurde 1321 vollendet. 

Von 1361 bis 1610 war Kolberg Mitglied der Hanse. Salzproduktion, Salzhandel und Fischfang waren die Quellen des Reichtums. 

Die Hanse

Die Wurzeln der Hanse (althochdeutsch Hansa: Schar, Bund) liegen in der Mitte des 13. Jahr­hunderts. Aus einem anfänglichen Kaufmanns­bund wurde ein Städte­bund nieder­deutscher Städte, die einen regen Handel zwischen West- und Osteuropa begannen. Seine vorrangigen Ziele bestanden in der Sicherung der Handels­wege über die Ostsee, dem Ausbau der Privilegien in anderen Staaten und gegen­seitiger Hilfe im Kriegsfall. Die Tätigkeit der Hanse erstreckte sich auf den Norden Deutschlands und den gesamten Ostseeraum.

Der Hanse gehörten etwa 70 Städte fest an. An der deutschen Ostsee­küste waren das zum damaligen Zeitpunkt Lübeck, Wismar, Rostock, Stralsund, Greifswald, Demmin, Anklam, Stettin, Danzig und Riga. Weitere Städte kamen später hinzu.

 

Der Erfolg der Hanse war darauf zurück­zuführen, dass sie sich ausschließlich zur Verfolgung ihrer wirtschaftlichen Interessen von Fall zu Fall mit anderen Städten verbündete und sich aus der Macht­politik der Staaten heraushielt.

Die Hanse wurde sehr mächtig und konnte enormen wirtschaftlichen Druck ausüben. Widerstände, z. B. der norwegischen Kaufleute, wurden mit Handels­blockaden aufgeweicht. Ungeliebte Konkurrenten, wie die englischen Handels­leute, erhielten Einfahrtsverbote in den Ostseeraum.

 

Aufgrund ihres Wohlstands waren die Städte in der Lage, ihren Landes­herren Kredite zu gewähren, die ihnen dafür wiederum Privilegien zusicherten. Der Handel mit Getreide, Fischen (vor allem Hering), Butter, Tuchen und Salz führte die Hanse bis nach Russland im Osten, Norwegen im Norden, nach England, den Niederlanden und Belgien im Westen sowie Venedig und Italien im Süden.

 

Im 16. Jahrhundert wurde Amerika und damit neue Seewege entdeckt. Der Handels­schwerpunkt verlagerte sich nach Westen auf den Übersee­handel und schwächte die Hanse zunehmend. Es fehlte der Hanse Geld für den eigenen Schutz. Sie konnte den Landes­herren keine Kredite mehr zahlen und verlor ihre Privilegien. Die Stadt­rechte wurden ebenfalls eingeschränkt.

 

Den endgültigen Untergang der Hanse besiegelte die Abtretung der Städte Wismar und Stralsund an Schweden im Dreißig­jährigen Krieg. 


Nach dem 30-jähringen Krieg kam Kolberg zum Kurfürstentum Brandenburg. Kolberg wurde Sitz von Landesbehörden des brandenburgischen Hinterpommerns, die später nach Stargard (bei Stettin) verlegt wurden.
 

In Kolberg saß u.a. Friedrich-Ludwig (Turnvater) Jahn in Festungshaft. Kolberg war im 1. Weltkrieg für einige Monate das letzte Hauptquartier der obersten Heeresleitung unter Hindenburg (davor war sie u.a. in Kassel-Wilhelmshöhe und im belgischen Spa). 


Kolberger Dom
Bazylika konkatedralna Wniebowzięcia Najświętszej Maryi Panny – Kathedralbasilika Mariä Himmelfahrt.
Der Kirchenbau in der neuen deutschen Siedlung Kolberg wurde 1321 vollendet und in der Hansezeit erweitert. 1945 schwer beschädigt wurde die Kirche 1974 der katholischen Kirche übereignet und wiederhergestellt.
Bedeutend sind ein Siebenarmiger Leuchter von 1327, das Chorgestühl von 1340 und ein bronzenes Taufbecken von 1345. 

Tür des Doms


Vom Turm der Kirche aus hat man einen weiten Blick auf die Stadt und den Hafen (wir sind nicht auf den Turm gestiegen). 

Leuchtturm

Nach dem 2. Weltkrieg auf den Resten eines alten Verteidigungs-Forts des Hafens neu gebaut. Wahrzeichen der Stadt. 

Altes Rathaus
Von 1831, nach den Plänen von Karl Friedrich Schinkel (Leiter der obersten Baubehörde Preußens) unter Einbeziehung eines zerstörten Vorgängerbaus erbaut.

Das alte Rathaus im neugotischen Stil, wie ein Festungsbau aussehend.
Ein Vorgängerbau wurde während der Belagerung durch
Napoleons Armee zerstört.
 
Eine Kugel dreht sich auf dem Wasser.

Interessant ist ein Lapidarium auf dem 1881 eröffnete Zentralfriedhof, der nach dem 2. Weltkrieg zerstört wurde und heute ein Park ist. Zur Erinnerung an die ehemaligen deutschen Bewohner und Ihren Friedhof wurde im Jahr 2000 ein Lapidarium mit alten Grabsteinen, die noch erhalten waren, errichtet. 


Auf dem Weg von Kolberg nach Henkenhagen:
Fahrt zwischen Strand und Torfmoor

Uferbefestigung 



Seebad. Ursprünglich ein Rittergut. Mitte des 17. Jahrhunderts besaß die Stadt Kolberg den größten Teil des Dorfes als Erbpacht des Pommerschen Herzogs.
Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Fremdenverkehr und Henkenhagen hatte teilweise mehr Feriengäste als Kolberg.
Ustronie Morskie ist wörtlich übersetzt „Gemütliche Marine“, sinnmäßig „Abgeschiedenheit am Meer“.