Mit dem Rad von Pforzheim bis Karlsruhe

15. bis 25. August 2023

Mit dem Fahrrad 540 Kilometer durch den Schwarzwald und das Oberrheintal mit Beginn in Pforzheim und Ende in Karlsruhe. 

7. Etappe am 24. August 2023

Straßburg bis Rastatt 


Strasbourg – Rhein-Rhone-Kanal – Hafen – Rhein/Grenze – Kehl – Kinzig – Rheinbischofsheim – Freistett – Renchen – Scherzheim – Lichtenau – Schwarzach – Stollhofen – Hügelsheim – Iffezheim –   Rastatt 


53 Kilometer

Am Canal du Faux-Rempart fahre ich aus Straßburg hinaus, überquere die Ill und den Canal du Rhone au Rhin, fahre an den Kopfenden der Hafenbecken vorbei und komme zur Beatus-Rhenanus-Brücke, die 2017 für die Straßenbahn, Radfahrer und Fußgänger neben der Straßenbrücke eröffnet wurde. Unter den Brücken verläuft in der Mitte des Stroms unsichtbar und nicht bemerkbar die französisch-deutsche Grenze. Wir leben in Europa. 

Beatus-Rhenanus-Brücke


Bei der Namensgebung für die Brücke ist man weit in die Vergangenheit gegangen, in das 15. Jahrhundert. Beatus Rhenanus war ein elsässischer Gelehrter, 1485 in Sélestat, südwestlich von Straßburg, geboren, 1547 in Straßburg gestorben. Er vermachte seine Bibliothek, die so bedeutend ist, dass sie Teil des Weltdokumentenerbes der UNESCO wurde, der Stadt Straßburg.

 

Weltdokumentenerbe sind in Deutschland u.a. Goethes literarischer Nachlass im Weimarer Goethe- und Schiller Archiv und die Gutenberg-Bibel in der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (die einzige vollständige Gutenberg-Bibel auf Pergament in Deutschland).

 

Bekannter ist das UNESCO-Welterbe. Es umfasst Denkmäler (Weltkulturerbe), z.B. 18 Kirchen-Bauhütten aus 5 Ländern, 12 Festungsbauten von Vauban, die Altstadt mit dem Münster und die Neustadt von Strasbourg, der Kölner Dom und Naturgebilde (Weltnaturerbe), u.a. das Wattenmeer an der Nordseeküste. 

Gegenüber von Straßburg liegt auf der deutschen Uferseite die Stadt Kehl. 

Ein Mauerrest an der Hauptstraße durch Kehl erinnert daran, dass Kehl wie auch Straßburg über lange Zeit eine Festungsstadt war. Mal war es eine deutsche Reichsfestung, dann wieder bauten die Franzosen dort ihre Festung. In der gleichen Zeit, in der in Straßburg die französische Zitadelle auf der Altstadtinsel gebaut wurde, ist Kehl 1683 bis 1688 nach den Plänen des Festungsbaumeister Vauban zur französischen Festung ausgebaut worden. Ende des 17. Jahrhunderts gehörte Kehl wieder zum Heiligen Römischen Reich. Dann wechselte die Souveränität mehrmals. In der Zeit zwischen dem Westfälischen Frieden (1648) und dem Ende der Herrschaft Napoleons (1815) hatte der Besitzer Kehls 14-mal gewechselt, die Festung war fünf Mal zerstört und ebenso oft wieder aufgebaut oder instand gesetzt worden. Schließlich kam die Festung nach dem Sturz Napoleons zu Baden, wurde aber ab 1815 aufgrund des Friedensvertrags von Paris geschliffen. Auf der freigewordenen Fläche wurde die Stadt Kehl mit den Steinen der Festung aufgebaut. 

Erinnerung  an die Festung Kehl

Ich überquere die Kinzig, der ich am Anfang der Fahrradtour hinter Freiburg schon einmal begegnet bin. Dann kommt die Oberrheinische Tiefebene, flaches Land, ebene Strecke.


Die Oberrheinische Tiefenebene ist ein 300 Kilometer langer und bis zu 40 Kilometer breiter Grabenbruch am Oberrhein (Basel bis Frankfurt/Main). Durch den Einbruch vor 50 bis 20 Millionen Jahren wurden die Randbereiche angehoben. Es entstanden der Schwarzwald auf der östlichen und die Vogesen auf der westlichen Seite des Rheingrabens. Im Rheingraben entstand vor etwa 19 Millionen Jahren durch Vulkanausbruch der Kaiserstuhl. Bei der Entstehung des Grabenbruchs reichte der tief in die Erdkruste hinein. Durch Sedimentablagerungen wurde die Vertiefung später verfüllt. 

Die Radtour verläuft fast parallel zum Rhein. Rheinbischofsheim und Rheinmünster mit dem Ortsteil Schwarzach sind die größeren Orte. Hinter Schwarzach, bei Hügelheim, biegt meine Tour vom Rhein ab, Richtung Rastatt. 

Rastplatz vor Linx

Bischofsheim gehörte zum Landbesitz des Straßburger Bischofs. Wahrscheinlich ist daraus der Name des Dorfes abgeleitet worden, das Ende des 13. Jahres als Lehen des Bischofs an eine Herrschaft Lichtenberg gegeben wird. Wie damals üblich besaßen Klöster (Kloster Allerheiligen im Schwarzwald, Kloster Gegenbach im Kinzingtal) und Kirchen (Jung-Sankt-Peter in Straßburg) Höfe und Güter in der Gemarkung als Pfründe.

Die für den Ort zu große Kirche wird von der Kirchengemeinde wegen ihrer Größe manchmal als „Hanauer Dom“ bezeichnet (das Hanauer Land war das Gebiet der Grafen von Hanau am Rhein).  Die Kirche wurde Ende des 19. Jahrhunderts auf den Fundamenten einer vorher mehrfach abgebrannten Kirche errichtet. Dass sie so groß gebaut wurde, lag auch daran, dass der Großherzog von Baden einen großen Anteil der Reparationszahlungen Frankreichs nach dem Deutsch-Französischen-Krieg erhielt und sie auch für den Kirchen- und Schulbau verwandte. 

Der "Hanauer Dom"

Kloster Schwarzach

Der Name Rheinmünster ist 1974 beim Zusammenschluss mehrerer Gemeinden in Anlehnung an das Münster in Schwarzach gewählt worden. Das Münster ist die Kirche St. Peter und Paul des ehemaligen Bendediktinerklosters in Schwarzach. 


Die romanische Klosterkirche


Altar


Barocker Schrein mit den Gebeinen der Heiligen Rufina,
die im Jahr 260 in Rom enthauptet wurde.
Nach einer Information in der Kirche erhielt die Frau eines Gardehauptmanns der Schweizer Garde des Papstes die Reliquie von Papst Innozenz X.. Über den Abt von St. Blasien sei die Reliquie 1653 nach Schwarzach gekommen. 



Die bronzene Kirchentür

Türgriffe außen und innen

Der Ursprung des Klosters war das 748/749 gegründete Kloster Arnulfsau auf einer damaligen Rheininsel. Nach einem Bauernaufstand wurde es etwa 826 auf das rechte Rheinufer verlegt, wo sich danach die Ortschaft Schwarzach entwickelte. 

Aus den Einnahmen des Klosters wurde (wohl jedenfalls teilweise) der erste Bau des Straßburger Münsters finanziert. 1014 gab der römisch-deutsche Kaiser das Kloster als Lehen an den Bischof von Straßburg, um den Neubau des zerstörten karolingischen Vorgängerbaus, der ersten steinernen Kirche, zu finanzieren. Später wechselte die Herrschaft über das Kloster, nach dem Bischof von Straßburg war es eine Zeit lang auch der Bischof von Speyer. 

Die Klosterkirche wurde Anfang des 12. Jahrhunderts gebaut, als ein Mönch des Klosters Hirsau im Nordschwarzwald Abt wurde. Sie wurde wie die Hirsauer Klosterkirche St. Peter und Paul gewidmet. 


Modell der Klosteranlage

Klostertor und Wirtschaftsgebäude

Das Beinhaus, 1521/22 errichtet.
Das Beinhaus gehörte zur Friedhofsanlage des Klosters.  Hier wurden die exhumierten Gebeine von vor längerer Zeit Verstorbener aufbewahrt, um auf dem Friedhof Platz für Neuzugänge zu machen. Die Beerdigungen fanden im Mittelalter nicht im Sarg statt, sondern häufig nur in Tüchern oder Säcken.


Kapitel aus der Kirche, um 1170 entstanden
1888 ausgebaut und durch eine Kopie ersetzt

1802/1803 wurde das Kloster säkularisiert. Das Vermögen ging an die Markgrafschaft Baden. Teile der Abtsjuwelen (das Kloster war wohl sehr reich) wurden in die badische Krone eingearbeitet, die 1806 anlässlich der Erhebung Badens zum Großherzogtum von Karl Friedrich von Baden in Auftrag gegeben wurde. Fertig wurde sie allerdings erst zu seiner Beisetzung 1811 und getragen wurde sie nie.

 

Historisches Fachwerkhaus gegenüber dem Kloster.
Nach dem Wirtshausschild dürfte es das Wirtshaus zum Rössl gewesen sein.


Bei Hügelheim komme ich an einem Hügel vorbei, der sich in der flachen Landschaft deutlich abhebt. Es ist, wie eine Informationstafel ausweist, ein frühkeltisches Fürstengrab. Jünger ist der westlich davon gelegene Flugplatz Karlsruhe/Baden-Baden. Bis 1993 war hier der Militärflugplatz der Canadischen Streitkräfte. Er wurde im Rahmen der Nato-Verteidigungsplanung errichtet (1953). 


Rastatt

Regierungsbezirk Karlsruhe 
50.000 Einwohner 

Ende des 17. Jahrhunderts wurde der kleine Marktflecken Raststatt (Marktflecken: Ansiedlung mit dem Recht, einen Markt abzuhalten) nach fast vollständiger Zerstörung (Pfälzischer Erbfolgekrieg, Frankreich wollte seinen Einfluss im Deutschen Reich sichern) wiederaufgebaut. Gleichzeitig ließ sich der Markgraf von Baden-Baden in Rastatt ein neues Schloss bauen und verlegte seine Residenz 1705 von Baden-Baden (die Residenz war im Pfälzischen Erbfolgekrieg niedergebrannt worden) hierher. Und da ein Marktflecken für eine Residenz zu klein erscheint, wurde der Ort zur Stadt erhoben. 

Rastatt blieb bis zum Ende der Markgrafschaft Baden-Baden (katholische Markgrafen) deren Residenz. 1771 kam Baden-Baden durch Erbschaft an die Markgrafschaft Baden-Durlach (evangelische Markgrafen) und die einheitliche Markgrafschaft Baden erstand wieder, mit der Residenz in Karlsruhe. 

Das Residenzschloss in Rastatt war ursprünglich nur als ein Jagdschloss geplant. Nachdem aber französische Truppen das Residenzschloss in Baden-Baden niederbrannten (1689 Pfälzischer Erbfolgekrieg), entschied sich der Markgraf von Baden, den begonnenen Bau des Jagdschlosses zu einem Residenzschloss zu erweitern. Da er davon träumte, die Kurfürstenwürde zu erlangen, sollte das Schloss ein repräsentativer Prachtbau werden, das Schloss der französischen Könige in Versailles als großes Vorbild. 

Das Residenzschloss:





So entstand das älteste Barockschloss am Oberrhein. 1701/1702 zog der Herzog in den noch nicht ganz fertigen Bau ein. 1705 folgte der Hof, die herzogliche Verwaltung. Viel Zeit verbrachte der Herzog nicht in seinem Prunkbau, 1707 starb er an einer Kriegsverletzung (er kämpfte in der kaiserlichen Truppe u.a. gegen die Türken und im Spanischen Erbfolgekrieg). Französische Truppen besetzten das Schloss von 1707 bis 1714. Danach kehrte die Herzogs-Witwe zurück. Bis zum Ende ihrer Regierungszeit 1727 ließ sie das Schloss sanieren, baute neben anderem das Lustschloss Favorite und die Schlosskirche. Ihr Sohn residierte bis zu seinem Tod 1771 in Raststatt. Dann war die Zeit als Residenz vorbei. Die Markgrafschaft Baden-Baden ging durch Erbvertrag an die Markgrafschaft Baden-Durlach. Karlsruhe wurde die neue Residenzstadt. 


Pfusch am Bau gab es auch schon beim Bau des Schlosses. Der italienische Baumeister Rosse, der schon in Prag und Wien für große Adelsfamilien gearbeitet hatte, verwendete beim Bau des Rastatter Schlosses nicht genügend abgelagertes Bauholz. Die Flachdächer wurden undicht und wurden später durch Satteldächer ersetzt. Die Markgräfin ließ ihn zur Durchsetzung von Schadenersatz in Italien verhaften. Ob er zum Schadensausgleich herangezogen werden konnte, wird nicht berichtet. Nach seiner Verhaftung wurde er bald wieder auf freien Fuß gesetzt. 

Die Schlosskirche wurde von der Herzogswitwe
neben ihren Privatgemächern im Residenzschloss errichtet

Im Rastatter Schloss sind heute das Amtsgericht Raststatt, das Wehrgeschichtliche Museum (1934 als Badisches Armeemuseum gegründet, seit 1956 im Rastatter Schloss, Schwerpunkt ist die Militärgeschichte Südwestdeutschlands von 1500 bis 1800) und die Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte (1974 eröffnet, Rastatt war ein wichtiger Schwerpunkt der Badischen Revolution und der Freiheitsbestrebung von 1848) untergebracht. Die Möglichkeit zur Besichtigung des Schlosses nutzte mir nichts, ich war erst am Abend nach der Schließungszeit in Raststatt. 


Das Museumstor trennt den Schlosspark von der Stadt
(der Name erinnert an die Museumsgesellschaft nebenan)


Im Murgpark oberhalb des Murg-Flusses in der Nähe des Schlosses:

Einsiedelner Kapelle von 1715
(Kapelle Maria Einsiedeln oder Schwarze Madonna von Einsiedeln)
Gestiftet von der Markgräfin. Eine Nachbildung der Gnadenkapelle
in Maria Einsiedeln in der Schweiz (Dorthin war die Markgräfin 
mehrmals gepilgert. Sie suchte dort Trost und Zuspruch. Von 9 ihrer Kinder erlebten nur 3 das 10. Lebensjahr.). 


Pagodenburg
Teehaus der gräflichen Familie. Auch von der Markgräfin
in Auftrag gegeben. Vorbild war die Pagodenburg im 
Münchener Schlosspark Nymphenburg.


Der Wasserturm ist neueren Datums (1901). 
Er steht  neben der Pagodenburg am Rand des Murgparks oberhalb des Flusses. Nach der Niederlegung der Festung Rastatt wuchs die Stadt auf den freien Flächen.

Das Kehler Tor am Stadtgarten
Ab 1842 wurde 10 Jahre lang die Bundesfestung Rastatt gebaut. Es war die Zeit zwischen der Niederlage Napoleons 1815 und dem Beginn des Deutsch-Französischen Krieges 1870 (als Teil der von Bismarck betriebenen Einigungskriege). Die Festung wurde 1890 aufgegeben, da die Westgrenze des Deutschen Reiches nach Westen verschoben wurde. Die Festungsanlagen wurden zum Abbruch an die Stadt Rastatt verkauft. Nur wenige Reste sind erhalten geblieben, darunter das Kehler Tor.


Übernachtung im Hotel Ibis 














Abendessen im Lehners Wirtshaus

Zum Abschluss noch einmal schwäbische Maultaschen