Kudamm Berlin
- Eindrücke zwischen
Rankestraße und Olivaer Platz -
Berliner Spaziergänge
20. Mai 2025
Nicht schoppen, nur schauen. Unser Spazierweg war heute der Kudamm. Wir waren schon lange nicht mehr dort. Für Berliner ist ihr Mittelpunkt nicht die Innenstadt, nicht die City West (Kurfürstendamm, Breitscheidplatz und Tauentzienstraße) oder die City Ost (Unter den Linden, Friedrichstraße, Pariser Platz, Gendarmenmarkt), sondern ihr Bezirk und ihr Ortsteil. So ist unser Mittelpunkt Lichterfelde-West, um den Bahnhof herum und die Villenkolonie.
Heute wollten wir nach außerhalb, einmal sehen, wie sich der Kudamm verändert hat. Er hat sich verändert und verändert sich wohl immer. Neue Geschäfte. Neue Gebäude, viele Baustellen (es wird viel renoviert und saniert). Und wir wollten auch zum Kudamm Hausnummer 195.
Kurfürstendamm 235 (1) - Erinnerung an Amsterdam
Cheese & More by Henri Willig in der Raadhuisstraat in Amsterdam im Mai 2019 |
Eine "Nicht-Baustelle" Kurfürstendam 229 (2)
Kurz hinter dem für uns, aber nicht wirklich, neuen Käseladen folgt eine weitere Baustelle, eigentlich eine „Nicht-Baustelle“. 35 Container füllen die Baulücke neben Galeria-Kaufhof. Hier wollte die Signa Real Estate des Österreichers René Benko zwei Hochhäuser bauen. Benko und sein Estate-Imperium ist pleite. Ob und wann das geplante Büro- und Wohnhochhaus gebaut wird, ist erst einmal ungewiss. Bis dahin bieten die Container als POP Kudamm eine kulturelle Zwischennutzung mit wechselnden Ausstellungen und Veranstaltungen.
Unübersehbar gehören sie zur Tradition des Kudamms, die Schaukästen in einheitlicher Form und Größe. Für die Olympischen Spiele 1936 wurde Berlin herausgeputzt. Auch der Kurfürstendamm. Die wild in den Vorgärten angebrachten Werbetafeln mussten 300 einheitlichen Schaukästen weichen, Höhe einschließlich Sockel 2 Meter, Länge 1,20 Meter, Breite 0,80 Meter. Die Vorgärten sind alle verschwunden. Die Richtlinien für die Vitrinengestaltung gelten noch immer und die Schaukästen prägen noch heute weite Teile des Kurfürstendamms. Eine nicht gerade billige Werbung. 1500 EUR Monatsmiete verlangen die Hauseigentümer für die knapp 1 Quadratmeter große Grundstücksfläche. Passt aber wohl zu den Geschäften und ihren Angeboten.
Eine Baustelle scheint dauerhaft zu sein, das Kudamm-Karree. Hier mussten die Komödie am Kurfürstendamm und das Theater am Kurfürstendamm 2018 schließen, weil das Areal abgerissen und neu bebaut werden sollte. Abgerissen wurde pünktlich, der Neubau ist noch immer eine Baustelle.
Die gibt es auch am Kurfürstendamm, die Berliner Straßenpumpen. Mit Hand wird mittels des Schwengels das Wasser aus der Tiefe hochgepumpt. Zwischen 30 und 170 Meter tief sind die Rohre, je nach Höhe des Grundwasserspiegels.
Sie sind nicht nur ein nostalgisches Überbleibsel, sondern haben auch heute noch eine Funktion. Darum sieht man neben den historischen, verzierten gusseisernen Pumpen auch neuere mit schlichtem Aussehen. Sie sollen in Notfällen die Wasserversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Etwa 2.000 Schwengelpumpen gibt es noch im Berliner Stadtgebiet. Die ältesten Pumpen stammen aus der Zeit vor dem Bau der zentralen Berliner Wasserversorgung (das erste Wasserwerk wurde 1856 vor dem Stralauer Tor gebaut). Sie wurden von der Kunst- und Glockengießerei in Lauchhammer (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) gegossen (Lauchhammer Pumpen). Die Pumpen waren grün angestrichen, mit der von der Bayer AG hergestellten Farbe Kölner Brückengrün. Die Bezeichnung der Farbe ist von dem Anstrich Kölner Brücken in Patinagrün abgeleitet. Das wiederum soll auf Konrad Adenauer zurückgehen, der sich als Kölner Oberbürgermeister dieses Grün für die Brücken gewünscht haben soll.
Knapp die Hälfte der Brunnen sind Bundesbrunnen, die gemäß dem Wassersicherstellungsgesetz für den Verteidigungsfall zur Versorgung der Zivilbevölkerung mit lebensnotwendigem Bedarf an Trinkwasser dienen sollen. Die übrigen Brunnen sind Landesbrunnen, die im Rahmen des Katastrophenschutzes vorgehalten werden. Diese Zuständigkeits-Trennung ist wohl dem Stichwort „Bürokratie“ zuzuordnen.
Kurfürstendamm 193 - 194 (6)
Herzog bzw. Duke of Cumberland war ein erbliches englisches Adelsprädikat, dass 1799 dem König von Hannover, Ernst August I., verliehen wurde. Letzter Duke war Ernst August II. von Hannover, dem 1919 der Titel aberkannt wurde, weil er in der österreichischen Armee gegen England kämpfte. Sein Vater, der König von Hannover, Georg V., war 1866 nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen und der Auflösung des Königreichs Hannover nach Österreich ins Exil gegangen. Bei Gmunden im österreichischen Salzkammgut ließ er sich das Schloss Cumberland als Exilresidenz bauen. Dort "residiert" jetzt Ernst August V., der in der Nähe meines Heimatdorfes Giesen bei Hildesheim geboren ist, in Schulenburg in der Region Hannover.
Im 1. Weltkrieg wurde der Hotelbetrieb eingestellt. In das Haus zog das Kaiserliche Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt ein. In der Folge beherbergte es unterschiedliche Verwaltungen. Bis 2003 befand sich die Berliner Oberfinanzdirektion in dem Gebäude, das inzwischen dem Land Berlin gehörte. 2006 kaufte ein Investor Haus und Grundstück. Bis 2013 dauerte der Umbau in Eigentumswohnungen, Büro- und Ladeneinheiten.
Unser Ziel: Kurfürstendamm 195 (8)
Und jetzt
kommen wir zu unserem eigentlichen Ziel, Kurfürstendamm 195. Auf dem ganzen Weg
haben wir daran gedacht. Berliner Currywurst im Bier’s Kudamm 195.
Seit 1965
werden hier ohne Unterbrechung jeden Tag die Würste gebraten, für die Berlin
berühmt ist. In Berlin soll 1949 Herta Heuwer in ihrem Imbisstand in der
Kantstraße (den es dort nicht mehr gibt) die erste Currywurst verkauft haben,
eine Bratwurst ohne Darm mit einer von ihr kreierten Soße aus Tomatenmark
(Ketchup) und Gewürzen (Currys). Die Bratwurst ohne Darm ist eine Erfindung des
nach dem 2. Weltkrieg aus Johanngeorgenstadt im Erzgebirge nach Spandau
gekommenen Schlachters Max Brückner. Nach dem Weltkrieg waren Naturdärme
Mangelware und Brückner entwickelte eine Herstellungsmethode für Würste ohne
Pelle. Das Besondere der Berliner Currywurst ist aber die Currymischung, die über die
Bratwurst (inzwischen mit oder ohne Pelle) gestreut wird, und über die die Tomatensoße
kommt, die natürlich selbst hergestellt wird.
Kudamm 195 ist unser Favorit. Daneben gibt es noch Konnopke unter der Hochbahnbrücke im Prenzlauer Berg, auch mit einem Familienrezept für die Currysoße, auch gut, wir haben die Currywurst dort probiert. In Kreuzberg ist Curry 36 am Mehringdamm, inzwischen auch mit anderen Filial-Standorten.
Kurfürstendamm 33 (9)
Kunst am Kudamm. Bekannt ist die Skulptur “Zwei Beton-Cadillacs in Form der Nackten Maja” von Wolf Vostell auf dem Rathenauplatz am Ende des Kurfürstendamms. Sie ist ein Teil des Skulpturenboulevards entlang der Tauentzienstraße und des Kurfürstendamms. Wir waren nicht so weit gegangen. An unserem Weg haben wir eine andere Skulptur „entdeckt“, die Asymmetrische Vase, die der Künstler Gerhard Schultze-Seehoff aus Mosaiksteinchen der stark beschädigten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche geschaffen hat. Die Vase sollte 1957 den Aufbauwillen in der Stadt symbolisieren.