Kudamm Berlin
- Eindrücke zwischen Rankestraße und Olivaer Platz -

Berliner Spaziergänge 

20. Mai 2025 

Nicht schoppen, nur schauen. Unser Spazierweg war heute der Kudamm. Wir waren schon lange nicht mehr dort. Für Berliner ist ihr Mittelpunkt nicht die Innenstadt, nicht die City West (Kurfürstendamm, Breitscheidplatz und Tauentzienstraße) oder die City Ost (Unter den Linden, Friedrichstraße, Pariser Platz, Gendarmenmarkt), sondern ihr Bezirk und ihr Ortsteil. So ist unser Mittelpunkt Lichterfelde-West, um den Bahnhof herum und die Villenkolonie. 

Heute wollten wir nach außerhalb, einmal sehen, wie sich der Kudamm verändert hat. Er hat sich verändert und verändert sich wohl immer. Neue Geschäfte. Neue Gebäude, viele Baustellen (es wird viel renoviert und saniert). Und wir wollten auch zum Kudamm Hausnummer 195. 


Spaziergang auf dem Kudamm, 3 Kilometer


Kurfürstendamm 235  (1) - Erinnerung an Amsterdam

Cheese & More by Henry Willig
am Kudamm in Berlin

Neu und doch bekannt. Bei einer unserer Kreuzfahrten waren wir 2019 in Amsterdam und haben dort ein Kaashuis entdeckt. Einer von dreizehn Käseläden von Henri Willig in Amsterdam. Seit 1974 stellt er Käse her und sorgt als Farmer und Viehzüchter für die Milch von Kühen, Ziegen und Schafen. Seine bekannte Gouda-Käsemarke ist Hooidammer aus dem holländischen Friesland. Im Jahr 2021 wurde der Berliner Käseladen am Kudamm 235 eröffnet. Jetzt erst ist er uns aufgefallen. Es ist nicht der einzige Laden in Deutschland. Ein Blick in das Internet zeigt, dass sich die Willig-Käseläden in ganz Deutschland ausgebreitet haben, zum Beispiel in München, Köln und Stuttgart. 

Cheese & More by Henri Willig
in der Raadhuisstraat in Amsterdam
im Mai 2019

Eine "Nicht-Baustelle" Kurfürstendam 229 (2)

Kurz hinter dem für uns, aber nicht wirklich, neuen Käseladen folgt eine weitere Baustelle, eigentlich eine „Nicht-Baustelle“. 35 Container füllen die Baulücke neben Galeria-Kaufhof. Hier wollte die Signa Real Estate des Österreichers René Benko zwei Hochhäuser bauen. Benko und sein Estate-Imperium ist pleite. Ob und wann das geplante Büro- und Wohnhochhaus gebaut wird, ist erst einmal ungewiss. Bis dahin bieten die Container als POP Kudamm eine kulturelle Zwischennutzung mit wechselnden Ausstellungen und Veranstaltungen. 

 Container als Hochhaus-Ersatz
und eine Werbung

Die Werbung des Samurai-Museum Berlin. Was es nicht alles gibt in Berlin. Dies Museum ist allerdings nicht am Kudamm, sondern etwas weiter entfernt, in Ost-Berlin. Der Bauunternehmer Peter Janssen hat in dem Museum seine Samurai-Sammlung zusammengeführt. Samurai waren eine japanische Kriegerkaste im feudalen Japan, etwa in der Zeit von 800 bis 1700. Begonnen haben soll die Sammelleidenschaft vor 40 Jahren mit dem Kauf eines japanischen Langschwerts aus der Zeit der Samurai auf dem Flohmarkt an der Straße des 17. Juni. Inzwischen sind es mehrere 1000 Objekte. Das Museum will mehr als ein Waffen- und Militärmuseum sein. Multimediale Installationen sollen auch Einblicke in die japanische Folklore geben. Außerdem gibt es ein traditionelles japanisches Theater und ein japanisches Teehaus. 


An vielen Stellen (3)

Unübersehbar gehören sie zur Tradition des Kudamms, die Schaukästen in einheitlicher Form und Größe. Für die Olympischen Spiele 1936 wurde Berlin herausgeputzt. Auch der Kurfürstendamm. Die wild in den Vorgärten angebrachten Werbetafeln mussten 300 einheitlichen Schaukästen weichen, Höhe einschließlich Sockel 2 Meter, Länge 1,20 Meter, Breite 0,80 Meter. Die Vorgärten sind alle verschwunden. Die Richtlinien für die Vitrinengestaltung gelten noch immer und die Schaukästen prägen noch heute weite Teile des Kurfürstendamms. Eine nicht gerade billige Werbung. 1500 EUR Monatsmiete verlangen die Hauseigentümer für die knapp 1 Quadratmeter große Grundstücksfläche. Passt aber wohl zu den Geschäften und ihren Angeboten.

Kudamm-Schaukästen


Viele Baustellen (4)

Eine Baustelle scheint dauerhaft zu sein, das Kudamm-Karree. Hier mussten die Komödie am Kurfürstendamm und das Theater am Kurfürstendamm 2018 schließen, weil das Areal abgerissen und neu bebaut werden sollte. Abgerissen wurde pünktlich, der Neubau ist noch immer eine Baustelle. 


Auch am Kurfürstendamm (5)

Die gibt es auch am Kurfürstendamm, die Berliner Straßenpumpen. Mit Hand wird mittels des Schwengels das Wasser aus der Tiefe hochgepumpt. Zwischen 30 und 170 Meter tief sind die Rohre, je nach Höhe des Grundwasserspiegels.

Kurfürstendamm/Ecke Bleibtreustraße

Sie sind nicht nur ein nostalgisches Überbleibsel, sondern haben auch heute noch eine Funktion. Darum sieht man neben den historischen, verzierten gusseisernen Pumpen auch neuere mit schlichtem Aussehen.  Sie sollen in Notfällen die Wasserversorgung der Bevölkerung sicherstellen. Etwa 2.000 Schwengelpumpen gibt es noch im Berliner Stadtgebiet. Die ältesten Pumpen stammen aus der Zeit vor dem Bau der zentralen Berliner Wasserversorgung (das erste Wasserwerk wurde 1856 vor dem Stralauer Tor gebaut). Sie wurden von der Kunst- und Glockengießerei in Lauchhammer (Landkreis Oberspreewald-Lausitz) gegossen (Lauchhammer Pumpen). Die Pumpen waren grün angestrichen, mit der von der Bayer AG hergestellten Farbe Kölner Brückengrün. Die Bezeichnung der Farbe ist von dem Anstrich Kölner Brücken in Patinagrün abgeleitet. Das wiederum soll auf Konrad Adenauer zurückgehen, der sich als Kölner Oberbürgermeister dieses Grün für die Brücken gewünscht haben soll.

Knapp die Hälfte der Brunnen sind Bundesbrunnen, die gemäß dem Wassersicherstellungsgesetz für den Verteidigungsfall zur Versorgung der Zivilbevölkerung mit lebensnotwendigem Bedarf an Trinkwasser dienen sollen. Die übrigen Brunnen sind Landesbrunnen, die im Rahmen des Katastrophenschutzes vorgehalten werden. Diese Zuständigkeits-Trennung ist wohl dem Stichwort „Bürokratie“ zuzuordnen.

Jedenfalls reichen die rund 2.000 Straßenpumpen für die Notversorgung nicht aus, es müssten mehr als 1.000 Pumpen oder Brunnen mehr sein. Und nicht aus allen bestehenden Straßenpumpen fließt Wasser, wenn man pumpt. Bund und Land kommen ihren Verpflichtungen offensichtlich nicht nach. Darum hat der Berliner Senat im letzten Jahr (2024) die Idee gehabt, den Berliner Wasserbetrieben die Reparatur und Bewirtschaftung der Landes- und auch der Bundesbrunnen zu übertragen. Die sollen den Reparaturstau schneller als die Bezirke abarbeiten und bezahlt werden soll das nicht aus den Wassergebühren, sondern aus dem Bundes- bzw. Landeshaushalt, wenn dann Geld dafür vorhanden ist. Ein Vorhaben mit viel Hoffnungen. 


Kurfürstendamm 193 - 194 (6)

Haus Cumberland, ein Beispiel am Kurfürstendamm der 1920er Jahre.

Ursprünglich war der spätere Kurfürstendamm eine Teilstrecke des Reitwegs des Kurfürsten und Markgrafen von Brandenburg vom Berliner Stadtschloss zum Jagdschloss Grunewald. Als Knüppeldamm führte er durch sumpfiges Gebiet. Dann wuchs die Stadt und ein 1862 in Kraft getretener Bebauungsplan für die Umgebung Berlins (Hobrecht-Plan) sah den östlichen Teil des Kurfürstendamms für den Ausbau als gehobene Wohnstraße vor. Reichskanzler Otto von Bismarck schlug Kaiser Wilhelm I. einen Boulevard ähnlich der Pariser Prachtstraße Champs-Elysées vor. Per Kabinettsorder wurde 1875 die Straßenbreite auf 53 Meter zwischen den Häuserfronten festgelegt: je 7,5 Meter für die Vorgärten, je 4 Meter für die Bürgersteige, je 10 Meter für die Fahrbahnen und 10 Meter für die Mittelpromenade mit Reitweg. Zum Bau der Straße und zur Erschließung von Baugrundstücken wurde die Kurfürstendamm AG gegründet. Die Deutsche Bank kaufte 15 Hektar Land am Kurfürstendamm. Der entwickelte sich in den 1880er Jahren zu einer bevorzugten Wohnlage und dann zu einem Vergnügungs- und Kaufzentrum, bald in Konkurrenz zu der traditionellen Prachtstraße Unter den Linden. 

In den 1920er Jahren wurde am Kurfürstendamm 193-194 in der Tiefe bis zur Lietzenburger Straße auf einem 10.000 Quadratmeter großen Grundstück ein Gebäudekomplex mit drei aufwändig gestalteten Innenhöfen und zwei Wirtschaftshöfen gebaut. Nach amerikanischem Vorbild sollte es ein luxuriöses Boarding-Hotel werden, konzipiert für Geschäftsleute, die sich hier für längere Zeit einmieten. Das Konzept scheiterte und der Bauherr ging in Konkurs. Danach wurde das Haus bis zum 1. Weltkrieg als Hotel Cumberland betrieben. Den Namen Cumberland soll es aus Werbe-Gründen erhalten haben.  


Herzog bzw. Duke of Cumberland war ein erbliches englisches Adelsprädikat, dass 1799 dem König von Hannover, Ernst August I., verliehen wurde. Letzter Duke war Ernst August II. von Hannover, dem 1919 der Titel aberkannt wurde, weil er in der österreichischen Armee gegen England kämpfte. Sein Vater, der König von Hannover, Georg V., war 1866 nach dem verlorenen Krieg gegen Preußen und der Auflösung des Königreichs Hannover nach Österreich ins Exil gegangen. Bei Gmunden im österreichischen Salzkammgut ließ er sich das Schloss Cumberland als Exilresidenz bauen. Dort "residiert" jetzt Ernst August V., der in der Nähe meines Heimatdorfes Giesen bei Hildesheim geboren ist, in Schulenburg in der Region Hannover.

Im 1. Weltkrieg wurde der Hotelbetrieb eingestellt. In das Haus zog das Kaiserliche Waffen- und Munitionsbeschaffungsamt ein. In der Folge beherbergte es unterschiedliche Verwaltungen. Bis 2003 befand sich die Berliner Oberfinanzdirektion in dem Gebäude, das inzwischen dem Land Berlin gehörte. 2006 kaufte ein Investor Haus und Grundstück. Bis 2013 dauerte der Umbau in Eigentumswohnungen, Büro- und Ladeneinheiten.


Unser Ziel: Kurfürstendamm 195 (8)

Und jetzt kommen wir zu unserem eigentlichen Ziel, Kurfürstendamm 195. Auf dem ganzen Weg haben wir daran gedacht. Berliner Currywurst im Bier’s Kudamm 195.

Das ist sie, die Berliner Currywurst.

Seit 1965 werden hier ohne Unterbrechung jeden Tag die Würste gebraten, für die Berlin berühmt ist. In Berlin soll 1949 Herta Heuwer in ihrem Imbisstand in der Kantstraße (den es dort nicht mehr gibt) die erste Currywurst verkauft haben, eine Bratwurst ohne Darm mit einer von ihr kreierten Soße aus Tomatenmark (Ketchup) und Gewürzen (Currys). Die Bratwurst ohne Darm ist eine Erfindung des nach dem 2. Weltkrieg aus Johanngeorgenstadt im Erzgebirge nach Spandau gekommenen Schlachters Max Brückner. Nach dem Weltkrieg waren Naturdärme Mangelware und Brückner entwickelte eine Herstellungsmethode für Würste ohne Pelle. Das Besondere der Berliner Currywurst ist aber die Currymischung, die über die Bratwurst (inzwischen mit oder ohne Pelle) gestreut wird, und über die die Tomatensoße kommt, die natürlich selbst hergestellt wird.

Bier's Kudamm 195

Kudamm 195 ist unser Favorit. Daneben gibt es noch Konnopke unter der Hochbahnbrücke im Prenzlauer Berg, auch mit einem Familienrezept für die Currysoße, auch gut, wir haben die Currywurst dort probiert. In Kreuzberg ist Curry 36 am Mehringdamm, inzwischen auch mit anderen Filial-Standorten.

                            
                       Bei Konnopke
                       waren wir bei unserem Spaziergang durch Prenzlauer Berg
                       siehe: Mauerpark und Bronzekopf - Link zum Beitrag

Kurfürstendamm 33 (9)

Kunst am Kudamm. Bekannt ist die Skulptur “Zwei Beton-Cadillacs in Form der Nackten Maja” von Wolf Vostell auf dem Rathenauplatz am Ende des Kurfürstendamms. Sie ist ein Teil des Skulpturenboulevards entlang der Tauentzienstraße und des Kurfürstendamms. Wir waren nicht so weit gegangen. An unserem Weg haben wir eine andere Skulptur „entdeckt“, die Asymmetrische Vase, die der Künstler Gerhard Schultze-Seehoff aus Mosaiksteinchen der stark beschädigten Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche geschaffen hat. Die Vase sollte 1957 den Aufbauwillen in der Stadt symbolisieren. 

Asymetrische Vase 
am Kudamm/Ecke Grolmanstraße