Mauerpark und Bronzekopf
Berlin erkunden - Prenzlauer BergJuni 2021
Die Idee zu diesem Stadtteil-Besuch
entstand durch das
„Stadtspiel: Rätsel lösen – Sehenswürdigkeiten finden“
das uns unsere Tochter
schenkte.
Der Nachteil des Spiels ist
allerdings, dass sich die Bezugspunkte im Laufe der Zeit verändern. Die
Erläuterung zu der Plastik am Helmholtz-Platz gibt es nicht mehr, die notwendigen
Laternen am Konnopke’s Imbiss haben wir nicht zusammenbekommen und die
Erläuterung am Wasserturm haben wir zumindest nicht gefunden.
Mit
dem Komoot-Routenplaner habe ich die Stadtspiel-Führung nachverfolgt und
weitere Sehenswürdigkeiten entdeckt und eine
eigene Tour entwickelt.
Über
Google waren die Informationen zu den Touren-Stationen schnell gefunden. Die
Erläuterungen stammen, wie auch bei meinen anderen Reiseberichten, aus
Wikipedia- und andern Internet- Artikeln, ohne Zitierung im Einzelnen.
Dieser Rundgang ist so angelegt, dass Start und
Ziel mit der S-Bahn Linie S1 zu erreichen sind: S-Bahnhof Gesundbrunnen zum S-Bahnhof Bornholmer Straße.
Routenplan mit Wegepunkten:
Mit dem Rundgang erkunden wir den Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg.
Prenzlauer
Berg im Bezirk Pankow
165.000 Einwohner. 2001 wurde der 1920 gebildete
Bezirk Prenzlauer Berg mit den Bezirken Weißensee und Pankow zum neuen Bezirk
Pankow zusammengelegt.
Der Name Prenzlauer Berg stammt von der Ausfallstraße zu der 80
Kilometer entfernten uckermärkischen Stadt Prenzlau (bei meiner Ostsee-Radtour
im August werde ich Prenzlau besuchen). Noch um 1800 befanden sich im Gebiet
des Prenzlauer Bergs nur Ackerflächen und Windmühlen. Die Berliner Bebauung beschränkte sich damals auf das Berliner Urstromtal. Die „Berge“, Ausläufer des nördlichen Barnimer Höhenzugs,
lagen vor der Stadt.
1829 – 1839 wurde das Gebiet des Prenzlauer Bergs
nach Berlin eingemeindet. Die Flächen gehörten wenigen Grundbesitzern, deren
Namen wir bei dem Rundgang mehrfach begegnen: Bötzow (Bötzowviertel), Griebenow
(haben die Kastanienallee und die Pappelallee angelegt), Büttner (der Jüdische
Friedhof an der Schönhauser Allee war Büttnerscher Besitz). Sie besaßen oder
erwarben große Landwirtschaftsflächen, parzellierten und erschlossen sie und
wurden damit reich. Das war nicht nur hier so. Der Ortsteil Lichterfelde im Bezirk Steglitz-Zehlendorf wurde von Wilhelm von Carstenn ab 2865 als Villenkolonie entwickelt. Gebaut wurden in Prenzlauer Berg überwiegend fünfgeschossige Wohngebäude in
geschlossener Blockbauweise. Die Blöcke haben eine große Grundstücktiefe mit
zahlreichen Hinterhöfen.
Die Gebäudehöhe war in der Berliner Bauordnung geregelt. Darin ist die „Berliner
Traufhöhe“ mit 22 Meter vom Boden bis zur Dachkante festgelegt. Das entspricht der Breite der damaligen
Straßenplanung. Die Häuser durften nur so hoch sein, dass bei einem Brand
umstürzende Gebäudefassaden die gegenüberliegenden Gebäude nicht beschädigten.
In den 1870er Jahren wuchs Berlin. Die Bevölkerung
stieg von 800.000 auf über 1 Million. 1910 waren es über 2 Millionen (Berlin
war die sechstgrößte Stadt der Welt, heute Rang 68 der Millionenstädte). Das älteste
noch vorhandene Gebäude im Prenzlauer Berg ist in der Kastanienallee 77, gebaut
1852 bis 1853 (Station 8 unseres Rundgangs).
Die S-Bahnstationen im Bezirk sind Schönhauser
Allee, Greifswalder Straße, Landsberger Allee, Storkower Straße (Ringbahn S 41
und S 42), Bornholmer Straße (S 1).
Start S-Bahnhof Gesundbrunnen
Umsteigebahnhof (Nordkreuz) für den Personennah-
(S-Bahn, Ringbahn, U-Bahn, Regionalbahn) und -fernverkehr (ICE, IC). 130.ooo Menschen
nutzen den Bahnhof täglich (Stand 2016).
1872 wurde der Bahnhof zusammen mit der Ringbahn
(Nahverkehrsring innerhalb Berlins) eröffnet.
Nach der Wende wurde der Bahnhof 1995 bis 1997
erneuert. Gleichzeitig wurde ein Einkaufszentrum neben dem Bahnhof gebaut.
Vom S-Bahnhof Gesundbrunnen im Bezirk Mitte gehen wir die Swinemünder Straße, Gleimstraße
und Graunstraße zum Prenzlauer Berg.
Institut St. Philipp Neri und St. Afra (2)
Es ist eine wohl nur wenigen bekannte Einrichtung,
der wir gleich zu Anfang in der Graunstraße begegnen. So lange gibt es sie auch
noch nicht. 2003 wurde das Institut gegründet, dass die traditionalistische
Glaubensrichtung in der Katholischen Kirche erhalten will. Philipp Neri war ein
bedeutender Vertreter der Gegenreformation des 16. Jahrhunderts. In der Kirche
wird die Messe nach lateinischem Ritus gefeiert.
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Kirche St. Afra |
Der französische Außenminister und Ministerpräsident
Robert Schumann (1888 – 1963) wohnte als Student 1905/1906 in dem Kloster. Eine
Bronze-Tafel der Katholischen Studentenvereinigung Unitas, der er angehörte,
erinnert daran.
Robert Schumann war nach
dem 2. Weltkrieg Finanzminister, Außenminister, Justizminister und
Ministerpräsident Frankreichs. 1950 entwickelte er den „Schumann-Plan“, der zur
Gründung der „Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl“ führte und den
Beginn der Europäischen Einigung bedeutete.
Schumann wurde in dem
damals zu Deutschland gehörenden Luxemburg geboren. Die französische
Staatsangehörigkeit bekam er 1919 in Elsass-Lothringen, das nach dem 1.
Weltkrieg zu Frankreich kam.
Von der Lortzingstraße
gegen wir über den Mauer-Spielplatz Richtung Mauerpark. An einem Birkenwäldchen
auf dem ehemaligen Mauerstreifen vorbei kommen wir zur Max-Schmeling Halle.
Max-Schmeling-Halle / Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark (3)
Geplant war die Halle für die Olympischen Spiele
2000. Doch Berlin wurde nicht Olympia-Stadt (Sidney in Australien gewann den
Wettbewerb). Also plante man um und aus der
Boxarena (daher der Name) wurde
eine Mehrzweckhalle. 1996 wurde sie eröffnet.
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Max-Schmeling-Halle |
Max Schmeling
(1905 –
2005) war 1930 und 1931 Boxweltmeister im Schwergewicht und einer der
populärsten Sportler Deutschlands.
Damit die Halle nicht zu wuchtig wirkt, wurde sie
zu 2/3 in den Boden versenkt. Und auf dem Dach ist eine Photovoltaikanlage, die
durchschnittlich 110 Haushalte mit Strom versorgen könnte.
Die Max-Schmeling-Halle und das Velodrom (s.u.)
werden von einer Tochtergesellschaft des Berliner Facility- und
Gebäudemanagement-Unternehmens Gegenbauer betrieben.
Friedrich-Ludwig
Jahn
(1778 – 1852), als Turnvater
Jahn bezeichnet, initiierte die deutsche Turnbewegung. Zweck des Turnens war
für Jahn eine Erziehung zur Vorbereitung eines Befreiungskrieges gegen die
napoleonische Herrschaft und gegen die deutschen Fürsten, denen er vorwarf, die
Einheit und Freiheit der deutschen Nation zu verhindern.
1810 gründete er in der Hasenheide (damals
bei Berlin, heute Bezirk Neukölln) den „Deutschen Bund zur Befreiung und
Einigung Deutschlands“. Ein Jahr später gründete er den Berliner Turnverein.
1818 gab es in 150 deutschen Städten einen Turnverein.
Jahn war Nationalist, aber auch Antisemit.
Dem Deutschen Bund durften nur „Männer deutscher Abstammung“ beitreten. Juden
waren von der Mitgliedschaft ausgeschlossen.
Den Sportpark gab es schon zu DDR-Zeiten. Und die
erste sportliche Nutzung war schon 1904, als erster Fußballplatz von Hertha BSC
(damals BFC Hertha 1892). Davor „spielte“ die Preußische Armee hier. Das Gelände
war seit 1825 der Exerzierplatz eines Grenadierregimentes, dessen Kaserne am
Alexanderplatz stand. Das preußische Militär hatte das Gelände von Wilhelm
Griebenow gekauft, der große Teile des heutigen Prenzlauer Bergs nur zwei Jahre
vorher erworben hatte. Den Rest parzellierte er für Wohnbebauungen.
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Freilichtbühne am Mauerpark |
Mauerpark (4)
1961 wurde West-Berlin von der DDR „eingemauert“,
bis 1989 die Mauer fiel. Seit Ende 1990 ist das Areal an der ehemaligen Berliner
Mauer eine Grün- und Freizeitanlage.
Bernauer Straße (5)
Die Straße erlangte große Bekanntheit
durch spektakuläre Fluchtunternehmungen während des Baus der Mauer. Die Häuser
gehörten zu Ostberlin, Fußweg und Straße waren Westberliner Gebiet. Noch
während die Türen und Fenster zugemauert wurden, sprangen die Menschen aus den
Fenstern. Später erfolgten Fluchtversuche durch Tunnel.
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Mauer-Gedenkstätte |
Mauer-Gedenkstätte (6)
An der Bernauer Straße/Schwedter
Straße sind sehr schöne Neubauten entstanden. Informationstafeln erinnern an
die Mauer-Zeit. Damals stand hier ein Podest, von dem man von Westberlin den
Mauerstreifen beobachten konnte.
Das Dokumentationszentrum der
Gedenkstätte Berliner Mauer liegt ein Stück weiter im Bezirk Mitte.
Wir gehen die Schwedter
Straße bis zur Kastanienallee hinunter. Zwei Neubaukomplexe fallen auf, der
Kastanienhof und der Marthashof. Ein ehemaliges Fabrikgebäude ist die Schwedter
Höfe geworden, ein Gewerbehaus und Hotel.
Marthashof (7)
Ein Beispiel des Nachwende-Baus. Es wurde 2010 eine
U-förmige Wohnanlage mit einer
inneren Parkanlage errichtet. Zu DDR-Zeiten
hatte der DDR-Computerhersteller Wohnbaracken für Mitarbeiter aufgestellt. Vor
der Zerstörung im Weltkrieg unterhielt hier die Kaiserwerther Diakonie eine
Herberge und Bildungseinrichtung für junge Dienstmädchen, den Marthashof.
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Neben dem Marthashof |
An
der Kastanienallee gehen wir an dem ältesten noch erhaltenen Haus und vielen
kleinen Kneipen und Restaurants vorbei. Die Straße ist gastronomisch mindestens
so interessant wie die Gegend um den Kollwitzplatz und Wasserturmplatz. Japanische, chinesische, vietnamesische, libanesische, italienische, arabische Küche und mehr.
Ältestes Gebäude Kastanienallee 77 (8)
Hier steht das älteste noch erhaltene Haus des
Prenzlauer Bergs. Das Mietshaus wurde
1852 bis 1853 gebaut. 1992 wurde das Haus „besetzt“ und ist jetzt
ein
Wohngemeinschaft-Projekt.
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Ältestes Haus in der Kastanienallee |
Prater-Garten(9)
Es ist der älteste Biergarten Berlins, 1837 als
Bierausschank gegründet.
Natürlich
darf Konnopke’s Imbiss unter der U-Bahn nicht fehlen. Man muss die Currywurst
probieren. Aber – wir waren etwas enttäuscht. Die Wurst war ein bisschen
blass. Die Currywurst am Kudamm 195 ist krosser.
Konnopke‘s (10)
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Konnopke's Imbiss unter der U-Bahn |
Gegründet wurde das Familienunternehmen 1930 als
Bauchladen. Ab 1939 durften aber wegen Fleischknappheit keine Würstchen mehr
verkauft werden. Konnopke stellte auf Kartoffelpuffer um.
Von der Verstaatlichung blieb der Betrieb in der
DDR verschont, er war klein genug. Allerdings gab es nach dem Mauerbau keinen Ketchup mehr. Die DDR hatte nicht nur ihre Leute eingesperrt, sondern auch den Ketchup
ausgesperrt. Also stellte Konnopke auf Eigenproduktion um.
Gleich
hinter Konnopke’s ist die nächste Berliner Institution, die Kulturbrauerei.
Kulturbrauerei (11)
Kultur und Brauerei. Die Reihenfolge ist anders.
Erst war die Brauerei und dann kam die Kultur (wenn man das Bierbrauen nicht
als Teil unserer Kultur ansieht).
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Kulturbrauerei |
Nach der Wende 1990 übernahm die Treuhandanstalt
das denkmalgeschützte Brauerei-Areal. Ein Jahr später wurde die „KulturBrauerei gGmbh“ zur kulturellen Nutzung der Gebäude gegründet. Heute gibt es Kinos,
Theater, Diskotheken, ein Büro der New York Universität – und natürlich Kneipen
und Restaurants.
Über
die Knaakstraße erreichen wir den wohl bekanntesten Platz vom Prenzlauer Berg,
den Kollwitzplatz. Sehr schöne Häuser rundherum. Es ist ja auch eine der teureren
Wohngegenden Berlins.
Kollwitzplatz (12)
Der Platz ist nach der Graphikerin und Bildhauerin
Käthe Kollwitz (1867 – 1945) benannt. Nach der Heirat mit dem Arzt Karl Kollwitz
lebte sie von 1891 bis 1943 im Prenzlauer Berg
(Kollwitzstraße 56A). 1947
wurden die Straße und der Platz nach ihr benannt. Einer ihrer Arbeiten sind die
Lithographien und Radierungen des Zyklus „Ein Weberaufstand“, den sie unter dem
Eindruck von Gerhard Hauptmanns Drama „Die Weber“ geschaffen hat.
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Kollwitzplatz |
Auf dem Platz steht die von Gustav Seitz
geschaffene Bronzeplastik nach einem Selbstbildnis von Käthe Kollwitz.
Fast gegenüber dem
Kollwitzplatz ist der Wasserturmplatz. In dem Karree dazwischen ist die Synagoge
an der Rykestraße. Wir sind hier auch in der Nähe des Jüdischen Friedhofs an
der Schönhauser Allee. An der Rückfront des Friedhofs ist die Kollwitzstraße.
Zwischen Friedhof und den Häusern an der Kollwitzstraße ist ein schmaler
Fußweg, der Judengang. Es war Teil des Begräbnisgangs zwischen Synagoge und
Friedhof.
Wasserturmplatz (13)
Auch dieser Platz war einmal ein Windmühlenberg,
etwas höher gelegen als die
umliegenden Felder. Mitte des 19. Jahrhunderts
wurden diese mit Wohngebäuden bebaut. Das Wasser wurde aus Brunnen geschöpft
und musste in die Stockwerke hinaufgetragen werden. Um 1850 war Berlin die
letzte europäische Großstadt, deren Bürger sich so mit Trinkwasser versorgen
mussten.
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Wohnen am Wasserturmplatz |
1856 nahm das erste Wasserwerk Berlins seinen
Betrieb auf. Es stand in der Nähe der heutigen Oberbaumbrücke. Aus der Spree
wurde das Wasser entnommen und in Sandfiltern gereinigt. Gebaut hatte das
Wasserwerk eine englische Gesellschaft, die eine Lizenz über 25 Jahre zur
Versorgung Berliner Einwohner mit Wasser gegen Entgelt erhielt (der Berliner
Magistrat wollte nicht selber investieren, später übernahm er aber doch die
Wasserversorgung in eigene Regie). Dafür musste die Gesellschaft das Wasser zur
Spülung der Rinnsteine und für die Feuerwehr kostenlos zur Verfügung stellen.
Eine Kanalisation gab es noch nicht und Abwasser und Abfälle landeten in den
Rinnsteinen und wurden vom Regenwasser weggespült, was im Sommer nicht funktioniert
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Wohnen im Wasserturm |
Im Wasserturm
wurden sechs Etagenwohnungen unterhalb des Hochbehälters für die
Maschinenarbeiter gebaut, die heute noch bewohnt und begehrt sind. Der unterirdische Wasserbehälter wird für
temporäre Kunstprojekte genutzt.
Synagoge Rykestraße und Jüdischer Friedhof (14)
Es ist die größte Synagoge Deutschlands und neben
der Budapester Synagoge die größte in Europa (gebaut 1903/1904). Bekannter in Berlin ist die Neue
Synagoge (1866 geweiht) mit ihrer leuchtenden Kuppel an der Oranienburger Straße. Vielleicht
weil die (West-) Berliner den Westteil der Stadt besser kennen?
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Synagoge an der Rykestraße |
Der Jüdische Friedhof an der Schönhauser Allee
wurde 1827 eröffnet. Die Jüdische Gemeinde hatte das Land von Gotthold Wilhelm
Büttner erhalten. Der war einer der drei Grundstücksentwickler, denen fast alles gehörte (s.o.).
Es war nicht der erste Friedhof der jüdischen
Gemeinde. Ab 1672 gab es den Alten
Jüdischen Friedhof an der Großen Hamburger Straße in Mitte, damals vor der
Stadtmauer,
wie alle Friedhöfe.
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Wohnen in der Rykestraße |
Nach dem 30-jährigen
Krieg holte der Brandenburger Kurfürst zum Wiederaufbau des Landes Zuwanderer
ins Land. 1671 erlaubte er 50 (wohlhabenden) jüdischen Familien, die aus Wien
vertrieben worden waren, die Ansiedlung in Brandenburg, 9 davon kamen nach
Berlin. Das war der Grundstock der neuen jüdischen Gemeinde, nachdem Juden
zuvor auch aus Brandenburg vertrieben worden waren (1573).
Mit dem Edikt von
Potsdam (1685) bot er später protestantischen Hugenotten aus Frankreich freie
und sichere Ansiedlung in Brandenburg an (zu deutlich besseren Bedingungen als
sie für jüdische Ansiedler galten).
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Hospital - heute Bezirksamt |
Es musste ein neuer Begräbnisplatz eingerichtet
werden, vor der Stadt, an der jetzigen Stelle an der Schönhauser Allee. Bis zur
Verlegung des Friedhofs dauerte es dann aber noch bis 1827.
Der Maler Max Liebermann wurde auf dem Friedhof
1935 beigesetzt. Ein anderer Prominenter war der Gründer des Ullstein-Verlages,
Leopold Ullstein (1899 beerdigt).
Wir gehen die Rykestraße
hinunter bis zur Danziger Straße. Gegenüber ist der Fröbelplatz und dahinter
ein großes Gelände mit Klinkerbauten, ein ehemaliges Hospital und Siechenhaus.
Städtisches Hospital und Siechenhaus (15)
Mit dem schnellen Wachstums Berlins in den
Gründerjahren und der Industrialisierung nach 1870 wuchsen die sozialen
Probleme, Massenarmut und Obdachlosigkeit.
1886 bis
1889 wurden das städtische
Friedrich-Wilhelm-Hospital und ein Siechenhaus (Bürgerhaus-Hospital) gebaut. Bürgerhospitäler
nahmen chronisch Kranke, sog. „Siechen“ auf.
1928/1929 kam ein Obdachlosen-Asyl hinzu. 1934 wurde das Krankenhaus in den Ortsteil Buch verlegt und die Gebäude von dem Bezirksamt genutzt.
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Siechenhaus - heute Vivantes-Klinik |
Nach dem 2. Weltkrieg erfolgte der Wiederaufbau der
stark beschädigten Gebäude. Ein Gebäude
wurde Sitz der sowjetischen Militärkommandantur und des Geheimdienstes. 1956
bis 1985 war es ein Gebäude der Stasi. 1990 zog das Bezirksamt Prenzlauer Berg
ein. Das ehemalige Siechenhaus kam zum Vivantes-Klinikum.
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Thälmann-Hinterkopf |
Ernst-Thälmann
Park (16)
Zur 750-Jahr Feier der Stadt 1987 wurden auf dem
Areal einer ehemaligen Gasanstalt 1.130 Wohnungen, der Park und ein Planetarium
errichtet. Es entstanden achtgeschossige Plattenbauten und Punkthochhäuser mit
bis 18 Geschossen. Als Grün- und Erholungsfläche für die Neubauwohnungen und
die angrenzenden Quartiere wurde der Thälmann Park angelegt.
Ernst Thälmann (1886 –
1944, im KZ Buchenwald ermordet) war Vorsitzender der KPD.
Auf dem Gelände des Parks stand 1873 bis 1981 eines
von 33 Berliner Gaswerken.
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Ernst-Thälmann-Denkmal |
Durch Steinkohlendestillation wurde Leuchtgas für
die Straßen-Gaslaternen hergestellt. Nebenprodukte waren u.a. Phenole,
Schwefelwasserstoff und Teer, was zu erheblichen Umweltproblemen führte. Trotz
Bodenaustausch nach dem Abriss des Gaswerkes musste 2004 eine biologische
Wasserreinigungsanlage in Betrieb genommen werden, die Grundwasser aus 30 Meter
Tiefe fördert und reinigt.
In dem nach dem Gaswerk-Abriss stehen gebliebenen
Verwaltungsgebäude wurde das „Theater unterm Dach“ und das „Wabe-Kulturzentrum“ eingerichtet.
An der Greifswalder Straße wurde das 14 Meter hohe
Monumentaldenkmal für Ernst Thälmann aufgestellt. Geschaffen hat das ein
sowjetischer Bildhauer (Die DDR-Künstler sollen darüber verärgert gewesen sein.
Aber „Von der Sowjetunion lernen“ war ja der Spruch der SED-Führung) aus 5o
Tonnen Bronze in 200 Einzelteilen und einem Sockel aus rotem Granit. Der Granit
kam auch aus der Sowjetunion. Für den Bronzeguss wurde die gesamte
Jahresproduktion der DDR gebraucht, so dass für die DDR-Bildhauer in dem Jahr
nichts übrig war.
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Grüne Stadt - Wohnungsbau der 1930er Jahr |
Einer der
Bauherren war die GSW Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft, die
hier 1800 Wohnungen „für kleinere und mittlere Beamte“ baute. Die Wohnungen
hatten, wie damals üblich, Kohleofen-Heizungen. Nach der Wiedervereinigung
bekam die GSW die in der DDR verstaatlichten und baulich vernachlässigten
Wohnungen zurück. Ich war ab 1995 Geschäftsführer der GSW und erinnere mich
noch gut an die umfangreichen Instandhaltungsprogramme einschließlich der
Umstellung der Kohleofen- auf Zentralheizungen.
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Zeiss-Großplanetorium |
Zeiss-Planetarium (18)
Mit dem Wohnungsbau und dem Park wurde das
Zeiss-Großplanetarium gebaut und 1987 eröffnet. Es war eines der größten und
modernsten Planetarien weltweit. An der Kuppel mit 30 Meter Durchmesser kann
der Sternenhimmel mit 9.000 Sternen abgebildet werden. Die Sternenbilder im
Jahresverlauf und der vergangenen 2.000 Jahre (?) können dargestellt werden.
„Zeiss“ im Namen steht für den „Planetariumsprojektor
Zeiss Universarium Modell IX“ und zehn „Zeiss Velvet Videoprojektoren für
eine 360°-Fulldome-Projektion“.
Das Großplanetarium gehört mit dem Planetarium am
Insulaner (auch ein Gr0ßplanetarium) und
der Wilhelm-Forster Sternwarte am Insulaner (Volkssternwarte) in Schöneberg
sowie der Archenhold Sternwarte im Treptower Park (mit dem längsten beweglichen
Fernrohr der Welt) zur Stiftung Planetarium Berlin.
Gegenüber
der Sternwarte ist das Gleis der Ringbahn. Jenseits der Ringbahn ist an der Erich-Weinert-Straße (zwischen Gubitz- und Sültstraße) die „Wohnstadt Carl Ledien“ der Architekten
Bruno Taut und Franz Hillinger, 1928 bis 1930 für die GEHAG gebaut. Sie gehört
zu den „Berliner Siedlungen der 1920er Jahre“ und ist UNESCO-Welterbe.
Wir bleiben diesseits der Ringbahn und gehen von der
Stargarder Straße in die Dunckerstraße und kommen zum Helmholtzplatz. In der
Dunckerstraße kann das Wohnen um 19oo besichtigt werden.
Museumswohnung Dunckerstraße (20)
1896 bebaute der Zimmermeister Brunzel das
Grundstück Nr. 77 mit 25 Wohnungen. Die ersten Mieter waren die
„Trockenwohner“. Die Wohnungen wurden gleich nach Baufertigstellung bezogen. Die Mieten waren niedriger, aber das Leben in den noch
baufeuchten Wohnungen war ungesund.
Ich erinnere mich an
die Doppelhaushälfte, die meine Eltern in meinem Heimatdorf Giesen bezogen, als
ich sechs Jahre alt war. Die Wände wurden nicht tapeziert, sondern mit einer Malerwalze
wurden farbige Muster aufgemalt. Tapete hätte wegen der noch baufeuchten Wände
nicht gehalten. Erst später (nach einem Jahr?) wurde tapeziert. Das war damals
auch „Trockenwohnen“.
Nach dem Trockenwohnen zogen fast alle Mieter aus
(2 Jahre später wohnten nur noch 5 Erstbezieher in dem Haus) und zogen in
einen neuen Neubau (wahrscheinlich wegen der billigeren Miete). Dauerhafte Mieter waren danach
Arbeiter, geringverdienende Angestellte, „kleine“ Beamte.
Das Museum Pankow hat eine Wohnung im Vorderhaus
angemietet und im Stil der damaligen Zeit eingerichtet, mit Stube, Kammer und
Küche. Senioren der Freizeitstätte Herbstlaube betreuen die Wohnung.
Bei unserem Rundgang folgt jetzt der Helmholtzplatz und – ein wenig versteckt der
Friedhofspark an der Pappelallee.
Helmholtzplatz (21)
Der Helmholtzplatz ist der Mittelpunkt des
Helmholtzkiezes. Früher, vor der Wohnbebauung, war der Platz (auch - siehe Wasserturmplatz) ein Windmühlenberg
mit Getreidemühlen inmitten landwirtschaftlicher Flächen. In den 1870er Jahren
wurde auf dem heutigen Helmholtzplatz ein Ziegelwerk errichtet.
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Das Eckhaus war Drehort des Films "Sommer vorm Balkon" |
1885 wurde der Ziegel-Ringofen gesprengt und die
Reste zugeschüttet. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Platz gärtnerisch
gestaltet und erhielt den Namen Helmholtz.
Hermann von Helmholtz
(1821 – 1894) war Professor in Berlin, Naturwissenschaftler, Physiologe und
Physiker. Sein Forschungsbereich war breit: Optik, Akustik, Elektrodynamik,
Thermodynamik, Hydrodynamik. Er war Mitglied mehrerer ausländischer Akademien.
Nach ihm ist ein
Mitgliederverbund mehrerer Forschungszentren benannt, die
Helmholtz-Gemeinschaft (19 Forschungszentren mit einem Jahres-Budget von 4,8 Milliarden
EUR).
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"Nur Schaffen und Streben Das war sein Leben" |
Friedhofspark
Pappelallee (22)
Parks und Friedhöfe gibt es in Berlin viele. Dieser hier ist ein Friedhofspark. Bis 1934 war es der Friedhof der Freireligiösen
Gemeinde Berlins. Gegründet wurde die Gemeinde 1847. Entstanden ist sie aus einer
religiös-politischen Bewegung, die sich ab etwa 1840 in den Ländern des
Deutschen Bundes gegen den Dogmatismus der christlichen Konfessionen richtete.
Die Fläche für den Friedhof schenkte ihnen (wer
wohl?) Gutsbesitzer Wilhelm Griebenow. 1934 lösten die Nationalsozialisten die
Gemeinde auf, beschlagnahmten das Vermögen und verstaatlichten den Friedhof.
In der DDR wurde die Freireligiöse Gemeinde nicht
wieder gegründet. Auf dem Friedhof wurde noch bis 1969 bestattet. Nach der
Wiedervereinigung wurde der Friedhof in einen Park umgestaltet. Einige
Grabmäler sind noch erhalten. Über dem
Friedhofstor ist das Verständnis der Freireligiösen beschrieben: „Schafft hier
das Leben gut und schön – kein Jenseits ist, kein Aufersteh’n“.
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Gethsemanekirche |
Gethsemanekirche (23)
Sie ist die Kirche der friedlichen Revolution in
der DDR 1989. Nach den gefälschten
Kommunalwahlen 1989 unterstützte die Kirchengemeinde oppositionelle Gruppen mit
einem Kontakttelefon. Bekannte Mitarbeiterin
war Marianne Birthler (nach 2.000 die erste Bundesbeauftragte für die
Stasiunterlagen). Die Kirche war Treffpunkt der Bürgerbewegung. Der
Gottesdienst vor der Eröffnung der ersten freigewählten Volkskammer 1990 war in
der Gethsemanekirche.
Gebaut wurde die Gethsemanekirche 1891 bis 1893.
Das Grundstück für den Kirchenbau schenkte – wen wunderts – die Witwe von
Wilhelm Griebenow der Gemeinde.
Über die Stargarder Straße erreichen wir die Schönhauser Allee und dann die Kopenhagener Straße. Hier ist noch das alte Kopfsteinpflaster erhalten, was die Straße als Drehort für DDR-Nostalgie-Filme interessant macht. Die Fernsehserie Weißensee wurde hier teilweise gedreht. An der Kopenhagener Straße ist das ehemalige Umspannwerk Humboldt.
Umspannwerk Humboldt (24)
An der Ecke Kopenhagener-/Sonnenburger Straße
steht das Backsteingebäude des ehemaligen Umspannwerkes Humboldt der BEWAG,
1926 fertiggestellt, ein Zeugnis der Berliner Industriegeschichte.
Es ist auch
ein Zeugnis der Nachwendegeschichte. 2007 verkaufte die BEWAG das Gebäude für 5
Millionen EUR an einen kanadischen Investor, der es für einen Online-Händler
umbaute. 2014 wurde es für 22 Millionen EUR an einen irischen Investor
verkauft. 2016 erfolgte der Weiterverkauf an einen britischen Investor für 43
Millionen EUR. Muss das kommentiert werden?
Wir überqueren die
Ringbahn-Gleise, kommen, am Arnimplatz vorbei, zur Bornholmer Straße. Nördliche der Bornholmer Straße ist das „Nordische Viertel“. Die Straßen heißen hier Stavanger, Aalesunder,
Nordkap, Bergener und Ibsen-Straße (25). Ein Teil der Häuser der
fünfgeschossigen Blockrandbebauung gehören zum Wohnungsbestand der GSW (gehörten
– heute gehören die GSW-Wohnungen der Deutschen Wohnen).
Wir nähern uns dem Ende
des Rundgangs und einem Ort des Endes
der DDR, dem Grenzübergang Bornholmer Straße.
Ehemaliger Grenzübergang Bornholmer Straße (26)
Von 1961 bis 1990 war auf der Bösebrücke der
Übergang von West- nach Ostberlin (umgekehrt wohl seltener). Unter der Brücke
war der S-Bahnhof Bornholmer Straße, in der Zeit ein Geisterbahnhof, in dem die
Züge nicht halten durften.
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Platz des 9. November an der Bornholmer Straße |
Neben der Bornholmer Straße erinnert der „Platz des
9. November 1989“ an den Fall der Grenze. Auf einem Teil des ehemaligen
Mauerstreifens ist eine Allee mit Japanischen Zierkirschen zur Erinnerung an
die Wiedervereinigung gepflanzt worden. Initiator und Finanzier dieser Allee
war der Japanische Fernsehsender TV Asahi. Eine ähnliche Allee ist von dem
TV-Sender in Lichterfelde geschaffen worden (siehe "Wanderungen in Berlin - zartrosa und gelb").
Wir
gehen über die Bösebrücke und hinunter zum S-Bahnhof Bernauer Straße, der jetzt
kein Geisterbahnhof mehr ist, und fahren mit der S1 nach Hause.
Zum dem Bericht gibt es ein Fotoalbum