Von Prag nach Magdeburg
Eine Fahrradtour an den Ufern von Moldau und Elbe
Juli 2018

III. Teil: Von Dresden bis Magdeburg

9. Sächsische Weinstraße – Von Dresden bis Riesa

5. Tagestour Dresden – Riesa/Moritz    
Donnerstag, 12. Juli 2018                                                                       
Übernachtung im Hotel Moritz in Moritz-Zeithain

Die Strecke: Dresden – Coswig – Meißen – Seußlitz – Merschwitz – Moritz.
52 Kilometer.

Auch die Strecke von Dresden nach Moritz (ein kleines Dorf auf dem rechten Elbufer, vor der Stadt  Riesa, die auf dem linken Elbufer liegt) haben wir wegen Regen verkürzt.

Radebeul, bekannt durch Karl May,  und das Karl-May-Museum haben wir rechts (der Elbe) liegen lassen. Über Radebeul kann man auch zum Schloss Moritzburg fahren, das hatten wir aber sowieso nicht eingeplant.

Der Regen hat uns eingeholt
Radebeul, 34.000 Einwohner, auf dem rechten Elbufer gelegen

Hier wohnte (ab 1896) Karl May, Autor von Winnetou und Old Shatterhand und vielen anderen Abenteuer- und Reise-Romanen. Wohl jeder hat im Jugendalter seine Geschichten gelesen. Er beschrieb Länder, die er nie gesehen,  und Abenteuer, die er nie erlebt hatte, als wahre Begebenheiten. Seine „Villa Shatterhand“ ist heute ein Museum.

Karl May wollte Lehrer werden, wurde aber wegen einer Vorstrafe (wohl wegen Unterschlagung) nicht angestellt. Mehrmals wurde er wegen Diebstahl und Unterschlagung verurteilt.
Mit 32 Jahren begann er zu schreiben, zunächst Erzählungen für verschiedene Zeitschriften. 

Den Durchbruch schaffte May mit Hilfe des Verlegers Fehsenfeld aus Groß Lengden bei Göttingen. Der hatte in Freiburg im Breisgau eine Verlagsbuchhandlung aufgebaut. Später gründete Fehsenfeld den Karl-May-Verlag.

Dann kommt zwischen Radebeul und Meißen, ebenfalls auf dem rechten Elbufer, Coswig. Hier beginnen die ersten kleinen Höhenzüge auch rechts der Elbe und damit auch die ersten Weinberge.

An den Elbhängen Radebeuls und Meißens wächst der sächsische Wein. Das Weinbaugebiet ist das kleinste und östlichste in Deutschland (daneben gibt es nur kleinere Einzellagen an der Schwarzen Elster und in Brandenburg, die nördlicher bzw. östlicher liegen). Es  umfasst 37 Weingüter (2017) mit 450 Hektar Anbaufläche (Deutschland 103.000 Hektar, die Hälfte davon in Rheinland-Pfalz, 2012).

Der Weinbau wird mindestens seit dem 12. Jh. betrieben.
1161 wird der Weinanbau in einer Schenkungsurkunde des Meißner Markgrafen an den Zisterzienser-Orden  erwähnt. Der Orden erhielt in Zadel bei Meißen Land für die Anlegung eines Weinbergs.
Die Weinanbau-Flächen von damals bis zu 6.000 Hektar im Elbe-Tal waren meist in kirchlichem Besitz.
Strenge Winter und die Reblaus verringerten  Ende des 19. Jh. die Rebflächen beträchtlich.

Fast ein Drittel der sächsischen Anbaufläche wird von Kleinwinzern im Nebenerwerb bewirtschaftet, die ihre Trauben an die Sächsische Winzer-Genossenschaft Meißen im ehemaligen Kurfürstlichen Weingut in Meißen liefern.

Das älteste private Weingut in Sachsen ist Schloss Proschwitz (im Ortsteil Proschwitz der Stadt Meißen). Die Proschwitzer Weinberge waren vom 12. Jh. bis zur Reformation im Besitz der Meißner Bischöfe. Aus Proschwitz kam der Messwein der katholischen Gemeinden in Sachsen.
Nach der Säkularisierung ging das Gut in Privatbesitz. 1901 kam es durch Heirat in den Besitz des Prinzen von Lippe.  1945 wurde der Besitz im Zuge der Bodenreform enteignet. Nach der Wende kaufte Prinz von Lippe die Weinberge und das Schloss zurück.
Das Weingut hat die ehemaligen Weinberge des Bischofs von Meißen, des Abtes von Altzella (ehem. Zisterzienserkloster im Landkreis Meißen, Grablege der Wettiner 1190 – 1381) und des Klosters vom Heiligen Kreuz (heute Ruine, ehem. Nonnenkloster der Benediktinerinnen, der Abt von Altzella war zeitweise auch Abt des Klosters vom Heiligen Kreuz und die Nonnen mussten in der Zeit nach den Regeln der Zisterzienser leben).

Bekannt ist das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth (bei Radebeul). Das Weingut beruft sich auf eine 850-jährige Weinbau- und 180-jährige Sekttradition. 
Wackerbarth war Reichsgraf und Minister August des Starken. 1730 ließ er sich in Radebeul das Schloss als Alterssitz bauen. In den folgenden Jahren hatte das Anwesen mehrere Eigentümer mit unterschiedlichsten Nutzungen.
1952 entstand das „Volkseigene Gut Weinbau Lößnitz“.  Nach der Wende übernahm der Freistaat Sachsen Schloss und Weingut.

An Meißen fahren wir natürlich auch bei Regen nicht vorbei. Wir erwischen gerade eine Regenpause, in der wir die Räder den Berg zur Albrechtsburg hochschieben. Im Dom verweilen wir etwas länger, nicht nur wegen des Regens draußen.

Albrechtsburg im Regen
Meißen, 28.000 Einwohner (1984: 38.200)
Berühmt ist Meißen durch sein Porzellan. Seit 1708 wird es dort hergestellt. Es war das erste europäische Porzellan. 1710 eröffnet August der Starke die Porzellanmanufaktur Meissen (die Manufaktur schreibt sich mit „ss“) im Schloss Albrechtsburg. Dort blieb sie bis Mitte des 19. Jh.. Heute ist die Manufaktur außerhalb der Altstadt in der Talstraße. Gesellschafter ist der Staat Sachsen.
                 
Porzellan ist ein gebranntes Gemisch aus Kaolin und den Mineralen Feldspat und Quarz.

Kaolin ist das eingedeutschte „Gaoling“, der Name des Ortes in China, in dem die „weiße Erde“ zuerst gefunden wurde. Größere Vorkommen in Deutschland sind in der Oberpfalz im Landkreis Amberg und in den sächsischen Landkreisen Meißen und Nordsachsen. Kaolin ist ein feines, weißes Gestein, das aus Tonmineralien und dem Verwitterungsprodukt von Feldspat besteht.

Das Porzellan wurde zuerst in China erfunden. Ab dem 16. Jh. haben die europäischen Fürstenhäuser das chinesische Porzellan für sich entdeckt. Da die Rezeptur geheim gehalten wurde, versuchte man in Europa das chinesische Porzellan nachzuahmen. Gelungen ist das erst 1709 am Hofe August des Starken durch Johann Friedrich Böttger,  Walhter von Tschirnhaus (Naturgelehrter, Mineraloge und Physiker) und Gottfried Pabst von Ohain (Mineraloge und Hüttenspezialist, Berghauptmann in Freiberg).

Böttger hatte in Berlin eine Apotheker-Lehre (in der Apotheke von Friedrich Zorn am Molkenmarkt 4) absolviert. Seinerzeit versuchten viele, den „Stein der Weisen“ zu finden, mit dem sie  unedle Metalle in edle Metalle, Gold und Silber, verwandeln wollten. Böttger wandelte vor Zeugen Silber in  Gold um. Die Kunde vom „Goldmacher“ verbreitete sich schnell. Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg wollte dies für sich nutzen. Böttger floh aber (er wusste ja, dass seine Goldherstellung Betrug war) nach Wittenberg in Sachsen. August der Starke, der auch nach dem „Stein der Weisen“ suchen ließ, ließ Böttger 1701 nach Dresden bringen. Aus Sorge, Böttger könnte fliehen, wurde er vorübergehend in die Feste Königstein gebracht.
Neben Böttger experimentierten auch andere Forscher im Auftrag des sächsischen Kurfürsten. So Walther von Tschirnhaus und Gottfried Pabst von Ohain. Die drei entdeckten bei ihrer Goldforschung zufällig das Herstellungsprinzip des chinesischen Porzellans und konnten 1707 das erste europäische weiße Hartporzellan herstellen.
Böttger wurde mit der Organisation einer Porzellanfabrikation beauftragt. 1709 entwickelte er die Porzellan-Glasur. 1710 erfolgte der Aufbau der Porzellanherstellung in der Albrechtsburg in Meißen. Im Schutz der Albrechtsburg sollte das Geheimnis der Porzellanherstellung gewahrt bleiben.
Aber einer der Mitarbeiter, Samuel Stöltzel, brachte die Rezeptur nach Wien. 1718 wurde die Wiener Porzellanmanufaktur gegründet.

Meißen ist seit 968 Bischofssitz des von Otto I. gegründeten Bistums.

967 hatte die Synode zu Ravenna auf Vorschlag Otto I. die Errichtung der Bistümer Meißen, Merseburg und Zeitz (später Naumburg) beschlossen. Die drei Bistümer wurden dem Erzbistum Magdeburg zugeordnet (s. dort). 

Um 1250 wurde mit dem Bau des Doms auf dem Burgberg begonnen. 1410 wurde der Bau vollendet. Bis 1581 war der Dom Bischofskirche der katholischen Bischöfe. Danach wurde der Dom eine lutherische Kirche (ziemlich spät, die Reformation begann schon 1517).

Meißner Dom
Das Altarbild im (damals noch katholischen) Dom und in einer Seitenkapelle stammen aus der Werkstatt Lucas Cranach d.Ä. .

Cranach war seit 1505 Hofmaler am kursächsischen Hof in Dresden. Er unterstützte die Reformation (als Schöpfer der Lutherischen Bildsprache) mit seinen Bildern und Grafiken (Reformationsaltar in der Stadtkirche St. Marien in Wittenberg). Er arbeitete aber auch für die „Altgläubigen“, so für den sächsischen Herzog Georg, der am katholischen Glauben festhielt (daher auch die späte Umwidmung des Meißner Doms).

In der Zeit der Bistumsgründung entstand auch die Markgrafschaft Meißen.
Im 11. Jh. übernahm das Adelsgeschlecht der Wettiner die Markgrafschaft. Anfang des 15. Jh. kam das Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg zu der Markgrafschaft Meißen, es entstand das Kurfürstentum Sachsen.

Ebenfalls auf dem Burgberg (neben dem Dom), an der Stelle der ehemaligen markgräflichen Burg, wurde 1471 das Residenzschloss Albrechtsburg für die Wettiner Brüder Ernst und Albrecht gebaut. Es soll der erste Schlossbau in Deutschland gewesen sein.

Nach dem Abriss der markgräflichen Burg für den Neubau des Schlosses hatte Meißen keine Residenz. Feste Residenzen kamen auch erst ab Ende des 15. Jh. auf. Bis dahin reiste der Hof durch das Land und residierte in den verschiedenen Schlössern, z.B. in Leipzig oder Dresden.
Ernst und Albrecht regierten nach dem Tod Kurfürst Friedrich II.  das Kurfürstentum Sachsen zunächst gemeinsam. Die gemeinsame Residenz verlegten sie nach Dresden, so dass das Meißner Schloss lange Zeit leer stand. Nach der Teilung des Kurfürstentums 1485 behielt Albrecht als Herzog von Sachsen die Dresdner Residenz. Ernst machte Torgau und Wittenberg zu seiner Residenzstadt.

Den Berg von der Meißner Burg hinunter brauchten wir nicht schieben (radeln hätte bei dem nassen Kopfsteinpflaster eine Rutschpartie werden können), es gibt einen Aufzug hinunter in die Altstadt.

Bevor wir weiterfuhren gab es im Dom-Kaffee noch Eierschecke. Dresdner Eierschecke ist eine Blechkuchen mit einer oberen Schicht aus Eigelb, Butter, Zucker und Vanille-Pudding. Schmeckt sehr gut. Die obere Schicht sollte aber auch nicht zu dünn sein.

Auf den Abstecher zur Sekt- und Weinkellerei Schloss Proschwitz hinter Meißen haben wir verzichtet. Schade. Aber es wäre zu viel Wasser in den Wein geregnet.

Bei Seußlitz passieren wir die letzten Weinberge an der Elbe. Etwas später ist auf dem gegenüberliegenden Ufer Schloss Neuhirschstein zu sehen. Hier war ab Juni 1944 die belgische Königsfamilie interniert, nachdem die Alliierten in Frankreich gelandet waren.

Wenig später weitet sich bei Merschwitz das Elbtal und der Radweg verläuft durch flache Landschaft. An der rechten Uferseite fahren wir an dem  kilometerlangen Fabrikgelände der Wacker-Chemie  Nünchritz vorbei. Große Hallen, Rohrleitungen und Destillationskolonnen, zwischendrin historische Gebäude des Vorgängerwerkes.

Die Wacker-Chemie ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in München, deren Mehrheit von der Familie Wacker gehalten wird. Das Werk Nünchritz wurde 1998 von der Hüls AG gekauft, die die Anlagen nach der Wende übernommen hatte. Gegründet wurde das Werk Ende des 19. Jh. zur Herstellung von Salicyl-Säure.

Salicylsäure ist Ausgangsstoff für Aspirin. Auch zur Haltbarmachung von in Gläsern eingekochtem Kompott und Marmelade wurde Salicylsäure verwandt. Ich erinnere mich, dass meine Mutter etwas Salicyl-Pulver auf die eingemachte Erdbeermarmelade gestreut hat, um das Schimmeln zu verhindern.

Heute werden in dem Nünchritz-Werk Silicon-Produkte                              hergestellt.

Uns erwischte noch einmal ein kräftiger Regenguss, bevor wir den kleinen Ort Moritz und unser Hotel gleichen Namens erreichten.

Moritz gehört zur Gemeinde Zeithain. Hier, zwischen den Orten Zeithain, Glaubitz und Streumen,  fand 1730 das „Zeithainer Lustlager“ August des Starken statt (bei dem der erste Dresdener Stollen gebacken wurde, s.o.).

Unser Hotel Moritz ist ein Vierseitenhof von 1823, an der Elbe gelegen. Die Inhaber, zwei Schwestern, haben die Landwirtschaft aufgegeben (die Magdeburger Börde mit ihren guten Böden ist sehr weit weg, hier sind die Äcker sandig und nicht so fruchtbar) und die Hofgebäude zu einem Hotel und Restaurant ausgebaut. Gute Zimmer  und gute Küche.

Zum Abendessen haben wir noch einmal sächsischen Wein getrunken,  vom Weingut Jan Ulrich in Seußlitz (ein junges Weingut, 1992 auf ehemals LPG-Weinbauflächen gegründet).

Einen Abstecher nach Riesa, eine kleine Stadt an der Elbe, hinter Moritz gelegen, hatten wir vorbereitet. Aber nach der Regen-Tour in Moritz angekommen, wollten wir nicht noch einmal aufbrechen. Und am nächsten Tag wollten wir mehr Zeit für Torgau haben.
                              
Riesa, 35.000 Einwohner (1981: 51.800)
Anfang des 12. Jh. wurde in einem Bauernhof ein erstes Kloster gegründet. Zunächst waren dort Augustiner-Mönche und dann Benediktiner-Nonnen. 1554 wurde das Kloster aufgelöst, das Gebäude in ein Schloss umgebaut. Heute ist es das Rathaus. Die Klosterkirche ist noch erhalten.
In einer Gruft sind mumifizierte Leichen ab 1636 erhalten (die Mumifizierung soll durch einen ständigen, kühlen Luftzug erfolgt sein).
Vor dem Hotel Mercure steht seit 1999 die „Eisenskulptur Elbquelle“ in Form einer 25 m hohen Eisen-Eiche von Jörg Immendorf (1945 – 2007, Maler und Bildhauer).


10. Die vergessene Residenzstadt - Von Riesa nach Torgau

6. Tagestour Riesa/Moritz - Torgau       
Freitag, 13. Juli 2018                                                                     
Übernachtung im Hotel zum Markt

Die Strecke: Moritz – Kreinitz - Mühlberg – Belgern – Torgau.
60 Kilometer

Aufbruch am Morgen in Moritz bei schönem Wetter. Die Sonne strahlte wie die Sonnenblumen auf dem Feld neben dem Hotel. Von nun an wurden wir bis zu unserem Ziel Magdeburg von der Sonne begleitet.

Wir bleiben rechtselbisch und fahren damit bei Mühlberg ein kurzes Stück auf Brandenburger Gebiet. Die Elbe ist breit und behäbig. Die Elbwiesen werden als  Schafweiden genutzt. Viel zu fressen haben die Schafe aber derzeit nicht, das Gras ist vertrocknet. Trotz der Flussnähe und des Regens gestern (oder ist die Regenfront nicht bis hierhergekommen?).

Kleine Dörfer und einzelne Gehöfte. Oft ungenutzte, dem Verfall preisgegebene Gebäude. Die großen Scheunen der Rittergüter  sind wohl schon zu DDR-Zeiten nicht mehr gebraucht worden. In den Dörfern und Städten sehen wir immer noch leer stehende Wohnhäuser. Kein Wunder, die Bevölkerung hat nach der Wende fast überall stark abgenommen.

Auf halber Strecke zwischen Riesa und Torgau liegt Mühlberg.

Mühlberg, 3.800 Einwohner.
Erhalten sind die Klosterkirche (Backsteingotik) und Teile eines Zisterzienserinnenkloster, das 1228 gegründet wurde (in Meißen begann der Dombau 1250). Im Zuge der Reformation wurde es 1539 säkularisiert. Der Innenraum der Kirche ist bis auf den Altar-Raum leer. Die Ziegelwände sind ungeputzt, was die Größe der Kirche unterstreicht.

In der Nähe fand die Schlachtbei Mühlberg 1547 statt, in der der  Schmalkaldische Bund durch das Heer Karl V. geschlagen wurde. Der sächsische Kurfürst geriet in Gefangenschaft. In der Folge des verlorenen Krieges gingen die Kurfürstenwürde und große Landesteile von dem ernestinischen Kurfürsten Johann Friedrich auf seinen Vetter, den albertinischen Moritz von Sachsen, über. Torgau, das Ziel unserer heutigen Etappe verlor den Status einer Residenzstadt.

Interessant sind Treppengiebel an mehreren Gebäuden mit einem Maßwerk (Steinmetz-Ornamente) aus ineinander verschlungenen Spitzbögen.

In der Nähe von Mühlberg befand sich während des 2. Weltkriegs ein großes Kriegsgefangenenlager mit bis zu 17.000 Gefangenen, Soldaten vieler Nationen. 3.000 Kriegsgefangene starben im Lager.
Bei Zeithain wurde auf dem dortigen Truppenübungsplatz ebenfalls ein großes Gefangenenlager errichtet. Dort starben 23.000 sowjetische Kriegsgefangene.
Das Mühlberger Lager wurde nach Kriegsende von der Sowjetunion bis 1948 als Speziallager des NKWD weiter genutzt. Rd. 22.000 Personen (NSDAP-, Gestapo-, SS-Mitglieder) durchliefen das Lager, etwa 7.000 starben hier.

In Belgern machen wir an der Fähre Mittagspause. Gut, dass wir schon bei  Mühlberg auf das linke Elbufer gewechselt sind. Hier liegt die Fähre still, Wassermangel der Elbe.

Roland vor dem Rathaus Belgern
Am Marktplatz fotografieren wir den steinernen Roland vor dem Rathaus (von 1610),  fast 6 Meter hoch, ein wenig protzig.

Der Roland als Standbild eines Ritters mit Schwert galt als  Zeichen bürgerlicher Freiheit und Eigenständigkeit einer Stadt mit Marktrecht und eigener Gerichtsbarkeit. Zurückgeführt werden die Roland-Statuen auf einen Markgraf zur Zeit Karls des Großen, der im Mittelalter den Status eines Volkshelden hatte (Warum?).
Bekannte Rolandsfigur ist der Bremer Roland.


Am Marktplatz von Belgern steht auch die Nachbildung einer  Kursächsischen Postdistanzsäule. August der Starke und seine Nachfolger ließen an allen Post- und Handelsstraßen Postmeilensäulen aufstellen, auf denen  Entfernungen und Gehzeiten vermerkt waren.
           
Sächsische Postsäule
am Marktplatz Belgern
Postsäulen sind heute noch außer in Sachsen auch in Thüringen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt anzutreffen; Sachsen war zu der Zeit August des Starken deutlich größer als das Bundesland heute (s. Geschichte).

Nicht nur die Fähre, die wegen zu wenig Tiefgang nicht über die Elbe fahren konnte, erinnerte an den trockenen Sommer, den wir dieses Jahr haben. Die Felder waren grau, abgeerntet wie im Herbst. Rübenfelder mit immer noch kleinen Pflanzen. Zurückgebliebener Mais. Das wird eine schlechte Ernte in diesem Jahr.

Wir erreichen Torgau, die ehemalige Residenzstadt, ein schönes Städtchen mit dem prachtvollen kurfürstlichen Renaissance-Schloss Hartenfels. Mit einem großen Marktplatz, die Bürgerhäuser nach der Wende alle restauriert. Aber in den Seitenstraßen doch noch leer stehende Wohngebäude.

Torgau, 20.000 Einwohner (1984: 21.500)
Torgau war ab 1485 die Residenzstadt der ernestinischen Kurfürsten von Sachsen.

Friedrich III. der Weise (1463 – 1525, Sohn von Ernst) baute das bestehende Schloss Hartenfels zum Residenzschloss aus.

Schloss Hartenfels mit Großem Wendelstein

Im Schloss fand die Uraufführung der ältesten deutschsprachigen Oper Daphne (1627) statt. Der Komponist war Heinrich Schütz (1585 – 1672), Hofkapellmeister in Dresden. Er gilt als erster deutscher Komponist von Weltrang. Die Oper hatte er zur Hochzeit der Tochter des Kurfürsten geschrieben.

Später hat auch Richard Strauss eine Daphne-Oper komponiert (1938 in Dresden uraufgeführt). Daphne entstammt der griechischen Mythologie und war eine Priesterin der Mutter Erde.

Schlosskirche 
Die Schlosskirche in Schloss Hartenfels ist der erste Neubau eines evangelischen Gottesdienstraumes. Sie wurde mit dem Neubau des Kapellenflügels (zur Elbe hin) errichtet. Martin Luther weihte die Kirche im Jahr 1544 persönlich ein.
Etwa 10 Jahre zuvor wurde der Große Wendelstein, eine repräsentative Wendeltreppe als freitragende Spirale vor dem Neuen Saalflügel, gebaut. Die Wendeltreppe gilt als frühe Meisterleistung der Architektur.

In Schloss Hartenfels und andern Orten der Stadt trafen sich an dem Wochenende Studierende internationaler Hochschulen und junge Sängerinnen und Sänger zu gemeinsamen Proben. Sie waren zur Internationalen Sächsischen Sängerakademie nach Torgau gekommen. Am Abend trafen wir  sie  in den Restaurants rund um
den Marktplatz.

Torgau blieb Residenzstadt bis nach dem Schmalkaldischen Krieg 1547  (der protestantischen Fürsten gegen den katholischen Kaiser). Nach der verlorenen Schlacht kam Torgau mit anderen ernestinischen Gebieten und der Kurfürstenwürde zum albertinischen Moritz von Sachsen, der seine Residenz in Dresden hatte. Torgau wurde eine bedeutungslose Nebenresidenz.
Johann Friedrich der Gutmütige,
letzter ernestinische Kurfürst
Nach dem Wiener Kongress wurde Torgau 1815 mit anderen nordsächsischen Gebieten preußisch.

Torgau war ein wichtiges Zentrum der Reformation. Kurfürst Friedrich III. (der Weise) förderte die Reformation. Er schützte Martin Luther und ließ ihn auf die Wartburg bringen, wo er als Junker Jörg lebt und das Neue Testament aus dem Griechischen ins Deutsche übersetzte.
In Torgau starb Luthers Witwe Katharina von Bora. Sie wollte sich in Torgau vor der Pest in Wittenberg in Sicherheit bringen. Auf dem Weg dorthin verletzte sie sich bei einem Kutschunfall und starb 1552 in Torgau an den Folgen.

In Torgau stellt Villeroy & Boch seit 1926 Steinguterzeugnisse her. Die Tradition wurde durch die Enteignung 1948 unterbrochen. Ein VEB (Volkseigener Betrieb) übernahm die Produktion. Seit der Wende wird das Werk wieder von Villeroy & Boch geführt.
Der französische Glashersteller Saint-Gobain stellt in Torgau Flachglas her.

Sehenswürdigkeiten:
- Schloss Hartenfels mit Schlosskirche und Hausmannturm                       (gute Aussicht)
- Historische Altstadt mit fast vollständig erhaltenen 
   Renaissance-Häusern
- Markt und Rathaus
- Handwerkerhaus, aus dem Beginn des 17. Jh.
- Gedenkstätte Geschlossener Jugendhof Torgau
  (Umerziehung Jugendlicher in der DDR)

Hier in Torgau trafen sich 1945 amerikanische und russische Verbände an der Elbe. Ein sowjetisches Denkmal erinnert am Elbufer von Torgau daran, gegenüber am anderen Ufer die Fahnen der Sowjetunion und der USA, vereint mit der deutschen Flagge.


11. Zur Lutherstadt - Von Torgau nach Wittenberg

7. Tagestour Torgau - Wittenberg                      
Sonntag 7. Juli 2018                                                                      
Übernachtung im Ringhotel Schwarzer Bär in Wittenberg

Die Strecke: Torgau – Elster – Wittenberg.
62 Kilometer.

Ab Torgau fahren wir abseits des Elbe-Radwegs über gute Landstraßen. Den Ort Prettin an der Elbe lassen wir weit links liegen. Flaches Land. Wenige kleine Dörfer, die zu größeren Verbandsgemeinden
gehören. Das Getreide ist meist abgeerntet. Rübenfelder mit zu kleinen Rüben. Sonnenblumenfelder mit zu kleinen Blütenböden. Mais mit zu kleinen Kolben-Ansätzen. Es fehlt Regen.

Dafür weht der Wind. Immer von vorn. Unsere Fahrtrichtung ist nach Nord-West. Von dort kommt der Wind. Dass dies nicht nur jetzt während unserer Radtour so ist, bezeugen die Windmühlen am Wegesrand. Viele verfallen. Eine restaurierte sehen wir bei Lebien (zusammen mit den anderen umliegenden kleinen Dörfern zur Flächengemeinde Stadt Annaburg im Landkreis Wittenberg gehörend).

Es ist eine Bockwindmühle von 1833. Das gesamte Mühlenhaus steht auf einem einzelnen dicken Pfahl, der von einem Stützgestell (dem Bock) gehalten wird. Das Mühlenhaus mit dem Mahlwerk wird mittels eines langen Balkens in Windrichtung gedreht. Bockwindmühlen sind der älteste Windmühlentyp in Europa, auch Deutsche Windmühle genannt. Bei dem anderen Windmühlentyp, den Holländerwindmühlen, wird nur die obere Kappe mit den Flügelkreuzen bewegt.

Bei Gorsdorf erreichen wir die Schwarze Elster, die kurz danach in die Elbe mündet.

Jetzt, da ich diesen Bericht schreibe, ist im Fernsehen die Nachricht, dass die Schwarze Elster trocken gefallen ist. Es hat auch nach unserer Radtour nicht geregnet.

Wir fahren ab hier wieder auf dem Elbe-Radweg. Bis zum Dorf Elster. Hier ist erst einmal Pause. Direkt am ElbdeichDer Deich begleitet uns weiter bis zur Lutherstadt-Wittenberg. Teils verläuft der Elbe-Radweg direkt auf dem Deich, dann wieder außen am Deich entlang oder innerhalb der eingedeichten Elbewiesen.

Nach dem Jahrhundert-Hochwasser 2002 – wir haben die Wasserstand-Marken am Rande unserer Radtour (so auch in Bad Schandau) ein paar mal gesehen – wurde viel in die Erneuerung und Erhöhung der Deiche investiert. Und wird es noch. Wir sind an einigen Deich-Baustellen vorbeigekommen. Zum Teil wurde auf den vorhandenen Deich noch eine weitere Mauer gesetzt. Zum Teil wurden die Deiche weiter weg von der Elbe verlegt.  Dazwischen liegen die Elbwiesen als Polder, die bei Hochwasser geflutet werden können.

Am frühen Nachmittag erreichen wir Wittenberg. Wir sind zügig gefahren. Die Landschaft war flach und nicht sehr abwechslungsreich. Es gab wenige Gründe  anzuhalten.

Vom Elbe-Damm sehen wir schon von weitem die Turmspitzen der Stadtkirche über der Waldkrone. Ein letzter „Spurt“ durch die Elstervorstadt in das Zentrum von Wittenberg. Gleich am Markt ist unser Hotel Schwarzer Bär (gute Zimmer, gutes Frühstück). Kurze Pause und Duschen, wie immer. Dann konnte der Rundgang beginnen.

Wittenberg, 50.000 Einwohner (1989: 51.700).
Seit 1938 kann sich Wittenberg "Lutherstadt Wittenberg" nennen.

Residenzstadt Wittenberg 
Wittenberg war ab 1295 Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Wittenberg (hervorgegangen aus der Teilung des askanischen Herzogtums Sachsen, der andere Teil war Sachsen-Lauenburg – siehe ausführlicher „Radreise Berlin – Verona, Geschichte“ im Blog Sattel und Schuh). 1356 erhielt  der Herzog von Sachsen-Wittenberg durch die Goldene Bulle die Kurfürstenwürde.

1422/1423 ging das Kurfürstentum Sachsen an die  Markgrafen von Meißen. Die männliche Stammeslinie Sachsen-Wittenberg war ausgestorben, der Kaiser verlieh das Kurfürstentum an die Wettiner Markgrafen von Meißen. Die übernahmen den Namen „Kurfürstentum Sachsen“ für ihr gesamtes Herrschaftsgebiet, auch für die Meißner Gebiete.  Aber Wittenberg war keine Residenzstadt mehr.

Neue Bedeutung erhielt Wittenberg ab 1486, als Kurfürste Friedrich III. Wittenberg als zweite Residenzstadt neben Torgau ausbauen ließ. Ab 1489 wurde das neue Wittenberger Schloss errichtet.

Die finanziellen Mittel hatten die Wettiner aus dem Silberbergbau im Erzgebirge. Um 1470 begann der Silberabbau. 1471 begann der Bau der Albrechtsburg in Meißen, 1474 wurde das Schloss Hartenfels in Torgau gebaut.
Die Einwohnerzahl war in dieser Zeit aus heutiger Sicht sehr gering, 2.000 Einwohner lebten Ende des 16. Jh. in Wittenberg – und einige hundert Studenten.

Mit dem Übergang des Kurfürsten-Titels an die albertinische Linie (nach dem Schmalkaldischen Krieg 1546/1547) verlor das Schloss seine Bedeutung als Nebenresidenz und  Wittenberg blieb nur noch die Universität. Und die wurde von Napoleon geschlossen.

Sehenswürdigkeiten:
- Schlosskirche 
- Stadtkirche St. Marien mit dem Cranach-Reformations-Altar
- Luther-Haus, heute reformations-geschichtliches Museum
- Ehemalige Universität Wittenberg 
   Alma Mater Leucorea
(altgriechisch „Weißer Berg),  sie ist Teil der heutigen Martin- 
Luther-Universität  Halle-Wittenberg
- Schlosskirche Allerheiligen und Schloss
- Cranachhöfe (Markt 3 u. 4, und Schlossstr. 1)
- Panoramabild, Anlässlich des Luther-Jubiläums 2017 hat 
   Yadegar Asisi ein
               Rundum-Gemälde der Zeit Luthers vor 500 Jahren geschaffen.

Martin Luther in  Wittenberg
In Wittenberg hat Martin Luther am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen  verkündet. Er studierte von 1508 bis 1509 in Wittenberg Theologie und war dann wieder ab 1511 in Wittenberg. 1512 wurde er zum „Doctor Theologiae" promoviert und übernahm einen Lehrstuhl für Bibelauslegung. 

Turm der Schlosskirche
Dass Luther seine 95 Thesen 1517 an der Tür der Schlosskirche angenagelt habe, soll aber eine Legende sein, die zuerst von Philipp Melanchthon veröffentlicht wurde (der aber erst 1518 als Professor nach Wittenberg kam). Vielmehr soll Luther seine Thesen mit einem Beschwerde-Brief über den Ablasshandel an seine kirchlichen Vorgesetzten geschickt haben.

Luther hatte schon mehrfach gegen den Ablasshandel gepredigt. Anstoß für seine Thesen war dann wohl eine  vom Mainzer Erzbischof verfasste  Anweisung für die im Land umherreisenden Ablassprediger. Als einen der eifrigsten hatte er den Mönch Johannes Tetzel nach Sachsen geschickt.

Der Mainzer Erzbischof Albrecht II von Brandenburg wurde schon mit 23 Jahren  (1513) Erzbischof von Magdeburg und Verwalter des Bistums Halberstadt. Ein Jahr später wurde er auch Erzbischof von Mainz und damit einer der sieben Kurfürsten des Deutschen Reiches. Möglich wurde diese damals nicht unübliche Ämterhäufung durch Zahlungen an den Papst in Rom.
Erzbischof Albrecht lieh sich das Geld dafür bei den Fuggern (damals eine der reichsten Kaufmannsfamilien in Europa). Mit Papst Leo X. vereinbarte er den Verkauf von Ablassbriefen. Die Hälfte der Einnahmen floss nach Rom. Mit der anderen Hälfte beglich er seine Schulden bei den Fuggern.

Die Sündenvergebung durch Kauf eines Ablassbriefes bzw. eines Beichtbriefes war seit dem 14. Jh. nicht unüblich. Im 16. Jh. wurde der Ablassverkauf stark ausgeweitet, um den Bau des Petersdoms in Rom  zu finanzieren.

In Wittenberg suchen wir natürlich Martin Luther´s Spuren:

Wir beginnen mit der Stadtkirche St. Marien.

Seit 1514 (oder 1512 ?) predigte Martin Luther in der Stadtkirche. Zu der Zeit war er Mitglied der theologischen Fakultät und – katholischer – Distriktvikar (für 10 Ordensklöster). Luther war nicht nur ein einfacher Mönch. Er gehörte quasi zur geistlichen Führungselite.

Weihnachten 1521 wurde in der Stadtkirche der erste evangelische Gottesdienst gefeiert.

1522 wurde während des Bildersturms fast die gesamte Inneneinrichtung der Kirche zerstört und Martin Luther kehrte von der Wartburg zurück und stoppt mit seinen Predigten den Bildersturm.

1525 heiratete Luther in der Stadtkirche Katharina von Bora (wie Luther davor Mitglied eines Klosters), getraut von Johannes Bugenhagen.

Über Luther war von Kaiser Karl V. die Reichsacht verhängt worden, nachdem er  auf dem Wormser Reichstag jeglichen Widerruf seiner Schriften ablehnte. Luther sollte nach Rom ausgeliefert werden. Für seine Rückreise von Worms nach Wittenberg hatte er allerdings freies Geleit erhalten. Der protestantische Kurfürst Friedrich der Weise ließ Luther vorsichthalber auf der Rückreise von Worms entführen und versteckte ihn auf der Wartburg. Hier übersetzte Luther, getarnt als Junker Jörg, die bisher nur in lateinischer Schrift verbreitete Bibel in die Deutsche Sprache.

Johannes Bugenhagen war Weggefährte Martin Luthers. Er wurde 1523 erster evangelischer Stadtpfarrer von St. Marien. Später war Bugenhagen Pfarrer in Braunschweig. Bugenhagen arbeitete entscheidend an der Entwicklung der evangelischen Kirchenordnung mit (Kirchenleitung und Gottesdienst-Ordnung), so für Braunschweig, Pommern, Wolfenbüttel.

Stadtkirche
Der Reformationsaltar der Stadtkirche stammt aus der Cranach-Werkstatt und stellt Taufe, Abendmahl und Beichte dar.

Eine Bodenplatte erinnert an den schwedischen König Gustav Adolf, der in der Stadtkirche 1632 für einen Tag aufgebahrt wurde. Er war in der Schlacht bei Lützen (zwischen Leipzig und Naumburg/Saale) getötet worden und von dort in einem Trauerzug nach Schweden gebracht worden.

Gustav Adolf II., König von Schweden, unterstützte im Dreißigjährigen Krieg das protestantische Lager gegen die kaiserlich-katholische Armee (einer der Heerführer war Wallenstein – bekannt durch Schillers „Wallensteins Lager“). Auslöser des Krieges war der (zweite) Prager Fenstersturz 1618.

Am Weg zur Schlosskirche steht am Markt  das Haus von Lucas Cranach (Vater „d.Ä.“ – 1472 – 1553 und Sohn „d.J.“ – 1515 – 1586). Nach 1518 wurden Wohnung und Werkstatt in die Schlossstraße verlegt.
In der DDR-Zeit verfielen beide  Gebäude. Ab 1994 wurden die Häuser saniert.

Cranach-Haus heute
Lucas Cranach d.Ä. war von Kurfürst Friedrich dem Weisen als Hofmaler nach Weimar geholt worden. Er wurde vom Kurfürsten nicht schlecht entlohnt, das Jahresgehalt entsprach dem eines Professors der Wittenberger Universität. Auch die beiden Nachfolger Friedrichs behielten ihn als Hofmaler. Aber er war nicht nur Maler und Porträtist, von ihm stammen ebenso zahlreiche Holzschnitte und Kupferstiche. Auch die künstlerische Ausstattung der kurfürstlichen Schlösser oblag ihm (Annaburg, Torgau, Coburg, Wittenberg). Durch Erbschaft wurde er auch kurfürstlicher Apotheker und er war Weinhändler und hatte einen Weinausschank. Außerdem leitete er eine Druckerei, die wahrscheinlich auch Luthers Schriften druckte.
Cranach-Haus vor der Wende

Lucas Cranach d.Ä. gehörte dem Rat der Stadt an und war Bürgermeister und Richter. Sein Sohn tat es ihm gleich, auch er war im Stadtrat und Bürgermeister Wittenbergs.

Mit Herzog Johann Friedrich I. dem Großmütigen (es war Cranach´s dritter Dienstherr) ging Cranach d.Ä.  1549 nach Weimar. Johann Friedrich hatte mit dem Schmalkaldischen Bund gegen Kaiser Karl V. verloren und damit die Kurfürstenwürde. Große Teile des Landes gingen an seinen Vetter, darunter auch Torgau und Wittenberg. Die Wittenberger Werkstatt hatte Cranach  an seinen Sohn übergeben.

Das Gesamtwerk der Cranach-Werkstatt (Vater und Sohn) wird auf rund 5.000 Werke geschätzt, meist Auftragsarbeiten. Ein großer Teil ist verloren gegangen, weltweit soll es noch rd. 1.500 Cranach-Werke geben.
Cranach d.Ä. ist neben Albrecht Dürer der bedeutendste Maler der deutschen Renaissance. Cranach-Gemälde befinden sich in vielen Städten Bayerns und Mitteldeutschlands.

Cranach unterstützte Luthers Reformation (obwohl er auch für katholische Herrscher arbeitete – s. Meißen). Zahlreiche Luther-Bilder stammen von ihm.

Die Schlosskirche ist Teil des Schlosses, das der ernestinische Kurfürst Friedrich III. der Weise an der Stelle einer ehemaligen Burg (der askanischen Herzöge) ab 1490 bauen ließ. Nur ein halbes Jahrhundert später  (1547) verlor das Schloss seine Bedeutung. Kurfürsten-Titel und Wittenberg gingen nach dem Schmalkaldischen Krieg auf die albertinische Linie über.

Kurfürst Friedrich der Weise war nicht nur Förderer und Beschützer Luthers und Gründer der Wittenberger Universität. Er war auch ein fleißiger Reliquien-Sammler. 19.000 Reliquien mit einem Wert von 2 Millionen Jahren Ablass (!) hat er angehäuft (andere Quelle: 5005 Reliquien und 501.300 Ablass-Tage), einige davon hatte er selber von einer Wallfahrt nach Jerusalem mitgebracht. Die Reliquien wurden in der Schlosskirche aufbewahrt (alle?). Sie wurde dadurch zu einer Wallfahrtskirche, die viele Pilger anzog. Cranach d.Ä. hat die Reliquien-Sammlung im Auftrag des Kurfürsten auf 119 Holzschnitten festgehalten.

Nach Gründung der Universität wurde die Schlosskirche auch Universitätskirche. Die Studenten erhielten hier ihre Promotion. In der Schlosskirche sind Friedrich der Weise sowie Luther und Melanchton begraben.

Die Wittenberger Universität Leucorea (griechisch „weißer Berg“ in Anlehnung an den Namen der Stadt Wittenberg) gründete Friedrich der Weise weil sein Land nach der Leipziger Teilung (in die ernestinische und albertinische Linie) keine Universität hatte (die war in Leipzig, im albertinischen Teil). Sie sollte die Ausbildung von Juristen, Theologen und Medizinern für die kursächsische Landesverwaltung sicherstellen. Für die Gründung bedurfte es der kaiserlichen Genehmigung (Oktober 1502). Die ebenso notwendige päpstliche Genehmigung erfolge aber erst 5 Jahre später.

Martin Luther hatte hier, noch als katholischer Mönch, seine Professur für Bibelauslegung und Philipp Melanchton lehrte die griechische Sprache.

Napoleon ließ die Universität schließen und nach dem Wiener Kongress (Wittenberg kam zu Preußen) wurde sie nicht wieder in Wittenberg eröffnet, sondern in Halle.
Seit 1994 ist in dem Gebäude der Leucorea eine Stiftung als Teil der Martin-Luther-Universität Halle Wittenberg.

Neben der Universität befindet sich das Lutherhaus, in dem Martin Luther bis zu seinem Tode wohnte. Seine Erben verkauften Gebäude und Grundstück an die Universität, die das Haus zusammen mit einem Neubau, dem Augusteum, für die  wachsende Universität nutzte.

Luther-Haus - ehem. Augustinerkloster

Das Lutherhaus war als Augustinerkloster (auch „Schwarzes Kloster“ genannt) 1504 auf dem Gelände eines Heilig-Geist-Spitals errichtet worden. Die Bezeichnung Schwarzes Kloster kam von der schwarzen Ordenstracht der Augustiner-Bettelmönche. Das Kloster diente als Unterkunft für auswärtige Augustinermönche, die an der neu gegründeten Universität studierten. Im Kloster waren bis zu 40 Mönche.

Luther, der in Erfurt seine Priesterweihe erhalten hatte, wurde dem neu gegründeten Wittenberger Konvent zugewiesen und promovierte an der Universität.

Während der Reformation wurde das Kloster 1521/1522 aufgelöst. Luther wohnte wieder in dem Kloster, nachdem er die Wartburg verlassen hatte und nach Wittenberg zurückgekehrt war. 1524 übereignete  der sächsische Kurfürst den Gebäudekomplex an Luther.

Ähnlich großzügig war Kurfürst Johann Friedrich auch gegenüber dem Weggefährten Luthers, Philip Melanchton. Er ließ für Melanchton 1536 ein Haus in der Nähe der Leucorea bauen und schenkte es ihm, um ihn an Wittenberg zu binden.

Lutherstube

Im Gebäude erhalten geblieben ist die Lutherstube. Hier führte Luther nach dem Essen seine Tischgespräche. Luther, bzw. seine Frau, hatte einen großen Haushalt zu versorgen. Neben der Familie und Verwandten waren auch oft Studenten und Freunde zu Gast im Haus. Einer der Gäste, der Zwickauer Pfarrer Cordatus, hatte die Reden Luthers als erster bei Tisch mitgeschrieben. Andere Gäste folgten dem Beispiel. Nach Luthers Tod wurden die verschiedenen Gesprächsnotizen als Luthers Tischgespräche veröffentlicht.

Martin Luther war als Mönch und am Anfang seiner Ehe sprichwörtlich „bettelarm“.  Dank der Förderung durch den sächsischen Kurfürsten und durch die wirtschaftlichen Fähigkeiten seiner Frau starb er als einer der reichsten Bürger Wittenbergs.

Luthers Professorengehalt betrug zuletzt jährlich 500 Gulden (der Jahreslohn eines Handwerkers war in dieser Zeit 22 Gulden).  Für seine Vorlesungen und Schriften verlangte er aber kein Geld.
Seine Frau legte das Geld gut an, kaufte und pachtete Gärten und landwirtschaftliche Flächen zur Eigenversorgung, betrieb eine Viehzucht und eine Brauerei. Kammern im ehemaligen Augustinerkloster wurden an Studenten vermietet.

Luthers Frau hatte aber auch einen großen Haushalt zu unterhalten. Neben den eigenen Kindern hatte Luther die Neffen und Nichten seiner Brüder und Schwestern bei sich aufgenommen. Gäste, Lehrer, Studenten, Dienstboten und Tagelöhner mussten täglich versorgt werden.

Nach Luthers Tod schmolz das Vermögen in den Wirren des Schmalkaldischen Krieges beträchtlich. Seine Witwe konnte zum Schluss nur mit Unterstützung durch den Kurfürsten und den preußischen Herzog Albrecht (er war letzter Hochmeister des Deutschen Ordens und säkularisierte den Ordensbesitz zum lutherischen Herzogtum Preußen – siehe „Radreise Berlin – Danzig, 6. Teil“ im Blog Sattel und Schuh) sowie den dänischen König Christian III. wirtschaftlich überleben.
Vor der Pest floh sie von Wittenberg nach Torgau und starb dort.


12. Zum Wörlitzer Gartenreich - Von Wittenberg bis Dessau

8. Tagestour Wittenberg - Dessau          
Sonntag, 15. Juli 2018                                                                   
Übernachtung im Hotel 7 Säulen in Dessau

Die Strecke: Wittenberg – Coswig – Wörlitz - Dessau.
42 Kilometer.

Von Wittenberg nach Dessau ist es nicht weit. Aber die Strecke ließ sich schlecht anders einteilen. Wir wollten Zeit für Wittenberg haben und zwischen Wittenberg und Magdeburg gibt es an der Elbe außer dem Wörlitzer Gartenreich und dem Bauhaus Dessau nicht so viel Aufregendes.

In aller Ruhe fahren wir über die Schlossstraße aus Wittenberg hinaus, kommen noch einmal am Schloss vorbei und radeln durch die Elbwiesen gen Westen. Dass wir natürlich wieder Westwind haben, brauche ich nicht groß zu erwähnen. Wir hatten die ganze Tour über immer Wind. Wir waren daran gewöhnt und Coswig war schnell erreicht.

Coswig, 12.095 Einwohner.
Erwähnenswert ist das Schloss Coswig der Fürsten von Anhalt-Zerbst. Erbaut wurde es ab 1670. Für die Bezahlung wurde in Jever in Ostfriesland eine Sondersteuer erhoben. Jever gehörte damals zu Anhalt-Zerbst und die Bürger mussten für ein Schloss bezahlen, dass noch nicht einmal in ihrer Gegend gebaut wurde. Später wurde das Schloss als Witwensitz genutzt. Mit dem Tod der letzten Fürstenwitwe des Hauses Anhalt-Zerbst endete die Nutzung als Schloss. Nach Zwischennutzungen u.a. als Gefängnis (bis 1957) wurde das Schloss nach der Wende von einer italienischen Unternehmerin gekauft und soll künftig kulturellen Zwecken dienen.

Bei Coswig queren wir die Elbe. Die Fähre ist eine sog. Gierseilfähre. Vorher musste der Fährkahn über die Elbe gerudert und gestakt werden. Jetzt treibt der Fluss die Fähre von einem Ufer zum anderen.

Gierseilfähre: Das Fährboot ist an Bug und Heck an einem langen, flussaufwärts verankerten Seil befestigt. Durch Veränderung des Anstellwinkels zwischen den beiden Seilenden wird die Fähre schräg zur Strömung gestellt und das anströmende Wasser treibt das Boot voran.
Erfunden hat die Gierseilfähre  1657 ein Niederländer.

In Wörlitz haben wir die Fahrräder am Schloss abgestellt und das Gartenreich zu Fuß durchwandert.

Wörlitz, 1.500 Einwohner.
Das Gartenreich Wörlitz geht auf Leopold III. zurück, ein Enkel des „Alten Dessauer“. Die Idee zu der Parkanlage brachte er von Reisen nach England mit. Wie viele Adlige ging er in jungen Jahren auf Studienreise (Kavalierstour) durch mehrere europäische Länder, darunter auch England.

Der "Alte Dessauer" war Leopold I, Fürst von Anhalt-Dessau (1676 – 1747).  Er wurde mit 17 Jahren  wie sein Vater Befehlshaber des brandenburgischen Regiments Anhalt, später auch Generalfeldmarschall und Vertrauter des preußischen Königs Friedrich Wilhelm I.  Er trug wesentlich zum Aufbau Preußens als Militärmacht bei. Nach der Thronübernahme durch Friedrich den Großen (König in Preußen, später König von Preußen. Siehe: „Geschichte Preußens“ im „Reisebericht Ostsee-Radreise nach Danzig“, im Blog Sattel und Schuh) unterstützte er diesen in seinen schlesischen Kriegen, kam aber mit dem jungen König nicht zurecht und zog sich nach Dessau zurück.

Leopold I. heiratete entgegen den Gepflogenheiten und gegen den Widerstand seiner Mutter seine Jugendliebe, die bürgerliche Tochter des Dessauer Hofapothekers, die – damit sie dann „standesgemäß“ wurde -  mit der Heirat zur Reichsgräfin erhoben wurde. 

Leopold I. war zwar nur selten in Dessau, sanierte aber das überschuldet übernommene  Fürstentum.  Er kaufte, auch mit Druck, die Güter der Adligen in seinem Fürstentum auf und bewirtschaftete sie selber.
Wörlitzer Park
Zur Erhöhung der Einnahmen führte er die Akzise ein, eine Art Verbrauchssteuer bzw. ein Binnenzoll auf Lebensmittel, die an den Stadtmauern kassiert wurde.

Seine Mutter war Prinzessin aus dem niederländischen Haus Nassau-Oranien. Auf sie geht das Dorf Oranienbaum (früher Nischwitz) bei Wörlitz zurück, in dem sie das Schloss Oranienbaum bauen ließ.

Wörlitzer Park
Ähnlich ist es mit Oranienburg  (früher Bötzow), nördlich von Berlin. Die Schwester der Mutter Leopold I. heiratete Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg und ließ das Schloss Oranienburg bauen.
Insgesamt wurden 4 Schlösser für 4 Schwestern aus dem Königshaus Nassau-Oranien gebaut, die deutsche Herrscher geheiratet hatten.

Die Wörlitzer Gartenanlage besteht aus mehreren Landschaftsparks nach englischem Vorbild.  142 km² sind erhalten. Der zentrale Teil ist der Wörlitzer Park, 1769 – 1773 erschaffen und 1813 erweitert. Er liegt mit dem Schloss Wörlitz  am Wörlitzer See, einem Altarm der Elbe, östlich von Dessau gelegen. 

Wörlitzer Park

Ein anderer Landschaftspark besteht in Bad Muskau östlich und westlich der Neiße (1815 – 1845 errichtet, ich habe ihn während meiner Radfahrt nach Löwenberg in Schlesien angesehen) und in Branitz bei Cottbus (1845 – 1850 errichtet). Beide Parks wurden von Fürst Hermann von Pückler-Muskau ebenfalls im Stil des englischen Landschaftsgartens angelegt.

Englische Landschaftsgärten sind eine Abkehr von den französisch geprägten Barockgärten mit ihren geometrischen Blumenbeeten,
beschnittenen Hecken und geraden Wegen. Die neuen Gärten sollten eine natürliche Landschaft mit großen Rasenflächen widerspiegeln, durch die sich Wege und Bäche mit natürlichem Lauf schlängeln.
Wörlitzer Park

Weitere Landschaftsgärten sind z.B. der Englische Garten in München und der Georgengarten in Hannover.

Schloss Wörlitz

Das Wörlitzer Schloss im Mittelpunkt des Parks gilt als erster Bau des Klassizismus in Deutschland. Gebaut hat es 1769 - 1773 der Architekt von Erdmannsdorff  für den Enkel des „Alten Dessauer“.       

           Von Erdmannsdorff war  ein Schinkel-Schüler.
Schinkel (1781 – 1841) war der Baumeister Preußens, auf den viele Schlösser und Bauten zurückgehen. Auch das Eiserne Kreuz hat Schinkel für den preußischen König Wilhelm III als Auszeichnung in den Befreiungskriegen gegen Napoleon entworfen. Später war es deutsche Kriegsauszeichnung. Die Bundeswehr hat das „Eiserne Kreuz“ als Hoheitszeichen.

Am Rand des Schlossgartens ließ der Fürst eine Synagoge als Toleranz-Symbol errichten. Die Architektur der Synagoge ist einem römischen Antiken-Tempel nachempfunden.
Die Kirche des Dorfes Wörlitz, die auf den Askanier Albrecht der Bär zurückgeht (1201), ließ der Fürst im neugotischen Stil umbauen.
Als Erinnerung an eine Neapel-Fahrt ließ er den Vesuv-Berg auf einer Insel im See bauen. Der Berg konnte schon damals Lava speien, mittels Ton-, Licht- und Wassereffekten. Heute kann man das Spektakel wieder erleben.

Nicht alle Bauwerke und Brücken und Kanäle haben wir gesehen. Dazu braucht es mehr Zeit. Die meisten Bauten (Graues Haus, Gotisches Haus, Felspartie, Luisenklippe, Venustempel, Pantheon, Villa Hamilton, italienisches Bauernhaus) sind Erinnerungen des Fürsten an seine Reisen durch Europa.
           
Zwischen Wörlitz und Dessau führt der Elbe-Radweg bei Vockerode jetzt wieder entlang der Elbe. Der Weg ist schöner als die Fahrt durch den Ort, vorbei an dem ehemaligen Braunkohlekraftwerk, den ich damals von Berlin nach Göttingen gefahren bin. Damals war der Elbeweg wegen Deichschäden gesperrt.

Wir überqueren die Mulde, ein Nebenfluss der Elbe, der so sauber ist, dass dort wieder Forellen sind. Von der Brücke konnten wir sie im Wasser stehen sehen.

Zu unserem Hotel 7 Säulen mussten wir ein ganzes Stück durch Dessau fahren. Dessau wurde wegen der Junkers Flugzeugwerke im 2. Weltkrieg durch Bombenangriffe fast vollständig zerstört. Der Wiederaufbau ist nicht wirklich gelungen. Plattenbauten und Hochhäuser haben die früher kleinteilige Bebauung ersetzt. Kein Zentrum, keine Innenstadt.

Dessau- Roßlau, 83.000 Einwohner.

Bekannt sind das 
Bauhaus Dessau
und die Meisterhäuser:

Vorgänger-Institut des Bauhauses Dessau war die Kunstgewerbeschule in Weimar, ab 1919 unter Leitung von Walter Gropius. Aus politischen Gründen wurde  die Kunstgewerbeschule aufgelöst (dem NSDAP-Stadtrat passte die Architektur-Richtung nicht).
Die Stadt Dessau holte daraufhin die Schule in ihre StadtWalter Gropius erhielt den Auftrag, das Bauhaus neu zu errichten, 1926 war es fertiggestellt.  Möbel und Einbauten wurden in den eigenen Werkstätten entworfen und angefertigt.
           
Im Ateliergebäude des Bauhauses kann man auch in den ehemaligen Studentenzimmern übernachten („im Sinne des Bauhauses mit minimalistischer Einrichtung“).  Das wussten wir allerdings vorher nicht.

In der Nähe (unser Hotel 7 Säulen liegt gegenüber) baute Gropius die  Meisterhäuser für die Meister des Bauhauses, die Musterhäuser modernen Wohnens wurden.
                       
Meisterhäuser Dessau





























Es sind die Häuser Gropius, Moholy-Nagy/Feininger, Muche/Schlemmer, Kandinsky/Klee (benannt nach ihren Bewohnern). Zu dem Ensemble gehört auch ein Kiosk, die Trinkhalle von Mies van der Rohe, als Teil der Gartenmauer (in den 1970er Jahren abgerissen, 2013/2016 rekonstruiert).

Weitere  Beispiele der Bauhaus-Architektur sind in Dessau das Kornhaus (s.u.), das Dessauer Arbeitsamt und die Reihenhaussiedlung in Dessau-Törten.

Walter Gropius hat auch für das Berliner Wohnungsbauunternehmen GSW (deren Geschäftsführer ich bis 2006 war) gearbeitet. Er war als  Architekt am Bau der GSW-Großsiedlung Siemensstadt beteiligt (1929 – 1934 gebaut).

Nachfolger von Gropius war 1930 bis 1933 (Auflösung durch die NS-Regierung) Ludwig Mies van der Rohe.

Gropius, van der Rohe und Le Corbusier gelten als die Begründer der modernen Architektur. Merkmale sind u.a. kubische Baukörper und Glas-Vorhangfassaden. Möbel wurden in geometrischen Formen entwickelt,  typisch ist der Freischwinger-Stuhl.

Gefragt habe ich im Hotel nach der Namensgebung, woher die 7 Säulen kommen. Die Erklärung war ganz einfach. An der großen Kreuzung in Sichtweite des Hotels stehen 8 Säulen, dem Portikus des Saturntempels auf dem Forum Romanum in Rom nachempfunden. Von Erdmannsdorff hat sie dort am Rande des Georgengartens aufgestellt. 1996 wurden sie erneuert.
Wie beim Saturntempel soll man auch bei dem Nachbau aus jeder Sicht von den 8 Säulen immer nur 7 sehen.

Um zu den Meisterhäusern zu kommen, brauchten wir von unserem Hotel nur über die Straße gehen. Bekannte Bewohner waren Walter Gropius und Ludwig Mies van der Rohe. Aber auch der Maler Paul Klee wohnte eine Zeit lang in einem der Häuser. Gropius hatte ihn als Werkstattmeister für die Buchbinderei nach Dessau geholt. Auch Wassily Kandinsky war hier Lehrer.

Erst 2014 wurden die wieder hergerichteten Meisterhäuser als Museum der Öffentlichkeit übergeben. Dass zwei Häuser (auch das Haus von Gropius) bei der Bombardierung zerstört und neu aufgebaut wurden, erkennt man als Laie nicht.

Bauhaus Dessau
Das Bauhaus wurde auch wieder in seinem ursprünglichen Zustand hergestellt. Genutzt wird es von der „Bauhaus Stiftung“, aber nach meiner Einschätzung nicht sehr intensiv. Und dann soll im nächsten Jahr anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Bauhauses (1919 in Weimar gegründet) im Stadtzentrum ein neuer Museumsbau eröffnet werden. Warum ein Neubau und warum nicht die Nutzung des historischen Standorts? Für die Ausstellung der Bauhaus-Sammlung hätte das bestehende Bauhausgebäude nicht gereicht, wird argumentiert. Mir kam das Haus sehr leer vor.

Für Radfahrer gibt es in Dessau einen Rundkurs, der die Baudenkmale der Bauhaus-Architektur verbindet. Das wären „nur“ 17 km gewesen. Aber wir wollen heute nicht mehr auf das Rad. Die Strecke am nächsten Tag würde noch lang genug werden.
Also gingen wir zu einem der Bauhaus-Denkmäler, der Ausflugsgaststätte Kornhaus, zu Fuß und genossen beim Abendessen die Abendstimmung an der Elbe. Der Bauhaus-Architekt Carl Fieger hat es für die Berliner Schultheiss-Patzenhofer-Brauerei (heute „Berliner-Kindl-Schultheiss-Brauerei“, die zur Radeberger Gruppe des Oetker-Konzerns gehört) gebaut.


13. Letzte Etappe bis Magdeburg

9. Tagestour Dessau - Magdeburg          
Montag, 16. Juli 2018                                                                     
Übernachtung im Hotel Motel One in Magdeburg

Die Strecke: Dessau – Aken – Steckby – Walternienburg – Dornburg – Ranies – Grünewalde (gegenüber Schönebeck) – Magdeburg-Prester – Elbeinsel Magdeburg-Werder – Magdeburg-Zentrum.
82 Kilometer

Auf zur letzten Etappe unserer Reise.
Nach der Kurzstrecke bis Dessau folgte jetzt noch einmal ein längerer Abschnitt.
Zuerst war noch eine Übernachtung in Schönebeck vorgesehen. Aber so interessant ist der Ort nicht. Ich hatte dort bei meiner Radtour nach Salzgitter übernachtet. Wie viele DDR-Städte hat der Ort nach der Wende fast ein Drittel seiner Einwohner verloren (1989: 44.600 Einwohner, 2015: 31.400). Also beschlossen wir durchzuradeln.

Erwähnenswert ist das Gradierwerk  in Schönebeck (im Ursprung 1,8 km lang) im Ortsteil Bad Salzelmen. Es war einst das größte preußische Unternehmen (2. Hälfte 18. Jh.).  Das Salzvorkommen gehört zum „Zechsteinmeer“, das vor 255 Jahren die Nordsee zwischen England/Schottland und Norwegen/Dänemark und die Norddeutsche Tiefebene und Polen bedeckte.
(s. „Radtour Berlin – Salzgitter“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh“)

Vom Hotel in Dessau zunächst zur Elbe. Elberadweg. In Aken wechseln wir auf das rechte Elbufer. Wieder eine  Gierseilfähre. Durch Elbewiesen und abgeerntete Felder durchqueren wir den Elbebogen bei Aken. Auf einer neu angelegten Beton-Fahrspur. Fast wie auf einer Rennbahn.

Dann kommt ein langer Abschnitt, immer  geradeaus durch einen Kiefernwald, 8 km von Steckby bis Tochheim. Mitten drin am Weg die Torpfosten eines hochherrschaftlichen Eingangs. Sonst nichts. Eine Informationstafel klärt uns auf. Das Eingangsportal gehört zu einem vor 150 Jahren verschwundenen Schloss.

Es war das Schloss Friederikenberg, zum Fürstentum Anhalt-Zerbst gehörend. Gebaut wurde es als Wohnsitz des Erbprinzen nach seiner Hochzeit mit einer Friederike von Sachsen-Gotha. Daher der Name des Schlosses. Es war weit genug vom elterlichen Schloss in Zerbst entfernt und der umliegende Wald war ein gutes Jagdgebiet.
Mitten im Bau starb Friederike 1709 und die Bauarbeiten wurden zunächst eingestellt und erst nach zwei Jahrzehnten fortgeführt. Irgendwann wurde es nicht mehr genutzt. Es verfiel und wurde abgetragen. Wahrscheinlich wurden die Baumaterialien von der Bevölkerung für andere Hausbauten verwendet.
Wer den kleinen Berg hinter dem Eingangsportal hinaufgeht, könnte noch einige der alten Bepflanzungen des Gartens entdecken.

Dem Fürstentum Anhalt-Zerbst gehörte auch das Schloss Coswig, an dem wir auf dem Weg nach Wörlitz vorbeigekommen waren. Und auch das Schloss Dornburg, das wir vor Magdeburg noch sehen werden. Das Fürstentum war klein und landwirtschaftlich geprägt, aber für Schlossbauten muss das Geld gereicht haben. Oder auch nicht, die Schulden müssen immer größer geworden sein. Später, Mitte der 2. Hälfte des 18. Jh., verkaufte einer der Fürsten zwei Regimenter aus Zerbst und Jever, über 1.000 Soldaten, an die britische Krone für den Krieg in der amerikanischen Kolonie.

Wir kommen jetzt wieder zur Elbe, auf der gegenüberliegenden Flussseite liegt  Barby. Richtung Dornburg konnten wir den Weg abkürzen. Auf der Radweg-Karte war ein großer Umweg vorgegeben, hoch nach Gommern und dann wieder über Pretzien runter nach Ranies an der Elbe. Wir fanden einen Weg quer rüber nach Ranies und der war gut und viel kürzer. Den könnte man eigentlich auch als Elbe-Radweg ausschildern.

In Dornburg eine letzte Pause vor Magdeburg. In einer Dorfgaststätte gegenüber dem Schloss (der Fürsten von Anhalt-Zerbst, wie oben erwähnt). Ein großes Barockschloss, offensichtlich ungenutzt und von Verfall bedroht. Ungenutzt auch die großen Wirtschaftsgebäude des zum Schloss gehörenden Gutshofs. Nur ein paar Störche bewohnten die Strommasten neben dem Gut.

Das Schloss Dornburg hat sich die Fürstin Johanna-Elisabeth von Anhalt-Zerbst als Witwensitz bauen lassen. Das Vorgängerschloss an diesem Platz war 1750 abgebrannt. Groß und prächtig sollte das Schloss werden, war der Bruder der Fürstin doch der schwedische König Adolf Friedrich und die Tochter mit dem russischen Thronfolger verheiratet (sie wurde später die Zarin Katharina die Große).
Geplant war eine hufeisenförmige Dreiflügelanlage. Gebaut wurde nur der Mittelteil. Der allein hat 80 Räume und ein prächtiges barockes Treppenhaus.  Im Siebenjährigen Krieg (1756 – 1763, auch Dritter Schlesischer Krieg genannt, Preußen behielt das vorher österreichische Schlesien) besetzte Preußen das Fürstentum und die Fürstin floh nach Paris und starb dort.
Schloss und Gut gingen an die Anhalt-Köthener Linie und wurden Ende des 19. Jh. verkauft. Dann kam es zum Land Sachsen-Anhalt und steht seit 20 Jahren leer.

Durch die Elbe-Auen vorbei an Schönebeck. Wir fahren nicht in die Stadt hinein, sondern bleiben auf der rechten Elbeseite.
Dann kommt der alte Elbe-Arm bei Magdeburg, wir durchfahren die Magdeburger Elbeinsel und radeln in die Altstadt hinein. Punkt 15 Minuten nach 15 Uhr sind wir auf dem Domplatz, die Dom-Uhr zeigt es.


14. Magdeburg

Magdeburg Besichtigung 
Montag, 16. Juli
Dienstag, 17. Juli


Um Punkt 15 Uhr 15 Minuten
sind wir auf dem Domplatz von Magdeburg
angekommen

Magdeburg ist Hauptstadt
des Bundeslandes Sachsen-Anhalt, 240.000 Einwohner (1989: 288.300)

Das Bundesland Sachsen-Anhalt, 2,3 Mio. Einwohner (2015),  umfasst die ehem. preußische Provinz Sachsen (ohne den westlich gelegenen Bezirk Erfurt, heute Thüringen) und das ehem. Herzogtum Anhalt (ausführlicher im Bericht „Radreise Berlin – Verona, 7. Teil Geschichte“).
BIP Bruttoinlandsprodukt pro Kopf (EU 100 %: 2016): Sachsen-Anhalt 86 %, Deutschland 124 %.

Magdeburg  und  Otto I. und  Prag
Das Erzbistum Magdeburg und das Bistum Prag gehen auf Kaiser Otto I. zurück.

Unsere Radreise verbindet die ottonischen Bistumsgründungen Prag (der Beginn unserer Radreise) und Magdeburg (das Ende unserer Reise).

Otto I. erhielt 967 auf der Synode von Ravenna die Zustimmung des Papstes zur Gründung des Erzbistums Magdeburg und weiterer Bistümer, Merseburg, Zeitz und Meißen, die zusammen mit den bereits 948 von Otto I. gegründeten Bistümern Brandenburg und Havelberg dem Erzbistum Magdeburg unterstellt wurden.
Gegründet werden konnte das Erzbistum aber erst 968 werden, nachdem die Bischöfe von Halberstadt und Mainz in dem Jahr gestorben waren. Sie hatten sich gegen die Gründung des Erzbistums Magdeburg gewehrt, weil sie Gebiete aus ihren Bistümern an Magdeburg abgeben mussten.

Die Bistümer Brandenburg und Havelberg bestanden allerdings nicht lange. Bereits 983 gingen sie nach einem Slaven-Aufstand wieder unter.

Das Bistum Prag entstand 973 durch eine Übereinkunft Kaiser Otto I. mit dem  böhmischen Herzog sowie dem Regensburger Bischof,  zu dessen Bischofsbezirk Prag damals gehörte. 1344 wurde Prag Erzbistum.
Das Bistum umfasste Böhmen, Mähren, Schlesien, Kleinpolen (das südliche Polen mit Krakau, Lublin und Sandomierz).

Otto I. wurde 912 in Wallhausen (am Süd-Harz, heute Sachsen-Anhalt) geboren.
                       
Wallhausen lag an einer wichtigen Heer- und Poststraße von Sangershausen nach Nordhausen.  Hier stand eine Königspfalz oder ein Königshof, in dem die Eltern Otto I., Heinrich I. und Mathilde, 909  heirateten. Bedeutung hatte der Ort bis ins späte 12. Jh., auch nachfolgende Könige und Kaiser hielten hier ihren Hoftag ab, so Kaiser Barbarossa 1169.

Hoftage waren formlose Versammlungen der römisch-deutschen Könige und Kaiser mit ausgewählten Großen des Reiches. Aus den Lehensverhältnissen entstand die Verpflichtung, auf Anforderung des Königs oder Kaisers zu Beratungen und Entscheidungen am Hofe zu erscheinen.
Lehen waren die Grundlage der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung. Der König gab Land an seine Vasallen, die dieses weiter an Untervasallen und diese zur Bearbeitung durch unfreie Bauern geben konnten. Lehensfähig waren nur „waffenfähige Freie“. Sie bildeten den Adel als gesellschaftliche Oberschicht (Hierarchie im 13. Jh. entsprechend dem Rechtsbuch „Sachsenspiegel“: König, geistliche Fürsten, weltliche Fürsten, Grafen und Freiherren, Ministeriale („Beamte“), Ritter (niederer Adel)).

Die Könige des Mittelalters regierten nicht von einer Hauptstadt oder Residenz aus sondern reisten mit Familie und Hofstaat durch das Reich von Pfalz zu Pfalz (Reisekönigtum). Die Pfalzen entstanden meist in einem Abstand von 30 km, was einer Tagesreise zu Pferd entsprach.

Es mussten dabei weite Strecken zurückgelegt werden. So reiste z.B. Kaiser Heinrich VI. in einem Jahr (zwischen dem 28. Januar und dem 20 Dezember 1193) etwa 4.000 km durch das Reich: Regensburg - Würzburg - Speyer - Hagenau - Straßburg - Hagenau - Boppard – Moosbach – Würzburg – Gelnhausen – Koblenz – Worms – Kaiserslautern – Worms – Haßloch – Straßburg – Kaiserslautern – Würzburg – Sinzing – Aachen – Kaiserwerth – Gelnhausen – Frankfurt/Main – Glenhausen.

936 bis 973 war Otto I.  Herzog der Sachsen und König des Ostfrankenreiches. 962 wurde er zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt (zum „Heiligen Römischen Reich“ siehe „Radreise Berlin-Verona, 7. Teil Geschichte“ im Blog Sattel und Schuh).

Zusammen mit der Thronfolge-Regelung bestimmte Otto´s Vater, Heinrich I., das Witwengut für Otto´s Mutter Mathilde. Es waren Quedlinburg, Pöhlde (heute Teil der Stadt Herzberg) und Nordhausen am Harz sowie Grone (heute Stadtteil Göttingens) und Duderstadt.

929 heiratete Otto I. die Schwester des angelsächsischen Königs von Wessex und England. Sie war die Enkelin Alfreds der Große, Begründer des angelsächsischen Königreichs in England (zum „Königreich Wessex“ siehe „London und Südengland – Geschichte“ im Blog Sattel und Schuh).
Nach deren Tod heiratete Otto I.  die Witwe des Langobarden-Königs und wurde König des Langobarden-Reiches in Oberitalien.
Er galt seit seinem Sieg auf dem Lechfeld gegen die Ungarn (955) als Beschützer der lateinischen (weströmischen) Christenheit. Mit dem oströmischen Reich verband er sich durch die Heirat seines Sohnes Otto II. mit der Nichte des byzantinischen Kaisers.

Otto I. verstand die Heidenmission als Pflicht der christlichen Könige und Kaiser. Mit der Gründung von Bistümern wollte er zur Verbreitung des christlichen Glaubens beitragen. Sicher auch zur Vergrößerung seines Herrschaftsbereichs. Dabei verknüpfte er seine weltliche Macht mit der der Kirche. Einen Bruder und einen unehelicher Sohn machte er zum Erzbischof von Köln bzw. zum Erzbischof von Mainz. Von dem Papst, der ihn zum Kaiser gekrönt hatte, verlangte er einen Treueeid und setzte ihn ab, nachdem er den Eid gebrochen hatte.

Otto I. garantierte im Gegenzug zu seiner Kaiserkrönung den Erhalt des Kirchenstaates, gleichzeitig wurde festgelegt, dass ein Papst noch vor seiner Weihe dem Kaiser einen Treueeid zu leisten habe.
           
Das Gebiet zwischen Harz und Elbe war zur Zeit Otto I. der Mittelpunkt des Reiches. Mit der Gründung des Erzbistums Magdeburg überschritt die Mission die Elbe. Otto I. setzte damit die bereits unter Karl dem Großen begonnene Missionierung der Ostgebiete fort.

973 starb Otto I. in Memleben und wurde im Dom zu Magdeburg beigesetzt.

Memleben war Kloster und Kaiserpfalz, an der Unstrut (heute  Sachsen-Anhalt)
(In der Nähe wurde die Himmelsscheibe von Nebra gefunden, eine etwa 3.700 bis 4.100 Jahre alte Bronzeplatte).

Unser Hotel in der Mitte der Stadt
Unser Hotel Motel One haben wir wegen seiner Nähe zum Bahnhof ausgesucht. Wir wollten am Rückfahrtag nicht noch lange durch die Stadt fahren. Aber auch sonst liegt das Hotel gut. Wir brauchten nur quer über den Domplatz gehen und waren im Magdeburger Dom. Rechts vom Hotel ist am Domplatz das Landtagsgebäude, mit Blick auf den Dom. Gegenüber dem Hotel hat die Nord-LB den Platz 2002 mit einem repräsentativen Neubau geschlossen. Ein DDR-Plattenbau war zuvor abgerissen worden.

Landtag am Domplatz

Die Anlegung des rechteckigen Domplatzes geht auf  Leopold von Anhalt-Dessau (der „Alte Dessauer“) zurück, der die preußische Festung Magdeburg ausbaute und den Domplatz als Exerzierplatz umgestalten ließ. In der Zeit wurden die Häuser, in denen jetzt der Landtag seine Räume hat, und die des Hotels und des angrenzenden Ministeriumsgebäudes gebaut. In den 60er Jahren wurden die durch Bomben zerstörten Häuser im historischen Baustil wieder aufgebaut.

Nord-LB am Domplatz

Da sitzungsfreie Woche war, war der Landtag geschlossen. Der Pförtner ließ uns dennoch einen Blick in den Eingangsbereich werfen und erzählte uns, dass hier in DDR-Zeit die „Wasserwirtschaft“ gewesen sei, die Ingenieurschule für Wasserwirtschaft. Seit 1991 hat der Landtag von Sachsen-Anhalt  seinen Sitz in den Gebäuden, die bis 2014 umgebaut und modernisiert wurden.

Nicht weit vom Dom ist auch die Staatskanzlei von Sachsen-Anhalt. Sie ist im Palais am Fürstenwall (südlich des Doms). Ursprünglich war das Gebiet Teil der Festungsanlage Magdeburgs. Nach deren Aufgabe entstand ein gehobenes Wohngebiet, u.a. die Villa für den preußischen Generalkommandanten, das Palais am Fürstenwall. Einer der Kommandanten war Paul von Hindenburg (1904 – 1911).Nach 1945 wurde das Haus für kurze Zeit von der USA-Armee, dann von der Sowjetarmee genutzt, zum Schluss war es „Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft“.

Von der preußischen Festung Magdeburg ist nicht mehr viel zu sehen. Teile der ehemaligen Bastion  Cleve, an der Elbe gelegen, sind noch erhalten  und restauriert. Nach 1900 war die Festung aufgegeben worden.

Preußen hatte  Magdeburg bis 1713 zu seiner stärksten Festung ausgebaut. Gouverneur war Leopold I. von Anhalt-Dessau, der „Alte Dessauer“ (siehe oben „Dessau“). Ende des 19. Jh. wurden die Anlagen zurückgebaut. Die Flächen wurden weitgehend zum Neubau von Wohnungen verwandt (z.B. die Wilhelmstadt)

Magdeburg hat sich sehr verändert
Positiv. Kurz nach der Wende war ich dort bei einer Lions-Veranstaltung vor dem Dom. Meine Erinnerung: Kalt (es war allerdings auch kurz vor Weihnachten), grau und zugig.
Jetzt ist vieles verändert. Durch eine Erhaltungssatzung für die Altstadt und den Einsatz von Fördermitteln hat der Rat der Stadt Magdeburg den Wiederaufbau und Sanierung der 
historischen Bebauung erreicht:

Die Gründerzeit-Bauten südlich des Doms rund um den 
Hasselbachplatz.

Die frühere Einkaufsstraße, der Breite Weg.
Mit dem schlossartigen ehemaligen Reichshauptpostamt in der Mitte des Weges (heute sind dort neben einer Filiale der Deutschen Post mehrere Gerichte). Einige Barockbauten haben den Bombenangriff überstanden, die Straße galt einmal als die schönste Barockstraße Deutschlands.
Magdeburger Reiter
Die Nachkriegs-Plattenbauten wurden saniert, ein Torbogen erinnert mit seiner Innschrift an den „Beginn des Neuaufbaus der zerstörten Stadt 1951“. Nicht so gelungen ist die Architektur des neuen Allee-Center-Warenhauses am nördlichen Ende der Straße, ein großer Klotz der dort nicht hinpasst. Besser sieht da noch das alte DDR-Warenhaus Centrum mit seiner wabenförmigen Metallfassade aus.

Die Gebäude um den Alten Markt.
Das Alte Rathaus mit dem Roland wurde wiederaufgebaut. Davor ist die vergoldete Nachbildung des Magdeburger Reiters (von 1966, das Original aus dem 13. Jh. steht im Kunsthistorischen Museum). Das (zerstörte) Haus der Magdeburger Börse ist heute das Haus der IHK. Erhalten blieb nur die Portalskulptur aus dem 17. Jh., das Reiterstandbild des heiligen Georg als Drachentöter.

Am Alten Markt haben wir den Schwedenbecher probiert. Das ist ein Dessert mit Vanilleeis,  Apfelmus und Eierlikör. Mit Schweden hat der hauptsächlich in den alten Bundesländern bekannte Nachtisch nichts zu tun. Angeblich hat Walter Ulbricht  seinen Lieblings-Erfrischung 1952 nach dem Sieg der schwedischen Eishockeynannschaft über die bundesrepublikanische Mannschaft während der Olympischen Spiele so genannt.

Die Grüne Zitadelle von Hundertwasser
Ein Gegenpol zu der modernen, gradlinigen Fassade des Nord-LB-Baus am Domplatz ist das Hundertwasser-Haus, die Grüne Zitadelle gleich daneben.

Für Hundertwasser waren gerade Linien unnatürlich, erklärte uns der Führer beim Rundgang um und durch das Haus. Er hatte als Student den Aufbau des Hauses begleitet. Seine Aufgabe sei es gewesen, die Handwerker mit dem Stil Hundertwassers vertraut zu machen. So habe er einmal die akkurat und sauber verlegten Treppenfliesen in einer Arbeitspause zerschlagen, damit sie Risse und Absplitterungen bekamen. Zum Entsetzten der Arbeiter. Aber so hätten er und seine Kollegen die andere Bauweise Hundertwassers „eingeübt“.

Grüne Zitadelle
Die Grüne Zitadelle wurde 2005 gebaut. An der Stelle stand eine Kirche, die Ende der 1960er Jahre abgerissene wurde, und danach ein Plattenbau. Ursprünglich sollte der Plattenbau nur umgestaltet werden, wurde dann aber abgerissen um größere Planungsfreiheit zu haben.
Den Namen erhielt das Haus wegen des grünen Grasdaches (mit 9.000 Stauden und Bäumen) und der Türme, die an die ehem. Zitadelle erinnern.
Das Haus hat 55 Wohnungen, Arztpraxen und Büros, ein Hotel und eine Kindertagesstätte und Läden. Das Haus sollte eine Stadt in der Stadt sein mit allen Einrichtungen, die die Bewohner benötigen.
Ein Merkmal ist, dass die Mieter die Außenfassade rund um ihre Fenster selber gestalten und bemalen dürfen, soweit Arm und Malerpinsel reichen. Kein Fenster gibt es zweimal (unterschiedliche Formen, Farben, Fenstergriffe). Es wurden möglichst gebrauchte Materialien eingebaut (Wandverkleidung mit gebrauchten Biberschwanz-Ziegeln). Die Treppenstufen wurden nicht gerade, sondern wie ausgetretene Holztreppen angelegt. Alle 150 Säulen sind unterschiedlich (die Säulen-Keramiken wurden von der Werkstatt Ebinger in Bad Ems hergestellt).

Friedensreich Hundertwasser, 1928 als Friedrich Stowasser in Wien geboren, 2000 an Bord der Queen Elisabeth II vor Australien gestorben.  Den Künstlernamen Hundertwasser hat er aus der slawischen
Eine der 150 Säulen
im Hundertwasser-Haus
Übersetzung für sto = hundert abgeleitet.
Montessori-Schüler, nach der Matura  Besuch der Wiener Akademie der Künste – für drei Monate. Danach reiste er und malte. In der Schweiz gründete später er eine Firma zur Vermarktung seiner Urheberrechte, doch bei seinem Tod war sein Nachlass trotzdem überschuldet.
Hundertwassers  Bilder zeichnen sich durch intensive Farben aus. Verschiedene Ausstellungen in Österreich und Deutschland.
1982 gestaltete er die Fassade der Rosenthal-Fabrik in Selb. 1983 begann er  das Hundertwassser-Haus in Wien, 1986 fertiggestellt. Mehrere andere Bauprojekte folgten. Hundertwasser arbeitete bei den Entwürfen und Realisierungen mit anderen Architekten zusammen (Peter Pelikan und Heinz M. Springmann). Nicht alles, was als Hundertwasser firmiert, ist  wohl  ein  Hundertwasser. Pelikan und Springmann haben dann auch den Magdeburger Bau, die Grüne Zitadelle, nach ersten Entwürfen von Hundertwasser fertiggestellt.

Der Magdeburger Dom
Das wichtigste Gebäude Magdeburgs ist der Magdeburger Dom. Er geht auf Otto I. zurück, der 968 das Erzbistum Magdeburg als Missionsstützpunkt zur Eroberung und Christianisierung der slawischen Ostgebiete gründete.

Ursprung des Doms ist das Benediktinerkloster St. Mauritius, das  937 von Otto I gegründet wurde. Der Umbau der Klosterkirche zu einer romanischen Basilika (erster Dom)  erfolgte 955, nach der gewonnen Schlacht auf dem Lechfeld.

Otto I. wurde nach seinem Tod 973 in der Basilika beigesetzt, neben seiner vorher gestorbenen Frau Editha. Editha von Wessex war eine englische Königstochter. Ihr Grab gilt als ältestes englisches Königsgrab.

Grab Otto I.

Um 982 stürzte die Basilika ein. 1004 wurde mit dem Bau eines neuen Doms begonnen (zweiter Dom).

Der Dom
Zerstörung des Doms 1207 durch einen Brand und Grundsteinlegung für den heutigen, gotischen Dom (dritter Dom). Mehrfache Umbauten und Vergrößerungen in über 300 Jahren. Es ist der erste gotische Dom in Deutschland und nach dem Kölner Dom der zweitgrößte in Deutschland.

Nach dem Tod des Erzbischofs Kardinal Albrecht von Brandenburg  wurde 1545 der Dom geschlossen. Ab 1567, nach mehr als 20 Jahren Pause, wurden evangelische Gottesdienste gefeiert.  Heute ist der Magdeburger Dom Bischofskirche der Evangelischen Kirche.

Im Dom sind neben den Gräbern Otto I. und seiner Frau eine Reihe interessanter Sehenswürdigkeiten:

Das Taufbecken soll ein römischer Springbrunnen sein, den Otto I für den ersten Dom aus Italien mitgebracht hatte (Teil der mitgebrachten Spolien – Beutestücke). Die antiken Säulen der Apsis sollen aus Ravenna stammen.

Detail des Eingang
Im Nordportal des Doms begrüßen die Klugen und törichten Jungfrauen (Gleichnis aus dem Matthäusevangelium) den Besucher des Doms.
           
Von Ernst Barlach stammt das Ehrenmal für die Opfer des Ersten Weltkriegs (1929). Während der NS-Zeit galt es als entartete Kunst und wurde entfernt.  Ab 1955 ist die Plastik wieder im Dom aufgestellt.

Und das sahen wir auch am Dom, wohl eine Seltenheit hier im Norden: Die Akanthus-Blume. Während unserer Rom-Reise 2016 haben wir sie im  Forum Romanum entdeckt.
Die Blätter waren im antiken Rom Vorlage für Verzierungen der Säulen-Kapitelle. (s. Bericht „Rom – Eindrücke mit Freunden, Link zum Fotobericht, im Blog Sattel und Schuh).    

Nach der Brand-Zerstörung des zweiten Doms (1207) brauchte man eine Ersatz-Kirche (bis der dritte Dom fertiggestellt wurde). Diese Funktion übertrug man der Marienkirche des Klosters Unser Lieben Frauen.
Die Klostergründung erfolgte Anfang des 10. Jh.. Im 12. Jh. bekam der neu gegründete Prämonstratenser-Orden das Kloster.  Norbert von Xanten hatte den Orden in Prémontré (Nordfrankreich) gegründet. 1126 bis zu seinem Tod 1134 war Norbert von Xanten Erzbischof von Magdeburg.
Heute werden die Gebäude als Kunstmuseum und Konzerthalle genutzt.

Norbert von Xanten war der Gründer des Prämonstratenser-Ordens. Er gründete als Wanderprediger mehrere Klöster. Es waren Doppelklöster, in denen Mönche und Nonnen zusammen lebten, allerdings in getrennten Konventen.)
In der Marienkirche des Klosters ist er begraben.

Magdeburger Dom St. Mauritius und Katharina


Kathedrale des Katholischen Bistums ist St. Sebastian
Sie geht auf eine etwa zur Zeit des zweiten Doms gebaute Kirche zurück. Nach Evangelisierung und weltlicher Nutzung wird das Gebäude seit Ende des 19. Jahrhunderts wieder als katholisches Gotteshaus genutzt.

     
Exkkurs: Magdeburgs Geschichte

Kaiserpfalz Otto I. Magdeburg bestand schon in der Zeit Karls des Großen (747 – 824).  Otto I. baute in Magdeburg eine Kaiserpfalz (sie soll auf dem heutigen Domplatz gestanden haben). Die Pfalz wurde zu seinem beliebtesten Aufenthaltsort und zum politischen Zentralort des damaligen Reiches. Sie soll mit Marmorsäulen und antiken Baumaterialien aus Ravenna ausgestattet gewesen sein, zum Zeichen seiner Macht als Kaiser des Römischen Reiches (Anmerkung: Die Kaiserpfalz in Goslar wurde später,  um 1005, errichtet).

Magdeburg war Befestigungsanlage gegen die Slawen und bedeutender Grenzhandelsplatz mit den Slawen, die östlich der Elbe siedelten. Über die Elbfurt  bei Magdeburg erfolgte ein reger Handel mit den Slawen.

Der „Sachsenpfennig“ soll hauptsächlich für den Slawenhandel geprägt worden sein (1,5 g grubenreines Silber. 12 Pfennige ergaben einen Schilling, den es aber nicht als Münze sondern nur als Recheneinheit gab). Die Echtheit wurde durch Beißprobe geprüft. Gab das Metall nach, war es Silber. War es zu hart, war es Eisen.

Ein Jahr nach seiner Thronbesteigung gründete Otto I. 936 in Magdeburg das Mauritius (Moritz) - Kloster. Seine erste Frau aus dem Königreich Wessex in Südengland wurde in der Klosterkirche begraben. Mit der Gründung des Erzbistums wurde die Moritzkirche zur Kathedrale erhoben (Erster Magdeburger Dom).

968 gründete Otto I. das Erzbistum Magdeburg
Er stattete das Bistum  mit Landzuweisungen und Einkünften aus. Die Ländereien bildeten als Erzstift den weltlichen Besitz des Erzbischofs von Magdeburg. Im Westfälischen Frieden (1648, Ende des Dreißigjährigen Krieges) wurde das Erzstift ein Herzogtum und dem Kurfürstentum Brandenburg zugeordnet.

1035 wurde Magdeburg Messestadt,
Mitglied der Hanse 1295. Aufgrund des Stapelrechts bestimmte  Magdeburg den Getreidehandel an der mittleren Elbe. Es galt als „Brothaus der Hanse“.

Ab dem 12. Jh. wurde das Magdeburger Stadtrecht entwickelt. 
1294 kauften die Magdeburger Bürger dem Erzbischof die Ämter des Schultheiß und des Burggrafen ab. Damit lag die Gerichtsbarkeit in städtischer Hand. Gleichzeitig bildete sich die Aufgabentrennung von Rat und Schöffengericht heraus. Der Rat war für Verwaltung und Gesetzgebung zuständig, der Schöffenstuhl für die Rechtsprechung. Es begann auch eine Art der kommunalen Selbstverwaltung.

Das Magdeburger Recht hat seine Wurzeln im Gewohnheitsrecht der Kaufleute. Innerhalb der Stadt wurde den Bürgern durch das Stadtrecht die persönliche Freiheit, das Eigentumsrecht, die Unversehrtheit von Leib und Leben und die geregelte wirtschaftliche Tätigkeit garantiert. 
In dem Bereich des Kaufmannsrechts regelte das Magdeburger Stadtrecht wirtschaftsrechtliche Fragen wie die Haftung für die Ware, die Rechnungslegungspflicht der Kaufleute, die geordnete Buchführung, Fragen des Gesellschafterkapitals und des treuhänderischen Wirkens.

Recht wurde von einem sog. Schöffenstuhl gesprochen, dessen Mitglieder ihre Nachfolger selber bestimmten. Der Magdeburger Schöffenstuhl konnte als Oberinstanz von anderen Schöffenstühlen zur Rechtsinterpretation angerufen werden. Während des 30jährigen Kriegs (1618 -1648) ging die Spruchsammlung des Magdeburger Oberhofes verloren, was sein Ende als Oberinstanz für die anderen Städte bedeutete. Am längsten galt das Magdeburger Recht in Kiew, bis 1834.

Reformation und 30-jähriger Krieg
Die Einführung der Reformation erfolgte 1524 für alle Kirchen, nur der Dom blieb zunächst katholisch.  1567 wurde auch der Dom protestantisch, nachdem er 20 Jahre geschlossen war. Magdeburg wurde Hochburg des Protestantismus.

Durch die Reformation kam es zur Aufhebung der meisten katholischen Bischofssitze. Deswegen wurde für die Gebiete ohne Ausübung des katholischen Glaubens 1667 das Apostolische Vikariat  der Nordischen Missionen gegründet und dem Kölner Nuntius (Vertreter des Heiligen Stuhls) unterstellt, so auch das Bistum Magdeburg. 1821 wurde das Apostolische Vikariat in das Bistum Paderborn eingegliedert (Vereinbarung zwischen Preußen und dem Heiligen Stuhl).  1994 wurde das Bistum Magdeburg vom Erzbistum Paderborn gelöst und wieder zu einem eigenständigen Bistum erhoben.

Im 30-jährigen Krieg wurde Magdeburg fast völlig zerstört. Durch die Zerstörungen im 30-jährigen Krieg und zum Ende des 2. Weltkriegs (90 % der Stadt wurden durch Luftangriffe zerstört) hat Magdeburg wenig historische Sehenswürdigkeiten. Was jetzt vorhanden ist, musste nach dem zweiten Weltkrieg neu aufgebaut werden.

Magdeburgs berühmter Bürgermeister war  Otto von Guericke (1646 – 1678). Er erfand als Physiker die Kolbenluftpumpe und führte Vakuumversuche mit der Magdeburger Halbkugel durch. Zwei Halbkugeln wurden aneinandergelegt und abgedichtet. Mit der von ihm erfundenen Kolbenpumpe wurde die Luft abgesaugt. Durch den äußeren Luftdruck wurden die Halbschalen so zusammengedrückt, dass selbst 30 Pferde die Halbkugeln nicht auseinanderziehen konnten.

           Zuwanderer-Stadt wurde Magedeburg 
durch das Edikt  von Potsdam 1685  entstanden eine Französische und eine Pfälzer Kolonie,  jeweils eigene Gemeinden mit Bürgermeister und Gerichtsbarkeit (bis 1808).

In Frankreich verfolgte Glaubensflüchtlinge (Hugenotten) konnten sich in Brandenburg-Preußen niederlassen. Das galt auch für die Pfalz, die 1688 von Frankreich besetzt wurde. Mit dem Edikt wollte Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg die wirtschaftliche Entwicklung durch die zugewanderten Handwerker und Fachkräfte fördern.
Die Ansiedlung stieß auf erheblichen Widerstand der Bevölkerung und der örtlichen Behörden. Die kurfürstlichen Zivil- und Militärbehörden mussten die Versorgung der Asylanten übernehmen (Parallelen zu heute?). Ein Gegenbeispiel war Dresden. Dort sammelte die Bevölkerung für die Unterstützung Salzburger Protestanten (s.o.)



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