Schön, dass wir das noch erleben dürfen 

Eine etwas autobiographische Erinnerung an das
Abitur vor 50 Jahren
Juni 2018

Schön, dass wir das Abitur machen konnten und dass wir das jetzt feiern konnten. Am 8. Juni 2018 haben wir uns in Hildesheim wieder getroffen.                                              

So selbstverständlich ist das nicht. Einige aus unserer Klasse sind nicht mehr dabei. Sie können nicht mehr auf 50 Jahre nach dem Abitur zurückblicken:  Rita aus Eime bei Alfeld, Eckhard aus Hildesheim-Neuhof,  Dietmar aus meinem Heimatdorf Giesen. Sie und zwei unserer Lehrer sind schon verstorben, unser Klassenlehrer schon vor vielen Jahren und in diesem Jahr unsere Spanisch-Lehrerin.

So selbstverständlich ist es nicht, dass wir nach dem Abitur 50 Jahre ohne Krieg und große Not erlebt haben. 50 Jahre vor unserem Abitur war das letzte Jahr des Ersten Weltkriegs. Es folgten Inflation und wirtschaftliche Not der Nachkriegszeit und der Zweite Weltkrieg und die Verbrechen Deutschlands an den Juden und anderen Völkern in der Nazi-Zeit. Wir sind dann in einer Zeit des beginnenden wirtschaftlichen und sozialen Aufschwungs aufgewachsen.

So selbstverständlich war es auch nicht, dass wir vor 50 Jahren Abitur machen konnten. Dazu bedurfte es unserer Eltern, die uns das ermöglichten (Heute ist es fast selbstverständlich, dass unsere Kinder das Abitur machen und studieren. Damals war es die Ausnahme). Dazu bedurfte es einer Schule, die außerhalb der Gymnasien eine Chance zum Abitur bot. Und ein wenig haben wir selber auch dazu beigetragen.

DAMALS


DAMALS, das war die Handelslehranstalt Hildesheim mit der Wirtschaftsoberschule, die heute Friedrich-List Schule heißt.

Gegründet wurde die Schule als Städtische Handelsschule 1881 in einem Gebäude in der Rathausstraße.

Ein Jahrzehnt vorher, 1871, wurde das Deutsche Kaiserreich mit dem preußischen König als Kaiser in Versailles gegründet.

1918 erfolgte der Umzug an den heutigen Standort, in die Wollenweberstraße. 1950 wurde die Wirtschaftsoberschule als weitere Schulform an der  Handelslehranstalt eingerichtet. Und 1981 (100 Jahre nach der Gründung) erhielt die Schule den Namen „Friedrich List“. Es folgten weitere Schul-Erweiterungen. Heute ist die Friedrich-List-Schule die größte Berufsbildende Schule im Landkreis Hildesheim mit dem Beruflichen Gymnasium, der Fachoberschule und der Berufsfachschule.

Daniel Friedrich List (1789 – 1846), der Namensgeber der Schule, gilt als erster deutscher Vertreter der modernen Volkswirtschaftslehre. Er war Vorkämpfer für den Deutschen Zollverein (der 1834 gegründet wurde, davor gab es im heutigen Deutschland 1.800 Zollgrenzen) und für das Eisenbahnwesen in Deutschland  (u.a. die Eisenbahn Leipzig – Dresden wurde 1839 auf seine Initiative gebaut).
Er war ein Reformer (Gründung der  staatswissenschaftlichen Fakultät in Tübingen 1817). An der Gründung des ersten modernen Unternehmerverbandes (Vereins Deutscher Kaufleute und Fabrikanten) in Frankfurt war er beteiligt.
Er war Abgeordneter im Württembergischen Landtag und er wollte freie Wahlen für Gemeindeämter. Das brachte ihm die Verurteilung zu Festungshaft. Eine Haftverkürzung konnte er durch die Bereitschaft erreichen, in die Vereinigten Staaten auszuwandern. Acht Jahre verbrachte er dort (u.a. gründete er mit anderen ein Kohlebergwerk).
List trat für bürgerliche Freiheiten, Rechtsgleichheit und Menschenwürde ein. Aber nur begrenzt, Juden wollte er die vollen bürgerlichen und wirtschaftlichen Freiheiten nicht gewähren; hier war er ein Vertreter des damaligen Zeit Ungeistes.                            

Die Namensgebung „Friedrich List Schule“ soll an den Wirtschaftslehrer, Reformer, Demokraten Friedrich List erinnern.  Einer der Leitsätze der Schule  „Wir wollen europäisch-aufgeklärte demokratische Werte leben“ ist eine Anknüpfung an die Ideen von List sein.

DAMALS, das war  unsere Klasse  „WO 11“

Der Name unserer Einstiegs-Klasse „WO 11“, bedeutete die 11. Jahrgangsstufe des Schulsystems, in der Wirtschaftsoberschule war es die Einstiegs-Klasse. Das war 1966. Ob es eine Aufnahmeprüfung für die Wirtschaftsoberschule gab, weiß ich gar nicht mehr (Es gab eine, wie sich beim Klassentreffen herausstellte). Auch an den Schulbeginn habe ich keine so genauen Erinnerungen.  Renate (sie wohnt jetzt in Imbsen) erzählte mir beim Klassentreffen, dass ich auch einmal neben ihr in der Schulbank gesessen habe. Das wenigstens hätte ich in Erinnerung behalten müssen.

Unsere  Klasse  war ein „Sammelbecken“ unterschiedlicher schulischer Herkunft.
Einige der Klassenkameraden/innen waren vom Gymnasium gewechselt. Die WO war ein Neubeginn, wenn es am bisherigen Gymnasium Schwierigkeiten gab.
Andere hatten den Realschulabschluss und die WO war die Alternative zum Gymnasium.
Für die Schüler der Staatlichen Zweijährigen Handelsschule (und der privaten Buhmann-Schule) bedeutete die WO die Chance, auf dem Dritten Bildungsweg (d.h. außerhalb des Regelablaufs Realschule und Gymnasium) das Abitur doch noch zu erreichen. Für sie war auch kein Ortswechsel notwendig. Die Handelsschule und die Wirtschaftsoberschule waren unter dem gleichen Dach der Handelslehranstalt.

Diese Chance hatte auch ich genutzt. Die Möglichkeit, nach der vierten Volksschulklasse auf ein Gymnasium zu wechseln, hatte ich an mir vorbeiziehen lassen. Das fiel mir nicht schwer, großen Eifer hatte ich zu der Zeit nicht erkennen lassen. Und meine Eltern hatten es mir selber überlassen, zu entscheiden. Zum Leidwesen eines meiner Volksschullehrer. „Das sollte meiner sein“, soll er meinem Vater gesagt haben. Was er wohl meinte? Mich bezeichnete er als „faul, phlegmatisch und gleichgültig“. So unrecht hatte er wohl nicht – damals.


Mit meinen Eltern und meinen Brüdern  Günter und Wolfgang.

Wir wohnten damals im Haus der Gärtnerei Wilhelm Balkenholl in Klein Giesen, zusammen mit meinem Großvater in zwei Zimmern.
Meine Mutter war mit ihrem Vater aus Schlesien vertrieben worden. In Klein Giesen war ihnen ein Zimmer zugewiesen worden, ein Abstellraum. Ihr Mittagessen durften sie sich nicht im Haus kochen, sie mussten dazu in das entfernte Dorfgasthaus gehen. 
Das zeigt, wie willkommen die Flüchtlinge damals waren. Das erinnert sehr an die aktuellen Diskussionen über die Flüchtlingsaufnahme heute.
Nach meiner Einschulung zogen wir nach Groß Giesen. Dort war, wie in vielen Orten, zur Linderung der Wohnungsnot eine neue Kleinsiedlung am Waldrand gebaut worden.

Es war richtig, dass meine Eltern mich damals nicht auf die höhere Schule „geschickt“ hatten. Ich hätte sie sicher irgendwann abgebrochen. Einem meiner Freunde ging es damals so. Seine Eltern legten Wert darauf, dass ihr Sohn „weiterkam“. Das Ergebnis war, dass er vom Gymnasium ohne Hauptschul- oder Realschulabschluss abgegangen ist.

So bin ich aus eigenem Antrieb nach der Volksschule (die damals achtjährig war) in die Handelsschule gegangen. Wobei das mit dem eigenen Antrieb  nicht so ganz  stimmt. Ich wusste schlicht nicht, was ich nach der Volksschule lernen sollte. Bei der Berufsberatung hatte nur eine Berufsrichtung mein Interesse gefunden. Das war die Fernmeldetechnik. Ich erinnere mich noch an ein gläsernes Telefon, das ich interessant fand. Aber als erklärt wurde, dass ein Fernmeldetechniker auch im Winter mit Steigeisen die hölzernen Telefonmasten hochklettern müsste, war es mit meinem Interesse vorbei. Und ich sah den einzig rettenden Ausweg darin, weiter zur Schule zu gehen.

Also machte ich die Aufnahmeprüfung für die staatliche Handelsschule. Die bestand ich und das war auch wichtig, weil für die staatliche Handelsschule kein Schulgeld zu zahlen war. Eine private Schule (damals gab es die Buhmann-Schule) kam wegen des zu zahlenden Schulgeldes nicht in Frage. An meinem Fleiß (oder dem Gegenteil davon) hatte sich aber noch nicht viel geändert. Bei der letzten Deutch-Klassenarbeit handelte ich mir noch einmal eine „Fünf“ ein. Es war ein Diktat mit lauter Fremdwörtern, die ich natürlich nicht gelernt hatte. Das hatte zur Folge, dass mein Vater zur Schule kommen musste und vom Schulleiter ermahnt wurde, ich solle ja nicht die Giesener Volksschule (er meinte seine) blamieren, wenn ich solche (Nicht-)Leistungen auch in der Handelsschule abliefern würde. 

An die Reaktion meines Vaters erinnere ich mich nicht mehr. Aber eine Leistungsänderung hat die Ermahnung ganz sicher nicht bewirkt. Das hat meine Mutter geschafft. Sie war dagegen, dass ich weiter zur Schule ging. Als die Möglichkeit bestand (sie meinte die Prüfung für das Gymnasium in der vierten Klasse) hätte ich nicht gewollt, weil ich zu faul gewesen sei. Jetzt hätte ich nur keine Lust, zu arbeiten. Sie hatte sicher recht, obwohl das wohl nicht ihr einziger Grund war. Wahrscheinlich hat sie auch an das Geld gedacht (denn trotz Schulgeldfreiheit entstanden weitere Ausgaben und meine Mutter musste das Geld zusammenhalten). Mein Vater setzte sich durch. Ich konnte weiter zur Schule gehen. Und in mir „legte sich ein Schalter um“.  Ich wollte beweisen, dass meine Mutter nicht recht hat. Ich lernte und hatte Interesse an der Schule, was dann dauerhaft anhielt.

Aus der Handelsschulzeit (1961 bis 1963) sind mir noch einige Lehrer in Erinnerung. Frau Dr. Birnbaum war unsere Deutsch-Lehrerin.  Meine Grammatik-Kenntnisse habe ich von ihr. Unser Klassenlehrer war ein väterlicher Typ. Maschinenschreiben (10-Finger-System) gehörte zum Lehrstoff. Davon profitiere ich noch heute am PC. Im  Takt eines Tamburins wurde die Schreibgeschwindigkeit erhöht. Mit Tipp-Ex versuchten wir Fehler zu kaschieren. Vergeblich, das Blatt, gegen das Licht gehalten, offenbarte alle Vertipper. Völlig verlernt habe ich Stenographie. Anders als meine Mutter. Sie war ganz stolz, dass sie noch einige Steno-Abkürzungen kannte und mir zeigen konnte. Sie hatte das  in Abend-Lehrgängen gelernt und wenn nicht Krieg und Vertreibung gekommen wäre, hätte sie wohl auch in dieser Richtung ihren Beruf gefunden. Bei einem älteren Fräulein, Künstlerin in ihrem Fach, lernten wir Plakatschrift. Ich habe sie später nicht mehr gebraucht. Aber ein wenig künstlerisches Gestalten ist vielleicht „hängen geblieben“.

Die Handelsschule bestimmte meinen Berufswunsch. Ich wollte eine kaufmännische Ausbildung machen. In einem Industriebetrieb, denn das war die höchste Stufe des Kaufmännischen, Verkäufer wollte ich nicht werden.  Also bewarb ich mich bei dem größten Industriebetrieb in Hildesheim, bei der Robert Bosch GmbH, die damals im Hildesheimer Wald Batterien, Lichtmaschinen und Anlasser herstellte. In der Aufnahmeprüfung musste ich geographische Figuren einordnen, daran erinnere ich mich. Und da ich nicht wusste, ob ich die Prüfung bestehen würde, hatte ich mich sicherheitshalber noch bei einem anderen, kleineren Unternehmen in der Stadt beworben (ich weiß den Namen nicht mehr und die Firma wird es auch nicht mehr geben). Die hätten mich genommen. Allerdings habe ich die Ermahnung des Prokuristen noch im Ohr, meine Stenographie-Kenntnisse müsste ich aber noch verbessern. Das verstand ich nun gar nicht. Diktate wollte ich überhaupt nicht aufnehmen, ich wollte Kaufmännisches lernen. Umso froher war ich, als ich die Nachricht der bestandenen Aufnahmeprüfung von Bosch erhielt und meine Lehre als Industriekaufmann bei der Robert Bosch GmbH im Werk Hildesheim beginnen konnte.

Zu Bosch im Hildesheimer Wald war es jeden Tag eine lange Fahrzeit. Von Giesen mit dem Bus zum Bahnhof in Hildesheim. Dort umsteigen in einen Oberleitungs-Bus (mit Elektromotoren, im Winter hatten sie allerdings Schwierigkeiten, den Berg zum Hildesheimer Wald hinauf zu kommen), bis zum Bosch-Werk. Das erste Vierteljahr verbrachten alle kaufmännischen Auszubildende in  der technischen Lehrwerkstatt. Die künftigen Kaufleute sollten die Grundlage ihres späteren Einkommens kennenlernen. Also feilten wir ein rostiges Stück U-Eisen eben und glatt. Das ist gar nicht so einfach. Irgendwo war immer noch eine Unebenheit. Mit Talkum und Vaseline versuchten wir das optisch auszugleichen. Natürlich kannten die Lehrmeister den Trick. Das Werkstück am Kittel abgewischt und schon war die Delle unter dem Haarlineal zu sehen. Weiter feilen und polieren. Aber auch das hatte ein Ende.

Leiter der Ausbildungsabteilung von Bosch war Friedrich Müller. Er hatte sich zum  Leiter des Rechnungswesens hochgearbeitet und genoss im Unternehmen große Anerkennung. Sein Sohn war später Mitschüler in der WO.
In der Ausbildungszeit wurde mir klar, dass ich weiter zur Schule gehen und das Abitur machen wollte. Zur Vorbereitung besuchte ich abends in der Hildesheimer Volkshochschule Englisch- und Mathematik-Kurse. Nebenbei habe ich auch an Berufs-Wettbewerben teilgenommen. Seitdem weiß ich, das Badminton nicht Tennis ist. Damals wusste ich das nicht und das hat den Sieg gekostet. Eingesehen habe ich die Notwendigkeit eines solchen Wissens nicht.

Ich konnte meine Ausbildungszeit um ein halbes Jahr verkürzen, damit ich in diesem halben Jahr noch Geld verdienen konnte. So ganz recht war das dem Ausbildungsleiter  nicht. Mit einer verkürzten Ausbildung könne ich kein „sehr gut“ bekommen, war sein Argument. Das war mir aber eigentlich gleich, ein „gut“ im Abschluss reichte mir auch. Dennoch versuchte Ralph Rakemann, Lehrer an der Berufsschule, mich auf ein „sehr gut“ hochzuprüfen. Mit einer neuen Rechenart (ich weiß nicht mehr was es war), die er gerade vorher im Unterricht eingeführt hatte. Ich beherrschte sie nicht und so blieb es beim „gut“. Ralph Rakemann hatte ich dann später in der WO als Mathematiklehrer.

In dem halben Jahr vor der Wirtschaftsoberschule arbeitete ich bei Bosch im Rechnungswesen. Später konnte ich dort auch während des Studiums in den Semesterferien als Werkstudent arbeiten.
Eine Geschichte aus der Zeit muss ich erwähnen. Gleich für den ersten Samstag war Überstunden-Arbeit angeordnet. Als ich kam, waren die neuen Kollegen schon da – und lasen Zeitung. Ich fragte, was ich denn jetzt machen könne. Nichts, war die Antwort. Und dann erklärten sie es mir. Die Überstunden würden sie eigentlich nicht brauchen. Aber, wenn sie die für den Monat angemeldeten Überstunden nicht nehmen würden, würden vielleicht für den nächsten Monat keine Überstunden genehmigt und dann würden sie diese möglicherweise brauchen. Eine Logik, die ich nicht verstand. Hier hätte doch Geld gespart werden können. Auf der anderen Seite gab es Aktionen, die die Notwendigkeit des Sparens eindringlich machen sollten. So gab es eine Zeit lang nur neue Bleistifte, wenn die alten aufgebraucht waren und zuvor mit einer Bleistiftspitze verlängert wurden. Warum brauchte es solcher Symbolik, wenn die Zahlenlage klar war?

DAMALS wurde die WO  das WG

Nach der 12. Klasse wurde die Schulform-Bezeichnung geändert. Die WO wurde „WG“ - Wirtschaftsgymnasium. Das Abitur blieb wie bei der Wirtschaftsoberschule eine begrenzte Hochschulreife für das Studium der Wirtschaftswissenschaften. Wer Jura oder Medizin studieren wollte, musste noch das „Große Latinum“ nachholen. Später, ein oder zwei Jahre nach dem Abitur, konnte man bei der Bezirksregierung die Umschreibung des Abiturs in eine volle Hochschulreife beantragen. Das habe ich nicht gemacht, für mein Wirtschaftstudium reichte das „einfache“ Abitur.

Was sonst noch geschah, um uns herum:
1966 begann die Chinesische Kulturrevolution. Mit der Bildung der Roten Garden wollte Mao Zedong seine Position in der Kommunistischen Partei Chinas festigen und seine Gegner ausschalten. Zwischen 1966 und 1976 wurden 1,5 bis 1,8 Millionen Menschen getötet. Viel mehr wurden verfolgt und zur Umerziehung aufs Land geschickt und in Gefängnisse gesteckt.
1966 wurde die erste Große Koalition mit Bundeskanzler Georg Kiesinger gebildet. Außenminister und Vizekanzler war Willy Brandt.
1966 wurde Leonid Breschnew Generalsekretär der sowjetischen KPdSU. Er erließ die Breschnew-Doktrin, nach der die Interessen der sozialistischen Gemeinschaft über der Souveränität der Staaten des Sowjetblocks stehen und die Sowjetunion das Recht auf Intervention habe. Nach dieser Doktrin marschierte die Sowjetunion  in der Tschechoslowakei ein. Gorbatschow hob die Doktrin auf.
1967 war der Sechstagekrieg zwischen den arabischen Staaten und Israel, dessen Ergebnis die Besetzung des Gazastreifens, der Sinai-Halbinsel, der Golanhöhen, des Westjordanlandes und Ost-Jerusalem war.
1968 war in vielen Ländern der Höhepunkt der linksgerichteten Studentenbewegung der 1960er Jahre, der 68er-Bewegung. Die Proteste richteten sich damals auch gegen den Vietnamkrieg der USA (1964 – 1975).
1968 kam es in der Tschechoslowakei unter Alexander Dubcek zu einer schrittweisen Liberalisierung. Die wurde mit dem Einmarsch von Soldaten der Sowjetunion und anderer kommunistischer Staaten im gleichen Jahr beendet (Breschnew-Doktrin).

Die drei Schuljahre Wirtschaftsoberschule bzw. Wirtschaftsgymnasium haben wir in nur 2 ¼ Jahren geschafft. Niedersachsen und andere Bundesländer stellten den Beginn des Schuljahrs von Ostern auf August um.  Das entsprach dem System der europäischen Nachbarländer. Für die Umstellung wurden zwei Kurzschuljahre eingeführt. Wir erhielten unser Abitur dadurch zwar in kürzerer Zeit, aber der Unterrichtsstoff war entsprechend kompakt.

Die Zeit der Wirtschaftsoberschule war der Beginn meines politischen Interesses. Ich bin damals zu Veranstaltungen der Jungen Union und der Jungsozialisten gegangen. Die hatten ihre Räume bzw. die der Partei im selben Haus am Zingel. Es war in der NS-Zeit das Haus der NSDAP (?). Die Diskussionen und Argumentationen bei der Jungen Union gefielen mir besser. Also wurde ich Mitglied der Jungen Union (JU) im Landkreis Hildesheim. Da es in meiner Heimatgemeinde Giesen keine Junge Union gab, gründete ich einen Ortsverband. Später wurde ich dann Vorsitzender des Kreisverbandes Hildesheim-Land (in Hildesheim-Stadt war damals Hartmut Möllring, ehem. Niedersächsischer Finanzminister, Stadtverbandsvorsitzender), und in der Folge Mitglied im JU-Bezirksvorstand und als Schatzmeister im Landesvorstand der Jungen Union Niedersachsen und zeitweise Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Politischer Jugendverbände  in Niedersachsen.
Etwas später nach dem Eintritt in die JU wurde ich  Mitglied der CDU (und bin es jetzt über 50 Jahre) und gehörte dem Gemeinde-, Kreis- und Bezirksvorstand der CDU an.
Auf kommunaler Ebene war ich Mitglied des Gemeinderates Groß Giesen und nach der Zusammenlegung von Groß- und Klein Giesen im Ortsrat Giesen und dann nach dem Zusammenschluss mehrerer Dörfer zur Gemeinde Giesen  im Gemeinderat, bis ich in Salzgitter zum Stadtrat gewählt wurde und dort Dezernent war. Noch heute habe ich freundschaftliche Verbindungen aus der damaligen Gemeinderat-Zeit.

Ich war in der Zeit in der Jungen Union und in der CDU sehr engagiert. Während des Studiums fuhr ich an jedem Wochenende und auch zwischendurch nach Giesen bzw. zu Veranstaltungen im Landkreis Hildesheim oder irgendwo in Niedersachsen. Ein „richtiges“ Studentenleben hatte ich nicht. Ich war darum auch nicht im RCDS-Studentenverband. Nur in einer studentischen Selbsthilfe-Vereinigung, die Vorlesungen mitschrieb und an die Mitglieder verteilte, habe ich den Druck der Mitschriften einige Semester organisiert.

Mit dem Berufswechsel nach Salzgitter war dann auch meine aktive Zeit in der Partei vorbei. Als Stadtrat habe ich als einziger „Christdemokrat“ neben den sozialdemokratischen Dezernenten zwar regelmäßig an den CDU-Fraktionssitzungen teilgenommen, habe aber keine politischen Ämter mehr angenommen.  Eine parteipolitische Neutralität ist für die Leitung der Stadtverwaltung schon angebracht. Das galt für mich auch später in Berlin als Geschäftsführer einer städtischen Wohnungsgesellschaft.

Die Schule hatte eine „Polit AG“  mit aktuellen politischen Diskussionen. Vorsitzender der AG war damals Michael Machens, der später Landesvorsitzender der Jungen Union Niedersachsen wurde und auch eine Periode dem Niedersächsischen Landtag angehörte. Es war die Zeit  der politischen Diskussionen  der 68er-Bewegung. Das war eine gesellschaftskritische, linke politische Studentenbewegung.  So „links“ waren die Diskussionen in Hildesheim aber nicht. 1967 hat die Arbeitsgemeinschaft Hildesheimer Oberschulen einen Gedenkzug zu Ehren des in dem Jahr verstorbenen ersten Bundeskanzlers der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, organisiert. Wir trafen uns am Hindenburgplatz und gingen zum Marktplatz vor dem Hildesheimer Rathaus. Die Gedenkrede hielt damals Bürgermeister Martin Boyken.

Martin Boyken war 1964 – 1968 Bürgermeister, die Wahlperiode davor und danach Oberbürgermeister von Hildesheim. Er war Oberstudiendirektor des Gymnasiums Andreanum und Präsident der Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover. Er war im Dritten Reich Mitglied der Bekennenden Kirche und deswegen damals aus dem Schuldienst entlassen worden.

Ich war für die Wirtschaftsoberschule in der AG. Den Gedenk-Umzug hatte ich damals angestoßen und mit organisiert. Es war ein bewusster Gegenpol zu den linken „68er“.

DAMALS, das waren unsere Lehrer

Unser Klassenlehrer war Helmut Spitzley, Betriebswirtschaftslehre und Englisch hatten wir bei ihm. Wir waren, glaube ich, seine erste Klasse als Klassenlehrer nach Studium und Referendariat. Er war unglaublich engagiert. Jede BWL-Stunde hatte er vorbereitet, mit Inhalt und Unterrichtsziel, mit verschiedenen möglichen Vorgehensweisen, je nach Unterrichtsverlauf und Schülerbeiträgen. Das muss ein großer Vorbereitungsaufwand gewesen sein. BWL wurde mein Lieblingsfach.
Mathematik hatten wir bei Ralf Rakemann. Ich kannte ihn schon von der Berufsschule. Er hat uns (die Handelsschüler, die vorher nur Kaufmännisches Rechnen hatten)  erfolgreich von „0“ bis zur Integral- und Differentialrechnung gebracht. Und das in knapp mehr als 2 Jahren.
Ein Neuanfang war auch der Spanisch-Unterricht mit Ilse Brook. Sie war begeisterte „Spanierin“ und hat uns von ihrer Fahrt durch Spanien während oder nach (?)  ihrem Studium erzählt. „En la españa seca…“ begann eine Geschichte. Mehr habe ich nicht behalten. Leider.

Ich war ein schlechter Spanisch-Schüler. Frau Brook hat mich aber immer wieder zum Vokabel-Lernen geführt und viel Nachsicht gezeigt.  Während der Vorbereitung unseres Jubiläums-Klassentreffens erfuhr ich von Renate Ohms-Fuchs, dass Frau Brook in einem Seniorenhaus in Berlin leben würde. Ich wollte sie vor unserem Klassentreffen besuchen. Aber es war zu spät. Am 8. April ist sie gestorben. Schade, ich hätte ihr gern gezeigt, dass ihre Mühen inzwischen nicht ganz unfruchtbar waren.

Der „französische Pendant“ war Herr Wölfert. Französisch, mit dem leicht sächsischen Akzent von Herrn Wölfert,  setzte auf den Kenntnissen vom Gymnasium bzw. der Realschule auf.
Herr Busch weckte unser Interesse für die deutsche Literatur. Welche Schriftsteller wir alle gelesen haben, weiß ich nicht mehr. An Gotthold Ephraim Lessing erinnere ich mich, weil ich über „Nathan der Weise“ meine Jahresarbeit (oder Abiturarbeit?) geschrieben habe.
Herrn Ahrens hatten wir in Geschichte. Das war mir ein wenig zu viel auswendig lernen von Jahreszahlen. Aber das Interesse an geschichtlichen Zusammenhängen habe ich behalten.
An Herrn Melz erinnere ich mich, wenn ich Wetterkarten sehe. Eines der Themen in Geografie waren die Isothermen und Isobaren der Meteorologie.
Unser Chemielehrer, Dr. Seidel, hatte einen schweren Stand. Physik hatten wir in der ersten Hälfte der Schulzeit und Chemie in der zweiten. Das waren eher  (Pflicht-) Schnelldurchgänge.

Ich habe eine gute Erinnerung an unsere Lehrerin und Lehrer. Sie waren engagiert und sie haben uns gefördert und viel dazu beigetragen, dass ich das Abitur geschafft habe.
Das gilt auch für die Lehrer, die ich vorher in der Volksschule und Handelsschule hatte.  Die Erfahrung mit ungerechten und willkürlich und nachtragend handelnden Lehrern, die manchmal berichtet werden, hatte ich nie.
           
DAMALS, das waren wir

Schulausflug nach Fürstenberg an der Weser
                         

Unsere Abiturprüfung war in der Aula, jeder an einem Tisch. So wie das wohl bei allen Abiturprüfungen war und heute noch ist. Haben wir dabei geschummelt oder es versucht? Vielleicht versucht? Wenn, dann war die Erarbeitung des kleinen Zettels mit kleinster Schrift, damit viel aufgeschrieben werden konnte, die man unauffällig kaum lesen konnte, der eigentliche Wert.  Das Zettelchen zu benutzen war dann doch viel zu riskant. Die Erarbeitung war der eigentliche Wert, zum Schluss noch einmal die konzentrierte Zusammenfassung des für die Prüfung Wiederholten.

Die feierliche Schul-Entlassung und Übergabe der Abiturzeugnisse war etwa zwei Wochen nach den Prüfungen. Dazwischen war Erholungszeit. Es war auch meine erste Urlaubsreise. Meine Eltern fuhren nicht in Urlaub und damit auch nicht meine Brüder und ich. Tagesausflüge in den Harz oder in die Heide waren aber ein schöner Ersatz.
In den Ferien hatte ich während der letzten Schuljahre öfter einen Schülerjob gehabt. Ich erinnere mich an das Kaufhaus Horten (heute „Galeria Kaufhof“). Einmal hatte ich während der Weihnachtsferien in der Kosmetik-Abteilung gearbeitet. Verkaufen durfte ich nicht, nur die Waren einsortieren und im Lager arbeiten, aber mitten unter nur weiblichen und hübschen Verkäuferinnen. Heiligabend – es wurde bis Mittag gearbeitet – gab es in der Kantine Gänsebraten. Daran erinnere ich mich auch noch.
Die Ferienreise nach der Abi-Prüfung ging zum Zelten an den Lensterstrand bei Grömitz an der Ostsee. Jürgen bekam das gerade neu gekaufte Auto seines Vaters. Gezeltet haben wir zu viert, Jürgen, Rainer, Ernst-Heinrich und ich. Einige aus unserer Klasse sind von Grömitz aus weiter nach Dänemark gefahren, Günter und Eckhard gehörten dazu. Etwas problematisch war, dass das Auto nach der Rückfahrt „verreckte“, der Motor musste nach unserem Ausflug ausgetauscht werden..
Beim Zelten habe ich auch die Abitur-Rede als Klassensprecher vorbereitet. Den genauen Inhalt weiß ich nicht mehr. Es wird ein Dank an unsere Eltern und auch an unsere Lehrer gewesen sein. Und das war aufrichtig und das gilt auch heute noch.

DAMALS – BIS HEUTE


Unsere Abiturfeier und unser Klassentreffen nach 50 Jahren

Gefeiert haben wir das Abitur mit einem Ball im Hotel Rose. An dem gleichen Ort, an dem wir jetzt unser 50-jähriges Abitur feierten.  Das Hotel Rose gibt es nicht mehr. Dort  steht heute das Knochenhauer Amtshaus.

1989 wurde die Rekonstruktion des Knochenhauer Amtshauses und des Bäckeramtshauses fertiggestellt. 1986 hatte der Rat der Stadt Hildesheim den Wiederaufbau beschlossen. Zuvor war das Hotel Rose in Konkurs gegangen und abgerissen worden.
Eine Gesellschaft für den Wiederaufbau war 1970 gegründet worden. Einer der treibenden Kräfte und eine Zeit lang  deren Geschäftsführer war ein Mitschüler der Wirtschaftsoberschule, Michael Machens. Er war ein Jahrgang über uns.
Das Knochenhauer Amtshaus und die Bebauung um den Marktplatz war 1945 bei einem Bombenangriff komplett zerstört worden.
Gebaut worden war das Fachwerkhaus 1529 als Verkaufs- und Versammlungsgebäude der Knochenhauer, der Fleischer Hildesheims. Es galt als eines der schönsten Fachwerkhäuser.

Für die Mädchen unserer Klasse begann nach dem Abitur das Studium, für uns Jungen die Bundeswehr.

Ich fand das damals etwas ungerecht. Bundeswehr bedeutete drei Semester verlorene Zeit, ein drei Semester späterer Beginn des Studiums. Das war ein Drittel der Studienzeit.
Das „Opfer“ braucht heute nach Abschaffung der Wehrpflicht keiner mehr bringen.

Der größere Teil unserer Klasse hat Pädagogik studiert und ist Lehrer/in geworden. Ein Kompliment an die Lehrer unserer Schule? Es könnte so sein.
Zu den Pädagogen gehören Rudolf  und Dietmar  aus meinem Heimatort Giesen. Sie hatten wie ich nach der Volksschule in Giesen die Handelsschule besucht. Sie waren jünger, weil bei mir noch drei Jahre Lehre bzw. Beruf zwischen Handelsschule und Wirtschaftsoberschule lagen. Rudolf war zuletzt an der Realschule (?) in Harsum. Dietmar ist schon vor einigen Jahren gestorben.
Werner kam aus Betheln (früherer Landkreis Alfeld). Er war wie ich in der Jungen Union aktiv und Vorsitzender des Kreisverbandes Alfeld.
Renate kam aus Heinde. Im Haus ihrer Mutter haben wir manche Fete gefeiert. Jetzt treffen wir uns zusammen mit unseren Ehepartnern jedes Jahr auf Teneriffa und wandern gemeinsam. Renate hat auch in Göttingen studiert und ist dann Lehrerin geworden. Eine Zeit lang haben wir in Göttingen in der gleichen Straße, der Planckstraße, gewohnt.
Karl-Heinz hat es  nach dem Lehrer-Studium von Hildesheim in das Emsland „verschlagen“.
Margitta ist nach dem Studium in Göttingen geblieben und wohnt jetzt in Roßdorf bei Göttingen.
Monika kam aus Alfeld und lebt jetzt in Göttingen.
Renate und Rita kamen beide aus Eime (früherer Landkreis Alfeld). Renate wohnt jetzt in Imbsen. Rita ist vor wenigen Jahren verstorben.
Zu den späteren Lehrern gehören auch Horst aus Holle und Gerd, der jetzt in Bad Harzburg wohnt.
Ulrike kam von der Marien-Realschule. Sie gehörte zum „Heinder Feten-Kreis“. Ulrike und Rainer, der vom Gymnasium in die WO gewechselt war, sind ein Ehepaar geworden. Zusammen waren sie Lehrer  an der Oberschule (Haupt- und Realschule) in Nordstemmen.
Dritter „im Bunde“ war dort Ernst-Heinrich. Ihn habe ich noch wegen seines etwas ausgefallenen Literatur-Wunsches in Erinnerung. Als Jahresarbeit im Deutsch-Unterricht konnten wir über das Werk eines Autors unserer Wahl schreiben. Ernst-Henning hatte Jack London (?) ausgesucht, das war keiner der Klassiker unserer  Deutsch-Stunden.  Meine Wahl viel damals auf Lessings „Nathan der Weise“. Die religiöse Toleranz und Menschlichkeit Nathans hat mich damals beeindruckt und ist so etwas wie ein Leitfaden geworden.
Einen etwas anderen Berufsweg schlug Reiner  ein. Er studierte bei der Bundeswehr und war danach Offizier im Geowesen der Bundeswehr.
Carla ging nach der Schule zum Zoll.
Günter wurde Zahnarzt und hat sich in Hildesheim selbständig gemacht.
Uwe und Karl-Heinz wurden Handelsschullehrer. Uwe ist unserer Schule treu geblieben, Karl-Heinz wurde Handelsschullehrer in Bremen.
Andreas saß im letzten Schuljahr neben mir. Er kam aus Einbeck. Nach dem Abitur studierte er Soziologie in Göttingen. Danach war er „verschwunden“. Keiner aus unserer Klasse weiß, was aus ihm geworden ist.


50-jähriges Klassentreffen Gruppenfoto vor dem Knochenhauer-Amtshaus


Jürgen Müller, Eckhard Kloth, Josef Evers und ich haben uns in Göttingen beim BWL-Studium wieder getroffen.
Mit Josef aus Borsum (er kam von der Buhmann-Schule) war ich nach dem Abitur auch zusammen bei der Bundeswehr, in der gleichen Ausbildungskompanie und  Kaserne in Hannover. In Göttingen hat er uns mit seinem selbst gekelterten Obstwein versorgt. Heute brennt er Hochprozentiges von den Früchten seiner Streuobstwiese. Josef hat nach dem Handelslehrer-Studium am Handels-Lehrstuhl Prof. Gerth promoviert. Sein Berufseinstieg war bei Blaupunkt, danach wechselte er zur Konzernmutter Robert Bosch GmbH in Stuttgart. Die letzten Berufsjahre verbrachte er als Geschäftsführer der Bosch Landesgesellschaft für Spanien und Portugal in Madrid. Wir und unsere Ehefrauen sind noch heute befreundet.
Jürgen war im Studium Spargel-Liebhaber und mit dem ersten Spargel (es war preiswerter griechischer) gab es im Frühjahr „auf seiner Bude“ Spargel und im Herbst lud er zum Grünkohlessen ein. Zusammen mit Josef war ich Trauzeuge, als Jürgen Christel  geheiratet hat. Nach dem Abschluss als Diplom-Kaufmann arbeitete er im Controlling des TÜV-Rheinland/TÜV Nord in Essen.
Eckhard war nach Studienabschluss Prüfer beim Sparkassenverband. Er ist vor einigen Jahren schon gestorben.

Wir vier haben alle die Betriebswirtschaft-Veranstaltungen bei Professor  Helmut-Kurt Weber besucht und bei ihm unsere Diplom-Arbeiten (1975)  geschrieben. Josef und ich waren auch gegen Ende des Studiums zeitweise studentische Hilfskräfte am Lehrstuhl. Er hat nach dem Diplom extern promoviert, ich als Assistent am Lehrstuhl von Professor Weber.

Gewohnt habe ich die erste Zeit bei einer sehr netten,  älteren Dame in der Planckstraße – in dem Zimmer, in dem vorher Ulrikes Bruder wohnte. Er hatte in Göttingen Textilkaufmann im Modehaus Fischer gelernt, bevor er das elterliche Geschäft in Hildesheim übernahm. Das Zimmer war durch eine nachträglich eingebaute Rigips-Wand von dem Schlafzimmer abgetrennt und entsprechend hellhörig und das Bad hatten wurde gemeinsam mit meiner Vermieterin genutzt. Nach drei Semestern bin ich in ein Studentenheim, das Afro-Asiatische Studentenheim (Abkürzung „Affenheim“ und die Kneipe im Keller war die „Affenbar), umgezogen. Ich hatte mich dort beworben, weil es die kürzeste Wartezeit hatte. Die Studenten mussten zur Hälfte aus afrikanischen oder asiatischen Ländern kommen. Es waren gute Zimmer mit Gemeinschaftsduschen und einer gemeinsamen Küche auf jeder Etage.
In dem Studentenheim habe ich auch kochen gelernt. Mein erstes Gericht stammte von Chauki Zein aus dem Libanon. Es bestand aus Zwiebeln, Paprika, Tomaten und 1 Dose EVST-Rindfleisch, dazu passt Reis.

EVST, das war die Einfuhr- und Vorratsstelle für die Stabilisierung der Inlandspreise und für Krisenfälle, die u.a. Lebensmittel bevorratete. Vor Verfalls-Ablauf kamen die Konserven preiswert in den Handel. Heute bekommt man die gleich großen Dosen als "Rindfleisch im eigenen Saft".

Das war einfach zu kochen und schmeckte vorzüglich (koche ich auch heute noch manchmal, aber selten). Meist bin ich aber mittags in die Mensa neben dem BWL-Seminar gegangen und abends in die Mensa am Wilhelmsplatz (heute ist dort das Restaurant „Augusta“). Dort gab es für eine Mensa-Essenmarke Sülze mit Bratkartoffeln.

Nach dem Diplom war ich  ein Jahr Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Hildesheimer Bundestagsabgeordneten Hans-Adolf de Terra (vor dem Bundestagsmandat  war er Regierungspräsident in Hannover) und habe für ihn 1976 den Bundestagswahlkampf organisiert. 

Es folgten fünf Jahre als Hochschul-Assistent am Lehrstuhl von Professor Dr. Weber und die          Promotion mit einem Thema über die Zulässigkeit von Landesbürgschaften. Es war einer meiner schönsten Lebensabschnitte. Ich hatte eine gut bezahlte Assistenten-Stelle mit einer weitgehend freien Arbeitsgestaltung, keinem Konkurrenzdruck, begrenzter Verantwortung und einem freundschaftlichen Assistenten-Kollegium. Alle ehemaligen Assistenten und Doktoranden des Lehrstuhls treffen sich mit ihren Ehefrauen noch immer regelmäßig einmal im Jahr mit unserem ehemaligen Chef und Doktor-Vater Professor Dr. Weber. Das spricht für ihn. Einer aus unserem Kreis, Wolfrath Bär, ist im letzten Jahr gestorben. Mit Eckhard Müller mache ich jetzt meine zweite Jahres-Fahrradtour.  Er, Helmut Mansch, Ludwig Thiedau und Renate Neumann-Schäfer gehören zum Freundeskreis aus der Assistenten-Zeit.

Am Lehrstuhl habe ich auch meine Frau Ursula kennengelernt und wir haben 1978  in Göttingen geheiratet. Unsere Tochter Christina ist heute Staatsanwältin in Hildesheim. Trauzeuge war mein Assistenten-Kollege Steffen Böhm und mein Bruder Wolfgang. Den Polterabend haben wir in den Clubräumen des „Affenheims“ gefeiert. Heinrich Biermann  aus Giesen und Werner Heine aus Borsum, hatten einen großen Bus gechartert, mit dem die Freunde aus dem Landkreis Hildesheim anreisten. 

Heinrich Biermanns politische Kariere, er wurde Stellvertretender Landrat im Landkreis Hildesheim und Landtagsabgeordneter, hatte ich zu Anfang eng begleitet. Mit Plakaten „Junge Union für Heinrich Biermann“ warben wir bei seiner ersten Kreistags-Kandidatur. Er kam auf Anhieb in den Kreistag. Werner Heine war mein Vorgänger als JU-Kreisvorsitzender. Mit ihm habe ich im Wahlkampf „Canvassing“ gemacht. Wir gingen von Haustür zu Haustür und versuchten unsere Wahlprospekte und Argumente rüberzubringen. Die Art des Wahlkampfs war damals ganz neu aus Amerika übernommen worden.

Nach der Hochschule war meine erste Arbeitsstelle beim Zweckverband Großraum Hannover (ein Kommunalverband mit dem Landkreis und der Landeshauptstadt Hannover als Mitglieder, heute ist daraus die Regionalstadt Hannover geworden). Hier war ich Abteilungseiter und später Fachbereichsleiter für Wirtschaftsförderung. Damals war die Förderung von Unternehmensgründungen Thema, wie heute, und zusammen mit den beiden Sparkassen im Großraum Hannover haben wir die ersten Risikokapitalgesellschaften gegründet.   

Der Versuch, im Landkreis Hildesheim Kreisdirektor zu werden, ging schief. Die Mehrheit der CDU-Kreistagsfraktion wählte den anderen Kandidaten, ich hätte es besser vorbereiten müssen. Ärgerlich war, dass ich das  zeitgleiche Angebot, Jugend- und Sozialdezernent der Stadt Langenhagen zu werden, wegen der Kandidatur in Hildesheim ausgeschlagen hatte.

Dafür folgte kurz darauf die Wahl zum hauptamtlichen Stadtrat der Stadt Salzgitter - Ende gut alles gut - mit den Dezernaten für Wirtschaftsförderung, Liegenschaften und Schulen. Den ersten Kontakt zur Stadt Salzgitter bekam ich über einen Freund aus der Jungen Union, über den ich Wolf-Dieter Jäschke von der CDU-Fraktion kennenlernte. Er hat mich sehr unterstützt. Wir sind dann Freunde geworden und haben zusammen mit unseren Frauen viel gemeinsame Zeit verbracht.
Ich war aber nicht der einzige Bewerber. Ein Amtsleiter  der Stadtverwaltung hatte sich ebenfalls beworben und war der Kandidat des CDU-Fraktionsvorsitzenden und auch der Fraktionsmehrheit. Ich hätte die Wahl nicht gewonnen, hätte ich nicht die Unterstützung der SPD-Fraktion im Rat der Stadt gehabt. Dafür sorgten Peter-Jürgen Schneider, damals Landtagsabgeordneter (er war später Finanzminister in Niedersachsen), der Fraktionsvorsitzenden Georg Obst und Oberstadtdirektor Hendrik Gröttrup, die mich auf Initiative von Peter-Jürgen Schneider in einem Gespräch in Hannover „gemustert“ hatten. Georg Obst wurde später zusammen mit Wolf-Dieter Jäschke mein bester Freund in Salzgitter. Unterstützung erhielt ich auch von dem Chefredakteur der Salzgitter Zeitung, Klaus Karich, den ich vorher nicht gekannt hatte. Er schrieb in einem Kommentar vor der Abstimmung im Rat sinngemäß, dass die CDU eine Chance für Salzgitter vergeben würde, wenn sie nicht den "jungen und dynamischen" Kandidaten unterstützen würde. Ich wurde gewählt.

Einige Jahre später wurde der bisherige Kämmerer Detlef Engster zum Oberstadtdirektor gewählt und ich hatte Interesse,  sein Nachfolger zu werden. Aber, bei aller Anerkennung, in Salzgitter könne nur ein SPD-Bewerber Kämmerer werden, erklärte mir der bisherige Oberstadtdirektor. Enttäuschend. Darum wechselte ich aus der Stadtverwaltung in die städtische Wohnungsbaugesellschaft. Hier war ich seit Beginn auch Aufsichtsratsvorsitzender und, als der bisherige Geschäftsführer ausschied, ergriff ich die Möglichkeit. Abgesichert durch die Zustimmung des neuen Oberstadtdirektors und der Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU, die ich mir vorher sicherte, übernahm ich die Geschäftsführung der städtischen Wohnungsbaugesellschaft und einer Tochtergesellschaft, mit der wir u.a. für das Land Niedersachsen die Gebäude der Fachhochschule in Salzgitter gebaut und finanziert haben. An der Fachhochschule war ich dann "nebenbei" auch noch Geschäftsführer eines Instituts für Logistiksysteme und Dozent für Buchführung.

Aus dieser Zeit besteht noch heute ein Freundeskreis, der sich zwei- bis dreimal im Jahr trifft. Leider sind zwei aus unserem Kreis verstorben. Georg Obst, lange Jahre Fraktionsvorsitzender der SPD, und Wolf-Dieter Jäschke, Handwerksmeister und lange Jahre CDU-Ratsherr der Stadt Salzgitter.

1995 sind wir nach Berlin umgezogen. Dort konnte ich Geschäftsführer eines größeren Wohnungsunternehmens, der GSW – Gesellschaft für Siedlungs- und Wohnungsbau – werden. Das war ein wesentlich größeres Unternehmen als ich es in Salzgitter hatte, 70.000 Wohnungen statt 5.000.  Und der Wohnstandort Berlin lockte natürlich auch. Darum war es klar, dass ich ein solches Angebot angenommen habe. Jetzt wohnen wir in Berlin und seit dem Berufsende im Winterhalbjahr auf der Kanaren-Insel Teneriffa.

In Salzgitter war der Beruf eine Schnittmenge aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik. Das war es, was ich wollte. Und hier profitierte ich auch davon, dass ich all die  Jahre Politik gemacht hatte. In Berlin war die GSW ein städtisches Wohnungsunternehmen mit einem sozialen Auftrag und einem durch die Gemeinnützigkeit begrenzten Gewinnziel. Ich wollte in meinem Berufsleben nicht für die Gewinnmaximierung irgendwelcher Kapitaleigentümer arbeiten. Das gesellschaftliche Engagement war mir wichtig.
In Berlin konnte ich auch etwas bewegen, das Unternehmen zusammen mit den beiden Geschäftsführer-Kollegen umgestalten und Neues aufbauen. Neben dem Kerngeschäft der Wohnungsvermietung und des Gebäudemanagements, das ich verantwortete,  entstand eine Versicherungs-Tochtergesellschaft und eine Tochtergesellschaft für Wärme-Contracting, die Eigentumsverwaltung wurde ausgebaut (wir hatten zum Schluss 10.000 Eigentumswohnungen in der Verwaltung).
Politisch war ich in Berlin nicht mehr aktiv. Dafür fehlte die Zeit. Und als Geschäftsführer einer städtischen Gesellschaft war politische Neutralität schon angebracht. Aber im Wohnungsverband für Berlin und Brandenburg (BBU) war ich unterwegs und u.a. Mitglied im Gründungsbeirat für den Studiengang Real Estate der BBU-Akademie.

Das alles endete, als das Land Berlin „mein“ Wohnungsunternehmen an zwei amerikanische Fonds verkaufte (heute sind die Wohnungsbestände bei der Deutschen Wohnen AG). Deren Geschäftsmodell war nicht meine Welt. Ich habe noch den Facility-Bereich der Gesellschaft mit den Hausmeistern und Handwerkern ausgegründet, war zwei Jahre als Berater für das Unternehmen tätig (so wie man leitenden Mitarbeitern oft einen "weichen" Abgang verschafft) und bin dann nach dem 63. Lebensjahr Rentner geworden.

Das fiel mir zunächst schwer. Geschäftsführer eines so großen Unternehmens zu sein, bedeutet eine große Gestaltungsfreiheit, die Möglichkeit immer wieder etwas Neues zu machen,  jeden Tag mit Kollegen und Mitarbeitern zusammen zu sein, die Mitarbeiter zu leiten und auch auf sie einzugehen, sich sozial engagieren zu können. Das fehlte mir.
Die Lösung war dann sportliche Betätigung, was ich früher nicht gemacht habe, Wandern (auf der Kanaren-Insel Teneriffa, die zum zweiten Wohnstandort geworden ist, u.a. auch mit meiner ehemaligen Mitschülerin Renate) und Fahrradfahren (jedes Jahr eine größere Tour, seit letztem Jahr mit Eckhard – über die Fahrten berichte ich in einem Internet-Blog „Sattel und Schuh“). Und ich habe eine kleine handwerklich-künstlerische Ader entdeckt, ein wenig Silberschmuck (für meine Frau), Emaille-Arbeiten, Tiffany-Glasbilder. Über Volkshochschul-Kurse habe ich mir die notwendigsten Kenntnisse angeeignet. Und damit verbringe ich meine Zeit, wenn ich nicht radele oder wandere oder mit Freunden zusammen bin.
Eine Möglichkeit wäre vielleicht ein neues politisches Engagement gewesen. Aber der Abstand war zu groß geworden. Und der Berliner Politikbetrieb ist auch nicht unbedingt einladend.
Auf Teneriffa haben wir einen neuen Freundeskreis bekommen und einige Freundschaften aus der Göttinger Zeit, der Zeit in Hildesheim und in Salzgitter und hier in Berlin sind erhalten geblieben. 

Ein halbes Jahrhundert nach dem Abitur haben wir uns wieder getroffen. Nach dem „Mittelstück“ unseres Lebens. Nun beginnt die „Nachspielzeit“. Schön, dass wir das auch noch erleben dürfen.

                                    Die Beschreibungen stammen meist aus Wikipedia- 
                                    und anderen Artikeln im Internet, ohne einzelne 
                                    Zitierungen.