Zu Gerhart Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal
Eine Fahrrad- und Wanderreise in das Hirschberger Tal
und das Riesengebirge in Niederschlesien und Böhmen.
Vom
9. bis 21. August 2022
(8) Wanderung hinauf zur Schneekoppe und hinunter nach Spindlermühle
Seilbahn-Bergstation auf der Kleinen Koppe – Schlesierbaude/Schronisko Dom Śląski – Schneekoppe/Sniezka (tschechisch Sněžka) – Schlesierbaude – Aupa Torfmoor/Úpské rašeliniště – Wiesenbaude/Luční bouda – Spindlermühle/ Špindlerův Mlýn
Jetzt beginnen die Wandertage. Einmal war ich schon auf der Schneekoppe. Es ist der Berg der Schlesier, auf den ich schon mit meiner Mutter hinaufgegangen bin. Dorthin wollte ich noch einmal und auf den Kamm des Riesengebirges.
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Schneekoppe und Schlesierbaude |
Mit der Seilbahn zur Bergstation auf der Kleinen Koppe unterhalb der Schneekoppe. Von hier aus geht der Weg hinauf zur Schlesierbaude auf der polnischen Seite des Riesengebirgskamms. Dahinter ist die Grenze zwischen Polen und Tschechien.
Schlesierbaude/ Schronisko Dom Śląski (2)
Die Schlesierbaude, eine Baude mit Hotel, auf 1400 m Höhe gelegen, wurde 1922 gebaut. Entworfen wurde sie von dem Breslauer Architekten Herbert Eras, der auch das Jugendkammhaus „Rübezahl“ plante (in dem ich übermorgen übernachten werde).
Vor dem Bau der Schlesierbaude standen zwei Gebäude am Fuß der Schneekoppe. Die erste Baude wurde 1847 auf der damals österreichischen Seite (Böhmen) errichtet, die Riesenbaude. Im gleichen Jahr entstand auf der damals preußischen Seite (Schlesien) eine weitere touristische Unterkunft, die Hermann Baude. 1888 brannte sie ab. Die Riesenbaude wurde 1970 geschlossen und 1982 abgerissen.
Anstelle der Hermann-Baude wurde 1904 eine neue Herberge gebaut, die aber schon 18 Jahre später für den jetzigen Bau abgerissen wurde. Dieser Neubau, die Schlesierbaude, wurde privat betrieben. Nach 1945 erfolgte die Enteignung. 2007 wurde die Baude wieder privatisiert.
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Schlesierbaude |
Hier beginnt der Aufstieg zur Schneekoppe. Ich gehe den direkten, steileren Weg. Weniger ansteigend ist der sog. Jubiläumsweg, der in einem weiten Bogen um den Berg herum auf die Bergspitze führt. Der wurde 1905 zur Erinnerung an das 25-jährige Bestehen des Riesengebirgsverein angelegt. Den direkten Weg gehe ich auch wieder zurück zur Schlesier-Baude, obwohl dort eine Einbahn-Regelung eingeführt wurde. Hinauf auf dem steileren Zick-Zack-Weg und hinunter auf dem Jubiläumsweg. Der ist zwar bequemer, aber länger.
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Blick von der Schneekoppe zum Schlesierhaus |
Die Einbahn-Regelung soll den Strom der Ausflügler steuern, die auch heute in Schaaren den Berg hinaufströmten. Jung, alt, mit kleinen Kindern, die kleinsten in der Kiepe auf dem Rücken, strebten hinauf auf den einmal höchsten Berg Deutschlands, der jetzt der höchste polnische Berg ist. Die meisten sind wohl Tagesausflügler aus den Urlaubsorten des Riesengebirges.
Auf der Schneekoppe war ich schon einmal 1987 mit meiner Mutter. Wir waren mit
einer Hildesheimer Reisegruppe schlesischer Vertriebener in die alte Heimat
meiner Mutter gefahren. Übernachtet haben wir damals in Goldberg und von da aus
hat der Bus die Heimatorte angefahren. Wir haben einige Stunden in Plakwitz bei
Löwenberg, dem Heimatort meiner Mutter, verbracht und haben uns die ehemals
deutschen Häuser angesehen. Ich erinnere
mich noch sehr gut an die herzliche Aufnahme und spontane Einladung zum Kaffee
durch die jetzigen Bewohner eines der Häuser.
Am nächsten Tag sind wir von Krummhübel aus hinauf zum
Schlesierhaus gegangen und von dort weiter auf die Schneekoppe. Meine Mutter
war damals schon 63 Jahre alt und hat das tapfer geschafft. Auch der Rückweg
war zu Fuß, die Seilbahn fuhr nicht.
Später war ich noch ein paar Mal in Plagwitz und in
Krummhübel, u.a. bei meiner ersten Radfahrt nach Löwenberg. Ein anderes Mal war
ich mit meinen Freunden Wolf-Dieter und Georg aus Salzgitter bis zum
Schlesierhaus gegangen. Wir sind von
Krummhübel aus hinaufgestiegen (die Seilbahn war, wie damals öfter, außer
Betrieb). Unterwegs setzte Schneetreiben ein, das nicht aufhörte. Der geplante
Aufstieg zur Schneekoppe musste ausfallen.
Der Weg hinauf zur Schneekoppe ist jetzt gepflastert. Ganz anders als bei meinem ersten Aufstieg. Damals war der Zick-Zack-Weg noch ein unbefestigter Steig, vom Regen ausgewaschen, nur an manchen Stellen mit Seilen gesichert.
Schneekoppe/Sniezka (1)
Mit 1603 Meter ist die Schneekoppe die höchste Erhebung des Riesengebirges.
Laurentiuskapelle:
In der 2. Hälfte des 17. Jahrhundert (1681) wurde auf dem Gipfel (auf der heute polnischen Seite) eine Laurentiuskapelle gebaut, gestiftet vom Grafen Schaffgotsch.
Der Bau der Kapelle diente der Demonstration der Zugehörigkeit des Gipfels zur Schaffgotsch-Herrschaft Kynast. Das
war nicht unumstritten und bedurfte eines kaiserlichen Gerichtsbeschlusses nach
20-jährigem Streit mit dem tschechischen Nachbarn Graf Czernin (die Familie
hatte den Palast Czernin auf dem Hradschin in Prag). Dem Heiligen Laurentius wurde die Kapelle
1681 vom Abt des Zisterzienserstiftes Grüssau bei Landshut/Kamiena Gora geweiht
(den Zisterzienser aus Grüssau bzw. ihren Gebäuden begegne ich noch einmal später
in Bad Warmbrunn).
Endgültig beigelegt wurde der Grenzstreit
erst 1710 in einem Abkommen der Herrscher-Familien im Riesengebirge:
Schaffgotsch, Czernin, Morzin und Harrach.
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Laurentius-Kapelle |
Die erste Laurentius-Kapelle wurde 1810, wie die Klöster und der Kirchenbesitz,
durch die preußische Regierung säkularisiert,
d.h. enteignet.
Böhmische und Preußische Baude:
Auf beiden Seiten des Gipfels entstanden
Bauden.
1850 wurde ein erstes Gasthaus anstelle der Unterkunft in der säkularisierten Laurentiuskapelle gebaut. Dieser Holzbau auf der preußischen Seite brannte 1862 ab und wurde durch den Neubau der Preußischen Baude ersetzt.
1868 wurde auf der tschechischen Seite die Böhmische Baude errichtet.
Beide Bauden wurden zu Hotels ausgebaut, die bis 1945 in Betrieb waren. Versorgt wurden die Hotels von den Koppenträgern, die Lebensmittel, Getränke und Heizmaterial auf die Koppe trugen. In der Zeit nach dem Weltkrieg verfielen beide Bauden.
Polnische Wetterstation und tschechische Poststelle:
Anstelle der Preußischen Baude wurde bis 1975 eine polnische Wetterstation gebaut, die wegen ihres futuristischen Aussehens als „fliegende Untertasse“ bezeichnet wurde. In dem Gebäude wurde ein Restaurant eingerichtet, das aber inzwischen geschlossen ist.
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Schneekoppe erreicht: Vor der polnischen Wetterstation. |
Anstelle der Böhmischen Baude wurde 2008 eine tschechische Poststelle errichtet.
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Die tschechische Poststelle |
Ich bin also gegen den Strom auf dem Aufstiegsweg hinuntergestiegen. Ich wollte nicht so viel Zeit für das Hinuntergehen verbringen, sondern nach einer kurzen Einkehr in der Schlesierbaude möglichst schnell mit der weitern Wanderung beginnen.
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Die Aufsteiger kommen mir entgegen |
Hinter der Schlesierbaude verläuft der Wanderweg zunächst fast genau auf der polnisch-tschechischen Grenze. Vor dem Aupa-Torfmoor schwenkt die Grenze nach Norden, der Wanderweg wird geradeaus weiter in westlicher Richtung geführt. Danach kommt, auf tschechischem Gebiet, die Lucni Bouda/Wiesenbaude. Ein fast ebener Weg auf einer Hochebene.
Aupa Torfmoor/Úpské rašeliniště (3)
Das Hochmoor ist vor 5000 – 6000 Jahren in einer flachen Mulde unterhalb des Riesengebirgskamms entstanden. Es ist das größte Moor im Riesengebirge. Aus dem Moor fließt die Aupa und mündet oberhalb von Spindlermühle in die Elbe.
Der Weg durch das Hochmoor wird über lange Holzstege geführt, um das Moor zu schützen.
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Lange Stege schützen das Moor |
Wiesenbaude/Luční bouda (4)
Eine erste Baude ist hier bereits 1623 oder
1625 gebaut worden (das war die Zeit des 30-jährigen Kriegs). Sie ist die älteste und größte Baude im
Riesengebirge. Die Baude brannte oft ab, zuletzt 1938, wurde jedoch immer
wieder neu errichtet. Heute ist es eine Wanderunterkunft für Touristen.
Südöstlich der Baude ist die Quelle der Bile Labe/Weiße Elbe, die bei Spindlermühle in die Elbe fließt.
Die Bergbauden oder Bauden (tschechisch
„Horská bouda“, polnisch „Schronisko“)
waren typisch für das Riesengebirge. Es waren einfache Holzhütten mit
Schindeldächern für die Hirten im Gebirge. Außer dem Stall hatten sie noch
Zimmer für Hirten, die hier im Sommer übernachteten.
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden sie dann meist zu Herbergen für Wanderer und Touristen umgewandelt und später oft erweitert. Viele der aus Holz gebauten Bauden brannten im Laufe der Zeit ab und wurden immer wieder durch Neubauten ersetzt.
Der Weg verläuft bis etwa unterhalb der Krakonos-Kuppe (Vyhlídka Krakonoš – Rübezahl Aussicht, auch: Kozí hřbety - Ziegenrücken) fast eben auf der Hochfläche. Nach dem Wegweiser nach Spindlermühle und zum Krakonos-Aussichtspunkt geht es zunächst etwas steil am Berg hinab. Bis vor St. Peter der Fichtenwald beginnt und danach mein Weg in das Zentrum von Spindlermühle der Straße durch das Tal folgt.
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Hochebene bei der Wiesenbaude |
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Wegweiser vor dem Abstieg nach Spindlermühle |
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Manchmal ganz schön steil |
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Normaler Wanderweg vor Spindlermühle |
Spindlermühle/Špindlerův Mlýn (B)
Spindlermühle (Höhe 715 – 1310 Meter) auf
der südlichen Seite des Riesengebirgskamms (Tschechien, früher Böhmen) besteht
aus mehreren Ortschaften.
Der älteste und dichter besiedelte Ortsteil ist St. Peter/Svatý Petr. Bereits 1516 wurde hier Silber und Kupfer gefördert. In St. Peter verlasse ich den Wanderweg und gehe auf der Straße durch das Tal zum Hauptort.
Der Ortsteil Friedrichstal/Bedřichov verdankt sein Entstehen einem 1746 errichteten Glashüttenwerk. Benannt ist der Ortsteil nach dem Eigentümer Graf Friedrich August von Harrach-Rohrau. Der Ortsteil liegt westlich der Elbe.
Friedrich August von Harrach-Rohraus war 1733
bis 1744 Statthalter bzw. Gouverneur der
Österreichischen Niederlande (nach dem
Spanischen Erbfolgekrieg (1701 – 1714)
kamen die südlichen Niederlande zum
Habsburger Reich. Die von Harrach waren
ein böhmisches Adelsgeschlecht.
In der gleichen Zeit verlor Österreich das
Herzogtum Schlesien. Friedrich der Große hatte es im Ersten Schlesischen Krieg
1741/1742 überfallen und besetzt.
Der Ortsteil Spindlermühle (Namensgeber der heute tschechischen Stadt mit 1.000
Einwohnern) selbst entstand im späten 18. Jahrhundert als Gründung schlesischer Waldarbeiter (östlich der Elbe).
Benannt ist der Ort nach dem dortigen Mühlenbesitzer Spindler.
Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelte sich der Tourismus. Heute ist Spindlermühle als Skigebiet bekannt.
Ende Januar 1922 kam Franz Kafka zur Kur nach Spindlermühle (er litt an
Lungentuberkulose), wo er vier Wochen blieb und mit der Arbeit an seinem Roman „Das Schloss“ begann (im Hotel Krone in Friedrichsthal).
Das Hotel Krone ist jetzt das Hotel Savoy. Ich habe das in der Tourist-Information erfragt, irgendeinen Hinweis darauf gab es nirgends. Auch die jungen Mitarbeiter an der Hotel-Rezeption wussten nichts. Sie kannten keine Vorgeschichte.
Hotel Central 1920
Das Hotel habe ich wegen seiner zentralen
Lage ausgewählt. Das Hotel wurde 2020 grundlegend saniert und neu eröffnet,
rund 100 Jahre nach seiner besten Zeit um 1920. Daran soll wohl auch die
Jahreszahl im Namen erinnern. Vorgängerbau war eine Wildhüter-Hütte, die seit
1833 dort stand. Sie wurde abgerissen und ein Hotel gebaut.
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Hotel Central |
Zu dem Hotel gehört die Villa Hubertus auf der anderen Seite der Elbe. Hier habe ich zu Abend gegessen, wegen der tschechischen Küche. Das Restaurant im Hotel Central hatte ein Pizza-Restaurant (auch in Tschechien wie in Polen: italienische Küche).
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Die Elbe in Spindlermühle Zum Schluss in Blick in die Küche: |
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Altböhmische Ente mit Speck- und Semmelknödel in der Villa Hubertus. Gewählt hatte ich die Ente wegen der Knödeln. Altböhmische Ente kenne ich von Prag. Die Ente dort habe ich als besser Erinnerung. |