Schloss Schönhausen und der Majakowskiring

August 2025

Wladimir Wladimirowitsch Majakowski (1893 – 1930) war ein russischer Dichter, der nach Stalins Meinung „der begabteste Dichter unseres sowjetischen Zeitalters“ sei und bleibe. Nach dem sowjetischen Dichter wurde 1950 der Straßenring nahe des Schlosses Schönhausen benannt, der zuvor Kronprinzen- und Viktoriastraße hieß.

Das Schloss Schönhausen war von 1949 bis 1960 Amtssitz des Präsidenten der DDR.  Nach dem Tod des ersten und einzigen Präsidenten der Republik, Wilhelm Pieck ((1876 – 1960) wurde das Präsidentenamt durch den Staatsrat und dessen Vorsitzenden abgelöst.

Den Majakowski-Ring und der Park des Schlosses Schönhausen im Bezirk Pankow im Norden Berlins haben wir bei einem Spaziergang erkundet, bei schönem Wetter (1. September, ein sonniger Tag in schon herbstlicher Zeit), allerdings nach einer weiten Anfahrt (1 Stunde, von Steglitz-Zehlendorf über die B1 und die Invalidenstraße, zurück etwas schneller über die die Autobahn 111 und 100, alles entsprechend der Navi-Führung).

Das Auto haben wir am Majakowski-Ring geparkt, eine sehr ruhige Villen-Wohnstraße. Und da wir hier waren, haben wir auch mit dem Rundgang durch das Prominenten-Viertel der DDR begonnen.

 

Der Majakowskiring

Der Majakowski-Ring war bis 1960 das Wohngebiet für die Regierungsspitze der DDR. 1960 zogen sie allesamt in die neugebaute und besonders gesicherte Waldsiedlung Wandlitz um. Auch die Villen des Majakowski-Rings waren von der übrigen Bevölkerung abgesperrt, ursprünglich mit einem Holzzaun, dann von einer Mauer. Heute ist davon nichts mehr zu sehen.

1945 hatte die sowjetische Besatzungsmacht die Villen für ihre Zwecke beschlagnahmt und die Bewohner vertrieben, soweit sie nicht geflüchtet waren. Nach der Gründung der DDR überließen die Sowjets die Villen der DDR-Regierung. Innerhalb der Absperrung gab es, wie später auch in Wandlitz, eigene Läden, Frisöre, Schneider und einen Kindergarten, nur nicht so aufwändig und luxuriös. In den 1950er Jahren wohnte die gesamte DDR-Staatsspitze hier: 

Wilhelm Pieck (er betrieb die Zwangsvereinigung von SED und SPD und wurde erster Staatspräsident der DDR), 
Horst Sindermann (Vorsitzender des Ministerrats und später Vorsitzender der Volkskammer), 
Otto Grotewohl (Ministerpräsident der DDR), 
Walter Ulbricht (Vorsitzender des Staatsrats und bis zu seiner Ablösung durch Honecker mächtigster Mann der SED und DDR), 
Willi Stoph (Vorsitzender des Ministerrats und des Staatsrats), 
Erich Honecker (er folgte Walter Ulbricht nach und bestimmte bis zu seiner Ablösung 1989 durch Egon Krenz die Politik der DDR) mit seiner ersten Frau Edith Baumann (in der Zeit Erich Honeckers als FDJ-Vorsitzender) 
und später mit Margot Honecker (dritte Ehefrau Erich Honeckers und Ministerin für Volksbildung), 
Kurt Hager (Chefideologe der SED), 
Johannes Becher (Minister für Kultur und Verfasser der DDR-Nationalhymne, der „Becher-Hymne“. Die Melodie der Hymne stammt von Hanns Eisler) und 
Hilde Benjamin (Justizministerin). 
Erich Mielke (Minister für Staatssicherheit) wohnte in einer Seitenstraße (Stille Straße) und 
(Geheimdienstchef) Markus Wolf im Rudolf-Dietze-Weg.


Haus Nr. 12, Lotte Ulbricht nach dem Tod ihres Mannes

Haus Nr. 13, Kindergarten der DDR-Siedlung
jetzt ein Waldorfkindergarten

Nr. 28, hier stand das abgerissene Haus von Walter Ulbricht

Haus Nr. 29, Dienstvilla von Wilhelm Pieck

Haus Nr. 34, Johannes R. Becher

Haus Nr. 46/48, Otto Grotewohl
(jetzt soll die Schauspielerin Jasmin Tabatabai mit ihrer Familie darin wohnen)

Haus Nr. 47, ehemalige Residenz des polnischen Botschafters in Ost-Berlin,
jetzt ist dort ein Zentrum für Historische Forschung der Polnischen Akademie der Wissenschaften.

Haus Nr. 58, Erich Honecker und Ehefrau Edith Baumann (1953 - 1955).
Bis 1950 war dort die sowjetische Militärverbindungsmission.
Jetzt ist dort das "Kulti - Kinder und Jugendfreizeithaus" des Bezirksamtes Pankow.

Haus Nr. 63,  Günter Schabowski

Nr. 64, Willi Stoph

Nach dem Umzug der Staats- und Parteispitze nach Wandlitz blieben nur noch Otto Grotewohl und Walter Ulbricht in ihren Villen am Majakowskiring wohnen. Nach 
Ulbrichts Tod wurde die Absperrung des Gebiets 1973 aufgehoben. Ulbrichts Villa wurde zwei Jahre später abgerissen (vermutet wird, dass kein Pilgerziel entstehen sollte). Sein Frau Lotte war da schon ausgezogen und wohnte bis zu ihrem Tod 2002 ein paar Häuser weiter. Sie war die letzte „Alt“-Bewohnerin des Majakowskirings. Ihr Mann Walter Ulbricht war der erste Bewohner der Siedlung. Nach seiner Übersiedlung aus Moskau zog er in die Villa Nr. 28 schon 1945 ein. 

Abgerissen wurde auch die Villa, in der Erich Honecker bis zum Umzug nach Wandlitz wohnte. Bis zur Wende wohnte dann die „2. Reihe“ der SED-Funktionäre in den Villen, wohl auch einige Stasi-Mitarbeiter. Nach der Wende wurden die Grundstücke verkauft und zum Teil auch rückübereignet. Die Villen wurden modernisiert, erweitert, umgebaut und neugebaut. Die Klingelschilder weisen oft auf Rechtsanwälte, Steuerberater, Architekten, Immobilienfirmen hin – ein Quartier mit Büros und gehobenen Wohnungen.

Im Osten des Majakowskirings, gegenüber dem Park Schönhausen, hatte die DDR von 1950 bis 1964 ihr Gästehaus in einer enteigneten Villa. 1901 wurde die Villa für den damals bekannten Fotografen Richard Kasbaum gebaut. Jetzt residiert in der Villa (und den Nebengebäuden) die Wirtschafts- und Handelsabteilung der Volksrepublik China. Die Republik hatte das Anwesen nach der Wende gekauft.

Villa Kasbaum, Majakowskiring Nr. 2

Die Verbindungsstraße zwischen dem Majakowskiring, der Rudolf-Ditzen-Weg, ist nach einem ihrer prominenten Bewohner benannt. Rudolf Ditzen  ist der richtige Name des Schriftstellers, Hans Fallada war sein Pseudonym.

Hans Fallada wurde 1893 als Rudolf Wilhelm Friedrich Ditzen in Greifswald geboren. Seine bekanntesten Romane sind „Kleiner Mann – was nun?“, „Wolf unter Wölfen“, „Jeder stirbt für sich allein“, „Der Trinker“, „Wer einmal aus dem Blechfass frisst“ und „Der eiserne Gustav“. Rudolf Dietzens Jugend war schwierig. Mit 18 Jahren erschoss er seinen Schulfreund in einem verabredeten Suizid-Duell und wurde selber schwer verletzt. Er kam daraufhin in die Psychiatrie. Später wurde er Alkoholkrank und Morphium abhängig. Mehrfach war er in Entzugskliniken und Sanatorien. Wegen Beschaffungsdelikten landete er im Gefängnis. 1928 heiratete er seine erste Frau. 1932 erschien sein Roman „Kleiner Mann – was nun?“, mit dem  sein schriftstellerischer Erfolg begann. Auf Veranlassung seines Verleger Ernst Rowohlt zog er nach Berlin. Er wohnte dort zuerst in der Calvinstraße in Moabit zur Untermiete (In der Straße haben wir in unseren  ersten Jahre in Berlin auch gewohnt). Später wohnte er in Mecklenburg (in dem kleinen Ort Carwitz). Nach Ende des 2. Weltkriegs zog er mit seiner zweiten Frau in die Prominentensiedlung Majakowskiring. Johannes Becher, der am Majakowskiring wohnte (s.o.), hatte ihm das ermöglicht. Fallada war immer noch Morphium abhängig (wie auch seine zweite Frau). Er kam in eine Nervenklinik, in der er, von seiner Krankheit gezeichnet, „Jeder stirbt für sich allein“ schrieb. Im Krankenhaus in Berlin-Niederschönhausen starb er 1947. Er wurde auf dem Friedhof in Pankow begraben und 1981 auf Betreiben seiner ersten Frau auf den Friedhof von Carwitz umgebettet.

 

Schloss Schönhausen und der Park

Am Anfang war hier das Rittergut Niederschönhausen, weit vor den Toren der Stadt Berlin. Ende des 17. Jahrhunderts ließ der preußische General von Grumbkow (Erbherr auf Grumbkow, Runow, Lupow, Zechlin, Vangerske u.a. in Hinterpommern sowie von Niederschönhausen, Blankenfelde und Pakow in der Mark Brandenburg) ein Schloss errichten.

Joachim-Ernst von Grumbkow (1637 – 1690) war Leiter der brandenburgischen Militärverwaltung, Kriegsminister und Finanzminister unter Friedrich Wilhelm Kurfürst von Brandenburg, dem „Großen Kurfürst“. Ihm oblag die Durchführung des „Edikts von Potsdam“, in dem die Aufnahme und Ansiedlung der aus Frankreich vertriebenen Hugenotten in Brandburg eingeleitet wurde. Die Kolonie Französisch Buchholz (jetzt Ortsteil im Bezirk Pankow) entstand in dieser Zeit.

Ende des 17. Jahrhunderts erwarb der Sohn des Großen Kurfürsten, Kurfürst Friedrich III. (er wurde als Friedrich I. König in Preußen - siehe dazu "Die Geschichte Preußens" im Blog  Link zum Beitrag), das Schloss und die umliegenden Güter und erweiterte das Schloss. 1740 erhielt die Frau von Friedrich II. dem Großen, Elisabeth Christine von Braunschweig-Wolfenbüttel-Bevern, das Schloss als Geschenk. Friedrich II. und seine Frau lebten nicht zusammen. Er meist in Potsdam, sie im Berliner Stadtschloss und im Sommer im Schloss Schönhausen. Das Schloss erhielt seine heutige Form. 1829 entstand der von dem Generaldirektor der preußischen Gärten, Peter Josef Lenné, entworfene englische Garten. Nach der Revolution 1918 ging das Schloss an den Freistaat Preußen.

Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Schloss zum Offizierskasino der sowjetischen Armee, danach ein sowjetisches Internat. 1949 überließ das sowjetische Militär das Schloss der im Oktober gegründeten DDR als Amtssitz ihres Präsidenten. Der Schlossgarten im englischen Stil wurde in einen inneren, durch eine Mauer abgegrenzten Park des Präsidentensitzes, und einen äußeren, öffentlich zugänglichen Park geteilt. Erster Hausherr war Staatspräsident Wilhelm Pieck. Nach seinem Tode wurde das Amt des Staatspräsidenten durch den Staatsrat abgelöst. Als Vorsitzender des Staatsrates zog Walter Ulbricht im Schloss ein. 1964 wurde das Staatsratsgebäude am Schlossplatz in Berlin Mitte fertiggestellt und das Schloss Schönhausen wurde Gästehaus der DDR-RegierungSeit 2005 gehört das Schloss zur „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg" und ist ein Museum.

Schloss Schönhausen Westseite

Giebel mit den Insignien EC - Elisabeth Christine,
Königin von Preußen, Frau von Friedrich II.

Schloss Schönhausen Gartenseite

Wir waren an einem Montag in Schönhausen. An Montagen bleiben fast alle Museen geschlossen, auch Schönhausen, das wussten wir. Das Schlossmuseum hat uns nicht so interessiert. Sehenswert ist die Treppenanlage im Schloss. 

Treppe im Schloss Schönhausen
(Foto: Internet)

Nach dem Rundgang durch den Majakowskiring war der - innere und den äußere – Park von Schloss Schönhausen unser Ziel.

Der innere Park

Denkmal der Vergänglichkeit

Mächtige Bäume

Plastik von Walter Arnold
Professor an der Hochschule für Bildende Künste Dresden
1949/1950 für den Schlosspark geschaffen

Der äußere Park mit der Panke


Am südlichen Zugang zum Schlosspark sind zur DDR-Zeit Ergänzungsbauten für das Präsidialamt, ein Kanzleigebäude und ein Casino- und Unterkunftsgebäude, hinzugekommen. In dem großen Saal des Kanzleigebäudes tagte in der Zeit der deutschen Wiedervereinigung 1989/1990 der Runde Tisch der Bürgerbewegung im Kanzleigebäude des Schlosses. 1990 fand hier die zweite Runde der Zwei+Vier-Verhandlungen zur Deutschen Wiedervereinigung statt (Außenminister der BRD und DDR und der vier Siegermächte). 

Sozialistischer Türschmuck an den Ergänzungsbauten

In den beiden Ergänzungsbauten ist 2004 die Bundesakademie für Sicherheitspolitik eingezogen. Das ist eine zentrale Weiterbildungsstätte der Bundesregierung für Sicherheitspolitik. Die Seminare der Bundesakademie sind auf die Weiterbildung von Führungskräften des Bundes und der Länder sowie aus der Wissenschaft, der Wirtschaft und zivilgesellschaftlichen Organisationen ausgerichtet. Obwohl die Gebäude ein militärischer Sicherheitsbereich sind (ausweislich der Warnschilder) kann man vorbei an den beiden Torhäusern durch den Hof zwischen den Gebäuden zum Park und Schloss spazieren.

Toranlage vor dem Schlosspark

In den beiden Torhäusern ist eine Ausstellung zur Geschichte des Schlosses zur Zeit der DDR.

(Foto der Ausstellung)
1970, Walter Ulbricht mit Frau Lotte, Stoph und Honecker
vor dem Staatspräsidentenpalais

Auf der anderen (Nord-)Seite des Schlossparks war die Orangerie des Schlosses. Daran erinnert die Neubau-Wohnanlage „Am Orangeriepark“ mit einer zentralen Gartenanlage neben dem ehemaligen Orangeriegebäude, durch die wir an der Nordseite des Schlossparkes gehen. Es folgen die Mauern der 1950 errichteten Garagen der Fahrbereitschaft des Staatspräsidenten.

Apfelbäume im Garten des Orangerie-Parks

Der Weg durch den Majakowskiring und den Schlosspark
6 Kilometer - so lang kam uns das nicht vor