Berliner Spaziergänge
Um den Botanischen Garten

April 2022 


          Spaziergang um den Botanischen Garten 
          6 Kilometer
           Die Ziffern entsprechen den Markierungen im Text

Der Botanische Garten Berlin ist nicht weit von unserer Wohnung entfernt. Die Hauptstraße „Unter den Eichen“ (Bundesstraße B1) bildet die eine Grenze des Gartens, die andere ist die „Altensteinstraße“ und der „Königin-Luise-Platz“. 

„Unter den Eichen“ gehen wir, wenn wir in die Stadt wollen (gemeint ist hier der Stadtteil Steglitz). Und auch bei unserem heutigen Spaziergang. Durch das Gartengitter (wahrscheinlich noch aus der Zeit der Errichtung des Botanischen Gartens?) kann man gut in das parkähnliche Gelände hineinschauen.
 

Der Botanische Garten wurde auf Beschluss des Preußischen Landtags ab 1899 zwischen der Berliner Straße (heute: Unter den Eichen) und dem Königin-Luise-Platz angelegt und 1903/1904 eröffnet. Die Fläche lag damals in den Gemarkungen Dahlem und Groß-Lichterfeld und war größtenteils ein Kartoffelacker der Königlichen Domäne Dahlem.

Erster Direktor des neuen Botanischen Gartens wurde Adolf Engler, der die Neuanlage geplant hatte.

 

Adolf Engler (1844 – 1930) war bis 1889 Direktor des Botanischen Gartens Breslau, nachdem er in Kiel einen ersten botanischen Garten angelegt hatte. 1889 wurde er Professor für Botanik an der Berliner Universität und zugleich Direktor des Botanischen Gartens und Museums in Schöneberg (heute ist dort der Heinrich-von Kleist-Park). Er begründete die Botanischen Jahrbücher und wollte alle Pflanzen der Erde in einer Buchreihe beschreiben. Die Buchreihe „Das Pflanzenreich“ wurde nach seinem Tode weitergeführt und hatte bis 1953 107 Bände.

Beerdigt wurde er im Botanischen Garten. Die Englerallee am Botanischen Garten ist nach ihm benannt.

 

Der Botanische Garten ist 43 Hektar groß und beherbergt etwa 22.000 verschiedene Pflanzenarten. Damit ist er einer der größten in Deutschland. Der Garten mit dem Großen Tropenhaus und weiteren Schaugewächshäusern und einem angeschlossenen Botanischen Museum mit Herbarium ist eine Zentraleinrichtung der Freien Universität Berlin.

 

Er ersetzte den Botanischen Garten an der Potsdamer Straße in Schöneberg (heute der Heinrich-von-Kleist-Park). Der gehöre ab 1809 zur Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin und hatte durch Carl Ludwig Willdenow weltweite Anerkennung gefunden. Das zum Botanischen Garten gehörende Botanische Museum beherbergt heute als „Haus am Kleistpark“ (an der Grunewaldstraße) eine kommunale Galerie.

 

Carl Ludwig Willdenow (1765 – 1812) übernahm nach einem Medizinstudium zunächst die Apotheke seines Vaters in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche pflanzenkundliche Bücher. 1798 wurde er Professor für Naturgeschichte am „Berliner Collegium medico-chirurgcum“ (eine Einrichtung zur Ausbildung von Ärzten und Aufsichtsbehörde für medizinische Berufe). Das Berliner Collegium wurde mit der Gründung der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität (1809) aufgelöst. Willdenow wurde dort Professor für Botanik.

Die Wildenowstraße am Botanischen Garten, die von der Altensteinstraße abbiegt, ist nach ihm benannt.

 

Hervorgegangen war der Garten aus einem Hopfengarten für die kurfürstliche Brauerei in Berlin (welche war das?) in der Feldmark des damaligen Dorfes Schöneberg (1506 hatte Kurfürst Joachim I. das Dorf Schöneberg erworben).

Der Hopfengarten wurde 1679 aufgegeben. Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620 – 1688) schaffte die Bier-Deputate für seine Bediensteten ab und gleich damit auch die kurfürstliche Brauerei. Im Garten wurde statt Hopfen „Küchen- und Gartengewächse“, Kohl und Gemüse, angepflanzt. Daran mangelte es damals offensichtlich auch in der kurfürstlichen Küche.

Der Küchengarten wurde ein landwirtschaftlicher Mustergarten.

König Friedrich I. ließ den Mustergarten in einen königlichen Lustgarten umwandeln, mit Gewächshäusern und einer Orangerie. Auf private Initiative (Andreas Gundelsheimer) entstand daraus ein botanischer- und Apotheken - Garten. 1801 erhielt Karl Ludwig Wildenow den königlichen Auftrag zur Reorganisation des Botanischen Gartens an der Potsdamer Straße.


Wir biegen von der Straße Unter den Eichen in die Straße „Am Fichtenberg“ und gehen hinauf auf den Fichtenberg neben dem Botanischen Garten. Hinauf ist ein wenig übertrieben. 68 Meter ist der Hügel hoch, gemessen ab Meeresspiegel (Normalhöhennull), und der Stadtteil Steglitz liegt auch noch etwas über dem Meeresspiegel.
 

Wie dem auch sei. Der Fichtenberg, der früher auch „Kiefernberg“ hieß, (wegen der Kiefern oder Fichten, die hier einmal standen?) ist die höchste Erhebung des Berliner Ortsteils Steglitz. Am Berg entstand das Dorf Stegelitze (1242 erstmals erwähnt, 1157 war die Mark Brandenburg durch den Askanier Albrecht den Bären gegründet worden).

 

Am Südhang des Fichtenbergs entspringt die Bäke. Einst floss der kleine Bach gen Süden und dann in einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne, dem Bäketal, Richtung Westen in den Griebnitzsee und die Havel. Damit war es vorbei, als von 1900 bis 1906 der Teltowkanal durch das Bäktal gegraben wurde. Der Teltowkanal ist eine Schiffhart-Südumgehung zwischen Dahme und Havel. Das (wenige) Wasser der Bäke fließt jetzt in den Teltowkanal, nachdem es auf Steglitzer Gebiet meist unterirdisch durch Rohrleitungen geführt wird.

 

Siehe zum Teltowkanal den Beitrag in diesem Blog:

Berliner Kanaldreieck

Link zum Beitrag

 

Der Park auf dem Fichtenberg ist nach Ruth Andreas-Friedrich benannt, eine in Berlin-Schöneberg geborene Schriftstellerin und NS-Widerstandskämpferin.
 

Friedrich Paulsen
Ein Denkmal erinnert an Friedrich Paulsen (7), Berliner Professor für Philosophie und Pädagogik und Vertreter der Reformpädagogik. Er war ein Verfechter des „modernen Gymnasiums“, in dem moderne Sprachen und Naturwissenschaften den alten Sprachen gleichberechtigt gegenüberstehen.


Vom Fichtenberg-Park gehen wir die Zeunepromenade, am Botanischen Garten entlang, zum Königin-Luise-Platz. Johann August Zeune war in Berlin Professor der Geographie und, was wohl bedeutender ist, der Gründer der ersten Blindenschule in Deutschland.
 

Die Blindenschule (Grundschule, Gymnasium, Berufsschule) ist seit 1877 in Steglitz an der Rothenburgstraße (neben der Rothenburg-Grundschule und dem Gymnasium Fichtenberg-Oberschule) und ist nach Zeune benannt. Auf dem Grundstück sind auch das Haus der Blindenwerkstatt und das Deutsche-Blinden-Museum.

 

Gegründet wurde die Blindenschule 1806 durch Johann August Zeune im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III.  Zeune hatte zuvor die erste europäische Blindenanstalt in Paris kennengelernt. Zunächst war die Blindenschule in Räumen in Berlin-Mitte untergebracht, bis sie 1877 in den Neubau in Steglitz (damals außerhalb Berlins) umzog.

 

Mit der Eröffnung der Schule in Steglitz wurde die angrenzende Straße nach Friedrich Ernst von Rothenburg benannt. Er war Domdechant in Kolberg und Stiftsherr in Halberstadt, war mit Zeuene befreundet und hat wohl darum sein Vermögen testamentarisch der Blindenanstalt vermacht.


Wasserturm
Die
Zeunenpromenade verläuft oberhalb des Botanischen Gartens und man hat einen guten Blick auf die Anlage, den Wasserturm (8) (der von eigenen Tiefbrunnen gespeist wird) und das Große Tropenhaus (8) (Eröffnet 1907, eines der größten freitragenden Gewächshäuser der Welt, im 2. Weltkrieg zerstört, in den 1960er Jahren wiederaufgebaut,  2009 Sanierung und Energieeinsparung um 50 %). Architekt beider und noch anderer Gebäude des Botanischen Gartens war der königliche Baurat Alfred Körner.
 

Über Alfred Körner ist im Internet nicht viel zu erfahren, außer, dass er auch Architekt des Rother-Stifts an der Kommandantenstraße in Lichterfelde-West war. Das auffallende Gebäude im Stil der Backsteingotik beherbergte entsprechend dem Stiftungszweck unverheiratete Töchter von Offizieren und Beamten im Alter. Der Stifter, Christian Rother, war Staatminister und Präsident der preußischen Seehandlungsgesellschaft, die später die Preußische Staatbank wurde. Eine interessante Einrichtung, über die ich im Zusammenhang mit den preußischen Schlössern im Hirschberger Tal berichte.

(Fahrt und Bericht im Herbst dieses Jahres: "Zu Gerhart Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal" in diesem Blog.) 


Tropenhaus im Botanischen Garten

Die Zeutenpromenade endet an der Königin-Luise-Straße. Wir gehen weiter zum Königin-Luise-Platz (benannt nach Königin Luise von Preußen), an dem einer der beiden Eingänge des Botanischen Gartens ist (der andere ist an der Straße unter den Eichen), und dort in die Altensteinstraße. Sie ist die nordwestliche Begrenzung des Botanischen Gartens.
 

Die Altensteinstraße ist nach Karl vom Stein zu Altenstein (1770 – 1840) benannt. Altenstein war preußischer Kultusminister in der Zeit von Hardenberg als Staatskanzler. Er unterstützte die Gründung der Gärtnerlehranstalt, was wohl zur Benennung der Straße zwischen der Lehranstalt und dem Botanischen Garten führte (s.u.).

Altenstein setzte die von Wilhelm von Humboldt initiierte Bildungsreform um, das humanistische Gymnasium und das mehrgliedrige Schulsystem (Grundschule und weiterführende Schulen).

Auf der anderen Straßenseite der Altensteinstraße ist ebenfalls ein Gartenkomplex, der etwa zur gleichen Zeit wie der Botanische Garten entstand. Es ist die „Königliche Gärtnerlehranstalt“, die 1903 vom Wildpark in Potsdam hierher verlegt wurde. Gegründet wurde die „Landesbaumschule und Gärtner-Lehranstalt1824 durch Peter Joseph Lenné als Mitglied der Königlichen Gartendirektion. Für die Potsdamer Garten- und Parklandschaften brauche er gut ausgebildete Gärtner. Erster Direktor war Lenné.

Aufgrund von Platzmangel wurde die Schule auf ein Grundstück zwischen der Königin-Luise-Straße und der Altensteinstraße verlegt, gegenüber dem neuen Botanischen Garten. Eingeweiht wurde die „Königliche Gärtnerlehranstalt in Dahlem bei Steglitz-Berlin“ durch dem preußischen Landwirtschaftsminister Victor von Podbielski.
 

Nach dem Landwirtschaftsminister ist die Podbielskiallee benannt, die in der Nähe des Königin-Luise-Platzes auf die Enlerallee stößt.


Die Gewächshäuser der Lehranstalt hat 2008 die „Königliche Gartenakademie(10), eine private Gärtnerei, übernommen und saniert. Eine große Auswahl auch seltener Pflanzen und Stauden ist dort zu sehen. Es macht Spaß, durch die Gewächshäuser und Beetanlagen zu gehen und ein Café haben sie auch. Die anderen Bereiche gehören zur Technischen Universität Berlin. In dem Institutsgebäude von 1903 ist das TU-Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie eingezogen.

Institutsgebäude von 1903.
Davor ist der wieder angelegte Rosen- und Staudengarten.

Im Anschluss an die Gartenakademie sind eine Reihe von Instituten der der Frei Universität Berlin: Zuse Institut, Institut für Informatik, Institut für Mathematik, Institut für Chemie und Biochemie.

 

Das Gebäude des Zuse Instituts
hinter dem historischen Rosen- und Staudengarten.

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