Die Schlösser der Loire
Tours und die
Schlösser Villandry und
Azay-le-Rideau
Juni
2025
Eine Fahrt mit Studiosus zu den Schlössern im
Tal der Loire und weiter nach Norden in die Ile-de-France vom
20. bis 29. Juni 2025.
Von unserer Reise, den Schlössern, Kathedralen, Städten und Landschaften berichte ich in Tagesabschnitten entsprechen dem Reiseverlauf:
(1) Metz – Nancy – Sancerre
(2)
Chambord – Cheverny – Blois
(3) Amboise –
Chenonceau
(4) Tours – Villandry – Azay-le-Rideau
(5) Chartres – Rambouillet – Versailles
(6) Fontainebleau – Troyes
Hier der vierte Bericht:
Tours – Villandry – Azay-le-Ridau
6.
Tag Mittwoch
25. Juni
Der
Tagesausflug
heute führt uns zunächst nach Tours, die Hauptstadt des Departements und
der historischen Provinz Touraine. Seinen Namen hat Touraine von dem
gallischen (keltischen) Stamm der Turonen, die hier vor den Römern siedelten.
Bekannt ist die Touraine für ihren Wein, den wir bei einem Picknick
probieren.
Der Weinbau in der Touraine reicht bis in das 4. Jahrhundert zurück.
Das ist nicht verwunderlich. Die Römer haben die Weinreben zwar nicht nach
Frankreich gebracht (das waren Griechen aus der Stadt Phokaia), den Weinanbau
aber ausgeweitet, nachdem sie zunächst italienische Weine in Amphoren über die
Rhone ins Land brachten.
Wir
sehen uns in Tours die
Fachwerkhäuser aus dem 15. Jahrhundert rund um den Place Plumerau an und
natürlich die beiden großen Kirchen, die Kathedrale Saint-Gatin und die Basilka
Saint-Martin. In der Markthalle holen wir uns Appetit für das angekündigt Picknick
vor der Weiterfahrt nach Villandry.
Tours
Kelten waren die ersten Bewohner. Dann kamen die Römer. Tours wurde (im Jahr 374) die Hauptstadt einer der drei römischen Provinzen in Gallien. Reste eines der größten Amphitheater des Römischen Reiches wurden hinter der heutigen Kathedrale gefunden. 100 Jahre später kamen Westgoten und ab 508 gehörte Tours zum Fränkischen Reich. Im 8. Jahrhundert versuchten die Mauren, die Stadt zu erobern, wurden aber von Karl Martell (der Großvater Karls des Großen) zurückgeschlagen. Mitte des 9. Jahrhunderts und noch einmal 50 Jahre später verwüsteten die Wikinger die Gegend. Danach kam die Grafschaft Tours zu den Grafen von Blois, wurde dann Teil des Angevinischen Reiches (Westfrankreich und England) und kam schließlich nach dem französisch-englischen Krieg (Mitte des 13. Jahrhunderts) zum Königreich Frankreich.
In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, also in römischer Zeit, wird der Heilige Gatianus erster Bischof von Tours.
Im Jahr 372 wird der Heilige Martin als dritter Bischof von Tours gewählt. In jungen Jahren war er Soldat der römischen Kaisergarde. Als er einem frierenden Bettler begegnete, teilte der seinen Soldatenmantel mit dem Schwert und gab ihm eine Hälfte. So die Erzählung. Am 11. November wird in den christlichen Kirchen an den Heiligen Sankt Martin erinnert. Es soll der Tag seiner Grablegung im Jahr 397 gewesen sein.
Heiliger Sankt Martin
Traditionell ziehen Kinder am St.
Martins Tag singend von Haus zu Haus und bitten um kleine Gaben, Obst,
Gebäck oder Süßigkeiten. Der Ursprung dieser Tradition soll aus dem Mittelalter
stammen. Am 11. November endete das bäuerliche Wirtschaftsjahr und die
Landarbeiter wurden während der Wintermonate entlassen und mussten in dieser
Zeit ohne festen Lohn auskommen. Um Lebensmittel für den Wintervorrat zu
erbitten, zogen die Kinder am Abend mit ihren Laternen aus Zuckerrüben von Haus
zu Haus und sangen Lieder über den Heiligen Martin von Tours.
Eine andere Tradition ist das Martinsgans-Essen
am 11. November. Auch sie hat mit dem Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahrs zu
tun. Abgaben, Zinsen und Steuern wurden bezahlt, oft auch in Naturalien und
oftmals mit Gänsen. Damit sie nicht durch den Winter gefüttert werden mussten,
wurden sie geschlachtet und am Martinstag gab es Gänsebraten. Wohl auch, weil
am 15. November die strenge Fastenzeit vor Weihnachten begann.
In evangelischen Kirchengemeinden wird der 10. November als Martinitag gefeiert, der Geburtstag von Martin Luther. Er wurde einen Tag später getauft, am Namenstag von Sankt Martin.
Im Jahr 1920 wurde in Tours die Kommunistische Partei Frankreichs gegründet.
Im 2. Weltkrieg wurde die Stadt wegen des strategisch wichtigen Loire-Übergangs stark zerstört.
Der historische Place Plumerau
Fachwerkhäuser und mittelalterliche Straßen im Stadtteil Saint-Martin. Der Platz ist 1888 nach dem Stadtrat Charles Plumerau benannt worden, weil er sein Erbe der Stadt zur Förderung der säkularen Schulen vermacht hatte. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, wurden die Fachwerkhäuser aus dem 13. bis 16. Jahrhundert in den 1960er Jahren nach dem Malraux-Gesetz saniert.
Kathedrale Saint-Gatien
Der Heilige Gatianus verbreitete im 3. Jahrhundert als erster Bischof von Tours das Christentum. 100 Jahre später wurde die erste Kirche gebaut. Um 1220/1230 wurde mit dem Bau der heutigen Kathedrale begonnen, die dem Heiligen Gatianus geweiht wurde. Sankt Martin, der dritte Bischof von Tours, ließ die Gebeine Bischofs Gatianus in die Kathedrale überführen.
Die Bleiglasfenster stammen aus dem 13. Jahrhundert, die Fensterrosen aus dem 14. bzw. 15. Jahrhundert.
In einem Marmorhochgrab sind sechs früh gestorbene Kinder Annes de Bretagne und Königs Karl VIII. begraben. König Karl VIII. starb mit 27 Jahren (er war mit dem Kopf gegen einen Balken gestoßen).
Basilika Saint-Martins
Als der Bischof von Tours, der spätere Heilige Martin, im Jahr 397 in Candes an der Loire starb, gelang es den Mönchen von Tours, den Leichnam nach Tours zu holen. Über seinem Grab in Tours wurde die Basilika Saint-Martin errichtet, im Mittelalter einer der größten Kirchenbauten Westeuropas. Der einsetzende Pilgerstrom förderte die Entwicklung von Tours. Tours war lange Zeit eine wichtige Metropole der Christenheit.
Die erste Basilika wurde im 9. Jahrhundert von einfallenden Normannen, wie alle anderen Kirchen der Stadt, niedergebrannt. Die Reliquie des Heiligen Martin war zuvor gesichert worden. Vom 10. bis zum 14. Jahrhundert wurde eine neue, größere Kirche gebaut. 1562 wurde die Kirche in dem ersten Hugenottenkrieg, ein Religionskrieg zwischen Protestanten und Katholiken, verwüstet und die Reliquien wurden verbrannt. Von dem Heiligen Sankt Martin konnte noch das Fragment eines Armes und des Kopfes gerettet werden.
In der Französischen Revolution wurde die Kirche ein Pferdestall. Ende des 18. Jahrhunderts stürzte ein Teil der Gewölbe ein und die Kirche musste abgerissen werden. Nur zwei Türme blieben erhalten. Um einen Wiederaufbau der Kirche zu verhindern, wurde eine Straße durch das Gelände gebaut.
1887 wurde mit dem Bau einer neuen Basilika auf einer Teilfläche des ehemaligen Kirchengebäudes begonnen, die 1925 geweiht wurde. In der Krypta befindet sich das Grab des Heiligen Martin.
Chateau de Tours
Der Ursprung ist eine königliche Burg aus dem 10. bis 13. Jahrhundert. Erhalten ist nur der 30 Meter hohe Wehrturm. Nachdem das Schloss im 15. Jahrhundert verlassen wurde, diente es als Steinbruch. Der Gouverneurs-Sitz neben dem Turm wurde im 15. Jahrhundert errichtet.
Rillets de Tours
Eine Spezialität sind Rilletts de Tours, ein
Brotaufstrich aus Schweinefleisch. Rilletts entstand im 15. Jahrhundert, um
Schweinfleisch länger haltbar zu machen. Das Schweinefleisch wird im eigenen
Fett unter Zugabe von Gewürzen und etwas lokalem Wein langsam gekocht, bis es
weich und faserig ist. Dann wird es zerkleinert und in einem Behälter mit Fett
aufbewahrt.
Rillettes kann man auch aus anderem
Fleisch machen, z.B. aus Ente. Wir machen auf Teneriffa jedes Jahr nach unserem
traditionellen Entenessen zu Weihnachten aus den Fleischresten en leckeres
Enten-Rillettes.
Cointreau
Aus der Nähe von Tours, Angers, kommt ein bekannter Likör, Cointreau. Seit vier Jahrhunderten übt hier die Familie Cointreau ihr traditionelles Handwerk aus. Gegründet wurde die erste Destillerie des Unternehmens 1849 unter dem Namen „Cointreau Frères". 1875 übernahm Edouard Cointreau Junior das damals noch kleine Unternehmen und erfand den heute so berühmten Likör und die markante eckige Flasche aus braunem Glas. Zur Weltausstellung 1878 konnte er seinen Likör erfolgreich in Paris präsentieren und wurde sogar mit einen Ersten Preis ausgezeichnet. 1885 ließ er aufgrund des zunehmenden Erfolgs den Namen Cointreau als Markennamen schützen.
Am Ende des Rundgangs stand die Markthalle von
Tours auf dem Programm. Eine große Auswahl an allen möglichen Käsesorten lag
hinter den Glasscheiben der Käsestände und es gab alles was es sonst auf
Märkten gibt. Eine kleine Auswahl nahm unser Reiseleiter für das Picknick in
der Nähe des Cher mit.
Weiterfahrt nach Villandry. Der Ort und das
Schloss liegen ein Stück hinter Tours, den Cher flussabwärts, kurz vor seiner
Mündung in die Loire.
Schloss Villandry
Chàteau de Villandry wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von dem Finanzminister von König Franz I., Jean Le Breton, auf den Grundmauern der Festung Colombie aus dem 12. Jahrhundert in der Nähe der Mündung der Cher in die Loire gebaut. Er ließ die mittelalterliche Festung abreißen. Nur der Bergfried blieb stehen und wurde in den Schlossbau einbezogen.
Das Schloss mit einem großen Garten ist eines der letzten im Renaissancestil errichteten Schlösser an der Loire. Mehrfach wechselte es den Besitzer. Einer von ihnen war ein Bruder Napoleons, Jerome Bonaparte.
Im Jahr 1906 kaufte Joachim Carvallo das heruntergekommene Schloss, sanierte es und ließ den Garten im Stil des 16. Jahrhunderts neu anlegen
Heute kümmert sich der Enkel des Ehepaars Carvallo um das Schloss, das seit 1920 für die Öffentlichkeit geöffnet ist.
Die
Gartenanlage im Stil der Renaissance ist bedeutend. Nach alten Stichen
und Plänen wurden die Gärten auf drei Ebenen rekonstruiert, Sonnengarten, darunter
eine Terrassenanlage mit dem Belvedere, Ziergärten und Küchengarten, etwas
tiefergelegen ein Wassergarten.
Nur
gut 10 Kilometer Busfahrt ist es von Villandry zum nächsten Schloss,
Azay-le-Rideau.
Schloss Azay-le-Rideau
Das Wasserschloss steht auf einer Insel in der Indre.
Richard Löwenherz hatte von seinem Vater den Titel des Herzogs von Aquitanien (Südwest-Frankreich) erhalten, die Hälfte der Einnahmen aus den Ländereien und zwei Residenzen. Nach Streitigkeiten befürchtete er, enterbt zu werden und verbündete sich mit dem Französischen Königs Phillip II. gegen seinen Vater. Es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Heinrich II. unterlag und musste Richard Löwenherz als Alleinerben einsetzen. Zwei Tage später starb Heinrich II.
Die Indre ist ein Nebenfluss der Loire. Im Mittelalter befand sich die Burg des Ritters Ridel d’Azay auf der Flussinsel. Sie diente dem Schutz bzw. der Kontrolle der Flussdurchfahrt.
Anfang
des 16. Jahrhunderts wurde ein Schloss an der Stelle der inzwischen
abgetragenen Burg errichtet. Ein Jahrhundert zuvor (1418) war die Burg von dem späteren
französischen König Karl VII. niedergebrannt worden. Der Anlass soll eine
Beleidigung durch die Soldaten der Burg-Garnison gewesen sein. Karl ließ die
gesamte Mannschaft (350 Mann) hinrichten und die Burg schleifen.
Gilles Berthelot, Bürgermeister von Tours und Schatzmeister Königs Franz I. ließ das Schloss von 1518 bis 1523 bauen. Nach einem Unterschlagungsskandal beschlagnahmte der französische König das unvollendete Schloss. In den folgenden Jahrhunderten folgten mehrere Eigentümer.
Letzter
Eigentümer war Charles de
Biencourt (1747-1824).
1789 wurde er als Abgeordneter des Adels in die Versammlung der Generalstände
gewählt. Er schloss sich als einer der ersten des Adelsstandes dem Dritten
Stand der Generalversammlung an und stimmte für die Einberufung einer
verfassunggebenden Nationalversammlung.
Die
Generalstände waren in
Frankreich die Versammlung der Vertreter des Klerus, des Adels und des Dritten
Standes (Bürger, Handwerker, freie Bauern). Sie wurden erstmals 1302 und
letztmals 1789 einberufen. Sie hatten zunächst nur eine beratende Funktion,
konnten später die Genehmigung von Steuererhöhungen durch den König
durchsetzen.
König Ludwig
XVI. hatte die Generalstände 1789 erstmals seit 1614 einberufen um seine
Finanznot durch eine Steuererhöhung zu beheben. Es sollten auch die letzten
Generalstände werden. Die Versammlung der Generalstände entglitt seiner
Kontrolle. Der Dritte Stand, dem sich Vertreter des Adels und des Klerus
anschlossen, erklärte sich zu einer Nationalversammlung. Diese
Nationalversammlung regierte das Land im Rahmen einer konstitutionellen
Monarchie bis 1792. In dieser Zeit begann die Französische Revolution. 1789 war
der Sturm auf die Bastille. Der König wurde gezwungen, von Versailles nach
Paris umzuziehen. Die Nationalversammlung schaffte die Privilegien des Adels
und des Klerus ab.
Biencourt ließ 1810 die Wiesen neben dem Schloss trockenlegen und einen englischen Landschaftspark angelegen.
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