Radreise Berlin – Verona

Juni 2017

(5) Vom Inn bis zum Brenner


11. Tagestour Jenbach bis Innsbruck         
Samstag 17. Juni                                   
Hotel Best Western Goldener Adler in Innsbruck

Die Strecke:
JenbachRadweg München Venedig – Inntal -  Schwaz -  Terfens – Wattens – Hall – Innsbruck.
 44 km, 2,5 Stunden,  50 m Aufstieg, 14 m Abstieg.

Ab Jenbach im Inntal bis Innsbruck, der Landeshauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol.

Der Inn entspringt im Schweizer Engadin und mündet in Passau in die Donau. Dazwischen passiert er Innsbruck, Kufstein, Rosenheim und Wasserburg. In früherer Zeit war der Inn bis Hall schiffbar. Transportiert wurden Salz und Erze. Mit dem Bau der Eisenbahn (Jahr 1858) endete die Schifffahrt.

Bundesland Tirol, Österreich: Das Bundesland Tirol umfasst den nördlichen und östlichen Teil der historischen Alpenregion Tirol nördlich des Brenners (der südliche Teil ist Südtirol und Trient). Die Landeshauptstadt ist Innsbruck. Der wichtigste Wirtschaftssektor ist der Tourismus. 740.000 Einwohner (2016).
BIP Tirol 136 %  (EU 100 %, Österreich 128 %, Deutschland 124 %).

Heute, am ehem. Feiertag zur Erinnerung an den Aufstand in der DDR am 17. Juni 1953, hatten wir eine Spazierfahrt immer am Inn entlang. Es war die Ruhe-Pause vor dem Brenner-Anstieg an den nächsten zwei Tagen.

Pfarrkirche Mariahimmelfahrt 
Abstecher in den Ort Schwaz. Die reich ausgestattete Kirche lässt den früheren Reichtum erahnen.

Schwaz war einst eine der größten Silbergruben Europas (15. und 16. Jh.). Die Silbervorkommen machten die Habsburger und die Fugger reich.

1492 (in dem Jahr entdeckte Columbus Amerika) schürften 4.000 Knappen Silber und Kupfer in den Bergen von Schwaz. Zwischen 1470 und 1500 wurden 1 Million kg Silber aus dem Berg geholt. Die Produktion stieg in den nächsten Jahren weiter an. 

Die Habsburger Dynastie brauchte Geld, um ihre Schulden zu bezahlen (Allein die Wahl Karl V zum Deutschen König (1519) wurde von den Fuggern mit 543.000 Gulden finanziert, die an die Kurfürsten gingen). 250 Stollen und 20 Schmelzwerke wurden betrieben. 1515 hatte Schwaz schon 20.000 Einwohner (München im Jahr 1500 13.447 Einwohner).

Bereits in der Bronzezeit  wurde im 13. – 9. Jh. v.Chr. in den Bergen Kupfer abgebaut, das man zusammen mit Zinn für die Bronzeherstellung benötigt. Der Niedergang des Silberbergbaus begann, als im 16. Jh. billigeres Silber aus Amerika nach Europa kam und endete in der 1. Hälfte des 19. Jh..

Innsbruck ist nicht mehr weit. Trotzdem fahren wir nach Hall hinein. Wir haben ja Zeit. Ein nettes, kleines Städtchen. Unsere Frauen waren auch schon da.

In Hall wurde seit dem 13. Jh. (bis 1967) Salz durch Auslaugen (das Salz  wird mittels Wasser gelöst) gewonnen und gesiedet (die Salzsole wurde auf Holzfeuern eingedampft).
Im 15. Jh. verlegten die Tiroler Herzöge ihre Münzprägung von Meran in die befestigte  Stadt Hall, in die Nähe der  Silberminen von Schwaz.

Dann Innsbruck. Wir wohnen in einem Traditions-Hotel. Ein gut geführtes Familienhotel. Stolz weist der „Goldene Adler“ auf seine hochherrschaftlichen Gäste hin. Von 1545 („König von Tunis mit vier Begleitern“ und „ Herzog Albrecht  V. von Bayern“) bis 1999 („Sultan Hamengku Buwono X“ – d.i. ein Sultanat auf Java, Indonesien) reichen die Eintragungen auf den Marmortafeln am Hoteleingang.

Altes Rathaus
Gleich neben dem Hotel ist das Alte Rathaus.
Als die Amtsgeschäfte der Stadtverwaltung nicht mehr in der Wohnung des Bürgermeisters abgewickelt werden konnten,  wurde ein Bürgerhaus angekauft und zum ersten Rathaus der Stadt umgebaut (1358), später erweitert und mit dem Stadtturm versehen. Bis 1887 wurde das Rathaus genutzt. Wie viele Rathäuser im deutschsprachigen Raum war das Rathaus dreigeteilt. Im Erdgeschoss waren eine Kaufhalle und die Brotbank (die Bäcker mussten ihr Brot hier zu festen Preisen verkaufen, nachdem Gewicht und Qualität geprüft wurden). Im Obergeschoss befanden sich die Ratsstube und die Verwaltung. Im zweiten Obergeschoss lag der repräsentative Bürgersaal.

Wir gehen durch die Stadt, sehen natürlich das Goldene Dachl. Ein Prunkerker von 1500 an der Residenz der Tiroler Landesfürsten. Der Name kommt von den feuervergoldeten Kupferschindeln.

Vor dem Erker wurde Jakob Hutter 1536 lebendig verbrannt. Er war Führer des Tiroler Täufertums, eine radikalreformatorische Bewegung, die bekämpft wurde.  Zu den Täufern gehören heute die Hutterer, Mennoniten und Amischen.

Die Innsbrucker St. Jakob-Kirche, der heutige Dom, bestand wohl schon im 12. Jh..  Allerdings war sie nur eine Filialkirche (Nebenkirche) von Wilten, ein heute nach Innsbruck eingemeindeter Ort. 

Das Gebiet um Wilten und Bergisel war schon um 1.000 v. Chr. besiedelt. Die Römer bauten hier ein Kastell und die Siedlung Veldidena. Anfang des 12. Jh. wurde vom Brixener Bischof das Prämonstratenser Stift Wilten gegründet, dem das ganze Gebiet bis zum Inn gehörte. Die Andechser Grafen hatten auf dem linken Innufer eine Marktsiedlung an einer Brücke über den Inn. Durch Tausch erwarben sie das Gebiet der heutigen Altstadt und gründeten 1180 Innsbruck.

1653 wurde St. Jakob eine selbständige Gemeinde. Bekannt ist das Gnadenbild Mariahilf von Lucas Cranach d.Ä. (Cranach war zu Luthers Zeit in Wittenberg, s. 1. Teil). Es wurde das Motiv für Marienbilder im gesamten Alpenraum. Gemalt hatte Cranach das Bild für den Sächsischen Hof. Der österreichische Erzherzog erhielt es als Gastgeschenk.  Er nahm es zunächst mit nach Passau (dort war er Bischof) und um 1650 kam es in die Pfarrkirche in Innsbruck (als er Tiroler Landesfürst wurde).
1964 wurde die Pfarrkirche Dom, als die Diözese Innsbruck entstand.

In der Hofkirche
Die Hofkirche sollte die Grabeskirche für den österreichischen Kaiser Maximilian I. werden. Das Hochgrab wird von überlebensgroßen Bronzestatuen flankiert, die die Verwandtschaft abbilden. Allerdings ist das Prunkgrabmal leer geblieben. Maximilian ließ sich in der Burg der Wiener Neustadt begraben. Dafür sind der Tiroler Freiheitskämpfer Andreas Hofer und einige Mitstreiter in der Kirche begraben.

Die Annasäule in der Maria-Theresia-Straße erinnert an die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Österreich und Bayern. Am Annatag (26. Juli 1703) waren die letzten bayrischen Soldaten aus Tirol vertrieben worden,  die im Spanischen Erbfolgekrieg Tirol besetzt.

Der Erbfolgekrieg (1701 – 1714) entstand, als der letzte Habsburger auf dem spanischen Thron kinderlos starb. Er hatte einen Bourbonen-Prinzen als Erbe eingesetzt. Das wollte das Haus Habsburg nicht anerkennen. Der Streit wurde militärisch ausgefochten. Bayern kämpfte an der Seite Frankreichs. Durchgesetzt haben sich die Franzosen und der französische Prinz begründete die Bourbonen-Linie der spanischen Könige, die bis heute besteht. In Folge des Krieges eroberte Großbritannien Gibraltar. Die Habsburger bekamen die ehem. spanischen Niederlande.

Etwa ein halbes Jahrhundert später (1765) wurde in der Maria-Theresia-Straße die Triumphpforte gebaut. Anlass war die Hochzeit des Sohns von Kaiserin Maria Theresia mit einer spanischen Prinzessin (die Enkelin des ersten spanischen Bourbonen-Königs). Im gleichen Jahr starb Maria-Theresias Mann. Eine Seite des Triumphbogens  erhielt darum Trauermotive.

Berg Igls Skischanze
Weit oben am Bergisel, von der Maria-Theresia-Straße zu sehen,   ist die Olympia –Skischanze zu sehen. Am nächsten Tag sahen wir sie von Nahem, nach einem kräftigen Anstieg aus Innsbruck hinaus.

Innsbruck ist Hauptstadt des österreichischen Bundeslandes Tirol. Universitätsstadt.

Archäologische Funde zeigen, dass das Innsbrucker Becken seit über 3000 Jahren besiedelt ist.  Die Römer legten hier die Militärstation Veldidena an. Unter Karl dem Großen kam Innsbruck mit Bayern zum Frankenreich (787).  Danach war es Teil des neu gegründeten Herzogtums Bayern (1180).  1363 ging Innsbruck mit Tirol an Österreich. Bis zur Teilung Tirols nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Innsbruck zur Diözese Brixen.

Ursprung der Stadt Innsbruck ist die Errichtung eines Marktes und der Bau der Innbrücke. Der Handelsverkehr über die Alpen brachte der Stadt Zolleinnahmen und Reichtum. Die römische Brennerstraße Via Raetia war bereits um 1300 befestigt und mit Wagen befahrbar (als Saumpfad bestand sie schon früher). Sie führte von Augsburg über Partenkirchen, den Seefelder Sattel nach Innsbruck und von dort über Matrei, Brenner, Sterzing, Trens, Mittewald, Franzensfeste, Brixen, Klausen, Bozen, Neumarkt, Trient, Ala bis nach Verona.  Der andere Alpenübergang, die Via Claudia Augusta über den Reschenpass, war zu der Zeit nur mit Saumtieren begehbar.

Residenzstadt der Herzöge von Österreich wurde Innsbruck 1420 und war es bis 1665, als die Tiroler Linie der Habsburger ausstarb. Der Habsburger Kaiser Leopold I  übernahm auch die Regierung Tirols – von Wien aus.
Nach dem 2. Weltkrieg war Innsbruck mit Tirol französische Besatzungszone. Auch Österreich und die Hauptstadt Wien waren unter vier Siegermächten aufgeteilt.


12. Tagestour Innsbruck bis Steinach             
Sonntag 18. Juni                                   
Aktivhotel zur Rose in Steinach                                                     

Die Strecke:
InnsbruckRadweg München Venedig - Igler Str. – Vill – Igls – Patsch – Mühlbachl – Matrei – Steinach am Brenner – Steinach.
  30 km, 2 Stunden,  665 m Aufstieg, 191 m Abstieg.


Von Innsbruck hoch zum Brenner, im Tal der Sill, deren Quelle östlich des Brenners in den Zillertaler Alpen entspringt. In dem Tal verlief auch die Via Raetia, die alte Römerstraße. Ab Innsbruck war das auch unsere Radroute.

Von Innsbruck bis nach Steinach am Brenner waren es nur 30 km. Mit Pausen haben wir auch nur 3 Std. gebraucht. Weit weniger als ich geplant hatte. Aber die hatten es in sich. Es begann mit einer Schiebestrecke und starkem Anstieg bis zum Ort Igls. Mit dem E-Bike war das einigermaßen zu schaffen, Eckhard dagegen musste richtig kämpfen. Aber er hat das und die ganze Tour gut geschafft. Ganz nahe an der  Skischanze Bergisel vorbei, die wir schon von Innsbruck aus sehen konnten. Die Schanze wurde 1933 für die Nordischen Skiweltmeisterschaften gebaut. Die Skispringen der Olympischen Winterspiele 1964 und 1976 fanden hier statt.

An der Römerstraße

Wir sind die alte Römerstraße hoch über dem Tal gefahren. Unter uns waren die alten Brennerstraße und die Brenner-Autobahn. Herrliche Ausblicke auf eine herrliche Berglandschaft. Aber natürlich  immer wieder Tal- und Bergfahrten.

Vor Matrei mussten wir auf die Brennerstraße. Viel Verkehr. Gut, dass wir nicht die ganze Strecke auf dieser Straße gefahren sind. Ursprünglich wollte ich auf dieser Route fahren. Auch gut, dass wir die Übernachtung erst im nächsten Ort gebucht hatten.  Matrei war nicht gerade schön.

Das Hotel zur Rose in Steinach war wie das in Innsbruck ein gut geführter Familienbetrieb. In der 6. Generation, wie uns die Senior-Chefin stolz berichtete. Einen großen Einschnitt habe der Ort erlebt, als 1868 die Eisenbahnstrecke gebaut wurde, erzählte sie uns. Bis dahin sei jedes 2. Haus ein Gasthof mit Pferdeställen gewesen. Dann verlagerte sich der Personen- und Güterverkehr auf die Schiene. Viele der Gasthöfe mussten aufgeben. Ein zweiter Einschnitt war dann die Fertigstellung der Brenner-Autobahn, die die alte Brennerstraße ablöste.

Zurzeit wird an der Untertunnelung des Brennerpasses gearbeitet. Der Hotelchef hatte in der Gaststube Kernbohrungen des Brenner-Basistunnels ausgestellt. Eine Ausstellung „Tunnelwelten“ in Steinach gibt Einblicke in das größte Tunnel-Bauprojekt Europas (so das Infocenter des österreichisch-italienischen Gemeinschaftsprojektes).  Zusammen mit den unterirdischen Umfahrungen von Innsbruck wird der Tunnel bis Franzensfeste eine Länge von 64 km haben.  Der Eisenbahntunnel für den Personen- und Güterverkehr soll 2025 fertiggestellt sein. Mehrere Baustellen und Unterkünfte der Tunnel-Arbeiter waren unterwegs zu sehen.

Das Wetter war gut und wir hatten den ganzen Nachmittag Zeit. Kurz entschlossen fuhren wir mit der Seilbahn auf die Bergeralm oberhalb von Steinach. Im Winter ein Ski-Gebiet. Jetzt im Sommer ein Ausflugsort für Familien  – und Baustelle für eine weitere Seilbahn.

Unterwegs waren Hinweise auf das Wipptal aufgefallen. Was sollte das sein? Jetzt bei der Nachbearbeitung der Reise habe ich nachgeschaut. 
Als Wipptal werden das Tal der Still von Innsbruck bis zum Brenner und das Tal der Eisack bis Franzensfeste zusammengefasst, obwohl der Brenner dazwischen liegt. Dieses Gebiet war in früherer Zeit eine kulturelle und politische Einheit innerhalb des Bistums Brixen und der Grafschaft Tirol. Erst durch den 1. Weltkrieg und die Grenzziehung über den Brenner wurde die Region geteilt. Die Bezeichnung des Doppeltals geht auf die römische Siedlung Vibidenum in der Nähe der heutigen Stadt Sterzing zurück.

Matrei war im Römischen Reich die Straßenstation Matreium an der Via Raetia.
Straßenstationen wurden von Kaiser Augustus 20. v.Chr. errichtet, um Informationen  zwischen Rom und den Provinzen schneller auszutauschen.
Das hatte das Persische Reich bereits im 5. Jh. v.Chr. eingeführt. Der lat. Name Station stammt vom persischen Statmoi.
Zunächst wurden die Nachrichten durch Läufer, danach durch berittene Boten weitergetragen. Später kamen Rasthäuser für Reisende hinzu. In römischer Zeit wurden etwa alle 15 km Pferdewechselstationen und alle 40 km Rasthäuser eingerichtet
           
In Steinach haben wir übernachtet. Der klassische Übernachtungsort der Brenneroute ist aber Gries am Brenner. Hier haben Karl der Große, Goethe und Mozart auf ihrem Weg über den Brenner übernachtet.


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