Radtour zum Olympiagelände
15. September 2018
Am
Samstag des Berlin-Marathon-Wochenendes sind Brigitte, Wolfgang und ich eine
Runde mit unseren E-Bikes geradelt. Start und Ziel war die Drakestraße in Lichterfelde-West.
Die Strecke: Drakestraße – Teltowkanal – Mauerweg – Havel – Grunewald - Olympiagelände
– Messe – Wilder Eber – Drakestraße.
61 Kilometer.
Die
Erläuterungen stammen meist aus Wikipedia- Artikeln im Internet, ohne Zitierung im Einzelnen
Die Drakestraße -
Namensgeber ist der
Schöpfer der „Goldelse“
Die Drakestraße, an der wir in Berlin
wohnen, ist nach dem Berliner Bildhauer
Friedrich Drake (1805 – 1882) benannt (nicht nach dem englischen Freibeuter
Francis Drake). Er schuf u.a. die Bronzeskulptur
der Viktoria auf der Berliner Siegessäule auf dem Großen Stern. Im
Volksmund wird sie wegen der Vergoldung nach einem Romantitel von 1866 Goldelse genannt.
Die Skulptur soll die Züge der
preußischen Kronprinzessin Victoria von Preußen haben (Tochter der britischen
Königen Victoria und Albert von Sachsen-Coburg und Gotha). Sie heiratete 1858
den späteren Kaiser Friedrich III. (der 1899 Kaiser wurde und im gleichen Jahr
starb, 99-Tage-Kaiser).
Viktoria ist die Siegesgöttin in der römischen Mythologie. Darum wurde sie
auch als Symbol für die Krönung der Siegessäule
genommen, die 1873 als Nationaldenkmal der Einigungskriege errichtet
wurde (Deutsch-Dänischer Krieg 1864, Deutscher Krieg Preußen gegen Österreich
1866, Deutsch-Französischer Krieg 1870/71 – danach entstand auf Betreiben
Bismarcks das preußisch dominierte deutsche Kaiserreich).
Die Siegessäule wurde zunächst
auf dem Königsplatz (heute vor
dem Reichstag) aufgestellt und im 3. Reich auf den Großen Stern versetzt. Eingearbeitet
wurden drei Ringe mit 60 in den Kriegen erbeuteten,
vergoldeten Kanonenrohren (der Ring mit Girlanden kam erst bei ihrer Umsetzung
auf den Großen Stern dazu).
Hauptstraße der neuen Villenkolonie Lichterfelde
Die Drakestraße
wurde 1866 als Hauptstraße der neuen Villenkolonie
Lichterfelde angelegt und nach dem Berliner Bildhauer Drake benannt. Die Namensgebung erfolgte also schon zu
Lebzeiten Drakes. Vielleicht wollte der Grundstücksentwickler mit dem damals berühmten Namen für den
Verkauf der Villengrundstücke werben?
Ab 1865 wurde
die Villenkolonie als eine der ersten im Deutschen Reich von Wilhelm von Carstenn entwickelt. Lichterfelde
lag damals am Rande von Berlin im Landkreis Teltow. Erst mit der Bildung von
Groß Berlin 1920 wurde Lichterfelde eingemeindet. Heute ist Lichterfelde ein
Ortsteil im Bezirk Steglitz-Zehlendorf.
In der Zeit
vor der Jahrhundertwende entstanden eine
Reihe solcher Villenkolonien, so die „Villencolonie Alsen“ im Berliner Ortsteil
Wannsee (Entwickler war Wilhelm Conrad), die „Villenkolonie Neubabelsberg“ am
Griebnitzsee (nach 1900). In Hamburg-Wandsbek entstand der Villenvorort „Marienthal“
(auch von Carstenn), in Dresden die „Colonie Weißer Hirsch“, in Köln die
Villenkolonie „Marienburg“, in München mehrere Villengebiete (u.a. Neu-Pasing I und II, Neuwittelsbach, Prinz-Ludwig-Höhe).
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Bahnhof Lichterfelde-West von 1870 |
Der Hamburger
Unternehmer Johann Wilhelm Carstenn
hatte zunächst die Villenkolonie
Marienthal bei Hamburg-Wandsbeck angelegt. Aus den Gewinnen kaufte er 1865 die
verschuldeten Rittergüter Lichterfelde und Giesendorf bei Berlin und entwickelte sie als Villenkolonie Lichterfelde (daneben
erwarb er auch die Rittergüter
Wilmersdorf und Friedenau). Zur Erschließung des Gebietes baute er neben den
Straßen auch die S-Bahnhöfe Lichterfelde-West (an der Bahnstrecke Berlin –
Magdeburg) und Lichterfelde-Ost (an der Bahnstrecke Berlin – Halle). Vom
Bahnhof Lichterfelde-Ost bis zur Baustelle der Hauptkadettenanstalt (s.u) wurde
1881 die erste elektrisch betriebene
Straßenbahn der Welt von Siemens & Halske eröffnet, später bis zum
Bahnhof Lichterfelde-West erweitert. Eine Linie wurde über die Drakestraße
geführt. Die Straßenbahnen gibt es heute nicht mehr in Lichterfelde. Der
Betrieb wurde 1930 während der Weltwirtschaftskrise eingestellt.
Um den
Grundstücksabsatz zu fördern (Ansiedlung von Offizieren und Beamten), überließ
Carstenn dem preußischen Staat die Grundstücke für den Neubau einer Hauptkadettenanstalt in der heutigen
Finckensteinallee und für den Bau der Kaserne des preußischen Gardeschützenbataillons am heutigen
Gardeschützenweg (heute Bundesnachrichtendienst, der aber gerade in einen
Neubau in Berlin-Mitte umzieht).
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Gedenkstein am Kadettenweg für das Königlich Preußische Kadettenkorps |
Die Hauptkadettenanstalt
war ein Realgymnasium mit Ausbildung zum Fähnrich. Realgymnasien waren
neusprachliche und naturwissenschaftliche Gymnasien als Alternative zu den bis
dahin vorherrschenden altsprachlichen Gymnasien.
Die Hauptkadettenanstalt wurde 1920 aufgrund
des Versailler Vertrages geschlossen und in ein Realgymnasium mit
Abitur-Abschluss umgewandelt. Ab 1933 zogen SA- und SS-Einheiten (Leibstandarte
Adolf Hitler) in die wieder militärisch genutzten Gebäude ein.
1945 übernahmen die US-Streitkräfte die
Kaserne. Nach Abzug der Alliierten aus Berlin 1994 wird das Gelände vom
Bundesarchiv genutzt.
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Johanniskirche an der Ringstraße war die dritte Großkirche in der Villenkolonie (1914)
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Auf dem Hof der Kaserne stand bis 1945 der
bronzene Idstedt-Löwe.
1862 wurde
das Löwen-Denkmal im dänischen Flensburg aufgestellt, zur Erinnerung an den
dänischen Sieg über aufständische Schleswig-Holsteiner in der Schlacht von
Idstedt.
Nach dem von Preußen gewonnenen deutsch-dänischen Krieg (1. Krieg der
Einigungskriege) brachte Preußen den Löwen nach Berlin. 1945 kam er nach Kopenhagen und seit 2011 ist er wieder in Flensburg aufgestellt.
Eine Kopie
des Idsedt-Löwen ließ der Bankier Wilhelm Conrad (ein weiterer
Grundstücksentwickler, s. u.) am Ufer des Großen Wannsees als Erkennungszeichen
für seine 1863 gegründete Sommervillenkolonie Alsen (u.a. gehört die
Liebermann-Villa dazu) aufstellen.
Eine der ersten Villen war das Haus
von Friedrich Drake in der heutigen Karwendelstraße.
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Ermisch-Haus am damaligen Westbazar von 1895 |
Carstenn
bezog das umgebaute Gutshaus Lichterfelde. Dort ist heute das
Nachbarschaftsheim am Hindenburg-damm.
Die Villen
der Kolonie spiegeln die unterschiedlichen Stilrichtungen
des Historismus (Neoromanik, Neugotik)
und des Jugendstils wider.
Burgenähnliche Villen im Tudorstil baute der Bruder des Flugpioniers Otto
Lilienthals.
Mit dem Bau
des Bahnhofs Lichterfelde-West (im
Stil einer toskanischen Villa) erfolgte auch der Bau des Einkaufsviertels am
S-Bahnhof (damals der Westbazar), so das Ermisch-Haus an der Ecke Curtiusstraße/Baseler Straße.
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Haus der Rother-Stiftung in der
Kommandantenstraße (1898) |
An der
Kommandantenstraße/ Ecke Friedrichstraße ((9-12)) wurde 1898 im Stil der Backsteingotik das
Haus der Rother-Stiftung als
Altenheim für unverheiratete Töchter von Offizieren und Beamten eröffnet (das
Haus gehört seit 2007 der Wohnungsgenossenschaft Beamten-Wohnungs-Verein).
Der
Baumbestand und die (manchmal recht holprige) Straßenpflasterung sind noch
weitgehend erhalten.
Carstenn erhielt für
seine Verdienste von Kaiser Wilhelm I. den Adelstitel „von
Carstenn-Lichterfelde“. Schließlich hatte er erhebliche finanzielle Mittel für
den Bau der preußischen Hauptkadettenanstalt aufgebracht. Damit hatte er sich
aber wohl übernommen. Er starb 1896
verarmt in einer Nervenheilanstalt im heutigen Berliner Ortsteil
Schöneberg.
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Haus von Gustav Lilienthal in der Martha-Straße (1894),
Bruder des Flugpioniers Otto Lilienthal.
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Am Teltowkanal fahren wir entlang nach
Westen. Vorbei am Heizkraftwerk Lichterfelde (auf der anderen Kanalseite) bis
zur Grenze zwischen Berlin und Brandenburg.
Hier beginnen der Mauerweg und
die frühere innerdeutsche Grenze. Aus Süden kommend verläuft sie Richtung
Westen in der Mitte des Teltowkanals. Würden wir hier dem Mauerweg nach Süden
folgen, kämen wir an der Kirschblütenallee vorbei, mit über 1.000 von Japanern
gespendeten Bäumen (vom japanischen TV Sender Asahi gesammelt). Wir aber radeln
auf dem Mauerweg Richtung Westen.
Der Teltowkanal - Ein weitsichtiger Landrat
Der Teltowkanal
ist zum Teil in dem Bachbett der Bäke (die Quelle ist am Fichtenberg
östlich des Botanischen Gartens) angelegt worden, die früher auch Telte hieß,
wovon die Bezeichnung Teltow-Kanal abgeleitet ist.
Gebaut wurde der
Teltow-Kanal ab 1900, 1906 in Betrieb genommen. Er verkürzte den
Schiffsverkehr zwischen Elbe und Oder. Zeitweise waren bis zu 2.500 Arbeiter
beschäftigt, die Hälfte aus Osteuropa (schon damals gab es Gastarbeiter).
Die Initiative ging
von dem Teltower Landrat von Stubenrauch aus (in unserer
Wohnungsnähe ist die „Stubenrauch-Straße“). Er
verbesserte weitsichtig die Infrastruktur des Brandenburger
Landkreises. Die Stadt Teltow entwickelte
sich von einer Ackerbürgerstadt zu einer Industriestadt. Weil er eine für
Immobilienverwerter ungünstige Bauordnung erlassen hatte (Gebäudehöhe und
Gebäudedichte wurden beschränkt), wurde er auf Druck von deren Lobby vom
preußischen Oberpräsidenten entlassen, der die Bauordnung nach vier Tagen als
unwirksam erklärte. Ein Jahr später wurde von Stubenrauch aber vom Kreistag
bestätigt und die Bauordnung wieder in Kraft gesetzt. An der Ringstraße in
Lichterfelde (das gehörte damals zum Landkreis Teltow) ist die Begrenzung durch
die Bauordnung noch gut zu erkennen.
Weil der Kanal für
den verstärkten Schiffsverkehr unterbemessen war (der Verkehr entwickelte sich
stärker als vorhergesehen – ein Trost für die Planer des Berlin Flughafens BER
(?), der, obwohl noch immer nicht in Betrieb, schon zu klein ist), mussten die
Frachtkähne schon bald zur Schonung der Ufer mit elektrischen Treidellokomotiven
gezogen werden (das war modern, früher wurden die Kähne von Pferden gezogen,
auch von Menschen). Eine der Lokomotiven steht als Denkmal an der Brücke der Drakestraße
über den Teltow-Kanal. Zum Kanal gehört die ebenfalls 1906 eröffnete, heute denkmalgeschützte
Schleuse in Kleinmachnow.
Berliner Mauerweg – Erinnerung an die deutsche
Teilung
Das war eine
gute Idee, den damals trennenden Grenzstreifen um Westberlin als einen
verbindenden Weg zu erhalten. Auf Initiative von Bündnis 90/Die Grünen,
insbesondere von Michael Cramer (heute Europaabgeordneter), wurde der Mauerweg von 2002 bis 2006 vom Berliner
Senat angelegt. Über weite Strecken ist er gut ausgebaut, es gibt aber noch
einige Teile, insbesondere im Bereich des Landes Brandenburg, die nicht gut
befahrbar sind.
Der Berliner
Mauerweg führt über rund 160 Kilometer um West-Berlin herum. In den meisten
Abschnitten verläuft die Rad- und Wanderroute auf dem ehemaligen Kolonnenweg,
den die DDR-Grenztruppen für ihre Kontrollfahrten
angelegt hatten. Zwischen dem Kolonnenweg und der Grenze befand sich der
Kontrollstreifen und die Grenzmauer bzw. der Grenzzaun.
Wir
fahren den Mauerweg am Kanal entlang
bis zur Stadtgrenze von Teltow (Land
Brandenburg), vorbei an Wiesen und Pferdekoppeln.
Einst angepflanzt, um zu verfaulen
Bekannt sind
die Teltower Rübchen, die hier seit
300 Jahren angebaut werden. Ursprünglich stammen die Rübchen aus Polen und
Finnland, wo sie als Gemüse angebaut wurden.
In Brandenburg
und Pommern wurden die Rübchen von Friedrich dem Großen 1770 eingeführt. Nach
der Methode eines englischen Landwirts ließ er die Rübchen auf sandigen Feldern
pflanzen und verfaulen. Danach wurden Klee und Futterkräuter für das Vieh
ausgesät. Dadurch war auf den sandigen Böden eine Viehhaltung möglich.
Heute werden
die Teltower Rübchen rund um Teltow wieder als Gemüse angebaut.
Dann
biegen wir, entsprechend dem Grenzverlauf, nach Norden in den Buschgraben ein (eine eiszeitliche
Wasserrinne vom Grunewald bis zum Bäketal). Wir wenden uns wieder nach Westen
und fahren durch eine Stadtrandsiedlung, die damals am Rand des Mauerstreifens
lag. Links von uns im Süden liegt Kleinmachnow
(Land Brandenburg, siehe „Radtour Berlin – Göttingen im Internet-Blog „Sattel
und Schuh“) und weiter im Norden des Weges liegt das Museumsdorf Düppel (1975 als mittelalterliches Dorf nachgebaut).
Der
Mauerweg folgt dem Verlauf der ehemaligen Stammbahn
bis zur Autobahn A 115. Davon ist nichts mehr zu sehen, ab und zu sind die
alten Schottersteine des Gleises freigefahren. Der breite Streifen neben der
alten Gleis-Trasse ist ein kleines Wäldchen geworden.
Die Strecke der ersten preußischen Eisenbahn
Die Stammbahn ist eine 1838 gebaute
Eisenbahnstrecke zwischen Potsdam und Berlin-Zehlendorf. Es war die erste Eisenbahnstrecke Preußens und die
zweite in Deutschland (erste 1835: Nürnberg – Fürth). Später wurde sie nach
Magdeburg und in das Ruhrgebiet (preußische Provinz Rheinland) verlängert. 1945
endete der Fernverkehr auf der Trasse, die Brücke bei Teltow war zerstört und
die Gleise wurden als Reparationsleistung abgebaut. Eine Bürgerinitiative
möchte eine Wiederinbetriebnahme erreichen, Anwohner wehren sich.
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An vielen Stellen des Mauerweges
stehen solche Stehlen zur Erinnerung
an den Grenzverlauf und an die Toten,
die bei dem Versuch, die Mauer
zu überwinden, starben |
Wir
fahren ein kurzes Stück parallel zur Autobahn bzw. schieben die letzten Meter
durch locker gefahrenen märkischen Sand. Wir überqueren die Autobahn und
fahren auf dem Königsweg bis Potsdam, inmitten des Düppeler Waldes. Den ehemaligen Grenzübergang Dreilinden lassen wir links liegen.
Hier
würden wir nach Süden in Richtung Teltowkanal abbiegen und am Kanal entlang bis
Potsdam fahren, wenn wir dem Mauerweg folgen würden. Diesen Weg kenne ich von
früheren Fahrten. Aber jetzt, nach einem Sommer ohne Regen, ist der Weg eine
nur schwer zu fahrende Sandpiste. Also bleiben wir weiter auf dem Königsweg.
Königlicher Weg nach Potsdam
Der Königsweg wurde im Jahr 1730 auf
Anordnung von König Friedrich Wilhelm I. (der „Soldatenkönig“) angelegt. Der
Name geht darauf zurück, dass die Verbindung mit königlichen Geldern gebaut und
von ihm selbst als Abkürzungsweg zwischen Berlin und der Garnisonstadt Potsdam benutzt
wurde. Es handelte sich um einen einfachen Sandweg in der Heinersdorfer Heide
(heute Düppeler Forst), der als geradlinige Schneise durch den Wald geschlagen wurde. Er begann am historischen
Ortskern Zehlendorf und führte über Kohlhasenbrück nach Potsdam.
Beim
Einlauf des Teltowkanals in den Griebnitzsee treffen beide Wege aufeinander.
Hier ist der Berliner Ortsteil Kohlhasenbrück,
zur Zeit der Mauer eine auf DDR-Gebiet hineinreichende Westberliner Enklave.
Die Vorlage für Michael Kohlhaas von
Heinrich von Kleist
Der Name des
Ortsteils Kohlhasenbrück geht auf Hans Kohlhase zurück, dessen Leben Heinrich
von Kleist in der Novelle Michael
Kohlhaas verarbeitet hat.
Hans Kohlhase (so der richtige Name) aus Cölln
(damals bei Berlin) kämpfte mehrere Jahre um sein vermeintliches Recht und soll
1540 bei der später so genannten Kohlhasenbrücke einen Silbertransport
des brandenburgischen Königs überfallen haben. Im gleichen Jahr wurde er
gefangen genommen und auf dem Rabenstein (Richtstätte, heute Straußberger
Platz in Berlin) gerädert.
Ursache war eine Fehde zwischen
Kohlhase und einem Junker von Zaschwitz aus der Nähe von Bad Düben. Mit
seiner Billigung oder im Auftrag wurden Kohlhase zwei Pferde auf
seiner Reise nach Leipzig gestohlen. Nach dem Scheitern des
Rechtswegs um die Herausgabe der Pferde erklärte er dem Junker von
Zaschwitz und dem Kurfürstentum Sachsen die Fehde.
Das mittelalterliche
Fehderecht gestattete einem Kläger unter bestimmten Voraussetzungen die
Möglichkeit der Gewaltanwendung. Darauf berief sich Kohlhase. Allerdings war
mit der Verkündung des ewigen Landfriedens 1495 das Fehderecht untersagt.
Trotzdem wurden bis ins 16. Jh. weiterhin Fehden geführt.
Der
Mauerweg verläuft jetzt am südlichen Ufer des Griebnitzsees - aber er ist
nicht befahrbar. Einige wenige
Villengrundstück-Besitzer haben den zu DDR-Zeiten für die Grenzbefestigung
abgetrennten Uferstreifen, auf dem der Uferweg nach der Wende angelegt wurde, wieder
in Besitz genommen und in einer „Nacht und Nebel“ Aktion ihre Zäune bis zum See
gezogen. Die Stadt Potsdam schafft es bis jetzt nicht, die Planfeststellungen
für den Uferweg in „trockene Tücher“ zu bringen. Das Ufer muss darum auf den
parallel verlaufenden Straßen umfahren werden. Zwischen den Straßen und dem
Ufer liegen große und prachtvolle Villen, aneinandergereiht wie auf einer Perlenkette.
Schauspieler und Alliierte
Die Villen am Griebnitzsee entstanden ab 1874 mit der
Entwicklung der Villenkolonie Neubabelsberg am Südufer des Griebnitzsees. Es
war die Zeit der Entstehung mehrerer Villenkolonien am Rande Berlins. Vorher waren hier Waldflächen und eine Maulbeerplantage.
Die Maulbeerbüsche
kamen mit den Hugenotten (Edikt von Potsdam 1685, s. Bericht „Radreise von
Berlin nach Danzig – Geschichte Preußens“ im Internetblog „Sattel und Schuh“ )
nach Brandenburg. Und damit die Seidenraupenzucht. Seidenraupen ernähren sich
von den Blättern des Maulbeerbusches. Seide war ein begehrter Bekleidungsstoff
und um Devisen für die Beschaffung aus China oder Japan zu sparen, holten die
europäischen Herrscher die Seidenproduktion nach Europa.
Berühmte Architekten wie Mies van der Rohe, Hermann Muthesius, Walter Gropius, Le Corbusier planten die Villen. Eine der
ersten Villen war die der Industriellenfamilie Quandt. Durch die nahen
Babelsberger Filmstudios kamen die Filmstars der 1920er und 30er Jahre an den
Griebnitzsee (Marika Rökk, Willy Fritsch, Brigitte Horney). Die Ufa (Universum-Film-Aktiengesellschaft, 1917 gegründet, die Nachfolgegesellschaft gehört heute zum Medienkonzern Bertelsmann) hatte hier ihre Gästehäuser für die Schauspieler während der Dreharbeiten in den Babelsberger Filmstudios.
Bekanntheit
erlangten einige Villen nach dem Zweiten Weltkrieg. Während der Potsdamer Konferenz der drei
Siegermächte über die Zukunft des besiegten Deutschlands im Schloss Cecilienhof
1945 wohnten die Staatoberhäupter in Villen am Griebnitzsee.
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Trumann-Villa |
Der
amerikanische Präsident Trumann
bezog die Villa eines Verlegers in der Karl-Marx-Straße (In der Villa soll Truman den Befehl für den Abwurf der Atombomben auf
Hiroshima und Nagasaki in Japan gegeben haben). Nach der Potsdamer
Konferenz wohnte der sowjetische Oberbefehlshaber Marschall Schukow hier. 1998
wurde die Villa von der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung gekauft, die hier seit 2001 ihren
Hauptsitz
hat.
Churchil und Clement Attlee (britische
Premierminister, Churchill`s Conservative Party (Tories) hatte mitten in der
Konferenz die Unterhauswahlen verloren und wurde von der Labor-Party abgelöst)
wohnten in der Nähe, im Haus Urbig, in der
Virchowstraße. Die Villa war von dem Architekten Mies van der Rohe für den
Bankier Franz Urbig erbaut worden. Heute soll Hasso Plattner, Gründer von
SAP, in der Villa wohnen (?).
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Stalin-Villa |
Stalin wohnte in der Villa Herpich in der
Karl-Marx-Str.. Die Familie Herpich war
bedeutendstes deutsches Unternehmen in der Pelzbranche. Heute residiert dort
der Bauindustrieverband
Berlin-Brandenburg.
Auch Konrad Adenauer wohnte 1934/35 zur
Miete in der Villenkolonie, in der Rosa-Luxemburg-Str., und wurde dort im
Rahmen der „Röhm-Affäre“ für einige Tage verhaftet. Danach zog er nach Rhöndorf
in ein Mietshaus. Der Bau des eigenen Hauses erfolgte später.
Die
Villenkolonie endet am östlichen Ende des Parks
von Schloss Babelsberg. Die
ehem. DDR-Grenze verlässt die Mitte des Sees, schwenkt auf das nördliche Ufer
und vereinnahmte den Potsdamer Ortsteil Klein
Glienicke, der in den Westberliner Bezirk Zehlendorf hineinragte. In
DDR-Zeiten war das eine Sondersicherheitszone, die nur die Bewohner und
Passierscheininhaber (von der DDR-Seite aus) betreten durften. Wir fahren über
die Brücke des Ablaufs des Griebnitzsees zur Glienicker Lake und der Havel.
Linker Hand sehen wir das Dampfmaschinenhaus für die Fontäne und die
Bewässerung des Schlossparks Babelsberg.
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Der Haupteingang zum Jagdschloss war zu DDR-Zeit durch die Grenzmauer nicht zugänglich. Der Eingang wurde 1964 von Max Taut mit einem Glasanbau auf die Gartenseite, zur Bundesstraße hin, verlegt |
Es
folgt das Jagdschloss Glienicke, zu Zeiten
der deutschen Teilung wären wir wieder auf West-Berliner Boden. Die ehemalige
DDR-Grenze verlief um das Jagdschloss herum und weiter in der Mitte der Havel
in nördlicher Richtung.
Wir
queren die Bundesstraße B 1, fahren in den Park von Schloss Glienicke und kommen dann auf den Radweg entlang des westlichen
Ufers der Havel, der hier der „Europa Radweg R 1“ ist.
Damit
haben wir den Mauerweg verlassen. Der verläuft mit der B 1 über die Glienicker Brücke (bekannt durch
Agentenaustausche während des Kalten Krieges auf der Brücke) und dann weiter am
östlichen Ufer der Havel entlang.
Wie Jagdschloss und Schloss Glienicke zur Stadt Berlin kamen
Das Jagdschloss Glienicke wurde 1682 bis 1693
für den Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von
Brandenburg errichtet. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. ließ
im Jagdschloss ein Lazarett für das Garderegiment einrichten. Friedrich der Große schenkte
es 1763 dem Wachstuch- und Tapetenfabrikanten Isaac Levin Joel, der dort
Wachstuchtapeten (oder Seidentapeten?) produzierte. Irgendwann (?) kam es
wieder zum Haus Hohenzollern. 1939 erwarb
die (nationalsozialistisch
beherrschte) Stadt Berlin das
Schloss mit unfairen Mitteln, gelinde ausgedrückt (s.u. Schloss Glienicke).
Mit dem Bau der Mauer wurde das Jagdschloss von seinem
Umland getrennt und war nur noch von der Bundesstraße aus zugänglich. Es wurde Jugendherberge (und Filmkulisse, u.a. für
„Mädchen in Uniform“). Weil die bisherige Zufahrtstraße und der Haupteingang
nun im Sperrgebiet Klein Glienicke lagen,
erhielt Max Taut 1963/64 den Auftrag zum Umbau des Jagdschlosses. Er verlegte den
Eingangsbereich mit einem vorspringenden und verglasten zweigeschossigen Anbau
zur Gartenseite und der heutigen Bundesstraße.
Das Schloss Glienicke war das Sommerschloss des Prinzen Carl von Preußen (1801 - 1883). Karl
Friedrich Schinkel (bedeutender
Architekt und Baumeister Preußens, der viele Schlösser und Kirchen in Preußen
baute, u.a. Neue Wache und Schauspielhaus am Gendarmenmarkt) baute für den
Prinzen ein 1753 gebautes Gutshaus zu einem Schloss im italienischen Stil um (Die Brüder des Prinzen bauten das Schloss Charlottenhof
(an Sanssouci angrenzend) und Babelsberg).
1934 ging der zum Schloss
gehörende Park Glienicke an die Stadt
Berlin über, mit Ausnahme des Schlosses Glienicke und des Jagdschlosses.
Grundlage war ein Tauschgeschäft der
Stadt Berlin mit der Dresdner Bank.
Diese hatte den Park als
Kreditsicherheit von dem Erben Prinz Carls von Preußen überschrieben bekommen. Die Dresdner Bank gab den Park an
die Stadt Berlin. Diese gab der Dresdner Bank im Gegenzug Aktien der Engelhardt-Brauerei, an denen die Bank interessiert
war (sie war die Hausbank der Brauerei, sauber war das Geschäft nicht). Die Aktien an der Engelhardt-Brauerei
hatte der Berliner Oberbürgermeister Lippert von dem Brauerei-Eigentümer Ignatz
Nacher erpresst (Haft und KZ wurden angedroht, um die „Arisierung“ zu
erzwingen). Für sich ließ Lippert den zum Tausch gehörenden Jägerhof mit
öffentlichen Mitteln aufwändig umbauen (heute ist dort eine Kindertagesstätte).
„Die Zeit“ hat die
Erpressung in einem Artikel 1989 sehr gut aufgearbeitet:
1939 erwarb die Stadt Berlin auch Schloss Glienicke und
das Jagdschloss Glienicke von den Erben des preußischen Prinzen (auch hier nicht
ohne Druck, mit der Drohung der Enteignung). Hintergrund des Erwerbs war das
NS-Programm zur „Neugestaltung der Reichshauptstadt“, das an der Stadtgrenze zu
Potsdam eine monumentale „Eingangspforte“ vorsah.
Wir
radeln weiter entlang der Havel.
Sie muss 334 km fließen um 94 km zu schaffen
Die Havel entspringt in der Mecklenburgischen Seenplatte, in der Nähe der Müritz, durchfließt Brandenburg, Berlin und Sachsen-Anhalt und mündet an der Grenze zwischen Brandenburg und
Sachsen-Anhalt in die Elbe. Bei Spandau
fließt die Spree in die Havel.
Die Entfernung
zwischen Havel-Quelle und der Mündung in die Elbe ist Luftlinie nur 94 km. Aber 334 km muss die Havel
zurücklegen, um die Elbe zu erreichen. Das liegt an dem großen Bogen, den der Fluss zunächst nach Süden (bis Berlin und Potsdam – Obere Havel), dann nach Westen (bis Brandenburg Mittlere Havel) und ab hier nach Norden bis Havelberg (Untere Havel) machen muss.
Schon von der
Quelle an hangelt sich die Havel von See
zu See. Es beginnt mit dem Mühlensee, dann Dambecker See, Röthsee, Käbelicksee,
Granziner See usw. Bei Berlin und Potsdam sind es Wannsee, Tiefer See,
Templiner See, Schwielowsee, Großer Zernsee usw.
Gegenüber dem Krughorn sehen wir
auf dem anderen Ufer der Havel (damals
auf DDR-Gebiet) die Heilandskirche von
Sacrow.
Es
folgt das Wirtshaus Moorlake. 1840 ließ
es der preußische König als Forsthaus im bayrischen Stil bauen, seine Frau
stammte aus dem Haus Wittelsbach. Ab 1896 wurde es als Gaststätte genutzt.
Dann
sind links von uns die breiter werdende Havel und die Pfaueninsel, rechts das zum Düppeler Forst gehörende Waldgebiet.
Hoch oben am Hang über dem Havelufer stehen die Kirche und das Blockhaus Nikolskoe.
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Heilandskirche Sacrow (1844) vom Krughorn aus fotografiert,
zur Zeit der Berliner Mauer Teil der Grenzbefestigung |
Russische Geschichte
Oberhalb der
Havel, gegenüber der Pfaueninsel, stehen das Blockhaus Nikolskoe und die Kirche
Peter und Paul. Das Blockhaus im russischen Stil wurde 1819/20 von dem
preußischen König Friedrich Wilhelm III. für seine Tochter Charlotte gebaut,
die den Zarensohn Nikolai geheiratet hatte und später Zarin wurde (Nikolskoe –
dem Nikolai gehörend.). Die Kirche wurde ebenfalls für Charlotte gebaut (1837),
sie wollte im Schloss auf der Pfaueninsel Kirchenglocken hören. Damit der
Kirchenbau nicht aus den Privatmitteln, sonderm aus der staatliche Kasse
bezahlt wurde, ließ der König eine Pfarrgemeinde für die Bewohner der
Pfaueninsel, Klein Glienickes und Stolpes bilden.
Nikolskoe ist
nicht der einzige preußische Bau im russischen Stil. Friedrich Wilhelm III. ließ
1826/27 auch 12 russische Blockhäuser als Kolonie
Alexandrowka im Norden der Stadt Potsdam bauen.
Kaninchen-Insel
Woher der Name
Pfaueninsel stammt ist unklar. Auf
jeden Fall nicht von den Pfauen, die dort später einmal hingebracht wurden. Im
Volksmund hieß die Insel
auch Kaninchenwerder,
weil der Brandenburger Kurfürst dort im 17. Jh. eine Kaninchenzucht anlegen
ließ, mit 800 Kaninchen, die ihm 200 Taler im Jahr einbrachte. Die
Staatseinnahmen waren damals noch nicht so hoch. Später wurde auch Milchvieh auf
der Insel gehalten. Das Meierei-Gebäude
zeugt noch davon.
Später betrieb
der Alchemist und Glasmacher Johannes
Kunckel (1630 – 1703) auf der Pfaueninsel eine Glashütte. Kurfürst
Friedrich Wilhelm hatte ihm dafür die Insel zur Verfügung gestellt.
Zuvor hatte
Kunckel schon in Potsdam eine Kristallglashütte geleitet. Die Hütte
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Pfaueninsel mit dem gleichnamigen Schloss (1797) |
produzierte
farbige Glasperlen für den Tauschhandel in den afrikanischen Kolonien (kleine
Gebiete in Ghana und Mauretanien). Es gelang Kunckel auch, Goldrubinglas
herzustellen, das als gefragter Luxusartikel gut exportiert werden konnte. Das
entsprach der Wirtschaftspolitik des Kurfürsten, der die Folgen des
Dreißigjährigen Krieges mindern wollte, indem er den Exporten durch die Nutzung
einheimischer Rohstoffe (Sand gab es ja) förderte.
Heute ist die
Pfaueninsel ein Landschaftspark, der
von dem preußischen Gartenarchitekten Lenné ab 1816 angelegt worden ist.
Bekanntes Gebäude auf der Insel ist das Lustschloss,
das Friedrich Wilhelm II. (1744 – 1797) für seine Geliebte Wilhelmine Enke,
später als Gräfin von Lichtenau geadelt, bauen ließ.
In
Höhe der Pfaueninsel, am „Wirtshaus zur Pfaueninsel“ (wie das Wirtshaus Moorlake
ein beliebtes Ausflugsziel der Berliner), verlassen wir den Uferweg und fahren
leicht aber stetig ansteigend und nach Erreichen des höchsten Punktes stetig
abfallend und in geschwungenem Bogen auf
die Königstraße zu, heute die Bundesstraße
B 1.
Die Königstraße wurde Ende des 18. Jh. als
eine der ersten befestigten Straßen in Preußen zwischen den Residenzstädten
Berlin und Potsdam angelegt. Sie ersetzte den 60 Jahre zuvor angelegten Königsweg, der weiter südlich über
Kohlhasenbrück führt. Wir sind auf diesem Weg, der teilweise auf der Grenze von
Brandenburg und Berlin verläuft, bis Kohlhasenbrück gefahren (s.o.).
Die
Königstraße wird von der Conradstraße
gekreuzt. Der Straßenname erinnert an den Entwickler der Villenkolonie Alsen, Wilhelm
Conrad (ein anderer Entwickler Berliner Villen-Quartiere, siehe „Radtour
nach Oranienburg“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh).
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Segelwetter |
Dann
kommt die Querung der Wasserverbindung von Kleinem Wannsee (rechts) und
Großem
Wannsee (links). Der Kleine Wannsee
ist die Fortsetzung des Griebnitzsees und Stölpchensees. Der Große Wannsee ist eine der
Ausbuchtungen der Havel. Würden wir dem Ufer des Großen Wannsees folgen, kämen
wir u.a. zu der Liebermann Villa und zum Haus der Wannseekonferenz (siehe
„Radtour nach Oranienburg“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh“).
Ganz in der Nähe ist das Grab von Heinrich von Kleist am Kleinen Wannsee.
Dort beendeten er und Henriette Vogel 1811 ihr Leben. Er war erst 34 Jahre.
Außer „Michael Kohlhaas“ (s.o.) stammen auch
„Der zerbrochene Krug“ und „Das Käthchen von Heilbronn“ von ihm.
Zu seinen Lebzeiten fand Kleist keine große
Anerkennung und er starb fast mittellos.
Wir
könnten jetzt am Bahnhof Wannsee in
die S-Bahn einsteigen und mit der Linie S 1 zurück nach Lichterfelde-West
fahren. Aber das wollen wir nicht. Wir fahren auf dem Kronprinzessinnenweg am Bahnhof vorbei, ein Stück parallel zur AVUS, ein bisschen laut.
AVUS: Automobil-Verkehrs- und
Übungsstraße, 1921 die erste ausschließliche Autostraße, 1940 Renn- und
Teststrecke, jetzt die Autobahn BAB 115.
Auf
der anderen Seite der Avus liegt der Schlachtensee
(die Umrundung ist ein schöner Spaziergang). Wir biegen links ab auf die Havelchaussee und fahren quer durch den
Grunewald (ein 3.000 Hektar großes
Waldgebiet der Stadt Berlin), wieder Richtung Havel. Damit umfahren wir das Große Fenster (eine Ausbuchtung der
Havel, hier haben Uschi und ich vor Jahren unseren Motorboot-Führerschein
gemacht) und die Insel Schwanenwerder.
Schwanenwerder (ursprünglicher Name
Sandwerder) wurde ab 1882 als Villen-Insel entwickelt. Hier wohnten zu Anfang
u.a. der Warenhausbesitzer Karstadt, der Besitzer der Schultheiss-Patzenhofer-Brauerei,
der Schokoladenfabrikant Trumpf. Während der NS-Regierung wurde viele Villen zwangsverkauft
oder –versteigert. Dadurch konnte sich u.a. Propagandaminister Goebbels mit seiner
Familie hier einquartieren. Nach dem Krieg hatte sich Axel Spinger seine Villa
„Tranquilitas“ (Ruhe) bauen lassen.
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Grunewaldturm (1899)
zur Erinnerung an den 100. Geburtstag
von Kaiser Wilhelm I. vom Kreis Teltow
errichtet |
Die
Havelchaussee verläuft jetzt am Ufer der Havel. Wir sehen die kleine Insel Lindwerder. Der Radweg verlässt wieder
das Ufer. Es geht etwas berghoch, der Karlsberg und der Grunewaldturm liegen vor uns (der Grunewald hat einige Höhen). Hinter
der Havelbucht Großes Fenster sind
wir wieder an der Havel. Rechts von uns, ein gutes Stück im Grunewald, liegt ein
Selbstmörderfriedhof. Wir haben ihn besucht, als wir (Uschi und ich) die
Drei-Berge-Wanderung gemacht haben. (siehe dazu und zum Grunewaldturm:
„Bergwandern in Berlin“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh“).
Am
Havelufer liegt das Restaurantschiff Alte
Liebe (ein ehemaliger Passagier-Dampfer aus dem Hamburger Hafen).
Der
Havelsee verengt sich jetzt bei Pichelswerder als Stößensee (westlicher Zufluss
von Norden) und Pichelsee (östlicher Zufluss). Die daneben liegende Scharfe
Lanke ist nur eine der vielen Ausbuchtungen der Havel.
Wir fahren
unter der Heerstraße (1874 als
Aufmarschstraße zum Truppenübungsplatz Döberitz angelegt, die Paraden der
Garderegimenter waren vom Tempelhofer Feld dorthin verlegt worden, ursprünglicher
Name ist Döberitzer Heerstraße) hindurch und verlassen die Havel hinter
Steffenhorn Richtung Waldbühne und
Olympiastadion. Ein kleiner Anstieg auf das Hochplateau westlich der Havel,
an den an der Glockenturmstraße gelegenen Hochhäusern vorbei. Die Straße heißt
so, weil sie direkt auf den Glockenturm des Olympiageländes zuläuft. Wir fahren
durch das Olympia-Gelände, am
Glockenturm vorbei, bis zum Haupteingang des Stadions. Aus der nahen Waldbühne
hören wir den Sound-Check für das dort bald beginnende Konzert (viele Menschen auf dem
Weg zur Waldbühne) von Roland Kaiser (Schlagersänger, 1952 geboren,
muss man nicht kennen).
Olympiade in Berlin
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Olympiastadion - Haupteingang
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Das Olympiagelände wurde im Grunewald für
die Olympischen Sommerspiele
1936 entwickelt. Vorher war dort 1913 schon ein
Stadion für die Olympischen Spiele 1916 (die wegen des 1. Weltkriegs ausfielen),
das auf dem Gelände der 1909 eröffneten Rennbahn des Berliner (Pferde-) Rennvereins
gebaut worden war. Das Vorgängerstadion
wurde abgerissen und durch das Olympiastadion
für 100.000 Zuschauer ersetzt. Für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 wurde das
Stadion grundlegend umgebaut und modernisiert. Es hat heute knapp 75.000
Plätze.
Für die
Olympiade entstand nördlich des Stadions das Sportforum mit Schwimmstadion und Freibecken, Turnhallen und
Sportplätzen. Heute gehören die Schwimmbäder den Berliner Wasserbetrieben.
Ein Amateurstadion mit 5.500 Steh- und
Sitzplätzen wird von mehreren Vereinen (und der 2. Herrenmannschaft von Hertha BSC)
genutzt. Hertha BSC hat hier sein Trainingsgelände.
Weiter genutzt
werden das olympische Hockeystadion
und das Reiterstadion.
Westlich des
Stadions ist das Maifeld (ein Platz
für 250.000 Besucher, heute für Sportveranstaltungen genutzt) und der Glockenturm. Östlich des Stadions ist
der Olympische Platz (als Parkplatz
genutzt).
Zusammen mit
den Olympiabauten wurde die Waldbühne in
einem natürlichen Talkessel am Rande des Hochplateaus angelegt. Heute finden in
der Freilichtbühne Musikkonzerte statt. Die Berliner Philharmoniker geben jedes
Jahr in der Waldbühne ihr Saison-Abschlusskonzert.
Wir waren früher öfter dort. Es war immer
ein tolles Ereignis, mit Picknick-Korb und Wein. Leider ist das inzwischen
alles nicht mehr zugelassen. Man soll sich an den Verkaufsständen innerhalb der
Waldbühne mit Essen und Getränken versorgen. Das ist längst nicht so schön. Und
dann muss man elendig lange an den Eingängen anstehen und alle strömen in Eile
hinein, um die besten Plätze zu erreichen, es gibt keine nummerierten Plätze.
Hier
am Olympiastadion wollten wir unsere Fahrt eigentlich beenden und mit der
S-Bahn vom Olympia-S-Bahnhof nach
Lichterfelde fahren. Aber wir waren so gut in der Zeit und das Wetter war gut
(keine Sonne aber auch kein Regen). Also beschlossen wir, mit dem Fahrrad bis
nach Hause zu fahren.
Vom
Olympiastadion ist es nicht weit zur Heerstraße.
Wir fahren die parallel zur Heerstraße angelegte Nebenstraße Richtung
Stadtzentrum bis zum „Theodor Heuss Platz“ (1884 – 1963, erster
Bundespräsident). Hier biegen wir Richtung Messegelände
ab, fahren am Funkturm und dem ICC (Internationales Congress Centrum)
vorbei (und vorbei an den im Stau stehenden Fahrzeugen auf dem Autobahn-Dreieck).
Ursprung der Messe Berlin ist eine 1914 gebaute
Messehalle für eine Automobilausstellung, die wegen des 1. Weltkriegs aber erst
zur „Deutschen Automobil Ausstellung“ 1921 eröffnet wurde (Nachfolge-Ausstellung
ist die IAA Internationale Automobil Ausstellung, in Frankfurt). In dem Jahr
fand auch das erste Autorennen auf der nahgelegenen AVUS statt.
Seit 1924 ist
auf dem Messegelände jährlich die „Große Deutsche Funkausstellung“, jetzt „IFA
Internationale Funkausstellung“. Bekannte andere Messen sind die „Grüne Woche“
und die „ITB International Tourismus Börse“.
Als ich beim Großraum Hannover für die
Wirtschaftsförderung zuständig war (mein erster Arbeitsplatz nach der
Universität), war die ITB jedes Jahr Anlass für eine Woche Berlin-Aufenthalt.
Tourismusförderung gehörte zu den Aufgaben und für die Naherholungsgebiete
Steinhuder Meer, Deister und Burgdorfer Land hatte ich ein Tourismus-Förderkonzept
entwickelt. Es waren schöne Wochen und ich habe noch den Rauch-Aal vom
Steinhuder Meer in Erinnerung, der jeden Tag frisch nach Berlin auf unseren
Ausstellungsstand gebracht wurde, als Appetit-Anreger für die Berliner (und
auch für uns). In den Wochen ist meine „Liebe“ für Berlin entstanden. Jetzt
wohnen wir schon 23 Jahre hier.
Wahrzeichen
des Messegeländes ist der Funkturm,
ein Stahlfachwerkbau der zur Funkausstellung 1926 als Sendeturm gebaut wurde,
mit einem Turmrestaurant und Aussichtsbereich. Der Sendebetrieb wurde 1989
beendet.
Das ICC Internationale Congress Centrum neben
dem Messegelände wurde 1979 mit einer futuristischen Aluminium-Verkleidung in
Betrieb genommen. 2014 wurde das Kongresszentrum geschlossen, eine Entscheidung
des Berliner Senats zur weiteren Zukunft (Sanierung oder Abriss) fehlt noch
immer.
Bis
zum Kurfürstendamm (Denkmal
„Beton-Cadillacs – 1987 zu 750-Jahr-Feier aufgestellt, als „Goldenes Kalb“
der Autofahrer), am Halensee vorbei, Platz
am Wilden Eber (nach einem früheren „Gasthaus zum Wilden Eber“ benannt). Hier
begegnen uns die Inlineskater des Marathon-Vorlaufs.
70.000 Teilnehmer und Begleiter sind am Sonntag in Berlin. Unter 2 Stunden und 2 Minuten für die 42,195 Kilometer lange
Marathonstrecke braucht der schnellste Läufer, ein Kenianer. Gewaltig.
Wir fahren vorbei an der Freien Universität (1948
gegründet, als die Humboldt Universität in Ost-Berlin immer mehr von der SED
kommunistisch indoktriniert wurde) und schon ist unser Ziel erreicht. Wir haben für die 61 km 4 Stunden 15 Minuten gebraucht.