Berliner Kanalviereck

 

Kanalviereck
Radtour an den Kanälen im Westen Berlins

Juli 2020

Start und Ziel Drakestraße in Lichterfelde-West.


Die Fahrradroute im Westen Berlins - 102 Kilometer

Berliner Kanaldreieck war die Tour entlang des Teltowkanals, Landwehrkanals und der Spree ab Lichterfelde-West genannt (siehe im Internet-Blog „Berliner Kanaldreieck – Radtour an Kanälen und der Spree“).

Diesmal starte ich wieder am Teltowkanal in Lichterfelde-West, wieder ab der Emil-Schulz-Brücke an der Königsberger Straße, aber diesmal nach Westem. Am Jungfernsee bei Potsdam vorbei. Es folgte der Sacrow-Paretzer-Kanal. Dann nach Norden, entlang des Havelkanals. Der biegt bei Brieselang nach Osten ab und mündet bei Hennigsdorf in die Havel. Danach ging es entlang der Havel gen Süden bis zur Heerstraße in Spandau. Von hier durch den Grunewald zurück nach Lichterfelde-West. Ein Rundkurs fast wie ein Viereck.

Den Radweg habe ich mir in der App „komoot“ herausgesucht. Immer möglichst nah entlang der Kanäle. Aber vielleicht hätte ich nicht die Sportart „Fahrrad“ eingeben sollen, sondern besser „Rennrad“. Oder ich hätte die Wege der Kategorie „Loser Untergrund“ herausnehmen sollen. Dann hätte ich einige Wegstrecken vermieden, die ich schieben musste. Sonst waren die Wege o.k. bis sehr gut. Ab besten war der Radweg entlang des Havelkanals im Gemeindegebiet Hennigsdorf. Das war schon vorbildlich.

Am Teltowkanal

Ab der Emil-Schulz-Brücke bin ich entlang des Teltowkanals gefahren. Der Streckenabschnitt ist mir bekannt, den bin ich schon mehrfach gefahren.

Emil Schulz, der Namensgeber der Brücke, war Amts- und Gemeindevorsteher in Groß-Lichterfelde und Mitglied der Kreis-Kanalkommission für die Planung und Bauüberwachung des Teltowkanals.

Groß-Lichterfelde war bis zur Eingemeindung nach Berlin 1920 eine selbständige Gemeinde im Landkreis Teltow. Die Gemeinde bestand aus den Ortsteilen Lichterfelde und Giesendorf sowie den ab 1860 entstandenen Villenkolonien Lichterfelde West und Lichterfelde Ost.

Die original erhaltene Treidellock neben der Brücke stammt aus den ersten Betriebsjahren (1920er) des Kanals.

Südlich des Kanals ist das Vattenfall Heizkraftwerk Lichterfelde. Ein Stück dahinter wird der Teltowkanal die Stadtgrenze und bis zur Wiedervereinigung die Mauer-Grenze zwischen Berlin und dem Land Brandenburg (etwa in Höhe des nördlich an der Goerzallee gelegenen Obi-Baumarktes). Die Grenze kommt von Süden. Dort ist die Kirschblütenallee auf dem Mauerstreifen (siehe im Internet-Blog  „Zartrosa und gelb – Ein Spaziergang durch die Asahi-Kirschblütenallee)

Das Heizkraftwerk Lichterfelde wurde 1972 von der städtischen BEWAG (Verkauf der BEWAG durch das Land Berlin 1997) in Betrieb genommen. Das wurde 2019 durch ein Gas- und Dampfturbinen-Heizkraftwerk (davor Schwerölverbrennung) ersetzt. Der Brennstoffausnutzungsgrad solcher Kraftwerke liegt bei 90 % (davon 42 % elektrische Nutzung).

Weiter westlich ist mit dem Teltowkanal der Zehlendorfer Stichkanal zeitgleich mit dem Teltowkanal gebaut worden. Das Hafen- und Industriegelände wurde 1904 von der Zehlendorfer Eisenbahn- und Hafen A.G. mit dem Stadtbahnanschluss Lichterfelde-West verbunden, zunächst mit Zugpferden, später mit Lokomotiven.  Heute hat der Hafen keine Bedeutung mehr.

Entscheidend für die weitere Entwicklung am Stichkanal war die Ansiedlung der „Optischen Anstalt C.P. Goerz“ während des 1. Weltkriegs.  Goerz hatte 1890 mit der Produktion der weltweit ersten Schlitzverschlusskamera begonnen.  Der Schlitzverschluss ermöglichte erstmals das Fotografieren bewegter Objekte. 12.000 Mitarbeiter beschäftigte das Werk. 1926 erwarb die Zeis-Ikon-AG die Mehrheit des Unternehmens. Schwerpunkt der Fertigung wurden Sicherheitsschlüssel (Zeiss-Ikon).  Auf den IKON-Schlüsseln von Zeiss ist noch heute ein Mäanderfries abgebildet, das einst die Werkshallen schmückte. Ikon gehört heute zur schwedischen Unternehmensgruppe Assa Abloy, die in einer neuen Halle neben den historischen Gebäuden produziert. In den alten Industriehallen entstanden Loft-Wohnungen und ein Gründerzentrum, das „Goerzwerk“.

In der Nähe entstanden später (1939/1941) die Telefunken-Werke. „Die Telefunken Gesellschaft für drahtlose Telegraphie m.b.H.“ war 1903 von Siemens & Halske und der AEG gegründet worden und besaß rd. 20.000 Patente. Nach dem 2. Weltkrieg nutzen die USA-Streitkräfte das Areal als Berliner Hauptquartier (McNair-Kaserne, die anderen Kasernen waren die Roosevelt-Kaserne, ehem. Gardeschützenkaserne, und die Andrews-Kaserne, ehem. Hauptkadettenanstalt, alle in Lichterfelde-West). Nach dem Abzug der Army wurden die Gebäude unter Denkmalschutz gestellt, nach dem Flughafen Tempelhof ist es das zweitgrößte Berliner Baudenkmal. Heute sind dort Wohnungen und Geschäfte.

Bis zum Buschgraben bildete der Teltowkanal die Berliner Grenze zur damaligen DDR. Sie folgte dem Buschgraben nach Norden, so dass ab hier beide Ufer des Kanals zur damaligen DDR gehörten. Davor ist am Nordufer das Wasserbecken der 1962 aufgegebenen Teltow-Werft auf Berliner Gebiet.   Auf dem Gebiet der Brandenburger Gemeinde Kleinmachnow ist der Neubau einer Augustinum Seniorenresidenz.

Der Teltowkanal durchfließt den Machnower See. Hier mache ich zunächst einen Abstecher zu dem Wohnhaus des Schauspielers Paul Henckels (1885 – 1967), dass er sich hier 1936 bauen ließ. Paul Henckels ist sicher nicht nur mir als Gymnasialprofessor Bömmel in der „Feuerzangenbowle“ bekannt. Henckels war auch 1921 Gründer und erster Direktor des Steglitzer Schlosstheaters, das seit 2008 Dieter Hallervorden gehört.


Neue Hakeburg
Nördlich des Machnower Sees liegt die „Neue Hakeburg“.

Die Alte Hakeburg (eigentlich keine Burg, eher ein schmuckloses Haus) von 1695 befand sich südlich des Machnower Sees. Sie gehörte zum Rittergut der Familie von Hake. Sie hatten im 15. Jahrhundert die Güter Kleinmachnow und Stahnsdorf als Lehen erhalten. 1943 brannten die Alte Hakeburg und ein daneben errichtetes Herrenhaus aus, beide wurden 1950 abgerissen.

Das Herrenhaus Neue Hakeburg wurde 1906 bis 1908 für Dietloff von Hake gebaut. 1936 wurde das Gebäude und 44 Hektar Land wegen finanzieller Probleme an die Reichspost verkauft. 1938 ließ sich der NS-Reichspostminister das Gebäude als Dienstsitz und Wohnung einrichten. Auf dem Gelände wurde die Forschungsanstalt der Deutschen Reichspost untergebracht.

Nach dem Weltkrieg wurde die Neue Hakeburg Parteihochschule der DDR. Lehrer waren hier u.a. Wolfgang Leonhard und Carola Stern. Danach war es Staats-Gästehaus.

Nach der Wiedervereinigung übernahm die Deutsche Telekom das Areal. Die Burg selbst wollte ein privater Investor zum Hotel umbauen. Bei dem „wollen“ blieb es. Vor einigen Jahren konnten wir in der Gastschänke noch einkehren. Bei dieser Radtour war aber alles aufgegeben und verschlossen. Nach neuesten Plänen sollen hier Eigentumswohnungen entstehen. Aber dafür ist die Naturlage vielleicht doch etwas zu ruhig und entfernt.

Schleuse Machnow
von der Teltower Damm Brücke
Am nördlichen See-Ausgang wurde für den Teltowkanal eine Schleuse gebaut. Es ist die einzige Schleuse, die für den Teltowkanal gebaut werden musste. In ihr überwinden die Schiffe den Höhenunterschied der mittleren Spree (Verbindung zum Teltowkanal bei Grünau) und der Potsdamer Havel (das andere Ende des Kanals). Der Unterschied ist knapp 3 Meter.

An der Schleuse wechsele ich auf das südliche Kanalufer – und komme auf schmale und sandige Wege. Scheußlich zu fahren. Der Treidelpfad muss damals nicht für Lokomotiven ausgebaut gewesen sein, höchstens für Pferde.  Ich sehe ein paar Mal auf die Karte, ob es einen Umweg gibt. Aber die Straßen waren zu weit weg. Gegenüber am anderen Kanalufer war ein Campingplatz. Der war sicher mit vernünftigen Wegen erreichbar. Ich hätte besser das Nordufer des Kanals befahren sollen. Aber dorthin führte jetzt keine Brücke mehr

 

Früher war hier die Brücke der alten Autobahn. Jetzt sind nur noch die Rampen zu sehen. Der Kontrollpunkt Dreilinden war östlich der Siedlung „Albrechts Teerofen“. Ab 1969 wurde die Autobahn verlegt, weil sie mehrfach die Grenze zwischen West-Berlin und der DDR kreuzte. Das wollte die DDR ändern. Der neue Kontrollpunkt wurde in Kleinmachnow eingerichtet, aber auch als Dreilinden bezeichnet. 


Also weiter, teilweise schiebend, unter der (neuen) Autobahnbrücke hindurch. Vor „Albrechts Teerofen“ sah die Karte so aus, dass es eine Umfahrung geben könnte. Aber auch hier nur Sand. Also bin ich wieder Richtung Kanal in die Siedlung am Teerofen gefahren. Das war eine richtige Entscheidung. Die Siedlung ist Richtung Westen mit einer ordentlichen Straße entlang des Kanals an die Berliner Ortschaft Kohlhasenbrück angebunden.

Albrechts Teerofen ragte zu DDR-Zeiten als West-Berliner Halbinsel in das DDR-Gebiet hinein. Die Bezeichnung Teerofen geht auf die Herstellung von Pech und Teer aus Kiefernholz zurück. Der Pächter hieß in den 1760er Jahren Albrecht und es war der Albrechtsche Teerofen. Schon 1783 soll die Pechsiederei nicht mehr bestanden haben. Aber der Name wurde beibehalten. Es entstand eine kleine Siedler-Kolonie.
 

Sandweg
Sandweg bei Albrechts Teerofen
Zu Kohlhasenbrück gibt es eine Geschichte. Hans Kohlhase, ein Kaufmann aus Cölln bei Berlin, wurden 1532 auf der Reise von Cölln nach Leipzig zwei Pferde gestohlen.

Cölln und Berlin sind die Ursprungs-Städte Berlins. 1709 wurden Berlin, Kölln, Friedrichswerder, Dorotheenstadt, und Friedrichstadt durch königlichen Erlass zur „Königlichen Residenz Berlin“ zusammen-geschlossen.


Nachdem Kohlhase auf dem Rechtsweg seine Pferde nicht wiederbekam, befehdete er den nach seiner Meinung für den Diebstahl verantwortlichen Junker von Zaschwitz und das ganze Land Sachsen.


Das Fehderecht, das einem Kläger Gewaltanwendung zubilligte, war 1495 mit der Verkündung des Ewigen Landfriedens durch den König und späteren Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, Maximilian I., untersagt worden. Trotzdem dauerte es noch einige Zeit, bis die privatrechtliche Austragung von Strafsachen durch die staatliche Gerichtsbarkeit, abgelöst wurde.


Das Kurfürstentum Sachsen sah den Landfrieden bedroht und verlangte vom brandenburgischen Kurfürsten Rechtshilfe. Der verweigerte das. Der Streit dauerte mehrere Jahre. Selbst Martin Luther war 1534 einbezogen und empfahl Kohlhase, von Gewalt abzusehen. 1538 machte Kohlhase dann Ernst mit seiner Fehdeandrohung. Er erpresste Lösegelder, plünderte und legte Brände. Ein Jahr später ließ der Brandenburger Kurfürst die Fahndung Sachsens auf Brandenburger Gebiet zu.

1540 überfiel Kohlhase mit Komplizen einen Silbertransport des Kurfürsten von Brandenburg bei der später Kohlhasenbrück genannten Siedlung an der Bäke (heute der Teltowkanal). Das war dem Brandenburger Kurfürsten zu viel. Er ließ ihn aufgreifen und zum Tode verurteilen. Auf dem Rabenstein (Richtplatz) in der Nähe des heutigen Straußberger Platzes in Berlin wurde er hingerichtet.

 

Heinrich von Kleist (1777 – 1811) hat die Geschichte in seiner Novelle „Michael Kohlhaas“ verarbeitet, allerdings nicht originalgetreu.


Kleist hat sich am Stolper Loch am Kleinen Wannsee wohl aus wirtschaftlicher Not das Leben genommen (u.a. war die Aufführung seines Schauspiels „Prinz von Homburg“ bis 1814 durch den Preußischen König verboten). Er wurde dort begraben, da Selbstmörder auf Friedhöfen nicht bestattet werden durften. Ein Grabstein erinnert an ihn.

In Kohlhasenbrück trifft die Fahrradroute auf den Königsweg. Das Gebiet hier kenne ich. Den Königsweg von Zehlendorf nach Potsdam (1730 auf Anordnung des Preußischen Königs als Verbindungsweg zur Garnisonstadt Potsdam angelegt) bin ich schon öfter gefahren. Dahinter trifft der Teltowkanal auf den Griebnitzsee. Von Norden kommt der Griebnitzkanal und die Wasserverbindung über den Stölpchensee, Pohlesee und Kleiner Wannsee zum Großen Wannsee. Nach dem Griebnitzsee mündet der Teltowkanal in die Havel.

Ich fahre am Südufer des Griebnitzsees weiter. Aber nicht auf dem Uferweg, dem Grenzweg der ehemaligen Mauer-Grenze. Der ist seit einigen Jahren unterbrochen, weil einige Grundstückseigentümer den zu DDR-Zeiten abgetrennten Uferstreifen wieder in Besitz genommen haben. Der Stadt Potsdam gelingt es seit Jahren nicht, über Planungsrecht den Radweg auf dem Mauerstreifen überall offen zu halten.

An der Fahrradroute liegen zahlreiche Babelsberger Villen. Darunter auch die für die Potsdamer Konferenz der Alliierten Siegermächte beschlagnahmten Villen für den russischen Diktator Stalin (Villa Herpich, Karl-Marx-Straße 27, heute ist der Bauindustrieverband in der Villa), den amerikanischen Präsidenten Truman (Villa Erlenkamp des Verlegers der Werke von Theodor Fontane, Müller-Grote, Karl-Marx-Straße 2, heute Sitz der FDP nahen Friedrich-Naumann-Stiftung)  und den britischen Ministerpräsidenten Churchill (Villa Urbig, Architekt Mies van der Rohe, Virchowstraße 23, seit 2009 ist der SAP-Gründer Hasso Plattner Eigentümer).

Torhaus am Park Babelsberg
Am Ende der Karl-Marx-Straße beginnt der Park Babelsberg mit dem Schloss Babelsberg. Ich fahre an dem Pförtnerhaus vorbei, das 1843 im gleichen Tudorstil wie das Schloss gebaut wurde.


Das von Karl Friedrich Schinkel (preußischer Baumeister, der mit seinen klassizistischen Bauten das Berliner Stadtbild geprägt hat) geplante Schloss Babelsberg wurde 1833 bis 1849 für den späteren Kaiser Wilhelm I. als Sommersitz gebaut.

Der Park wurde von Peter Joseph Lenné (Generalgartendirektor der königlich-preußischen Gärten) geplant und von Fürst Pückler (Landschaftsparks Schloss Muskau und Schloss Branitz) fertiggestellt.


Ich fahre über die Kanalbrücke nach Klein Glienicke, am Jagdschloss Glienicke und dem Schloss Glienicke vorbei, zur Glienicker Brücke über die Havel.
 

Das Jagdschloss Glienicke wurde Ende des 17. Jahrhunderts für den Preußischen Kurfürsten gebaut. Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. machte es zu einem Lazarett. Friedrich der Große verschenkte es. Der Bruder des Deutschen Kaisers Wilhelm I., Carl von Preußen, erwarb das Schloss für seinen Sohn und ließ es 1859 umbauen. Heute nutzt ein Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut die Räume.

 

Für sich hatte Carl von Preußen das Schloss Glienicke als Sommerschloss gebaut. 1824 erwarb er das aus dem 18. Jahrhundert stammende Gutshaus und ließ es von Karl Friedrich Schinkel in klassizistischer Form umbauen. Der Erbe Friedrich Leopold von Preußen erhielt das Schloss und den Park 1926 aufgrund der Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Staat Preußen und dem ehemaligen Preußischen Königshaus. 1939 verkaufte der Sohn des Prinzen das Sommerschloss und das Jagdschloss an die Stadt Berlin. Den Park erhielt die Stadt in einem Tauschgeschäft von der Dresdener Bank, die den Park als Kreditsicherheit erhalten hatte.

 

Prinz Carl von Preußen war der erste von drei Söhnen König Friedrich Wilhelm III., der sich ein Sommerschloss bauen durfte (Schloss Glienicke 1824). Ihm folgten seine Brüder Friedrich Wilhelm IV. (1840 – 1861 König) mit Schloss Charlottenhof, angrenzend an den Park Sanssouci (1826) und Wilhelm I. (1861 – 1888 König, ab 1871 Kaiser) mit Schloss Babelsberg 1833.

 

Die Glienicker Brücke über Havel wurde 1907 gebaut (erste Holzbrücke im 17. Jahrhundert). Bekannt wurde die Brücke durch Agenten-Austausche während des Kalten Krieges (u.a. Gary Powers, der bei einem Spionageflug über der Sowjetunion abgeschossen wurde).

 

Am Sacrow-Paretzer-Kanal

Am Ufer der Havel, die hier den Jungfernsee bildet, fahre ich weiter. Es ist das Ufer der Potsdamer Berliner Vorstadt. Am Ufer ist die Kongsnaes, die kaiserliche Matrosenstation.

Marmorpalast
In den von dem Preußischen König Friedrich Wilhelm II. ab 1787 im Stil eines englischen Landschaftsparks angelegten Neuen Garten komme ich nur über einen Umweg. Die Brücke über den Hasengraben-Kanal zwischen dem Jungfernsee und dem Heiligen See war gesperrt. In der Verlängerung des Hasengrabens ist am südlichen Ufer des Heiligen Sees das Marmorpalais zu sehen.

An der Landspitze zwischen dem Sacrow-Paretzer-Kanal und dem Jungfernsee ließ sich der König die Eremitage oder Einsiedelei bauen. Es ist ein etwas unscheinbarer Holz-Pavillon ohne Fenster, im Inneren aber mit Marmor ausgestattet.

In der Ferne, am gegenüberliegenden Ufer, sehe ich die Sacrower Heilandskirche.

Dann komme ich am Schloss Cecilienhof vorbei und am Ende des Neuen Gartens an der Meierei. Von hier fahre ich Richtung Pfingstberg und hinaus aus der Stadt weiter durch das ländliche Potsdam.

 

Zeitgleich mit dem Neuen Garten ließ Friedrich Wilhelm II. das Marmorpalais als Sommerschloss bauen. Architekt war Carl Gotthard Langhans, der auch das Berliner Brandenburger Tor entworfen hat.

 

Seine Neffen bauten später Schloss Glienicke, Schloss Charlottenhof und Schloss Babelsberg als Sommerschlösser.

Hauptresidenz der Hohenzollern Könige und Kaiser war das Berliner Schloss. Friedrich der Große bevorzugte das Potsdamer Stadtschloss.    Kaiser Wilhelm II machte das Neue Palais im Park Sanssouci (das Friedrich der Große als Gästehaus bauen ließ) zu seinem Hauptwohnsitz.

 

Meierei
Friedrich Wilhelm II. wollte sich mit dem Park und dem neoklassizistischen Schloss von dem barocken Park Sanssouci seines Onkels, Friedrich des Großen, lösen. Friedrich Wilhelm II. war Nachfolger Friedrich des Großen geworden, da der keine Kinder hatte.

Zum Garten gehörte eine Meierei zur Versorgung der Hofgesellschaft. Die Kühe weideten im Neuen Garten. Heute dient das Haus der Versorgung mit Bier, es ist eine Gasthausbrauerei geworden.

Ebenfalls zum Bauensemble des Neuen Gartens gehört die Schiffsanlegestelle. Sie wurde im norwegischen Baustil errichtet, vielleicht in Erinnerung Friedrich Wilhelm II. an seine jährlichen Nordlandfahrten. Norwegisch wurde auch die Namensgebung der Station, Kongsnaes – Königliche Landzunge.

 

Friedrich Wilhelm IV. ließ in seiner Königszeit nördlich des Neuen Gartens ab 1847 das Belvedere auf dem Pfingstberg errichten (als Prinz baute er Schloss Charlottenhof).

 

Schloss Cecilienhof
Als letztes Schloss der Hohenzollern wurde Schloss Cecilienhof 1913 -1917 im Stil eines englischen Landsitzes für den Sohn des letzten Deutschen Kaisers Kronprinz Wilhelm und seiner Frau Cecilie gebaut. Er hatte nicht mehr viel davon. 1918 folgte er seinem Vater in die Niederlande.

1945 fand im Schloss Cecilienhof die Potsdamer Konferenz der Siegermächte statt.

 

1926 regelte das Gesetz über den Vermögensausgleich zwischen dem Preußischen Staat und dem ehemaligen preußischen Königshaus den Verbleib der preußischen Schlösser nach der Revolution 1918. Der Staat Preußen erhielt 75 Schlösser, die Hohenzollern 39 Gebäude und etliche landwirtschaftliche Güter, darunter das Schloss Cecilienhof und das Marmorpalais. 1945 erfolgte die entschädigungslose Enteignung der Hohenzollern durch die sowjetische Besatzungsmacht.

 

Das Gesetz über den Vermögensausgleich war notwendig geworden, da eine Initiative zur Enteignung der Hohenzollern nach dem 1. Weltkrieg scheiterte. Das Volksbegehren zur Fürstenenteignung übertraf zwar die erforderliche Stimmenzahl, scheiterte jedoch im Reichstag. Daraufhin war ein Volksentscheid notwendig. Hier trat Reichspräsident Hindenburg auf den Plan. Er erklärte, dass der Volksentscheid eine Mehrheit von 50 % der Wahlberechtigten brauche und nicht nur die einfache Mehrheit. Der Volksentscheid brachte eine Mehrheit von 14,5 Millionen Ja-Stimmen. Nur rd. 500.000 Stimmen lehnten die Enteignung ab. Aber die Wahlbeteiligung lag bei nur knapp 40 %. Die von Hindenburg geschaffene Hürde von 20 Millionen Stimmen wurde nicht erreicht. Damit war der Volksentscheid abgelehnt und die Länder mussten mit den jeweiligen Fürstenhäusern über einen Vermögensausgleich verhandeln.


 Am Havelkanal

Vor Marquardt überquere ich den Sacrow-Paretzer-Schifffahrtskanal. Hinter Paaren treffe ich auf den Havelkanal, der etwas südwestlicher zusammen mit dem Sacrow-Paretzer-Kanal von der Havel abzweigt, die hier den Göttinsee bildet.

 

Am Sacro-Pareter-Kanal: Bornimer Land
Der Teltowkanal wurde 1906 eröffnet. Er erleichterte den vorher durch Berlin geführten Schiffsverkehr. Mit dem Bau des Sacrow-Paretzer-Kanals wurde ein viertel Jahrhundert vorher begonnen. Er verkürzte die Havelschiffahrt und vermied die Brückendurchfahrten in Potsdam und Werder. Er beginnt am Jungfernsee in Potsdam (Sacrow ist schon ein Stück weiter nördlich) und endet in der Nähe von Paretz im Göttinsee. Damit musste das Dreieck des Havel-Flusslaufs nach Südwesten in den Schwielowsee und zurück nach Nordwesten nicht mehr gefahren werden.

Der Havelkanal umfährt die durch West-Berlin fließende Havel. Er zweigt am Göttinsee von der 
Sacrow-Pareter-Kanal Nähe Schlänitzsee
Havel ab und mündet bei Henningsdorf wieder in die Havel. Diese Umgehung West-Berlins war auch der Grund für den 1950 von der DDR-Regierung beschlossenen Kanalbau, fertiggestellt 1952. Vom Göttinsee verläuft der Kanal nach Norden und biegt hinter Brieselang fast im rechten Winkel nach Osten ab. Anders als der Sacrow-Paretzer-Kanal erforderte der Havelkanal den Bau einer Schleuse bei Schönwalde, um einen Höhenunterschied von 2 Metern auszugleichen.

 

Die Havel hat bei einer Länge von 334 Kilometern einen Höhenunterschied von rund 40 Metern. Zur Wasserhaltung für die Schifffahrt muss der Höhenunterschied durch mehrere Schleusen ausgeglichen werden.

Die direkte Verbindungslinie von der Quelle bis zur Mündung der Havel in die Elbe ist nur 94 Kilometer. Die Havel fließt von der Mecklenburgischen Seenplatte zunächst nach Süden und in einem Bogen von Potsdam über Brandenburg nach Nordwesten bis Havelberg an der Elbe.

Der Radweg am Havelkanal
Hinter Paaren fahre ich am Ufer des Havelkanals entlang. Ein schöner Radweg, bis vor dem Ort Wustermark.

 

Östlich von Wustermark wurde das Olympische Dorf für die Olympischen Sommerspiele 1936 gebaut. Nach der Olympiade übernahm die Wehrmacht das Dorf und nach dem Weltkrieg die Sowjetarmee. Der in der Nähe gelegene Truppenübungsplatz war der Exerzierplatz des Berliner Garderegiments (s.u. Döberitzer Heerweg) und ist heute das Naturschutzgebiet Döberitzer Heide, der von der Heinz-Sielmann-Stiftung betreut wird. Für einen Abstecher dorthin war mir der Weg aber zu weit.


An dem erst 2007 bis 2008 gebauten Binnenhafen HavelPortBerlin“ bin ich vorbeigekommen. Er ist gut an dem Autobahnkreuz Berlin-Spandau gelegen. Unübersehbar ist das 2013 in Betrieb genommene Zentrallager der Drogeriemarktkette Rossmann.

Schleuse Schönwalde
Ab hier verläuft mein Radweg über Landstraßen, wieder ein Stück am Kanal, dann durch Brieselang hindurch, nach dem Kanal-Knick über den Havelkanal und nördlich davon auf Feldwegen, jetzt wie der Kanal Richtung Osten. Feldwege, dazwischen märkischer Sand. Bei der Schleuse Schönwalde wechsele ich auf die südliche Kanalseite hinüber. Wieder mit Schiebestrecken. An der Nordspitze von Schönwalde überlege ich, ob ich die Landstraße nehme und direkt nach Spandau fahre. Ich entscheide mich für die geplante Route nördlich des Kanals bis nach Nieder Neuendorf, ein Ortsteil von Hennigsdorf. Das war die richtige Entscheidung. Eine richtige Fahrradstraße. Die Stadt Hennigsdorf hat einen Teil ihrer Gewerbesteuern gut investiert.

 

Bekannt ist Hennigsdorf durch das Bombardier-Werk. Hier werden Lokomotiven, Eisenbahn- und Straßenbahnwagen hergestellt. Ein Teil der Berliner Straßenbahnwagen wurden in Hennigsdorf produziert. In diesem Jahr will der französische Bahntechnik-Konzern Alstom die Zugsparte des kanadischen Bombardier-Konzerns übernehmen. Die EU-Genehmigung ist mit der Auflage verbunden, dass ein Teil des Hennigsdorfer Triebwagen-Programms verkauft wird.

 

An der Havel

Ab Nieder Neuendorf fahre ich am westlichen Ufer der Havel Richtung Spandau. Doch zunächst einmal ist eine Pause angesagt. Bis dahin gab es wenig Möglichkeiten. Es ist auch schon später Nachmittag. Das kleine Café an der Straße hat Dresdener Eierschecke. Die kenne ich von der Elbe-Radtour über Dresden. Die Eierschecke war wirklich gut. Also konnte ich gut weiterradeln.

 

Der Grenzturm in Nieder Neuendorf erinnert noch an die Mauergrenze. Die Mitte der Havel war die Grenze zwischen der DDR und Westberlin, heute zwischen Brandenburg und Berlin. Ich befinde mich auf dem Radweg Berlin-Kopenhagen, der hier entlang der Havel verläuft.

 

Havel bei Niederneuendorf

Die am Grenzturm gelegene Einmündung des Nieder Neuendorfer Kanals wurde 1961 von der DDR zugeschüttet. Gebaut wurde der Kanal schon 1737/38. Das war die Zeit des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I.. Er ließ das Land urbar machen und die landwirtschaftlichen Böden verbessern. Am Ende seiner Regierungszeit waren ein Drittel der land- und forstwirtschaftlich nutzbaren Flächen Preußens königliche Domänen. Der andere Teil gehörte dem Adel, den „ostelbischen“ Junkern. Der Nieder Neuendorfer Kanal verband den schon ab 1718 gebauten Havelländischen Großen Hauptkanal mit der Havel, mit dem das Havelländische Luch, eine Fläche von 30.000 Hektar, trockengelegt wurde. 

In Höhe von Konradshöhe am Westufer der Havel komme ich auf das Gebiet von Spandau.

Havel am Aalemannkanal
Der Radweg kreuzt den Teufelsseekanal 
(Stichkanal zur Versorgung des 1910 gebauten Kraftwerks Oberhavel mit Kohle und Öl. 2002 stillgelegt und inzwischen abgerissen.).

und den Aalemannkanal  
(Bis 1921 angelegter Stichkanal zur Industrieansiedlung. Inzwischen Wohngebiet. Der Name kommt nicht von Aalanglern am Fluss, sondern vom mittelniederdeutschen „alleman – jeder“ und bedeutete, dass jeder hier fischen durfte.).

passiert den Maselakekanal (Was bedeutet Maselake ?)

(Um 1900 wurde hier das erste Industriegebiet Spandaus entwickelt. Heute ist dort u.a. ein Park.)

und den Nordhafen Spandau.

(1908 – 1912 an Stelle des Festungsgrabens angelegt. Mit dem Bau des Westhafens 1923 verlor der Hafen an Bedeutung.  Heute Wohnquartier und Parkanlage.)

Es kommt der Ortsteil Hakenfelde von Spandau.

(„Haakes Felder“ waren 1720 die Kräutergärten und Tabakpflanzungen nördlich von Spandau des Schwiegersohns des Spandauer Bürgermeisters.)

Havel an der Heerstraße
Die Havel heißt hier Spandauer See und in der Mitte ist die Insel Eiswerder,(Auf Eiswerder waren im 19. Jahrhundert eine Pulverfabrik, Geschützgießerei, Artilleriewerkstatt und Munitionsfabrik. Nach 1945 lagerte hier ein Teil der Berliner Senatsreserve (Notvorrat für den Fall einer zweiten Blockade Berlins). Von 1950 bis 1970 nutzte Artur Brauner die Hallen der Munitionsfabrik als Filmstudios seiner CCC-Filmproduktionsfirma (Central Cinema Company).  
  
Ewas weiter südlich folgt die Zitadelle Spandau.

Die Zitadelle Spandau ist eine der bedeutendsten und besterhaltenen Festungen des 16. Jahrhunderts. Sie wurde von den brandenburgischen Kurfürsten zum Schutz der Residenzstadt Berlin errichtet. Kern der Anlage ist eine mittelalterliche Burg, von der noch der Bergfried und der Palas erhalten sind. Um sie herum wurde 1559 bis 1594 das Festungsbauwerk errichtet.

Höchstes Bauwerk ist der Juliusturm, ein Wehr- und Wachturm. Nach dem Deutsch-Französischen Krieg (1870/71) wurde dort ein Teil der französischen Kriegsentschädigung gelagert.

In Anlehnung daran wurden die Haushaltsüberschüsse, die der Finanzminister Schäffer (1949 bis 1957 Finanzminister) in der Regierungszeit Konrad Adenauers angespart hatte, als Juliusturm bezeichnet. Angesparte staatliche Guthaben gab es danach nie wieder.

 

Ich halte mich nicht lange auf, umfahre die Altstadt, fahre am Rathaus (1910 – 1913 gebaut) und dem Bahnhof vorbei, durch den südlichen Ortsteil Wilhelmstadt (ehemals Potsdamer Vorstadt, 1897 nach Kaiser Wilhelm I. benannt), bis zur Heerstraße.

1911 als Döberitzer Heerstraße angelegt diente sie als Aufmarschstraße zum Truppenübungsplatz Döberitz.


Durch den Grunewald

Grundwald
Der Heerstraße folge ich, überfahre die Havelbrücke und die Stößenseebrücke. Hinter dem Britischen Soldatenfriedhof

Auf dem Soldatenfriedhof sind 3.600 britische Soldaten und Soldaten von Commonwealth-Ländern des 2. Weltkriegs begraben. Die meisten von Ihnen waren abgeschossene Besatzungsmitglieder der Royal Air Force.

und dem Jüdischen Friedhof fahre ich in den Grunewald.


Der Jüdische Friedhof besteht seit 1955 für die Berliner Westgemeinde. Auf ihm sind u.a. der Fernsehmoderator Hans-Günter Rosenthal, der Filmproduzent Artur Brauner und der Journalist Gerhard Rosenthal begraben.

 

Durch den Grunewald bis zum Kronprinzessinnenweg an der Avus und weiter auf dem Hüttenweg bis zur Clayallee, entlang der U-Bahn-Trasse, Thielallee und  Drakestraße. Ende meiner Kanalviereck-Fahrt.


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