Berliner Kanaldreieck – 
Radtour an Kanälen und der Spree:
Juni 2021

Der Teltowkanal liegt fast „vor unserer Haustür“. Er ist diesmal der Ausgangspunkt einer Radtour am Ufer der Berliner Wasserstraßen: Teltowkanal ab Lichterfelde, Britzer Verbindungskanal, Spree, Flutgraben, Landwehrkanal, Spree bis zum Schloss Charlottenburg.


Routenplan mit Wegepunkten:
 
Start und Ziel Drakestraße in Lichterfelde
54 Kilometer
Die Ziffern an der Route entsprechen den Zahlen im Tex
t


Start in der Drakestraße in Lichterfelde, bis zur Emil-Schulz-Brücke (1) über den Teltowkanal, dann auf dem nördlichen Uferradweg in östlicher Richtung. Emil Schulz war ein Amts- und Gemeindevorsteher von Groß-Lichterfelde (das bis zur Eingemeindung nach Berlin 1920 selbständig war).

Teltowkanal


Radweg am Teltowkanal
Er verbindet den Havel-Schifffahrtsweg (Elbe – Havel) mit der Spree und ist Teil der Schifffahrtsverbindung von der Elbe zur Oder (Havelmündung bei Havelberg in die Elbe, Kanalmündung des Oder-Spree-Kanals bei Eisenhüttenstadt in die Oder).
1906 wurde der Kanal in Betrieb genommen. Er sollte den längeren und durch Schleusen zeitaufwändigen Wasserweg auf der Spree entlasten.

Gleichzeitig sollte er auch neue Industrieansiedlungen vor der Stadtgrenze Berlins ermöglichen. Die Initiative ging darum auch vom Landrat des damals selbständigen Krieses Teltow, Ernst von Stubenrauch aus.

Eine Straße in unserer Nähe ist nach ihm benannt. Er hat auch den Bau des Grunewaldturms am Wannsee veranlasst. DerWannsee gehörte damals zum Kreis Teltow.

Die Kanalplaner nutzten das Bachbett der Bäke und der Lanke.

Die Bäke wurde damals auch als Telte bezeichnet Davon ist der Name der Landschaft Teltow südlich Berlins abgeleitet und der des Teltowkanals.
Sie entsprang am Fichtelberg im Ortsteil Steglitz und floss in den Griebnitzsee und weiter in die Havel.
Die Lanke war ein Zufluss der Bäke. Sie gab dem Ortsteil Lankwitz seinen Namen.

Am Bau des Kanals waren zeitweise über 2.500 Arbeiter beschäftigt, die Hälfte von ihnen kam aus Osteuropa (Deutschland brauchte schon damals „Gastarbeiter“).

Teltowkanal in Lichterfelde
Den guten Radweg am Kanal haben wir den Teidel-Wegen zu verdanken, die neben dem Kanal angelegt wurden.  Zum Schutz der Kanalsohle und des Ufers durften die Frachtkähne nicht mit eigener Kraft den Kanal befahren. Sie wurden von Elektrolokomotiven auf den eigens dafür angelegten Eisenbahntrassen entlang der Ufer gezogen. Nur auf einem Teilstück hinter der Kleinmachnower Schleuse wurden die Frachter von elektrisch angetriebenen Schleppschiffen gezogen. Das Ufer war dort zu sumpfig und unwegsam.

Die Treidel-Lokomotive am Kanal


Die im 2. Weltkrieg nicht zerstörten Reste der Treidelbahn wurden von den sowjetischen Besatzungstruppen als Reparation abtransportiert (wohl alles was nicht „Niet- und Nagelfest“ war). Zwei Locks wurden dabei scheinbar übersehen. Eine davon steht an der Kanalbrücke in Lichterfelde (1), eine zweite im Berliner Technikmuseum

Vorbei am Sommerbad Lichterfelde. Am südlichen Kanalufer erinnert an der Bäkestraße das Otto-Lilienthal-Denkmal an den Berliner Flugpionier (2).

Nicht nur das Denkmal, auch ein 15 Meter hoher Hügel, der „Fliegerberg“, in Berlin-Lichterfelde erinnert an die Pioniere der Luftfahrt, Otto Lilienthal. Er und sein Bruder Gustav entwickelten als erste einen „Flugapparat“ zur Serienreife, der auch verkauft wurde.
Vorausgegangen waren Studien des Luftauftriebs und von Flügelformen. Unter anderem in Steglitz und Lichterfelde in Berlin unternahmen sie erste Gleitflüge.
Ab 1894 stellte Otto Lilienthal einen „Normalsegelapparat“ in Serie her (die Serie bestand aber wohl nur aus 8 Exemplaren?) und wurde damit zum ersten Flugzeughersteller der Welt. Es war ein zusammenklappbares Gleitflugzeug, das durch Gewichtsverlagerung gesteuert wurde.
Hergestellt wurden die Fluggeräte in Berlin in der Köpenicker Straße in Berlin Mitte. Mit einem solchen Fluggerät stürzte Otto Lilienthal 1896 aus 15 Meter Höhe ab und starb an den Folgen der dabei zugezogenen Verletzungen.

Ein Stück weiter ist am nördlichen Ufer der Schlosspark Lichterfelde (3).  Zu ihm gehört das Gutshaus Lichterfelde am Hindenburgdamm (der Schlosspark ist eigentlich ein Gutspark). 1865 erweiterte der Entwickler der Villenkolonie Lichterfelde, Wilhelm von Carstenn, einen bestehenden Vorgängerbau (siehe dazu den Bericht „Radtour zum Olympiagelände“)

An das Kanalufer grenzen auch die Bauten des Charité Campus Benjamin Fanklin (4).

Campus Benjamin Franklin


Nach der Teilung Berlins wurde 1948 in Westberlin die Freie Universität FU) als Gegenstück zur im Sowjetsektor liegenden Humboldtuniversität gegründet. 1968 wurde das Klinikum Steglitz als Teil der FU errichtet (1994 nach Benjamin Franklin umbenannt, einer der Gründer der USA). Unterstütz wurde der Bau von der amerikanischen Benjamin-Franklin-Stiftung (gegründet von Eleanor Dulles, Schwester des amerikanischen Außenministers), die zuvor auch Bauherr der Kongresshalle „Schwangere Auster“ war.

Dahinter kommt der Bäkepark (5) und gegenüber der (kleine) Steglitzer Hafen und das ehemalige Heizkraftwerk Steglitz, in dem jetzt das „Energie-Museum“ ist.

Energie-Museum Berlin


Ehemalige Mitarbeiter der BEWAG (heute Vattenfall) betreuten ehrenamtlich Ausstellungen zur Kraftwerkstechnik und Stromversorgung im ehemaligen Kraftwerksgebäude. Dort ist auch der historische Batterie-Speicher erhalten geblieben.

Das Kraftwerk war das größte jemals in Deutschland betriebene Batterie-Speicherkraftwerk. Das West-Berliner Stromnetz war zu DDR-Zeiten ein Inselnetz. Der Batterie-Speicher wurde zur Frequenzregelung und als Sofortreserve benötigt. Bei einem Verbundnetz braucht man das nicht mehr.


Uhrenturm des Ullsteinhauses
Am Kanal sind Gewerbe-Bebauung, Wohnsiedlungen, Einfamilien-Gebiete. Schrebergärten folgen. 

Dann taucht über den Bäumen am Kanal der Uhrenturm des Ullsteinhauses  (9) auf.


Ullsteinhaus


Der Gebäudekomplex wurde 1927 für den Ullstein-Verlag als Verlagssitz und Druckerei gebaut. Der Buchverlag wurde 1903 von den Gebrüdern Ullstein gegründet (zu dem auch der Propyläen-Verlag gehörte). 1960 verkauften die Erben (die nach Enteignung im 3. Reich ihren Besitz zurückerhielten) die Anlagen an Axel Springer, der hier bis 1985 seine Zeitschriften und Zeitungen druckte. Seit den 1990er Jahren sind verschiedene Unternehmen und Arztpraxen Mieter der Geschossflächen. Eigentümer ist eine Beteiligungsgesellschaft (Samwer-Brüder).

Seiteneingang des Ullsteinhauses
Das Ullsteinhaus war damals der größte deutsche Stahlskelettbau und bis 1957 das höchste Hochhaus Deutschlands. 1957 übernahm den Rang das Friedrich-Engelhorn-Haus der BASF in Ludwigshafen (2014 wurde es abgerissen). Zurzeit ist der Commerzbank-Tower in Frankfurt das höchste Gebäude Deutschlands(ohne Antennentürme und Schornsteine).

Das Ullsteinhaus entstand im Stil des Backsteinexpressionismus der 1920er Jahre. Andere Beispiele sind der Borsigturm in Berlin-Tegel, das Chilehaus in Hamburg, das Anzeiger-Hochhaus in Hannover oder das Marine-Ehrenmal in Laboe.

Gegenüber dem Ullsteinhaus ist der Tempelhofer Hafen (10).

Tempelhofer Hafen


Der Binnenhafen wurde mit dem Kanal 1901 bis 1908 gebaut, als Tempelhof noch ein selbständiger Ort im Landkreis Teltow war.

Tempelhofer Hafen
Aus der Zeit sind auch die Landkreise Teltow-Fläming, Dahme-Spreewald und Potsdam-Mittelmark als Rechtsnachfolger des ehemaligen Landkreises Teltow Eigentümer des Hafens (sofern nicht inzwischen verkauft wurde). Der Landkreis war seinerzeit einer der reichsten Kreise in Deutschland. Mit dem Berlin-Gesetz 1920 verlor er zwar Gemeinden und Gutsbezirke, blieb aber als Kreis selbständig.

Im Speichergebäude war bis 1990 wie auch die Berliner Senatsreserve gelagert, an vielen anderen Orten (4 Millionen Tonnen Güter in 700 Lagern) . Nach der Blockade Berlins durch die Sowjetunion 1948/1949 wurde ein Notbestand an Lebensmittel, Kleidung, Kohle, alles was man zur Versorgung der Bevölkerung brauchte, eingelagert.  1990 wurde die Senatsreserve aufgelöst und 2009 der Speicher umgebaut und zusammen mit einem modernen Neubau als Einkaufszentrum eröffnet.

Hier endet der Kanal-Radweg erst einmal. Der Grund ist ein Gewerbegebiet direkt am Kanal. Die Fahrradroute muss auf die hinter den Gewerbegrundstücken verlaufende Straße ausweichen.

Am Tempelhofer Weg erreicht die Tour-Strecke wieder den Teltowkanal (11) und verläuft jetzt auf dem südlichen Ufer.
Unterwegs ist, nicht als solches zu erkennen, das ehemalige BLUB – „Berliner Luft und Badeparadies“ (12). 1985 eröffnet war es zu Anfang ein Anziehungspunkt. Aber irgendwie hat der Betreiber die Badelandschaft vernachlässigt. 2002 musste sie geschlossen werden und 2003 war Schluss, Insolvenz. Inzwischen ist das ganze eine immer mehr verfallende Ruine.
Dann kommt die Kanalkreuzung Landwehrkanal – Neuköllner Schifffahrtskanal – Britzer Verbindungskanal. Dem Neuköllner Schifffahrtskanal bin ich schon einmal begegnet. Das war am Teltowkanal. Der Neuköllner Kanal verbindet Teltow- und Landwehrkanal.

Ich folge jetzt dem Britzer Verbindungskanal bis zur Spree. Der Teltowkanal biegt hier nach Süden ab und mündet weiter süd-östlich in die Dahme. Vorher muss ich noch die Autobahn A 113 überqueren (13).

Britzer Verbindungskanal


Erinnerung
an den letzten Mauertoten.
Gebaut 1900 bis 1906 mit dem Teltowkanal. Er verkürzt den Schiffsweg vom Teltowkanal zur Spree. Wie der Teltowkanal mussten die Schiffe auf dem Verbindungskanal getreidelt werden.

Hinter der Autobahn bin ich von der Neuen Späthstraße Richtung Kanal abgebogen. Ein Feldweg, ein bisschen „querbeet“, bis zum Kanal (14).
Dafür folgt ein sehr idyllischer und naturnaher Abschnitt am Britzer Verbindungskanal, allerdings mit einer schwer zu fahrenden Sandpiste. Es ist ein Teil der ehemaligen Mauergrenze. Eine Stehle erinnert an den letzten Mauer-Toten (15). Der 20 -jährige Chris Gueffroy wurde am 5. Februar 1989 von DDR-Grenzsoldaten erschossen.

Gegenüber, auf der anderen Kanalseite, ist kurzes Stück dahinter die Jakobs-Rösterei (16). Die Rohbohnen kommen mit der Bahn von Bremen nach Berlin-Neukölln und werden hier geröstet.
1981 wurde die Rösterei von Kreuzberg an die Sektorengrenze verlegt. Seit 1961 röstet Jakobs seinen Kaffee hauptsächlich in Berlin. Der Grund waren die Subventionen zur Unterstützung Westberlins.
Der Familie Jakobs gehört die Rösterei nicht mehr. Nach Kraft-Foods ist heute der US-Lebensmittelkonzern Mondelez der Eigentümer.

Ein Sandweg am Kanal
Bei nächster Möglichkeit habe ich mich für die Fortsetzung auf der Straße entschieden (ab Baumschulenstraße) (17). Dafür musste ich das Fahrrad aber über eine Treppe hoch auf die Straße tragen (ungeplant, um einen längeren Umweg zu vermeiden).

         Späht’sche Baumschulen


Die Baumschulenstraße weist auf die an der Straße liegende Baumschule hin. Direkt an der Baumschule ist sie die Späthstraße (weiter südlich).
1864 wurde die Baumschule von Kreuzberg, wo sie vor 300 Jahren gegründet wurde, nach Britz, vor den Toren Berlins, verlegt. 1900 war es die größte Baumschule der Welt.

1945 wurde Hellmut Späth im KZ ermordet. Obwohl er seit 1933 NSDAP-Mitglied war und aufgrund seiner Kontakte an Staatsaufträgen wohl auch gut verdient hatte. Aber er teilte nicht die Rasse-Ideologie der Nazis. Seine erste Frau war Jüdin und er beschäftigte jüdische Mitbürger in seiner Baumschule. Das brachte ihm die Verhaftung und Deportierung in das KZ
Aber schön war es 
Sachsenhausen.

1949 wurden die Späths enteignet und der Betrieb ein VEG – Volkseigenes Gut. 1997 erhielten die Erben das Eigentum zurück. Danach sollen sie das Unternehmen an ein Konsortium um die Familie Graf von Castell-Castell verkauft haben.

1879 legte Franz Späth im Garten seiner Villa in Britz eine Baum- und Strauchsammlung an und ließ das Arboretum im englischen Landschaftsgarten-Stil gestalten. Rund 1.200 Gehölzaren hat das Arboretum. Zu DDR-Zeiten wurde es der Humboldt-Universität angegliedert (und wohl nicht zurückgegeben?).

Die Baumschulenstraße bringt mich bis zur Spree und der Südspitze des Plänterwaldes (19). Ein kleines Stück weiter südlich mündet der Britzer Verbindungskanal in die Spree.

Plänterwald

Plänterwald ist der Name des Ortsteils und des Forstes an der Spree. Der Name kommt von der Art der Bewirtschaftung des Forstes. Es ist ein Plenterwald. In solchen Wäldern werden einzelne Bäume geschlagen und es erfolgt kein Kahlschlag. Der Wald verjüngt sich selbst, während bei Kahlschlag Altersklassen-Wälder entstehen. Es ist ein bewirtschafteter Forst, der aber wegen des selbständigen Nachwuchses wie ein Urwald aussehen kann.Forstwirtschaftlich wird der Plänterwald seit Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr genutzt. Er dient der Naherholung.


Jetzt fahre ich ein ganzes Stück am linken Ufer der Spree entlang. Schön zu fahren. Am Spreebogen komme ich zum Spreepark (21), ehemals ein großer Vergnügungspark im Plänterwald, jetzt eine eingezäunte Wildnis.

Spreepark Berlin


Als Kulturpark gibt es ihn seit 1969. Anlässlich des 20. Gründungsjahres der DDR wurde der fast 30 Hektar große Park eröffnet. Die Attraktion war ein Riesenrad. Darum herum war Platz für Fahrgeschäfte und Kirmes-Buden.

Das Riesenrad im "Urwald"
Am Beginn des Spreeparks steht das „Eierhäuschen(21). Es wird gerade saniert. Das kleine Gasthaus geht auf eine Schifferkneipe neben einem Lagerplatz von 1837 zurück. Woher der Name kommt? Genau weiß man es nicht mehr. Vielleicht hat der Wächter des Lagerplatzes nebenbei Eier verkauft?

1991 wurde der Park vom Berliner Senat an einen Hamburger Schausteller vergeben. Der modernisierte den Freizeitpark, holte Anlagen des größten französischen Freizeitparks Mirapolis bei Paris nach Berlin, baute eine Wasserlandschaft mit Wildwasserbahn und – scheiterte. Nach Insolvenz setzte er sich mit einem Teil der Anlagen nach Lima in Peru ab, um dort neu anzufangen - und scheiterte wieder. In Berlin blieben einige Millionen Euro Schulden zurück, die der Senat verbürgt hatte.

Das stillstehende Riesenrad (22) und die langsam verfallenden Gebäude sind durch das Grün des Waldes zu erkennen.  Wie es weitergeht? Unklar. Vorläufig gibt es geführte Nostalgie-Touren durch die Wildnis.

Nördlich des Spreeparks ist die Spreeinsel „Insel der Jugend“ (23), mit einer Brücke mit dem Ufer verbunden. Seit 1949 heißt die Insel so. Ab 1984 gab es den Jugendclub INSEL im Brückenhaus. Nach der Wende wurde er weitergeführt. Ein Insel-Biergarten lädt die Besucher des Treptower Parks ein.
Insel der Jugend und Abtei-Brücke
Früher, Ende des 19. Jahrhunderts, hieß die Insel einmal „Abteiinsel“. Der Name kam von dem 1914 abgebrannten Ausflugslokal, das im Stil einer schottischen Abtei gebaut worden war.  Ein Kloster soll es hier nie gegeben haben. Oder vielleicht doch? Die Flächen des gegenüberliegenden Treptower Parks sollen dem Orden der Tempelritter gehört haben, bevor sie an den Ritter von Stralau kamen.
Die Brücke zur Insel heißt noch immer Abteibrücke.

Südlich des Eierhäuschen stehen auf der anderen Spreeseite die Gebäude des ehemaligen DDR-Rundfunks an der Nalepastraße (20). Bis zur Teilung Berlins kamen die Radioprogramme aus dem 1929 gebauten Haus des Rundfunks an der Masurenallee im Westteil der Stadt. Also bauten die Sowjets ihren eigenen Rundfunk im Ostteil der Stadt auf. Eine leerstehende ehemalige Sperrholzfabrik wurde ab 1951 zu einem Funkhaus ausgebaut. Später kam ein Neubau dazu.  Nach der Wende kam das Aus. Der Große Aufnahmesaal und die Studios werden gelegentlich für Veranstaltungen genutzt. Ein Investor will um das denkmalgeschützte Rundfunkhaus ein Konferenzzentrum entwickeln. Will.

Hinter dem Plänterwald beginnt der Treptower Park (25), der im Norden bis zu den Gleisanlagen der Ringbahn und dem gleichnamigen S-Bahnhof reicht.

Treptower Park


Das Sowjetische Ehrenmal
 im Treptower Park
Er ist einer von vier Parkanlagen aus dem 19. Jahrhundert, die erhalten geblieben sind (weitere: Volkspark Friedrichshain, Volkspark Humboldthain am Bahnhof Gesundbrunnen, Viktoriapark in Kreuzberg). 1876 bis 1888 wurde er von dem Städtischen Gartendirektor Gustav Meyer angelegt. Er plante die Parks als Erholungsflächen für die einfachen Bürger der Stadt.

Der Treptower Park lag damals außerhalb der Stadt Berlin in der Landgemeinde Treptow, die zum Landkreis Teltow gehörte. Eigentümer der Flächen war aber die Stadt Berlin in der Nachfolge der Stadt Cölln (171o wurden die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorothee, Friedrichstadt zu Königlichen Haupt- und Residenzstadt vereint). Ein Ritter von Stralau überließ 1261 das Vorwerk Treptow der Stadt Cölln.

Gewerbeausstellung im Treptower Park


1896 fand im Treptower Park die Berliner Gewerbeausstellung statt. Vorläufer war die Gewerbeausstellung 1879 auf dem ULAP-Gelände am Hauptbahnhof (siehe Bericht „Charité und Lazarett“). Eigentlich wollte man nach den Weltausstellungen in London und Paris eine eigene Weltausstellung nach Berlin holen.
 „Man“ war der 1879 gegründete „VBKI Verein Berliner Kaufleute und Industrieller“, den es noch heute gibt (und in dem ich in meiner aktiven Zeit bei der GSW auch Mitglied war). Der übernahm die Initiative, als Kaiser und Reichsregierung wegen der Finanzsituation des Reiches eine Weltausstellung ablehnten. Eine Weltausstellung wurde es dann nicht, aber eine große „Gewerbeausstellung“. Eine deutsche Leistungsschau zur Stärkung der heimischen Wirtschaft sollte es werden.

A
Wohnen an der Spree
Gegenüber dem Treptower Park
uf 900. 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche präsentierten 3.780 Aussteller im Treptower Park ihre Produkte und Entwicklungen. Die Ausstellung war keine reine „Mustermesse“, vielmehr wurden auch Unterhaltung und Gastronomie für die Ausstellungsbesucher angeboten. In einer Kolonial-Ausstellung waren Dörfer aus den deutschen Kolonien nachgebildet und über 100 „Eingeborene“ wurden zur Schau gestellt. Straßen der Kairoer Altstadt mit Basaren wurden nachgebaut. 120 historische Berliner Gebäude wurden abgebildet. Es muss eine Schau der Superlative gewesen sein. Über 7 Millionen Besucher wurden gezählt.

Zur Gewerbeausstellung sollte auch der U-Bahn-Probetunnel der AEG unter der Spree (von der Halbinsel Stralau bis um Treptower Park) eröffnet werden. Das klappte wegen des schwierigen Baugrunds nicht. Er wurde erst 1899 fertiggestellt.
Bis 1932 wurde der Tunnel von der Berliner Straßenbahn befahren. Dann wurde der Betrieb wegen Schäden im Tunnel eingestellt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Tunnel geflutet, um einen Einsturz zu verhindern. Im Treptower Park erinnert nur noch der „Platz am Spreetunnel“ an den ersten Berliner Tunnel.

Nach Ende der Ausstellung im Oktober musste alles wieder rückgebaut werden, die Parkanlage musste wiederhergestellt werden. Erhalten geblieben ist nur das Riesenfernrohr von Friedrich Simon Archenhold mit einer Brennweite von 21 Metern. Es ist noch immer das größte Linsenfernrohr der Welt. Hieraus entstand die Archenhold-Volkssternwarte.


Schon vor der Gewerbeausstellung gab es gegenüber der Insel der Jugend das Gasthaus „Zenner(25). 1822 wurde es als „Magistrats Kaffeehaus“ errichtet. Im 2. Weltkrieg zerstört, wurde es nach dem Krieg im Stil der Neorenaissance wiedererrichtet und HO-Gaststätte.
Nach der Wende wurde das Zenner-Wirtshaus mit Biergarten auch als „Jazzlokal Eierschale“ bekannt (nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Jazzclub in Dahlem). Derzeit ist das Zenner nach Insolvenz geschlossen und wartet auf einen neuen Pächter.

Im Treptower Park errichteten die Sowjetischen Truppen 1949 ein bombastisches Ehrenmal (29) und den Soldatenfriedhof, auf dem 7000 gefallen sowjetische Soldaten begraben sind.  Bei den Verhandlungen über die Deutsche Wiedervereinigung musste sich die Bundesrepublik gegenüber der Sowjetunion verpflichten, den Bestand des Ehrenmals dauerhaft zu sichern (2004 wurde die Anlage für 11 Millionen EUR saniert).

Molecule Man neben dem Treptowers
Gegenüber des Treptower Parks ist am anderen Ufer der Spree die Halbinsel Stralau (29). Nach der Wende wurde dort die gewerbliche Bebauung durch moderne Wohnbauten abgelöst. Hier und am Ufer der dahinter liegenden Rummelsburger Bucht entstand Mitte der 1990er Jahre das Entwicklungsgebiet Rummelsburger Bucht. Für die Olympiade 2000 war auf der Halbinsel das Olympische Dorf vorgesehen. Das scheiterte bekanntlich. Gebaut wurde trotzdem.

Der Treptower Park wird im Norden durch die Ringbahn begrenzt. Hinter der Ringbahn wurde 1998 das 32 Etagen hohe und weit sichtbare Bürohaus Treptowers (32) für die Allianz-Versicherung gebaut.  

Neben dem Treptowers steht in der Spree seit 1999 der 30 Meter hohe „Molecule Man(33) an dem Schnittpunkt der drei früher selbständigen Bezirke Friedrichshain, Kreuzberg und Treptow. Wohl daher ist der „Mann“ auch ein dreifacher, man sieht aber meist nur zwei. Die Skulptur besteht aus gelochten Aluminiumplatten. Finanziert hat die Figur die Allianz AG.

Mein Weg führt jetzt von der Spree weg zum sog. Flutgraben (35) und dem Landwehrkanal. Der Flutgraben ist die Grenze zwischen den Ortsteilen Kreuzberg und Alt-Treptow. Zu DDR-Zeiten war hier die Mauer.

Osthafen
Vorher ein Blick auf das andere Ufer der Spree (33). Dort war der Osthafen mit den Speichergebäuden. Inzwischen sind die Lagerhäuser Büros, Hotels, Veranstaltungsräume geworden. Sie sind Teil des Entwicklungsprojektes „Mediaspree“ mit der Ansiedlung von Kommunikations- und Medien-unternehmen.

Zwischen dem Flutgraben und dem Landwehrkanal liegt die Lohmühleninsel. Der Name stammt von den Lohmühlen, die hier bis zum Ende des 19. Jahrhunderts Eichen- und Fichtenrinde zur Herstellung von Gerberlohe zermahlen haben. Das bedeutet, dass es in der Nähe auch Lederverarbeitung gab. Die Lohmühlen waren damals Windmühlen. Ein Fließgewässer gab es dort nicht.

Landwehrkanal


Oberbaumbrücke
Im frühen 19. Jahrhundert und mit der beginnenden Industrialisierung reichten die Transportkapazitäten der Spree nicht mehr aus. Es entstand 1818 die Idee, den Schiffsverkehr auf einem Kanal außerhalb der Akzisemauer (städtische Zollgrenze) um die Stadt zu lenken. Der bestehende Floßgraben von der Spree zum Halleschen Tor (für Holztransporte) bot sich für den Ausbau an. Der Ursprung des Floßgrabens war ein Landwehrgraben, der im 15. Jahrhundert vor der Stadtmauer vom Oberbaum im Osten bis zum Unterbaum bei Charlottenburg angelegt worden war. Als Landwehr bezeichnete man vor der Stadtmauer angelegte Befestigungen, hier in Form eines Grabens.

Oberbaum und Unterbaum waren im Bereich der Spree angelegte schmale Schiffsdurchlässe, an denen der Schiffszoll kassiert wurde. Nachts wurden die Durchlässe mit einem schwimmenden Baum verschlossen.

1840 erhielt schließlich Peter Joseph Lenné den königlichen Auftrag zur Planung eines Entlastungskanals. 1850 konnte der Kanal eröffnet werden.
Idylle am Flutgraben
Der Landwehrkanal zweigt südlich des Schlesischen Tores von der Spree ab, verläuft außerhalb der alten Stadttore Kottbusser Tor und Hallesches Tor, passiert den Tiergarten und trifft in Charlottenburg wieder auf die Spree. Vom Wasser der Spree wird der Kanal an den Endpunkten durch zwei Schleusen getrennt, die Oberschleuse an der Lohmühleninsel und die Unterschleuse in Charlottenburg. Dadurch kann die Wassertiefe des Kanals unabhängig vom Wasserstand der Spree reguliert werden.  
Gebaut wurde der Kanal für Schiffe mit Finowmaß (1845 für den Finowkanal festgelegt, bis 200 Tonnen Ladefähigkeit). Nach der Fertigstellung des breiter gebauten Mittellandkanals musste der Landwehrkanal und die Schleusen verbreitert werden (Schiffe bis 500 Tonnen Ladefähigkeit, Breslauer Maßkahn), damit die Frachtkähne die Oder erreichen konnten.
Heute wird der Kanal fast nur noch von Ausflugsschiffen und Sportbooten genutzt.


Landwehrkanal und
Neuköllner Schifffahrtkanal
Hinter der Lohmühle beginnt nördlich des Kanalufers (36) der Görlitzer Park. Der wurde Ende der 1980er Jahre nach Abriss der Gleisanlagen des Görlitzer Bahnhofs angelegt. Der Görlitzer Bahnhof war Endpunkt der Eisenbahnstrecke über Cottbus nach Görlitz. Im 2. Weltkrieg stark beschädigt, wurde er ab 1950 aufgegeben und abgerissen.
Die Zustände im Görlitzer Park stoßen immer wieder auf Kritik. Er ist einer der Drogen-Verkaufsplätze in Berlin und unsicheres Gebiet.

Ich fahre auf dem südlichen Kanalufer. Hier besteht, fast gegenüber dem Görlitzer Park, auf dem ehemaligen Mauerstreifen seit 1991 ein Wagenburg-Projekt, Wohnen in Bauwagen und Bretterbuden, aber mit Solarstrom (wie das Foto zeigt). Der Bewohner-Verein „Kulturbanausen“ hat einen eigenen Internet-Blog und hat die Grundstücksbesetzung mit einem Pachtvertrag mit dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg legalisiert.

Am Maybachufer
Ein kurzes Wegstück weiter mündet der Neuköllner Schifffahrtskanal in den Landwehrkanal (37). Er verbindet den Landwehrkanal mit dem Teltowkanal und dem  Britzer Verbindungskanal.

Hier beginnt das Kreuzberger Maybachufer (38). Ende des 19. Jahrhunderts war es noch ein Wiesenufer. Heute wohnt man idyllisch in schmucken Gründerzeitbauten.

Über die Kottbusser Brücke (der Kottbusser Damm kommt vom Kottbusser Tor, dem „Kotti“). Gegenüber ist das Fraenkelufer. Im Gegensatz zum Kottbusser Tor eine sehr schöne Wohnlage. Hinter der Admiralbrücke ist der ehemalige Urbanhafen.

Es folgt das „Alte Zollhaus“ (41)am Carl-Herz-Ufer. Einst musste hier der Schiffszoll gezahlt werden. Aber das ist länger her. Der Ursprung des Gebäudes ist ein Depot der
Altes Zollhaus
Berliner Stadtreinigung von 1901. 1988 übernahm Herbert Beeltle dort das Restaurant und machte daraus einen „Klassiker“ (10 Jahre später eröffnete er am Gendarmenmarkt das „Aigner“). Man konnte in beiden Restaurants sehr gut essen. In diesem Jahr hat das Rutz-Restaurant das „Alte Zollhaus“ übernommen.

Ich umfahre den Blücherplatz, komme an der „Heilig-Kreuz-Kirche“ (42) (gegenüber sind die Friedhöfe vor dem Halleschen Tor, Friedhöfe von sechs Kirchengemeinden) und an der „Dragoner Kaserne(43) vorbei und überquere den Landwehrkanal auf der Mehringbrücke.

Das Hauptgebäude der ehemaligen Garde-Dragoner-Kaserne wird vom Kreuzberg genutzt. 1855 wurde die Kavalleriekaserne fertiggestellt und 1919 wieder aufgegeben. Das Gebäude erinnert weniger an eine Kaserne als an einen florentinischen Stadtpalast. Das Finanzamt zog ein und das restliche Areal wurde ein Gewerbehof. Das ist heute noch so. Lange Zeit war die Zukunft der ehemaligen
Ehem. Dragoner Kaserne
Kaserne zwischen dem Bundesfinanzminister als Eigentümer und dem Land Berlin umstritten. Jetzt soll das untergenutzte Gewerbeareal neu bebaut werden. Bis Ende nächsten Jahres sollen die Pläne fertig sein.

Hinter der Möckernbrücke beginnt am Halleschen Ufer der Elise-Tilse-Park (44) (benannt nach der Kreuzberger Kulturamtsleiterin Elise Tilse, 1910 – 2005).

Vor dem Krieg waren hier die Bahnhofs- und Gleisanlagen des Anhalter-Bahnhofs. Nach der Berlin-Blockade Berlins durch die Sowjetunion 1948/1949 ließ die sowjetische Militäradministration keine Züge mehr fahren (die hatte die Transporthoheit für ganz Berlin). 1959 ließ der Westberliner Senat das Bahnhofsgebäude sprengen (was nicht unumstritten war). Nur ein Teil des Bahnhofseingangs blieb stehen und erinnert heute noch an den Bahnhof. Und die zum Teil noch sichtbaren Gleise im Elise-Tilse-Park.

Hinter dem Elise-Tilse-Park steht seit 2001 ein „Zirkuszelt aus Beton“, das Neue Tempodrom für Konzerte und Veranstaltungen. Vorgänger war tatsächlich ein Zirkuszelt, das zunächst in der Nähe des Bundeskanzleramtes stand. Die Baukosten für das Beton-Zelt waren doppelt so hoch wie geplant und kosteten den damaligen Bausenator das Amt.

Gegenüber ist am Tempelhofer Ufer das „Deutsche Technikmuseum“.

Deutsches Technikmuseum Berlin

        
Das Technikmuseum steht auch zum großen Teil auf dem Gelände des früheren Anhalter Bahnhofs. 1983 wurde das Museum eröffnet. Zwei Ringlockschuppen des Anhalter Bahnhofs konnten genutzt werden. Ein Museumsneubau wurde 2001 fertiggestellt. Sichtbares „Aushängeschild“ ist der ausgestellte Rosinenbomber.
Zum Technikmuseum gehört das danebenstehende Sience Center Specturm, das 1990 in dem ehemaligen Verwaltungsgebäude des Anhalter Güterbahnhofs eingerichtet wurde. Besucher sollen hier durch Experimente technische und naturwissenschaftliche Zusammenhänge erfahren.

Es folgt am Halleschen Ufer der Mendelsohn-Bartoldy-Park (45). Auch dieser Park hat eine „Verkehrs-Geschichte“. Allerdings eine nicht mit Lokomotiven, sondern mit Schiffen. Hier war einst der Schöneberger Hafen, der im Zusammenhang mit dem Landwehrkanal entstand. Große Bedeutung hat er nie gehabt und nach dem 2. Weltkrieg wurde er zugeschüttet.

Mit der Namensgebung erinnert Berlin an den Komponisten Felix Mendelsohn-Bartoldy. Sein Vater war Mitinhaber des Berliner Bankhauses Mendelsohn. Nach seiner evangelischen Taufe nahm der Vater den Namen Mendelsohn-Bartoldy an.
Der Name Mendelsohn geht auf den Dessauer Mendel Heymann (Menachem Chaim) zurück. Dessen Sohn Moses war der Sohn Mendels oder Mendelsohn.
Von 1841 bis 1814 war Felix Mendelsohn-Bartholdy Kapellmeister und Preußischer Generalmusikdirektor in Berlin.  Er starb in Leipzig (Mendelsohn-Haus) und ist in Berlin auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Kreuzberg beerdigt (Einer der Friedhöfe vor dem Halleschen Tor, gegenüber der Heilig-Kreuz-Kirche).

Nach dem Bartoldy-Park heißt das nördlich Kanalufer Reichspietschufer mit dem zum Quartier Potsdamer Platz gehörenden Atrium Tower (früher debis-Haus) (46).

Potsdamer Platz


debis-Haus
Der Potsdamer Platz war nach dem Bau der DDR-Mauer geteilt. Noch nach dem Krieg stehen gebliebene Gebäude wurden zur Grenzsicherung abgeräumt.
Nach dem Fall der Mauer wurde das Brachgelände eine der größten Baustellen Berlins. Der damalige Senatsbaudirektor wollte eine Bebauung, die sich an der klassischen Berliner Blockbebauung und einer einheitlichen (Berliner) Traufhöhe orientieren sollte. Er setzte sich nicht gegen das interessantere Konzept der Investoren mit großstädtischerer Hochhausbebauung durch.

Maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Potsdamer Platzes hatte der damalige Daimler-Benz Chef Edzard Reuter, Sohn des ehemaligen Berliner Oberbürgermeister Ernst Reuter (1948 – 1953 für Westberlin).
Führende Architekten beteiligten sich an den Planungen. Die wesentlichen Bauen sind das Sony Center und der Bahn Tower (Helmut Jahn, deutsch-amerikanischer Architekt, auch: Frankfurter Messeturm, Post Tower in Bonn), der Kollhoff-Tower im Backsteinstil (Hans Kollhoff, auch: Main Plaza Wohnhaus in Frankfurt/Main, Piraeus Wohnblock in Amsterdam), die Potsdamer Platz Arkaden, das debis-Haus (nach Auszug von Daimler Benz ist es der Atrium Tower) und das PWC-Haus (Renzo Piano, italienischer Architekt, auch: Centre Pompidou in Paris, NEMO in Amsterdam, The Shard in London, Quartier Le Albare in Trient).

Gegenüber ist am Schöneberger Ufer der Park am Karlsbad.

Feruersozietät am Karlsbad


Am Karlsbad war nicht das Bad des Prinzen Karl von Preußen. Aber die Straße daneben ist nach ihm benannt. Andere Quellen meinen, das der aus Karlsbad stammende Badeanstaltbesitzer an seine Geburtsstadt Karlsbad in Böhmen erinnern wollte.
Tatsächlich stand hier einmal eine Badeanstalt. 1828 erhielt er die Genehmigung, die daran vorbeiführende Privatstraße „Auf dem Carlsbade“ zu nennen. Weil er angeblich den Prinzen Carl Alexander so verehrte. Oder weil das das Bad auch ein wenig aufwertete?

Feuersozietät am Karlsbad
Prinz Carl Alexander von Preußen war Herrenmeister des Johanniterordens. Ab 1863 war er an den Vorbereitungen zur Gründung des Internationalen Roten Kreuzes beteiligt. 1864 wurde ein Vorläuferverein des Deutschen Roten Kreuzes gegründet.  
Prinz Carl vererbte den Johannitern eine Million Goldmark, mit denen der Orden ein Siechenhaus für Arbeiter in Lichterfelde betreiben konnte. Das Haus besteht heute noch als Johanniter-Stift Berlin-Lichterfelde für betreutes Wohnen in der Finkensteinallee.

An der Straße Am Karlsbad hat die Feuerversicherung Versicherungsgesellschaft ihren Sitz. Das Gebäude wurde 1936 am Park am Karlsbad gebaut.

Die Feuersozietät ist die zweitälteste Versicherungsgesellschaft in Deutschland, 1719 von König Friedrich-Wilhelm I. in Preußen (Soldatenkönig) zur Erhaltung der Gebäude für Berlin gegründet, ein Jahr später für Brandenburg. Vorbild für den König war die Hamburger Feuerkasse, 1676 gegründet.


Die Nationalgalerie

Es folgt die Potsdamer Brücke. An der Ecke Potsdamer Straße/Reichspietschufer steht der Bau der Klassischen Moderne von Mies van der Rohe, die Nationalgalerie (47).  Seit 2015 wird das 1968 eröffnete Museum saniert.

Neue Nationalgalerie
Die Nationalgalerie war das erste Gebäude des damals neu entstehenden Kulturforums unweit des Potsdamer Platzes. Es folgten Staatsbibliothek (1978 eröffnet, Architekt Hans Scharoun und Edgar Wisniewski, Philharmonie (1963 eröffnet, Architekt Hans Scharoun), Gemäldegalerie (seit 1989 in dem Neubau, Architekten Hilmber & Sattler und Albrecht), Kunstgewerbemuseum (seit 1985 in dem Neubau, Architekt Rolf Gutbrot), Kupferstichkabinett (1994 eröffnet, Architekten Hilmer & Sattler und Albrcht), Musikinstrumente-Museum. (Neubau 1984, Architekt Edgar Wisniewski).  Abgeschlossen werden soll das Ensemble mit dem geplanten „Museum des 20. Jahrhunderts“.

Am Reichspietschufer

Das Reichpietschufer hat viele historische Bauten. Nach der Neuen Nationalgalerie kommt das Wissenschaftszentrum Berlin (48) das Shell-Haus (49), der Bendlerblock (50) des Bundesministeriums für Verteidigung, das Bauhaus-Archiv. Das Reichpietschufer ist seit 1947 nach einem der Organisatoren einer Antikriegsbewegung von Matrosen der Kriegsmarine (vor dem Kieler Matrosenaufstand), Max Reichpietsch, benannt. Er wurde 1917 zum Tode verurteilt und erschossen.

Wissenschaftszentrum Berlin
Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB) wurde 1969 gegründet. Es ist im ehemaligen Reichsversicherungsamt (Neorenaissance-Gebäude von 1894, das einzige Gebäude, das dort den 2. Weltkrieg überstanden hat) und dem daneben gebauten Postmoderne-Bau untergebracht.
In der außeruniversitären Forschungseinrichtung arbeiten Soziologen, Politologen, Wirtschaftswissenschaftler, Informatiker u.a. zu Fragen der Globalisierung zusammen.
Der Soziologe Ralph Dahrendorf arbeitete von 2005 bis 2009 in dem Institut (1982 zum „Sir“ geadelt, in Großbritannien Mitglied im Hause of Lords (Oberhaus), in Deutschland Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatsekretär, in Europa Mitglied der der EU-Kommission).

Das Shell-Haus fällt durch seine markante, wellenförmige Fassadengestaltung auf. 1930 – 1932 wurde es für die Rhenania-Ossag Minralölwerke AG gebaut, die 1947 die Deutschen Shell AG wurden.
Die konnten das Bürogebäude aber nicht lange selbst nutzen. Ab 1934 war dort das
Shell-Haus
Oberkommando der Marine untergebracht. 1946 übernahm die BEWAG (Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG – von Berlin an den Vattenfall Konzern verkauft) das Gebäude. 2000 wurde es an die VEBA-Immobilientochter Viterra verkauft (Viterra wurde 2005 von der Annigton-Immobiliengruppe übernommen) und an die GASAG und ab 2012 an das Verteidigungsministerium vermietet. Also wieder eine militärische Nutzung.

Der Bendlerblock und die angrenzenden Gebäude sind der Berliner Dienstsitz des Bundesverteidigungsministeriums (der erste Dienstsitz ist weiter in Bonn). Fertiggestellt wurde das Hauptgebäude für die Reichsmarine 1914, im Jahr des Beginns des 1. Weltkriegs. Den Namen „Bendlerblock“ erhielt das Gebäude von dem damaligen Straßennahmen „Bendlerstraße“.
Im Bendlerblock formierte sich der Widerstand gegen Hitler, der 1944 zu dem Attentat durch Staufenberg führte. Die Beteiligten wurden erschossen oder zum Tode verurteilt.
Im Innenhof des Bendlerblocks wurde zur Erinnerung eine Gedenkstätte errichtet, die besucht werden kann.  In den historischen Räumen des 20. Juli 1944 ist eine Bildungsstätte für den Widerstand eingerichtet. Die Bendlerstraße wurde in Staufenbergstraße (Querstraße des Reichspietschufers) umbenannt.

Das Bauhaus-Archiv fällt am Landwehrkanal mit seinen pultartigen Dachaufbauten auf. 1979 wurde der vom Land Berlin finanzierte Bau für die Sammlungen und Dokumente zur Geschichte des von Walter Gropius in Weimar gegründeten Bauhauses übergeben (zum Bauhaus siehe den Bericht „Radtour Berlin – Göttingen“).


Es folgt die Klingelhöferstraße (51). Dahinter wechselt die Route auf das südliche Kanalufer. Auf dem Dreieck Klingelhöferstraße und Landwehrkanal hat die Bundes-CDU ihr Haus. Dahinter sind am Tiergarten die Nordischen Botschaften. Die Klingelhöferstraße ist eine Sichtachse auf den Großen Stern, wegen der goldglänzenden Siegesgöttin Viktoria auf der Säule.


Am Landwerhrkanal

Dann trennt der Landwehrkanal den Berliner Zoo und den Tiergarten (52).

Blickachse zur Siegessäule
Der Große Tiergarten geht auf einen 1527 angelegten Tiergarten zurück. Tiergärten waren damals eingezäunte Waldgebiete, in denen Wild ausgesetzt wurde, das darin bequem gejagt, besser gesagt erlegt, werden konnten. Ein königliches Vergnügen.
Friedrich II. der Große mochte die Jagd nicht und ließ 1742 den Tiergarten zu einem „Lustgarten“ für die Bevölkerung umgestalten.
Ein Jahrhundert später entstand nach den Plänen von Peter Joseph Lenné ein Landschaftspark nach englischem Vorbild.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bäume und Büsche des Tierparks in Ermangelung anderen Brennmaterials abgeholzt. Auf 2.550 Gartenparzellen wurde Kartoffeln und Gemüse angepflanzt. 1949 wurde mit der Wiederaufforstung begonnen. Das Konzept für den heutigen Tiergarten stammt von Wilhelm Alverdes, Leiter des Gartenbauamtes des Bezirks Tiergarten.

Mit der von Friedrich dem Großen veranlassten Umgestaltung wurde auch eine Fasanerie eingerichtet. Einen Teil des Fasanerie-Geländes erhielt der Zoologe der Berliner Universität, Martin Hinrich Lichtenstein, 1841 für die Einrichtung eines Zoos. Er wurde der erste Direktor des 1844 eröffneten Berliner Zoos.


Umlaufkanal auf der Schleuseninsel
Dahinter kommt die Unterschleuse (53), das Gegenstück zur Oberschleuse im Osten. Beide sind gleich angelegt mit Schleusenkanal und Flutgraben.
Nicht zu übersehen ist der große blaue „Kasten“ mit der rosaroten Röhre auf der Schleuseninsel. Das ist der Umlaufkanal des Wasser- und Schifffahrtsinstituts.
Nördlich der Insel, zwischen Landwehrkanal und Straße des 17. Juni, ist Nostalgie angesagt. Hier kann man die letzten Gaslaternen Berlins (und inzwischen aus 36 anderen Städten) im „Gaslaternen Freilichtmuseum“ bewundern. Südlich der Insel, gegenüber dem Flutgraben ist Erholung angesagt. Hier kann man eine Pause im Biergarten „Schleusenkrug“ machen.

Die Straße des 17. Juni kreuzt den Landwehrkanal (54).

Die Straße des 17. Juni wurde 1953 zur Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR so benannt. Die Straße ist Teil der 1697 angelegten Straße vom Berliner Stadtschloss zum damaligen Schloss Lietzenburg (heute Schloss Charlottenburg) mit den heutigen Straßen Straße Unter den Linden, Straße des 17. Juni, Ernst-Reuter-Platz, Otto-Suhr-Allee (früher Spandauer Allee).

An der Straße des 17. Juni bewachen die Torgebäude des Charlottenburger Tors die Brücke über den Landwehrkanal. Stadtauswärts stehen zu beiden Seiten der Straße des 17. Juni Gebäude der Technischen Universität.

Charlottenburger Tor


1909 wurden die Torgebäude zu beiden Seiten der Charlottenburger Chaussee fertiggestellt. In Auftrag gab sie die damals selbständigen Stadt Charlottenburg zusammen mit der Charlottenburger Brücke über den Landwehrkanal (die bis dahin eine Holz-Klappbrücke war). Die Stadt wollte eine repräsentative Eingangssituation und ein Gegenstück zum Berliner Brandenburger Tor schaffen. Schließlich hatte die Stadt zu der Zeit ein höheres Steueraufkommen als Berlin.

Charlottenburger Tor
Vor den Torhäusern standen an gleicher Stelle zwei gegenüberstehende Zollhäuser. In dem einen wurde die Mahl- und Schlachtsteuer (Verbrauchssteuern), im anderen das Chausseegeld erhoben. Die Architektur für die 1856 gebauten Zollhäuser stammte von Friedrich August Stüler, Direktor der Berliner Bauakademie und Architekt des König Wilhelms IV..

Nach 1937 wurden das gesamte Charlottenburger Tor und die Brücke im Zuge der Schaffung einer bombastischen Ost-West-Achse im Auftrag von Albert Speer abgetragen und mit größerem Abstand zueinander wiederaufgebaut.


Von hier hat es der Landwehrkanal nicht mehr weit bis zur Spree. „Einsteinufer“ und „Salzufer“ begleiten ihn. Am Salzufer ist die Berlin-Niederlassung von Daimler-Benz in Berlin, dahinter die KPM, Königliche Porzellan Manufaktur. Die wurde 1763 von Friedrich II. dem Großen gegründet.


An der Spree

An der Spree fällt gleich zu Beginn ein großes Backsteingotik-Gebäude auf. Daneben ein größerer, schlichterer „Kasten“. Die großen Schornsteine dahinter lassen ahnen, was für ein Gebäude es ist: Heizkraftwerk Charlottenburg (57). 1900 wurde es als Elektrizitätswerk
Heizkraftwerk Charlottenburg
für die Stadt Charlottenburg gebaut. Mit einer heute noch schönen Backsteingotik-Schaufassade. Gut, dass die Stadt Charlottenburg damals so viel Geld hatte, sich solche Architektur zu leisten. Das 1955 daneben errichtete verklinkerte Kesselhaus ist deutlich schlichter ausgefallen.


Am südlichen Kanalufer verraten die goldenen Zwiebeltürme hinter dem „Spreekieker-Park(58) das Gebäude, eine russisch-orthodoxe Kirche.

Der Spreekieker-Park erinnert an einen Pionier der Berliner Funkstunde, Alfred Braun, und seine Spreekieker-Reportagen ab 1962. Zum Rundfunk kam er schon 1924. Die erste Rundfunkübertragung der Deutschen Reichpost war 1920 vom Sender Königs Wusterhausen bei Berlin. Als Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland gilt die erste Sendung der Funk-Stunde 1923 von der Sendestelle im Vox-Haus an der Potsdamer Straße (heute etwa der Standort des Kollhoff-Towers).


Dann kommt das Schloss Charlottenburg (59), an der Spree gelegen, die hier fast genau von Süden nach Norden fließt.

Schloss Charlottenburg


Schloss Charlottenburg Parksicht
Nach dem Schloss Charlottenburg ist der heutige Bezirk, die früher selbständige Stadt Charlottenburg, benannt. Das Schloss hieß aber zu Anfang anders, Lietzenburg (manchmal auch Lützowburg genannt – das Lützow hat aber nichts mit dem Lützow des Lützow-Ufers in Berlin zu tun, das war ein Freiherr von Lützow), und Charlottenburg war Lietzen. Charlottenburg klingt irgendwie besser.

Danken kann das Charlottenburg der Sophie Charlotte von Hannover. Sie war die Frau des Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, der auch Herzog in Preußen war und derjenige war, der sich selber als Friedrich I. zum König beförderte, allerdings nur „in“ und nicht „von“ (mehr dazu im Bericht „Radreise nach Danzig“).

Mit Charlotte fing auch alles an. 1684 heiratete sie den Kurprinzen (Kurfürst wurde er nach dem Tod seines Vaters). Ihr Sohn wurde der spätere Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I. und ihr Enkel war Friedrich II. der Große.

1695 erhielt die Kurfürstin (ihr Mann war seit 1688 Kurfürst) das Dorf und Gut Lietzow, 1 Preußische Meile (7,5 Kilometer) nordwestlich von (dem damaligen) Berlin und baute sich ein Schloss. 1699 konnte sie ihre Sommerresidenz Lietzenburg einweihen. Ihr Gemahl hatte nur Zutritt, wenn er ausdrücklich eingeladen war (war das Emanzipation oder Ehekälte?). Fertiggestellt war das Schloss als dreiflüglige Anlage erst 1712. Da war die Königin (ihr Mann krönte sich 1701) schon 7 Jahre verstorben.

Charlottenburger Schloss

Der Verstorbenen zu Ehren nannte ihr Mann das Schloss Charlottenburg. Nicht nur. Als selbsternannter König war die Anerkennung unter Seinesgleichen nicht sehr groß. Und so wollte er mit dem Schloss seine Verbindung zu dem anerkannten Haus Hannover herausstellen.

1740 wurde Schloss Charlottenburg die Residenz Friedrichs II. der Große. Von Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff ließ er es im Stil des Rokoko umbauen und erweitern. Später zog er in das Stadtschloss in Potsdam und Schloss Sanssouci.

Seine heutige Form erhielt das Schloss von Carl Gotthard Langhans im Auftrag von Friedrich Wilhelm II. (König 1786 bis 1797). Im 2. Weltkrieg wurde es stark beschädigt und bis 1957 wiederaufgebaut.
Die Eigentumsfrage an dem Schloss ist – anders als z.B. für Cecilienhof in Potsdam – eindeutig durch einen 1926 zwischen dem Freistaat Preußen und dem Haus Hohenzollern geschlossenen Vertrag geregelt. Es gehört der von Berlin und Brandenburg gegründeten öffentlich-rechtlichen „Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg“, nicht zu verwechseln mit der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ des Bundes und der Länder.


Es ist der Schlusspunkt des zweiten Schenkels meines Tour-Dreiecks mit dem Landwehrkanal und der Spree zu Beginn und zum Schluss. Der erste Schenkel war der Teltowkanal. Jetzt folgt die Schließung des Dreiecks, eine Strecke fast genau von Norden nach Süden: Am Messegelände vorbei, Hubertussee, Wilder Eber, Dahlem, Lichterfelde. Ohne Kanal-Begleitung. Das wäre weiter westlich die Havel und noch weiter im Westen gelegene der von der DDR gebaute Havelkanal. Das war  für diese Radtour zu weit. Aber vielleicht ist das eine nächste Tour.


Zu dem Bericht gibt es ein Fotoalbum: