Berliner Kanaldreieck –
Radtour an Kanälen und der Spree:Juni 2021
Der Teltowkanal liegt fast „vor unserer Haustür“. Er ist
diesmal der Ausgangspunkt einer Radtour am Ufer der Berliner Wasserstraßen:
Teltowkanal ab Lichterfelde, Britzer Verbindungskanal, Spree, Flutgraben,
Landwehrkanal, Spree bis zum Schloss Charlottenburg.
Routenplan mit Wegepunkten:
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Start und Ziel Drakestraße in Lichterfelde 54 Kilometer Die Ziffern an der Route entsprechen den Zahlen im Text |
Start in der Drakestraße
in Lichterfelde, bis zur Emil-Schulz-Brücke (1) über den Teltowkanal, dann auf
dem nördlichen Uferradweg in östlicher Richtung. Emil Schulz war ein Amts- und Gemeindevorsteher von Groß-Lichterfelde (das bis zur Eingemeindung nach Berlin 1920 selbständig war).
Teltowkanal
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Radweg am Teltowkanal |
Er verbindet den Havel-Schifffahrtsweg (Elbe – Havel) mit der Spree
und ist Teil der Schifffahrtsverbindung von
der Elbe zur Oder (Havelmündung bei Havelberg in die Elbe, Kanalmündung des
Oder-Spree-Kanals bei Eisenhüttenstadt in die Oder).
1906 wurde der Kanal in Betrieb genommen. Er sollte den längeren und
durch Schleusen zeitaufwändigen Wasserweg auf der Spree entlasten.
Gleichzeitig sollte er auch neue Industrieansiedlungen vor der
Stadtgrenze Berlins ermöglichen. Die Initiative ging darum auch vom Landrat des
damals selbständigen Krieses Teltow, Ernst von Stubenrauch aus.
Eine Straße in unserer Nähe ist nach ihm
benannt. Er hat auch den Bau des Grunewaldturms am Wannsee veranlasst. DerWannsee
gehörte damals zum Kreis Teltow.
Die Kanalplaner nutzten das Bachbett
der Bäke und der Lanke.
Die Bäke wurde damals auch als Telte
bezeichnet Davon ist der Name der Landschaft Teltow südlich Berlins abgeleitet
und der des Teltowkanals.
Sie entsprang am Fichtelberg im Ortsteil
Steglitz und floss in den Griebnitzsee und weiter in die Havel.
Die Lanke war ein Zufluss der Bäke. Sie gab dem
Ortsteil Lankwitz seinen Namen.
Am Bau des Kanals waren zeitweise über 2.500 Arbeiter beschäftigt, die
Hälfte von ihnen kam aus Osteuropa (Deutschland brauchte schon damals
„Gastarbeiter“).
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Teltowkanal in Lichterfelde |
Den guten Radweg am Kanal haben wir den Teidel-Wegen zu verdanken, die
neben dem Kanal angelegt wurden. Zum
Schutz der Kanalsohle und des Ufers durften die Frachtkähne nicht mit eigener
Kraft den Kanal befahren. Sie wurden von Elektrolokomotiven auf den eigens
dafür angelegten Eisenbahntrassen entlang der Ufer gezogen. Nur auf einem
Teilstück hinter der Kleinmachnower Schleuse wurden die Frachter von elektrisch
angetriebenen Schleppschiffen gezogen. Das Ufer war dort zu sumpfig und
unwegsam.
Die Treidel-Lokomotive am Kanal
Die im 2. Weltkrieg nicht zerstörten Reste der Treidelbahn wurden von
den sowjetischen Besatzungstruppen als Reparation abtransportiert (wohl alles
was nicht „Niet- und Nagelfest“ war). Zwei Locks wurden dabei scheinbar
übersehen. Eine davon steht an der Kanalbrücke in Lichterfelde (1), eine zweite
im Berliner Technikmuseum
Vorbei am Sommerbad
Lichterfelde. Am südlichen Kanalufer erinnert an der Bäkestraße das Otto-Lilienthal-Denkmal an den Berliner
Flugpionier (2).
Nicht nur das Denkmal, auch ein 15 Meter
hoher Hügel, der „Fliegerberg“, in Berlin-Lichterfelde erinnert an die Pioniere
der Luftfahrt, Otto Lilienthal. Er
und sein Bruder Gustav entwickelten als erste einen „Flugapparat“ zur Serienreife,
der auch verkauft wurde.
Vorausgegangen waren Studien des
Luftauftriebs und von Flügelformen. Unter anderem in Steglitz und Lichterfelde
in Berlin unternahmen sie erste Gleitflüge.
Ab 1894 stellte Otto Lilienthal einen
„Normalsegelapparat“ in Serie her (die Serie bestand aber wohl nur aus 8
Exemplaren?) und wurde damit zum ersten
Flugzeughersteller der Welt. Es war ein zusammenklappbares Gleitflugzeug,
das durch Gewichtsverlagerung gesteuert wurde.
Hergestellt wurden die Fluggeräte in Berlin
in der Köpenicker Straße in Berlin Mitte. Mit einem solchen Fluggerät stürzte
Otto Lilienthal 1896 aus 15 Meter Höhe ab und starb an den Folgen der dabei
zugezogenen Verletzungen.
Ein Stück weiter
ist am nördlichen Ufer der Schlosspark
Lichterfelde (3). Zu ihm gehört das
Gutshaus Lichterfelde am Hindenburgdamm (der Schlosspark ist eigentlich ein Gutspark).
1865 erweiterte der Entwickler der Villenkolonie Lichterfelde, Wilhelm von Carstenn, einen bestehenden
Vorgängerbau (siehe dazu den Bericht „Radtour zum Olympiagelände“)
An das Kanalufer
grenzen auch die Bauten des Charité
Campus Benjamin Fanklin (4).
Campus Benjamin Franklin
Nach der Teilung Berlins wurde 1948 in Westberlin die Freie
Universität FU) als Gegenstück zur im Sowjetsektor liegenden Humboldtuniversität
gegründet. 1968 wurde das Klinikum Steglitz als Teil der FU errichtet (1994
nach Benjamin Franklin umbenannt, einer der Gründer der USA). Unterstütz wurde
der Bau von der amerikanischen Benjamin-Franklin-Stiftung (gegründet von
Eleanor Dulles, Schwester des amerikanischen Außenministers), die zuvor auch
Bauherr der Kongresshalle „Schwangere Auster“ war.
Dahinter kommt der
Bäkepark (5) und gegenüber der (kleine) Steglitzer Hafen und das ehemalige
Heizkraftwerk Steglitz, in dem jetzt das „Energie-Museum“
ist.
Energie-Museum Berlin
Ehemalige Mitarbeiter der BEWAG (heute Vattenfall) betreuten
ehrenamtlich Ausstellungen zur Kraftwerkstechnik und Stromversorgung im
ehemaligen Kraftwerksgebäude. Dort ist auch der historische Batterie-Speicher
erhalten geblieben.
Das Kraftwerk war das größte jemals in Deutschland betriebene
Batterie-Speicherkraftwerk. Das West-Berliner Stromnetz war zu DDR-Zeiten ein
Inselnetz. Der Batterie-Speicher wurde zur Frequenzregelung und als
Sofortreserve benötigt. Bei einem Verbundnetz braucht man das nicht mehr.
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Uhrenturm des Ullsteinhauses |
Am Kanal sind Gewerbe-Bebauung,
Wohnsiedlungen, Einfamilien-Gebiete. Schrebergärten folgen.
Dann taucht über
den Bäumen am Kanal der Uhrenturm des Ullsteinhauses
(9) auf.
Ullsteinhaus
Der Gebäudekomplex wurde 1927 für den Ullstein-Verlag als Verlagssitz
und Druckerei gebaut. Der Buchverlag wurde 1903 von den Gebrüdern Ullstein
gegründet (zu dem auch der Propyläen-Verlag gehörte). 1960 verkauften die Erben
(die nach Enteignung im 3. Reich ihren Besitz zurückerhielten) die Anlagen an Axel Springer, der hier bis 1985 seine
Zeitschriften und Zeitungen druckte. Seit den 1990er Jahren sind verschiedene
Unternehmen und Arztpraxen Mieter der Geschossflächen. Eigentümer ist eine
Beteiligungsgesellschaft (Samwer-Brüder).
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Seiteneingang des Ullsteinhauses |
Das Ullsteinhaus war damals der größte deutsche Stahlskelettbau und bis
1957 das höchste Hochhaus Deutschlands.
1957 übernahm den Rang das Friedrich-Engelhorn-Haus der BASF in Ludwigshafen
(2014 wurde es abgerissen). Zurzeit ist der Commerzbank-Tower in Frankfurt das
höchste Gebäude Deutschlands(ohne Antennentürme und Schornsteine).
Das Ullsteinhaus entstand im Stil des Backsteinexpressionismus der 1920er Jahre. Andere Beispiele sind
der Borsigturm in Berlin-Tegel, das Chilehaus in Hamburg, das Anzeiger-Hochhaus
in Hannover oder das Marine-Ehrenmal in Laboe.
Gegenüber dem Ullsteinhaus ist der Tempelhofer Hafen (10).
Tempelhofer Hafen
Der Binnenhafen wurde mit dem Kanal 1901 bis 1908 gebaut, als
Tempelhof noch ein selbständiger Ort im Landkreis Teltow war.
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Tempelhofer Hafen |
Aus der Zeit sind auch die Landkreise
Teltow-Fläming, Dahme-Spreewald und Potsdam-Mittelmark als Rechtsnachfolger des
ehemaligen Landkreises Teltow Eigentümer des Hafens (sofern nicht inzwischen
verkauft wurde). Der Landkreis war seinerzeit einer der reichsten Kreise in
Deutschland. Mit dem Berlin-Gesetz 1920 verlor er zwar Gemeinden und
Gutsbezirke, blieb aber als Kreis selbständig.
Im Speichergebäude war bis 1990 wie auch die Berliner Senatsreserve gelagert, an vielen anderen Orten (4
Millionen Tonnen Güter in 700 Lagern) . Nach der Blockade Berlins durch die Sowjetunion 1948/1949
wurde ein Notbestand an Lebensmittel, Kleidung, Kohle, alles was man zur
Versorgung der Bevölkerung brauchte, eingelagert. 1990 wurde die Senatsreserve aufgelöst und
2009 der Speicher umgebaut und zusammen mit einem modernen Neubau als
Einkaufszentrum eröffnet.
Hier endet der Kanal-Radweg erst einmal. Der Grund ist ein Gewerbegebiet
direkt am Kanal. Die Fahrradroute muss auf die hinter den Gewerbegrundstücken
verlaufende Straße ausweichen.
Am
Tempelhofer Weg erreicht die Tour-Strecke wieder den Teltowkanal (11) und
verläuft jetzt auf dem südlichen Ufer.
Unterwegs
ist, nicht als solches zu erkennen, das ehemalige BLUB – „Berliner Luft und
Badeparadies“ (12). 1985 eröffnet war es zu Anfang ein Anziehungspunkt. Aber
irgendwie hat der Betreiber die Badelandschaft vernachlässigt. 2002 musste sie
geschlossen werden und 2003 war Schluss, Insolvenz. Inzwischen ist das ganze
eine immer mehr verfallende Ruine.
Dann
kommt die Kanalkreuzung Landwehrkanal
– Neuköllner Schifffahrtskanal – Britzer Verbindungskanal. Dem Neuköllner
Schifffahrtskanal bin ich schon einmal begegnet. Das war am Teltowkanal. Der
Neuköllner Kanal verbindet Teltow- und Landwehrkanal.
Ich
folge jetzt dem Britzer Verbindungskanal
bis zur Spree. Der Teltowkanal biegt hier nach Süden ab und mündet weiter
süd-östlich in die Dahme. Vorher muss ich noch die Autobahn A 113 überqueren (13).
Britzer Verbindungskanal
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Erinnerung an den letzten Mauertoten. |
Hinter
der Autobahn bin ich von der Neuen Späthstraße Richtung Kanal abgebogen. Ein
Feldweg, ein bisschen „querbeet“, bis zum Kanal (14).
Dafür
folgt ein sehr idyllischer und
naturnaher Abschnitt am Britzer Verbindungskanal, allerdings mit einer schwer
zu fahrenden Sandpiste. Es ist ein Teil der ehemaligen Mauergrenze. Eine Stehle
erinnert an den letzten Mauer-Toten (15). Der 20 -jährige Chris Gueffroy
wurde am 5. Februar 1989 von DDR-Grenzsoldaten erschossen.
Gegenüber, auf der
anderen Kanalseite, ist kurzes Stück dahinter die Jakobs-Rösterei (16). Die Rohbohnen kommen mit der Bahn von Bremen
nach Berlin-Neukölln und werden hier geröstet.
1981 wurde die
Rösterei von Kreuzberg an die Sektorengrenze verlegt. Seit 1961 röstet Jakobs
seinen Kaffee hauptsächlich in Berlin. Der Grund waren die Subventionen zur
Unterstützung Westberlins.
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Ein Sandweg am Kanal |
Späht’sche Baumschulen
Die
Baumschulenstraße weist auf die an der Straße liegende Baumschule hin. Direkt
an der Baumschule ist sie die Späthstraße (weiter südlich).
1864
wurde die Baumschule von Kreuzberg, wo sie vor 300 Jahren gegründet wurde, nach
Britz, vor den Toren Berlins, verlegt. 1900 war es die größte Baumschule der
Welt.
1945 wurde Hellmut Späth im KZ ermordet. Obwohl er seit 1933 NSDAP-Mitglied
war und aufgrund seiner Kontakte an Staatsaufträgen wohl auch gut verdient
hatte. Aber er teilte nicht die Rasse-Ideologie der Nazis. Seine erste Frau war
Jüdin und er beschäftigte jüdische Mitbürger in seiner Baumschule. Das brachte
ihm die Verhaftung und Deportierung in das KZ
Sachsenhausen.
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Aber schön war es |
1949
wurden die Späths enteignet und der Betrieb ein VEG – Volkseigenes Gut. 1997
erhielten die Erben das Eigentum zurück. Danach sollen sie das Unternehmen an ein
Konsortium um die Familie Graf von Castell-Castell verkauft haben.
1879
legte Franz Späth im Garten seiner Villa in Britz eine Baum- und
Strauchsammlung an und ließ das Arboretum
im englischen Landschaftsgarten-Stil gestalten. Rund 1.200 Gehölzaren hat das Arboretum.
Zu DDR-Zeiten wurde es der Humboldt-Universität
angegliedert (und wohl nicht zurückgegeben?).
Die
Baumschulenstraße bringt mich bis zur Spree und der Südspitze des Plänterwaldes (19). Ein kleines Stück
weiter südlich mündet der Britzer Verbindungskanal in die Spree.
Plänterwald
Plänterwald ist der Name des Ortsteils und des Forstes an der Spree. Der Name kommt
von der Art der Bewirtschaftung des Forstes. Es ist ein Plenterwald. In solchen Wäldern werden einzelne Bäume geschlagen und
es erfolgt kein Kahlschlag. Der Wald verjüngt sich selbst, während bei
Kahlschlag Altersklassen-Wälder entstehen. Es ist ein bewirtschafteter Forst,
der aber wegen des selbständigen Nachwuchses wie ein Urwald aussehen kann.Forstwirtschaftlich wird der Plänterwald seit Ende des 19. Jahrhunderts
nicht mehr genutzt. Er dient der Naherholung.
Jetzt
fahre ich ein ganzes Stück am linken Ufer der Spree entlang. Schön zu fahren.
Am Spreebogen komme ich zum Spreepark (21),
ehemals ein großer Vergnügungspark im Plänterwald, jetzt eine eingezäunte
Wildnis.
Spreepark Berlin
Als Kulturpark gibt es ihn seit 1969. Anlässlich des
20. Gründungsjahres der DDR wurde der fast 30 Hektar große Park eröffnet. Die
Attraktion war ein Riesenrad. Darum herum war Platz für Fahrgeschäfte und
Kirmes-Buden.
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Das Riesenrad im "Urwald" |
1991 wurde der Park vom Berliner Senat an einen Hamburger Schausteller vergeben. Der modernisierte
den Freizeitpark, holte Anlagen des größten französischen Freizeitparks
Mirapolis bei Paris nach Berlin, baute eine Wasserlandschaft mit Wildwasserbahn
und – scheiterte. Nach Insolvenz setzte er sich mit einem Teil der Anlagen nach
Lima in Peru ab, um dort neu anzufangen - und scheiterte wieder. In Berlin
blieben einige Millionen Euro Schulden zurück, die der Senat verbürgt hatte.
Das
stillstehende Riesenrad (22) und die langsam verfallenden Gebäude sind durch
das Grün des Waldes zu erkennen. Wie es
weitergeht? Unklar. Vorläufig gibt es geführte Nostalgie-Touren durch die
Wildnis.
Nördlich
des Spreeparks ist die Spreeinsel „Insel
der Jugend“ (23), mit einer Brücke mit dem Ufer verbunden. Seit 1949 heißt
die Insel so. Ab 1984 gab es den Jugendclub INSEL im Brückenhaus. Nach der
Wende wurde er weitergeführt. Ein Insel-Biergarten lädt die Besucher des
Treptower Parks ein.
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Insel der Jugend und Abtei-Brücke |
Die
Brücke zur Insel heißt noch immer Abteibrücke.
Südlich
des Eierhäuschen stehen auf der anderen Spreeseite die Gebäude des ehemaligen DDR-Rundfunks an der Nalepastraße (20).
Bis zur Teilung Berlins kamen die Radioprogramme aus dem 1929 gebauten Haus des
Rundfunks an der Masurenallee im Westteil der Stadt. Also bauten die Sowjets
ihren eigenen Rundfunk im Ostteil der Stadt auf. Eine leerstehende ehemalige
Sperrholzfabrik wurde ab 1951 zu einem Funkhaus ausgebaut. Später kam ein
Neubau dazu. Nach der Wende kam das Aus.
Der Große Aufnahmesaal und die Studios werden gelegentlich für Veranstaltungen
genutzt. Ein Investor will um das denkmalgeschützte Rundfunkhaus ein
Konferenzzentrum entwickeln. Will.
Hinter
dem Plänterwald beginnt der Treptower
Park (25), der im Norden bis zu den Gleisanlagen der Ringbahn und dem gleichnamigen
S-Bahnhof reicht.
Treptower Park
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Das Sowjetische Ehrenmal im Treptower Park |
Er ist einer von vier Parkanlagen aus dem 19.
Jahrhundert, die erhalten geblieben sind (weitere: Volkspark Friedrichshain,
Volkspark Humboldthain am Bahnhof Gesundbrunnen, Viktoriapark in Kreuzberg). 1876
bis 1888 wurde er von dem Städtischen
Gartendirektor Gustav Meyer angelegt. Er plante die Parks als Erholungsflächen
für die einfachen Bürger der Stadt.
Der Treptower Park lag damals außerhalb der Stadt
Berlin in der Landgemeinde Treptow, die zum Landkreis Teltow gehörte.
Eigentümer der Flächen war aber die Stadt Berlin in der Nachfolge der Stadt
Cölln (171o wurden die Städte Berlin, Cölln, Friedrichswerder, Dorothee,
Friedrichstadt zu Königlichen Haupt- und Residenzstadt vereint). Ein Ritter von
Stralau überließ 1261 das Vorwerk Treptow der Stadt Cölln.
Gewerbeausstellung im Treptower Park
1896 fand im Treptower Park die Berliner Gewerbeausstellung statt. Vorläufer war die
Gewerbeausstellung 1879 auf dem ULAP-Gelände am Hauptbahnhof (siehe Bericht
„Charité und Lazarett“). Eigentlich wollte man nach den Weltausstellungen in
London und Paris eine eigene Weltausstellung nach Berlin holen.
„Man“ war der
1879 gegründete „VBKI Verein Berliner Kaufleute und Industrieller“, den es noch
heute gibt (und in dem ich in meiner aktiven Zeit bei der GSW auch Mitglied war).
Der übernahm die Initiative, als Kaiser und Reichsregierung wegen der
Finanzsituation des Reiches eine Weltausstellung ablehnten. Eine
Weltausstellung wurde es dann nicht, aber eine große „Gewerbeausstellung“. Eine
deutsche Leistungsschau zur Stärkung der heimischen Wirtschaft sollte es
werden.
A
uf 900. 000 Quadratmeter Ausstellungsfläche
präsentierten 3.780 Aussteller im Treptower Park ihre Produkte und
Entwicklungen. Die Ausstellung war keine reine „Mustermesse“, vielmehr wurden
auch Unterhaltung und Gastronomie für die Ausstellungsbesucher angeboten. In
einer Kolonial-Ausstellung waren Dörfer aus den deutschen Kolonien nachgebildet
und über 100 „Eingeborene“ wurden zur Schau gestellt. Straßen der Kairoer
Altstadt mit Basaren wurden nachgebaut. 120 historische Berliner Gebäude wurden
abgebildet. Es muss eine Schau der Superlative gewesen sein. Über 7 Millionen
Besucher wurden gezählt.
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Wohnen an der Spree Gegenüber dem Treptower Park |
Zur Gewerbeausstellung sollte auch der U-Bahn-Probetunnel der AEG unter der
Spree (von der Halbinsel Stralau bis um Treptower Park) eröffnet werden. Das
klappte wegen des schwierigen Baugrunds nicht. Er wurde erst 1899
fertiggestellt.
Bis 1932 wurde der Tunnel von der Berliner
Straßenbahn befahren. Dann wurde der Betrieb wegen Schäden im Tunnel
eingestellt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Tunnel geflutet, um einen Einsturz
zu verhindern. Im Treptower Park erinnert nur noch der „Platz am Spreetunnel“
an den ersten Berliner Tunnel.
Nach Ende der Ausstellung im Oktober musste alles
wieder rückgebaut werden, die Parkanlage musste wiederhergestellt werden.
Erhalten geblieben ist nur das Riesenfernrohr von Friedrich Simon Archenhold
mit einer Brennweite von 21 Metern. Es ist noch immer das größte Linsenfernrohr
der Welt. Hieraus entstand die Archenhold-Volkssternwarte.
Schon
vor der Gewerbeausstellung gab es gegenüber der Insel der Jugend das Gasthaus „Zenner“ (25). 1822 wurde es als
„Magistrats Kaffeehaus“ errichtet. Im 2. Weltkrieg zerstört, wurde es nach dem
Krieg im Stil der Neorenaissance wiedererrichtet und HO-Gaststätte.
Nach
der Wende wurde das Zenner-Wirtshaus mit Biergarten auch als „Jazzlokal Eierschale“ bekannt (nicht zu
verwechseln mit dem gleichnamigen Jazzclub in Dahlem). Derzeit ist das Zenner
nach Insolvenz geschlossen und wartet auf einen neuen Pächter.
Im
Treptower Park errichteten die Sowjetischen Truppen 1949 ein bombastisches Ehrenmal (29) und den Soldatenfriedhof,
auf dem 7000 gefallen sowjetische Soldaten begraben sind. Bei den Verhandlungen über die Deutsche
Wiedervereinigung musste sich die Bundesrepublik gegenüber der Sowjetunion
verpflichten, den Bestand des Ehrenmals dauerhaft zu sichern (2004 wurde die
Anlage für 11 Millionen EUR saniert).
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Molecule Man neben dem Treptowers |
Der
Treptower Park wird im Norden durch die Ringbahn begrenzt. Hinter der Ringbahn
wurde 1998 das 32 Etagen hohe und weit sichtbare Bürohaus Treptowers (32) für die Allianz-Versicherung gebaut.
Neben
dem Treptowers steht in der Spree seit 1999 der 30 Meter hohe „Molecule Man“ (33) an dem Schnittpunkt
der drei früher selbständigen Bezirke Friedrichshain, Kreuzberg und Treptow.
Wohl daher ist der „Mann“ auch ein dreifacher, man sieht aber meist nur zwei.
Die Skulptur besteht aus gelochten Aluminiumplatten. Finanziert hat die Figur
die Allianz AG.
Mein
Weg führt jetzt von der Spree weg zum sog. Flutgraben
(35) und dem Landwehrkanal. Der
Flutgraben ist die Grenze zwischen den Ortsteilen Kreuzberg und Alt-Treptow. Zu
DDR-Zeiten war hier die Mauer.
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Osthafen |
Zwischen
dem Flutgraben und dem Landwehrkanal liegt die Lohmühleninsel. Der Name stammt von den Lohmühlen, die hier bis zum
Ende des 19. Jahrhunderts Eichen- und Fichtenrinde zur Herstellung von
Gerberlohe zermahlen haben. Das bedeutet, dass es in der Nähe auch
Lederverarbeitung gab. Die Lohmühlen waren
damals Windmühlen. Ein Fließgewässer gab es dort nicht.
Landwehrkanal
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Oberbaumbrücke |
Oberbaum und Unterbaum waren im Bereich der Spree angelegte
schmale Schiffsdurchlässe, an denen der Schiffszoll kassiert wurde. Nachts
wurden die Durchlässe mit einem schwimmenden Baum verschlossen.
1840 erhielt schließlich Peter Joseph Lenné den
königlichen Auftrag zur Planung eines Entlastungskanals. 1850 konnte der Kanal
eröffnet werden.
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Idylle am Flutgraben |
Gebaut wurde der Kanal für Schiffe mit Finowmaß
(1845 für den Finowkanal festgelegt, bis 200 Tonnen Ladefähigkeit). Nach der
Fertigstellung des breiter gebauten Mittellandkanals musste der Landwehrkanal und
die Schleusen verbreitert werden (Schiffe bis 500 Tonnen Ladefähigkeit,
Breslauer Maßkahn), damit die Frachtkähne die Oder erreichen konnten.
Heute wird der Kanal fast nur noch von
Ausflugsschiffen und Sportbooten genutzt.
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Landwehrkanal und Neuköllner Schifffahrtkanal |
Die Zustände im
Görlitzer Park stoßen immer wieder auf Kritik. Er ist einer der
Drogen-Verkaufsplätze in Berlin und unsicheres Gebiet.
Ich fahre auf dem
südlichen Kanalufer. Hier besteht, fast gegenüber dem Görlitzer Park, auf dem
ehemaligen Mauerstreifen seit 1991 ein Wagenburg-Projekt,
Wohnen in Bauwagen und Bretterbuden, aber mit Solarstrom (wie das Foto zeigt).
Der Bewohner-Verein „Kulturbanausen“ hat einen eigenen Internet-Blog und hat
die Grundstücksbesetzung mit einem Pachtvertrag mit dem Bezirk
Friedrichshain-Kreuzberg legalisiert.
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Am Maybachufer |
Hier beginnt das
Kreuzberger Maybachufer (38). Ende
des 19. Jahrhunderts war es noch ein Wiesenufer. Heute wohnt man idyllisch in
schmucken Gründerzeitbauten.
Über die Kottbusser
Brücke (der Kottbusser Damm kommt vom Kottbusser Tor, dem „Kotti“). Gegenüber
ist das Fraenkelufer. Im Gegensatz zum Kottbusser Tor eine sehr schöne
Wohnlage. Hinter der Admiralbrücke ist der ehemalige Urbanhafen.
Es folgt das „Alte Zollhaus“ (41)am Carl-Herz-Ufer. Einst
musste hier der Schiffszoll gezahlt werden. Aber das ist länger her. Der
Ursprung des Gebäudes ist ein Depot der
Berliner Stadtreinigung von 1901. 1988
übernahm Herbert Beeltle dort das Restaurant und machte daraus einen
„Klassiker“ (10 Jahre später eröffnete er am Gendarmenmarkt das „Aigner“). Man
konnte in beiden Restaurants sehr gut essen. In diesem Jahr hat das
Rutz-Restaurant das „Alte Zollhaus“ übernommen.
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Altes Zollhaus |
Ich umfahre den
Blücherplatz, komme an der „Heilig-Kreuz-Kirche“
(42) (gegenüber sind die Friedhöfe vor dem Halleschen Tor, Friedhöfe von sechs
Kirchengemeinden) und an der „Dragoner
Kaserne“ (43) vorbei und überquere den Landwehrkanal auf der Mehringbrücke.
Das
Hauptgebäude der ehemaligen
Garde-Dragoner-Kaserne wird vom Kreuzberg genutzt. 1855 wurde die Kavalleriekaserne
fertiggestellt und 1919 wieder aufgegeben. Das Gebäude erinnert weniger an eine
Kaserne als an einen florentinischen Stadtpalast. Das Finanzamt zog ein und das
restliche Areal wurde ein Gewerbehof. Das ist heute noch so. Lange Zeit war die
Zukunft der ehemaligen
Kaserne zwischen dem Bundesfinanzminister als Eigentümer
und dem Land Berlin umstritten. Jetzt soll das untergenutzte Gewerbeareal neu
bebaut werden. Bis Ende nächsten Jahres sollen die Pläne fertig sein.
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Ehem. Dragoner Kaserne |
Hinter
der Möckernbrücke beginnt am Halleschen Ufer der Elise-Tilse-Park (44) (benannt nach der Kreuzberger
Kulturamtsleiterin Elise Tilse, 1910 – 2005).
Vor dem Krieg waren
hier die Bahnhofs- und Gleisanlagen des Anhalter-Bahnhofs.
Nach der Berlin-Blockade Berlins durch die Sowjetunion 1948/1949 ließ die
sowjetische Militäradministration keine Züge mehr fahren (die hatte die
Transporthoheit für ganz Berlin). 1959 ließ der Westberliner Senat das
Bahnhofsgebäude sprengen (was nicht unumstritten war). Nur ein Teil des
Bahnhofseingangs blieb stehen und erinnert heute noch an den Bahnhof. Und die
zum Teil noch sichtbaren Gleise im Elise-Tilse-Park.
Hinter dem
Elise-Tilse-Park steht seit 2001 ein „Zirkuszelt aus Beton“, das Neue Tempodrom für Konzerte und
Veranstaltungen. Vorgänger war tatsächlich ein Zirkuszelt, das zunächst in der
Nähe des Bundeskanzleramtes stand. Die Baukosten für das Beton-Zelt waren
doppelt so hoch wie geplant und kosteten den damaligen Bausenator das Amt.
Gegenüber
ist am Tempelhofer Ufer das „Deutsche
Technikmuseum“.
Deutsches Technikmuseum Berlin
Das Technikmuseum
steht auch zum großen Teil auf dem Gelände des früheren Anhalter Bahnhofs. 1983
wurde das Museum eröffnet. Zwei Ringlockschuppen des Anhalter Bahnhofs konnten
genutzt werden. Ein Museumsneubau wurde 2001 fertiggestellt. Sichtbares
„Aushängeschild“ ist der ausgestellte Rosinenbomber.
Zum Technikmuseum gehört das danebenstehende Sience Center Specturm, das 1990 in dem
ehemaligen Verwaltungsgebäude des Anhalter Güterbahnhofs eingerichtet wurde.
Besucher sollen hier durch Experimente technische und naturwissenschaftliche
Zusammenhänge erfahren.
Es
folgt am Halleschen Ufer der Mendelsohn-Bartoldy-Park
(45). Auch dieser Park hat eine „Verkehrs-Geschichte“. Allerdings eine
nicht mit Lokomotiven, sondern mit Schiffen. Hier war einst der Schöneberger Hafen, der im Zusammenhang
mit dem Landwehrkanal entstand. Große Bedeutung hat er nie gehabt und nach dem
2. Weltkrieg wurde er zugeschüttet.
Mit
der Namensgebung erinnert Berlin an den Komponisten
Felix Mendelsohn-Bartoldy. Sein Vater war Mitinhaber des Berliner
Bankhauses Mendelsohn. Nach seiner evangelischen Taufe nahm der Vater den Namen
Mendelsohn-Bartoldy an.
Der
Name Mendelsohn geht auf den Dessauer Mendel Heymann (Menachem Chaim) zurück.
Dessen Sohn Moses war der Sohn Mendels oder Mendelsohn.
Von
1841 bis 1814 war Felix Mendelsohn-Bartholdy Kapellmeister und Preußischer
Generalmusikdirektor in Berlin. Er starb
in Leipzig (Mendelsohn-Haus) und ist in Berlin auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof
in Kreuzberg beerdigt (Einer der Friedhöfe vor dem Halleschen Tor, gegenüber
der Heilig-Kreuz-Kirche).
Nach
dem Bartoldy-Park heißt das nördlich Kanalufer Reichspietschufer mit dem zum Quartier
Potsdamer Platz gehörenden Atrium
Tower (früher debis-Haus) (46).
Potsdamer Platz
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debis-Haus |
Nach dem Fall der Mauer wurde das Brachgelände eine
der größten Baustellen Berlins. Der damalige Senatsbaudirektor wollte eine
Bebauung, die sich an der klassischen Berliner Blockbebauung und einer
einheitlichen (Berliner) Traufhöhe orientieren sollte. Er setzte sich nicht
gegen das interessantere Konzept der Investoren mit großstädtischerer
Hochhausbebauung durch.
Maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Potsdamer
Platzes hatte der damalige Daimler-Benz Chef Edzard Reuter, Sohn des ehemaligen Berliner Oberbürgermeister Ernst
Reuter (1948 – 1953 für Westberlin).
Führende Architekten beteiligten sich an den Planungen.
Die wesentlichen Bauen sind das Sony
Center und der Bahn Tower
(Helmut Jahn, deutsch-amerikanischer Architekt, auch: Frankfurter Messeturm, Post
Tower in Bonn), der Kollhoff-Tower
im Backsteinstil (Hans Kollhoff, auch: Main Plaza Wohnhaus in Frankfurt/Main,
Piraeus Wohnblock in Amsterdam), die Potsdamer
Platz Arkaden, das debis-Haus
(nach Auszug von Daimler Benz ist es der Atrium Tower) und das PWC-Haus (Renzo Piano, italienischer
Architekt, auch: Centre Pompidou in Paris, NEMO in Amsterdam, The Shard in
London, Quartier Le Albare in Trient).
Gegenüber ist am Schöneberger Ufer der Park am Karlsbad.
Gegenüber ist am Schöneberger Ufer der Park am Karlsbad.
Feruersozietät am Karlsbad
Am Karlsbad war nicht das Bad des Prinzen
Karl von Preußen. Aber die Straße daneben ist nach ihm benannt. Andere Quellen meinen, das der aus Karlsbad stammende Badeanstaltbesitzer an seine Geburtsstadt Karlsbad in Böhmen erinnern wollte.
Tatsächlich stand hier einmal eine Badeanstalt.
1828 erhielt er die Genehmigung, die daran vorbeiführende Privatstraße „Auf dem
Carlsbade“ zu nennen. Weil er angeblich den Prinzen Carl Alexander so verehrte.
Oder weil das das Bad auch ein wenig aufwertete?
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Feuersozietät am Karlsbad |
Prinz
Carl Alexander von Preußen war Herrenmeister
des Johanniterordens. Ab 1863 war er an den Vorbereitungen zur Gründung des
Internationalen Roten Kreuzes beteiligt. 1864 wurde ein Vorläuferverein des
Deutschen Roten Kreuzes gegründet.
Prinz
Carl vererbte den Johannitern eine Million Goldmark, mit denen der Orden ein
Siechenhaus für Arbeiter in Lichterfelde betreiben konnte. Das Haus besteht
heute noch als Johanniter-Stift
Berlin-Lichterfelde für betreutes Wohnen in der Finkensteinallee.
An der Straße Am Karlsbad hat die Feuerversicherung
Versicherungsgesellschaft ihren Sitz. Das Gebäude wurde 1936 am Park am Karlsbad
gebaut.
Die Feuersozietät ist die zweitälteste Versicherungsgesellschaft in Deutschland, 1719 von König Friedrich-Wilhelm I. in
Preußen (Soldatenkönig) zur Erhaltung der Gebäude für Berlin gegründet, ein Jahr
später für Brandenburg. Vorbild für den König war die Hamburger Feuerkasse,
1676 gegründet.
Die Nationalgalerie
Es folgt die Potsdamer
Brücke. An der Ecke Potsdamer Straße/Reichspietschufer steht der Bau der
Klassischen Moderne von Mies van der Rohe, die Nationalgalerie (47). Seit
2015 wird das 1968 eröffnete Museum saniert.
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Neue Nationalgalerie |
Am Reichspietschufer
Das Reichpietschufer hat viele historische Bauten. Nach der Neuen Nationalgalerie kommt das Wissenschaftszentrum Berlin (48) das Shell-Haus (49), der Bendlerblock (50) des
Bundesministeriums für Verteidigung, das Bauhaus-Archiv.
Das Reichpietschufer ist seit 1947 nach einem der Organisatoren einer
Antikriegsbewegung von Matrosen der Kriegsmarine (vor dem Kieler
Matrosenaufstand), Max Reichpietsch, benannt. Er wurde 1917 zum Tode verurteilt
und erschossen.
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Wissenschaftszentrum Berlin |
In
der außeruniversitären Forschungseinrichtung arbeiten Soziologen, Politologen,
Wirtschaftswissenschaftler, Informatiker u.a. zu Fragen der Globalisierung
zusammen.
Der
Soziologe Ralph Dahrendorf arbeitete von 2005 bis 2009 in dem Institut (1982
zum „Sir“ geadelt, in Großbritannien Mitglied im Hause of Lords (Oberhaus), in
Deutschland Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Staatsekretär, in
Europa Mitglied der der EU-Kommission).
Die
konnten das Bürogebäude aber nicht lange selbst nutzen. Ab 1934 war dort das
Oberkommando der Marine untergebracht.
1946 übernahm die BEWAG (Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG – von Berlin
an den Vattenfall Konzern verkauft) das Gebäude. 2000 wurde es an die VEBA-Immobilientochter
Viterra verkauft (Viterra wurde 2005 von der Annigton-Immobiliengruppe
übernommen) und an die GASAG und ab 2012 an das Verteidigungsministerium
vermietet. Also wieder eine militärische Nutzung.
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Shell-Haus |
Der
Bendlerblock und die angrenzenden
Gebäude sind der Berliner Dienstsitz des Bundesverteidigungsministeriums (der
erste Dienstsitz ist weiter in Bonn). Fertiggestellt wurde das Hauptgebäude für
die Reichsmarine 1914, im Jahr des Beginns des 1. Weltkriegs. Den Namen
„Bendlerblock“ erhielt das Gebäude von dem damaligen Straßennahmen
„Bendlerstraße“.
Im
Bendlerblock formierte sich der Widerstand gegen Hitler, der 1944 zu dem
Attentat durch Staufenberg führte. Die Beteiligten wurden erschossen oder zum
Tode verurteilt.
Im
Innenhof des Bendlerblocks wurde zur Erinnerung eine Gedenkstätte errichtet, die besucht werden kann. In den historischen Räumen des 20. Juli 1944 ist
eine Bildungsstätte für den Widerstand
eingerichtet. Die Bendlerstraße wurde in Staufenbergstraße (Querstraße des
Reichspietschufers) umbenannt.
Das
Bauhaus-Archiv fällt am
Landwehrkanal mit seinen pultartigen Dachaufbauten auf. 1979 wurde der vom Land
Berlin finanzierte Bau für die Sammlungen und Dokumente zur Geschichte des von
Walter Gropius in Weimar gegründeten Bauhauses übergeben (zum Bauhaus siehe den
Bericht „Radtour Berlin – Göttingen“).
Es folgt die
Klingelhöferstraße (51). Dahinter wechselt die Route auf das südliche
Kanalufer. Auf dem Dreieck Klingelhöferstraße und Landwehrkanal hat die
Bundes-CDU ihr Haus. Dahinter sind am Tiergarten die Nordischen Botschaften. Die
Klingelhöferstraße ist eine Sichtachse auf den Großen Stern, wegen der
goldglänzenden Siegesgöttin Viktoria auf der Säule.
Am Landwerhrkanal
Dann trennt der
Landwehrkanal den Berliner Zoo und
den Tiergarten (52).
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Blickachse zur Siegessäule |
Friedrich
II. der Große mochte die Jagd nicht und ließ 1742 den Tiergarten zu einem
„Lustgarten“ für die Bevölkerung umgestalten.
Ein
Jahrhundert später entstand nach den Plänen von Peter Joseph Lenné ein
Landschaftspark nach englischem Vorbild.
Nach
dem Zweiten Weltkrieg wurden die Bäume und Büsche des Tierparks in Ermangelung
anderen Brennmaterials abgeholzt. Auf 2.550 Gartenparzellen wurde Kartoffeln
und Gemüse angepflanzt. 1949 wurde mit der Wiederaufforstung begonnen. Das
Konzept für den heutigen Tiergarten stammt von Wilhelm Alverdes, Leiter des
Gartenbauamtes des Bezirks Tiergarten.
Mit
der von Friedrich dem Großen veranlassten Umgestaltung wurde auch eine Fasanerie eingerichtet. Einen Teil des
Fasanerie-Geländes erhielt der Zoologe der Berliner Universität, Martin Hinrich
Lichtenstein, 1841 für die Einrichtung eines Zoos. Er wurde der erste Direktor
des 1844 eröffneten Berliner Zoos.
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Umlaufkanal auf der Schleuseninsel |
Nicht zu übersehen ist der
große blaue „Kasten“ mit der rosaroten Röhre auf der Schleuseninsel. Das ist
der Umlaufkanal des Wasser- und
Schifffahrtsinstituts.
Nördlich der Insel,
zwischen Landwehrkanal und Straße des 17. Juni, ist Nostalgie angesagt. Hier
kann man die letzten Gaslaternen Berlins (und inzwischen aus 36 anderen
Städten) im „Gaslaternen Freilichtmuseum“
bewundern. Südlich der Insel, gegenüber dem Flutgraben ist Erholung angesagt.
Hier kann man eine Pause im Biergarten „Schleusenkrug“ machen.
Die Straße des 17. Juni kreuzt den Landwehrkanal
(54).
Die
Straße des 17. Juni wurde 1953 zur
Erinnerung an den Volksaufstand in der DDR so benannt. Die Straße ist Teil der 1697
angelegten Straße vom Berliner Stadtschloss zum damaligen Schloss Lietzenburg
(heute Schloss Charlottenburg) mit den heutigen Straßen Straße Unter den Linden, Straße
des 17. Juni, Ernst-Reuter-Platz, Otto-Suhr-Allee (früher Spandauer Allee).
An der Straße des 17. Juni
bewachen die Torgebäude des
Charlottenburger Tors die Brücke über den Landwehrkanal. Stadtauswärts
stehen zu beiden Seiten der Straße des 17. Juni Gebäude der Technischen
Universität.
Charlottenburger Tor
1909 wurden die Torgebäude zu beiden Seiten der
Charlottenburger Chaussee fertiggestellt. In Auftrag gab sie die damals
selbständigen Stadt Charlottenburg zusammen mit der Charlottenburger Brücke
über den Landwehrkanal (die bis dahin eine Holz-Klappbrücke war). Die Stadt
wollte eine repräsentative Eingangssituation und ein Gegenstück zum Berliner Brandenburger
Tor schaffen. Schließlich hatte die Stadt zu der Zeit ein höheres
Steueraufkommen als Berlin.
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Charlottenburger Tor |
Nach 1937 wurden das gesamte Charlottenburger Tor und
die Brücke im Zuge der Schaffung einer bombastischen Ost-West-Achse im Auftrag
von Albert Speer abgetragen und mit größerem Abstand zueinander
wiederaufgebaut.
Von hier hat es der Landwehrkanal nicht mehr
weit bis zur Spree. „Einsteinufer“ und „Salzufer“ begleiten ihn. Am Salzufer
ist die Berlin-Niederlassung von Daimler-Benz in Berlin, dahinter die KPM, Königliche Porzellan Manufaktur. Die
wurde 1763 von Friedrich II. dem Großen gegründet.
An der Spree
An der Spree fällt gleich
zu Beginn ein großes Backsteingotik-Gebäude auf. Daneben ein größerer,
schlichterer „Kasten“. Die großen Schornsteine dahinter lassen ahnen, was für
ein Gebäude es ist: Heizkraftwerk
Charlottenburg (57). 1900 wurde es als Elektrizitätswerk
für die Stadt
Charlottenburg gebaut. Mit einer heute noch schönen
Backsteingotik-Schaufassade. Gut, dass die Stadt Charlottenburg damals so viel
Geld hatte, sich solche Architektur zu leisten. Das 1955 daneben errichtete
verklinkerte Kesselhaus ist deutlich schlichter ausgefallen.
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Heizkraftwerk Charlottenburg |
Am südlichen Kanalufer verraten
die goldenen Zwiebeltürme hinter dem „Spreekieker-Park“ (58) das Gebäude, eine russisch-orthodoxe Kirche.
Der
Spreekieker-Park erinnert an einen
Pionier der Berliner Funkstunde, Alfred Braun, und seine Spreekieker-Reportagen
ab 1962. Zum Rundfunk kam er schon 1924. Die erste Rundfunkübertragung der
Deutschen Reichpost war 1920 vom Sender Königs Wusterhausen bei Berlin. Als
Geburtsstunde des Rundfunks in Deutschland gilt die erste Sendung der
Funk-Stunde 1923 von der Sendestelle im Vox-Haus an der Potsdamer Straße (heute
etwa der Standort des Kollhoff-Towers).
Dann kommt das Schloss Charlottenburg (59), an der
Spree gelegen, die hier fast genau von Süden nach Norden fließt.
Schloss Charlottenburg
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Schloss Charlottenburg Parksicht |
Danken
kann das Charlottenburg der Sophie Charlotte von Hannover. Sie war die Frau des
Kurfürsten Friedrich III. von Brandenburg, der auch Herzog in Preußen war und
derjenige war, der sich selber als Friedrich I. zum König beförderte,
allerdings nur „in“ und nicht „von“ (mehr dazu im Bericht „Radreise nach
Danzig“).
Mit
Charlotte fing auch alles an. 1684 heiratete sie den Kurprinzen (Kurfürst wurde
er nach dem Tod seines Vaters). Ihr Sohn wurde der spätere Soldatenkönig
Friedrich Wilhelm I. und ihr Enkel war Friedrich II. der Große.
1695
erhielt die Kurfürstin (ihr Mann war seit 1688 Kurfürst) das Dorf und Gut
Lietzow, 1 Preußische Meile (7,5 Kilometer) nordwestlich von (dem damaligen)
Berlin und baute sich ein Schloss. 1699 konnte sie ihre Sommerresidenz
Lietzenburg einweihen. Ihr Gemahl hatte nur Zutritt, wenn er ausdrücklich
eingeladen war (war das Emanzipation oder Ehekälte?). Fertiggestellt war das
Schloss als dreiflüglige Anlage erst 1712. Da war die Königin (ihr Mann krönte
sich 1701) schon 7 Jahre verstorben.
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Charlottenburger Schloss |
1740
wurde Schloss Charlottenburg die Residenz Friedrichs II. der Große. Von Georg
Wenzeslaus von Knobelsdorff ließ er es im Stil des Rokoko umbauen und
erweitern. Später zog er in das Stadtschloss in Potsdam und Schloss Sanssouci.
Seine
heutige Form erhielt das Schloss von Carl Gotthard Langhans im Auftrag von Friedrich
Wilhelm II. (König 1786 bis 1797). Im 2. Weltkrieg wurde es stark beschädigt
und bis 1957 wiederaufgebaut.
Die
Eigentumsfrage an dem Schloss ist – anders als z.B. für Cecilienhof in Potsdam
– eindeutig durch einen 1926 zwischen dem Freistaat Preußen und dem Haus
Hohenzollern geschlossenen Vertrag geregelt. Es gehört der von Berlin und
Brandenburg gegründeten öffentlich-rechtlichen „Stiftung Preußische Schlösser
und Gärten Berlin-Brandenburg“, nicht zu verwechseln mit der „Stiftung
Preußischer Kulturbesitz“ des Bundes und der Länder.
Es ist der Schlusspunkt
des zweiten Schenkels meines Tour-Dreiecks mit dem Landwehrkanal und der Spree
zu Beginn und zum Schluss. Der erste Schenkel war der Teltowkanal. Jetzt folgt
die Schließung des Dreiecks, eine Strecke fast genau von Norden nach Süden: Am
Messegelände vorbei, Hubertussee, Wilder Eber, Dahlem, Lichterfelde. Ohne Kanal-Begleitung. Das
wäre weiter westlich die Havel und noch weiter im Westen gelegene der von der DDR gebaute
Havelkanal. Das war für diese
Radtour zu weit. Aber vielleicht ist das eine nächste Tour.
Zu dem Bericht gibt es ein Fotoalbum: