Radreise von Berlin nach Danzig
September 2015
(3) Ausflug nach Jannewitz
Von Darlowko (Rügenwaldermünde) bis Ustka (Stolpmünde)6. Tag: Darlowko – Janiewice (Jannewitz) – Ustka (Stolpmünde)
Sonntag 20. September
Übernachtung Hotel Fischerman`s House in Ustka
Die Strecke:
Darlowko (Rügenwaldermünde) – Darlowo (Rügenwalde) – L 205 Stary Jaroslaw (Alt Järshagen) – Slawno (Schlawe) – Janiewice (Jannewitz) – Slawno (Schlawe) – Slawsko (Alt Schlawe) – Stanewice (Stemnitz) - Postomino (Pustamin) – L 203 Zaleskie (Saleske) – Duninowo (Dünnow) - Ustka (Stolpmünde)
78 Kilometer
Heute fahre ich, von der Ostsee-Route abweichend, landeinwärts nach Südosten zur Kreisstadt Slawno (Schlawe), dann weiter nach Janiewice (Jannewitz) und zurück Richtung Nordost wieder zur Ostsee nach Ustka (Stolpmünde). Ein Regentag und ich musste Regenjacke und Regenhose anziehen. Ich besuche den Pflichtjahr-Ort meiner Mutter.
Slawno
(Schlawe) ist slawischen Ursprungs. Reste der Stadtmauer und zwei
Backsteingotik-Türme aus dem 15. Jh. sind noch erhalten. Der Ort gab über
Jahrhunderte dem „Schlawer Land“ seinen Namen, ein Gebiet, das
wie kein anderes in Pommern von wechselnden Landesherren
beherrscht wurde.
Die Kirche in Slawno ist wiederaufgebaut worden, daneben ist der Marktplatz mit Nachkriegsbauten umgeben. Viel ist zerstört worden, wenig ist erhalten. Slawno hat noch ein Panzer-Denkmal der sowjetischen Armee (in Berlin ist das Panzerdenkmal an der Autobahn bei Klein Machnow nach der Wende „heimlich“ demontiert worden), später habe ich weiter im Osten noch ein Stähle mit Sowjet-Stern gesehen. Das waren die einzigen Erinnerungen an die Rote Armee am Weg. Häufiger waren die Erinnerungen an den polnischen Widerstand.
![]() |
Die Schule in Jannowitz |
Meine Mutter war nach Abschluss der Volksschule als 14-jährige (1938) für ein Jahr in Jannewitz/Kreis Schlawe und leistete im Haushalt des Dorflehrers ihr Pflichtjahr. Es muss für sie eine sehr schöne Zeit gewesen sein, sie schwärmte noch im hohen Alter davon. Der Lehrer-Haushalt versorgte sich selber und sie lernte kochen, die Hauswirtschaft und Gartenarbeit. Nach dem Krieg hatte sie noch kurze Zeit Kontakt zu der Tochter des Lehrers, die wohl gleichaltrig war. Der Aufenthalt meiner Mutter in Jannewitz ist der Anlass meiner 2. Radfahrt. Die 1. war nach Plagwitz bei Löwenberg in Schlesien, der Heimat meiner Mutter.
(Jannewitz) ist ein kleines Bauerndorf. Der Ursprung soll slawisch sein. Der erste nachgewiesene Besitzer auf
Jannewitz ist Martin von Zitzewitz (pommersches Adelsgeschlecht). Im 30-jährigen Krieg wurde der Ort fast
ganz vernichtet.
Auf dem Weg nach
Jannewitz wurde ich daran erinnert, dass meine Mutter auch von dem Pilzreichtum
der Wälder berichtete. Im Wald entlang des Weges waren mehrere Pilzsammler
unterwegs.
Die Schule wurde in Jannewitz vor 1945 zweiklassig betrieben. Nach dem Krieg wurde das Backsteingebäude mit Schulräumen und Lehrerwohnung in zwei Wohnungen aufgeteilt, ich hätte es anhand des mitgenommenen Fotos nicht erkannt. Zwei Dorfbewohner, die ich am Ortsanfang traf und befragte, zeigten mir aber das Haus und die Bewohner bestätigten, dass das Backsteinhaus auf meinem Foto das jetzt umgebaute Haus sei.
Einer der Dorfbewohner kam gerade von der Pilzsuche mit einem vollen Eimer zurück, wohl für das Mittagessen am Sonntag. Sonntäglich war aber keiner gekleidet, den ich traf. Das Dorf und seine Bewohner sahen etwas ärmlich aus. Sie lebten offensichtlich nur von ihrer Landwirtschaft und die war wohl nicht sehr ertragreich. Vielen Häusern sah man an, dass seit der deutschen Zeit nicht viel investiert wurde. Die Dorfstraße hat noch die Feldstein-Pflasterung von früher, mit inzwischen sehr großen Löchern. Aber die Landschaft ist schön, hügelig, mit Alleen, Äcker und viel Wald. Der Sklep-Laden des Dorfes hatte auch am Sonntag geöffnet.
Die Schule wurde in Jannewitz vor 1945 zweiklassig betrieben. Nach dem Krieg wurde das Backsteingebäude mit Schulräumen und Lehrerwohnung in zwei Wohnungen aufgeteilt, ich hätte es anhand des mitgenommenen Fotos nicht erkannt. Zwei Dorfbewohner, die ich am Ortsanfang traf und befragte, zeigten mir aber das Haus und die Bewohner bestätigten, dass das Backsteinhaus auf meinem Foto das jetzt umgebaute Haus sei.
Einer der Dorfbewohner kam gerade von der Pilzsuche mit einem vollen Eimer zurück, wohl für das Mittagessen am Sonntag. Sonntäglich war aber keiner gekleidet, den ich traf. Das Dorf und seine Bewohner sahen etwas ärmlich aus. Sie lebten offensichtlich nur von ihrer Landwirtschaft und die war wohl nicht sehr ertragreich. Vielen Häusern sah man an, dass seit der deutschen Zeit nicht viel investiert wurde. Die Dorfstraße hat noch die Feldstein-Pflasterung von früher, mit inzwischen sehr großen Löchern. Aber die Landschaft ist schön, hügelig, mit Alleen, Äcker und viel Wald. Der Sklep-Laden des Dorfes hatte auch am Sonntag geöffnet.
Während der Vorbereitung der Radreise habe
ich mich auch etwas mit der Geschichte Polens, den vier Teilungen und dem Wiedererstehen
des Staates, der freien Stadt Danzig, des Deutschen Ordens und dem Entstehen
Preußens beschäftigt (siehe letztes Kapitel). Es waren über lange Zeit keine guten Zeiten, geprägt von
Machtkämpfen, Intrigen und Kriegen. Die
Herrscher der damaligen Zeit dachten nicht an das „Volk“, geschweige denn, dass
sie es fragten. Ein Beispiel für die wechselhaften Herrscher und
Machtverhältnisse ist das Land Schlawe, Mittelpunkt meiner Radreise.
Exkurs:
Das Land Schlawe –Beispiel einer wechselhaften
Geschichte
Das erste überlieferte Herzogtum im Land Schlawe war das unter Herzog Ratibor I. ,aus dem pommerschen Adelsgeschlecht der Greifen, der bis zu seinem Tode um 1155 auf der Burg Schlawe residierte. Seine Nachkommen herrschten dort bis 1227.
Das erste überlieferte Herzogtum im Land Schlawe war das unter Herzog Ratibor I. ,aus dem pommerschen Adelsgeschlecht der Greifen, der bis zu seinem Tode um 1155 auf der Burg Schlawe residierte. Seine Nachkommen herrschten dort bis 1227.
Danach
erwarb Swantopolk II., Herzog
von Pommerellen (Herzogtum an der Weichsel, das der polnischen Krone
als Lehen unterstand), das Land Schlawe.
Lehen: mittelalterliches Herrschaftssystem. Oberster Lehensherr war der jeweilige Landesherr, König oder Herzog, der Lehen an seine Fürsten vergab. Diese konnten wiederum Lehen an andere Adlige vergeben. Lehensherr und Lehensnehmer (Vasall) verpflichteten sich zu gegenseitiger Treue. Der Lehensnehmer musste Dienste und Abgaben leisten. Ein solcher Dienst konnte auch das Halten des Steigbügels sein, „Steigbügelhalter“
Nach Swantopolks II. Tod, 1266, besetzte Herzog Barnim I. von Pommern (das Herzogtum Pommern unterstand der Lehenshoheit des Markgrafen von Brandenburg) das Land und reichte dieses 1270 als Pfandherrschaft an Herzog Wizlaw II. von Rügen (unter dänischer Lehenshoheit stehend) weiter.
Um 1275 wurde dieser aus Schlawe durch Herzog Mestwin II. von Pommerellen verdrängt. Mestwin II. hatte keine männlichen Erben und schloss ohne Rücksichtnahme auf zuvor eingegangene Verträge sowie auf Erbrechte mit ihm verwandter pommerscher Herzöge 1282 mit Przemysław II., Herzog von Großpolen, einseitig einen Erbfolgevertrag ab. Nach dessen Ermordung, 1296, folgte ihm Wladyslaw I, auf dem pommerellischen Herzogsthron nach.
1299 entmachtete der böhmische König Wenzel II. seinen polnischen Kontrahenten Wladyslaw I. im Kampf um die Oberherrschaft im Königreich Polen,. Anschließend übernahm er dessen polnische Herrschaften, darunter das pommerellische Land Schlawe. 1300 krönte sich Wenzel II. zum polnischen König.
Nach dem Mordanschlag auf ihn, 1306, setzte sich der polnische Herzog Władysław I. erneut als Landesherr über weite Teile Polens und Pommerellen durch.
Gegen diese Herrschaft erhoben sich die Swenzonen, ein pommerellisches Beamtengeschlecht. Die Swenzonen ersuchten 1307 die Mark Brandenburg (Markgraf Waldemar) um Beistand, die 1308 in Pommerellen militärisch intervenierte. Wladyslaw I wiederum bat den Deutschen Orden gegen Entgelt um Hilfe. Als die Entgeltzahlung ausblieb, besetzte der Deutsche Orden Danzig.
Im Vertrag von Soldin wurde das polnische Herzogtum Pommerellen schließlich 1309 geteilt. Schlawe, Stolp, Rügenwalde und Bütow gingen an die Swenzonen, als Lehensnehmer der Brandenburger (Markgraf Waldemar). Der größere Rest mit der Hauptfeste Danzig ging an den Deutschordensstaat.
Doch bereits mit dem Frieden von Templin (der Brandenburger Herzog Waldemar verlor die Schlacht bei Gransee) erwarb der pommersche Herzog Wartislaw IV. (aus dem Greifen-Geschlecht) 1317 alle pommerellischen Länder, die der Oberhoheit der Mark Brandenburg unterstanden, darunter auch das Land Schlawe. Dieses kam damit erneut unter die Herrschaft des pommerschen Greifengeschlechts, wo es bis zu dessen Aussterben im Jahre 1637 blieb.
Die Herzogtümer wechselten sich bedingt durch dynastische Landesteilungen mehrmals ab, Pommern-Wolgast folgte 1372 Schlawe-Stolp, 1403 Pommern-Rügenwalde, 1457 noch einmal Pommern-Wolgast und 1532 Pommern-Stettin.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts entwickelte sich die Stadt Schlawe zu einem bedeutsamen Zentrum des Leinwandhandels.
Im Dreißigjährigen Krieg, 1618–1648, geriet Schlawe zwischen die Fronten und wurde fast völlig zerstört. Zum Kriegsende soll es nur noch 40 Haushalte gegeben haben. Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges, 1648, Westfälischer Frieden, wurde Schlawe mit großen Teilen Hinterpommerns dem Kurfürstentum Brandenburg zugeschlagen.
Der Wiener Kongress ordnete Schlawe 1815 der brandenburgisch-preußischen Provinz Pommern zu.
Eine verwirrende Geschichte und schwierige Zeit.