7. und 8. Tagestour
17. und 18. Juni 2023 

Leba/Leba bis Jastrzebia Gora/Habichtsberg und Hel/Hela

Leba bis Jastrzebia Gora

71 Kilometer Leba bis Jastrzebia Gora
Unterkunft in Jastrzebia Gora Hotel Astor
46 Kilometer Jastrzebia Gora bis Hel 

Jastrzebia Gora bis Hel

Leba/Leba – Nowecin/Neuhof - Sarbsk/Sarsen – Osetnik/Stilo – Lubiatowo/Lubtow - Bialogora/Wittenberg – Debki/Dembeck – Ostrowo/Ostrau - Jastrzebia Gora/Habichtsberg – Wladyslawowo/Großendorf – Halbinsel Hel/Hela

Heute ist unser vorletzter Radtag. Es ist der 17. Juni. Vor 71 Jahren, 1953, war der Volksaufstand in Ostberlin und Ostdeutschland gegen die kommunistische SED-Regierung.

Wir fahren von Leba nach Jastrzebia Gora, Habichtsberg. Den Jezioro Sarbsko/Sarsener See umradeln wir am Südufer. Auch dieser See ist ein Strandsee, durch die Sandanlandungen der Wasserströmung von der Ostsee abgetrennt. Wir fahren nicht den Küstenweg über die Nehrung, zu sandig ist dort der Weg.

Hinter Nowecin

Es sind kleine Dörfer durch die wir auf ruhigen Landstraßen und Waldwegen fahren. Bei Ostnik/Stilo besuchen wir noch einen weiteren Leuchtturm, den Laterna morska Stilo.  Der deutsche Name des Leuchtturms von 1804/1908 wurde von den Polen beibehalten. Das Besondere an dem Turm ist, dass er nicht gemauert wurde, sondern aus verschraubten Stahlgussplatten besteht. Wir hätten den Turm besichtigen können, wenn wir nicht in bzw. kurz vor der Mittagspause angekommen wären. Die beginnt hier immer um 13 Uhr, wir waren 10 Minuten vorher an der Treppe und hätten die Stufen im Turm hinauf und wieder herunter gut bis zur Mittagspause der Turm-Wächterin geschafft. Aber sie traute uns das wohl nicht zu und so wurde es nichts mit der Aussicht auf die Ostsee.

Auf dem Weg südlich des Sarbsko-Sees


Leuchtturm Stila

Dabei hatte uns der Weg hinauf auf den Hügel schon etwas Anstrengung abverlangt. Der Leuchtturm steht auf einer mit Kiefern bewaldeten Düne und die Waldwege waren hier nur sandig. Also schieben, etwas steil den Berg hinauf. Hinunter waren wir etwas klüger und sind den durch einen Bogen längeren, aber besser zu fahrenden Forstweg gefahren.

Die Sanddüne des Leuchtturms ist Teil der Grundmoränenlandschaft an der Ostsee. Entstanden sind die Dünen nach dem Abschmelzen des skandinavischen Gletschereises, als auch die Ostsee entstand, vor 12.000 Jahren.

Wege durch den Küstenwald

In Lubiatowo/Lübtow war „Schichtwechsel“. Angelika und Andreas haben sich die heutige Tour geteilt und ab hier ist Angelika mit mir gefahren.

In Lubiatowo plant die polnische Regierung seit 2021 den ersten Bau eines Atomkraftwerks in Polen.

Wir fahren durch einen ausgedehnten Küstenwald. Lichter Kiefernwald mit grünem Boden, Heidelbeerbüsche soweit man sehen kann. Und es waren blaue Beeren daran. Natürlich haben wir angehalten.

Heidelbeeren

Und hier haben wir auch nicht den Längengrad übersehen, hier den 18. Längengrad Ost. Bei Bialogora/Wittenberg verläuft die Linie zwischen den beiden Erdpolen. Stockholm ist in 502 Kilometer Entfernung zu erreichen und Kapstadt ist 9870 Kilometer entfernt.

Der 18. Längengrad-Ost

Am Wegesrand:

Gewöhnlicher oder blauer Natternkopf (Echium vulgare)
Auf Teneriffa kennen wir auch den rotblühenden Natternkopf, die Tajinaste, zu Ehren des Schweizer Botanikers Hermann Wildpret als Echium wildpretii bezeichnet.

Unser heutiges Ziel, Jastrzbia Gora, ist ein kleiner Badeort, wie viele der Küstenorte aus einem Fischerdorf hervorgegangen. Das Besondere ist, dass hier zwei Leuchttürme gebaut wurden, Rozewie I und II.

Rozewie I
 

Bis 1910 waren die zwei Leuchttürme in Betrieb. Der erste Leuchtturm Rozewie I stammt von 1822, 1875 kam der zweite Leuchtturm Rozewie II hinzu. Die Leuchttürme sollten die Fahrt der Schiffe um das Kap Rixhöft (Kap Rozewie) am nördlichsten Punkt von Pommern und heute von Polen sichern.

Das Leuchtfeuer von Rozewie I wurde von den Seeleuten oft mit dem Leuchtfeuer von Hela verwechselt und viele Schiffe liefen dadurch auf Grund. Durch das zweite Leuchtfeuer konnte keine Verwechselung mehr mit Leba erfolgen.

1910 wurde der alte Leuchtturm auf ein anderes Licht umgestellt und war nicht mehr mit Leba verwechselbar. Der zweite Leuchtturm konnte abgeschaltet werden, blieb aber stehen.


Rozewie II

Unsere letzte Radtour (18. Juni) war von Jastrzebia Gora nach Hel/Hela auf der gleichnamigen Halbinsel. Hier schieben wir die Räder nur noch auf die Fähre und schippern gemütlich durch die Danziger Bucht (Angelika und ich, Andreas muss das Auto auf dem Landweg nach Danzig bringen).

Auf der Halbinsel Hel

Die Halbinsel Hel ist eine 34 Kilometer lange Nehrung, an manchen Stellen nur 200 Meter breit (an der breitesten Stelle sind es 3 Kilometer). Entstanden ist die Halbinsel aus einer Kette von kleinen Inseln, die sich hier bis zum 18. Jahrhundert befanden. Nach und nach wurden die Lücken zwischen den Inseln durch Wasser und Wind mit Sand geschlossen. Im Gegensatz zu anderen Nehrungen an der Ostsee und auch der Frischen Nehrung (östlich von Danzig, heute Polen und Russland) und der Kurischen Nehrung (heute Teil Litauens und Russlands) war aber die Danziger Bucht zu groß, so dass sie nicht wie ein Haff vollständig von der Ostsee abgetrennt wurde.

Der Radweg auf Hela:

Rosenhecken am Weg auf Hela

Bucht und Weg auf Hela

Die Halbinsel Hela war zum Ende des 2. Weltkriegs die letzte Möglichkeit für die Evakuierung militärischer Einheiten, Verwundeter und Zivilflüchtlingen auf dem Seeweg. Daher flohen bereits im März 1945 über 100.000 deutsche Zivilisten nach Hela, im April kamen weitere 265.000 hinzu. Flüchtlinge und Soldaten lagerten in den Wäldern und Dünen von Hela dicht zusammengedrängt. Wenn man auf dem Radweg über die schmale Nehrung fährt, kann man sich das kaum vorstellen. Laufende sowjetische Luftangriffe forderten zahlreiche Todesopfer und erschwerten auch die Schiffstransporte.  Trotzdem konnten allein im Monat April 387.000 Menschen von Hela evakuiert werden.

Die Hafenbucht von Jastarnia/Heisternest auf der Halbinsel Hela

Mole Jurata auf der Halbinsel Hel

Der Ort Hel/Hela liegt am Ende der Nehrung, mit einem Fischerei- und Fährhafen zu den Orten an der Danziger Bucht. Die Halbinsel ist schon seit über 700 Jahren besiedelt. Der Ort Hela geht auf die Gründung einer Kaufmannssiedlung Lübecker Kaufleute im 13. Jahrhundert zurück. 

In Hel sehen wir den vorletzten Leuchtturm unserer Radtour. Es wird nur noch der Leuchtturm an der Einfahrt zum Danziger Hafen kommen. Angelika ist in dem Latarnia morska Hel hochgestiegen. Ich war bei meiner vorherigen Radtour auf der Plattform und habe mir diesmal das Treppensteigen erspart. 

Leuchtturm Hel

Der Leuchturm Hel wurde 1941 in nur 7 Monaten Bauzeit errichtet (Hela II). Er ersetzte den daneben stehenden Leuchtturm (Hela I von 1826), der 1939 von polnischen Pionieren gesprengt wurde, um der Deutschen Artillerie die Orientierung zu erschweren.

Neptunstatue in Hel
2020 wurde die Statue weißem Granit in der Stadt Hel aufgestellt. Es ist eine Kopie der Bronzefigur am Brunnen in Bologna, die 1564 zur Feier des Herrschaftsantritts  Papst Pius IV.  geschaffen wurde. Mit über 3 Meter Höhe soll es die größte Steinskulptur des Gottes Neptun weltweit sein. Die Figur des Neptun, des Gottes der fließenden Gewässer, werden wir auch in Danzig als Neptunbrunnen gestaltet sehen.

Hafen Hel

In der Robbenstation Hel

Fischereimuseum Hel

Mit der Fähre fahren wir durch die Danziger Bucht. Vorbei an den Städten Gdynia/Gdingen und Sopot/Zopot. 


Danziger Bucht

Bei Danzig mündet die Weichsel in die Danziger Bucht der Ostsee. Im Nordwesten wird die Bucht von der Halbinsel Hel teilweise umschlossen. Dieser Teil der Danziger Bucht ist die Putziger Wiek (polnisch Zatoka Pucka). Der Name geht auf die Küstenstadt Putzig (polnisch Puck) zurück (Wiek bezeichnet eine flache Bucht innerhalb eines Boddens oder einer Bucht).

 

Im Osten wird die Küstenlinie der Danziger Bucht durch die Frische Nehrung gebildet, die das Frische Haff von der Danziger Bucht trennt. Die Frische Nehrung ist doppelt so lang wie die Halbinsel Hel. Durch die Frische Nehrung und das Frische Haff verläuft die Grenze zwischen Polen und Russland. Nach dem 2. Weltkrieg kamen die deutschen Gebiete Pommern und Teile Ostpreußens zu Polen. Den nördlichen Teil von Ostpreußen mit Königberg verleibte sich Russland ein. 

            Puck/Putzig

Puck/Putzig war und ist noch eine Hochburg der Kultur der Kaschuben.1308 kam Putzig zum Deutschordensstaat (Staat des Deutschen Ordens) und erhielt 1348 vom Deutschen Orden das Stadtrecht.

 

Interessant ist die Geschichte von   Schloss Rutzau in Puck. Ein von Friedrich August Stüler entworfenes Schloss, das Gustav von Below 1840 - 1845 auf dem Rittergut in Rutzau (Rucewo) bauen ließ, das seine Familie 1837 erworben hatte.

Ein vorheriges Schloss/Herrenhaus war eine der Residenzen des polnischen Königs Jan III. Sobieski (1674 bis 1696 König von Polen und Großherz0g von Litauen). Sobieski, polnischer Adeliger und Heerführer, studierte an der Krakauer Universität. 1674 wurde er zum polnischen König gewählt. Sein Nachfolger war von 1697 bis 1706 und von 1709 bis zu seinem Tod 1733 August II. der Starke, Kurfürst von Sachsen (während des Großen Nordischen Krieges setzten die Schweden von 1706 bis 1709 einen polnischen Adligen als König ein). 

Sobieski besiegte 1683 in der Schlacht bei Wien mit polnischen und deutschen Truppen die einfallenden Osmanen. Die Schlacht war der Beginn des Großen Türkenkriegs, der 1697 beendet wurde. Der entscheidende Sieg, der zum Ende des Großen Türkenkrieges führte, war die Schlacht an der Theiß, die Prinz Eugen von Savoyen als Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen gewann.

 

Dreistadt Gdynia, Sopot und Gdansk

Die Städte Gdynia (Gdingen), Sopot (Zopot) und Gdansk (Danzig) bilden eine sog. Dreistadt mit über 750.000 Einwohnern.  

Gydnia/Gdingen

1920 lebten in Gdingen nur etwas über 1000 Menschen. Den Aufschwung nahm die Region durch den Ausbau des Hafens 1920 bis 1936 durch Polen nach der Festlegung des Polnischen Korridors nach dem 1. Weltkrieg, der Polen einen Zugang zum Meer sichern sollte (Zweite Republik Polen).

 

Ab 1939 hieß die Stadt Gotenhafen und war wichtiger deutscher Marinestützpunkt. Zum Ende des 2. Weltkriegs zogen viele Flüchtlinge zu den Ostsee-Häfen in der Hoffnung, von dort mit Schiffen vor den sowjetischen Truppen fliehen zu können. Doch der Oberbefehlshaber der Marine, Karl Dönitz, gewährte für Flüchtlinge nur 20 % des Frachtraums, je 40 % dienten dem Abtransport von Kriegsgerät und Verwundeten. Erst am 9. April erhöhte er den Anteil für Flüchtlinge im Frachtraum auf 40 %, nicht etwa zu Lasten des Kriegsgeräts, sondern zu Lasten der Verwundeten.

 

Von Gotenhafen lief die Wilhelm Gustloff mit Flüchtlingen an Bord aus, die vor Stolpmünde von einem russischen Torpedo versenkt wurde. 

 Sopot (Zopot)

Sopot (Zopot) hat eine der längsten Seebrücke Europas mit über 512 m Länge. Von 1920 bis 1939 gehörte die Stadt zum Freistaat Danzig.
 

Als Folge des 1. Weltkriegs wurde der Freistaat Danzig durch den Versailler Vertrag begründet, mit eigener autonomer Verwaltung unter Regie eines vom Völkerbund ernannten Hochkommissars.  Außenpolitisch wurde der Freistaat von Polen vertreten, er gehörte zum polnischen Zollgebiet und der Hafen war durch Polen frei nutzbar. Die Post war polnisch.   97 % der Einwohner des Freistaates waren aber Deutsche. 


Anleger Sopot und das Grandhotel

In Sopot wurde Klaus Kinski als Klaus Günter Nakszynski geboren.

Erwähnenswert ist das Grand Hotel von 1927, als Kasinohotel gebaut.

Nachdem wir die Küstenlinie von Sopot passiert haben, kommt der Danziger Leuchtturm (Mole Ost) an der Spitze der Westernplatte und das Denkmal in Sicht. 

Denkmal Westernplatte
Denkmal der Verteidiger der Küste. Erinnerung an die Verteidigung der Westernplatte durch polnische Soldaten zu Beginn des 2. Weltkriegs. 236 Granitblöcke aus Striegau im ehemals deutschen Niederschlesien (polnisch Strzegom) bilden das 23 Meter hohe Monument.

Festung Weichselmündung
Schon der Deutsche Orden hatte hier an der Weichsel einen Wachtposten. 1482 wurde ein Leuchtturm errichtet, der später von der Stadt Danzig mit einer Festung umbaut wurde. Im 18. Jahrhundert wurden auf der Westernplatte neue Befestigungsanlagen gebaut. Heute gehört die Anlage zum Historischen Museum der Stadt Danzig.

Die Westernplatte ist eine flache Halbinsel zwischen der Ostsee und dem Hafenkanal. Bekannt ist sie durch den deutschen Angriff auf Polen, der durch Beschuss des polnischen Munitionsdepots auf der Westernplatte am 1. September 1939 begann. Wir fahren an dem Westernplatte-Denkmal vorbei in den Hafenkanal und die Martwa Wisla (Tote Weichsel) und durch den Hafen zur Langen Brücke, der alten Kaianlage des Danziger Hafens mit dem Krantor. Wir werden das Krantor noch einmal bei unserer Stadtbesichtigung sehen.


Im Danziger Hafen


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