An der polnischen Ostseeküste
Mit dem Rad von Bansin nach
Danzig
9. Tag
19. Juni 2024
Danzig - Ausflug zur Marienburg
Mit der Fähre sind wir am
letzten Radtag vom Hafen Hel/Hela auf der Spitze der Halbinsel Hel/Hela nach Danzig gefahren. Wir konnten uns Zeit lassen. Die Fährverbindungen von Hel nach Gdansk
sind nicht so häufig und sowieso nur in den Sommermonaten. Am Nachmittag haben
wir unsere Räder auf die Fähre geschoben. Zusammen mit vielen anderen Radlern,
die wohl wie wir auf dem Ostsee-Radweg nach Danzig wollten. Zwischenstopp der
Fähre an der Seebrücke in Sopot, mit über einem halben Kilometer die
längste Seebrücke Europas, 1927 gebaut.
Polnisch Baltische Philharmonie am Hafen Danzig
Der Fähranleger in
Danzig ist direkt in der Altstadt. Wir fahren vorbei an der Westernplatte,
durch den Hafen, auf der Martwa Wisla (Tote Weichsel, einer der
Weichsel-Mündungsarme) und der Motlawa (Mottlau, der Nebenfluss der
Weichsel in Danzig) fast bis zum Krantor.
Ein Stück müssen wir dann
noch mit dem Fahrrad durch die Stadt zu unserem Hotel Villa Angela radeln. In
die Stadt sind wir die nächsten Tage bequem mit dem Stadtbus gefahren.
Natürlich haben wir am
Abend einen ersten Bummel durch die Altstadt unternommen. Wir waren am
Millenniumsbaum zur Erinnerung an die Gründung der Stadt Danzig 997, am Grünen
Tor, eines der Stadttore Danzigs, und sind im Abendlicht durch die Langgasse
geschlendert. Von den vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt berichte ich mehr bei
dem Rundgang durch die Altstadt und die Rechtstadt.
Milleniumsbaum
Blick durch das Grüne Tor
auf das Rechtstädtische Rathaus an der Langgasse
Den Rundgang durch
die Stadt haben wir nicht am nächsten Tag gemacht. Regen war angesagt und so
beschlossen wir, den Ausflug zur Marienburg des Deutschen Ordens an
diesem Tag (Mittwoch, 19. Juni) zu machen. Am Donnerstag sind wir dann durch die Altstadt und die Rechtstadt gegangen. Und an den Abenden waren wir natürlich auch in der Stadt. Am
Freitag (21. Juni), unserem letzten Tag in Danzig, waren wir auf dem alten
Werftgelände und bei der Solidarnosz bzw. der Erinnerungsstätte an
die Gründung der polnischen Gewerkschaft, die Polen die Befreiung vom
Kommunismus gebracht hat.
Ausflug zur Marienburg des Deutschen Ordens
Eine Stunde Fahrzeit (mit
dem Auto) von Danzig entfernt steht in Malbork/Marienburg die Burganlage
des Hochmeisters des Deutschen Ordens, die Marienburg (polnisch Zamek
Malbork). Wenn man in Danzig ist, muss man auch zur Marienburg fahren. Sie ist
Teil der deutschen Geschichte und der Ursprung des Herzogtums Preußen und des
preußischen Königreichs (siehe Reisebericht „Radreise von Berlin nach Danzig
2015“, Link zum Bericht).
Die Marienburg am Ufer der Nogat (etwas im Regen)
Die Marienburg, etwa 60 km südöstlich
von Danzig, war von 1309 bis 1454 Sitz der Hochmeister des
Deutschen Ordens des Deutschordensstaats. 1308 hatte der
Deutsche Orden Danzig erobert. Ihren Namen erhielt die Burg nach der
Schutzpatronin des „Ordens der Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in
Jerusalem“, wie die vollständige Bezeichnung des Deutschen
Ordens lautete.
Foto der Marienburg nach der Zerstörung
Der
Deutsche Orden
Der Deutsche Orden, dessen Mitglieder sich nach einem ehemaligen deutschen
Spital in Jerusalem "Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in
Jerusalem" nannten, wurde 1190 in Akkon gegründet,
zunächst als Spitalbruderschaft und seit 1198 auch als ritterliche
Kampfgemeinschaft zum Schutz der Pilger im
Heiligen Land. Nach Johannitern und Templern war der Deutsche Orden der dritte
der großen geistlichen Ritterorden der Kreuzzugzeit.
Schon
früh begann die Ordensleitung, andernorts nach Kampfaufträgen Ausschau zu
halten. Unter dem Hochmeister
Hermann von Salza (1162 – 1239, Hochmeister 1209 - 1239), einem
Vertrauten Kaiser Friedrichs II., fand man eine solche Gelegenheit in
einem Hilfegesuch des polnischen
Herzogs von Masowien (historische Landschaft um Warschau) im Jahr
1226. Der kämpfte im Kulmerland
(historische Landschaft östlich der Weichsel) am Unterlauf der
Weichsel gegen die Prußen (baltischer
Volksstamm, auf den der geografische Name Preußen zurückgeht). Von hier aus gelang
dem Orden die Errichtung eines geschlossenen Herrschaftsgebiets, das nach der
Vereinigung mit dem Schwertbrüderorden - Brüder der Ritterschaft Christi
von Livland - zeitweise von der Grenze Pommerns bis zum Finnischen
Meerbusen reichte.
Nach
dem Verlust Akkons 1291 verlegte der Hochmeister seinen Amtssitz zuerst
nach Venedig, dann 1309 in
die Marienburg. Zur
Sicherung wurde das Land mit einem Netz von Burgen überzogen. Zahlreiche Städte
wurden zur Erschließung des Landes gegründet.
In den folgenden Jahrhunderten bekriegte der reichlich mit kaiserlichen
und päpstlichen Rechtstiteln ausgestattete Orden unter dem Vorsatz der
Mission die Prußen und Litauer. Zugleich errichtete er eines der bestorganisierten Staatswesen im
damaligen Europa. Der Orden wurde zu einer politischen Macht im Ostseeraum, die in Konkurrenz zum
Königreich Polen stand. Die mächtige Marienburg war das Symbol seiner
Macht. Der Orden und das Ordens-Land waren nicht Teil des Heiligen Römischen
Reiches, aber eng mit diesem verbunden.
1454 begann der 13-jährige Krieg des Preußischen Bundes
(Vereinigung von Städte und dem Landadel) gegen den Hochmeister des Deutschen
Ordens, an dem sich das Königreich Polen beteiligte. Anlass waren Steuererhöhungen
und die Bestrebung nach mehr Selbständigkeit.
Die Auseinandersetzungen im Ostseeraum wurden im Laufe des 15.
Jahrhunderts zugunsten Polens entschieden. 1466 verlor der
Ordensstaat im 2. Frieden von Thorn die Gebiete an der Weichsel (Westpreußen) und das Ermland (Gebiet südlich des Frischen Haff), die künftig
als Königliches Preußen direkt
der polnischen Krone gehörten. Der beim Deutschen Orden verbleibende Teil des Ordensstaates
(etwa das Gebiet des künftigen Ostpreußens)
kam unter die Lehnshoheit des polnischen Königs.
Die Reformation brachte das Ende des
Ordensstaates, als der Hochmeister
Albrecht von Brandenburg-Ansbach zum Luthertum übertrat, den
Ordensstaat 1525 säkularisierte und
in ein erbliches Herzogtum Preußen unter polnischer Lehenshoheit
umwandelte (Hauptstadt Königsberg), das später an die Brandenburger
Hohenzollern fiel und eines der
Kernländer des preußischen Staates bildete.
Im Heiligen Römischen Reich bestand der Orden jedoch mit großem
Grundbesitz fort, vor allem in Süddeutschland, Österreich und der Schweiz. Nach
der Säkularisierung
(siehe: Reichsdeputationshauptschluss – Geschichte
Preußens.
und später nach dem 1. Weltkrieg gingen wesentliche Vermögensteile
verloren.
Seit
1929 ist der Deutsche Orden nur noch ein geistlicher Orden.
(Im
Gästehaus des Ordens in Rom haben wir bei unserer Rom-Reise 2016 übernachtet.
Link zum Bericht).
Die Ordensburg Marienburg
Die Marienburg ist der größte Backsteinbau Europas. Die
Burganlage ist in Vorburg, das Mittelschloss und das Hochschloss
gegliedert. Baubeginn der Burg war 1274, vier Jahre nachdem der Deutsche Orden die
Ostgebiete zwischen Weichsel und Memel erobert hatte. Es war zunächst eine
kleinere Burg und eine von mehreren in den eroberten Gebieten errichteten
Befestigungen. Mit der Verlegung des Ordenssitzes in die Marienburg wurde die
Anlage zur größten Burg des Ordens ausgebaut.
Die Burganlage hat teilweise einen vierfachen Mauerring
Das
Hochschloss ist der älteste Teil der Burganlage, der Nordflügel wurde als letzter
Bauteil 1280 fertiggestellt. Der Vierflügelbau war die Unterkunft der
Ordensritter. Im Hochschloss waren die Kapelle (St. Marien-Kirche), der
Kapitelsaal (Versammlungssaal) und das Dormitorium (Schlafsaal).
Hochschloss
Brunnenhaus im Hochschloss
Pelikan auf der Spitze des Brunnenhauses
Der Pelikan tränkt seine Jungen mit seinem eigenen Blut.
Ein Symbol für das Opfer Jesu Christi.
Hochschloss vom Mittelschloss aus gesehen
Das
Mittelschloss wurde 1309 gebaut, als der Sitz des Ordens von Venedig nach Marienburg
verlegt wurde. Hier befanden sich die Verwaltung des Ordens und die Residenz
des Hochmeisters. Die Residenz, der Hochmeisterpalast, wurde um 1400 vollendet.

Mittelschloss mit dem Turm des Hochschlosses
Innenhof des Mittelschlosses
Denkmalgruppe der Hochmeister im Hof des Mittelschlosses
Hermann von Salza (4. Hochmeister, 1210 bis 1239)
Der Herzog von Masowien holte den Deutschen Orden, dessen Hochmeister Hermann von Salza damals war, zur Unterstützung und entschädigte den Orden mit Land, Ausgangspunkt des Aufstiegs des Deutschen Ordens.
Siegfried von Feuchtwangen (15. Hochmeister, 1303 bis 1311)
Er verlegte den Sitz des Ordens von Venedig nach Marienburg.
Winrich von Kniprode (22. Hochmeister, 1351 bis 1382)
Er war Hochmeister in der Blütezeit des Deutschen Ordens.
Albrecht von Brandenburg (37. und letzter Hochmeister, 1511 bis 1523)
Er wandelte den geistlichen Orden in ein weltliches Herzogtum.
Giebelwand des Mittelschlosses
Die
Vorburg mit den Wirtschaftsgebäuden und dem Komturhaus (Verwaltung) befindet sich nördlich des Mittelschlosses.
Wirtschaftsgebäude der Vorburg
Giebel in der Vorburg
Innenansichten:
Das Ende der Marienburg als Sitz des Hochmeisters
kam 1454. Der Orden hatte die Marienburg mit anderen Ordensburgen an die
Gesamtheit der Ordenssöldner als Sicherheit für ausstehende Soldzahlungen
verpfändet. Eine Söldnerschar brachte die Burg in ihre Gewalt und verkaufte sie
an den König von Polen. Der Hochmeister musste fliehen und verlegte den Ordenssitz
nach Königsberg.
Die Marienburg wurde Residenz der polnischen Könige (1457 bis zur Aufteilung Polens 1772). Danach war sie zeitweilig eine preußische Kaserne.
Zu Beginn des 19.
Jahrhunderts wurde die verfallene Burganlage restauriert. Zum Ende des 2. Weltkriegs wurde sie stark
beschädigt und nach dem Ende des Kriegs weitgehend
im Stil der Erbauungszeit wiederhergestellt. 1997 wurde die Burganlage von
der UNESCO zum Welterbe erklärt.
Die Stadt Marienburg
Die Stadt Marienburg (nach 1945 polnisch
Malbork) und die Kirche St. Johannes wurden zeitgleich mit der Marienburg
errichtet. Ende des 14. Jahrhunderts kam die Neustadt mit einer Lateinschule
dazu, ebenfalls auf Veranlassung des Ordens. Das Rathaus wurde gebaut und die
Stadtbefestigung errichtet. Im 2. Weltkrieg wurde die Stadt fast vollständig zerstört.
Unter Aufgabe des historischen Grundrisses wurde sie neu aufgebaut.

Maria-Tor (polnisch Brama Mariacka), als Teil der
Stadtbefestigung in der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts erbaut, nach Zerstörung
im 2. Weltkrieg wiederaufgebaut. Den Namen hat das Tor von der Kapelle im Tor.
Kultur- und Bildungszentrum Lateinschule, Wiederaufbau 2010 nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg. 1352 wurde hier im Zuge der Neustadt-Gründung eine Lateinschule gebaut, die bis 1864 in dem Gebäude war.
Ehemals evangelische Kirche des
Heiligen Georg, 1714 fertiggestellt, nach dem 2. Weltkrieg eine polnische
katholische Kirche.
Ein neueres Bauwerk, der
Wasserturm von 1905.