An der polnischen Ostseeküste
Mit dem Rad von Bansin nach Danzig
Danzig - Solidarnosc und Danziger Werft
Unser
letzter Tag in Danzig galt der Solidarnosc. Wir sind zum alten
Werftgelände der Danziger Werft (Lenin-Werft) und dem Europäischen
Zentrum Solidarnosc gegangen. Die Gewerkschaft Solidarnosc hat mit
ihrer 1980 begonnenen Streikbewegung das kommunistische Regime in Polen beendet.
1990 wurde der Gewerkschaftsvorsitzende Lech Walesa der erste demokratisch
gewählte Staatspräsident.
Schon bei unserem Stadtrundgang gestern durch Danzig sind wir auf die Solidarnosc gestoßen. Ganz in der Nähe der Katharinenkirche sahen wir an einer Backsteinwand mehrere Metallfähnchen mit dem Solidarnosc-Schriftzug. Sie waren an der Gebäudemauer der Brigittenkirche angebracht.
Die
Brigittenkirche war während der Solidarnosc-Streikbewegung
Treffpunkt und Aktionszentrum der freien Gewerkschaft. Der Kaplan der Kirche
unterstützte die Streikbewegung und ihren Vorsitzenden Lech Walesa.
Brigittenkirche/Bazylika Sw. Brygidy
Die Brigittenkirche grenzt an den Kirchhof der Katharinenkirche und war die Klosterkirche des Brigittenklosters. Der Name geht auf Brigitta von Schweden zurück, die als Heilige verehrt wird. Ihr Leichnam wurde auf dem Weg von Rom nach Schweden in Danzig aufgebahrt. Das nahm der Hochmeister des Deutschen Ordens 1396 zum Anlass, eine Kapelle an der Stelle der Aufbahrungs-Kapelle zu bauen und das dort seit 1386 bestehende Nonnenkloster der Heiligen Brigitte zu erweitern.
Brigitta
von Schweden bzw. Brigitta Birgerdotter
(1303 – 1373) gehörte zum schwedischen Hochadel. Sie gründete 1346 den „Orden
des Allerheiligsten Erlösers“, auch Erlöserorden oder Brigittenorden genannt.
Bei
der Besetzung Danzigs durch Napoleons Truppen (1807 bis 1814) wurden die
Klostergebäude als Kaserne umgenutzt. Als das überstanden war, wurde das
Kloster von Preußen säkularisiert und die Nonnen des Brigittenordens mussten
dauerhaft weichen. 1849 wurden die Klostergebäude abgerissen, nur die
Kirche hatte Bestand. Im 2. Weltkrieg brannte die Kirche aus. Der
Wiederaufbau dauert bis 1987.
Ab
2001 ist in der Kirche ein 11 Meter hoher Bernsteinaltar in der Form
einer aufstrebenden Lilie errichtet worden. Es soll der größte Bernsteinaltar
der Welt sein.
Europäisches Zentrum Solidarnosc
Vor 10 Jahren (2014)
wurde die Erinnerung an die Revolution der Solidarnosc auf dem alten Werfgelände
eröffnet. An der Stelle, an der die Streikbewegungen begannen, wurde ein
eindrucksvoller Neubau mit Museum, Zentralarchiv, Multimedia-Bibliothek und
Bildungszentrum geschaffen.
Die Dauerausstellung
beschreibt den Beginn der Streikbewegung und die 10 Jahre des Kampfes der „Unabhängige selbstverwaltete Gewerkschaft Solidarität“. 1980 wurde sie gegründet.
Hervorgegangen ist sie aus mehreren Streikbewegungen, u.a. den „Freien
Gewerkschaften der Küste“, die die Streiks in der Danziger Werft organisierten.
Es ging um Lohnerhöhungen und Verbesserungen der Versorgung. Und es wurde die
Wiedereinstellung der kurz vor ihrem Rentenbeginn willkürlich entlassenen Anna
Walentynowicz gefordert (sie starb 2010 beim Absturz eines Flugzeugs auf dem
Weg zu einem Gedenken an das Massaker in Katyn zusammen mit dem polnischen
Staatspräsidenten Lech Kaczynski).
Die Dauerausstellung des Museums veranschaulicht die Entstehung und den Kampf der Solidarnosc mit den kommunistischen Regierungen bis zur Wahl Lech Walesas zum polnischen Staatspräsidenten 1990.
EZS Europäisches Zentrum Solidarnosc
Das alte Werftgelände
Die Werft in Danzig, die zum Zentrum der Streikbewegung wurde, gibt es so nicht mehr. Die Danziger Leninwerft war 1945 nach Enteignung der deutschen Eigentümer entstanden. 1990 wurde der Staatsbetrieb in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. In der Zeit der polnischen PIS-Regierung wurde die Mehrheit der Aktien an einen ukrainischen Stahl- und Hüttenkonzern verkauft. Die meisten Hallen auf dem einstigen Werftgelände verfallen oder werden von anderen Betrieben genutzt. Daraus soll eine neue Stadt entstehen, „Mlode Miasto – Junge Stadt“, mit Büros, Läden und Wohnungen.
1980 wurde
das Denkmal in der Nähe des Tores 2 der Lenin-Werft errichtet. Das war eine der
Bedingungen der Streikkomitees in dem "Danziger Abkommen" von 1980,
in dem eine kommunistische Regierung erstmals eine Opposition legalisiert.
Rückfahrt nach Berlin am nächsten Tag (Samstag, 22. Juni), bequem mit dem Tesla von Andreas. Wir brauchten uns keine Sorgen machen, wie wir mit der Bahn und unseren Fahrrädern nach Berlin kommen.
Die hatten wir zu Beginn der Reise (als noch nicht feststand, dass wir ein Begleit-Auto haben - siehe ersten Bericht). Wir konnten bei der Bundesbahn keine Bahnkarte mit Fahrradmitnahme buchen. Das von der Polnischen Staatsbahn zugeteilte Kontingent sei ausgebucht, hieß es bei der Bahnauskunft. Wir könnten ja versuchen, direkt bei der polnischen Bahn zu buchen. Das wiederum funktionierte nicht. Die Karten für die Fahrradmitnahme könne man nur am jeweiligen Bahnhof buchen, waren die Informationen im Internet. Ein Risiko, wenn die Anreise- und Abreisetage fest geplant sind. Wir hatten uns schon entschieden, das Risiko einzugehen und eventuell den Danzig-Aufenthalt zu verlängern, bis wir Karten bekommen würden. Die Überlegungen brauchten wir jetzt nicht mehr anstellen.
🔄Link zum vorherigen Bericht