An der
polnischen Ostseeküste
Mit
dem Rad von Bansin bis Danzig
11. bis 24.
Juni 2023
Radtour mit Angelika und Andreas auf dem europäischen Ostsee-Radweg. Gestartet sind wir in Bansin und in 7 Etappen bis Danzig gefahren. Dort waren wir dann noch drei Tage, sind zur Marienburg gefahren und haben das Solidarnosc-Zentrum in der alten Werft besucht. Zur Ostsee und dann zurück ab Danzig nach Berlin sind wir mit dem Tesla-Auto von Andreas gefahren. Es war auch das Begleitfahrzeug der Radtour. Angelika und Andreas haben sich die Rad-Etappen und die Begleitfahrt geteilt. Das war anders geplant, eine Radtour über alle Etappen zu Dritt. Aber Angelika musste wegen einer Operation kurz vor Reisebeginn etwas vorsichtig sein.
Unsere Rad-Etappen waren:
Den Berichten vorausgeschickt:
Das Wetter:
Unsere „Regentaufe“ erhielten wir gleich am ersten Tag, während der Radfahrt nach Miedzyzdroje. Kräftige Regengüsse erforderten Regenkleidung für den größten Teil Strecke. Und am Rückreise-Tag erwischte uns ein tüchtiger Regenguss beim Aufladen der Fahrräder. Sonst war es sonnig und wolkig, nur ab und zu ein paar Regentropfen.
Das
Essen:
Natürlich haben wir polnische Gerichte gegessen und polnisches Bier getrunken (mit Ausnahmen). Für uns ungewöhnlich, auf den Speisekarten sind immer die Mengenangaben des Hauptteils (in g oder ml) aufgeführt. Da weiß man, wieviel auf den Teller kommt.
In einem Restaurant haben ich Mietus/Quappe gegessen, ein Knochenfisch, der zur Dorsch-Art gehört und als Raubfisch in Süß- und Brackwasser vorkommt. Er hat sehr gut geschmeckt. Ich kannte ihn vorher nicht.
Auch Sandacz/Zander von der Ostseeküste gab es. Der zur Barsch-Familie gehörende Fisch ist eigentlich ein Süßwasserfisch, der aber auch in dem Brackwasser (Wasser mit geringem Salzgehalt) an der polnischen Ostseeküste gefangen wird.
Pierogi ruskie kommen aus
der Küche Rutheniens, ein früher
ostpolnisches Gebiet, heute die West-Ukraine.
In Russland heißen die Piroggen Pelmeni.
Andere Pierogi sind mit Sauerkraut und Pilzen gefüllt. Die besten Pierogi habe ich in Rügenwalde gegessen, mit einer Gänsefleischfüllung.
Golabki/Kohlroulade: Krautwickel, gefüllt mit Schweinehack, mit Buchweizen und Pilzen vermischt.
Bigos/Krauteintopf: Es soll das polnische Nationalgericht sein. Sauerkraut mit Weißkohl oder nur Weißkohl wird lange zusammen mit Schweinefleisch, Wurst und Speck gedünstet.
Barszcz/Rote Beete-Suppe: Eine klare Suppe aus Rinderbrühe und Roter Beete.
Zurek: Eine Sauerteigsuppe, säuerlich-würzig. Aus Sauerteig und Roggenschrot, mit Fleisch, Wurst, Kartoffeln und Möhren zubereitet.
Flaki: Man mag es oder nicht. Ich esse die
Suppe gern. Eine Kuttelsuppe mit Streifen vom Rindermagen, säuerlich gewürzt.
An der Küste gab es einmal Flaki mit
Pulpo-Streifen, die schmeckt auch gut.
Die Tour bin ich schon einmal 2015 gefahren (Siehe: Radreise von Berlin nach Danzig- dort ist auch etwas zur Geschichte Polens, Preußens und der Stadt Danzig beschrieben)
Ein weiteres Teilstück bin ich 2020 von Ueckermünde bis Kiel gefahren (Siehe: Meine Ostseeradtour)
Die Ostsee ist am Ende der letzten Eiszeit, der Weichsel-Eiszeit, vor 12ooo Jahren entstanden, nachdem große Gletschermassen abgeschmolzen waren. Die heutige Ausprägung erhielt die Ostsee durch Landanhebungen und Meeresspiegelanstiege.
Und nun zur ersten Etappe:
11. Juni
Bansin bis Miedzydroje/Misdroy
Bansin – Heringsdorf - Ahlbeck –Grenzübergang - Swinoujscie/Swinemünde – Fähre über die Swina – Unterirdische Stadt - Miedzyzdroje/Misdroy
In Bansin haben wir die Räder vom Auto genommen. Davor ein kurzer Gang zu Dritt zum Strand und der Strandpromenade bei schönem Sonnenschein. Dann begann unsere Ostsee-Radtour. Die erste Etappe der Radtour ist Andreas mit mir gefahren und wir beide sind an dem ersten Rad-Tag tüchtig nass geworden. Auf dem Radweg entlang der Küste und den prächtigen alten und neuen Villen war das Wetter zunächst noch gut. Die deutsch-polnische Grenze sahen wir dann schon in voller Regenmontur.
Die Bäderarchitektur ist charakteristisch für
die deutschen Seebäder. Das erste Gebäude in dem Stil entstand Anfang des 19.
Jahrhunderts an der Ostsee mit dem Kurhaus in Heiligendamm.
Die Häuser der Bäderarchitektur sind zwei- bis viergeschossig, durchweg mit Balkonen und Veranden versehen, oft mit Jugendstilelementen. Die weiß gehaltenen Holzvorbauten geben den Gebäuden ein filigranes Aussehen.
Ein Rittergut war ein Besitz, mit dem
seit dem Mittelalter bestimmte Vorrechte
der Grundherrschaft über erbuntertänige und zinspflichtige Bauern (bis zur
Bauernbefreiung) und die Landtagsfähigkeit (Teilnahme an den Landtagen) sowie
meist auch die Ausübung der ersten Rechtsinstand bei Streitigkeit und
Steuerbefreiung verbunden waren.
Entstanden war der Ritterstand im Lehenswesen des Fränkischen Reiches. Den Rittern sollten die Ritterdienste als Panzerreiter (gepanzert mit metallenen Rüstungen) wirtschaftlich ermöglicht werden.
Mitte
des 19. Jahrhunderts kaufte der Reichsgraf von Stolberg-Wernigerode das Rittergut
Gothen mit dem Dorf Heringsdorf.
Der Stammsitz der von Stolberg-Wernigerode
war seit dem 13. Jahrhundert das Schloss Stolberg im Harz.
In Jannowitz (Janowice
Wielkie) in Schlesien besaßen sie das Schloss Jannowitz, das ich bei
meiner Schlesien-Radfahrt besucht habe. Ebenso gehörten die Herrschaft und das Schloss
Peterswaldau (Pieszyce) in Schlesien den Stolberg-Wernigerode (ab 1765). Hier war ein
Schwerpunkt der Baumwoll- und Leinenweberei. 1844 kam es wegen der
Ausbeutung der Weber zu einem Weberaufstand, den Gerhart Hauptmann
in seinem Schauspiel „Die Weber“ beschrieb.
(Siehe: Zu Gerhart
Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal – (3) Zu den Schlössern im
Hirschberger Tal - Link zum Bericht).
Ahlbeck
Ahlbeck wurde erstmals offiziell als „Ahlebeck“ 1693 genannt. Der Name war von der Aal-Beeke (Aalbach) abgeleitet, die hier früher in die Ostsee floss. Noch im 19. Jahrhundert bestand das Dorf aus zwei Ortsteilen, Ahlbeck adliger Anteil und Ahlbeck königlicher Anteil. Ahlbeck adliger Anteil gehört zum Gut Gothen und bestand 1733 aus vier Fischerhäusern von Strandfischern (die ihre Boote auf den Strand zogen). Ahlbeck königlicher Anteil entstand nach Trockenlegung eines Bruchgebietes im Auftrag König Friedrichs II. von Preußen durch Ansiedlung von Kolonisten, es gab vier Strandfischer und acht Bündnerstellen (die Haus und Garten und wenig Land besaßen, abgeleitet von „Bude“).
Anfang des 20. Jahrhunderts erhielt Ahlbeck die Bezeichnung „Seebad“ und wurde nach Kolberg das zweitmeistbesuchte Seebad in Pommern. Zusammen mit dem heute polnischen Swinemünde sollen die vier Seebäder die längste Strandpromenade Europas haben, 12 Kilometer lang.
Nachdem wir entlang der längsten Strandpromenade Europas
geradelt sind, fahren wir mit der Stadtfähre über die Swina, vom
westlichen Stadtteil Swinoujscies auf der Insel Usedom zum
östlichen Stadtteil auf der Insel Wollin.
Neben Usedom (zum größten Teil deutsches Gebiet) und Wollin (größte polnische Insel) gibt es noch die Insel Karsibor/Kaseburg zwischen der Swina und dem Stettiner Haff. Insgesamt besteht Swinemünde aus 44 Inseln, die durch Nebenarme der Swine gebildet wurden.
Nach dem 30-jährigen Krieg
kam Vorpommern mit Usedom und Wollin im Westfälischen Frieden 1648 zu
Schweden.
Nach dem Nordischen Krieg
um die Vormachtstellung im Ostseeraum trat Schweden im Frieden von Stockholm
1720 Usedom und Wollin an Preußen ab (Rügen, Stralsund und Wismar
blieben schwedisch).
Nach dem 2. Weltkrieg kam Swinemünde zu Polen, obwohl die von den Alliierten festgelegte Oder-Neiße-Grenzlinie weiter östlich verlief. Die Sowjetunion brauchte den Stettiner Hafen für die Verschiffung von Reparationsgütern und verlegte die Grenze eigenmächtig nach Westen. Stettin und Swinemünde wurden polnisch.
Der
Kurpark wurde ab 1826 von Peter Joseph Lenné (Generaldirektor der königlich-preußischen
Gärten) geplant.
Mit Miedzyzdroje/Misdroy erreichen wir unser erstes
Etappenziel. Es ist spät geworden. Wir bummeln noch durch die Stadt und
suchen erfolglos den Broadway, den polnischen Walk of Fame. Den
entdecken wir dann am anderen Morgen auf dem Weg durch die Stadt zum nächsten
Etappen-Ziel. Bei den jährlichen
Filmfestspielen in Miedzyzdroje verewigen sich polnische (?) Schauspieler und
Schauspielerinnen mit Handabdrücken auf dem Fußweg an der Promenade.
Claus
von Amsberg, Ehemann der niederländischen Königin Beatrix, besuchte die private
baltische Oberschule in Misdroy.
Exkurs: Pommern, Westpreußen, Ostpreußen, Kaschubien
Usedom und Wollin gehörten seit Anfang des 18. Jahrhunderts (1721 nach dem Nordischen Krieg um die Vorherrschaft im Ostseeraum) zu Preußen und waren Teil der preußischen Provinz Pommern. Unterschieden wurden Vorpommern/ Vorderpommern (westlich der Oder, einschließlich Stettin und der Insel Rügen) und Hinterpommern.
Die Grenze zwischen Pommern und der Provinz Westpreußen, die wir bei unserer Tour überfahren, war etwa in Höhe des Zarnowitzer Sees (Jezioro Zarnowieckie). Wittenberg (Bialogora) lag in der Provinz Pommern. Dembeck (Debki) gehörte zu Westpreußen.
Die
preußische Provinz Westpreußen war das Gebiet beiderseits der Weichsel.
Die Grenze zu Ostpreußen verlief etwa in Höhe von Elbingen (Elblag). Das
Gebiet ging nach dem 1. Weltkrieg größtenteils an Polen, als der Polnische
Korridor und die Freie Stadt Danzig gebildet wurden.
Pomerellen (Kleinpommern) war Teil der Provinz Westpreußen und bezeichnete die Landschaft etwa zwischen Leba und der Weichsel.
Die Kaschubei ist
ein Teil von Pomerellen, an der Ostsee etwa zwischen Debki/Dembeck und Danzig.
Die preußische Provinz Ostpreußen bildete mit Königsberg den östlichen Teil Preußens. Nach dem 2. Weltkrieg ging die nördliche Hälfte an die Sowjetunion, die südliche an Polen.
Ostpreußen war mit der
Hauptstadt Königsberg als Herzogtum Preußen an den Kurfürsten der Mark
Brandenburg gefallen (siehe auch Deutscher Orden). 1701 krönte sich Kurfürst
Friedrich III. von Brandenburg und Herzog von Preußen in Königsberg zum König
in Preußen, als König Friedrich I. . Neben dem nunmehr Königreich Preußen
bestand westlich davon (links der Weichsel mit Puck, Danzig, Elblang) ein
Ständestaat als Teil des Königreichs Polen (als „Preußen königlichen Anteils“,
„Königlich Preußen“, „Polnisch Preußen“ bezeichnet). Deswegen durfte sich der
Brandenburger Kurfürst als König nur „in Preußen“ nennen.
Bei der ersten polnischen Teilung kam Polnisch Preußen 1772 an das Kurfürstentum Brandenburg. Friedriche II. der Große, seit 1740 Markgraf und Kurfürst von Brandenburg sowie König in Preußen, wurde nun König von Preußen.