Wanderungen in Berlin
Kleine und Große Wanderung im Grunewald
(Schlachtensee und Krumme Lanke bis Grunewaldsee)
Die Seen gehören zur Grunewald Seenkette oder auch Grunewaldrinne. Es ist eine glaziale Rinne (unter Gletschereis von Schmelzwässern ausgewaschen), die in der Weichsel-Kaltzeit vor etwa 20.000 Jahren entstanden ist. Zu der Haupt-Grunewaldseenkette gehören die Seen und Niederungen Nikolassee, Rehwiese, Schlachtensee, Krumme Lanke, Riemeisterfenn, Langes Luch, Grundewaldsee, Hundekehlefenn, Hundekehlesee, Dianasee, Koenigssee, Halensee und Lietzensee.
Runde um den Schlachtensee
Start und Ende der Rundwanderung war die Fischerhütte am Schlachtensee. Die Umrundung des Schlachtensees ist ein beliebter Spazierweg und oft mit einer Einkehr in dem Traditionsrestaurant verbunden.
Das Restaurant gibt es seit 1723 (1759?), die Alte Fischerhütte.
Bis 2001 war für 20 Jahre ein Opernsänger Pächter des dem Bezirksamt
Zehlendorf gehörenden Hauses. Der Kammersänger an der Deutschen Oper Berlin,
Karl-Josef Hering (1929 – 1998), betätigte sich nach Aufgabe seiner
Opernkariere als Hotelier und Gastronom. Der nächste Pächter war dann Josef
Laggner. Dessen erstes Restaurant in Berlin war das bekannte Luther
& Wegner am Gendarmenmarkt.
Der Name Schlachtensee geht nicht
auf eine Schlacht zurück. „Slat“ oder „Slaht“ war im Mittelniederdeutschen ein
Pfahlwerk als Uferbefestigung oder Stauwehr. Ein Dorf in der Nähe wurde als
Slatdorp bezeichnet.
Dieses Dorf Slatdorp, das wüst gefallen ist (aufgegeben wurde), und die Ortschaft
Zehlendorf, zusammen mit zwei Seen (Slatse - Schlachtensee und wahrscheinlich
der Nikolassee), hat Mitte des 13. Jahrhunderts das Zisterzienserkloster Lehnin
von den askanischen Markgrafen gekauft.
Wir
beginnen mit unserem Rundgang am Nordufer des Sees. Der dahinterliegende
Grunewald wird hier von der S-Bahn-Strecke und der Avus (BAB 115)
durchschnitten. Man hört die vorbeifahrenden S-Bahnen. Ab Ende des Sees bildet die Niederung
Rehwiese die Fortsetzung der Grunewaldrinne, an die sich der Nikolassee anschließt.
An der Straße An der Rehwiese liegt das Robert-Tillmanns-Haus.
Ich kann mich gut an das Haus erinnern. In meiner Jugendzeit war ich mit
Gruppen der Hildesheimer Jungen Union öfter in Berlin. Jugendreisen in das
eingemauerte West-Berlin wurden damals gefördert. Und so war ich auch für ein
paar Tage im Robert-Tillmanns-Haus, einer von 75.000 Schülern und Studenten, die
dort lt. dem Internet-Auftritt des Bildungsträgers, dem Robert-Tillmanns-Haus
e.V., dort im Laufe der Zeit übernachtet haben.
1959 wurde das Haus als CDU-naher Träger gegründet, um Bürger aus
beiden Teilen Berlins und Deutschlands über die politischen Verhältnisse in der
„Frontstadt Berlin“ zu informieren und die Menschen zusammenzubringen. Das
Anliegen wurde mit dem Mauerbau 1961 unmöglich. Das Tillmanns-Haus organisierte
fortan einwöchige Seminare mit Informationen über die geteilte Stadt, meist mit
einem Besuch des Reichstags und der Mauer und einer Fahrt nach Ostberlin.
Gegenüber
der Südseite des Sees – hier lag einmal das wüst gefallene Dorf
Slatdorp - verläuft ebenfalls eine S-Bahn-Trasse. Die Nord- und die
Süd-Trasse treffen sich im Bahnhof Wannsee. An der Südtrasse liegt der S-Bahnhof
Schlachtensee. Man kann auch bequem zum S-Bahnhof fahren und hier den
Rundweg beginnen.
1874 wurde der S-Bahnhof Schlachtensee
zusammen mit der Wannseebahn (von Berlin- Potsdamer Platz nach Potsdam)
gebaut und diente der Anbindung der am Schlachtensee entstandenen
Villen-Kolonien: 1894 Villenkolonie Schlachtensee-West, 1898 Landhauskolonie
Schlachtensee-Ost. In den 1930er Jahren wurde am Südufer des Schlachtensees
die Marinesiedlung für Offiziere der Kriegsmarine errichtet (offensichtlich
für Angehörige des Oberkommandos der Kriegsmarine, das ihren Sitz im Shell-Haus
unweit des Bendlerblocks hatte).
In der Marinesiedlung hat nach dem Weltkrieg der Regierende
Bürgermeister und spätere Bundeskanzler Willy Brandt mit seiner Familie
gewohnt (Marinesteig 14).
Das am
Südufer einmal existierende Restaurant Schloss Schlachtensee gibt es schon
lange nicht mehr. Überlebt hat am Südufer nur der Bootsverleih, vor etwa
100 Jahren von einem Fischer Hensel gegründet, mit einer kleinen Einkehrmöglichkeit.
Krumme Lanke bis Grunewaldsee
Wanderung am 12. Mai 2024
Südlich der Krummen Lanke
wurde nach 1939/1940 die Waldsiedlung Krumme Lanke gebaut. Die Berliner
Wohnungsbaugesellschaft GAGFAH (deren Wohnungsbestände gehören heute wie die der
GSW zum Wohnungskonzern Vonovia) hatte das Areal erworben, um darauf preiswerte
Eigenheime und Reihenhäuser zu bauen. Der Straßenname Quermatenweg weist
noch auf die alte Flurbezeichnung hin. Maten waren abgemähte Wiesen.
Zwei Jahre später wurde entschieden, die Siedlung für Mitarbeiter der SS-Hauptämter
zu bauen, eine SS-Kameradschaftssiedlung. Nach Ende des Weltkrieges verfügten
die Alliierten, dass hier Flüchtlinge und Opfer des Nazi-Regimes wohnen
sollten.
Der
Wolfsschluchtkanal verbindet den Schlachtensee mit der Kummen
Lanke. Diese ist durch den Fenngraben mit den weiteren Seen bis
zum Grunewaldsee verbunden. Die Kanäle wurden angelegt, um die Seen mit Wasser
aus dem Wannsee zu versorgen.
Etwa nach
1900 sank der Grundwasserspiegel im Gebiet der Grunewaldseen durch steigende
Wasserentnahme im Zuge der Wohnbebauung. Die Berliner hatten sich Brunnen für
ihre Häuser und Gärten bohren lassen. Nach Protesten der Schlachtensee-Anrainer
baute die Stadt einen Tunnel vom Wannsee zum Schlachtensee und pumpte
Wannseewasser in den 2 Meter höher liegenden Schlachtensee.
1952
wurde der Fenngraben angelegt, der den Schlachtensee mit dem
Grunewaldsee verband, damit das in den Schlachtensee gepumpte Wasser auch
den Grunewaldsee und die anderen Seen erreichte. Dadurch kehrte sich der
Wasserlauf der Seenkette um. Die Fließrichtung war jetzt nicht mehr zum Wannsee
hin, sondern vom Schlachtensee Richtung Norden zum Grunewaldsee und weiter.
Allerdings musste man feststellen, dass das Wannseewasser zu viel
Nährstoffe mit sich führte. Der Schlachtensee drohte durch zu viel Algen und
Faulschlamm umzukippen. Um das zu verhindern, wurde in den 1980er Jahren ein Klärwerk zur Reinigung des Wannseewassers
gebaut. Der Schlachtensee hat heute eine bessere Wasserqualität als der Wannsee.
Wir gehen am Südufer der
Kummen Lanke entlang und weiter durch das Riemeisterfenn. Das Riemeisterfenn
(Fenn ist ein morastig-sumpfiger Bereich oder ein Moor) war vor der
Grundwasserabsenkung auch einer der Seen in der Grunewald-Rinne. Jetzt ist es
ein Moorgebiet mit Wassertümpeln.
Den Namen
„Riemeister“ erhielt das Fenn und davor der See von dem Aufseher über das
Feuchtgebiet, den Riedmeister, der vom Kloster Lehnin zur Beaufsichtigung der
Wälder und Seen eingesetzt wurde.
Es folgt die Überquerung der Onkel-Tom-Straße.
Die Straße hat ihren Namen durch ein anliegendes Wirtshaus erhalten. Das wurde Ende des 19. Jahrhunderts als Wirtshaus am Riemeister am Ufer des damals noch vorhandenen Sees gebaut. Bald bürgerte sich der Name Onkel-Toms-Hütte ein. Der Wirt hieß Thomas und war ein Fan der amerikanischen Schriftstellerin Harriet Beecher Stowe (1811 – 1896), die den Roman gegen die Sklaverei „Onkel Toms Hütte“ geschrieben hatte. Das Wirtshaus wurde Ende der 1970er Jahre abgerissen. Heute hat hier ein Reiterverein seine Stallungen und Reitanlagen.
Es folgt das Lange Luch,
in dessen Mitte der Fenngraben angelegt wurde. Das Lange Luch (Luch ist eine vermoorte
Niederung) ist schon seit ewigen Zeiten verlandet (nicht erst durch die
Grundwasserabsenkung) und ist jetzt ein Naturschutzgebiet. Vor dem Langen Luch
hatten wir noch – etwas unbeabsichtigt – einen Umweg über die Rodelbahn
Grunewald gemacht, die das natürliche Gefälle zum Riemeisterfenn nutzt
(bekannter ist die Rodelbahn am Teufelsberg, ebenfalls im Grunewald).
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Unterhalb des Rodelbergs |
Am Grunewaldsee machen wir im Schlosshof
des Grunewald-Schlosses eine Pause.
Das
Jagdschloss Grunewald ist das älteste erhaltene Schloss in
Berlin. Mitte des 16. Jahrhunderts wurde es im Auftrag des brandenburgischen
Kurfürsten im Waldgebiet der Teltower Heide gebaut. Anfang des 18. Jahrhunderts
erhielt es seine Renaissance-Form.
Als Haus
„Zum grünen Wald“ wurde der Bau zunächst bezeichnet. Daraus entstand die
Kurzform Grunewald, die bald auf den gesamten Wald, den Grunewald, übertragen
wurde.
Im
Schloss ist heute eine Cranach-Gemäldesammlung, darunter
Auftragsarbeiten des brandenburgischen Kurfürsten aus der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts (Lucas Cranach d.Ä., 1472 – 1553, es war die Zeit der Reformation).
Wir umrunden den Grunewaldsee und
gehen dann nördlich der Seen und des Fenngrabens zurück zur Krummen Lanke.
Wir
hätten die Grunewald-Seenkette weitergehen können, über den Hundekehlensee bis
zum Halensee und Lietzensee, aber die Wanderung war so schon lang genug.
Hinter dem Grunewaldsee schauen
wir am Wirtshaus Paulsborn vorbei (1800 als Forsthaus gebaut, seit 1871
Gasthaus, ab 1905 in seiner jetzigen Form), entschließen uns aber ohne Pause
weiterzugehen. Es wäre vielleicht etwas spät geworden.