Zu Fuß durch die Alpen

August 2021

(5) Zwei Tage in Meran

Montag und Dienstag, 23. und 24. August 2021.

Übernachtung im „Bed and Breakfest Liszt“ in der Laubengasse.

Der Name „Liszt“ geht auf die ungarisch-stämmigen Betreiber der Unterkunft zurück, denen auch ein gleichnamiges Restaurant an der Kurpromenade gehört. In einem verwinkelten Haus der Laubengasse haben sie auf zwei Etagen moderne Zimmer eingebaut. Im Erdgeschoss ist das Café „Ulli“ mit einem sehr netten Betreiber-Ehepaar.  

Anstoßen auf das Ende der Wanderung:
Eva, Eckhard, ich und Uschi

           Meran/Merano


          41.200 Einwohner, Provinz Bozen-Südtirol, Region Trentino- Südtirol.                      

Durch Meran fließt die Passer, die im Norden am Timmelsjoch an der österreich-italienischen Grenze entspringt und die an der Stadtgrenze von Meran in die Etsch mündet. Nördlich grenzt das Dorf Tirol an Meran.

 

In römischer Zeit bestand die Siedlung „Castrum Maiense“, im heutigen Stadtteil Obermais.

 

Im 13. Jahrhundert wurde Meran Mittelpunkt der Grafschaft Tirol. Zunächst zum Dorf Tirol gehörend entwickelte sich die Siedlung durch die von den Tiroler Grafen veranlasste Verlegung der Märkte von Dorf Tirol (Pfingstmarkt) und Mais (Martinimarkt) zur Siedlung an der Passer. 


Bis 1849 war Meran die Landeshauptstadt Tirols. Allerdings nur formal, denn 1420 verlegte Herzog Friedrich IV. (Herzog mit den leeren Taschen) die Landesresidenz nach Innsbruck. Erst als Kaiser Franz Josef nach den März-Unruhen 1848 eine neue Verfassung erließ (die aber nur bis 1851 Bestand hatte) wurde die Residenzstadt Innsbruck auch formal Landeshauptstadt.

 

Ab 1844 gibt es einen österreichischen Grafen von Meran. Der Sohn des Bruders des österreichischen Kaisers Franz I. wurde Graf von Meran. Bei Meran gehört das Schloss Schenna den Grafen von Meran.

 

1855 wurde Meran Kurort. 187o kam die österreichische Kaiserin, bekannt als Sissi, mit ihren Töchtern zur Erholung nach Meran und wohnte auf Schloss Trautmannsdorf. Das beförderte das Ansehen Merans als Kurort gewaltig und das Schloss wurde eine begehrte Unterkunft für Adlige und Reiche. 


Über die Tappeiner-Promenade erreichen wir Meran. Das sind die letzten vier Kilometer unserer Wandertour. Fast eben führt der Weg auf halber Höhe zwischen Tal und Dorf Tirol den Hang entlang. Mit schönen Blicken auf Meran und das Tal der Etsch.

Vor den letzten Kilometern

          Tappeiner Promenade:

Der Promenaden-Weg ist nach dem Meraner Arzt und Biologen Dr. Franz Tappeiner (1816 – 1902) benannt, der den Weg angeregt hatte und den ersten Bauabschnitt auch finanzierte.

Dr. Tappeiner behandelte als Kurarzt Patienten aus der gesamten Habsburgermonarchie und wurde vermögend. Er erwarb das Schloss der Herren von Reichenbach im Meraner Villenviertel Obermais, an dem wir auf unserem Stadtweg zu den Gärten von Schloss Trautmannsdorf vorbeigekommen sind (s.u.).



 

Stadtrundgang durch Meran:


Ein Bummel durch die Altstadt von Meran. Direkt in der Laubengasse war unsere Unterkunft, genauer beschrieben,  in den Berglauben. Das ist die dem Küchelberg (auf dem Dorf Tirol liegt) zugewandte Seite der Straße. Die gegenüberliegenden sind die Wasserlauben (zum Fluss Passer zugewandt).


Hausfassaden gegenüber unserer Unterkunft

Was im Vinschgau die Waale sind, sind im Stadtteil Steinach die Rischen.
Es sind mit Steinplatten abgedeckte Wasserkanäle.

          Laubengasse:     

Die alte Einkaufsstraße mit den gegenüberliegenden Laubengängen aus der Zeit, als Meran Landeshauptstadt wurde. Mit vielen Läden, Boutiquen, Restaurants, Cafés und verwinkelten Hinterhöfen. Mit 400 Meter Länge sind es die längsten Lauben in ganz Tirol. Sie beginnen am Pfarrplatz (St. Nikolaus) und enden am Kornmarkt.

Im 13. Jahrhundert wurden sie auf Veranlassung des Tiroler Grafen gebaut. Sie mussten 100 Schritte länger sein als die Bozener Lauben.


Die Laubengasse

 

Rathaus (Neubau 1932) an den Lauben und moderne Fassadenmalerei
an der 1913 geschaffenen Kreuzung der Laubengasse

           Stadtpfarrkirche St. Nikolaus und Barbarakapelle:

Spätgotische Kirche, von 1367 bis 1465 für die wachsende Stadt an Stelle einer Vorgänger-Kirche (von 1266) gebaut. Die Pfarrei war eine der ältesten in Tirol. Die Stadt Meran hatte damals die Größe der heutigen Altstadt. Da die Diözesangrenze an der Passer lag, gehörte St. Nikolaus zum Bistum Chur. Das gegenüberliegende Passer-Ufer war Teil des Erzbistums Trient.

Die danebenstehende Barbarakapelle wurde 1422 bis 1450 als Friedhofskapelle gebaut. Der Friedhof hatte bis 1848 Bestand.



Pfarrkirche St. Nikolaus


           Bozener Tor:

Eines der drei erhaltenen Stadttore (neben Passeier-Tor und 

Vinschgauer Tor).

Im 13. Jahrhundert wurde mit der Stadtwerdung Merans die Stadtmauer mit damals vier Toren errichtet (das vierte Tor, das Ultener Tor, wurde im 19. Jahrhundert abgebrochen). Die Namen der Tortürme sind nach den Tälern und Städten benannt, nach denen sie ausgerichtet waren.


Bozener Tor

Der Pulverturm am Beginn der Tappeiner Promenade oberhalb des Steinach Viertels. Es ist der Bergfried der ehemaligen Burg Ortenstein. Die Burg wurde abgetragen, nur der Turm blieb bestehen. Den Namen "Pulverturm" erhielt er, weil im 30-jährigen Krieg dort das Schießpulver gelagert wurde.


Palais der Familie Mammiger von 1675 unterhalb des Küchelberges im ältesten Stadtviertel Merans, dem Steinach Viertel. Die Steinach Siedlung (ab 1290 belegt) entstand auf dem rechten Passer-Ufer, gegenüber auf dem linken Passer-Ufer die Siedlung Mais. 


Schloss Kallmünz (Mitte 17. Jahrhundert), ursprünglich ein Ansitz aus dem 14. Jahrhundert, beannt nach einem Andrä Kalmüntzer aus Kallmünz in der Oberpfalz.

Buchhandlung Pötzelberger gegenüber der Stadtpfarrkirche.
1865 übernahm der Buchhändler Ellmenreich aus Schwerin die Buchhandlung.
Viel früher, ab dem 13. Jahrhundert wurden hier Münzen geprägt, 
bis die Münze 1477 nach Hall in Tirol verlegt wurde.

Kurhaus
Der älteste Teil des Kurhauses an der Passer-Promenade wurde 1874 gebaut. 1912 erfolgte ein Anbau im Jugendstil mit einer Kuppel über dem Eingangsfoyer. 13 Säle für unterschiedliche Veranstaltungen.


Kurhaus - Auf dem Giebel eine Gruppe tanzender Mädchen


Kurpromenade:

1800 entlang des Passer-Ufers angelegt. Die Sommerpromenade verläuft am linken Passer-Ufer, die Winterpromenade auf dem rechten Ufer.


Kurpromenade an der Passer
Blumenschmuck auf der Promenade

 

Jugendstil-Stadttheater:

Im Jugendstil gebaut, 1900 eröffnet. Mit dem repräsentativen Theaterbau sollte der Kurort attraktiver werden.


Stadttheater von 19oo (Teatro Puccini)
Detail: Eingangstür

 

Landesfürstliche Burg:

Um 1470 von Herzog Sigmund von Österreich-Tirol als Stadtresidenz gebaut. Heute im Besitz der Stadt und Standesamt.


Landesfürstliche Burg in der Altstadt

Tiroler Adler an der Postbrücke

          
            
            Eindrücke zwischen Kornmarkt und Theaterplatz:            
            
Am Kornmarkt

Am Rennweg

Restaurant "Schwarze Katz" am Rennweg

Museum "Roter Adler" am Rennweg



Ausflug nach Dorf Tirol:


Dorf Tirol ist eine heute selbständige Gemeinde oberhalb Merans, die unterhalb des Schlosses entstanden ist.


Mit dem Sessellift nach Dorf Tirol


Schloss Tirol:

Stammburg der Grafen von Tirol. Eine erste Burganlage entstand vor 1100. In der heutigen Form wurde sie im 13. Jahrhundert unter Graf Meinhard II. von Tirol ausgebaut (der auch die Lauben anlegen ließ). Sie wurde Residenz der Grafen von Tirol bis 1420, als Herzog Friedrich IV. von Tirol (Friedrich mit den leeren Taschen), der auch Regent des Habsburger Oberösterreich war, seine Residenz nach Innsbruck verlegte.


Brunnenburg und Schloss Tirol

Schloss Tirol

 

Die älteren Grafen von Tirol, die Albertiner-Linie, sind ab dem 11. Jahrhundert nachweisbar. Ihr Herrschaftsbereich entstand rund um das Schloss Tirol. Sie stammten ursprünglich aus Oberbayern (Schloss Eurasburg).

Im 13. Jahrhundert erbte der Graf von Görz (Stammsitz Görz, ital. Gorizia, bei Friaul) die Tiroler Grafschaft. Bis 1363 bestand diese Linie als die Meinhardiner der Grafen von Tirol. Danach übernahm das Haus Habsburg die Macht in Tirol.

1803 kamen die säkularisierten Bistümer Trient und Brixen zur Grafschaft Tirol. Von 1805 bis 1814 kam Tirol durch Napoleon zu Bayern. Der Wiener Kongress ordnete Tirol wieder Österreich zu.

 

Nach der Verlegung der Residenz nach Innsbruck begann der Verfall des Schlosses. Nach dem 1. Weltkrieg ging das Schloss in den Besitz des italienischen Staates über. 1974 wurde Südtirol Eigentümer des Schlosses. Heute beherbergt es ein Museum zur Kultur- und Landesgeschichte.


Brunnenburg:

Unterhalb von Schloss Tirol gelegen. Gebaut wurde die Burg (wegen einer nahen Quelle so genannt?) um 125o von einem Tiroler Adelsgeschlecht Tarant. Im 15. Jahrhundert gehörte die Burg dem Brixener Bischof.

Um 1900 wurde die verfallene Burg von einem deutschen Industriellen im historisierenden Stil wiederaufgebaut. Nach dem 2. Weltkrieg kaufte die Tochter des amerikanischen Dichters Ezra Pound die Burg. Die Familie gründete in der Burg das „Ezra Pound Centre for Literature“. Außerdem beherbergt die Burg ein Landwirtschaftsmuseum für bäuerliche Kultur Südtirols.


Blick von Schloss Tirol nach Westen (Algund und Partschins)


Blick nach Süden (Meran)

 

Vor vielen Jahren waren meine Frau und ich mit unserer Tochter Tina in Meran. Es war einer unserer ersten gemeinsamen Urlaube. Übernachtet habe wir in der Pension Sayonara (japanisch, „Auf Wiedersehen“). Ein junges Ehepaar bewirtschaftete die gemütliche Pension. An eine Nachspeise kann ich mich noch erinnern, weil ich sie bis dahin nicht kannte, Arme Ritter. Weißbrotscheiben werden in Eiermilch (Milch, Eier und Zucker verquirlen) eingelegt und dann in einer Pfanne goldbraun gebraten. Schmeckte sehr gut.

Wir waren über Ostern dort und als wir am Morgen aufwachten, war die Landschaft „überzuckert“. Es hatte geschneit.

 

Nach Dorf Tirol sind wir damals zu Fuß gegangen, diesmal haben wir den Sessellift genommen. In Dorf Tirol habe ich die Eisdiele Sabine in Erinnerung. Die Eisportionen waren riesengroß. Ob es die Eisdiele noch gibt? Es gibt sie noch. Der junge Eisverkäufer bestätigt uns, dass es die gleiche Eisdiele sei, nur seit einigen Jahren auf der gegenüberliegenden Straßenseite gelegen. Natürlich haben wir dort ein Eis gegessen. Ob die Eis-Portionen genau so groß waren wie damals? Vielleicht habe ich sie auch nur größer in Erinnerung.

 

Am Weg von Meran nach Dorf Tirol sind wir in einer Törggele-Station bei Wein, Speck und Anisbrot (im Herbst gehören auch Kastanien dazu) eingekehrt. Unsere Freunde Christine und Josef waren zur gleichen Zeit in Meran 2000 zum Skilaufen und wir haben uns in Meran getroffen. Auch diesmal hatten wir ein Törggele-Restaurant im Auge. Aber aus einer Einkehr wurde leider nichts, der Montag war Ruhetag.



 

Ausflug zu den Gärten von Schloss Trautmannsdorf:


Seit 1990 gibt es den Meraner Botanischen Garten am Schloss Trautmannsdorf, oberhalb des Villenviertels Obermais.


Der Weg zum Schloss führt durch die
Passeirer Gasse und das Passeirer Tor (von Anfang des 14. Jahrhunderts)

Winterpromenade an der Passer  am nördlichen Passer-Ufer.
Gegenüber auf dem südlichen Ufer ist die Sommerpromenade.

Blick auf den Pulverturm von der Winterpromenade aus

Der Steinerne Steg der Passer.
1617 ersetzte der Steinbau eine hölzerne Brücke.

Schloss Reichenbach, ursprünglich  ein Ansitz aus dem 14. Jahrhundert.
Sein heutiges Aussehen erhielt das Schloss durch die Gräfin Esterhazy
(Ersterhazy war die Hofdame der österreichischen Kaiserin Sissi).
Dr. Franz Tappeiner (s. Tappeiner-Promenade) erwarb das Schloss
 und starb dort 1902.

Ein Bauernhof, der seinen Ursprung um 1200 hat

 

Um 1300 entstand eine Burg Neuberg. 1543 kaufte die Familie von Trautmannsdorf die Burg und erweiterte sie. Es folgten die Edlen von Stachelburg (in Partschins – auf dem Weg von Naturns nach Meran sind wir daran vorbeigekommen). 1805 wurde das verfallene Schloss von den damals regierenden Bayern an Bauern der Umgebung verkauft. 1847 kaufte ein Nachfahre der von Trautmannsdorf, der Graf der Steiermark, die verfallene Burg zurück und errichtete das Schloss Trautmannsdorf.

 

Schloss Trautmannsdorf begründete den Ruf Merans als Kurstadt. 1870 wohnte die österreichische Kaiserin Elisabeth (Sissi) mit ihrer zweijährigen Tochter acht Monate (mit einem Hofstaat von 100 Personen) im Schloss Trautmannsdorf. Ihr Aufenthalt und die Genesung der kränkelnden Tochter machten Meran als Luftkurort berühmt.


Schloss Trautmannsdorf

Botanischer Garten Schloss Trautmannsdorf

 

Nach mehreren Umnutzungen und Besitzerwechseln kam das Schloss an das Land Tirol, das 1990 darin ein Museum für Touristik errichtete und darum herum einen Botanischen Garten anlegte.



🔄Link zum Teil 4: Reschenpass und Vinschgau



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