Meine Ostseeradtour

4. Von Greifswald nach Zingst

August 2020

 

4. Tag                                   Greifswald – Zingst
                                                98 Kilometer
Donnerstag, 20. Aug.   Hostel Haus 54 

Greifswald – Neuenkirchen – Mesekenhagen – Reinberg - Brandshagen – Stralsund - Gutshaus Parow – Klausdorf – Schloss Hohendorf – Bisdorf - Kinnbackenhagen – Nisdorf - Barth Pruchten – Brücke nach Zingst - Zingst

 

Greifswald bis Zingst

Um es vorwegzunehmen. So von Mücken zerstochen wie in Zingst wurde ich noch nie. Die ganze Zeit war Ruhe. Aber in Zingst fielen sie über mich her. Ich konnte nicht so schnell zuschlagen, wie sie zustachen. Im Hotel saugte der Portier die Mücken in der Eingangshalle mit dem Staubsauger weg. Wenigstens hatten die Zimmer Mückengitter vor den Fenstern. 

Aber erst einmal bin ich am Morgen aus Greifwald in der Nähe der aufgegebenen Saline hinausgefahren (hinter dem Fluss Ryck erinnert nur noch die Salinenstraße daran). Nach Mesekenhagen komme ich in die Nähe des Greifswalder Boddens. Nordwestlich von Mesekenhagen ist die Insel Koos, ein Naturschutzgebiet, und die Insel Riems.

 

Die Insel Riems (durch Dammaufschüttung heute eine Halbinsel) ist eine „der gefährlichsten Inseln der Welt“, die man nur nach mehreren Sicherheitsschleusen betreten darf. Es darf nichts von Innen nach Außen gelangen.

 

Vor mehr als 100 Jahren hatte Friedrich Loeffler, ein Schüler Robert Kochs, in Greifswald in einem Stall mitten in der Stadt die Maul- und Klauenseuche erforscht. Rund um Greifswald erkrankten daraufhin außergewöhnlich viel Tiere an der Seuche. Loeffler hatte das Gegenteil seines Forschungsziels erreicht. Daraufhin suchte er einen abgeschiedeneren  Ort und fand ihn auf der Insel Riems. 1910 gründete er dort das erste Virusforschungsinstitut der Welt.

 

Derzeit erforscht das „Friedrich-Loeffler-Institut“, welche Tierarten das Corona-Virus übertragen können. 

Die Kopfseinpflaster-Strecke
Nach Mesekenhagen kam die längste Kopfsteinpflaster-Strecke der ganzen Ostsee-Tour. Eine schön anzusehende mehrere Kilometer lange Alleestraße, schnurgerade, weit konnte man die Allee entlang blicken. Eine sicher historische Landstraße. Aber auch historisch mit Kopfsteinen gepflastert. Daneben war die Bundesstraße mit schön glattem Straßenbelag. Aber zu stark befahren.  Also bin ich schön langsam die gefühlt unendlichen Kilometer auf holprigem Kopfsteinpflaster gefahren. Über Reinberg hinaus bis Brandshagen. 

In Reinberg zweigt die Straße zur Rügenfähre Stahlbrode ab. Ich fahre im Nahbereich des Strelasunds, der die Insel Rügen vom Festland trennt.


Die Ländereien um Reinberg gehörten im 13. Jahrhundert zu einem großen Teil Greifswalder Bürgern. 1353 verkauften und verschenkten sie das Land der Stadt und dem Heilig-Geist-Spital (warum?).

Daneben hatte die Kirche großen Landbesitz. Neben der Kirche in Reinberg bezeugt eine noch erhaltene große Scheune des Landpfarrhofes den kirchlichen Reichtum (Kirche, Pfarrhof und Küsterhof besaßen im Jahr 1866 rd. 1.000 Hektar Land).

 

Große Ländereien gehörten auch der Stadt Stralsund. Um 1300 war die Stadt im Besitz mehrere Dörfer (u.a. Lüdershagen, Lüssow, Wendorf und Flächen auf dem Zingst).

2002 erhielt die Stadt 16.000 Hektar ihrer ehemaligen Landgüter zurück. Die Bodenreform in der DDR enteignete 1945 auch die Stadt. In ganz Nordpommern (auch auf Hiddensee und Rügen) hat Stralsund jetzt Immobilien.


In Stralsund quere ich die Zufahrtstraße zur Rügenbrücke und fahre weiter in die historische Altstadt von Stralsund. 


Stralsund
60.000 Einwohner, Landkreis Vorpommern-Rügen, Land Mecklenburg-Vorpommern.
Stralsund liegt am Strelasund, ein Meeresarm der Ostsee, der die Insel Rügen vom Festland trennt. 

Marienkirche

Der Ursprung der Stadt ist eine Fischersiedlung „Strale“ (slawisch, bedeutet Pfeil- oder Speerspitze). Diese Siedlung der slawischen Ranen war schon seit dem 10. Jahrhundert bekannt und gehörte zum Ranen-Fürstentum Rügen. 

Siedler aus den westelbischen Gebieten entwickelten den Ort zu einem Handelszentrum. 1234 erhielt der Ort als Stralesund (germanisch „sund“ steht für eine trennende Enge) von dem Rügenfürsten das Stadtrecht nach lübischem Recht. 


Das Bürgerbuch von 1319 zeigt, dass ein Drittel der Bürger aus dem direkten Umland (Festland und Rügen) stammte und zwei Drittel aus ferneren Gebieten wie Nowgorod, Böhmen und Italien zugezogen waren.

Stralesund stand in Konkurrenz zu den benachbarten Ostseestädten. Das führte 1249 zu einem Überfall einer Flotte der Hansestadt Lübeck, die die Stadt in Schutt und Asche legten. Die Stadt wurde aber schnell wiederaufgebaut. 

Jakobikirche

Zehn Jahre später (1259) bildete Stralsund zusammen mit Lübeck, Wismar, Kiel und Rostock den Wendischen Städtebund zur Sicherung der Handelswege auf dem Land und zur See. 18 Jahre vorher (1241) hatten Lübeck und Hamburg sich in einem Vertrag zur Bekämpfung von Raubüberfällen auf den Handelswegen zwischen Nord- und Ostsee zusammengeschlossen. 

           Die Hanse 

Beide Jahreszahlen werden als Gründungsjahr der Hanse angesehen. Mit immer mehr Städten wurden Bündnisse geschlossen, zum Schutz des Handels, zur Erreichung von Zollfreiheit, zur Eroberung und Verteidigung neuer Märkte.

 

Hauptort der Hanse war Lübeck. Kaiser Karl IV. bestimmte Lübeck als Berufungsgericht für alle Hansestädte. Beschluss- und Leitungsgremium der Hanse waren die Hansetage, die von Lübeck einberufen wurden.

1356 fand der erste Hansetag in Lübeck statt, 1669 dort auch der letzte (mit den Städten Lübeck, Hamburg, Bremen, Danzig, Rostock, Braunschweig, 

Hildesheim, Osnabrück und Köln.

Nikolaikirche
            Die meisten Hansetage 
            waren in Lübeck. Andere
            Tagungsstädte waren
            Stralsund, Greifswald,
            Rostock, Wismar und Bremen.                 

Zwischen 1350 und 1400 hatte die Hanse eine Vormachtstellung im Ostseeraum und war eine nordeuropäische Großmacht.

Den Kern der Hanse bildeten 72 Städte und weitere 130 assoziierte Städte zwischen Flandern und Reval (heute Tallin in Estland).

Das 14./15. Jahrhundert war die Blütezeit Stralsunds. Die Stadt war nach Lübeck die bedeutendste Hansestadt der südlichen Ostsee. 350 Kaufleute betrieben den Fernhandel, von denen die Hälfte Tuchhändler waren. Es gab 13 Werften. Die Stadt hatte das Handelsmonopol für die Insel Rügen. Entsprechend prächtig waren die Handels- und Bürgerhäuser und die Kirchen.

Nach dem Niedergang der Hanse nahm auch die Bedeutung Stralsunds ab. 

Heute ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftsfaktor.

Die ehemalige Volkswerft gehört jetzt als MV Werft zu einem malaysischen Tourismusunternehmen, das u.a. die Star Cruises-Kreuzfahrtschiffe betreibt. 


Der Bismarckhering soll in Stralsund „erfunden“ worden sein. Der Stralsunder Fischhändler Johann Wichmann hatte Bismarck 1871 zu seinem Geburtstag sauer eingelegte Heringe geschenkt, woraufhin Bismarck die Genehmigung gab, den Hering als Bismarckhering zu verkaufen. Das Handschreiben Bismarcks ist beim Bombenangriff 1944 verbrannt. 

Von Stralsund aus verbindet der Rügendamm (mit einer Klappbrücke) und seit 2007 die neue Rügenbrücke die Insel Rügen mit dem Festland. 

Bedeutend ist das Deutsche Meeresmuseum. Das Haupthaus ist in der ehem. Katharinenkirche (ehem. Katharinenkloster aus dem 13. Jahrhundert).

             Historische Gebäude in Stralsund:

             Marienkirche am Neuen Markt

 Gotische Backsteinkirche aus dem 13 Jahrhundert. 

St. Nikolai

Älteste der drei großen Pfarrkirchen.

St. Nikolai
Planung parallel zum Rathaus.  Baubeginn 1234, 1270 Weiterbau  im Stil französischer Kathedralen, in den 1360er Jahren war das Langhaus fertiggestellt, die Turm-
bauten dauerten bis Mitte des 17. Jahrhunderts.

Die lange Bauzeit ist wahrscheinlich auch der Grund für die Verwendung von 65 unterschiedlichen Backsteinarten.

St. Nikolai war nicht nur Kirche, sondern auch Repräsentationsbau des Rates und Versammlungsort der Zünfte und Kaufmannschaften.

 

Hinter dem Hochaltar befindet sich eine Astronomische Uhr von 1394. Sie ist die älteste fast vollständig erhaltene astronomische Uhr im Ostseeraum und zugleich die älteste mechanische Uhr der Welt (?), die noch immer ihr ursprüngliches Räderwerk hat. 

Aus dem Jahr 1370 sind noch vier Tafeln des Rigafahrer-Altargestühls erhalten. Sie waren Bestandteil des Altars der Stralsunder Kompanie der Rigafahrer.

St. Nikolai
Bis zur Reformation hatte die Kirche 56 Nebenaltäre, die üblicherweise vom Rat der Stadt, von Kaufmannschaften, Zünften, Bruderschaften und Familien gestiftet wurden. Sieben davon sind noch erhalten. Einer davon ist der Altar der Riemer und Beutler (Lederwarenhersteller). Ein anderer ist der Bürgermeister-Altar, gestiftet um 1511, die letzte Altarstiftung vor der Reformation.

Alter Markt

Mit der Verleihung des Stadtrechtes 1234 war auch das Marktrecht verbunden. Der Verkauf erfolgte in Buden (wie heute auch auf den Wochenmärkten).

Die Marktfunktion büßte der Platz ein, als Geschäftshäuser gebaut wurden. Auch das Rathaus war eine Zeit lang ein „Kophus“.

 

Der Marktplatz war auch ein Versammlungsplatz. Im 13. Jahrhundert fanden dreimal im Jahr feierliche Ratsversammlungen statt. Anschließend war eine Bürgerversammlung, „Bursprake“ genannt. Ratsbeschlüsse und Vorschriften wurden verlesen. Anfangs geschah das in Latein (was wohl die Wenigsten verstanden), dann in Plattdeutsch und schließlich in Hochdeutsch.

Der Marktplatz war auch Gerichtsplatz mit einem Pranger (niederdeutsch „kaak“). Der Kaak war in Stralsund ein hölzerner Esel mit scharfem Eisensattel (wohl als Folter), auf dem die Verurteilten sitzen mussten. Er stand an der Ecke zur Mühlenstraße, die damals „Hinter dem Esel“ hieß.

 

Neben dem Alten Markt entstand ziemlich schnell der Neue Markt als Mittelpunkt der Neustadt. Der Neue Markt wird schon 127o erwähnt, die Stadt wuchs nach der Verleihung des Stadtrechts 1234 ziemlich schnell. Die Neusiedler fanden in der engen Altstadt keinen Platz mehr und mussten sich daneben ansiedeln.

Der Neue Markt wird heute überwiegend als Parkplatz genutzt.

 

St. Nikolai und die Schaufassade des Rathauses
          
           Rathaus
           Norddeutsche Backsteingotik. Baubeginn etwa 1300 mit                        ständigen Erweiterungs-  und Umbauten bis ins
           19. Jahrhundert. 
           Rathaus und St. Nikolai wurden etwa zur gleichen Zeit 
           geplant, nachdem die Stadt 1249 bei einem Überfall durch
           Lübeck stark zerstört worden war und wiederaufgebaut
               wurde.
         

Rathaus- Gallerie
Um 1320 entstand ein Saalvorbau mit einer Prunkfassade nach dem  Vorbild des Lübecker Rathauses, mit dem Löwenscher Saal, dem  Sitzungssaal des Rates.
 

Der Name des Saals stammt von dem schwedischen Generalgouverneur von Löwen, der seine Sammlung von Büchern und Kunstgegenständen in dem Saal untergebracht hatte und sie nach seinem Tod 1761 der Stadt vermachte.

Vorpommern und damit Stralsund gehörte ab 1648 bis 1815 zu Schweden (mit kurzer dänischer Unterbrechung).

 

Im Rathaus war der Stadtrat, das Gericht und im Mittelalter ein Kaufhaus untergebracht. Es war als Vier-Flügel-Bauwerk konzipiert, mit zwei Durchgängen, in denen sich damals über 40 Ladengeschäfte befanden.

 

Das Rathaus hat einen der größten Kellerräume in Nordeuropa. Er war als Lager für die Kaufleute gebaut, die am Alten Markt ihre Waren verkauften.

Das Gebäude diente danach als Tuchhaus/Gewandhaus . 

Krämerhaus

Bürgerhaus der Hansezeit. Eines der ältesten Häuser der Stadt, 1320 errichtet. 

Heute ist darin das Kulturhistorische 

Krämerhuas
             Museum, das 600 Jahre
             Wohnkultur zeigt.       

Schwedisches 

Regierunspalais/
Mayerfeldscher Palais

Benannt nach dem Bauherren, dem schwedischen Gouverneur Mayerfeld.

Ab 1730 Dienstsitz und Wohnung des Gouverneurs.

Schweden hatte nach dem Nordischen Krieg die Gebiete südlich der Peene mit dem bisherigen Verwaltungssitz Stralsund an Preußen abtreten müssen und brauchte neue Residenzgebäude. 

Commandantenhus

Wohn- und Dienstsitz des schwedischen Garnisonskommandanten, 1748 gebaut. In DDR-Zeiten war es „folgerichtig“ das „Haus der Offiziere“ und dann „Haus der Armee“.

Artushof

 1316 errichtet.

Artushöfe gibt es in vielen Hansestädten. Sie waren der Treffpunkt der Kaufleute und der städtischen Oberschicht (was wohl damals das Gleiche war).

Wulflamhaus
            Heute ist es wieder eine 
            Gaststätte. 

Wulflamhaus

Bürgerhaus im Stil der norddeutschen Backsteingotik (mit typischer Schaufassade) aus Mitte des 14. Jahrhunderts. Bauherr war der Bürgermeister Stralsunds Wulflam. Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert sind im Inneren erhalten.

Heute ist dort ein Restaurant.

 

Die Norddeutsche Backsteingotik ist die Ausprägung des gotischen Baustils mit dem Baumaterial Ziegelsteinen. 

Die Gotik ist eine Epoche der europäischen Architektur und Kunst des Mittelalters, zeitlich etwa von der Mitte des 12. Jahrhunderts bis um 1500. 

Das Ausgangsmaterial Ton für die Backsteine war insbesondere in Norddeutschland und den Niederlanden reichlich vorhanden. Andererseits gab es hier keine großen Vorkommen von Natursteinen.

Charakteristisch ist die große Vielfalt der Formsteine, auch z.B. gedrehte Backsteine. Die Standardsteine waren die Ziegel im sog. Klosterformat. Neu war, dass die Steine nicht in den Bauhütten, sondern in spezialisierten Ziegeleien außerhalb der Baustelle hergestellt wurden.

 

Küstennah, aber nicht direkt an der Küste, fahre ich weiter. Nächster Stopp ist am Gutshaus Parow.


Herrenhaus Parow

Es ist ein Herrenhaus im Stil englischer Landhäuser, gebaut 1860. Einer der späteren Schlossbesitzer, Carl-Friedrich von Langen, war 1928 Olympiasieger im Dressurreiten.

 

Die von Langen gehörten zum sog. Briefadel. So wurden Adelige bezeichnet, die nicht zum Uradel gehörten, sondern in der Neuzeit durch Adelsbrief in den Adelsstand erhoben wurden. Der erste von Langen erhielt seinen Adelsbrief von Kaiser Joseph I.   1706. Er war Kaufmann und Bankier in Stettin. 

Seit 1775 bis zur Enteignung 1945 war das Gut im Besitz der von Langen. Davor war Parow im 16. Jahrhundert in Groß und Klein Parow geteilt und befand sich im Besitz von Ratsfamilien Stralsunds.


Gutshaus Parow
 

An der Küste ist ein großes Militärgelände, die Marinetechnikschule Parow, die größte Ausbildungseinrichtung der Deutschen Marine.

Zwischen der Küste und der Insel Rügen liegen das Prohner Wiek (Wiek bezeichnet die Bucht innerhalb eines Boddens) und der Kubitzer Bodden (flaches Küstengewässer).

 

Die Bodden sind typisch für die südliche Ostsee-Küste. Durch langgestreckte Inseln und Halbinseln sind sie vom offenen Meer abgetrennt. Die bekanntesten Boddenlandschaften sind die Darß-Zingster Boddenkette, die Westrügener Boddenkette, der Nordrügener Bodden, der Greifswalder Bodden. Das Bodden-Wasser hat einen noch geringeren Salzgehalt als die Ostsee und eher den Charakter von Süßwasser-Seen mit entsprechendem Fischbesatz mit Hecht, Zander, Flussbarsch und Aal. 

Zwischen dem Kubitzer Bodden (vor Rügen) und dem Grabower Bodden (Halbinsel Zingst) treffe ich in Hohendorf auf ein klassizistisches Schinkel-Schloss. 

 Schloss Hohendorf

Tudor-klassizistisches Herrenhaus, 1854 nach einem Entwurf von Karl Friedrich Schinkel gebaut. Die Parkanlage hat Joseph Lenné entworfen.

Schloss Hohendorf
Im zweiten Weltkrieg wurde es geplündert und die Innenausstattung  zerstört.

Nach der Wiedervereinigung kaufte ein Nachfahre der früheren Eigentümer von Klot-Trautvetter das Schloss für 1 DM von der Gemeinde und sanierte es bis 1993. 2010/2011 wurde das Schloss zwangsversteigert. Seitdem ist es eine Eigentumswohnungs-Anlage, in der Ferienappartements vermietet werden.

Bei Kinnbackenhagen treffe ich auf die Bodden-Küste vor Zingst. Ich fahre längere Zeit am Grabower Bodden und Barther Bodden entlang. 


Am Grabower Bodden wurden 1912 bis 1914 zur Entwässerung der eingedeichten Flächen Schöpfwerke errichtet. Die vom Wind angetriebenen Propellerpumpen waren auf Stahltürmen montiert. Ein Schöpfwerk ist noch als Denkmal erhalten. 

Es folgt die Hafenstadt Barth am Barther Bodden, mit dem Adligen Fräuleinstift. Das Flüsschen Barthe (knapp 35 Kilometer lang) mündet weiter westlich von Barth mit einem großen Mündungstrichter in den Bodden.

 

Barth
8.700 Einwohner, Landkreis Vorpommern-Rügen, Land Mecklenburg-Vorpommern.
Am Barther Bodden gelegen. 

Ursprung ist eine slawische Burg mit einer Burgsiedlung, die nach der Christianisierung von deutschen Siedlern dominiert wurde.

Adliges Fräuleinstift Barth
1255 wird als Jahr der Stadtgründung angenommen. In einer Verfügung des Rügener Fürsten erhielt die Stadt die Rechte an der Feldmark vor der Stadt und über den Bodden. Dafür war eine jährliche Abgabe in Getreide zu zahlen. Außerdem wurde der Stadt bestätigt, dass ohne ihre Zustimmung keine Klöster auf ihrem Territorium gegründet werden dürften (Klöster standen außerhalb der städtischen Befugnisse). So kam es auch, dass in Barth kein Kloster entstand. 

Barth nennt sich „Vinetastadt“. Angeblich soll eine reiche mittelalterliche Stadt Vineta in den Fluten eines Sturmhochwassers untergegangen sein – ähnlich wie Atlantis.

Von der reichen Stadt Vineta berichtet ein Gesandter des Kalifen von Cordoba, der in der 2. Hälfte des 10. Jahrhunderts das Ostfränkische Reich bereiste. Die Stadt soll sich im Bereich der Odermündung befunden haben. Da sich die Odermündung aber vor 1000 Jahren verlagert hat, ist die genaue Lage der sagenhaften Stadt Vineta unklar.

Auch Usedom und Wollin vermuten Vineta an ihren Ufern.

 Stift Barth

Barocker Gebäudekomplex, von 1733 bis 1741 erbaut.

Das „Barthsche Closter“ war ein Frauenstift (kein Kloster) zur Versorgung unverheirateter Töchter der Adligen, gestiftet von der schwedischen Königin. Jeder Stiftsdame stand eine Wohnung mit 4 Räumen zu. In der Regel wurde schon bei der Geburt das Anrecht auf einen späteren Eintritt in das Stift erkauft.

1948 wurde das Stift aufgehoben. Seit 2001 wurden die Gebäude saniert und altengerechte Wohnungen eingebaut. Die Volkssolidarität bietet betreutes Wohnen an.

 

St. Marien Kirche

Norddeutsche Backsteingotik. Grundsteinlegung um 1250. Fertigstellung erst 200 Jahre später. 

Dammtor

Teil der mittelalterlichen Wehranlage, vermutlich um 1425 gebaut.  Fünfgeschossiger Backsteinbau. 


Kurz hinter Barth biege ich Richtung Norden ab und fahre über die Meiningenbrücke (über den Meiningenstrom zwischen Barther Bodden und Bodstedter Bodden) auf die Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Neben der Straßenbrücke besteht noch eine stählerne Drehbrücke, ein Überbleibsel der stillgelegten Bahnstrecke nach Prerow.

An dem kleinen Hafen von Zingst führt der Weg vorbei zu meinem Übernachtungsquartier in Zingst. 

Gegenüber von Zingst liegt im Barther Bodden die Insel Kirr mit Salzwiesen, die als Viehweide genutzt werden. Die Bodden zwischen der Halbinsel Zingst und dem Festland und die Westrügener Bodden gehören mit der Halbinsel Zingst und den Inseln Bock und Hiddensee zum Naturpark Vorpommersche Boddenlandschaft.


Zingst
3.100 Einwohner, Landkreis Vorpommern-Rügen, Land Mecklenburg-Vorpommern.
Zingst ist durch eine Brücke mit dem Festland verbunden. 

Die Gemeinde Zingst liegt auf der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst. Ursprünglich waren das Fischland, der Darß und der Zingst voneinander getrennte Inseln. Durch Schließung der

Meiningenstrom
Flutrinnen wurden die Inseln miteinander und bei Fischland mit dem Festland verbunden.

Zwischen der Halbinsel und dem Festland ist eine Kette von Bodden (von Ost nach West): Grabower Bodden, Barther Bodden, Bodstedter Bodden, Saaler Bodden. Am östlichen Grabower-Bodden ist der Zugang zur Ostsee.

Die Bodden sind eine nach der Eiszeit überflutete Grundmoränenlandschaft.

Der Zingst und der Darß im Osten gehören historisch zu Vorpommern, das Fischland im Westen zu Mecklenburg. Die Grenze verlief etwa westlich von Ahrenshoop.


Dass ich auf Zingst von Mückenschwärmen empfangen wurde, hatte ich eingangs gleich berichtet. Da half auch das Mückenspray nicht mehr, aber vor weiteren Angriffen beim abendlichen Rundgang.

Zingst ist ein kleiner Ort, Einfamilienhäuser, Ferienhäuser und Ferienwohnungen. Nichts Außergewöhnliches. Außer dass Dietrich Bonhoeffer von 1935 bis 1938 das Predigerseminar der Bekennenden Kirche (Pfarrer in Opposition und Widerstand gegen das NS-Regime) auf Zingst leitete.


Zu dem Bericht gibt es auch ein Fotoalbum