London und Südengland
Juni 2018
Reise des Freundeskreises der Konrad Adenauer Stiftung (KAS)
im Juni 2018
Die Erläuterungen stammen meist aus Wikipedia- und anderen Artikeln im
Internet, ohne einzelne Zitierungen
Es ist unsere zweite Fahrt mit
dem Freundeskreis der Konrad Adenauer Stiftung. Unsere erste Fahrt war vor zwei
Jahren nach Rom. Dieses Jahr war London und Südengland das Ziel der Reise.
Der Freundeskreis wurde zur
Unterstützung der Konrad-Adenauer-Stiftung gegründet. Während meines Studiums
war ich Stipendiat der Stiftung.
Anreise
Anreise mit dem Flugzeug von
Berlin nach London am sehr frühen Morgen. Dafür hatten wir aber auch einen Tag
mehr für London. Am Berliner Flughafen
die üblichen Eincheck-Wartezeiten und mein Ärger über die Monopol-Preise an den
Imbiss-Ständen. Hier wäre eine Aufgabe für die Kartellbehörde. Entweder nutzen
Gastronomen ihre konkurrenzlose Situation aus oder der Flughafen verlangt zu
hohe Mieten, oder beides.
Reiseroute
In London war es erfreulicher. Sommerwetter auch in London. Nichts von
dem Londoner Nebel- und Regenwetter.
Erwartet wurden wir von unserer Reiseleiterin Maria, einer Finnin, die
nach England geheiratet hatte. Sie hat uns die ganze Zeit sehr gut geführt und
sich um uns gekümmert.
Christine von der KAS hatte auch Headsets mitgebracht, so dass die
Erklärungen überall ankamen. Eine Gruppe interessierter Adenauer-Freunde ist
nämlich nicht so leicht beieinander zu halten. Beim Rückflug gab es allerdings
eine Überraschung. Die Reserve-Akkus durften weder im Handgepäck noch im Koffergepäck
mitgenommen werden. Den Flug von Berlin nach London hatten sie ohne
Beanstandung überstanden. Es blieb nur die Entsorgung im Flughafen. Hoffentlich
haben sich die Mitarbeiter dort bedient, es wäre sonst eine arge Verschwendung.
Die ersten drei Tage unserer
Reise waren der Hauptstadt London gewidmet. Besichtigung der historischen und
zum Teil auch noch aktuellen Orte und Gebäude in London und einige politische
Informationen. Danach erlebten wir die Landschaft und die wichtigsten Orte in Südengland.
Reisebericht
1. Tag London – Die Paläste der Monarchie und des Parlaments
2.Tag London – Historie
und Moderne
3. Tag London – Gespräche und beide Parlamentskammern
4. Tag Die Römer in England – Das Thermalbad in Bath
5.Tag Ursprung und Tradition –
Die Stonehenge und Brighton
6. Tag Kreidefelsen und ein Schlachtfeld – Entlang der Kanal-Küste
7. Tag Das Zentrum der englischen Kirche - Canterbury
8. Tag Cream Tea bei Lady Baillie
Zum Schluss: Ein kleiner Überblick über die Geschichte der
Insel
1. Tag:
London – Die Paläste der Monarchie und des
Parlaments
Die Fahrt vom Flughafen zum Hotel haben wir gleich mit den ersten Stadtbesichtigungen verbunden.
Erster Zwischenstopp
am Buckingham Palast. Es war der Tag der Geburtstagsparade für die englische Königin. Ihren 92. Geburtstag
hatte sie schon am 21. April. Aber im April ist das Wetter in England für eine
Parade meist zu schlecht Die Geburtstagsfeiern wurden schon vor vielen Jahren
in den Juni gelegt. Dieses Jahr bei schönstem Sommerwetter.
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Bobbys am Buckingham Palace |
Die Bezeichnung "Bobby" für die britischen Polizisten geht auf den Innenminister Robert Peel zurück, der im 19. Jh. das Polizeisystem entscheidend prägte (Bobby ist die engl. Kurzform für Robert).
Der Buckingham
Palace ist die offizielle Residenz der britischen Monarchen in London.
1703 wurde er als Stadthaus für einen Duke (Herzog) gebaut, dann vom König als
Privatresidenz erworben, ausgebaut und erweitert (775 Räume) und seit Königin
Victoria als offizielle Residenz genutzt. Ein Teil des Palastes ist der
Öffentlichkeit zugänglich.
Auf dem Weg zum Buckingham Palace
waren wir vorher an der Royal Albert
Hall vorbeigekommen. Wäre es Abend, hätten wir vielleicht ein Konzert hören
können.
Die Royal
Albert Hall ist ein einem römischen Amphitheater nachempfundener
Veranstaltungsbau mit 9.500 Besucherplätzen. Bekannt ist die Halle auch durch
das jährlich stattfindende Abschlusskonzert der BBC-Klassikkonzerte, die Last Night of the Proms („Proms“ für
promenade series, Promenadenkonzerte).
Ein ähnliches Saisonabschluss-Konzert
geben die Berliner Philharmoniker
jedes Jahr in der Waldbühne. In diesem Jahr war es auch das Verabschiedungskonzert
für den langjährigen Dirigenten Simon Rattle.
Wir haben die
Übertragung im Fernsehen gesehen. Das war „trockener“. Über der Waldbühne hatte es in diesem Jahr ganz schön geregnet. Außerdem
ist es in der Waldbühne nicht mehr so schön. Elend langes Warten vor dem
Eingang. Verbot von mitgebrachten Speisen und Getränken (außer Mini-Portionen
in kleinen Plastikflaschen). Zu Anfang unserer Berliner Zeit waren die
Waldbühnen-Konzerte noch ein Vergnügen mit Picknick-Korb und Flaschenwein,
Servietten und Tischdecken in den vorderen Reihen. Das geht jetzt nicht mehr.
Mittagspause war in Victoria`s
Bar, die war ein typischer englischer
Pub, natürlich mit Victoria-Fotos und Fotos aus ihrer Zeit an den Wänden.
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Victoria´s Bar |
Die Gaststätten-Sperrstunden gehen auch auf
die Pubs zurück. 1915 wurden die Sperrstunden für die Pubs gesetzlich
eingeführt, damit die Rüstungsarbeiter nicht bis tief in die Nacht hinein tranken
und am nächsten Morgen nicht ordentlich arbeiten konnten. In England war und
ist es üblich, nach der Arbeit mit den Kollegen noch ein Bier zu trinken.
Wir nutzten die Zeit zum Geld
wechseln. Am Flughafen hätten wir das auch schon gekonnt, aber dort soll der
Kurs schlechter sein als in den Wechselstuben in der Stadt. Und in Berlin haben
wir es gar nicht erst versucht, es gibt kaum eine Bank-Filiale, die noch Geld
umtauscht.
Vor der Weiterfahrt in das Hotel
stand noch Westminster Palace auf
dem Programm.
Westminster Palace |
Westminster
Hall ist der älteste Teil des Palastes. Es war einmal der größte Hallenbau in
Europa (1097). Bis Anfang des 19. Jh. fanden hier die Krönungsbankette statt,
heute sind dort (unter anderem) Staatsbegräbnisse. Einen Teil des
Parlaments-Palastes haben wir gesehen. Längst nicht alles. Über 1100 Räume sind
es.
Im Westminster
Palace tagen die beiden
britischen Parlamentskammern, das House
of Commons (Unterhaus, in Mehrheitswahl gewählte Abgeordnete) und das Haus of Lords (Oberhaus, geistliche
Lords (Erzbischöfe und Bischöfe) und weltliche Lords (erbliche und auf
Lebenszeit ernannte)).
Ursprünglich (bis 1529) war der Palast die Residenz der englischen
Könige.
Zum Palast gehört der Elizabeth Tower (Clock-Tower) mit der 1858 gegossenen Glocke Great Bell (Big Ben).
Dann Ankunft in unserem Londoner Hotel „Holiday Inn“ . Das
Hotel ist ein neueres Gebäude inmitten eines älteren Wohnungsbestandes des
Stadtteils Whitechapel.
Whitechapel ist ein Stadtteil im Bezirk London Borough of Tower Hamlets, westlich
angrenzend ist die City of London (die Stadtbezirke werden weiter unten
beschrieben).
Tower Hamlets (Hamlet – Weiler, kleiner Ort) war ursprünglich eine alte
Verwaltungseinheit, die als „Liberties“ dem
„Constable of the Tower“ (Vertreter des Monarchen im London Tower)
unterstand und nicht von der Stadt London verwaltet wurde. Es war Kronland.
Zu dem Borough gehört der größte Teil des ehemaligen Hafengebietes,
die Docklands. Es ist das Gebiet des historischen East End von London, nördlich der Themse und außerhalb des
mittelalterlichen Stadtkerns gelegen.
East End war ein armes
Arbeiterviertel. Wegen der vorherrschenden Westwinde war das Gebiet von
Abgasen aus Industrie und Wohnungen belastet, der Londoner Smog war hier
besonders spürbar. Es war der Wohnort der ungelernten Hafenarbeiter.
Einwanderer wie Hugenotten, Iren (um 1850 herrschte in Irland eine große Hungersnot),
osteuropäische Juden und auch Deutsche siedelten sich an.
Jack the Ripper (der Aufschlitzer) trieb hier 1888 sein Unwesen, ein Serienmörder,
der nie gefasst wurde.
Der wirtschaftliche Niedergang
des Bezirks begann ab 1960 mit der Entwicklung von Containerschiffen, für die die Hafenbecken (docks) zu klein
waren. Große Brachen entstanden. Die Bewohner verließen das Gebiet. Einwanderer
aus Südostasien, insbesondere aus Bangladesch, drängten nach. Die Bevölkerung
wurde dadurch multikulturell geprägt (34 % Asiaten).
1981 beschloss die britische Regierung eine Aufwertung des Gebietes.
Der Borough/Stadtbezirk hat in
dem Viertel mehre kommunale Wohngebäude gebaut.
Organisiert sind die kommunalen Wohnungen in
der „Tower Hamlets Community Housing“,
eine im Jahr 2000 mit Regierungsmitteln gegründete gemeinnützige Gesellschaft
mit rd. 3.000 Wohnungen.
Die Namen der Neubauten erzählen jeweils
eine Geschichte. So z.B. in der Nähe unseres Hotels das „Peter House“. Es
erinnert an einen „Peter der Maler“, Peter Piatkow, ein lettischer Künstler,
der 1905 an der Oktoberrevolution beteiligt war und im East End im Exil lebte.
Die katholische Kirche ist gut
vertreten. Die große Kirche, „Kathedrale
des Eastend“, so die Eigenbezeichnung der Pfarrgemeinde „St. Mary and St.
Michael“, stammt aus Mitte des 19. Jh. . Daneben stehen zwei moderne,
kirchliche Schulgebäude, getrennt für Jungen und für Mädchen.
Die katholischen Schulen sind nach einem
Bischof des späteren Erzbistums Westminster, Bishop Challoner, benannt.
Seit 1850 besteht
in London ein römisch-katholisches
Erzbistum. Davor gab es nur (ab 1662) ein Apostolisches Vikariat für ganz
England.
Heinrich der
VIII. hatte 1534 die Kirche in England
vom Papsttum gelöst. Erst Ende des 18./Anfang des 19. Jh. wurden in England die
Gesetze aufgehoben, die die Bürgerrechte der verbliebenen römisch-katholischen
Bevölkerung und deren Zugang zu öffentlichen Ämtern beschränkten. Heute gehören
etwa 10 % der Bevölkerung der römisch-katholischen Kirche an.
Ein
Apostolisches Vikariat gab es auch in Deutschland nach der Reformation. 1667
wurde das „Apostolische Vikariat der Nordischen Missionen“ für die Gebiete ohne
Ausübung des Katholischen Glaubens gegründet. (s. Bericht Elbe-Radreise).
In der gleichen Straße wie die Kirche ist eine
Synagoge, etwas unscheinbar, ohne die Beschriftung nicht zu erkennen.
Es ist die „Jakobs-Synagoge“, die über 100 Jahre besteht, 1903 von Einwanderern
aus Polen, Litauen und Russland gegründet. Seit 1921 ist die Synagoge hier an
der Commercial Road. Sie ist eine von drei Synagogen in East End und war die
erste „Mizrachi-Synagoge“ in Großbritannien (Mizrach ist
eine ortodox-zionistische Bewegung, 1902 in Wilna gegründet).
Auf den Straßen sind auch viele Moslems
und Inder, an ihrer Kleidung erkennbar. Ein bunter Stadtteil. An spanische
Straßenverhältnisse auf Teneriffa erinnert die „wilde“ Müllablage am
Straßenrand. Hier wie dort wird der Müll an der Straße abgestellt und die
Müllarbeiter müssen dann von Hand die Tüten, Kartons und Abfälle auf die
Müllwagen laden.
London – ein Überblick
Londons antike Vorgängerstadt war Londinium. Sie war die größte Stadt und
Hauptstadt der römischen Provinz Britannien. Das Römische Reich hatte ab 43
n.Chr. große Teile des heutigen Englands erobert. Aber es gibt nur wenige
Spuren der antiken Stadt Londinium und der römischen Präsenz auf der Insel.
(s.u.
„Geschichte Englands“)
Nach der
normannischen Eroberung (1066) wurde London Hauptstadt
des normannischen Königreichs in England. Genauer war es die Stadt
Westminster, heute ein Borough
(Stadtbezirk) von London. Westminster war königliche Hauptstadt und
Regierungszentrum. Die heutige City of
London war damals das Handelszentrum.
Neubauten der Docklands |
König Richard I. Löwenherz (König 1189 –
1199, auch Herzog der Normandie) ernannte 1189 den ersten Lord Mayor (Bürgermeister) von London. Schon ab 1215 konnte
die mächtig gewordene Kaufmannsgilde der Stadt ihren Bürgermeister selber
wählen.
Greater London:
Greater
London wurde 1965 geschaffen. Die
Londoner Umlandgemeinden wurden mit London zu einer Regionalstadt
zusammengefasst. Sie ist in den zentralen Bezirk City of London und 32
Boroughs (Stadtbezirke) gegliedert.
Die Boroughs
werden von den Borough Councils (Gemeinderat)
verwaltet, die alle 4 Jahre gewählt werden. Aktuell wurden die Räte der
Councils im Mai dieses Jahres (2018) gewählt.
Die Mayor
(Bürgermeister) werden in den meisten Boroughs aus den Reihen des Rates jeweils
für 1 Jahr gewählt. Die Verwaltung wird von einem angestellten Chief Executive geleitet, der vom
Council gewählt wird (zweigleisige Ratsverfassung).
In einigen Boroughs, darunter Tower Hamlets
(in dem unser Hotel ist), werden die Bürgermeister
direkt von den Bürgern gewählt (eingleisige Bürgermeister-Verfassung). Die direkt gewählten Bürgermeister leiten die
Gemeindeverwaltung.
Die zweigleisige Ratsverfassung mit dem vom
Gemeinderat/Stadtrat gewählten ehrenamtlichen Bürgermeister und dem
hauptamtlichen Gemeindedirektor gab es auch in Niedersachsen, als ich Mitglied im
Gemeinderat meiner Heimatgemeinde Giesen war. Niedersachsen hatte diese, bei
uns „Norddeutsche Ratsverfassung“ genannte, Verwaltungsform nach dem 2.
Weltkrieg als britisch besetzte Zone nach britischem Vorbild übernommen.
1990 führten
Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen (hatte auch als britische Zone die
zweigleisige Ratsverfassung) die eingleisige
„Süddeutsche Bürgermeister-Verfassung“ mit dem gewählten Rat und dem direkt
von den Bürgern gewählten hauptamtlichen Bürgermeister als Chef der
Gemeindeverwaltung ein.
Greater London Authority
Erst seit 2000 besteht neben den Boroughs eine einheitliche Verwaltung für Gesamt-London, die „Greater London Authority“. Die
Greater London Authority hat einen direkt gewählten Bürgermeister, den Mayor of London, als Chef der
Verwaltung und die Stadtversammlung, die London
Assembly, mit 25 Mitgliedern (von
denen 14 direkt und 11 über Parteilisten gewählt werden).
Die einzelnen Boroughs betreiben die meisten lokalen
öffentlichen Dienstleistungen, wie Schulen, soziale Einrichtungen, Müllabfuhr,
Straßenbau.
Aufgabe der Greater London Authority mit dem Mayor of London sind Verkehr, Polizei,
Feuerwehr, Rettungsdienste, Wirtschaftsförderung.
8,8
Millionen Einwohner leben in Greater London (65 Millionen in
Großbritannien). Im Ballungsraum London (Metropolitan Area, EMR der EU) sind es
14 Millionen Menschen (über 21 % der Bevölkerung Großbritanniens). Die EMR-Metropolenregion
Berlin-Brandenburg hat 6 Million Einwohner (weniger als 7,5 % der Bevölkerung Deutschlands),
davon 3,5 Millionen in Berlin (Deutschland 8 Millionen).
Das BIP (Bruttoinlandsprodukt) pro Kopf im
Vergleich zur EU (EU 100 %, 2015) ist in Großbritannien 108 %, London 184 %,
Inner London West 580 %, Kent 89 %; (Deutschland 124 %, Berlin 119 %,
Hamburg 206 %, Oberbayern mit München 178 %).
Greater
London ist eine der 9 Regionen in
England. England bildet zusammen mit Schottland, Wales und Nordirland das
Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland.
Unser erstes Abendessen war im Pub „The Minories“ in der Nähe des London
Tower, mit dem traditionellen „Fish and Chips“ (gebratener panierter
Kabeljau und Pommes frites).
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Im Pub "The Minories" |
Das Bier in dem Pub war gut, englisches
Lagerbier vom Fass. Von einem früheren London-Besuch hatte ich mein Vorurteil
über englisches Bier mitgebracht. Das war damals Guinness-Bier und das schmeckte
mir überhaupt nicht (nicht in London und auch nicht später bei einer Besichtigung
der Guinness-Brauerei in Dublin während einer Kreuzfahrt um England und Irland).
Das Bier hier - und auch später - konnte man gut trinken, wie deutsches Bier.
2.Tag:
London – Historie und Moderne
Mit öffentlichem Bus und U-Bahn
haben wir am Sonntag London erkundet.
Am Anfang war die Nationalgalerie am Trafalgar Square.
Sie ist eine der umfassendsten und bedeutendsten Gemäldesammlungen der Welt.
Man müsste Tage und Wochen dort verbringen, um die wichtigsten der fast 2.300
Werke auf sich wirken zu lassen. So viel Zeit hatten wir natürlich nicht. Wir wollten ja auch den Hydepark und dort den Speakers Corner sehen.
Der Eintritt war frei, wie auch für andere Museen. Allerdings waren im Eingangsbereich unübersehbare Hinweise, dass man
etwas spenden sollte. Und Mitarbeiterinnen wiesen freundlich, aber deutlich
darauf hin. Spenden und Mitgliedsbeiträge sind ein wichtiger Teil der
Finanzierung.
Der Hyde Park ist einer der vielen Parks
in London. Bekannt ist „Speakers Corner“. Dort kann jeder über alles reden –
nur nicht über die königliche Familie. Der Hyde-Park und der angrenzende Kensington Garden sind mit 2,5 km²
größer als das Fürstentum Monaco.
Am Speakers Corner waren dann auch einige
Redner, die, auf einer Kiste oder einem
Treppchen stehend, ihre Botschaft predigten. Die Redner hatten mehr kirchliche
(ein jüdischer und ein moslemischer „Prediger“) als politische Themen und der
Zuhörerkreis war jeweils auch sehr übersichtlich.
Mehr Zulauf
hatte eine Demonstration für die Rechte der Frauen, zu der Frauen
offensichtlich aus dem ganzen Land in den Hydepark strömten.
Und
schließlich fuhr noch die „World Naked Bike Ride“ am Hydepark vorbei. Nackt wurde
mit der Fahrrad-Tour gegen Autokultur und Ölabhängigkeit demonstriert. Lustig.
Marble Arch |
Dann sind wir nach Greenwich hinausgefahren. Die Sternwarte
liegt etwas erhöht am Themse-Ufer,
gegenüber der Isle of Dogs, mit schönem Blick auf die Docklands und den
Millenium-Dome.
Greenwich ist ein Stadtteil von London. Hier, am
Südufer der Themse, war früher das Zentrum der britischen Marine. Durch die Sternwarte Greenwich verläuft der Nullmeridian (eine senkrecht zum
Äquator stehende Linie zwischen dem Nord- und Südpol) und bestimmt die Zeitzone
Greenwich Mean Time (GMT).
An der Stelle
der Sternwarte Royal Greenwich
Observatory stand bis 1675 das Schloss
Greenwich Castle, in dem die
Mätressen Heinrich VIII. wohnten.
Etwas weiter
zur Themse hin lag die Sommerresidenz Heinrich VIII., Greenwich Palace. Der Palast war für zwei Jahrhunderte Hauptsitz
der britischen Monarchen. Heinrich VIII. wurde hier geboren und auch seine
Tochter Elisabeth I. . Im 17. Jh. wurde der Palast abgerissen, ein geplanter
neuer wurde aus Geldmangel nicht gebaut. Heute steht hier das „Greenwich
Hospital“ für verwundete Seeleute.
Rückfahrt in die City mit einem
Boot auf der Themse. Mit Blick auf die Docklands
und die Canary Wharf, unter der Tower Bridge hindurch, am London Tower vorbei. Am Ufer auch das Hochhaus Sharp und das London Eye.
Die Entwicklung der Docklands war die Reaktion auf ihren wirtschaftlichen Niedergang.
Nach wirtschaftlichem Niedergang begann 1981 ein Stadtentwicklungs-programm für
London (Regierung von Margaret Thatcher, Premierministerin 1979 bis 1990). In
dem niedergegangenen Hafengebiet, den Docklands,
wurde ein neuer Stadtteil
geschaffen, mit Wohnungsneubauten und Arbeitsplätzen vornehmlich im
Dienstleistungssektor. Es entstand ein weiteres Dienstleistungs- und
Finanzzentrum, neben der City of London. Bereits 1995 waren rund 13.000
Arbeitsplätze entstanden. Das Gebiet wurde an den Londoner öffentlichen
Nahverkehr angeschlossen. Das war die wichtigste Voraussetzung für die
wirtschaftliche Expansion.
Das architektonische Zentrum der Docklands
ist der Canary-Wharf-Komplex mit den
drei höchsten Gebäuden Großbritanniens. Ein exklusives Einkaufsviertel
entstand, das jede Woche über ½ Million Menschen anzieht.
In der
Canary-Wharf, die auf einer Halbinsel in einer Schleife der Themse liegt
(Isle of Dogs), wurde früher der Handel mit den Kanarischen Inseln abgewickelt.
Gegenüber der Canary-Wharf wurde
1999 der „Millenium Dome“ eröffnet.
Mit einem Durchmesser von 365 Metern ist die Veranstaltungshalle der größte
Kuppelbau der Welt. Die 365 Meter symbolisieren die Tage und 12 Stützen die
Monate des Jahres. Der Architekt des Gebäudes, Richard Rogers, hat auch das
„Centre Georges Pompidou“ in Paris entworfen.
Seit 2007 trägt der Komplex den Namen „ The
O2” und wirbt für das gleichnamige Mobilfunkunternehmen. Die Halle wird
von der Anschutz Corporation geführt, die weltweit Arenen und Theater betreibt.
In Berlin betreibt die Anschutz-Gruppe die
„Mercedes-Benz-Arena“ in
Friedrichshain, die bis 2015 auch „O2 World Berlin“ hieß. Mit 17.000
Sitz- und Stehplätzen ist die Mercedes-Benz-Arena nach der Lanxess-Arena in
Köln (Lanxess ist eine Chemie-Aktiengesellschaft mit Sitz in Köln, die aus
einer Ausgründung aus der Bayer AG entstanden ist) die zweitgrößte
Veranstaltungshalle in Deutschland (die Kapazität des Millenium-Dome in London ist 20.000 Sitzplätze).
Im Jahr 2000 wurde in einem
ehemaligen Kraftwerk die „Tate Gallery
of Modern Art“ eingerichtet (gegründet wurde die Gallery schon 1916 in
Millbank, City of Westminster). Sie ist
eines der weltweit größten Museen für zeitgenössische Kunst. Mit der City of
London ist die Gallery durch die Millenium
Bridge über die Themse verbunden.
Die London
Bridge über die Themse war bis 1739 die einzige Brücke über den
Fluss (Einwohner Londons: 1750 rd. 675.000 Einwohner, 1801 über eine Million).
Zur Römerzeit (46 n.Chr.) bestand
eine Holzbrücke. 1041 wurde die Brücke im Kampf gegen die Dänen niedergebrannt.
Die Themse entspringt in den
Kalksteinbergen der „Cotswold Hills“.
Nordwestlich der Cotswold Hills fließt der Severn,
der in Wales entspringt und bei Bristol in die Keltische See mündet. Er ist
länger als die Themse.
An der Themse
liegt Oxford. Die Themse fließt durch die „Chiltern Hills“, erreicht London und
mündet dann in die Nordsee.
Im Vergleich mit
europäischen Flüssen ist die Themse aber ein kleiner Fluss, etwa vergleichbar
mit der deutschen Ruhr oder Ems.
Der Bau der ersten steinernen Brücke erfolgte 1176 unter Heinrich II. (König von England und Herzog der Normandie).
Es dauerte 33 Jahre, bis die 273 m lange Brücke fertig wurde. Die Brücke war so
breit, dass im 12. Jh. bis zu 7 Stockwerke
hohe Häuser mit Wohnungen und Geschäften errichtet wurden. Für die
Genehmigung der Bauten musste ein Brücken-Mietzins an den König gezahlt werden.
Die
Wellenbrecher der Brückenpfeiler
waren so mächtig konstruiert und die Brückenbogen so eng, dass das Wasser der
Themse durch die Brücke gestaut wurde. Der Pegelunterschied wurde zum Betrieb von Wasserrädern genutzt. Zwei
solche Wasserräder trieben eine Pumpe an, mit der London mit Wasser aus der
Themse versorgt wurde.
350 Jahre war es
Tradition, die Köpfe von sog. Verrätern
auf der Brücke zur Schau zu stellen. Zum Schutz vor zu schneller Verwesung
wurden sie zuvor geteert.
Der erste Kopf,
der so daran glauben musste, war der des schottischen Widerstandskämpfers William Wallace. Der englische König
Eduard I. (1272 – 1307) versuchte, nach der Einnahme von Wales auch die
Oberhoheit über das Königreich Schottland zu erreichen. Wallace war einer der
Anführer des Widerstandes.
Ein weiterer
Kopf war der von Thomas More. Er war
Lordkanzler unter König Heinrich VIII. (1509 - 1547). Der löste sich von der
katholischen Kirche, als der Papst seine Ehe nicht für die Heirat von Anne
Boleyn annullieren wollte (s.u. Geschichte).
Heinrich VIII.
brauchte einen männlichen Erben, um seine Dynastie zu erhalten. Aus seiner Ehe
mit Katharina von Aragon starben alle männlichen Erben im Kindsalter. Einen
männlichen Thronfolger, Eduard VI.,
bekam er mit Jane Seymour, der dritten seiner sechs Frauen.
Durch Parlamentsbeschluss
(Suprematsakte, Supremacy -
Vorherrschaft) ließ sich Heinrich VIII. zum Oberhaupt der Kirche Englands (der Anglikanischen Kirche) bestimmen.
Thomas More verweigerte die Zustimmung, blieb Katholik, trat als Kanzler zurück
und verweigerte den Treueeid für Heinrich und gegen den Papst. 1535 wurde er
auf dem Schafott hingerichtet und sein Kopf auf der Brücke ausgestellt.
Er wurde von der
katholischen Kirche als Märtyrer heiliggesprochen (Das katholische Gemeindehaus meiner
Heimatgemeinde Giesen bei Hildesheim trägt den Namen „Thomas Morus Haus“ zur
Erinnerung an ihn).
Thomas More war ein Gegner
Luthers (95 Thesen 1517 in Wittenberg) und zusammen mit dem damals noch katholischen
König Heinrich VIII. schrieb er eine Streitschrift gegen Luther. Der Papst
belohnte Heinrich VIII. dafür 1521 mit dem Titel „Verteidiger des Glaubens“.
Den Titel wurde er dann aber nach Gründung seiner eigenen Kirche wieder los.
Interessant ist,
dass sich die britischen Monarchen – auch Elisabet II. - trotzdem in ihrem Herrschertitel als
„Verteidiger des Glaubens“ bezeichnen. Der vom Papst aberkannte Titel wurde
einfach per Parlamentsgesetz weiter verwendet.
Im 18. Jh. wurde die alte Brücke durch eine
neue ersetzt. 1968 wurde diese dann nicht mehr neue Brücke nach Amerika
verkauft. Die heutige London Bridge wurde 1973 eröffnet.
Der Tower
of London, direkt an der Themse gelegen,
wurde 1078 als „White Tower“
von den Normannen, die England erobert hatten, gebaut. Im 13. Jh. wurde die Festung durch den
englischen König erweitert, sie erhielt den heutigen Namen „Tower of London“. Die
Anlage war Festung, Waffenkammer, königlicher Palast, Gefängnis. Die Münze war
in der Festung untergebracht, das Staatsarchiv, ein Observatorium. Ein Ort mit
vielen Nutzungen im Laufe der Geschichte. Heute werden dort die britischen
Kronjuwelen gelagert.
Der Tower und das ihn umgebende Gebiet von „Tower Hill“ sowie die „Tower Liberties“
(s. oben Borough of Tower Hamlets) gehörten bis Ende des 19. Jh. nicht zur
Stadt London. Es war ein eigenständiger Bezirk mit eigener Steuer, Polizei und
Gerichtsbarkeit, mit dem „Constable of the Tower“ als Vertreter der englischen
Monarchie.
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Tower Bridge |
Abendessen bei einem Italiener an
der Themse. Wir wollten nicht gleich wieder englisch essen. „Fisch and Chips“
ist zwar o.k., muss aber nicht immer sein. Das italienische Restaurant
„brummte“, lauter junger Gäste. Erst nach der Zusicherung, dass wir rechtzeitig
vor der nächsten Reservierungszeit fertig seien, konnten wir zwei Tische
besetzen. Gutes Essen wie beim Italiener bei uns um die Ecke. Auffallend die
Bedienung, junge Leute, sehr freundlich und zuvorkommend. Das war eigentlich in
allen Lokalen so.
3. Tag:
Londoner Gespräche – und beide Parlamentskammern
Londoner Gespräche – und beide Parlamentskammern
Die Reisen des
KAS-Freundeskreises haben immer auch einen politischen Teil. Das ist das
Besondere. Sonst wären es zwar interessante, aber doch touristische Reisen.
Der politische Teil begann im Hotel mit dem Leiter des KAS (Konrad-Adenauer-Stiftung) Büros in
London, Felix Dane. Er war erst zwei Monate im Londoner Büro, gab uns aber einen sehr guten Überblick über die
derzeitige Lage des Brexit-Austritts. Sie stimmte – unabgestimmt - ziemlich
genau mit der Lagebeschreibung überein, die wir anschließend in der Deutschen
Botschaft erhielten.
Ich wäre ganz gern in das Büro der Stiftung
gefahren, weil es in einer sehr schönen Gegend liegt. Aber die Räume dort wären
für unsere Gruppe zu klein gewesen. Die Büromieten sind in London ziemlich
hoch.
Die
Konrad-Adenauer-Stiftung ist mit rund 80
Auslandsbüros und 200 Projekten in über 120 Ländern nahezu weltweit
präsent. Mit ihrer internationalen Arbeit will die Stiftung an der Schaffung
einer internationalen Ordnung des Friedens und der Gerechtigkeit mitwirken und
zur Vertretung deutscher Interessen in der Welt beitragen.
Das Büro der
Stiftung liegt im Stadtteil Pimlico
in der City of Westminster. Gleich
um die Ecke, in 33/34 Ecclestone Square, wohnte
Winston Churchill (das Haus wurde 1835 gebaut, Churchill wohnte hier von
1909 bis 1913).
2017 wurde das Haus für 4,75 Millionen Pfund nicht verkauft
und dann für 3.000 Pfund pro Woche zur Miete angeboten, an anderer Stelle für
19.500 Pfund pro Monat, 1 Pfund = 1,13 EUR.
Winston Leonard Spencer-Churchill war
britischer Premierminister während und nach dem 2. Weltkrieg. 1953 erhielt er
den Literaturnobelpreis. Er stammt aus der britischen Hocharistokratie, sein
Großvater war der 7. Duke of Marlborough. Da der Herzog-Titel nur an den
ältesten Sohn weitergegeben wird, war sein Vater als jüngerer Sohn ein
Bürgerlicher.
Churchill´s
Familie und die von Princess Diana, erste Ehefrau des britischen Thronfolgers
Charles, haben im 17. Jh. die gleichen Vorfahren (Die Tochter von John Churchill, 1. Duke of Marlbororough , heiratete Charles Spenzer, 3. Earl (Graf) of Sunderland).
Nach dem KAS-Vortrag ging es zur Deutschen Botschaft. In bester Wohnlage
gelegen. Ringsherum zahlreiche andere Botschaften. Eingangskontrolle wie am
Flughafen. Verständlich angesichts der terroristischen Bedrohungen in der
Vergangenheit.
Die Botschaft wird gerade bei laufendem Betrieb umgebaut.
Innerhalb des Gebäudes wurde ein großer Raum für die Konsularangelegenheiten
eingerichtet, damit die Leute nicht auf der Straße anstehen müssen.
Ganz so besucherfreundlich ist
die Botschaft allerdings wohl nicht für Besuchs-Gruppen. Wir waren
um die Mittagszeit da. Getränke waren für das Gespräch offensichtlich nicht
vorgesehen, die kamen erst nach mehr oder weniger diskreter Nachfrage. Aber wir
waren ja auch wegen der Informationen dort.
Empfangen wurden wir von einem der
Mitarbeiter der Wirtschaftsabteilung der Botschaft, wie im KAS-Büro mit einem
exzellenten Vortrag.
Botschafter
in London ist seit 2014 Dr. Peter
Ammon (prom. an der FU Berlin), davor u.a. Staatssekretär bei Außenminister
Steinmeier.
Geschäftsträgerin a.i. (ad interim,
vorübergehend, nicht unbedingt akkreditiert) ist Tania Freiin von Uslar-Gleichen
(Stammsitz in Uslar in Niedersachsen, im Besitz sind die beiden Gleichen,
Burgruinen bei Göttingen).
Erster deutscher Gesandter in London war
(1678) der preußische (und kurpfälzische ?) Gesandte Ezechiel Spanheim, am
Königshof von Karl II. (St. James Palast, bis 1837 die offizielle Residenz der
britischen Monarchen, hier werden auch heute noch die ausländischen Botschafter
akkreditiert). Wilhelm von Humboldt war 1817 als preußischer Gesandter in
London. In der Zeit gab es 11 Vertretungen deutscher Bundesstaaten.
Das erste Gesandtschaft- bzw. Botschaftsgebäude war „Carlton
House Terrace“. Heute ist dort die britische Akademie der Wissenschaft, die
„Royal Society“. 1955 wurde die Deutsche Botschaft am Belgrave Square (Borough
City of Westminster) eröffnet. Die österreichische Botschaft ist nicht weit
entfernt. Die Botschaft der ehemaligen DDR war in der gleichen Straße, das
Gebäude wird jetzt von der Deutschen Botschaft für Ausstellungen und Empfänge
genutzt.
Deutschland hat weltweit 227
Auslandsvertretungen: 153 Botschaften und 68 Generalkonsulate. In Ländern, in
denen Israel keine Botschaften unterhält, dienen die deutschen Botschaften seit
2014 auch als konsularische Vertretung
Israels.
Ursprünglich vorgesehen war im
ersten Programm-Entwurf auch ein Besuch der Deutsch-Britischen Handelskammer.
Aber der Besuch in der Deutschen Botschaft hatte schon Wirtschaftsthemen als
Schwerpunkt und unser Programm war auch gedrängt genug.
Der Sitz der Deutsch-Britische Industrie- und Handelskammer ist das „Mecklenburg House“ im Borough City of
Westminster, unweit des Buckingham Palace. Der Name des Hauses geht auf die
Herzogin von Cambridge, zugleich Großherzogin von Mecklenburg-Strelitz, zurück, die das Haus 1889 erwarb.
Anmerkung: Das
Haus Mecklenburg wird auch als Adelsgeschlecht der Obodriten bezeichnet. Sie beherrschten
Mecklenburg fast ununterbrochen von 1131 bis 1918, 787 Jahre. Neben dem
Greifen-Geschlecht (Herzöge von Pommern) und den Schlesischen Piasten
(Herzogtum Schlesien) gehören die Obodriten zu den Fürsten im Heiligen
Römischen Reich mit slawischer Abstammung.
Die Kammer wurde 1971 gegründet und hat 750
deutsche und britische Mitgliedsfirmen. Auslandshandelskammern sind Teil der
Außenwirtschaftsförderung im Auftrag der Bundesrepublik Deutschland. Sie
vertreten deutsche Wirtschaftsinteressen, informieren über und werben für den
Standort Deutschland. Sie sind mit dem „Deutschen Industrie- und
Handelskammertag“, der Dachorganisation der IHK´s verbunden. Das Gegenstück der Deutsch-Britischen Kammer ist die „British Chamber of Commerce in Germany“ in Berlin.
Auf dem Weg von der Botschaft zum
britischen Parlament lag die St. Paul`s
Cathedral.
Die St.
Paul´s Kathedrale ist die Hauptkirche der Anglikanischen Kirche in
London, ab 1675 anstelle der durch Brand
zerstörten Vorgängerkirche errichtet (604 gab es schon eine erste Holzkirche).
In der Kirche steht eine Plastik von Henry Moore „Mutter und Kind“.
Henry
Moore (1898 – 1986) war 85 Jahre
alt, als er die Skulptur schuf. Seine Werke stehen in mehr als 35 Ländern. In
Guernika haben wir Moore´s „Large Figure
in a Shelter” gesehen. In Goslar steht der „Goslar Warrior“ (Krieger), vor dem
Bundeskanzleramt in Berlin „Large Two Forms“.
Die letzten 40 Jahre seines Lebens lebte er 40 km von London entfernt in dem Dorf Perry Green.
Die letzten 40 Jahre seines Lebens lebte er 40 km von London entfernt in dem Dorf Perry Green.
Die
katholische Hauptkirche von Wales und England ist die Westminster Cathedral, ebenfalls in der City of Westminster.
Die Westminster
Abbey, gegenüber dem Parlament, ist
die Krönungskirche der britischen Monarchen. Ihr vollständiger Titel ist „The
Collegiate Church of St. Peter at Westminster“. Ursprünglich stand hier die
Klosterkirche einer um 750 gegründeten Benediktinerabtei. Im 13. Jh. wurde die
heutige Kirche im Stil der französischen Hochgotik gebaut.
Der Zugang in das
Parlamentsgebäude Westminster Palace
war recht einfach. Natürlich mussten wir durch die Sicherheitskontrollen. Aber
im Gebäude konnten wir uns frei zwischen Ober- und Unterhaus bewegen. Das
Oberhaus (der Peers) und das Unterhaus (der Commons) liegen gegenüber, getrennt
durch Peers- und Commons-Corridor, in der Mitte die Central Hall.
Im Unterhaus (mit den gewählten Abgeordneten) wurde gerade Premierministerin May befragt. Aber es
ging ruhig zu und die Abgeordnetenplätze waren nur mäßig besetzt. Schade, am
nächsten Tag war dort die Brexit-Debatte mit vollem Haus.
Regierungs- und
Oppositionsabgeordnete sitzen sich in Bankreihen gegenüber, gegenüber von May
der Oppositionsführer Corbyn, der auch die ganze Zeit auf seinem Platz blieb. Das
ist anders als im Deutschen Bundestag, in dem die Regierung erhöht vor den
Abgeordneten sitzt. Nach jedem Wortbeitrag stehen mehrere Abgeordnete auf
beiden Seiten auf. Das sieht lustig aus, aber damit melden sie ihre Wortmeldung
an. Der Speaker des Parlaments, der die Sitzung leitet, muss alle Abgeordnete
kennen, denn er merkt sich alle diese Meldungen und achtet bei der
Worterteilung darauf, dass beide Seiten gleichermaßen an die Reihe kommen.
Widerspruch und Unterstützung einer Aussage werden von den Abgeordneten mit
einem lauten „No“ oder „Yeh“ demonstriert. Wird eine Mehrheitsentscheidung des
Speakers angezweifelt, wird die Stimmenzahl durch Hammelsprung festgestellt (Englisch
„division“ – Teilung, Aufspaltung. Hammelsprung muss eine deutsche
Wortschöpfung sein).
Die Parlamentssitzungen werden in
die Parlamentsräume und in einige
umliegende Restaurants (!) direkt übertragen. Abgeordnete können so auch bei
Abwesenheit die Sitzung verfolgen und ggf. rasch in das Unterhaus eilen.
Die Members of
Parliament (House of Commens – Unterhaus) werden auf 5 Jahre nach dem
Mehrheitswahlrecht gewählt. Es sind 650 Abgeordnete, davon haben 533 ihren
Wahlkreis in England, 40 in Wales, 59 in Schottland und 18 in Nordirland.
Das ist im Oberhaus anders. Hier gibt es keine Fernsehübertragungen. Die Räume
sind auch etwas eleganter ausgestattet, allerdings auch etwas in die Jahre
gekommen. Im Oberhaus sind die Bänke rot eingefärbt, im Unterhaus grün (warum
?). Die Sitzung im Oberhaus war etwas
langweilig, ein langer Vortrag einer Regierungsvertreterin, den wir nicht lange
verfolgt haben.
Im Parlamentssaal
des Oberhauses steht der Thron der britischen Monarchen. Von hier hält die
Königin die jährliche Thronrede zur Parlamentseröffnung. Dazu werden die
Unterhaus-Abgeordneten und die Regierungsmitglieder in das Oberhaus gebeten, in
dem sie aber nur Stehplätze haben. Darum dauert die Thronrede, die von der
Regierung vorgegeben wird, wohl auch nur wenige Minuten. Alle Mitglieder des
Unterhauses finden – auch stehend – im Oberhaus keinen Platz. Die Alternative
ist die Bar zwischen den beiden Parlamentskammern.
800 Mitglieder hat das Oberhaus. Ob die alle
zusammen Platz auf den Bänken des Parlament-Saals haben? Die Sitzordnung ist
fest geregelt. Rechts vom Thron und dem Platz des Lord Speakers sitzen die
Lords der Regierungsparteien. Gegenüber die der Opposition. Die Bischöfe haben
ihre Bänke gleich rechts neben dem Speaker.
Seit 1999
(Labour-Regierung Tony Blair) ist die Anzahl
der erblichen Lords (hereditary peers) auf 92 begrenzt. Die übrigen Lords
werden auf Lebenszeit (life peers) von der Königin auf Vorschlag des
Premierministers ernannt. Daneben gehören noch
26 Bischöfe der anglikanischen Kirche dem Oberhaus an.
Abendessen wieder an der Themse,
aber diesmal in einem japanischen Restaurant. Man findet in London Restaurants fast
aller Länder dieser Welt. Es gab nicht nur Sushi sondern auch hervorragende
Nudelgerichte. Die japanischen Udon-Nudeln sind dicker als unsere bzw.
italienische Nudeln.
So weltweit wie die Restaurant-Küchen
sind auch die Kellner. Unser Kellner in dem japanischen Restaurant hatte einige
Zeit auf Teneriffa gearbeitet und kannte Puerto de la Cruz, wo wir im Winter
wohnen. Von Geburt ist er Argentinier.
4. Tag:
Die Römer in England
– Das Themalbad in Bath
Das schätzten schon die Römer
(und vor ihnen die Kelten – s.u. Geschichte), die warmen Quellen von Bath. Das war unser nächstes Ziel.
Dorthin fuhren wir über Windsor Castle
und Oxford. Eine Fahrt durch die
ländlichen Grafschaften Englands, durch Berkshire (Windsor Castle), Oxfordshire
(Universität Oxford) und Whiltshire zur
Grafschaft Somerset (Bath). Insgesamt sind wir bei unserer Reise durch
Südengland durch sieben historische Grafschaften gefahren.
Die Historischen Grafschaften und heutige Regionen.
Die Grafschaften
gibt es heute als Verwaltungs-Bezirke nicht mehr, aber als Gebietsbeschreibung
werden sie noch immer benutzt. So ist die Grafschaft Berkshire heute Teil
der Unitary Authority „West Berkshire“.
Als historische
Grafschaft ist Berkshire eine der ältesten Grafschaften Englands, die sich bis
in die Zeit König Alfred von Wessex (849 – 899) zurückverfolgen lässt.
In 39
historische Grafschaften war England bis 1889 gegliedert. Als sogenannte
zeremonielle Grafschaften bestehen sie heute fort, allerdings ohne
Verwaltungsfunktionen. Es bestehen in diesen Grafschaften nur sogenannte
persönliche Repräsentanten des britischen Monarchen (Lord Lieutenants).
Viele
Grafschaftsnamen enden auf „shire“. „Shire“ bezeichnete eine historische Verwaltungseinheit,
vergleichbar einem deutschen „Gau“ im
Mittelalter. Die Steuern waren an den Verwaltungssitz eines Shires abzuliefern.
Nach dem Verwaltungssitz wurde die Grafschaft benannt.
Die historischen
Grafschaften werden noch als geografische
Bezeichnungen benutzt.
Seit 2009 hat
die Verwaltungsgliederung Englands 8
Regionen und die Region Greater London (hinzu kommen für Großbritannien die
Regionen in Schottland, Wales und Nordirland). In Südengland, unserem Reisegebiet,
sind das die Regionen South West
England, South East England, East of England.
Die 8 Regionen sind gegliedert in
-Metropolitan
Counties (6 Counties, z.B. Greater Manchester).
-Non-Metropolitan Counties (27 Countis, z.B. Hampshire, West Sussex, East Sussex). Die
Non-Metropolitan Counties sind noch einmal in Districts unterteilt. Die
Verwaltungsaufgaben sind zwischen den Counties und den Districts aufgeteilt.
-Unitary Authorities (49 Authorities, z.B. West Berkshire, Wiltshire). Die Unitary Authorities werden einstufig verwaltet und
haben die Verwaltungsaufgaben der
Non-Metropolitan Counties und der Districts.
Ein Beispiel für
die oben beschriebene Verwaltungsgliederung Englands:
Das Schloss Windsor Castle gehört zur
Gemeinde „Windsor“, die
verwaltungsmäßig Teil der Unitary
Authority „Royal Borough of Windsor
and Maidenhead“ ist, und liegt in der traditionellen Grafschaft Berkshire, die Teil der Region „South East England“ ist.
Neben England (54 Millionen Einwohner, 2014)
bilden Wales (3 Millionen
Einwohner), Schottland (5,3
Millionen Einwohner) und Nordirland
(1,8 Millionen Einwohner) das Vereinigte
Königreich Großbritannien und Nordirland.
Wales,
Schottland und Nordirland haben eigene Landesparlamente und Landesregierungen,
neben dem zentralen Parlament (Unterhaus und Oberhaus) und der
Zentralregierung. England hat das jedoch nicht.
Winsor Castle liegt etwa 40 km außerhalb von London, von unserem
Hotel in direkter Linie durch London hindurch nach Westen. Diesen direkten Weg
hat unser Bus nicht genommen. Durch den dichten Londoner Innenstadt-Verkehr
hätte die Fahrt länger als unser Umweg über den Autobahnring um London herum
gedauert. So fuhren wir vorbei an Wäldern und Wiesen und Getreidefeldern, eine wellige und grüne
Landschaft. Nicht weit vor Windsor Castle war die Abzweigung nach Eton, das
historische Elite College Englands (19 britische Premierminister waren
Eton-Schüler).
Windsor Castle |
Windsor
Castle ist neben dem Buckingham
Palace in London und dem Holyrood Palace in Edinburgh (Schottland) eine der Hauptresidenzen der britischen
Monarchie.
Ursprung des
Schlosses war eine Burg, zunächst aus Holz (11. Jh.). Im 14. Jh. wurde die
(inzwischen steinerne) Burg zu einem Schloss ausgebaut. Seitdem wurde die
Schlossanlage über Jahrhunderte erweitert und umgebaut. Es soll die größte
bewohnte Schlossanlage der Welt sein.
Die Gebäudefläche umfasst 45.000 m²
(Reichstagsgebäude Berlin: 13.300 m² Grundfläche), 800 Räume sollen es
sein.
Windsor Castle |
Die Staatsgemächer (mit der St. Georgs Halle
- Versammlungsraum des Hosenbandordens - und der Gemäldesammlung), die
Privatgemächer der Königin und der Südflügel fassen den Oberen Hof ein.
Im Unteren
Hof sind die St. Georgs Kapelle, das Hufeisenkloster (Wohnungen für
Vikare), und der Glockenturm. Die St.
Georgs Kapelle hat ein Stiftskapitel mit weltlichen Chorherren, den Military Knights (Rittern)
of Windsor, bis 1833 hießen sie Poor Knights.
Die Parks und Ländereien von Schloss
Windsor gehören dem „Crown Estate“,
heute eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Erträge fließen in den
Staatshaushalt, die Königin erhält einen Anteil von (z.Zt.) 15 % zusätzlich zu
den jährlichen Zahlungen aus dem Staatshaushalt (die „Civillist“). Das Portfolio
des Crown Estate wird auf 8,5 Mrd. Pfund/9,6 Mrd. EUR (2013) geschätzt. Die
Einkünfte aus den Ländereien betragen
jährlich etwa 211 Millionen Pfund (2008).
Das „Crown
Estate“ (Krongut) ist nach der Eroberung
Englands durch die Normannen (König William I.) entstanden. Das eroberte
Land außer dem Kircheneigentum wurde
Eigentum des Königs (die Kirchenländereien holte sich dann Heinrich
VIII. - ein Nebeneffekt der Trennung von
der Katholischen Kirche). Spätere englische Könige erwarben/eroberten Ländereien
in Wales, Schottland und Irland.
1760 gab George
III. die noch verbliebenen Ländereien (sie waren durch Schenkungen an Adlige,
die im Gegenzug Soldaten und Waffen stellen mussten, reduziert) an den Schatzkanzler (also den Staat)
ab und erhielt im Gegenzug eine jährliche Apanage, die „Civillist“. Damals
sicher kein schlechtes Geschäft. Heute bringen die Krongüter deutlich mehr als
die Zahlungen an das Königshaus ausmachen.
Zu dem Krongut
gehört auch der größte Teil der Regent Street in London, Landwirtschafsflächen
in ganz Großbritannien, die Pferderennbahn von Ascot, die Hälfte des britischen
Wattenmeers und vieles mehr.
Die über die
Jahre angesammelten Kunstschätze, so auch die Gemäldesammlung in Schloss
Windsor, werden vom Royal Collection Trust
verwaltet, eine eingetragene Wohlfahrtorganisation.
Daneben gibt es
natürlich auch einen Privatbesitz des
Königshauses. Es wird auf 340 Millionen Pfund geschätzt (2016), z.B.
Schloss „Balmoral Castle“ in Schottland und der Landsitz „Sandringham House“ in
England.
„Crown dependencies“ (Kronbesitzungen)
der britischen Krone sind staatsrechtliche Bezeichnungen, keine
eigentumsrechtlichen. Die Gebiete sind direkt der britischen Krone unterstellt
(gehören ihr aber nicht) und sind nicht Teil des Vereinigten Königreiches. Sie
gehören förmlich auch nicht zur EU, dennoch gilt ein Teil des EU-Rechts und des
EU-Zollrechts.
Kronbesitzungen
sind die Kanalinseln Jersey und Guernsey sowie die Ile of Man in der irischen
See.
In
der Parkanlage von Windsor Castle
befindet sich das Schloss Frogmore House
und das Mausoleum für
Victoria von Sachsen-Coburg-Saalfeld, die Mutter Königin Victoria´s, sowie
das Mausoleum für Königin Victoria und
ihren Mann Albert von Sachsen-Coburg und Gotha. Daneben liegt die
Friedhofsanlage für weitere Mitglieder der Königsfamilie.
Das Schloss Windsor ist der Namensgeber der heutigen
Königsfamilie. Der ursprüngliche Name war „Sachsen-Coburg und Gotha“ bzw. anglisiert „Saxe-Coburg and Gotha“.
Die englische Königin Victoria hatte den deutschen Prinzen Albert von Sachsen-Coburg und Gotha geheiratet. Im
Ersten Weltkrieg (Großbritannien und Deutschland waren gegnerische
Kriegsparteien) war die deutsche Abstammung der Königsfamilie nicht opportun. Darum
änderte 1917 das Königshaus seinen Namen und nannte sich „Windsor“.
Eine weitere Namensänderung erfolgte durch
die jetzige Königin Elisabeth II. Ihr Mann Prinz Phillip, Prinz von
Griechenland und Dänemark, stammte väterlicherseits aus dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg,
mütterlicherseits aus dem Haus Battenberg. Bei der Heirat mit Elisabeth änderte
Phillip seinen Namen von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg in
Mountbatten. Es war der Name seines Onkels, der 1917 in England den Geburtsname
Battenberg in Mountbatten anglisiert hatte. 1960 verfügte Elisabeth II., dass
der Name ihrer Nachfahren Mountbatten-Windsor
sei, nicht Mountbatten, der Name des Vaters.
Von Windsor Castle fuhren wir 80
km nach Nordwesten durch den Kreide-Höhenzug „Chiltern Hills“ (mit ausgedehnten
Buchenwäldern, früher bekannt als Gebiet der Stuhl-Industrie) in die
Universitätsstadt Oxford in der Grafschaft
Oxfordshire. Ein Teil des Höhenzugs ist ein AONB (Area of Outstanding Natural Beauty, Gebiet von außerordentlicher natürlicher
Schönheit, ein Naturschutzgebiet).
Der Name Oxford bedeutet Ochsenfurt. Der Ursprung des Ortes war ein Übergang
über die Themse.
Berühmt ist die Stadt durch ihre Universität. Mitte des 13. Jh. wurden
mehrere Colleges gegründet. 38 Colleges und 6 Permanent Private Halls bilden
heute die Universität. Colleges (verwalten sich selbst) und Private Halls
(werden von religiösen Organisationen verwaltet) stellen Unterkünfte und die soziale
Infrastruktur für die Studenten. Vorlesungen und Prüfungen werden von der
Universität organisiert.
Die Universität Oxford gehört neben der
Universität Cambridge, der London School of Economics, dem Imperial College
London und dem University College London zu den 5 sogenannten Eliteuniversitäten des Landes.
Im 20. Jh. siedelten sich Druckereien und Verlagshäuser in Oxford
an. Der Universitätsverlag gibt u.a. den Oxford
English Dictionary heraus, den manche vom Englischunterricht kennen.
Die Morris
Motor Company wurde in einem Vorort gegründet. Heute produziert BMW dort (und in Swindon) den Mini.
Im Trinity-College |
Aus dieser Zeit (1421) stammt das Gebäude
der „Bibliotheca Bodleiana“. Benannt
ist sie nach Thomas Bodley. Der floh unter Königin Maria I. (die Blutige,
Tochter Heinrich VIII mit seiner ersten Frau Katharina von Aragon) mit seinen
Eltern nach Deutschland und kehrte unter Elisabeth I. (ebenfalls Tochter
Heinrich VIII. und Nachfolgerin von Maria I.) nach England zurück. Nach 1597
baute er die
Universitätsbibliothek wieder auf. Sie ist heute eine der 6
Pflichtexemplar- Bibliotheken Großbritanniens, in denen jedes gedruckte Werk
hinterlegt werden muss (In Deutschland besteht eine gleiche Regelung, es müssen
alle Dissertationen und Veröffentlichungen in der Nationalbibliothek (Standorte
Leipzig und Frankfurt) und den Landesbibliotheken hinterlegt werden).
Universitätskirche St Mary the Virgin |
Im Innenhof sind über den Eingängen die
jeweiligen Studienrichtungen, die „Schola“,
in Latein bezeichnet, so z.B. die „Schola Naturalis Philosophiae“ oder die
„Schola Musicae“.
Das College ist eine große und gepflegte
Anlage, aber mit etwa 300 Studenten eine kleine Schule. Das Schulgeld beträgt 9.ooo
Pfund im Jahr zuzüglich Kosten für die Unterkunft und Verpflegung.
Von Oxford fuhren wir mit dem Bus
120 km weiter durch die Grafschafte Wiltshire in die Grafschaft Somerset. Eine
wenig besiedelte, weitläufige Hügellandschaft, die „North Wessex Downs“ (auch
ein AONB, hier gibt es große Pferderennställe, wegen der Rasenqualität), wenige
kleine Dörfer oder nur einzelne Höfe, Wald und Parklandschaften, Wiesen und
Getreidefelder, abgegrenzt durch Busch- oder Waldstreifen, manchmal auch getrennt
von Mauern.
Unten, im weitläufigen Tal des
Flusses Avon, liegt das kleine Kurstädtchen
Bath, mit den schon zur Kelten- und Römerzeit bekannten Thermalquellen. Nordwestlich von Bath liegt
die Stadt Bristol an der Atlantik-Meeresbucht zwischen England und Wales. Auf
halber Strecke zwischen Bath und Oxford liegt Swindon.
Swindon ist eine der wachsenden Städte Großbritanniens. Die Automobilunternehmen Honda und BMW (Mini) produzieren hier. Versicherungen und Finanzdienstleister sind angesiedelt. Swindon verdankt dies seiner guten Anbindung an London.
In Swindon war ich in meiner Zeit als Wirtschaftsdezernent der Stadt Salzgitter (Industriestadt in Niedersachsen). Swindon ist die älteste Partnerstadt Salzgitters (seit 1975) und ich war mit einer Ratsdelegation dort.
1942 wurde Bath (wie London und
viele südenglische Städte) von der deutschen Luftwaffe bombardiert. Über 19.000 Häuser wurden beschädigt, 329 zerstört.
400 Menschen kamen ums Leben.
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Das Römische Bad in Bath |
Im 16. Jh.
entdeckten auch die (wohlhabenden) Engländer die Wohltat von Badekuren. Nach einem Besuch der
englischen Königin Elisabeth I.
wurde der Badeort populär. (Wie sich die Geschichten ähneln: Die sogenannten
Kaiserbäder Heringsdorf, Ahlbeck und Bansin
auf Usedom wurden Ende des 19. Jh. durch die Urlaube der deutschen
Kaiserfamilie populär).
Gefunden wurden die römischen Thermen 1889, als das „King´s and Queen´s Bad“ renoviert wurde.
Unser Hotel Abbey ist im Zentrum des Städtchens. . Der Name „Abtei“
täuscht, das Hotel ist aus der Zusammenfügung von drei Stadthäusern entstanden,
die im georgianischen Architekturstil mit Bath-Steinen gebaut wurden. Das
gesamte Stadtbild von Bath wird durch die beim Hausbau verwendeten „Bath Stone“ geprägt.
Der georgianische Architekturstil prägte
in England die Bauten zwischen 1720 und 1840.
Die Bezeichnung "georgianisch" kommt von dem Namen des ersten britischen Königs aus dem Welfenhaus Hannover, Georg I., König 1714 bis 1727.
Die Bezeichnung "georgianisch" kommt von dem Namen des ersten britischen Königs aus dem Welfenhaus Hannover, Georg I., König 1714 bis 1727.
Der Baustil ist
dem Klassizismus verwandt. Es ist eine Rückbesinnung auf die klassische
griechische und römische Architektur. Die Fassaden waren klar gegliedert, mit
einem Kontrast von Backstein- und farbigen Putzflächen. Die Häuser hatten repräsentative Eingangsportale mit
Ziergiebeln und Freitreppen.
In den
Vereinigten Staaten wurde der georgianische Stil in die Kolonialarchitektur
aufgenommen.
Ein anderer
Baustil in England ist der Tudorstil
(während der Tudor-Herrschaft 1485 – 1603), ein spätgotischer Baustil. Typisch
sind die Tudorbogen, gedrungene gotische Spitzbogen. Die Fassaden haben recht-
oder mehreckige Flankierungstürme, Erker, Lanzettfenster (senkrechte
Unterteilungen), Dreiecksgiebel. Beispiel ist die Westminster-Abbey. Auch als
Fachwerkarchitektur ist der Tudorstil erhalten.
Bath Stone ist ein Naturstein, der in den benachbarten
Kalkstein-Brüchen gebrochen wird. Zum Teil waren die Steinbrüche unterirdisch.
Ausgehend vom Tunnel der Bahnstrecke London-Bristol wurden bei „Box Hill“ große
unterirdische Steinbrüche angelegt.
Schon die Römer
bauten mit den Bath Stone ihre Villen und Thermen.
Bade-Szene im Römischen Bad |
Baden kann man im Römischen Bad
nicht mehr. Das kann man in dem benachbarten, 2005 eröffneten, Thermal-Spa. Das
historische „King´s and Queen´s Bad“ wurde schon 1939 geschlossen.
Die Pulteney-Bridge |
Weltweit gibt es
4 Brücken, die auf beiden Seiten Geschäfte haben. Dazu gehören die Rialtobrücke
in Venedig und die Ponte Vecchio in Florenz.
Etwas außerhalb des Stadtkerns
entstand Mitte des 18. Jh. der Royal
Crescent (königlicher Halbmond), ein großer Halbkreis-Wohngebäudekomplex
mit einem englischen Garten davor. Gebaut wie fast alle Gebäude in Bath mit
Kalksteinen aus den Steinbrüchen in der Umgebung. Durch den Bäderbetrieb wuchs
die Stadt innerhalb eines Jahrhunderts von 3.000 Einwohnern auf das Zehnfache. Ein
modernes Stadtbild entstand.
5. Tag:
Altertum und
Tradition – Die Stonehenge und das Seebad
Nach dem Aufenthalt in Bath
fuhren wir weiter Richtung Südosten, aus der Grafschaft Somerset hinaus wieder
in die Grafschaft Wiltshire, zu den Stonehenge,
und dann in dassüdlich davon gelegene Salisbury,
70 km Fahrstrecke.
Stonehenge
ist eine Anlage, deren Bedeutung bis
heute nicht klar ist. Innerhalb eines kreisrunden Erdwalls und eines
Grabens ist ein Steinkreis angeordnet. Die Ausrichtung einiger Steine nach der
Sommersonnenwende lässt auf ein Observatorium schließen. Es kann auch eine
Kultstätte oder Tempelanlage gewesen sein. Bodenproben zeigen, dass dort
Feuerbestattungen stattgefunden haben. Hügelgräber weisen auf eine spätere
Erdbestattung hin, 300 Grabhügel gibt es rund um die Anlage.
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Stonehenge |
Ein ähnlicher
Steinkreis ist 45 km entfernt in Avebury.
Etwa 700 Steinkreise gibt es in
Großbritannien und Irland. Auf dem Kontinent sind einige wenige Steinkreise in der Bretagne, in Südfrankreich
und in Südportugal bekannt. Jüngere Steinkreise (aus der Eisenzeit) gibt es
in Skandinavien.
In Salisbury ist die Kathedrale
erwähnenswert, 1220 bis 1258/1266
gebaut. Der 1315 aufgesetzte Turm ist mit 123 Metern der höchste in England.
In der Kathedrale wird im
Kapitelhaus eine der vier noch erhaltenen Exemplare (ursprünglich waren es 13 Ausfertigungen) der Magna Carta aufbewahrt.
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Die Magna Carta |
1215 schloss der englische König mit dem
revoltierenden englischen Adel einen Vertrag, die „Große Urkunde der Freiheit“, die Magna Carta Libertatum. Sie gilt als
die wichtigste Quelle des englischen Verfassungsrechts.
Ein bedeutender Teil der Magna Carta ist die
wörtliche Übernahme der "Charter of Libertie" Heinrichs I. von 1100, die dem englischen Adel bereits
damals weitgehende Rechte gewährte.
Die Magna Carta verbriefte grundlegende
politische Freiheiten des Adels gegenüber dem englischen König. Der Kirche wurde
die Unabhängigkeit von der Krone garantiert. Das Dokument wurde vom König nur auf
erheblichen Druck der adligen Barone angenommen.
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Kathedrale von Salisbury |
In Salisbury wohnte Edward
Heath (britischer Premierminister 1970 – 1974) von 1985 bis zu seinem Tod
2005. Heute ist sein Wohnhaus „Arundells“ ein Museum.
Wir fuhren 70 km weiter Richtung
Südosten an die Küste, vorbei an Southampton,
nach Portsmouth in der Grafschaft Hampshire. Portsmouth vorgelagert ist die Nordseeinsel Isle
of Wight.
In Southampton waren meine Frau und ich
schon einmal, als wir dort einen Tag während unserer Kreuzfahrt England-Irland
verbrachten.
Southampton war
1912 der Ausgangshafen des damals größten Passagierschiffs der Welt, der Titanic. Sie sank bei ihrer
Jungfernfahrt auf dem Weg nach New York nach Kollision mit einem Eisberg bei
Neufundland.
Das
Titanic-Museum in Southampton erinnert daran.
Portsmouth ist der wichtigste Militärhafen Großbritanniens und die Marine ist der größte
Arbeitgeber der Stadt.
Im zweiten Weltkrieg wurden Teile der
Altstadt durch deutsche Bomber zerstört. Im Hafen liefen die Schiffe zur
Landung in der Normandie am D-Day 1944 aus.
Der zivile Güterumschlag wurde ab 1970
zunehmend nach Southampton verlagert. Ab 1995 wurde das Hafengebiet umgestaltet. „Portsmouth
Marina“ ist heute ein modernes Wohn- und Geschäftsviertel.
Die zentrale
Shopping-Mall in der „Portsmouth Marina“
wurde 5 Jahre später als geplant
fertiggestellt und kostete statt 9 Millionen über 30 Millionen Britische Pfund.
Ein kleiner Trost für die mit dem BER-Flughafen geplagten Berliner.
Zu der Hafen-Umgestaltung gehört auch der
170 Meter hohe Aussichtsturm Spinnaker
Tower. Die Gestaltung wie ein Spinnaker-Segel soll an die maritime
Tradition Portsmouth erinnern.
Im Hafen haben wir das dort im
Trockendock liegende Flaggschiff von Admiral Nelson während der
Trafalgar-Seeschlacht (1805), die Victoria,
gesehen.
Daneben liegt das ehem.
Flaggschiff Heinrich VIII., die Mary
Rose, die in Porthmouth gebaut wurde.
Die dafür benötigten Eichenstämme mussten
aus ganz Südengland herbeigeschafft werden, da die in England früher verbreiteten
Eichen im 16. Jh. schon seltener anzutreffen waren (Schiffsbau, Kirchenbau). Für
die Mary Rose wurden ca. 600 große Eichenstämme benötigt.
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Im Southsea Castle v on Heinrich VIII. |
Bei einem Angriff musste Heinrich VIII. den
Untergang der Mary Rose von der Festung aus ansehen. Man vermutet, dass das
Schiff mit den Geschützen zu schwer war und bei einem Wendemanöver voll Wasser
lief, ohne jede Feindberührung.
Aus neuerer Zeit, aber auch mit
Kriegs-Hintergrund, ist das D-Day-Museum,
gleich neben der Festung. Das Museum erinnert an die Invasion der Alliierten in
der Normandie im 2. Weltkrieg, die von Portsmouth aus erfolgte.
In Portsmouth wurde der
Schriftsteller Charles Dickens
geboren (1812 – 1870). In seinen sozialkritischen Romanen klagt er die sozialen
Missstände seiner Zeit an. Er selber musste als Kind in einem Lagerhaus
arbeiten um Geld für seine im Schuldgefängnis eingesperrte Familie zu verdienen
(seine Eltern und sieben Geschwister). Bekannte Werke sind „Oliver Twist“ (der
in einem Armenhaus zur Welt kommt), „David Copperfield“ (in dem er seine
Erfahrungen in einem Lagerhaus, als Anwaltsgehilfe, Reporter und Schriftsteller
autobiographisch verarbeitet) und „Eine Weihnachtsgeschichte“ (ein herzloser
Geschäftemacher wird zu einem gütigen alten Herren).
Wir blieben an der Küste und
fuhren 80 km nach Osten zum Seebad
Brighton in der Grafschaft Sussex, unserem nächsten Übernachtungsort.
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Seebrücke Brighton |
In Brighton halten die drei britischen
Parteien, Conservative Party, Labor Party und Liberal Party, fast jährlich ihre
Parteitage ab.
Auffallend in Brighton waren die
vielen Juweliergeschäfte in einem baulich eigentlich eher heruntergekommenen
Viertel. Die vielen Badegäste gehen wohl nicht nur am Strand spazieren. Jetzt
war dort und am Strand nicht so viel los. Jugendliche bevölkerten die einfachen
Restaurants unter der Strandstraße. Pünktlich um 22 Uhr wurden die Tore zur
Seebrücke geschlossen.
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Nicholson´s Freehouse |
Beim Rundgang und schon vorher
fiel mir die Bezeichnung Freehouse
auf Wirtshaus-Schildern auf. Ich habe das nachgesehen, „Freehouse“ bedeutet, dass
das Restaurant oder der Pub brauereifrei ist.
Und noch etwas anderes fiel auf.
Vor Brighton ist vor der Küste eine große Windkraftanlage.
Hier hat Eon für knapp 2 Mrd. Euro 116 Windturbinen gebaut, die rd. 300.000
Haushalte mit Strom versorgen können.
6. Tag:
Kreidefelsen und ein
Schlachtfeld – Beachy Head und Battle
Wir fuhren weiter die Küste
entlang, in die Grafschaft Sussex. Östlich von Brighton sind bei Eastbourne die Wiesenhügel Seven Sisters (7 Schwestern) und die Kreidefelsen von Beachy Head. Unweit östlicher ist an der Küste das Seebad Hastings, nicht weit davon im
Landesinneren das Schlachtfeld von
Battle, in den „High Weald“, ein Höhenzug im Süden Englands.
Eastbourne ist ein
Seebad. Die britische Premierministerin Theresa May stammt aus Eastbourne.
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Kreidefelsen Seven Sisters |
Die Seven Sisters sind Kreidefelsen an der Kliffküste (Steilküste) der Kreideberge „South Down“ zwischen Eastbourne und Seaford. Es waren einmal 7 Klippen, durch Erosion entstand später eine 8 Klippe.
Teil der Kliffküste ist auch der in der Nähe
gelegene höchste Kreidefelsen Großbritanniens, Beachy Head (162 m über Meeresspiegel, der Name ist abgeleitet von
französisch „Beauchef“ – schönes Kap). Für die Schifffahrt war er eine Landmarke im Ärmelkanal. Ein
erster, 1834 in Betrieb genommener, Leuchtturm (Belle Tout Lighthouse) musste 1999 wegen Erosion des Felsens
landeinwärts verschoben werden.
Die Asche von Friedrich Engels (Hauptwerk: „Kritik
der politischen Ökonomie“, mit Karl Marx Begründer des „Marxismus“) wurde 1895 auf
seinen Wunsch vor Beachy Head im
Meer verstreut.
In der Schlacht
(battle) bei Hastings besiegte 1066 der normannische Herzog Wilhelm (der
Eroberer) den letzten angelsächsischen englischen König Harald II. und wurde
englischer König Wilhelm I. (siehe unten Geschichte).
Zur Erinnerung an die Schlacht wurde 1095
die Abtei Battle Abbey gegründet.
Neben der Abtei entstand der Ort Battle.
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Torhaus der Battle Abtei |
Heinrich VIII. löste das Kloster
auf und gab es an einen Höfling. Der ließ die Kirche und andere Gebäudeteile
als Baumaterial abreißen und machte aus dem prächtigen Haus des Abtes (das
Kloster war eines der reichsten Englands) ein Landhaus.
Hastings ist ein Seebad mit einer 5 km langen
Strandpromenade und Mitglied der Cinque
Ports.
Cinque Ports war
ab dem 12. Jh. ein militärisches und wirtschaftliches Bündnis von fünf Häfen an der englischen Kanalküste (normannisch: cinque – fünf, die
Normannen beherrschten einmal England, s.u. Geschichte). Später wurden es 7 und dann 14 Städte. Dover und Hastings
gehörten zu den Gründungsstädten, dann kam u.a. auch Rye dazu.
Die Häfen
stellten bis zum Entstehen der englischen Kriegsmarine Royal Navy im 16 Jh.
Schiffe und Besatzungen für die Landesverteidigung, insbesondere gegen dänische
Angriffe. Im Gegenzug erhielten sie weitgehende Rechte und Befreiungen von
Abgaben und Zöllen. Die Hafenstädte gewannen dadurch Wohlstand und Einfluss.
Das Bündnis
besteht noch heute, jetzt mit der Hauptaufgabe der wirtschaftlichen
Zusammenarbeit.
Nach Hastings folgte Rye, ebenfalls eine der „Cinque Ports“,
noch in der Grafschaft Sussex. Dann wechselten wir in die benachbarte
Grafschaft Kent und kamen nach Folkestone.
Wir kamen an dem großen Bahnhof vorbei, in dem die LKWs und PKWs auf
Eisenbahn-Waggons verladen werden und dann durch den Eurotunnel auf das europäische Festland gefahren werden.
Rye war einst eine Hafenstadt. Heute liegt das mittelalterliche Städtchen
rd. 3 km vom Meer entfernt. Ein großer Sturm hat die Küste Ende des 13. Jh.
verändert. Der Hafen versandete.
Der Eisenbahn-Europatunnel
verbindet England mit dem
europäischen Kontinent bei Calais.
Ausgehend von Folkestone unterquert
der längste Unterwassertunnel der Welt (37 km, insgesamt 50 km) seit 1994
die Wasserstraße von Dover.
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Dover-Hafen |
Dover ist der Fährhafen, der
England mit dem Kontinent verbindet. Der Gegenhafen ist Calais in Frankreich. Fast
im Minutentakt fahren die Fähren in den Hafen ein.
Das Römische Reich hatte hier an der englischen Küste den Hafen „Portus
Dubris“. Hier begann die
Römerstraße, die quer durch Britannien führte.
Ähnlich den Römerstraßen auf dem Kontinent, z. B.
die „Via Claudia Augusta“ oder die „Via Raetia“ (im 2. Jh. n.Chr. gebaut,
Verbindung der römischen Provinz Raetia in Süddeutschland mit Norditalien). Von
Innsbruck bis Verona bin ich bei meiner Fahrrad-Tour
von Berlin nach Verona auf dieser Route über den Brenner gefahren
(Tourenbeschreibung „Radreise Berlin – Verona“ im Internet-Blog „Sattel und
Schuh“).
Bekannt sind die bis zu 106 Meter hohen
Weißen Felsen von Dover. Die
Ursprünge der Kreidefelsen reichen 136 Millionen Jahre zurück, als ein Meer das
Gebiet zwischen Großbritannien und der Ostsee bedeckte und Kalksedimente
ablagerten (die Kreidefelsen auf Rügen
entstanden ebenfalls als Teil dieses
Beckens).
Die Burg Dover Castle steht
an der Stelle eines römischen Leuchtturms, dessen Ruine erhalten ist. Sie ist
eine der größten Burgen Englands.
Weiterfahrt ins Landesinnere,
nach Canterbury.
7. Tag:
Das Zentrum der
englischen Kirche – Canterbury
Unser Hotel in Canterbury war das
Best Western Abbots Barton Hotel,
ein Herrenhaus von 1830 (damals „Westfield House“), das 1927 zum Hotel umgebaut
wurde. Der Name für das Hotel wurde wahrscheinlich (Auskunft der freundlichen
Hotelrezeption) in Anlehnung an eine Klosterruine in der Nähe, St. Augustins
Abbey, gewählt. Das Hotel steht auf
einem ehemaligen Gerstenfeld des Klosters. Abbot ist ein Abt. Und Barton heißt
die Umgebung des Hotels.
Die Kathedrale und die Innenstadt waren vom Hotel aus zu Fuß gut zu
erreichen.
Die Kathedrale |
Es folgten die Angelsachsen. Eine Reihe von
Funden weist darauf hin, dass die Römer Schätze vor Plünderungen der
Angelsachsen in Sicherheit bringen wollten, so der Schatz von Canterbury (1962 wurden zufällig Silberlöffel, Münzen
und Silberbarren gefunden).
Nach der Christianisierung des angelsächsischen Königs von Kent (er hatte
die Tochter des christlichen Frankenkönigs geheiratet) wurden alte Kirchen aus
der christlichen Römerzeit wieder aufgebaut.
Christliche Ansätze bestanden in
Großbritannien schon unter römischer
Herrschaft. 313 wurde mit der Konstantinischen Wende die Verfolgung der
Christen beendet. 380 wurde das Christentum im Römischen Reich Staatsreligion.
Entsprechend kam das Christentum in die römische Provinz Britannia.
Dann brachten
die Angelsachsen ihre heidnische
Religion mit auf die Insel und verdrängten die römisch-britische
Bevölkerung mit ihrem christlichen Glauben in die walisischen Gebiete.
Ende des 6. Jh. begann eine neue Christianisierung der Insel. Das Christentum wurde zuerst von den Herrscherfamilien angenommen. Zum
Teil durch Heirat christlicher Partner. So heiratete der heidnische König von
Kent die christliche Tochter des Frankenkönigs.
Diese holte den Benediktiner Mönch Augustinus (genannt von Canterbury,
er war 601 der erste Bischof von Canterbury) zur Missionierung der
Angelsachsen.
Eine dieser Kirchen aus römischer Zeit wurde
die Kathedrale des ersten Erzbischofs, Augustinus von Canterbury. Reste dieser
angelsächsischen Kirche aus dem 6. Jh. wurden unter der jetzigen Kathedrale
gefunden. 1130 wurde die neue Kathedrale geweiht. Die Krypta ist
bis heute erhalten. Über viele Jahrhunderte erfolgten mehrere Erweiterungen.
Das englische Königspaar |
Im Kapitelsaal der Kathedrale wurde 1986 der
Vertrag über den Bau des Kanaltunnels in Anwesenheit der britischen
Premierministerin Thatcher und des französischen Präsidenten Mitterand unterzeichnet
Die Kathedrale von Canterbury ist der Sitz des Erzbischofs und Zentrum der Church of England.
Der Erzbischof von Canterbury ist das geistliche
Oberhaupt der Kirche von England. Seit Heinrich VIII. wird er vom
englischen König eingesetzt (heute auf Vorschlag eines Komitees aus Laien und
Geistlichen). Weltliches Oberhaupt der
Kirche ist der jeweilige Monarch (jetzt Elisabeth II.).
Die
Church von England hat zwei Erzbistümer, neben Canterbury das von York.
Sie ist die bedeutendste Landeskirche der „Anglikanischen Gemeinschaft“
(anglikanisch – vom lateinischen „anglicanus“, englisch). Der Anglikanischen
Gemeinschaft gehören neben der Church of
England mehrere Landeskirchen des englisch sprechenden Raums an.
Oberster geistlicher Leiter ist der Erzbischof von Canterbury.
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Weber-Haus am River Stour |
Am Fluss steht das Weber-Haus, das an
flämische Hugenotten erinnert, die im 16. Jh. als Glaubensflüchtlinge von
Frankreich auch nach England kamen. Die Weber begründeten die Textilindustrie
in Canterbury.
Am Abend fuhren wir von
Canterbury zu dem Küstenstädtchen Whitstable
an der Nordküste der Grafschaft Kent. Busfahrt
bei schönstem Sonnenwetter durch welliges Land. Wieder Wald, Wiesen, grasende
Schafe und vor sich hin dösende Rinder, zwischendurch ein paar Getreidefelder.
Eine grüne Landschaft.
Whitestable ist die Stadt der Austern.
Es ist ein Zentrum der englischen Austernzucht.
Die hier
gezüchtete Austern-Art stammt aus dem westlichen Pazifik. Die europäische
Auster wird nur noch wenig „angebaut“ (90 % sind Pazifikaustern).
Die Europäische
Auster war einst in allen Küstengewässern Europas beheimatet. Rücksichtslose
Überfischung und eine Viren-Seuche dezimierten die Bestände drastisch.
Die
Austernfischerei muss früher bedeutend gewesen sein. 1864 wurden in London 500 Millionen in der Themsemündung gefischte Austern verkauft.
Abendessen an der Küste der
Nordsee. Whitestable liegt an der großen Mündungsbucht der Themse. Fast südlich
im Landesinneren ist Canterbury. Weiter südlich an der anderen Nordseeküste
liegt Folkestone. Dazwischen ist die Grafschaft Kent, die wie eine Halbinsel
von der Nordsee umgeben ist.
Vor dem Abendessen der
Sonnenuntergang. Als Vorspeise gab es natürlich Austern. Da meine Frau keine
mochte, hatte ich eine doppelte Vorspeisen-Portion (aber keine Sorge, die
Gefahr eines Eiweiß-Schocks bestand nicht).
Nach dem Abendessen ging es
zurück nach Canterbury, unsere letzte Nacht in England.
8. Tag:
„Cream Tea“ zum Abschied
Auf dem Weg von Canterbury zum Flughafen
Heathrow liegt Leeds Castle am Weg,
ein Wasserschloss mit langer Tradition.
Der Ursprung von Leeds Castle ist
ein Herrenhaus der Könige von Wessex (857). Es wird bereits im Domesday Book König Wilhelms I. des
Eroberers aufgeführt.
Das Domesday Book (auch „Kings`s Roll” und
“Winchester Roll” genannt) ist ein Grundbuch von England, das (in Lateinisch)
die Eigentumsverhältnisse im 11. Jahrhundert festhält.
20 Jahre nach
seiner Eroberung ließ König Wilhelm I.
die Eigentumsverhältnisse feststellen und für die Zukunft festschreiben. Er
legalisierte damit auch die Vertreibung der englischen Landbesitzer und die
neue Landverteilung an seine Günstlinge. Die Bestandsaufnahme zeigt, dass damals
die Hälfte des Landbesitzes in England 200 Männern gehörte, davon nur 2
Engländer.
Die
Bestandsaufnahme erfasste zum Zwecke der Besteuerung den Wert von Haus und Hof,
das Wald- und Weideland und den Viehbestand. Auch die Bevölkerung wurde
gezählt, zu der Zeit lebten ungefähr 2 Millionen Menschen in England.
Der Name Domesday
Book stammt von den unterdrückten Engländern, die die Inventur mit dem Jüngsten
Gericht verglichen: Day of Doom – Doomesday.
Eine ähnliche
Bestandsaufnahme finden wir in Brandenburg mit dem Landbuch der Mark Brandenburg, das Karl IV. 1375 erstellen ließ (s.
„Radreise Berlin – Verona, 7. Teil Geschichte“ im Internet-Blog „Sattel und
Schuh“).
Später ließ Heinrich VIII. das Schloss für
seine erste Frau, Katharina von Aragon, ausbauen.
Anfang des 20. Jh. kaufte die spätere Lady
Baillie Schloss und Park und restaurierte beides aufwändig mit dem von ihrer
Mutter geerbten Vermögen. Nach ihrem Tod 1974 vermachte sie Schloss und
Landbesitz einer gemeinnützigen Stiftung.
Das Wasserschloss liegt inmitten
einer großen Parkanlage. Ein Anziehungspunkt für junge Familien mit Kindern,
denen wir auch bei unserem Parkspaziergang begegneten.
„Cream Tea“ ist die Besonderheit im „Lady Baillie's“-Restaurant neben dem Schloss.
Zum Nachmittags
Cream Tea gehören Scones. Das
ist ein typisch englisches Gebäck (ursprünglich aus Devon und Cornwall in
Südengland), das zusammen mit einer ordentlichen Portion Clotted Creme (clotted – geronnen, geklumpt) und Erdbeer-Marmelade
serviert wird.
Die Creme hat einen hohen Fettgehalt (mind. 55 % bis 65 %) und
wird durch Dampf-Erhitzung aus Vollmilch hergestellt.
Die süßen Scones, manchmal
mit Rosinen, werden aus Weizenmehl, Butter mit Backpulver gebacken.
Es ist etwas trocken und krümelig, darum wird das aufgeschnittene Gebäckstück
auch dick mit Creme und Marmelade bestrichen. Schmeckt sehr gut.
Das Gebäck wird zu Schwarzem Tee gegessen. In die Tasse kommt ein guter Schuss Milch,
darauf wird der Tee gegossen, dadurch braucht man den Tee nicht mit einem
Löffel umrühren.
Im „Lady Baillie's“ kam der Tee allerdings aus großen Jugendherbergs-Kannen.
Das war nicht so ganz stilvoll. Dafür wurde die Tee-Time aber mit einem Berg
(Etagere) verschiedener Sandwiches angereichert. So gestärkt haben wir die
Fahrt zum Flughafen und den Rückflug gut überstanden.
Am Londoner
Flughafen Heathrow setzte der Bus uns Berliner am richtigen Abflug-Gate ab.
Allein das Gate 5 ist ein riesiger Hallenbau.
Warum hat Berlin
nicht einfach eine dieser Gate-Hallen kopiert und am BER aufgebaut? Alles wäre
längst fertig und wesentlich kostengünstiger geworden.
Die moderne Abfertigung und
Kofferabgabe hat allerdings ihren „Preis“. Kein Personal, keine Mitarbeiter zu
sehen. Nur Automaten. Zuerst ist das ganz schön gewöhnungsbedürftig. Vor allem,
kommen wir damit zurecht? Blicke über die Schultern der vor uns Eincheckenden.
Und dann versuchen. Es funktionierte. Das System ist bedienungsfreundlich und
wird in allen möglichen Sprachen dieser Welt beschrieben. Die Pass-Kontrolle
war dann doch noch persönlich. Aber auch das hätte man automatisieren können.
Wir waren ja schon geübt.
Der Flug war erwartungsgemäß
problemfrei. Unser selbst aufgegebener Koffer kam auch in Berlin an. Wir hatten
alles richtig gemacht.
Zum Schluss – Ein kleiner Überblick über die Geschichte der Insel
Ursprung
Die Stonehenge (in Wiltshire, in der Nähe der Stadt Salisbury) sind Zeugnisse
der Jungsteinzeit (4000 Jahre v.
Chr.) und Bronzezeit (800 bis 2000
Jahr v.Chr.). Der Zweck der Steinkreise ist nicht sicher - vielleicht eine
Kultstätte, Begräbnisstätte oder ein Observatorium. Erste Teile der Anlage
werden auf etwa 3.100 v.Chr datiert, die späteren bis 2.000 v.Chr.
Einwanderung der Kelten
Um 800 v.Chr. begannen die
Einwanderungen der Kelten vom
europäischen Kontinent nach England und die Verbreitung der keltischen Sprache.
Es kam zu einer Vermischung mit den auf der Insel lebenden Stämmen.
Keltische Völker besiedelten etwa 600 v.Chr. große Teile
des europäischen Kontinents und Englands. Die Kelten kamen ursprünglich aus dem
Raum nördlich der Alpen. Bekannt ist z.B. die Hallstattkultur der Eisenzeit,
6. – 8. Jh. v.Chr. (benannt nach einem Gräberfeld in Oberösterreich). Im 5. und
4. Jh. v.Chr. kamen Kelten im Verlauf ihrer Westwanderung bis nach Spanien (die
sich teilweise mit den iberischen Stämmen vermischten: Keltiberer). In
Norddeutschland siedelten um diese Zeit germanische Stämme.
Römische Eroberung
Kurz nach der Zeitenwende (43. n.
Chr.) wurde die englische Küste vom Römischen
Reich besetzt. 212 n.Chr. gliederte der römische Kaiser Caracalla (Caracalla-Thermen in Rom – siehe Reise des
KAS-Freundeskreises „Rom – Eindrücke mit Freunden“ im Blog „Sattel und Schuh“) die
römischen Besitzungen in die Provinzen „Britannia
inferior“ (Nordengland bis zum Hadrianswall)
und „Britannia superior“ (Südengland
und Wales).
Der Hadrianswall wurde auf
Anordnung Kaiser Hadrians zwischen 122 und 128 n.Chr. angelegt, eine Linie etwa
in Höhe von Newcastle, heutige Grenze zwischen England und Schottland.
(Der Obergermanische Limes wurde von den Römern etwa zeitgleich ab dem
2. Jh. n.Chr. zwischen Rhein und Donau
angelegt)
Mit den römischen Soldaten kamen
auch germanische Siedler und Söldner
nach England. Archäologische Funde in der Grafschaft Kent weisen auf
germanische Siedler von der Halbinsel Jütland (Dänemark, Schleswig-Holstein)
hin.
Ab dem 4. Jh. n.Chr. erlosch die
römische Präsenz auf der Insel. Die römischen Truppen wurden auf dem Kontinent
gegen die vordringenden germanischen Stämme gebraucht (9. n.Chr. war die
Varusschlacht im Teutoburgerwald, in der Arminius (Hermann), ein Fürst der
Cherusker, die römischen Legionen besiegte).
Angelsachsen in England
Ab dem 5. Jh. n.Chr. besiedelten und
beherrschten Sachsen und Angeln die
britische Insel.
Der Name England stammt von „Engaland“, dem Land
der Angeln. Der Name soll erstmals im 9. Jh. gebraucht worden sein.
Britain kommt aus dem Lateinischen und war die Bezeichnung der
Römer für die Insel. Später entstand „Great Britain“ – Großbritannien – zur
Unterscheidung von der französischen Bretagne, die in England als „Little
Britain“ bezeichnet wurde.
Die Sachsen waren ein westgermanischer
Völkerverband im Nordwesten des heutigen Deutschlands und im Osten der heutigen
Niederlande. Einer der Stämme waren die Cherusker.
Die Angeln waren ein nordseegermanisches
Volk im Norden des heutigen Schleswig-Holstein.
Sie vermischten
sich in England untereinander und mit der keltisch-römischen Ur-Bevölkerung
Englands – Angelsachsen. Die
angelsächsische Periode bestand bis Anfang des 12 Jh., bis die Normannen das
Land eroberten.
Königreiche entstehen
Ende des 6. Jh. entwickelten sich
aus den angelsächsischen Stammesverbänden die Königsherrschaften. In Südengland waren das die Kleinkönigreiche Sussex, Wessex, Essex und
Kent.
Angriffe von Dänen und Wikingern zwangen die Kleinkönigreiche zum
Zusammenschluss. Alfred der Große, König
der West-Sachsen (Wessex), wurde Ende des 9. Jh. König aller Angelsachsen. Er ließ zahlreiche Klöster gründen und
holte Gelehrte aus Frankreich. Das „Common Law“ wurde aufgeschrieben.
Nachfolger schufen ein einheitliches Verwaltungssystem mit königlichen Beamten,
den Sheriffs, die an der Spitze einer Grafschaft, eines „Shire“ standen. Ab
Ende des 1. Jahrtausend kann man von einem „Königreich England“ sprechen (das bis 1707 bestand, danach bildeten
England und Schottland das Königreich Großbritannien).
In der Zeit war
Karl der Große von 768 bis 814 König des Frankenreiches (das heutige
Frankreich, Norditalien, Österreich, Westdeutschland bis etwa zur Oder). Das
Frankenreich war der wesentliche Nachfolgestaat des 476 untergegangenen
Weströmischen Reiches.
Eroberung durch die Normannen
Der letzte angelsächsische englische König war Harald II., ein Sohn des
Grafen von Wessex. Er starb 1066 in der Schlacht gegen den normannischen Herzog Wilhelm II. Der ließ sich in der Westminster
Abbey als Wilhelm I. zum König von
England krönen. Die meisten angelsächsischen Adligen wurden enteignet und
durch Normannen ersetzt.
Die Normannen waren in der Normandie
ansässig gewordene Wikinger. 911 hatte der Frankenkönig dem Wikinger-Anführer Karl
Rollo (begründete die Normannen-Dynastie
der Rolloniden) erlaubt, sich dort niederzulassen. Er wollte damit weitere
Verwüstungen durch die Wikinger im Landesinneren verhindern, was gelang. In
England nahmen die Wikingerüberfälle dagegen zu. 1013 musste der
angelsächsische König sogar in die Normandie fliehen, wo er die nächsten 30
Jahre bleiben musste
Erbstreitigkeiten und Aufstände
schwächten in den folgenden Jahren das Königtum. Herrscherdynastien wechselten. Der Adel gewann an Macht. In dieser
Zeit (1215) entstand die (in Latein verfasste) „Magna Carta“, die dem Adel politische Freiheiten gegenüber dem
König gewährte. In anderen Vereinbarungen bekam der Adel weitgehende Rechte gegenüber
dem König und zur Kontrolle der Verwaltung. Es waren die Anfänge des
Parlamentarismus.
Die englischen Herrscherdynastien (Regierungszeiten):
Angelsachsen
(Haus Wessex)
802 – 1013
Dänen
(mit angelsächsischen Zwischenzeiten) 1013
- 1066
Normannen
(Rolloniden) 1066
– 1154
Normannen
(Angevinen) 1154
– 1399
Haus
Lancaster (Nebenlinie der Angevinen) 1399
– 1461
1470 - 1471
Haus
York (Nebenlinie der Angevinen) 1461
– 1470
1471 – 1485
Haus
Tudor (Nachkomme von Lancaster und York) 1485
– 1603
Haus
Stuart (Vorfahren waren Bretonen) 1603
– 1649
Englische
Republik (Commonwealth) 1649
– 1659
Haus
Stuart (Schottische Könige seit 1371) 1660 – 1714
Haus
Hannover (Welfen) 1714
– 1901
Haus
Sachsen-Coburg und Gotha (Wettiner) 901
- heute
Heinrich VIII. und die Englische Kirche
Unter Heinrich VIII. (1491 – 1547, ab 1509 König) wurde die katholische Kirche Englands vom Papsttum
losgelöst. Der Grund war die Weigerung des Papstes, die ohne männlichen
Erben gebliebene Ehe Heinrich VIII. mit Katharina von Aragon aufzulösen, damit
der seine Geliebte Anne Boleyn heiraten konnte. Der König wollte unbedingt
einen männlichen Erben, um die Herrscherdynastie zu erhalten.
Heinrich VIII. ließ das Parlament
die „Suprematsakte“ beschließen
(1534), mit der der König von England zum alleinigen Oberhaupt der Kirche
seines Landes bestimmt wurde. Ein nicht unwichtiger Nebeneffekt war, dass gleichzeitig
die katholischen Klöster aufgelöst und zu Gunsten des Königshauses enteignet wurden.
Rund 1/3 des englischen Königreichs waren damals im Kirchenbesitz.
Die Kirchengemeinden mussten zwar
englischsprachige Bibeln anschaffen (die Übersetzungen erfolgten 1526 und
1535). Aber die katholischen
Glaubensgrundsätze galten zunächst weiter. So wurden z.B. Anhänger von Luthers
Reformation aus dem Augustinerkloster
von Cambridge vertrieben.
Erst nach dem Tod Heinrich VIII.
begann mit Förderung des Erzbischofs von Canterbury der Beginn
der Reformation in England. Mitte des 16. Jh. wurde die katholische Messe
abgeschafft und eine englische Gottesdienstordnung eingeführt. Unter Elisabeth
I. wurden die „39 Artikel“ als theologische Grundlage der Anglikanischen Kirche,
der englischen Staatskirche, verfasst.
Der Nachfolger
Heinrich VIII., sein Sohn Eduard VI aus der Ehe mit Jane Seymour, starb früh. Ihm folgte Maria I. aus der ersten Ehe
mit Katharina von Aragon. Nach ihrem
Tod wurde ihre Stiefschwester Elisabeth I. aus der Ehe mit Anna Boleyn Königin.
Das Vereinigten Königreich
Die englische Königin Elisabeth I. (Königin 1558 bis
1603) starb kinderlos. In ihrer Regentschaft hatte sie die schottische Königin
Maria Stuart hinrichten lassen, weil sie die als Konkurrentin fürchtete (Friedrich Schiller hat die Geschichte in seinem
Drama „Maria Stuart“ verarbeitet). Der Sohn von Maria Stuart, Jakob I., wurde König von Schottland.
Da er der Enkel des englischen Königs Heinrich VII. war, erbte er nach dem Tod
Elisabeths 1603 den englischen Königsthron. Was Elisabeth mit der Hinrichtung ihres von Maria Stuart verhindern wollte, trat mit dem Thronantritt von Mara Stuart´s Sohn ein. Bis 1714 regierten die Stuarts in
Personalunion Schottland und England.
1707 verabschiedeten die
Parlamente des Königreichs England und des Königreichs Schottland den
Unionsvertrag. Er sah die Bildung des Königreichs
Großbritannien und den Ersatz der beiden nationalen Parlamente durch ein
britisches Parlament vor.
Im 13. Jh. hatte der englische König Edward I. Wales erobert.
Mitte des 16. Jh. wurde Wales per
Gesetz in England eingegliedert.
Mitte des 16.
Jh. wurde das von England beherrschte Irland
Königreich und in Personalunion mit England verbunden. Es begann die Ansiedlung
protestantischer Engländer und Schotten im katholisch geprägten Norden Irlands.
Das ist die geschichtliche Ursache des
Nordirlandkonflikts.
1801 wurden das Königreich
Großbritannien und das Königreich Irland vereint. Es entstand das Vereinigte Königreich Großbritannien und
Irland.
Anfang des 19. Jh. begann der
irische Unabhängigkeitskampf. 1921 wurde auf 5/6 der Insel der Irische Freistaat gebildet, der
restliche Teil verblieb als Nordirland
im Vereinigten Königreich.
Deutsche Könige in Großbritannien
Zwischen 1714 und 1837 waren die Kurfürsten von Braunschweig-Lüneburg
bzw. die Könige von Hannover
gleichzeitig Könige des Vereinigten Königreichs. Die Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover entstand durch
Parlamentsgesetz, dass die Nachfolge der letzten Stuart-Königin abweichend von
der Erbfolge regelte. Das Gesetz sollte sicherstellen, dass nur ein Protestant
König bzw. Königin werden konnte.
1688/89 wurde
der zum Katholizismus konvertierte König
Jakob II. durch eine Revolte der anglikanischen Bischöfe und Teilen des Adels abgesetzt
und durch Wilhelm von Oranien-Nassau als König Wilhelm III. ersetzt (er hatte
die älteste Tochter Jakob II. geheiratet, die protestantisch geblieben war).
Wilhelm III.
hatte keine Nachkommen, so dass der abgesetzte katholische Jakob II. oder seine
Nachfahren Ansprüche auf den englischen Thron anmelden konnten. In dieser
Situation bestimmte das Parlament mit dem
„Act of Settlement“, dass eine
Verwandte Wilhelm III., Sophie von der
Pfalz (Tochter von Elisabeth I.), bzw.
deren protestantische Nachfahren auf den Thron nachfolgen sollte.
Sophie von der
Pfalz heiratete den Welfen Ernst-August von Braunschweig-Calenberg. Deren ältester Sohn war Georg-Ludwig von
Braunschweig-Lüneburg. Nach dem Tod seiner Mutter erbte er das
Kurfürstentum Braunschweig-Lüneburg (auch Kurfürstentum Hannover genannt) und
wurde 1714 als Georg I. König von Großbritannien.
Die Personalunion endete, weil im Königreich Hannover nur männliche
Nachkommen den Thron erben konnten. In England war jedoch auch eine weibliche
Thronfolge möglich.
1837 starb der letzte gemeinsame König Wilhelm IV.
ohne legitime Nachfahren (illegitime hatte er allerdings 10 Kinder, der
ehemalige britische Premierminister David Cameron stammt aus einer dieser
illegitimen Linien). Thronfolgerin war
seine Nichte Victoria. Allerdings
nur in England. Für das Könighaus Hannover galt ausschließlich die männliche
Thronfolge. Darum wurde in Hannover Ernst-August
I. König, der jüngere Bruder König
Wilhelm IV..
Zur Erinnerung:
1837 war auch das Jahr der „Göttinger
Sieben“. Sieben Göttinger Professoren protestierten gegen die Aufhebung der
1833 von Wilhelm IV. eingeführten liberaleren Verfassung, das Staatsgrundgesetz.
Ernst-August I. hatte unmittelbar nach seinem Regierungsantritt das Gesetz
wieder aufgehoben. Die Professoren wurden entlassen, drei von ihnen des Landes
verwiesen.
Königin Victoria heiratete 1840 ihren Cousin, Prinz Albert zu Sachsen-Coburg und Weimar. Nachkommen aus dieser
Ehe sind u.a. die jetzige Königin Elisabeth II., König Harald von Norwegen,
König Carl Gustav von Schweden, Königin Sophia und Juan Carlos I. von Spanien,
Königin Margarethe II. von Dänemark, der ehem. König von Griechenland
Konstantin II..
In neuer Zeit
Großbritannien hatte das größte Kolonialreich der Welt. Zur Zeit
der größten Ausdehnung, 1933, umfasste
es ein Viertel der damaligen Weltbevölkerung.
Bekannte Premierminister/in
waren Margareth Thatcher (Conservative
Party -1979 – 1990) und Tony Blair (Labour
Party - 1997 – 2007). Zur Zeit ist Theresa
May Premierministerin.
2016 stimmte eine knappe Mehrheit
der britischen Wähler für den Austritt Großbritanniens
aus der Europäischen Union. Premierminister David Cameron wollte mit der Abstimmung seine Position gegenüber
den EU-Skeptikern in seiner Partei stärken und verkalkulierte sich. Es war sein
politisches Ende.
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