Radtour nach Oranienburg13. Mai 2018
Strecke: Drakestraße – Wannsee – Kladow –
Spandau - Hennigsdorf – Oranienburg.
65 Kilometer
Eine Radtour entlang der Havel, entgegen
dem Flussverlauf. Denn die Quelle liegt
nördlich von Berlin. Die Mündung aber auch.
![]() |
Die Havel bei Oranienburg |
Das
Quellgebiet liegt auf der Wasserscheide
zwischen Nord- und Ostsee. Die Havel fließt von der Quelle nach Süden ab
(und später über die Elbe in die Nordsee). Nur unweit östlich entwässert der
Tennessee über die Peene in die Ostsee (Peenemünde).
Die Entfernung
zwischen Havel-Quelle und der Mündung in die Elbe ist Luftlinie nur 94 km. Aber 334 km muss die Havel zurücklegen,
um die Elbe zu erreichen. Das liegt an dem großen
Bogen, den der Fluss zunächst nach Süden (bis Potsdam – Obere Havel), dann
nach Westen (bis Brandenburg Mittlere Havel) und ab hier nach Norden bis
Havelberg (Untere Havel) machen muss.
Schon von der
Quelle an hangelt sich die Havel von See
zu See. Es beginnt im Mühlensee, dann Dambecker See, Röthsee, Käbelicksee,
Granziner See usw. Bei Berlin und Potsdam sind es Wannsee, Tiefer See,
Templiner See, Schwielowsee, Großer Zernsee usw.
Den Abschnitt der Oberen Havel
von Oranienburg bis Berlin bin ich von Wannsee aus
gefahren.
Die Havel
wurde schon früh als Schifffahrtstraße
genutzt. An vielen Stellen wurde der Fluss kanalartig ausgebaut.
Um Berlin mit der Oder zu verbinden
wurde der Oder-Havel-Kanal gebaut.
Schon vor dem 30-jährigen Krieg wurde (1605 – 1620) ein Vorläufer, der Finow-Kanal gebaut. Er gilt als
ältester deutscher Schifffahrtkanal, der noch in Betrieb ist. Im 30-jährigen
Krieg wurde er verwüstet und ab 1743 wieder hergestellt. Er verband die Havel
bei Liebenwalde über den kleinen Fluss Finow mit der Oder. Möglich wurde das
durch den Einbau von Kammerschleusen zur Überwindung der Höhenunterschiede.
Um Berlin zu umgehen, wurde der Havelkanal gebaut. Er zweigt bei Nieder
Neuendorf nördlich Berlin von der Havel ab und erreicht die Havel wieder
westlich Berlin bei Paretz. Gebaut wurde der Kanal 1951/1952 von der DDR damit
die Frachtkähne nicht mehr durch West-Berlin fahren mussten.
Start der Radtour war in Lichterfelde-West. Dann entlang der B
1 bis zum Fähranleger am Großen Wannsee.
Etwas langweilig, aber auf einem guten Radweg, die kürzeste Verbindung zum
eigentlichen Ausgangspunkt.
![]() |
Großer Wannsee |
Der Kleine Wannsee ist die kanalartige
Fortsetzung des Großen Wannsees nach Süden. Es folgen Pohlesee, Stölpchensee,
Griebnitzsee und Glienicker Lake, die an der Glienicker Brücke zwischen Berlin
und Potsdam die Havel erreicht. Und damit ist der Berliner Ortsteil Wannsee mit dem Düppeler Forst praktisch eine Insel, überall umgeben
von Wasser. Die B 1 verläuft als
Königstraße vom Großen Wannsee bis zur Glienicker Brücke quer über die Insel.
Die Königstraße wurde Ende des 18. Jh. als
eine der ersten befestigten Straßen in Preußen zwischen den Residenzstädten
Berlin und Potsdam angelegt.
Sie ersetzte
den 60 Jahre zuvor angelegten Königsweg,
der weiter südlich über Kohlhasenbrück führt. Heute ein schöner Radweg, der
teilweise auf der Grenze von Brandenburg und Berlin verläuft.
Von der
Glienicker Brücke bis etwa in Höhe der Pfaueninsel
ist die Havel-Mitte die Grenze zwischen
Berlin und Brandenburg und bis zur Wende war das auch die Grenze zur
damaligen DDR.
Woher der Name
„Pfaueninsel“ stammt ist unklar. Auf
jeden Fall nicht von den Pfauen, die dort später einmal hingebracht wurden.
Vor-Namen waren u.a. Pauenwerder, Pfauenwerder, im Volksmund auch Kaninchenwerder. Im 17. Jh. ließ der
Brandenburger Kurfürst eine Kaninchenzucht anlegen, mit 800 Kaninchen, die ihm
200 Taler im Jahr einbrachte. Die Staatseinnahmen waren damals noch nicht so
hoch. Auch Milchvieh wurde später auf der Insel gehalten. Das Meierei-Gebäude zeugt noch davon.
Auf der Insel
betrieb auch der Alchemist und
Glasmacher Johannes Kunckel (1630 – 1703) eine Glashütte. Kurfürst
Friedrich Wilhelm hatte ihm dafür die Insel Pfauenwerder zur Verfügung gestellt.
Zuvor hatte Kunckel in Potsdam eine Kristallglashütte geleitet. Die Hütte
produzierte farbige Glasperlen für den Tauschhandel in den afrikanischen
Kolonien. Es gelang Kunckel auch, Goldrubinglas herzustellen, das als gefragter
Luxusartikel gut exportiert werden konnte.
Das entsprach
der Wirtschaftspolitik des Kurfürsten, der die Folgen des Dreißigjährigen
Krieges durch die Förderung von Exporten durch die Nutzung einheimischer
Rohstoffe (Sand gab es ja) mildern wollte.
Heute ist die
Pfaueninsel ein Landschaftspark, der
von dem preußischen Gartenarchitekten Lenné ab 1816 angelegt worden ist.
Bekanntes Gebäude auf der Insel ist das Lustschloss,
das Friedrich Wilhelm II. (1744 – 1797) für seine Geliebte Wilhelmine Enke,
später als Gräfin von Lichtenau geadelt, bauen ließ.
Die Fähre der Berliner Verkehrsbetriebe verbindet die Ortsteile Wannsee im Bezirk Steglitz-Zehlendorf
mit dem Ortsteil Kladow im Bezirk
Spandau. Sonst müsste man einen großen Umweg über Spandau machen. Die Fähre ist
beliebt für Ausflüge nach Kladow. An Wochenenden ist das Fährschiff immer voll
besetzt und wenn man Pech hat, stehen mehr als 60 Fahrräder vor einem und man
muss auf die nächste Fähre warten. Die Fähre verkehrt im Stundentakt. Ich war
diesmal sehr früh am Anleger und ohne Sorge.
Es war schönstes Segelwetter.
Sonne, blauer Himmel und Wind, gleichmäßig von Nordost und nicht böig. An
Backbord lag die Villenkolonie Alsen
mit den Yachtclubs und Villen, die Liebermann-Villa, das Haus der
Wannseekonferenz.
Alsen-Kolonie: Mit der
Industriealisierung wuchs die Bevölkerung Berlins rasant. Bis 1850 wurden
zahlreiche Industriebetriebe gegründet (z.B. Borsig, Siemens). 1861 wurde
Berlin um die Gemeinden Wedding und Moabit sowie Tempelhofer und Schöneberger Vorstadt
erweitert. In dieser Zeit entwickelte Wilhelm
Conrad, Direktor der 1856 gegründeten Bank „Commanditgesellschaft auf
Actien der Berliner Handelsgesellschaft“ hatte die Idee einer Landhauskolonie
am Wannsee, der damals weit außerhalb der Stadt Berlin lag. Er kaufte ab
1863 große Flächen an der Reichsstraße 1 (heute B 1). Mit der Bebauungsplanung
beauftragte er Gustav Meyer.
(Gustav Meyer war ein
Lenné-Schüler, der verschiedene Erholungsparks in Berlin entworfen hat - Volkspark
Friedrichshain, Humboldthain, Treptower Park, Kleiner Tiergarten, etc.).
Die
parzellierten Flächen (keine kleiner als 1 preußischer Morgen, 2.553 m²)
verkaufte er an Industrielle, Bankiers, Künstler, Wissenschaftler. Dabei nutzte
er seine Mitgliedschaft im Berliner Herrenclub “Club von Berlin“ (im Volksmund
Millionenclub genannt, Mitglieder u.a. Stresemann, Prof. Sauerbruch, Richard
Strauss).
Zur Anbindung
der Villenkolonie an Berlin baute die „Berlin-Potsdam-Magdeburger Eisenbahngesellschaft“ (ab 1880 Teil der
„Preußischen Staatseisenbahnen“), deren Aufsichtsrat-Vorsitzender Conrad war,
die Wannseebahn mit Anschluss an die Stammbahn von Berlin nach Potsdam
in Zehlendorf.
Etwa zur gleichen Zeit entwickelte Wilhelm Carstenns die Villenkolonie
Lichterfelde (ab 1865).
Der Name „Colonie Alsen“ ist, entsprechend
der damaligen nationalistischen Stimmung, dem Sieg des Norddeutschen Bundes
(unter Führung Preußens) im Dänischen
Krieg 1864 auf der dänischen Insel
Alsen gewidmet. Conrads Schwager war preußischer General und ihn erinnerte
die Wasserlandschaft des Wannsees an die Insel Alsen.
Der Dänische Krieg war Teil der sog. Einigungskriege, mit denen Bismarck die kleindeutsche
Lösung (ein Kaiserreich ohne Österreich unter Führung Preußens) durchsetzte:
Deutsch-Dänischer
Krieg 1864 (das dänische Herzogtum Schleswig kam zu Preußen, das Herzogtum
Holstein zunächst zu Österreich, später auch zu Preußen),
Deutscher
Krieg gegen Österreich 1866 (das Königreich Hannover kam zu Preußen, der
Deutsche Bund mit Österreich wurde aufgelöst),
Deutsch-Französischer Krieg
1870/71 (Frankreich musste Lothringen und das Elsass an Deutschland abtreten
und 5 Mrd. Goldfranc zahlen,). Gründung des Kaiserreichs und Proklamation des
preußischen Königs zum deutschen Kaiser in Versailles 1871.
![]() |
Flensburger Löwe am Großen Wannsee |
Das Original dagegen war eine Erinnerung an einen dänischen Sieg über die aufständischen Schleswig-Holsteiner in der Schlacht bei Idstedt
1850, aufgestellt im damals dänischen Flensburg.
Das war vor
dem deutsch-dänischen Krieg. Nach dem Sieg preußischer Truppen im
deutsch-dänischen Krieg ging der Löwe als Kriegsbeute nach Berlin (1864). Nach dem Zweiten
Weltkrieg kam der Original-Löwe wieder zurück nach Dänemark und wurde in
Kopenhagen aufgestellt, bis er schließlich 2011 an seinen Original-Standort in
dem seit dem deutsch-dänischen Krieg
deutschen Flensburg zurückkam.
Bekannte
Villen sind die des Malers Liebermann und das heutige Haus der
Wannseekonferenz.
Max Liebermann (1847 – 1935) war ein
bedeutender Maler des Übergangs vom
Naturalismus zum Impressionismus. Er war Präsident der Berliner Akademie der Künste und Vorsitzender
der Künstlergruppe Berliner Secession
(Mitglieder u.a. Barlach, Max Beckmann,
Emil Nolde, Schmidt-Rottluff, Käthe Kollwitz, Heinrich Zille). Nach Liebermanns
Tod wurde seine Witwe als Jüdin von den Nazis gezwungen, die Villa zu
verkaufen. Der Deportation in das KZ Theresienstadt entzog sie sich 1943 durch
Selbsttötung.
![]() |
Haus der Wannsee-Konferenz |
1942 fand
unter Leitung von Heydrich eine Konferenz zur „Endlösung der Judenfrage“, die Wannsee-Konferenz,
statt, die die Grundzüge für die Deportation der gesamten jüdischen Bevölkerung
in Europa zur Vernichtung im Osten beschlossen.
1992 wurde
die Gedenk- und Bildungsstätte „Haus
der Wannsee-Konferenz“ eröffnet.
An Steuerbord waren hinter den
grünen Uferbergen der Grunewaldturm
und die große Antennenkuppel auf dem Teufelsberg
zu sehen. Am Ufer das Strandbad Wannsee
und Schwanenwerder.
Grunewaldturm: Der Aussichtsturm (36
Meter hoch) mit Restaurant ist ein Denkmal
an Kaiser Wilhelm I., das 1897 vom Landkreis Teltow in Auftrag gegeben
wurde. Der Wannsee gehörte damals noch zum Landkreis Teltow. 1920 erfolgte die
Eingemeindung nach Berlin.
![]() |
Grundewaldturm und Teufelsberg-Antennenkuppel |
Der Teufelsberg im Grunewald ist ein Trümmerberg aus dem Schutt der im Zweiten Weltkrieg zerbombten Berliner Häuser. Etwa ein Drittel der zerstörten Häuser Berlins wurde hier aufgeschichtet.
Davor sollte
auf dem Gelände eine Wehrtechnische Fakultät als Teil der „Welthauptstadt
Germania“ entstehen. Zum Kriegsende war der Rohbau schon fertiggestellt.
In den 1950er
Jahren bauten die Amerikaner auf dem Schuttberg eine Abhörstation und Anlagen
zur Überwachung des Luftraums. Die Gebäude und die Hüllen der Radarschirme sind
zum Teil noch erhalten, verfallen aber zunehmend. Der Berg selber ist
inzwischen bewachsen und ein Naherholungsgebiet mit Kletterfelsen und im Winter
einer Rodelbahn.
![]() |
Wannseebad |
Nur über eine
schmale Brücke erreicht man die Villen-Insel Schwanenwerder (früherer Name Sandwerder). 1882 erwarb der
Lampenfabrikant Wilhelm Wessel (er hatte
sein Geld mit der Erfindung eines Petroleum-Rundbrenners gemacht) die Insel,
baute die Brücke und parzellierte die Insel in 40 Grundstücke. Es war die Zeit
der Grundstücksentwickler, 1863 die Alsen-Kolonie, 1865 Lichterfelde und 1882
Schwanenwerder.
Auf dem
höchsten Inselpunkt baute Wessel für sich die Villa Schwanenhof.
Weitere Inselbewohner
wurden:
Berthold Israel
Sein Kaufhaus wurde
von den Nazis arisiert, d.h. er musste zwangsverkaufen Im 2. Weltkrieg wurde
sein Kaufhausgebäude im Nikolaiviertel zerbombt.
Rudolf
Karstadt
Gründer der Karstadt-Warenhäuser, auch Karstadt wurde arisiert.
Richard
Monheim
Trumpf Schokoladenfabrik, ursprünglich von seinem Vater in Aachen
gegründet. Da nach dem 1. Weltkrieg die rechtsrheinischen Kunden nicht mehr
beliefert werden konnten, erhielten die Söhne den Auftrag zum Aufbau einer
Schokoladenfabrik in Berlin-Weißensee. Enteignung nach dem 2. Weltkrieg durch
die DDR,
Georg Solmssen
(Salomonsohn) Einer der Inhaber der Disconto-Bank und
Vorstandssprecher der Deutschen Bank. Die Disconto-Bank fusionierte mit der
Deutschen Bank.
Walter
Sobernheim
Generaldirektor der Schultheiss-Patzenhofer-Brauerei in Berlin. 1933 flüchtete er vor den Nationalsozialisten
in die USA).
In der Zeit
des Nationalsozialismus zogen Nazi-Größen in viele zwangsverkaufte oder enteignete
Villen ein:
Propagandaminister Josef Goebbels, Hitlers Leibarzt, Albert Speer. Ein Grundstück wurde von der
Reichskanzlei erworben und soll für Hitler reserviert gewesen sein.
In neuerer
Zeit baute sich u.a. der Würth-Konzern eine moderne Repräsentanz-Villa am
Inselufer (von der Wannsee-Fähre gut zu sehen).
Die Fähre legt am Kladower Promenadenhafen an.
Promenadenhafen, weil hier die Kladower Wannsee-Promenade beginnt, die in den Gutspark Neukladow übergeht.
![]() |
Gutshaus Neukladow |
Im Landbuch Karl IV. (1375) ist Kladow als
„Cladow“ als ein Dorf verzeichnet, das dem Benediktinerinnen Kloster St. Marien
in Spandau gehörte. Nach der Reformation kassierte der Brandenburger Kurfürst
die Ländereien des Klosters ein, das Dorf wurde dem Amt Spandau zugeordnet.
Im 18. Jh.
erhielt der königliche Kabinettsrat Ludwig Mencken das Gut Kladow. Seine
Tochter heiratete den Gutsherrn Ferdinand von Bismarck. Ihr Sohn war Otto von Bismarck, der spätere
Reichskanzler.
1928 kaufte
die Stadt Berlin die Ländereien.
Der Havelradweg führt durch den Gutspark und dann weiter an Gatow vorbei, vorbei an vielen
Siedlungen (überall viele große und schöne Einfamilienhäuser/Villen) und
Badestellen am See. Dann kommt als nördlichster Teil des Havelsees die Scharfe Lanke.
Lanke
ist altslawisch und bedeutet Sumpf oder Bucht (polnisch: Laka). Berlin war von Slawen bewohnt
(siehe „Radreise Berlin - Verona, Teil 7 Geschichte).
Oft kommt man
auch nach Werder (Pichelswerder und
Eiswerder in Spandau, auch die Stadt Werder an der Havel). Als Werder werden
Inseln in Flüssen oder Seen bezeichnet oder auch trockengelegte Sümpfe. Der
Begriff stammt wohl von der westgermanischen Sprache.
Und Horn (Breitehorn bei Kladow, Schildhorn
am Nordostufer des Havel-Sees) bezeichnet eine kleine Landzunge oder
Ufervorsprung und kommt aus der niedermitteldeutschen Sprache (das war die Sprache
der Hanse im 13. bis 16. Jh.. Sie wurde parallel zum Latein für Urkunden als
Diplomatensprache verwendet.)
Der Radweg verläuft jetzt durch den
Bezirk Spandau, vorbei am Spandauer
Südhafen, dem Rathaus Spandau und der Altstadt.
Viele Wohnungsneubauten sind
entlang der Havel entstanden, fast eine „Waterfront“.
In den Spandauer Wasser-Lagen
wurde auch schon vor dem jetzigen Bauboom kräftig gebaut. Die GSW
(Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft des Landes Berlin, 2004
an amerikanische Fonds verkauft) hatte neben dem Altbauvierteln in Wilhelmstadt
schon zu meiner Zeit auch ein Neubau-Quartier in der Wasserstadt Spandau
(nordöstlich der Spandauer Zitadelle).
Die Havel fließt an der Zitadelle Spandau vorbei. Fast
gegenüber am westlichen Ufer ist die ehemalige GSW-Geschäftsstelle (jetzt
Vermietungsbüro der „Deutsche Wohnen“) und das zur GSW gehörende Gebäude des
Brauhauses Spandau in der Neuendorfer Straße.
![]() |
Zitadelle Spandau |
Bekanntes
Bauwerk in der Zitadelle ist der Juliusturm.
Nach dem deutsch-französischen Krieg wurde ein Teil der Reparationszahlungen
Frankreichs in Goldmünzen (im heutigen Wert von 1,3 Mrd. EUR) im Juliusturm
eingelagert. Als Reichskriegsschatz
sollte damit die nächste Mobilmachung finanziert werden. Die kam dann auch
1914.
In Anlehnung
an diese Geldhortung wurde in den ersten Jahren der Bundesrepublik Deutschland
auch von einem Juliusturm des damaligen
Finanzministers Fritz Schäffer gesprochen. Er konnte als erster und
einziger Finanzminister eine Reserve von heute umgerechnet 19 Milliarden EUR
horten. Goldene Zeiten. Die nachfolgenden Finanzminister haben es (bis 2016) auf 1.257 Milliarden EUR Schulden
gebracht (nur Bundes-Schulden). Finanzminister Schäuble konnte wenigsten eine
Umkehrung der Verschuldungsrichtung erreichen, ab 2013 sank die
Staatsverschuldung.
Heute werden
die Räume u.a. für kulturelle
Veranstaltungen genutzt. Auch die
ehemals auf der Siegesallee im
Berliner Tiergarten um 1900 aufgestellten Büsten der Brandenburger Markgrafen
und Fürsten und preußischen Könige sind jetzt in der Zitadelle ausgestellt.
![]() |
Mauer-Radweg |
Gegenüber, auf dem östlichen
Havel-Ufer ist der Ortsteil Konradshöhe im Bezirk Tegel.
Am Radweg sind jetzt häufig
Brunnen, Pumphäuser und Informationstafeln der Berliner Wasserbetriebe zu sehen. Die Havel-Niederung ist eines der
großen Wassergewinnungsgebiete für Berlin.
Auf Brandenburger Gebiet kommt
erst Nieder Neuendorf und dann Hennigsdorf.
Hennigsdorf ist ein Industriestandort
vor den Toren Berlins. baute die AEG ihre
Abteilung Flugzeugbau hier auf. 1913 wurde von der AEG der Elektrolokomotivenbau
von Berlin nach Hennigsdorf verlagert.
Heute fertigt der kanadische Bombardier-Konzern mit 2.300 Mitarbeitern
u.a. den ICE, Regional- und Nahverkehrszüge, U- und Straßenbahnen.
Der Radweg ist durchweg gut ausgebaut. In Berlin vorbildlich
ausgeschildert. Nur in Brandenburger Waldlagen führen Baumwurzeln zu
Aufbrüchen, die man gerade im Spiel von Licht und Schatten schlecht sieht und
die einen dann vom Sattel heben. Dafür fährt man aber sehr schön durch Wald und Natur.
Die B 111 wird unterquert. Hinter
Niederheide liegt idyllisch an der
Havel die Havel-Baude. Ein schöner Pausen-Ort.
Dann eine Wegstrecke westwärts weg von der Havel nach Birkenwerder, durch Einfamilienhaus-Bebauung. Ab hier wird der
Radweg mehr durch bewohnte Gebiete und entlang Autostraßen geführt, aber immer
auf getrennten Radwegen.
Unterquerung der A 110 - Berliner
Ring. Im Bogen hinter Borgsdorf wieder Richtung Havel, nach Oranienburg.
Oranienburg hieß früher Bötzow und war eine Domäne des Brandenburger Kurfürsten. Der
schenkte das Gut seiner Frau, Luise-Henriette von Oranien-Nassau (1627 – 1667).
Ihr Vater war Statthalter der Vereinigten Niederlande
(Statthalter regierten mit den Ständevertretungen der 7 Provinzen das Land) und
kämpfte
gegen die Spanier für die Unabhängigkeit der Niederlande. Der
Freiheitskampf dauerte 80 Jahre (1568 – 1648). Der Kampf wurde mit dem Westfälischen
Frieden (in Münster und Osnabrück unterzeichnet) beendet, der zugleich auch den
30-jährigen Krieg beendete. Die Republik der 7 Vereinigten Niederlande wurde
unabhängig und schied aus dem Heiligen
Römischen Reich aus. Der südliche
Teil der Niederlande blieb bei Spanien, kam später zu Österreich.
Der Wiener Kongress 1815 vereinigte den
Norden und Süden der Niederlande als „Vereinigtes Königreich der Niederlande“
mit dem „Haus Oranien-Nassau“, nachdem die Länder kurze Zeit Teil
„Französischen Kaiserreiches“ unter Napoleon waren. Die Vereinigten Niederlande wurden
Königreich. Erster König war der Sohn des letzten Statthalters Wilhelm V..
1830 spaltete
sich der Süden der Niederlande ab und wurde das „Königreich Belgien“ mit einem
König aus dem „Haus Sachsen-Gotha und Coburg“.
![]() |
Schloss Oranienburg |
Neben
Luise-Henriette heirateten drei weitere
Schwestern deutsche Fürsten. Auch
für sie wurde jeweils ein Schloss nach dem Haus Oranien benannt, Schloss Oranienbaum in der Nähe von Wörlitz in
Sachsen-Anhalt, Schloss Oranienstein
in Diez an der Lahn und das nicht mehr existierende Schloss Oranienhof bei Bad Kreuznach.
Im 2.
Weltkrieg wurde Oranienburg durch
Bombenangriffe stark zerstört. Angriffsziele waren kriegswichtige Industriebetriebe wie die Heinkel-Flugzeugwerke
(nach dem Weltkrieg war die sowjetische Armee bis 1994 auf dem Gelände) und die
Auerwerke.
In den Auerwerken wurde Uran angereichert.
Während des 2. Weltkriegs gab es ein sog. Uranprojekt, dass die 1938 entdeckte
Kernspaltung (Otto Hahn am Kaiser-Wilhelm-Institut in Berlin) technisch und
wohl auch militärisch nutzbar machen sollte (in der zur Heeresversuchsanstalt Kummersdorf gehörenden
Versuchsstelle Gottow wurden bis zum Ende des Weltkriegs Reaktorenversuche
durchgeführt). Von den Alliierten wurde die Urananreicherung in Oranienburg mit
einem Luftangriff zerstört. Dabei kam es zur Freisetzung von radioaktivem Material,
das in Oranienburg noch immer nachgewiesen werden kann.
Das Schloss Oranienburg hat eine sehr wechselhafte Geschichte. Die letzte
Besitzerin der preußischen Königsfamilie war Kronprinzessin Luise (1795/95).
Danach wurde das Schloss als Lehrerseminar genutzt, dann als Baumwoll-Weberei.
Schwefelsäure wurde hergestellt (als erste Fabrik im Bleikammerverfahren, Blei
war das einzige Metall, dass der Schwefelsäure widersteht),
Friedrich Ferdinand Runge wurde
Technischer Leiter in Oranienburg. Er entdeckte 1833 im Steinkohlenteer, ein
Nebenprodukt der Koksgewinnung, das Anilin (die Farbe Indigoblau) und andere
Grundstoffe der chemischen Industrie. Es waren die Grundlagen für die
Teerfarbenindustrie, zu der die Badische Anilin- und Sodafabrik (BASF), Farbwerke
Höchst und die Bayer AG gehörten.
Stearinkerzen
(aus pflanzlichem Palmöl) wurden im Schloss hergestellt, 1840 die ersten
Paraffinkerzen (ein Nebenprodukt der Erdölraffinierung). Dann wurde es als
Wohnraum genutzt. Erneut wurde ein Lehrerseminar eingerichtet. In der NS-Zeit
wurde das Schloss Kaserne, dann Polizeischule, in der DDR-Zeit Offiziersschule
und wieder Kaserne.
1997 wurde
das Schloss der Stadt Oranienburg übertragen und umfassend saniert. Heute sind
darin ein Teil der Stadtverwaltung und das Schlossmuseum untergebracht.
Der Schlossgarten ist nicht so
interessant, dass man ihn besuchen muss. Da ich nicht zu spät nach Haus kommen
wollte, bin ich auch nicht nach Sachsenhausen
hinaus gefahren. Das KZ hatte ich mir bei einer früheren Radtour schon einmal
angesehen. Aber es ist schon wichtig, Oranienburg nicht nur mit dem Schloss des
Brandenburger Fürstenhauses zu verbinden, sondern auch mit dem KZ des
NS-Staates.
Eine letzte Pause im Restaurant
gegenüber dem Schloss. Das Gebäude gehörte früher der jüdischen Familie Blumenthal, die hier 1852 bis 1929 ein
Bankgeschäft betrieb. Ein Nachfahre ist Werner
Michael Blumenthal. Er konnte mit seinen Eltern 1939 nach Shanghai fliehen
und dann in die USA auswandern. Dort war er u.a. Finanzminister in der
Regierung von Präsident Jimmy Carter. 1997 wurde er Gründungsdirektor des
Jüdischen Museums in Berlin.
Rückfahrt nach Berlin mit der S-Bahn.
Oranienburg
ist die letzte Station der Berliner
S-Bahn Linie S 1. Die Gegenstation ist Wannsee. Mit einer anderen Linie ist
Potsdam zu erreichen. Weitere S-Bahn-Anbindungen sind im Süden Berlins Teltow,
Blankenfelde und Königs Wusterhausen, im Osten Erkner und Straußberg, im Norden
Ahrensfelde, Bernau und Oranienburg.
Damit wird
ein großes Einzugsgebiet um Berlin
herum durch den Berliner Nahverkehr erschlossen.
🔄Link zum Fotoalbum