Nicht nur Lavendel und Flamingos 
Eine Rundfahrt durch die Provence 


5. Teil: 

Aix-en-Provence

17. bis 18. Juli
Grand Hotel Roy René 

Nach Arles und den Ausflügen in die Camargue und dem Marseille-Besuch sind wir weiter nach Aix-en-Provence gefahren. Eine kurze Strecke nach Norden.

Stadtrundgang Aix-en-Provence
Die Ziffern entsprechen denen im Text

Aix-en-Provence

150.000 Einwohner.
Department Bouches-du-Rhone, Provence-Alpes-Cote d‘Azur.
Der Name „Aix“ kommt vom lateinischen Wasser (Aquae – Aquis – Aix) und weist auf die Thermalquellen hin, an denen einst die Römer ihr Militärlager errichteten. 

Geschichte

Im 4. bis 2.  Jahrhundert v.Chr. lebten hier keltisch-ligurische Volksstämme. Das nahegelegene Entremont war die Hauptstadt eines dieser Stämme und das heutige Marseille war als Massalia eine griechische Stadt. Als sich Massalia von den benachbarten Stämmen bedroht fühlte, riefen sie die Römer zu Hilfe. Der römische Prokonsul Gaius Sextius Calvinus besetzte 123 v.Chr. die Provence und zerstörte Entremont. Der Hilferuf kam den Römern wohl gelegen, denn sie konnten durch die Besetzung der Provence den Landweg in ihre spanische Provinz sichern.

 

Entremont, nördlich von Aix-en-Provence gelegen, war eine keltisch-iberische Siedlung auf einem Kalkplateau nördlich von Aix-en-Provence ab etwa dem 2. Jahrhundert v.Chr.. Es war die Hauptstadt der Salluvier und ein religiöses und wirtschaftliches Zentrum. Aufgrund seiner strategisch günstigen Lage wurde Entremont im 2. Jahrhundert v. Chr. zu einer mächtigen Festung ausgebaut, doch schon 123 v. Chr. von den römischen Truppen des Gaius Sextius Calvinus zerstört.

Entdeckt wurde die Siedlung erst im 2. Weltkrieg, als deutsche Soldaten beim Bau einer Zisterne auf Statuen und Figuren stießen. Ab 1946 wurde die Stadt dann ausgegraben.

 

Gaius Sextius Calvinus errichtete bei den Thermalquellen sein Lager, aus dem im Jahr 15 v.Chr.  die Siedlung Aquae Sextiae, Wasser des Sextius, entstand. Im 3. Jahrhundert wurde die Stadt Hauptstadt der römischen Provinz Narbonensis Secunda und im 4. Jahrhundert Bischofssitz. 

731 wurde die Stadt von den Arabern zerstört. 


Ab 711 eroberten Berber und Araber die spanische Halbinsel. 719 begannen mit der Eroberung von Narbonne östlich der Pyrenäen die Überfälle auf französische Städte. Bis 759 wurden die Araber aus Frankreich zurückgedrängt. Aber im 9. und 10. Jahrhundert wurde die französische Küste wieder von arabischen Piraten und Truppen überfallen. Erst 1492 wurden die Araber mit der Rückeroberung des spanischen Granada durch die Katholischen Könige vom europäischen Kontinent endgültig zurückgedrängt.

1189 verlegten die Grafen der Provence ihre Residenz nach Aix-en-Provence (sie waren vorher in Arles und Avignon) und ein wirtschaftlicher und kultureller Aufschwung begann. Die Grafen waren Vasallen (bedeutet Schutzrecht und Gehorsamspflicht) des römisch-deutschen Kaisers. 

1409 gründet der Graf der Provence die Universität. Heute ist sie mit der Universität von Marseille Teil der Universität Aix-Marseille. 

Ab 1471 war Aix-en-Provence der Alterssitz von René I. d’Anjou, Graf der Provence, genannt auch Roy René (er erhob den Anspruch auf die Nachfolge der Königin von Neapel). Die Stadt wurde ein bedeutendes Wirtschafts- und Kulturzentrum. Das änderte sich nach dem Tod Renés 1480. Sein Erbe Karl V. von Maine vermachte die Grafschaft Provence 1482 dem französischen König und die Provence wurde Krongut. 

1501 errichtete der französische König in Aix-en-Provence das Parlement der Provence. Das Parlement war ein Gerichtshof, der im Namen des Königs entschied. Wie alle anderen Parlemente in Frankreich wurde der Gerichtshof 1790 in der Französischen Revolution aufgelöst. 


Das Parlement (nicht Parlament) war eine Institution der Rechtsprechung im vorrevolutionären Frankreich. Der Name ist abgeleitet von „parler – sprechen“. Im 13. Jahrhundert wurde für Berufungen gegen Urteile der königlichen Gerichtsbeamten in Paris ein ständiger Gerichtshof eingerichtet, der „Cour de Parlement. Später wurden für die Provinzen gleichartige Gerichtshöfe geschaffen, die auch die Bezeichnung Parlement erhielten.

(siehe auch: Eine Fahrt in die Normandie und Bretagne, 2. Teil ) 

Im 19. Jahrhundert verlor Aix-en-Provence an Bedeutung und Wohlstand, während und weil Marseille einen Aufschwung erlebte.

 

Stadtrundgang

Unser Hotel liegt am Rand des Stadtzentrums und unser Stadtrundgang begann im Quartier der jüngeren Geschichte von Aix-en-Provence. Das ist das Mazarin-Viertel, das sich von dem Boulevard du Roy René, an dem sich unser Hotel befindet, nach Norden bis zum Cours Mirabeau erstreckt. Das Viertel entstand im Zuge der Stadterweiterung Mitte des 17. Jahrhunderts auf Initiative von Kardinal Mazarin. Er war Erzbischof von Aix-en-Provence, Kardinal und Vizekönig von Katalonien, dank seines Bruders, der ebenfalls Kardinal war und regierender Minister König Ludwigs XIII.  (nach dem Tod Kardinal Richelieus, der unter Ludwig XIII. die französische Politik bestimmte).

Nach Osten wird das Mazarin-Viertel durch die Rue d’Italie begrenzt. Sie ist eine der ältesten Straßen der Stadt und gehörte in römischer Zeit zum Straßensystem der Via Aurelia.

Nördlich des Mazarin-Viertels ist die Altstadt, die aus der mittelalterlichen Grafenstadt und der Bischofsstadt besteht. Die Bischofsstadt war der ursprüngliche Ort Saint Sauveur. Sie überlagerte den römischen Stadtkern. Die Grenze zwischen der Bischofs- und Grafenstadt war etwa das Rathaus. Beide Städte trennte im Mittelalter eine Stadtmauer.  Das Schloss der Grafen der Provence stand früher an der Stelle des heutigen Justizpalastes.

 

Im Mittelpunkt des Mazarin-Viertels ist der Platz der vier Delphine:

(1) Place des quatre dauphins

Platz im Mazarin-Viertel. Die Bebauung des Platzes erfolgte nach dem Abriss der südlichen Stadtmauer (heute der Cours Mirabeau). Das alte, unregelmäßige Straßensystem wurde dabei von einem Quadratrastersystem mit rechtwinklig kreuzenden Straßen ersetzt.  

Das Mazarin-Viertel wurde im 17. Jahrhundert auf den Feldern um die Kirche Saint-Jean-de-Malte von dem Erzbischof und Kardinal Mazarin als Luxussiedlung für Großbürger und Parlamentarier entworfen. Die schachbrettartige Bebauung erfolgte entlang den Hauptachsen, die heute Rue Cardinale (der Name soll an Kardinal Mazarin erinnern) und Rue du 4. Septembre (in Erinnerung an die Ausrufung der 3. Republik am 4. September 1870) heißen.


Das Quadratrastersystem wurde von dem griechischen Städteplaner der Antike, Hippodamos von Milet, im 5. Jahrhundert v.Chr. angewandt und nach ihm als Hippodamisches System bezeichnet. Die Grundstücke wurden in gleichmäßig große rechtwinklige Parzellen gegliedert. In römischen Städten wurde dieses System oft übernommen. 

Vier wasserspeiende Delfine (Dauphins) schmücken den Brunnen inmitten des Mazarin-Viertels. Sie zeigen auf die Straßen der Kreuzung, die Rue Cardinale und die Rue du 4. September. 


Der Dauphin ist das Wappentier der nördlich der Provence gelegenen Region Dauphiné. Dauphiné von Frankreich war der Titel des ältesten Sohns des amtierenden französischen Königs (ähnlich wie heute noch der Titel Prince of Wales für den britischen Königssohn), abgeleitet von einem Delfin im Wappen der Grafschaft Dauphiné. 



Rue du 4. September 

Am 4. September 1870 wurde die Dritte Republik ausgerufen, als Nachfolgerin des Zweiten Kaiserreichs unter Napoleon III. Napoleon III. war im Deutsch-Französischen-Krieg in deutsche Gefangenschaft geraten. An der Straße liegen fast ausschließlich Privatvillen, die im Zuge der Entwicklung des Mazarin-Viertels im 17. und 18. Jahrhundert gebaut wurden. 


Beispiel für die Bebauung:

(2) Hôtel de Villeneuve d'Ansouis
Im 18. Jahrhundert für den Berater des Parlements errichtet.
 

Rue Cardinale 

Ihr Name erinnert noch immer an den Erzbischof und Kardinal Mazarin. Sie ist mit ihren prächtigen Herrenhäusern eine der schönsten Straßen von Aix. 



Cours Mirabeau

 

Gesäumt von Platanen, Brunnen, Cafés, Restaurants und eleganten Adelspalais aus dem 17. und 18. Jh., ist der Cours Mirabeau die Grenze des Mazarin-Viertels zu der nördlich gelegenen Altstadt. Es ist die Flaniermeile der Stadt. Benannt ist der Platz nach dem Schriftsteller Graf Gabriel-Honoré de Mirabeau, der Mitglied der Nationalversammlung und Berater des Königs war. 




Für den Bau der Straße 1651, die mit der Entwicklung des Mazarin-Viertels gebaut wurde, wurde die alte Stadtmauer niedergerissen. Ursprünglich war der Cours Mirabeau ausschließlich für die Repräsentation der Adligen in ihren Kutschen geplant. Für Maultierkarren und Handwagen war er gesperrt. Es durften auch keine Geschäfte an der Straße eröffnet werden. Erst im 18. Jahrhundert wurde der Cours eine Flaniermeile mit Geschäften.

Beispiel für die Bebauung:

(3) Greffe du Tribunal de Commerce - Handelsgericht

 

(10) Fontaine de la Retonde 

Der Brunnen bildet den Westabschluss des Cours Mirabeau. 1860 wurde der Monumentalbrunnen eingeweiht. Anlass für den Bau war die Fertigstellung des Zola-Wasserkanals. Damals stand der Brunnen am Eingang zur Stadt, jetzt ist er mittendrin. 

Fontaine de la Retonde

Der Zola-Kanal versorgte bis 1875 Aix-en-Provence mit Trinkwasser. 1854 wurde im Bergrücken westlich von Aix-en-Provence ein Stausee aufgestaut und ein 7 Kilometer langer Kanal nach Aix gebaut. Planer und Bauherr war der Vater des Schriftstellers Emil Zola. Nach dem frühen Tod Francois Zolas geriet dessen Unternehmen in Schwierigkeiten und wurde von einer Kanalgesellschaft übernommen.

Wie in Marseille wurde die Fertigstellung der Wasserleitung mit einem großen Bauwerk gefeiert, dem Brunnen de la Retonde (in Marseille mit dem Palais Longchamp).

 

Die Wasserversorgung war in den Provence-Städten ein wichtiges Thema. In Marseille führte eine große Dürre Mitte des 19. Jahrhunderts zum Bau des Marseille-Kanals, der Wasser der Durance nach Marseille transportierte. In Aix-en-Provence waren es Epidemien, u.a. die Cholera, die zur Planung des Wasserkanals führten.

Als die Wasserzufuhr des Zola-Kanals nicht mehr ausreichte, wurde der Canal de Verdon gebaut, der das Wasser des Verdon in die Stadt leitete. Jetzt wird das Wasser des Verdon mit dem Canal de Provence nach Aix-en-Provence, Marseille und Toulon abgeleitet. 

Der Brunnen am Abend


Am Place de la Rotonde gesehen:

Mit kleinen Elektrobussen kann man durch das Zentrum der Stadt fahren. Man kann überall an der Route ein- und aussteigen.


Aix-en-Provence haben wir als sauberste der von uns besuchten Städte erlebt.


(4) Hotel Gautier du Poet 

1730 von Henri Gautier gebaut. Auf dem Platz stand hier vor dem Bau des Cours Mirabeau eine Wassermühle (1656) außerhalb der Stadtmauern. 

           Henri Gautier (1660 – 1737) wuchs als Hubert Gautier im protestantischen

Orange auf. Als der französische König Ludwig XIV. in dem Edikt von Fontainebleau die Religionsfreiheit für die Hugenotten widerrief, konvertierte Gautier zum Katholizismus.

Er wurde Inspektor des Brücken- und Straßenbaus und veröffentlichte in Toulouse das erste grundlegende Werk über den Straßenbau und den Brückenbau.

 

Hotel Gautier du Poet


(4) Fontaine Du Roi René 

Der Brunnen von 1823 bildet mit dem Hotel de Poet den östlichen Abschluss des Cours Mirabeau.

Statue König Renés I. d'Anjou,
 der 1480 in Aix-en-Provence starb

 

(4) Route Cezanne

Hier und an vielen anderen Stellen sieht man Messingsteine mit dem Stadtwappen, umrahmt mit einem „C“ im Pflaster. Sie führen zu den Orten, an denen Cezanne war und gemalt hat. 


Wegweiser-Säulen
führen zu den wichtigsten Motiven Cezannes 
in Aix und der Umgebung. 


















Zu seinem 100. Todestag erhielt Cezanne ein Abbild in Bronze an der Fontaine de Rotonde:



 

Die östliche Grenze des Mazarin-Viertels ist die Rue d’Italie: 

Rue  d‘Italie 

Es ist eine der ältesten Straßen der Stadt. Sie gehörte zu der römischen Straße Aurelia von Rom nach Arles, die als Via Domitia (über die Pont du Garde) bis Spanien führt.

Den Namen d’Italie erhielt die Straße nach den Feldzügen Napoleons in Italien.

Straßenausschnitt

Goldene Plakette eines Notariats

"Appetitmacher"  in der Rue d'Italie

 

(30) Maison de Fondation de Missionnaires Oblats 

Oblatenkapelle, am oberen Ende des Cours Mirabeau und der Rue d’Italie gelegen.

Ursprünglich stand hier die Kapelle eines Karmeliterklosters, 1625 errichtet. In der Französischen Revolution wurden die Karmeliterinnen vertrieben und die Kirche, wie viele andere auch, ein „Tempel der Vernunft“.

 Anfang des 19. Jahrhunderts erwarb der aus Aix-en-Provence stammende Eugéne de Mazenod das Kloster und die Kapelle für die Priesterausbildung. Er gründete den Missionsorden der Oblaten. Nach der französischen Revolution sollte die Bevölkerung wieder christianisiert werden. Das ehemalige Karmeliterinnenkloster war das erste Ordenshaus des Oblaten-Ordens. 


Eugéne de Mazenod (1782 – 1861) wurde 1995 heiliggesprochen. Er gründete den Missionsorden der Oblaten der Unbefleckten Empfängnis (oblatus: hingegeben, dargebracht).

Die erste Niederlassung des Ordens in Deutschland war 1895 das Bonifatiuskloster in Hünfeld (im Landkreis Fulda). 

Kirchenraum der Oblaten-Kirche

(31) Saint-Jeane-de-Malte 


Aus dem 13. Jahrhundert, an der Kreuzung zur Rue Cardinale im Mazarin-Viertel gelegen. Seit dem 12. Jahrhundert unterhielten hier die Brüder des Ordens des Heiligen Johannes von Jerusalem ein Hospiz (Johanniter-Orden, nach der Verlegung des Hauptsitzes auf die Insel Malta auch als Malteser-Orden bezeichnet. Siehe: Mit dem Rad von Pforzheim bis Karlsruhe, 2. Teil). 


Die Grafen der Provence ließen die Kirche als ihre Begräbnisstelle errichten. Der Turm der Kirche ist der höchste Punkt der Stadt (67 Meter). Nach der Französischen Revolution wurde die Kirche zeitweise ein Militärlager. Seit dem 19. Jahrhundert ist sie eine katholische Gemeindekirche. 

Großes Fenster in der Apsis

Sarkophage

 

(31) Museum Granet


Vor der Entwicklung des Mazarin-Viertels lag die Johanneskirche weit außerhalb der Stadtmauern inmitten von Olivenhainen, die dem Kloster des Malteserordens gehörten. Sie konnten das Land mit dem Bau des Mazarin-Viertels gut verkaufen und errichteten neben der Kirche ihr Priorat.

Seit 1838 ist in dem ehemaligen Priorat das Museum der Schönen Künste Granet untergebracht. Es ist eines der reichsten in Frankreich. 2011 vermachte die Schweizer Jean-Suzanne-Planque-Stiftung dem Museum rund 300 Gemälde und Zeichnungen von Cézanne, Monet, Van Gogh und Picasso.

Den Namen Granet erhielt das Museum in Würdigung der Stiftung des aus Aix-en-Provence stammenden Malers Francois-Marius Granet, der auch Konservator im Louvre war.


Ehemaliges Priorat - Museum Granet

 

An den Cours Mirabeau schließt sich im Norden die Altstadt mit der Grafenstadt an: 

(5) Passage Agard 

Gasse zwischen dem Cours Mirabeau und dem Place Verdun. Auf der Seite des Cours Mirabeau befindet sich das Elternhaus von Paul Cezanne neben der Passage. 

Ursprünglich befand sich zwischen dem Cours Mirabeau und dem Place Verdun ein Ende des 14. Jahres errichtetes Kloster der Karmeliter. Während der Französischen Revolution wurden das Kloster teilweise zerstört oder in Wohnhäuser umgewandelt. Mitte des 19. Jahrhunderts kaufte Félicien Agard, Direktor der Salins du Midi, einen Teil der ehemaligen Klosteranlage und begann mit dem Bau einer Passage mit Geschäften und Werkstätten zwischen dem Cours Mirabeau und dem Place Verdun. Ganz verwirklichen konnte er die Passage wegen des Widerstands anderer Eigentümer nicht. Am Cours Mirabeau war nur Platz für einen schmalen Durchgang.

Eingang zur Passage am Place Verdun

Eingang zur Passage vom Cours Mirabeau
Links am Eingang steht das Elternhaus von Cezanne

  

(7) Hôtel Boyer d’Éguilles

Herrenhaus am Place Saint Honor aus Mitte des 17. Jahrhunderts. Benannt nach seinem Bauherren, Jean-Baptiste II. de Boyer, Seigneur d'Éguilles. Er war Gelehrter und Berater des Parlements von Aix-en-Provence.

Im 20. Jahrhundert wurde in dem Gebäude eine Nudelfabrik eingerichtet, wodurch viele Dekorationen zerstört wurden. Ab 2010 wurde es renoviert und beherbergt heute Boutiquen und ein Literaturcafé. Davor war dort eine Zeit lang das Naturhistorische Museum untergebracht.

 

Hotel Boyer d'Eguilles

(8) Place und Hotel d’Albertas 

Beispiel der Adelspaläste in der Altstadt. Mitte des 18. Jahrhunderts kauften die d’Albertas den Palast und erneuerten die Fassade und den Eingang. Nach dem Vorbild Pariser königlicher Plätze ließen sie den Platz vor dem Palast anlegen, den Place d‘Albertas, wofür die vor dem Palast stehenden Häuser abgerissen wurden. 


D’Albertas waren eine der größten Adelsfamilien in Aix, die aus Alba in Italien stammten und im 14. Jahrhundert in die Provence kamen. 

Palace d'Albertas
und die gegenüberliegende Seite

Der Brunnen auf dem Platz ist einer von vielen in Aix. Im Stadtzentrum soll es etwa 250 öffentliche und private Brunnen geben.

Brunnen aus Mitte des 18. Jahrhunderts
 

(9) Kloster der Augustiner 

Das Augustinerkloster wurde im 12. Jahrhundert gegründet und bildete im 15. Jahrhundert fast einen ganzen Bezirk. Das Gebäude reichte bis zum heutigen Cours Mirabeau.

Der Kirchturm der ehemaligen Augustiner-Kirche

Das Kloster und die Kirche wurden nach der Französischen Revolution beschlagnahmt und in Wohnungen umgewandelt. Erhalten ist noch der Glocken- und Uhrenturm (Erbaut 1472). Der Eingang zur ehemaligen Klosterkirche ist der Eingang zu einem Ladengeschäft.

Der ehemalige Eingang zur Kirche

 

(9) Eglise du Saint-Esprit 

Heilig Geist Kirche. Gegenüber dem ehemaligen Augustinerkloster. Die Kirche wurde im 18. Jahrhundert an der Stelle eines Krankenhauses des Ordens vom Heiligen Geist erbaut. Jetzt ist es die Universitäts-Pfarrkirche.

Altar
und Seitenkapelle


(25) Place des Trois Ormeaux 

Platz der drei Ulmen (Ulme – orme), mit Brunnen aus Anfang des 17. Jahrhunderts. 



  (26) Chapelle de la Visitation 

Kapelle Saint Catharine de Sienne des Klosters der Heimsuchung (ein 1610 gegründeter Orden) von 1633 mit einem Schrein einer heiliggesprochenen Nonne von 1864.

Das Kloster der Heimsuchung ist heute eine Schule.

 

(27) Place des Precheurs 

Platz der Prediger neben dem Justizpalast aus dem 15. Jahrhundert. Es war das Zentrum des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens bis der Cours Mirabeau diese Stellung einnahm. Den Namen des Precheurs erhielt der Platz von dem Kloster der Prediger (Dominikanerkloster), das hier seit Ende des 13. Jahrhunderts bestand. 

Die Kloster-Kirche St. Madelaine wurde 1410 fertiggestellt. Im Laufe der Zeit wurde die Kirche mehrfach umgebaut, zuletzt um 1700 von Laurent Vallon, wobei die Fassade erst Mitte des 19. Jahrhunderts fertig wurde. In der Kirche wurde Paul Cézanne 1839 getauft. 

Kirche St. Madelaine

Auf dem Platz wurde der Brunnen der Precheurs aufgestellt.

 (29) Place de Verdun 

Es schließt sich der Place de Verdun mit dem Justizspalast an. 


(28) Justizpalast 

Die Residenz der Grafen der Provence und nachfolgend der Sitz des Parlements befand sich an der Stelle des heutigen Palais de Justice, der 1787 begonnen und wegen der Französischen Revolution erst 1831 fertiggestellt wurde. 

Daneben wurde in der gleichen Zeit das Gefängnis gebaut, das 1998 umgebaut wurde und jetzt als Palais Monclar ein Teil des Justizzentrums ist. Benannt ist das Gebäude nach einem Generalstaatsanwalt des Parlements im 18. Jahrhundert. 

Der Justizpalast:




Statue Honoré de Mirabeau

Honorè Gabriel de Riqueti, Marquis de Mirabeau (1749 -1791) war Politiker und Schriftsteller. Er studierte in Aix-en-Provence. Wegen Auseinandersetzungen mit seinem Vater war er über ein Jahr in der Festung Chateau d'If eingekerkert. Er war Anhänger der Französischen Revolution und wurde in Aix-en-Provence für den dritten Stand in die Generalstände gewählt. In der verfassunggebenden Nationalversammlung war er 1791 deren Präsident.

Die Pläne für den Bau des Justizzentrums und die Umgestaltung des Viertels, der Grafenpalast und 200 Häuser wurden abgerissen, stammen von Claude-Nicolas Ledoux. Von ihm stammen viele Palais, Villen und Landschlösser in und um Paris.  

Ledoux war eine Zeit lang (1775/76) auch Architekt des Landgrafen Friedrich II. von Hessen- Kassel und erhielt den Titel eines Leiters des Bauwesens. Seine Bauentwürfe für das Museum Fridericianum und die Neugestaltung des Stadtschlosses wurden allerdings nicht umgesetzt, wohl auch wegen des Widerstands des Oberhofbaumeisters Simon L0uis du Ry.

Palais Monclair:





Die nördlich der Grafenstadt gelegene Bischofstadt: 

(19) Cathedrale Saint-Sauveur 

Eine erste Kirche wurde im 5. Jahrhundert auf dem antiken römischen Forum errichtet, der Legende nach auf den Grundmauern eines römischen Apollotempels. Die ersten christlichen Kirchen wurden oft an der Stelle heidnischer Heiligtümer errichtet. Im 12. und 13. Jahrhundert und bis in das 17. Jahrhundert wurde die Kirche mehrfach in mehreren Baustilen erweitert. 

Glockenturm aus dem 14. und 15. Jahrhundert

Eingangsportal

Kirchenschiff

Altarraum

Grün-goldenes Orgelgehäuse von 1745

Altarraum

Seitenschiff

Das neben den Kirchenschiffen stehende Baptisterium (Taufhaus) gehört zu dem Kirchenbau des 5. Jahrhunderts. Es wird seit seiner Erbauung mit warmem Wasser aus den römischen Bädern versorgt. 

Das Baptisterium ist der älteste Teil der Kirche. Teile stammen aus dem 4. Jahrhundert n.Chr. Die 8 Säulen des Oktogons sollen aus römischer Zeit stammen.

Das Kloster neben der Kirche wurde Ende des 11. Jahrhunderts gebaut. Der Kreuzgang stammt aus dem Jahr 1190.

Kreuzgang


(16) Palast der Erzbischöfe 

Neben der Kathedrale gelegen. Gebaut wurde der Palast 1650 bis 1730. Zusammen mit der Kathedrale steht er auf dem antiken römischen Forum.

Heute beherbergt der Palast das Tapisserie Museum für Wandteppiche.

Erzbischöflicher Palast, heute das Tapisserie Museum


(20) Universitätspalast 

Gegenüber der Kathedrale war Anfang des 15. Jahrhunderts die Rechtsfakultät der Universität untergebracht. 1734 wurde an der Stelle ein neuer Universitätspalast errichtet, in dem sich heute das Institut d'études politiques (IEP) befindet. Architekt des Gebäudes war Georges Vallon, der viele Gebäude in Aix entworfen hat. 


Die Universität Aix-en-Provence wurde 1409 gegründet. In der Französischen Revolution wurden sie wie alle Universitäten aufgelöst. Die Fakultäten und Institute wurden selbstständige Einrichtungen. Später bestanden in Aix-en-Provence und Marseille drei Universitäten, die sich 2012 zur Aix-Marseille Université (AMU) zusammenschlossen. Die Universität hat 74.000 Studenten (Göttingen hat knapp 30.000 Studenten). 

Universitätspalast

18) Hotel Boyer Fonscolombe 

Das vom Erzbistum gebaute Haus gegenüber der Kathedrale kam im 18. Jahrhundert an Honoré Boyer de Fonscolombe. Er war Staatsanwalt im Parlement von Aix-en-Provence und Sekretär des französischen Königs Ludwig VI..

Jetzt ist in dem Gebäude ein Institut der Universität untergebracht.



(18) Hôtel Estienne de Saint-Jean 

Ehemalige Adelsresidenz aus dem 17. Jahrhundert, in dem seit 1932 das Geschichtsmuseum der Stadt, Musée d’histoire de la Ville, untergebracht ist. Das Museum wurde von Marie d’Estienne de Saint-Jean gegründet, die ihre Sammlung und das Haus der Stadt Aix überließ. 


Die Familie Estienne de Saint-Jean geht auf den jüdischen Kaufmann, Gabriel Cohen zurück, der 1501 in Aix-en-Provence mit dem Namen Estienne zum Katholizismus konvertierte. Mitglieder der Familie wurden später geadelt (de Saint-Jean) und waren Konsuln der Stadt Aix, Abgeordnete und Bischöfe. 
Eingang zum Stadtmuseum


(22) Hotel de Ville 

Im 17. Jahrhundert erbautes Rathaus, mit einer italienisch anmutenden Fassade. 

An der Ecke des Rathauses steht der Tour de l’horloge, der ehemalige Belfried, mit einer astronomischen Uhr von 1661. Der Turm selbst ist aus dem 14. Jahrhundert. Auch er steht auf römischen Fundamenten. Hier war in römischer Zeit das Eingangstor eines Militärlagers.

Rathaus mit dem Rathausbrunnen
Das Brunnenbecken wurde von dem Architekten Georges Vallon entworfen, der auch viele der Paläste und Villen in Aix gebaut hat.
Der Mitte des 18. Jahrhunderts errichtete Brunnen wurde mit Wasser aus den Pinchinats-Quellen nordöstlich von Aix gespeist, die schon den Römern bekannt waren.


Rathaustür mit dem Wappen der Stadt

Innenhof

Uhrenturm und Fontaine de l'Hotel de Ville

Der Tour de l'Horloge mit:
Astronomische Uhr von 1661.
Holzfigur der vier Jahreszeiten, die abwechselnd erscheinen.
Graburne für die Seelen der Verteidiger des Vaterlandes, die seit 1801 die hier ursprünglich platzierte Büste Ludwig XIII. ersetzt.

 

(21) Forum des Cardeurs 

Platz hinter dem Rathaus. Nach Abriss der heruntergekommenen Häuser 1963 entstand der Platz mit Restaurants und Bars. 

Den Namen Cardeurs hat der Platz von den Wollkämmern, die sich hier im 17. Jahrhundert ansiedelten. Wollkämmer, französisch Cardeurs, deutsch Karder, kämmten Wolle mit Karden (Holzbrettchen mit Stahlhäkchen) und bereiten sie so zum Spinnen vor. Bevor die Holzbretter mit Stahlhäkchen benutzt wurden (heute macht man das maschinell), verwendete man trockene Disteln, französisch chardon.

Durch Kämmen wurden auch Matratzen aufbereitet. Die Wolle in den Matratzen war durch die Benutzung verdichtet und deformiert. Cardeure kämmten die Matratzenwolle, die so wieder lockerer wurde. 

Der Amado-Brunnen (benannt nach seinem Schöpfer, dem Bildhauer Jean Amado) verbirgt geschickt die Lüftung der Parkgarage unter dem Platz.

 (24) Place Richelme 

Auf dem Platz findet jeden Morgen der Obst- und Gemüsemarkt statt.


(23) Halle aux Grains

Am Platz Richelme steht die ehemalige Kornhalle, Halle aux Grains, aus dem 18. Jahrhundert. Heute beherbergt das Gebäude die Post und eine Bibliothek. Auf der anderen Seite der Kornhalle befindet sich der Rathausplatz. Der zum Rathausplatz ausgerichtete Giebel ist mit einer männlichen und weiblichen Figur geschmückt, die die Rhone und die Durance darstellen, die Elemente des landwirtschaftlichen Wohlstands der Provence.

Kornhalle am Place Richelme

Kornhalle am Place de l'Hotel de Ville

Giebel mit den Figuren für die Flüsse Rhone und Durance

 

(11) Fontaine Pascal

Der 1922 gestiftete Brunnen wird jetzt mit dem Wasser der nicht weit entfernten Thermalquelle gespeist. An seiner Stelle stand seit 1713 ein Brunnen zur Trinkwasserversorgung der Bevölkerung. Bevor das Wasser durch den Zola-Kanal (der auch Marseille versorgte, siehe dort) in die Stadt kam, mussten sich die Einwohner aus Brunnen versorgen. In Dürrezeiten gab der Brunnen nicht genug Wasser und so wurde er, wie wahrscheinlich viele andere Brunnen auch, 1833 tiefer gebohrt. Auch das reichte irgendwann nicht mehr und das Wasser musste von außerhalb der Stadt herangeleitet werden, der Zola-Kanal wurde gebaut.


(13) Pavillon de Vendome

Barockes Lustschlösschen aus dem 17. Jahrhundert, das Louis I. de Bourbon, Duc de Vendome, ab 1664 für sich und sein Geliebte bauen ließ. Louis I. war ein Cousin des französischen Königs Ludwig XIV. Er war Statthalter der Provence und kurz vor seinem Tod 1667 noch Kardinal. 

Pavillon de Vendome

Treppenaufgang 

Gartenausschnitt

Der Palast ist von einem Französischen Garten umgeben. 


Die ersten Barockgärten wurden in der Zeit des Barocks in Frankreich angelegt, weswegen sie auch als Französische Gärten bezeichnet werden. Sie haben geometrisch gegliederte Haupt- und Nebenachsen, geometrisch beschnittene Hecken und Sträucher und Blumenbeete in ornamentalen Formen.

 

(15) Mausolée Joseph Sec 

Ein Denkmal aus der Zeit der Französischen Revolution.

Der Jakobiner Joseph Sec ließ sich 1792, zwei Jahre vor seinem Tod, ein (leeres) Grabmal zu seinem Gedenken errichten. Aus einfachen Verhältnissen wurde er während der Französischen Revolution zu einem reichen Grundbesitzer in dem damals neuen Vorort Notre-Dame.

Das leere Grabmal

Skulpturen aus dem Jesuitenkolleg

Detail

Das Denkmal ist mit vielen christlichen Skulpturen und mit Allegorien geschmückt. Im Garten hinter dem Mausoleum ließ Joseph Sec Skulpturen aufstellen, die ursprünglich in der Kapelle des Jesuitenkollegs standen. Als die Jesuiten 1763 das Kolleg verlassen mussten, alle Kirchen und Klöster wurden in der Französischen Revolution geschlossen, erwarb Joseph Sec die Steinskulpturen. 


Jakobiner waren während der Französischen Revolution Mitglieder eines politischen Klubs. Anhänger Robespierres wurden als Jakobiner, aber auch als Robespierristen bezeichnet. Ihr politisches Ziel war die Abschaffung der Monarchie und die Durchsetzung der französischen Revolution. 

 

Die Reste der römischen Stadt unter der Bischofsstadt: 

(12) Sextius-Therme 

Über den seit der Römerzeit bekannten Thermalquellen wurde das SPA-Bad des Hotels Aquabella gebaut. 123 v.Chr. war ein Thermalbad von dem römischen Konsul Caius Sextius Calvinus als öffentliches Bad errichtet worden. Um das Jahr 300 herum wurde das Thermalbad zerstört, weil das zur Staatsreligion gewordene Christentum öffentliche Bäder ablehnte. Reste des Thermalbades wurden erst 1704 entdeckt. 

Ausgegrabene Fundamente des römischen Bades

Das heutige Thermalbad grenzt an einen Turm aus dem 14. Jahrhundert, der damals Teil der Stadtmauer war.

Im 14. Jahrhundert errichtete Aix-en-Provence eine Schutzmauer um die Stadt. Der Wachturm neben den Thermalquellen ist noch erhalten geblieben.

(14) Villa Grassi

Nach der Gründung von Aquae Sextiae im Jahr 123 v. Chr. durch den Konsul Caius Sextius Calvinus war hier ein Wohnbezirk entstanden. Von den Wohnhäusern, die wohl recht wohlhabenden Eigentümern gehörten, wurden fünf während des Zweiten Weltkriegs gefunden, als Schützengräben für die Verteidigung ausgehoben wurden. Erhalten geblieben ist ein kleiner Teil der ehemaligen Villa Grassi.

Ausgegrabene Teile einer römischen Villa


"Liberté - Egalité - Fraternité
Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit"
Gesehen an mehreren Schulgebäuden - hier in der Nähe der Villa Grassi. Eine Erinnerung an die Grundwerte "Einigkeit und Recht und Freiheit" sucht man an deutschen Schulen vergeblich.
 

Am letzten Abend waren wir noch einmal auf dem Forum des Cardeurs. Es ist die angesagte Restaurant- und Feiermeile von Aix-en-Provence.



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