Nicht nur Lavendel und Flamingos
Eine Rundfahrt durch die Provence
Marseille II
13. bis 16. Juli
Der erste Bericht der Marseille-Stadtbesichtigung endete mit einem Gebäude
der Neuzeit aus dem 18. und 19. Jahrhundert am Ausgang des Hafens: Die
Zwillingsbauten der Gesundheitsverwaltung und der Zollverwaltung. Unser zweiter
Marseille-Rundgang schließt sich daran
an und beginnt mit einem Gebäude des Mittelalters: Der Verteidigungsturm Roi
René.
(14) Tour Roi René
Er ist dem Fort Saint Jean vorgelagert, 1453
zur Verteidigung des Hafens errichtet. Den Namen erhielt das
Verteidigungsbauwerk von seinem Erbauer, René d’Anjou Graf der Provence.
König (Roi) war er eigentlich nur im Anspruch. Die Königin von Neapel hatte
René adoptiert, allerdings auch den König von Aragon.
(15) Kirche Saint Laurent
Kirche aus dem 12. Jahrhundert, im 17. Jahrhundert in der heutigen Form erweitert. Ursprünglich stand an dieser Stelle ein Tempel aus griechischer Zeit.
(16) Fort Saint Jean
Fort Saint-Nicolas – Citadelle
de Marseille
Museum der
Zivilisationen Europas und des Mittelmeers
(18)
Cathédrale Sainte-Marie de la Major
Der Bau der Kirche erfolgte von 1852 bis
1893. Der Grundriss entspricht einem lateinischen Kreuz und durch die
Gestaltung der Kuppeln entsteht ein byzantinischer
Eindruck. Marseille galt damals als „Porte de l’Orient“, als Tor zum
Orient.
Die Kathedrale wurde an der Stelle einer
romanischen Kathedrale aus dem 11./12. Jahrhundert (Kathedrale Vieille – alte - Major) gebaut,
die in Folge der französischen Revolution geplündert und stark beschädigt
wurde. Für den Neubau wurde die alte Kathedrale teilweise abgebrochen. Reste
der Kirche stehen noch neben der neuen Kathedrale.
Vor der alten Kathedrale Vieille Major bestand schon eine Bischofskirche aus dem 4. Jahrhundert, deren Grundmauern beim Bau der neuen Kathedrale gefunden wurden. Sie war schon zur Zeit Karls des Großen (ab 800 römisch-deutscher Kaiser) als Marienkirche geweiht und war die älteste Kirche Marseilles.
(19) La Vieille Charité
Das Hospiz Vieille Charité wurde im 17. Jahrhundert zur Unterbringung von Bettlern errichtet. Entsprechend einem königlichen Dekret zur „Einkerkerung der Armen und Bettler“ wurden in der Anlage Bettler inhaftiert, die in der Stadt von Wachen festgenommen wurden. Die Bettler wurden in den Werkstätten des Hospizes beschäftigt. Kinder wurden als Dienstboten, Diener oder Lehrlinge bei Schneidern oder Bäckern untergebracht.
Die Anlage besteht aus vier in einem
Rechteck gebauten Gebäuden mit offener Galerie zum Innenhof. Im Innenhof wurde
eine Kapelle mit Kuppel errichtet.
Anfang des 20. Jahrhunderts wurden die Gebäude zur Unterbringung von Mietern aus anderen Vierteln genutzt. Die ehemaligen Bewohner der für die Handelskammer abgerissenen Gebäude wurde hier untergebracht. Zunehmend wohnten hier die ärmsten Einwohner der Stadt. 1962 wurden alle Bewohner umgesiedelt und das Gebäudeensemble saniert. Heute sind hier mehrere kulturelle Einrichtungen und Museen untergebracht.
(20) Rue de la Republique
(21) Parte de Aix
Die Aquädukt-Reste wurden beim Bau des Sitzes für den Conseil Regional Provence-Alpes-Côte d‘Azur gefunden.
Die Anlage wurde mit der Fertigstellung des Canal de Marseille
im 19. Jahrhundert überflüssig und überbaut. Der Canal de Marseille leitet
Wasser des Durance (fließt bei Avignon in die Rhone) ab und ist bis heute für
die Trinkwasserversorgung der Stadt wichtig. Die Wasserverteilstation des
Kanals wurde in Form eines Palastes gebaut: Palais Longchamp (siehe
unten).
(23) Église des Grands-Carmes
(24) Der Alcazar
Auf dem Gelände waren vor dem Bau des Veranstaltungspalastes zuvor die Ställe einer Omnibusgesellschaft (bis Ende des 19. Jahrhunderts) und davor gehörte es der religiösen Kongregation Saint Hommebon (13. – 16. Jahrhundert). Seit 2010 ist im Alcazar eine städtische Bibliothek.
(25) La Canebière
Der Straßenname geht auf die Hanfverarbeitung der Seilmacher zurück, die hier seit dem Mittelalter ansässig waren. Das provenzalische „“Canebiére, früher „Cannebis“, bedeutet Hanf, aus dem die Schiffsseile gedreht wurden.
(25) Bourse et Chambre
de Commerce
Napoleon III., Louis-Napoléon Bonaparte, war ein Neffe Kaiser
Napoleons I.. Nach der Februarevolution 1848 wurde er zum französischen Staatspräsidenten gewählt. Mit einem Staatsstreich errichtete er 1851 eine Diktatur und proklamierte sich als Napoleon III. zum Kaiser des Zweiten Kaiserreichs (bis 1870).
Napoleon II. war der Sohn Kaiser Napoleons I. aus der zweiten Ehe mit
Marie-Louise von Österreich. Der österreichische Kaiser Franz I. war sein
Großvater. Er war vom 22. Juni bis 7. Juli 1815 Kaiser. Danach kam es zur
Restauration der Monarchie.
Das von dem französischen Architekten Fernand Poullion entworfene Gebäude steht seit 1952 an der Stelle des Kaufhauses Nouvelles Galleries. Das brannte 1939 aus und es gab 79 Tote.
Fernand Poullion (1912 – 1986)
war ein französischer Architekt und Städteplaner, der am Wiederaufbau
Frankreichs nach dem 2. Weltkrieg maßgeblich beteiligt war. Der Wiederaufbau
des Quartiers am Alten Hafen Marseille ist sein Werk.
Poullion wettete, in 200 Tagen 200 Wohnungen mit einem Budget von 200 Millionen (alte) Francs zu bauen. Er schaffte es. Das sollte man heutzutage auch einmal in Berlin versuchen.
Seit 2004 eine Polizeistation. Gebaut wurde
es 1679 als Herrenhaus. 1863 wurde das Grand Hotel, einer der luxuriösesten
Paläste, eröffnet.
Die Skulpturen über dem Eingang stammen von
dem französischen Bildhauer Auguste Ottin (1811 – 1890) und stellen das Meer
und den Handel dar.
(30) Monument
des Mobiles
(31) Kirche Saint-Vincent-de-Paul
1611 standen hier ein Kloster und die Kirche der Reformierten Augustiner.
Im 14. Jahrhundert kam es wie in anderen Orden auch zu
Verfallserscheinungen. Es war die Zeit des abendländischen Schismas mit
Doppelpäpsten. Das Armutsideal des Ordens wurde aufgeweicht.
Observanten (Vertreter einer strengeren Auslegung der Ordensregeln) bildeten bis Anfang des 16. Jahrhunderts eine neue Ordensgemeinschaft, die Kongregation der reformierten Augustiner. Martin Luther war Mitglied der Reformkongregation.
An der Stelle der Augustiner-Kirche wurde 1886 eine neue Kirche im neugotischen Stil gebaut, die dem Heiligen Vinzenz von Paul geweiht wurde.
Später wurde ein Schwesternorden der Vinzentinerinnen unter Berufung auf
das Wirken von Vincent de Paul gegründet. Heute bestehen mehrere Kongregationen
der Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Vinzenz von Paul (Vinzentinerinnen).
In Hildesheim wurde 1871 eine eigenständige Kongregation gegründet, die auf Initiative des Hildesheimer Bischofs mit drei Vinzentinerinnen aus Paderborn aufgebaut wurde, die Barmherzigen Schwestern vom hl. Vinzenz von Paul in Hildesheim. Sie gründeten u.a. das Sankt Bernward Krankenhaus in Hildesheim.
(32) Palais Longchamp
Ein Palais als Wasserverteiler. Im 19. Jahrhundert wurde der Canal de Marseille zur Frischwasserversorgung der Stadt gebaut. Er ist 80 Kilometer lang und leitet Wasser des Durance, ein Nebenfluss der Rhone, nach Marseille.
1849 war der Kanal bis zum damaligen Plateau de Longchamp oberhalb der Stadt fertiggestellt. Am Kanalende sollte ein repräsentativer Wasserverteiler gebaut werden. Daraus wurde nichts. Erst 1869 (Zweites Kaiserreich mit Napoleon III.) wurde nach mehreren Anläufen ein Monumentalbau errichtet. In den beiden Seitenflügeln sind das Naturhistorische Museum und das Museum der schönen Künste untergebracht. Im Mittelteil sind Wasserspeier. Umgeben ist das Palais von dem Longchamp-Park.
(34) Notre-Dame de la Gard
„Unsere Liebe Frau“ ist die Bezeichnung für Maria, die Mutter Jesu. „Vom Wächter – la Gard“ ist der Name des Hügels, auf dem die Basilika errichtet wurde.
Die Kirche im romanisch-byzantinischen Stil wurde 1864 geweiht. Sie besteht aus einer unteren Kirche, der Krypta, die in den Felsen gehauen wurde.
Darüber steht die große Kirche mit einem Glockenturm, auf
dem eine überlebensgroßen Statue der Jungfrau mit dem Kind steht. Durch
die farblichen Kontraste des Mauerwerks entsteht ein orientalischer Eindruck. Der
Innenraum der Kirche ist mit Mosaiken ausgeschmückt.
Bevor die Basilika gebaut wurde, stand an der Stelle seit 1214 eine Wallfahrtskapelle. Dann wurde 1524 auf dem La-Garde-Hügel eine Befestigungsanlage gebaut, die die Kapelle umschloss, aber einen Zugang beließ. Wie die meisten französischen Kirchen wurde die Kapelle in der französischen Revolution geplündert. 1807 wurde sie wieder geöffnet.
Die Kirchenleitung wollte anstelle der kleinen Kapelle eine größere Kirche bauen und erhielt die Genehmigung zum Abriss der militärischen Anlagen. Interessanterweise erhielt ein 23-jähriger protestantischer Architekt den Planungsauftrag.1853 wurde der Grundstein für die neue Basilika an der Stelle der Kapelle und der Militäranlage gelegt. 1897 war der Kirchenbau vollendet.
Architektonisch herausragend sind der Glockenturm über dem Atrium mit der vergoldeten, überlebensgroßen Marienstatue, das Kirchenschiff mit dem Querschiff, die achteckige Kuppel über dem Schnittpunkt von Kirchenschiff und Querschiff, die Mosaikausschmückungen und die Krypta. Das Kirchenschiff ist mit weißem Carrara-Marmor und rotem Marmor ausgestattet. Die Decken- und Wandmosaiken wurden aus in Venedig hergestellten Fliesen geschnitten. Etwa 12 Millionen Mosaiksteine wurden verarbeitet.
Von der Terrasse der Kirche hat man einen
eindrucksvollen Blick über die Stadt.
Schiffsfahrt zu den Calanques
Vom Alten Hafen aus sind wir mit einem der Ausflugschiffe entlang der Küste bis zur Bucht von Cassis gefahren. Bei schönstem Boots-Wetter, die Sonne schien auch heute ziemlich stark, aber der Fahrtwind brachte eine erfrischende Briese, fuhren wir durch die Bucht von Marseille.
An der Hafenausfahrt liegt an Steuerbord des Schiffs (rechts) das Museum der Zivilisation, über eine Brücke mit dem Fort Saint-Jean verbunden. Dahinter ist die Cathédrale de Major zu sehen. Gegenüber an Backbord (links) thront über der Bucht das Palais Paro.
Das Palais haben wir vom Schiff aus bei unsrer Fahrt zu den Calanques gesehen. Er steht unweit des Chateaus Marseille und überragt den alten Hafen. Das Palais wurde von Napoleon III. (Staatspräsident der Zweiten Republik, der sich zum Kaiser des Zweiten Kaiserreichs ernannte) für seine Frau gebaut. Es war die gleiche Zeit, in der auch die Kathedrale von Marseille entstand.
Als Napoleon III. 1870 gestürzt wurde, war der Bau immer noch nicht fertiggestellt. Er ging in Stadtbesitz über. Seit 2012 ist das Gebäude Sitz der Universität Aix-Marseille (Fünf Standorte in den Städten Aix-en-Provence und Marseille, 72.000 Studenten, die Universität Göttingen hat 30.000 Studenten) und ein Kongresszentrum.
Der Name Pharo bezeichnete die kleine Bucht unterhalb des Hügels, auf dem das Palais gebaut wurde.
Hinter der Hafenausfahrt liegt die kleine Inselgruppe Les Ìles mit dem Chateau d’If . Hinter uns ist auf dem Berg die Basilika Notre-Dame-de-la-Garde zusehen.
Notre Dame de la Garde
Chateau d‘If
Befestigungsanlage auf der Marseille vorgelagerten Insel If. Wir sind an ihr bei unserer Schiffsreise zu den Calanques vorbeigefahren.
Das erste Nashorn, das in Europa zu sehen war, wurde 1516 zeitweilig auf der Insel untergebracht. Das Nashorn war auf dem Weg von Lissabon nach Rom. Der Portugiesische König hatte das von einem indischen König erhaltene Nashorn dem Papst schenken wollen. Auf der Fahrt von Marseille kenterte das Segelschiff bei La Spezia und das tote Nashorn wurde an die Küste geschwemmt und anschließend ausgestopft. Die Vorlage des von Albrecht Dürer 1515 angefertigten Holzschnitts soll eine Skizze dieses Nashorns gewesen sein.
Der Leichnam Jean-Baptiste
Klébers, berühmter General der
französischen Revolutionsarmee, ein Platz in Straßburg ist nach ihm benannt,
wurde zunächst auf die Burg If gebracht, nachdem er 1800 in Kairo ermordet
wurde. Da man sich in Paris nicht über die Gestaltung der Trauerfeiern einigen
konnte, blieb der Leichnam 18
Jahre lang in dem Chateau If. Erst
1818 wurde entschieden, ihn in Straßburg zu beerdigen. Sein Grabmonument ist
auf dem Kléber-Platz in Straßburg.
Wir fahren am Cap Croisette vorbei. Gegenüber liegt die Insel Íle Maire. Es ist der äußerste Punkt der Bucht von Marseille.
Danach kommt landseitig der Parc national des Calanques mit den fjordartigen Buchten, das Ziel unseres Schiffsausflugs. Als fjordartig werden die Buchten in den Prospekten und Tourist-Informationen beschrieben. Imposant sind die steilen Felsen entlang der Küste, die Steil ins Meer hinabreichen. Es hat uns etwas an Felsen von Los Gigantes auf Teneriffa erinnert, unserem zweiten Zuhause.
Unser Schiff hat mehrere dieser „Fjord“-Buchten angesteuert. Immer schöne Fotomotive. Vor der Bucht von Cassis war der Wendepunkt.
Calanque de Morgiou:
Die Buchten
hatte der Kapitän in gemächlichem Tempo angesteuert. Nach dem Wendepunkt fährt
das Schiff zügig zurück in den Hafen von Marseille. Genug Zeit noch für einen
ausgiebigen Abendbummel.
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