Zu Gerhart Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal
Eine Fahrrad- und Wanderreise in das Hirschberger Tal
und das Riesengebirge in Niederschlesien und Böhmen.
Vom
9. bis 21. August 2022
(6) Wo der Stonsdorfer herkommt
Hirschberg – Dwor Czarne/Schloss Schwarzbach – Palac na Wodzie/Herrenhaus Nieder-Stonsdorf – Stanizow/Stonsdorf - Palac Stanzow/Schloss Ober-Stonsdorf - Palac na Wodzie/Herrenhaus Nieder-Stonsdorf
Heute setze ich meine gestern unterbrochene Radtour fort und
fahre zum Ursprungsort des schlesischen Kräuterlikörs „Echt Stonsdorfer“. Der wurde in Stonsdorf, südlich von
Hirschberg, in einem Brauereigebäude des
Gutes Stonsdorf/Stanizwo erstmals hergestellt. Etwas weiter südlich liegt
das Schloss Ober-Stonsdorf/Palac Staniszow.
Wo der „Stonsdorfer“ herkommt
„Echt Stonsdorfer Bitter“ ist ein Kräuterlikör, den heute die Berentzer-Gruppe (Kornbrennerei aus Haselünne im Emsland) vertreibt. “Erfunden“ wurde er aber in Stonsdorf/Staniszów in Niederschlesien. Bei der Vertreibung 1945 hat der Firmeninhaber das Rezept mitgenommen. Die Gegend um Stonsdorf war (wie Ahrensdorf und Krummhübel, s.u.) bekannt für die Erzeugung von Kräuterauszügen. „Kräuterweiber“ sammelten im Gebirge die Pflanzen, aus denen „Laboranten“ Arzneien und heilende Kräuterliköre destillierten.
1810 kam der Brauereigeselle Christian Koerner in den Besitz eines Likörrezeptes. Zuvor hatte er die Likördestillation in Paris gelernt. Er pachtete das zu der Herrschaft Reuss-Köstritz gehörende Brauereigebäude des Gutes in Stonsdorf und stellte hier einen Kräuterlikör her.
Das Haus Reuss ist ein bis 1918 regierendes Herrschergeschlecht, das auf die
Vögte von Weida zurückgeht (siehe "Tagestour Gera bis Hof" - Radreise Berlin - Verona, im Internet-Blog „Sattel und Schuh“: Link zum Bericht).
Die nicht regierende Linie Reuss-Köstritz besaß in Schlesien mehrere Besitzungen, u.a. das Schloss Stonsdorf.
Sein Sohn verlegte 1868 die Kräuterschnaps-Herstellung in das
benachbarte Cunnersdorf (Malinnik,
heute zu Hirschberg gehörend) und nannte seine Likörfabrik „Stonsdorferei“. Wo diese Fabrik stand,
habe ich nicht herausbekommen.
Die wegen es Regens am Vortag unterbrochene Radtour setze ich heute fort.
Sie beginnt allerdings mit einem weiteren Hindernis. Am Morgen bin ich im Hotel Baron in Hirschberg aufgebrochen. Es ist zunächst die gleiche Richtung wie am Donnerstag zum Schloss Paulinum, nur etwas weiter westlich (auf der Straße Mikiewicza, zum Schloss Paulinum war es die Straße Sudecka). Ich war schon eine Weile gefahren, als das Handy klingelte. Der Chef des Hotels Baron, er spricht sehr gut Deutsch, rief an. Ich hätte das Zimmer für heute nicht mehr gebucht und sie bräuchten das Zimmer, weil das gesamte Haus ausgebucht sei. Ich müsse zurückkommen.
Was war
passiert?
Ich hatte für den 10. bis 14. August gebucht und die Übernachtungen 10., 11.,
12., 13. und 14. gemeint. Die Hotels zählen aber das erste Datum als Anreise-
und das letzte als Abreisetag. Ich hatte also für die Übernachtung am 14. keine
Unterkunft.
Was tun? Ich bat die Mitarbeiterin in der Rezeption (die Tochter des Inhabers?), mir bei der Suche einer anderen Unterkunft behilflich zu sein. Sie telefonierte, sagte mir aber gleich, dass heute ein hoher polnischer Feiertag (Maria Himmelfahrt) sei und alle Hotels wahrscheinlich ausgebucht seien. So war es auch. Also habe ich mich an mein I-Pad gesetzt und über Hotelportale gesucht. Auch hier, für Jelenia Gora gab es kein Angebot. Das nächste Hotel mit freien Zimmern war südlich von Hirschberg, das Palac Na Wodcie /Wasserschloss Stonsdorf. Es lag sogar auf der Strecke nach Stonsdorf, wohin ich heute wollte. Also habe ich es gebucht und hatte für heute Nacht wieder ein Bett.
Bevor ich mit dem beladenen Fahrrad wieder aus Hirschberg hinausgefahren bin, habe ich mir noch schnell das Riesengebirgsmuseum angesehen (die Sachen habe ich solange im Hotel gelassen). Den Museumsbesuch hatte ich für die Rückkehr von der Fahrt nach Stonsdorf geplant und mache ihn jetzt vorher.
Nach dem Museumsbesuch setze ich die Radfahrt Richtung Stonsdorf fort.
![]() |
Die Landschaft - Im Hintergrund das Riesengebirge |
Schloss Schwarzbach / Dwor Czarne (1)
Auf einem von einem Wassergraben umgebenen Hof, den Caspar I. von Schaffgotsch um 1500 erwarb, ließen sich die Schaffgotsch 1559 ein vierflügeliges Schloss im Frührenaissance-Stil bauen. Bereits 1584 wurde es verkauft und hatte wechselnde Besitzer. 1679 wurden das Schloss und das zugehörige Dorf an die Stadt Hirschberg verkauft., die es als landwirtschaftliches Gut verpachtete.
![]() |
Schloss Schwarzbach |
Nach dem Zweiten Weltkrieg verfiel das Gebäude. Ab 1999 wurde es restauriert und ein Ökologisches Zentrum gegründet. Jetzt sah es wieder ungenutzt aus.
Herrenhaus
Nieder-Stonsdorf/Staniszów Dolny - Hotel Palac Wodzie (2)
Nieder-Stonsdorf gehörte zur Gutsherrschaft Stonsdorf des Hauses Reuß-Köstritz. Das Herrenhaus wurde 1787 errichtet und um
1830 umgebaut.
![]() |
Palac Wodzie |
Jetzt ist es als Hotel Palac Wodzie (Wasserpalast) ausgebaut worden, in dem ich übernachte (das Hotel in Hirschberg hatte ich ja nicht mehr). Es ist eines der Wellness-Hotels im Hirschberger Tal, die in schön renovierten Schlössern entstanden sind. Das Zimmer war gut und die Mitarbeiterin der Rezeption sehr freundlich. Allerdings hat das Hotel wahrscheinlich unter dem Einbruch der Corona-Krise gelitten. Die großen Säle für Veranstaltungen wurden nicht genutzt, das Restaurant geschlossen. Beim Frühstücksbüfett war alles auf Selbstbedienung ausgerichtet, selbst das Abräumen des Geschirrs und die Marmelade gab es in Einwegverpackung, was bei einem guten Hotel gar nicht geht.
Vom Hotel Palac Wodzie aus fahre ich weiter nach Stonsdorf und dann wieder zum Hotel zurücl.
Schloss Ober-Stonsdorf /Palac Staniszow (4)
In Stonsdorf, 1395 erstmals erwähnt, hatte die Adelsfamilie Reuss, die aus Weida in Sachsen stammte, drei Landgüter. Ein Nachfahre, Graf Reuss zu Köstritz, ließ 1784 – 1787 das Schloss bauen. Nach 1800 kam ein englischer Landschaftsgarten hinzu, den er von Peter Josef Lenne anlegen ließ. Es war einer der ersten Parks im englischen Stil in Niederschlesien.
![]() |
Palac Staniszow |
Neben dem Schloss Ober-Stonsdorf (4) und dem Herrenhaus/Wasserschloss Nieder-Stonsdorf (2) gehörte das Gut Stonsdorf mit dem Brauereigebäude (3) zur Gutsherrschaft. In dem Brauereigebäude stellte Kristian Koerner seinen ersten Kräuterlikör her, den er später „Echt Stonsdorfer“ nannte.
![]() |
Das ehemalige Brauereigebäude |
![]() |
Likör Staniszowski |
2010 wollte das Schloss zusammen mit dem deutschen Hersteller
des „Echt Stonsdorfer“ in Haselünne das 200-jährige Jubiläum des Likörs feiern.
Doch er erhielt keine Antwort. Daraufhin entschloss er sich, seinen eigenen Stonsdorfer-Likör, den „Staniszowski“ herzustellen.
Ich habe ihn im Schlosshotel probiert und eine Flasche als Souvenir mit nach
Hause gebracht. Er schmeckt ganz gut, wie ein Kräuterlikör halt.
Ein Blick in die Küche: