Berliner Spaziergänge: 
Stölpchensee und Griebnitzsee

Mai 2022

Stölpchensee und Griebnitzsee - 13 Kilometer

Ein Bericht des Historikers Michael Wolfssohn im Tagesspiegel über ein durch Arisierung und Vertreibung der Juden aus Deutschland verlorenes Grundstück am Stölpchensee brachte uns auf den Gedanken, unseren Spaziergang um den Stölpchensee zu gehen. Es wurde dann doch eine kleine Wanderung.  Da die Stölpchensee-Runde ein bisschen kurz ist, hatten wir noch die Umrundung des Griebnitzsees hinzugefügt. 

Mit dem Auto bis zum Biergarten auf der Söhnel Werft am Teltowkanal. Hier starten wir die erste, kleinere Runde um den Stölpchensee. 


Söhnel Werft am Teltowkanal. Ab 1930 baute hier (am West-Berliner Teil des Kanals) Alfred Söhnel die von ihm entwickelten Holzkanadier (Paddelboote) mit in der Hochzeit 10 Mitarbeitern. Das funktionierte bis in die 1960er Jahre. Dann verdrängten die Kunststoffboote die Holzboote. Es lohnte sich nicht mehr. Geblieben ist ein Kanu-Verleih (der aber wegen der Corona-Krise noch ruht).

Jetzt ist auf dem Werft-Gelände ein Biergarten und Restaurant in schöner Lage direkt am Kanal. Nach Corona wird der Biergarten gerade „aufgefrischt“, die Holz-Bänke und Tische werden gestrichen. 

Blick vom Griebnitzkanal auf den Griebnitzsee

Kurz hinter der Söhnel Werft stößt der Griebnitzkanal auf den Teltowkanal. Dahinter ist der Stölpchensee. Am Griebnitzkanal ist der etwas sandige Weg direkt am Kanal und quert den von der Kohlhasenbrücker Straße kommenden Stölpchenweg. Über eine Brücke führt der auf die andere Kanalseite zur Hubertusbaude. Wir bleiben auf dieser Seite und müssen am Stölpchensee das Ufer verlassen. Fast der gesamte Uferstreifen des Stölpchensees ist hier ein Bootsverleih. War, auf dem Gelände werden gerade große Betonbodenplatten gegossen. Das Bauschild verrät den Zweck. Neubau eines Gastronomie- und Beherbergungsbetriebes.

Der Griebnitzkanal zwischen Stölpchensee und Pohlesee
 

Der Stölpchensee gehört zu einer Kette kleiner Seen zwischen dem Großen Wannsee und dem Griebnitzsee (Kleiner Wannsee, Pohlesee, Stölpchensee). Die Seen sind durch den Griebnitzkanal miteinander verbunden. Der wurde mit dem Teltowkanal zusammen 1906 gebaut.

 

Die Seenkette ist durch eine eiszeitliche Schmelzwasserrinne entstanden (letzte Eiszeit, die Weichsel-Kaltzeit, Beginn vor 100.000 Jahren), ähnlich der Grunewaldrinne, die in einer nordöstlichen Linie fast direkt folgt (Schlachtensee, Krumme Lanke, Lietzensee).
 

Die eiszeitliche „Hauptrinne“ ist die Havel und deren Seenkette, zu der auch der Große Wannsee gehört. Zwischen den Seen des Gribnitzkanals und der Havel liegt ein auch von der Eiszeit geformtes Grundmoränengebiet mit dem Schäferberg (mit dem Fernmeldeturm) weiter nördlich und die kleineren Hirschberg und Moritzberg am Griebnitzseeufer. Es ist die sogen. Wannsee-Insel, weil das Gebiet vollständig von den Havelgewässern umschlossen ist.

 

Der Teltowkanal ist eine Südumgehung Berlins, die die Wasserstraßen Elbe und Oder verbindet. Im Westen ist er bei Glienicke mit der Havel verbunden, im Osten über die Dahme mit dem Oder-Spree-Kanal. Die alte Kanalstrecke durch Berlin dauerte wegen der vielen Schleusen sehr lange und war dem steigenden Schiffsverkehr nicht mehr gewachsen.  Gebaut wurde der Kanal von 1900 bis 1906.  Er verläuft teilweise im Flussbett des damaligen Bäkebachs, der am Fichtenberg in Berlin-Steglitz beginnt.

  

Da der Schifffahrtverkehr auf dem Kanal intensiver als geplant wurde, musste sehr früh zur Schonung der Ufer getreidelt werden. Die Schleppkähne wurden von elektrischen Treidellokomotiven gezogen. An der Kanalbrücke in Lichterfelde ist eine solche Treidellokomotive ausgestellt.


Über die Alsenbrücke gehen wir über den Griebnitzkanal am anderen See-Ende.
 

Die Alsenbrücke ist nach der Villenkolonie Alsen benannt, die sie mit der Villenkolonie Neubabelsberg am Ufer des Griebnitzsees verband.

Die Villenkolonie Alsen wurde ab 1863 von Wilhelm Conrad am Großen Wannsee entwickelt. Bekannte Villen sind heute das Haus der Wannseekonferenz und die Liebermannvilla.

Die Villenkolonie Neubabelsberg wurde ab 1871 von den Architekten Böckmann und Ende geschaffen. Bekannt sind die nach dem 2. Weltkrieg während der Potsdamer Konferenz von Churchill, Stalin und Trumann bewohnten Villen (wir kommen im Laufe der Wanderung noch daran vorbei).


Am Seeufer beginnt der Ortsteil Stolpe. Es ist der Ursprungsort des zum Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf gehörenden Stadtteils Wannsee. Das slawische Dorf (slawisch „Stolp“ - Pfahl - bedeutet eine „mit Pfählen befestigte Siedlung“) wurde 1299 erstmals als „Slauicum stolp“ – Slawisch Stolpe - erwähnt.

Dorfkirche von 1859, nach den Plänen des preußischen 

Hofbaurats Friedrich August Stüler errichtet.


Am Tor zum Kirchgarten 
- ein in Berlin nicht unbekannter Hinweis.

Restaurant „Zum grünen Baum“ mit schwäbischer Küche am Wilhelmplatz in Stolpe. Als es noch das „Chopin“ mit
schlesischer Küche war, waren wir öfter dort.

Am Seeufer stehen bunt gemischt einfache, kleine Häuser, alte und neue Villen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie zwischen See und Stölpchenweg stehen. Das Seeufer und dann das Kanalufer sind zugebaut.

Rosenbusch an der Kirche




Auf der Landseite ist hinter einem Waldstreifen der „Ausläufer“ des Golfclubs Wannsee, des wohl besten und teuersten Golfclubs in Berlin (er umschließt u-förmig ein Helmholtz-Zentrum, das frühere Hahn-Meitner-Institut mit dem stillgelegten Forschungsreaktor).

An der Brücke des Stölpchenwegs über den Griebnitzkanal liegen die Hubertusbaude (zurzeit noch geschlossen) und das Hotel Forsthaus. Wir gehen über die Brücke und den Weg am Kanal zurück zum Biergarten der Söhnle Werft. Hier ist erst einmal Kaffeepause. Allerdings, Kaffee gibt es noch nicht. Der neue Pächter/Eigentümer (?) hat nach Renovierung der Gebäude wohl gerade mit dem Gastronomiebetrieb begonnen. Die Kaffeemaschine sei noch nicht da, sagte uns der Mitarbeiter an der Selbstbedienung des Biergartens. Aber Bier und Brezel gibt es.

Kastanienblüte an der Brücke
Der Weg um den Stölpchenweg war uns zu kurz. Also beschließen wir, auch noch um den Griebnitzsee zu gehen. Links herum oder rechts herum ist möglich. Wir entscheiden uns, zuerst an den Villen vorbei zu gehen und auf der Rückstrecke durch den Wald auf der anderen Uferseite.

Auf der Böckmannbrücke (benannt nach dem Architekten Wilhelm Böckmann, Vorsitzender des Architektenvereins zu Berlin, zu dessen Gründern auch der Architekt der Kirche am Stölpchensee, Friedrich August Stüler, gehörte) gehen wir über den Teltowkanal und  an der Bäkewiese vorbei. Die erinnert daran, dass hier vor dem Bau des Kanals der Bäkebach in den Griebnitzsee floss.
 

In die Wiese hinein ist nach der Wende eine exklusive Einzelhaus-Siedlung mit einem Teich in der Mitte gebaut worden, deren Straße nicht einfach Lindenstraße heißt, sondern „Via Tilia“ (Linde, latainisch „Tilia“). Die Linden sind  genau so neu wie die Häuser.

Die „Via“ stößt auf die Stubenrauchstraße, die Grenze zwischen Berlin und Brandenburg, die auch die DDR-Grenze war. Daran erinnert noch ein Mauerstück am Griebnitzsee und eine der vielen Stelen entlang der Mauer mit den Namen der bei der Flucht Getöteten.

Die Grenze und der Grenzweg waren am Südostufer des Griebnitzsees. Der Grenzweg wurde nach der Wiedervereinigung ein Uferweg. Aber teilweise nicht lange. Denn nach einem kurzen Stück endet der Weg an einer übermannshohen Hecke quer zum Weg. Gleich nach dem Mauerfall konnte man noch den ganzen Weg entlang des Ufers gehen. Bis einige Eigentümer der Villen sich darauf besannen und darauf bestanden, dass die Grundstücke vor dem Mauerbau bis an das Wasser reichten. Sie machten den Weg einfach dicht. Der Stadt Potsdam gelingt es bis heute nicht, den alten Uferweg wieder für die Allgemeinheit zu öffnen. Man bemüht sich. Zwei Bebauungspläne der Stadt wurden von Villeneigentümern juristisch gekippt. Nach einem dritten Bebauungsplan dauert es noch weitere Jahre, bis er umgesetzt werden kann. Die Stadt will sich weiter bemühen, sagt die Verwaltung.

Die neue Mauer

Grundstück vor der Hecken-Mauer:
Stilleben mit Sommersessel und zwei Krähen in der Sonne

Wir gehen also, nachdem wir an der Hecken-Mauer umkehren mussten, auf der Straße parallel zum Griebnitzsee weiter. Das hat aber auch einen Vorteil. Wir können uns die Villen auf ihren großen Grundstücken ansehen, vom Fußweg aus, wenn nicht Hecken und Mauern die Sicht begrenzen.

"Trumann-Villa" 
Der amerikanische Präsident übernachtete hier während
der Potsdamer Konferenz. Gebaut als "Haus Erlenkamp"
von dem Verleger der Werke Fontanes, Carl Müller-Grote.


"Churchill-Villa"
Der britische Premierminister übernachtete hier während
der Potsdamer Konferenz. Die Villa wurde für den Mitinhaber
der Deutschen Bank, Franz Urbig, gebaut.
Architekt war Mies van der Rohe.
Seit 2009 gehört die Villa dem SAP-Gründer Hasso Plattner.


Eine andere Villa von Mies van der Rohe, die Villa Mosler.
Gebaut für das Vorstandsmitglied der Dresdener Bank, Georg Mosler. 
Sie soll ebenfalls Hasso Plattner gehören.



Übrig geblieben vom letzten Weltkrieg?

Schließlich sind wir am Beginn des Parks Babelsberg mit dem Schloss Babelsberg. Wir gehen nicht in den Park (das würde zu lange dauern), sondern überqueren den Teltowkanal und erreichen Klein Glienicke (weiter nördlich sind das Jagdschloss und das Schloss Glienicke und die Glienicker Brücke). Hier machen wir in dem schön am Teltowkanal gelegenen Garten-Café eine Pause. Es ist ein Ausflugslokal, in dem viele Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer einkehren. Vielleicht zu viele, der Kaffee war nicht besonders.

Teltowkanal am Park Babelsberg

Von hier aus gehen wir zurück durch den Buchenwald am Nordwestufer des Griebnitzsees, rechts der Blick auf den See, links die ansteigenden Berge (oder Hügel) des Hirschbergs und des Moritzbergs. Bis zur Hubertusbaude und dann den bekannten Weg am Griebnitzkanal zur Söhnel Werft.

Blumen am Weg

Es ist etwas später geworden und wir hatten Sorge, dass der Biergarten schon geschlossen hat. Das wäre nicht schlimm, aber unser Auto hatten wir auf dem Parkplatz hinter dem Tor zur Kohlhasener Straße abgestellt und das hätte bei Betriebsschluss geschlossen sein können. Mit einer kleinen Erleichterung sahen wir nach dem Bogen vom Griebnitzkanal zum Teltowkanal im Biergarten noch mehrere Gäste sitzen. Es war noch warm und viele Ausflügler genossen den Abend am Kanal. Wir hatten das schon am Nachmittag gemacht und gegrillt wurde ja noch nicht im Biergarten (oder nur am Wochenende?). Also fuhren wir wieder direkt nach Hause.


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