Zu Fuß durch die Alpen
Eine Wanderung auf dem Wanderweg Via Claudia Augusta
Mit den Abschnitten:
Einführung
Einführung
Mit dem Fahrrad sind wir (Eva, Eckhard und ich) im Juni 2017 über die Alpen gefahren Zuerst bin ich von Berlin bis München geradelt und dann zusammen von München über den Brenner bis nach Verona. Danach haben wir die Elbe-Radtour von Prag bis Cuxhaven gemeinsam gemacht.
Viele Wege führen nach Rom – auch über die Alpen?
In römischer Zeit hieß es „Viele Wege führen nach Rom“. Aber
über die Alpen, zu den nördlichen Territorien des Römischen Reiches, waren es
so viele nicht.
Den Römerweg über den
Brenner, die Via Raetia, sind wir ja schon mit dem
Fahrrad gefahren. Von München sind wir nach Innsbruck und dann die Route der
Römerstraße bis Verona geradelt. Unsere Frauen Eva und Uschi waren in einem
"Begleitfahrzeug" dabei. Siehe "Radreise Berlin - Verona" in diesem Blog.
Der andere Römerweg
führt von Füssen über die Alpen nach
Meran und ist ein Teil der Via
Claudia Augusta, die Venedig am Mittelmeer mit Augsburg nördlich der Alpen
verband. Die Via Raetia hat die gleichen Endpunkte, überquert die Alpen aber
über den Brenner (Verona - Bozen – Eisacktal - Brenner - Innsbruck - Mittenwald
- Augsburg). Die Via Claudia führt über den Reschenpass und den Fernpass
(Verona – Bozen – Etschtal – Reschenpass – Oberinntal – Fernpass – Füssen –
Augsburg). Sie war die erste Straßenverbindung, auf der römische Soldaten,
Kaufleute und Handwerker über die Alpen zu den nördlichen Territorien reisen
konnten.
Grundlage der Wegplanung
Der Fernwanderweg Via Claudia Augusta war der Ausgangspunkt der Planung. Er wird von der "Via
Claudia Augusta Transnational EWIV" mit Sitz in Füssen betreut. Das ist eine gemeinsame Organisation der nationalen Fernwanderweg-Vereine in
Italien, Österreich und Deutschland. Ich habe mich meist, aber nicht immer, an
die offizielle Wegeführung gehalten. Abgewichen davon bin ich, um interessante
oder historische Gebäude und Wege mit in unsere persönliche Route aufzunehmen.
Gelernt habe ich dabei, was eine
EWIV ist. Das ist eine "Europäische wirtschaftliche
Interessenvereinigung" nach dem Recht der Europäischen Union. Sie wurde
1985 als erste europäische Unternehmensform der damaligen EWG (Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft, 1957 von Belgien, Luxemburg, Niederlande, Frankreich,
Italien und Deutschland gegründet) eingeführt. In Deutschland ist die EWIV eine
Handelsgesellschaft (Personengesellschaften wie OHG und KG und
Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG) im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
Der Römerweg Via
Claudia Augusta
Zur Erschließung des im Jahr 15 vor Christi eroberten Gebietes nördlich der
Alpen (die spätere Provinz Raetia), brauchten die Römer eine Verbindung vom
Römischen Reich in die eroberten Gebiete. Sie nutzten dabei schon bestehende
Alpenpfade der Urbevölkerung, der Volksgruppen der Kelten und Räter. Die Via Claudia Augusta führt von der Adria durch die Poebene, über den Reschenpass, das Oberinntal,
den Fernpass und das Lechtal bis nach Augsburg im süddeutschen Alpenvorland. In
der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christus ließ Kaiser Tiberius
Claudius Augustus (Kaiser von 41 bis 54 nach Chr.) die Römerstraße als
Heerstraße und Handelsstraße ausbauen.
Bis zum Bau einer weiteren Römerstraße über die Alpen, der Via Raetia, im 2. Jahrhundert n.Chr. war sie die bedeutendste Verbindung des
Römischen Reiches zu den Provinzen nördlich der Alpen.
Mit dem Untergang des Römischen Reiches verloren auch die
Verbindungen über die Alpen an Bedeutung. Erst im Mittelalter wurden die
Alpenstraßen wieder intensiver genutzt, so für den Salzhandel. Über die Via
Claudia Augusta wurde ab dem 15. Jahrhundert das Salz aus dem österreichischen
Hall bis zum Bodensee und die Schweiz transportiert. Im Mittelalter zogen die
Deutschen Könige über die Alpen nach Rom, um sich vom Papst zum Kaiser des
Heiligen Römischen Reiches krönen zu lassen. Sie nahmen dabei die Route über
den Fernpass (aber auch über den Brenner). Um die Verbindung zu sichern, belieh
Kaiser Konrad II. 1207 den Bischof von Trient mit zahlreichen Ländereien, so
auch mit dem späteren Südtirol und Trentino (Provinz Triest).
Die Landschaften des Römerwegs - ein Überblick
Die Wanderung beginnt im bayrisch-österreichischen
Grenzgebiet. Füssen gehört zum schwäbischen Landkreis Ostallgäu. Hinter der
bayrischen Grenze beginnt das österreichische Tirol.
Außenfern
Die erste Landschaft der Wanderroute ist das Außenfern, eine
historische Landschaft, die dem heutigen politischen Bezirk Reutte im
österreichischen Bundesland Tirol entspricht. Zum Außenfern gehören das Lechtal
und das Reuttener Becken und daran anschließend die Tallandschaft Zwischentoren
und das Ehrwalder Becken. Danach kommt der Fernpass.
Der Name Außenfern ist von "Außer dem Fern", vor
dem Fernpass, abgeleitet. Besiedelt wurde das Außerfern von Alemannen (aus dem
Schwabenland/Allgäu). Bei der Bildung von Landesherrschaften im Heiligen
Römischen Reich (die Herzogtümer Schwaben, Bayern, Franken, Sachsen usw.
bildeten sich) kam das Außenfern zur Grafschaft Tirol. Die kulturellen und
wirtschaftlichen Beziehungen zum Allgäuer Raum blieben lange bestehen. So war
das Außenfern bis 1816 kirchlich dem Bistum Augsburg unterstellt. (1816 wurde
im Vertrag von München ein Gebietstausch zwischen Bayern und Österreich
geregelt. Bayern gab u.a. das in der Napoleonischen Zeit erhaltene Innviertel
an Österreich zurück).
Das Lechtal von
Füssen bis Reutte ist der erste Abschnitt der Wanderung im Außenfern. Im Westen
des Tales liegen die Allgäuer Alpen. Südlich von Reutte beginnen die Lechtaler
Alpen. Die Lechtaler Alpen sind Teil der Nördlichen Kalkalpen, ein 600
Kilometer langer Gebirgszug vom Bodensee bis Wien, der den Zentralalpen
vorgelagert ist. Im Osten wird das Tal von den Ammergauer Alpen begrenzt.
Nördlich von Füssen ist die Landschaft von Moränen ehemaliger Gletscher
geprägt.
Das Reuttener Becken
schließt an das Lechtal an (Reutte, Ehenbichl). Es entstand
durch einen eiszeitlichen Gletscher, der eine Talsenke schuf.
Hinter Reutte weicht der Römerweg den südlichen Lechtaler
Alpen aus und schwenkt nach Südosten in die Tallandschaft Zwischentoren (Heiterwang, Bichlbach), die zwischen dem Reuttener
Becken und dem Ehrwalder Becken liegt.
(In einem weiteren Sinn wird mit "Zwischentoren"
ein größeres Gebiet zwischen der Ehrenberger Klause und dem Fernpass
bezeichnet).
Das Ehrwalder Becken (Lermoos, Ehrwald, Biberwier) ist wie das Reuttener Becken durch einen Gletscher entstanden. In römischer Zeit war das Becken ein großes Moorgebiet. Östlich des Ehrwalder Beckens ist das Zugspitzgebiet und die österreichisch-deutsche Grenze.
Fernpass und Gurglbach-Tal
Dann folgt der Weg dem Tal des Inn, den Flusslauf aufwärts. Es ist das Tiroler Oberinntal
(Landeck, Pfunds), das vom Schweizer Engadin bis etwa Innsbruck reicht.
Nördlich des Inntals sind die Nördlichen Kalkalpen, südlich die Zentralalpen.
Das Inntal ist eine wichtige Ost-West-Verkehrsachse
(Arlbergbahn, Autobahn Innsbruck, Tiroler Bundesstraße). Durch einen Teil des
Inntals führt auch die Nord-Süd-Verkehrsverbindung (Fernpassstraße, Römerstraße
Via Claudia Augusta).
An einem der Inn-Zuflüsse, dem Stiller Bach, verlässt der Römerweg das Oberinntal und wendet sich
talaufwärts dem Alpenhauptkamm zu,
den er auf dem Reschenpass erreicht. Östlich davon sind die Ötztaler Alpen.
Hinter dem Reschenpass ist die Grenze zwischen Tirol in Österreich und Südtirol
in Italien.
(siehe ausführlicher: Radreise Berlin - Verona. 7. Teil
Geschichte (5) Tirol)
Vinschgau
Südlich des Reschenpasses beginnt der Vinschgau mit dem Reschensee und der oberen Etsch bis zur Etsch-Talstufe Töll. Dann
folgt der Meraner Talkessel, der zum
Burgenland gehört.
Der Vinschgau/Val Venosta war schon im Frankenreich (772
n.Chr.) eine Verwaltungseinheit, ein Gau. Der Hauptort ist Schlanders.
Der Name geht auf den in dem Tal in Vorzeiten ansässigen
Stamm der Venosten zurück. In den Jahren 16 und 15 v.Chr. wurden die Venosten
während der römischen Alpenfeldzüge besiegt und in die römische Provinz Raetia
(das heutige Graubünden und das Alpenvorland bis zur Donau) eingegliedert.
Im 11. Jahrhundert
entstand die Grafschaft Tirol mit dem Vinschgau und dem Burggrafenland (Meran).
Später kamen das Inntal und das Eisacktal dazu. Im 12. Jahrhundert erfolgte die
deutschsprachige Besiedlung durch das Kloster Marienberg.
Bis zum 1. Weltkrieg gehörte der Vinschgau und das
Burggrafenland politisch zur Grafschaft Tirol und zur Habsburger Monarchie.
Das Etsch-Tal verläuft in der Hauptsache (ab Mals) in
West-Ost-Richtung. Die auf der Nordseite liegenden Berge werden als Sonnenberg
bezeichnet, die im Süden liegenden Berge sind die Nördersberge. Durch die
südexponierte Lage ist der Sonnenberg sehr trocken. Eine landwirtschaftliche
Nutzung ist nur mit Bewässerung möglich. Dadurch sind dort viele
Bewässerungskanäle entstanden, die Waale, die das Wasser höher gelegener Bäche
und Quellen verteilen. Durch das milde Klima gedeihen am Sonnenberg Wein und
Esskastanien.
Der Talgrund war früher die Kornkammer Tirols. Nach dem 1.
Weltkrieg wurde die Landwirtschaft überwiegend vom Obstanbau (Äpfel) geprägt.
Die Felder waren für eine maschinelle Bearbeitung zu klein und oft auch zu
steil. Von 30.000 Hektar Getreideflächen blieben 243 Hektar übrig (Jahr 2.000).
Es folgt das Meraner Becken, ein Talkessel der Etsch, das
politisch das Burggrafenamt ist.
Das Burggrafenamt/Burgraviato war das Kerngebiet der
historischen Grafschaft Tirol. Den Namen Burggrafenamt hat der schon im
Mittelalter bestehende Verwaltungsbezirk erhalten, weil er direkt dem
Burggrafen zu Tirol unterstellt war.
Neben Meran gehören heute wegen ihrer Nähe zu Meran auch
Orte des Vinschgaus Partschins und Naturns zum Burggrafenamt.
(1) Durch das Lechtal und das Reuttener Becken
Anreise nach Füssen. Beginn der Wanderung im Lechtal, 1. Wandertag, und Fortsetzung am 2. Wandertag von Reutte bis nach Lermoos am Beginn des Ehrwalder Beckens.
Anreisetag: Füssen
Füssen
15.500 Einwohner, Deutschland, Freistaat
Bayern, Regierungsbezirk Schwaben, Landkreis Ostallgäu.
Die Entstehung des Ortes ist eng mit der
Römerstraße Via Claudia Augusta verbunden. Fundamentreste eines römischen
Kastells stammen aus dem 4. und 5. Jahrhundert. Der Name der Stadt ist von dem
Namen des römischen Militärlagers "Foetibus/Foetes" (Lateinisierung
des germanischen "fot", Fuß, - zu Füßen der Berge) abgeleitet.
Im 5. Jahrhundert endete die römische
Herrschaft. Nach dem Ende des
Weströmischen Reiches kamen die Ostgoten und später gehörte Füssen zum
Fränkischen Reich.
Die zivile Entwicklung begann mit dem St.
Gallener Mönch Magnus und der Gründung eines Klosters durch die Augsburger Bischöfe.
Das Ostfränkische Reich errichtete eine
Vogtei. 1294 erhielt Füssen das Stadtrecht.
1803 kam Füssen im Zuge der Säkularisierung
als Teil des Fürstbistums Augsburg zum Herzogtum Bayern, 1806 bekam das inzwischen Königreich gewordene Bayern auch
das Kloster Mang.
Frankreich hatte 1794 die deutschen linksrheinischen Gebiete besetzt. 1801 wurden diese Gebiete dem französischen Staatsgebiet zugeordnet. Als Entschädigung für dort verlorene Herrschaften erhielten die Fürstentümer des Heiligen Römischen Reiches enteigneten Kirchenbesitz (Säkularisierung) im übrigen Reich. Geregelt wurde das mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803, der neben der Enteignung (Säkularisierung kirchlichen Eigentums) auch die Auflösung kleinerer Fürstentümer (Mediatisierung - das Eigentum blieb erhalten, nur Souveränitätsrechte gingen verloren) vorsah.
Kloster Sankt Mang
Anfang des 17. Jh. wurde die unregelmäßig gewachsene Klosteranlage im
Barockstil überformt. Die mittelalterliche Basilika wurde eine nach
venezianischen Vorbildern gestaltete Barockkirche.
In der Napoleonischen Zeit wurde das Kloster 1803 säkularisiert. Später ging die Klosterkirche als Schenkung an die Pfarrei Füssen (1837). Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte die Stadt Füssen die Klostergebäude und nutzt sie als Rathaus und für ein Museum.
Hohes Schloss
Schon in römischer Zeit stand auf dem Berg ein Kastell. Der Bayrische Herzog errichtete Ende des 13. Jahrhunderts eine Burg, um seine Ansprüche über das Füssener Gebiet abzusichern. Wenig später erwarb das Augsburger Hochstift die Burg.
Heute ist ein Teil des Schlosses Finanzamt und Museum.
Franziskaner Kloster
Heilig-Geist-Kirche
Altstadt
Im Jahr 2000 wurde das Festspielhaus Neuschwanstein am Ufer
des Forggensees für das Musical Ludwig II., König von Bayern, gebaut. In der
Nähe von Füssen sind die bayrischen Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau.
* * *
1. Wandertag: Füssen – Reutte
Der Lech ist ein südlicher
Nebenfluss der Donau. Die Quelle ist im österreichischen Bundesland Vorarlberg.
Er fließt durch Tirol und Südbayern. Größere Städte am Lech sind Füssen,
Landsberg und Augsburg.
Nördlich von Füssen
fließt der Lech durch den Forggensee.
Der ist als Stausee nach dem Bau der Staumauer an einem Lech-Durchbruch bei
Roßhaupten in einem eiszeitlichen Becken entstanden. In römischer Zeit war hier
die Via Claudia Augusta. Beim winterlichen Abstau des Sees ist der Straßendamm erkennbar.
Der Lechfall ist ein 12 Meter hohes Stauwehr am Ende einer Klamm (eingeschnittenes Tal), das Ende des 18. Jh. zur Nutzung der Wasserkraft gebaut wurde. Über einen Stollen wird das Wasser auf zwei Turbinen (Neubau 2007) unterhalb des Stauwehrs geleitet.
Den Flussbogen des Lech kürzen
wir ab, gehen dafür aber ein Stück den Berghang hinauf. Es ist eine von zwei
Steigungen der Wanderstrecke. Die andere ist die Sternschanze hinter Oberpinswang.
Sonst ist der Weg eine ebene Talstrecke.
In den Bergen südlich von Füssen, im
Gebirgsstock bei Pinswang, bauten die Römer den dort vorkommenden
gelblichgrauen Marmor ab. Ein
Sarkophag, der heute in Kempten ausgestellt wird, stammt aus der Felswand über Pinswang.
Etwas weiter südlicher, beim Gutshof zum Schluxen, wurde im 15. Jahrhundert Eisenerz abgebaut.
Es folgt die Ruine der Sternschanze am Kniepass. In der Zeit
des 30-jährigen Krieges war sie als Vorwerk der Festung Ehrenberg gebaut
worden. Die Burg Ehrenberg sicherte die nördliche Grenze Tirols. Über den
Kniepass führte der Weg von Reutte nach Füssen.
Über die Ortsteile Pflach und Hüttenbichl ("Bichel" - Hügel) gehen wir in die Stadt Reutte hinein. Im Ortsteil
Pflach (der Name kommt aus dem mittelhochdeutschen „vlach“ – Ebene) bestand im
16. Jahrhundert eine Messinghütte. Das Kupfer kam vom Unterinn, das Zinkerz aus
der Umgebung des Fernpasses.
Reutte
Der Name Reutte bezeugt den Ursprung der Gemeinde, eine Rodungssiedlung. Als "Ruthi
prope Breitenwanch" (Reutte bei Breitenwang) wird der Ort 1278 bezeichnet.
Damals war der Nachbarort Breitenwang bedeutender.
Ursprünglich führte die Via Claudia Augusta nicht durch
Reutte, sondern durch Breitenwang
(Name: Breiter Wiesenhang). Erst als die
Straße verlegt und bei Reutte eine Brücke über den Lech gebaut wurde (1464),
verlagerte sich die Bedeutung von Breitenwang nach Reutte. 1471 (anders: 1612) wurde Reutte "Rodstation", dann Markt (1489) und
knapp ein Jahrhundert später (1553) Gerichtssitz anstelle der Festung
Ehrenberg. Unter Kaiserin Maria Theresia wurde Reutte 1754 Hauptort eines neuen
Kreises Oberinntal (mit Imst und Landeck und Teilen des heutigen Südtirols).
Kirchlich blieb Reutte allerdings bis 1945 Teil der katholischen Pfarre
Breitenwang.
Wirtschaftliche Bedeutung erlangte Reutte
durch den Salzhandel. 1649 wurde
Reutte Hauptniederlagsort für den Salzhandel. Der dadurch entstandene Wohlstand
hielt bis etwa 1800 an.
1921 gründete Paul Schwarzkopf in Reutte die Metallwerk
Plansee GmbH. Das Unternehmen stellt Molybdän und Wolfram und damit
beschichtete Werkzeuge und Formteile her (auch Komponenten für
Brennstoffzellentechnologie, hochtemperaturbeständige Bauteile für LEDs,
Spezialbeschichtung für Raumfahrzeuge) und gilt als Weltmarktführer. Rund
1.000 Mitarbeiter.
Die Salzstraße
Das Salz wurde in Fässern mit Pferd und
Wagen, im Winter auch mit Schlitten, von Rodstation zu Rodstation
transportiert, die eine Tagesstrecke (ca. 30 Kilometer) auseinanderlagen.
"Rod" bedeutet Reihe und bezieht
sich auf die Reihenfolge, in der die Fuhrwerksbesitzer die Transporte durchführen durften. Die Rodordnung reglementierte auch, wer das Salz transportieren
durfte. Auf der Strecke zwischen Reutte und Füssen durften zu einem Drittel nur
Fuhrleute aus den Pfarrbezirken Breitenwang und Aschau fahren, zwei Drittel der
Fracht stand den Fuhrleuten aus dem Pfarrbezirk Reutte zu. Jeder Fuhrmann
durfte nur eine Fahrt pro Tag machen. Sollten die Fuhrleute aus den drei
Pfarreien den Transport nicht schaffen, durften andere übernehmen.
Für die Straßenbenutzung musste Zoll gezahlt
werden. Eine solche Zollstelle war die Ehrenberger Klause.
Nach 1800 wurde das Haller Salz über den
Arlberg transportiert. Die Rod-Fuhrleute verloren ihre Arbeit. Die Männer
mussten darum im Sommer als Handwerker ins Ausland gehen. Schulpflichtige
Kinder wurden zum Verhüten in das Schwabenland geschickt (Schwabenkinder - Der
Film "Schwabenkinder" von 2003 zeigte anschaulich das Elend dieser
Kinder). Die wirtschaftliche Situation wurde erst besser, als 1825 eine Leinenfaktorei
angesiedelt wurde und später Baumwollspinnereien.
Südtirol-Siedlung:
* * *
2. Wandertag: Reutte - Lermoos
In Reutte verlassen wir das Lechtal und folgen einem kleinen Bach hinauf zur Burgruine Ehrenberg.
Als Sicherung Tirols gegenüber Bayern
entstand die Burg Ehrenberg Ende des 13. Jahrhunderts am Nordrand der Lechtaler
Alpen, oberhalb des rechten (westlichen) Inntals. Im Laufe der Zeit wurde sie
Teil eines größeren Festungskomplexes.
Weiter oberhalb der Burg ist die Festung
Schlosskopf, Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut.
Unterhalb der Burg wurde ein befestigtes
Gebäude, die Ehrenberger Klause, zur Sperrung des Tals und als Maut- und
Zollstelle errichtet.
Im 17. Jahrhundert kam auf der anderen
Talseite das Fort Claudia hinzu (benannt nach der Erzherzogin von Österreich,
Claudia de Medici).
Nicht lange danach, 1782, gab Kaiser Josef
II. (Sohn Maria Theresias) die gesamte Festungsanlage auf, wie fast alle
anderen Tiroler Festungen auch. Die Festungsgebäude wurden als Steinbruch
verkauft.
Dann gehen wir hinunter nach Heiterwang. Hier beginnt die Landschaft Zwischentoren. Die Fernpassstraße begleitet uns in einigem Abstand. Der Ort ist seit Ende des 13. Jh. bekannt. Es war eine Pferdewechselstation der Handelsstraße. Der Name Heiterwang kommt von "Aytenwanch" (Brennesselwiese).
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Postsäule an der Via Claudia Augusta - allerdings nicht aus der Römerzeit. Der Meilenstein stammt aus dem 19. Jh., "10 deutsche Meilen von Innsbruck", ca 75 Kilometer. |
Wir gehen zwischen Heiterwang und Bichlbach ziemlich genau auf der Route der alten Via
Claudia Augusta.
In
Römerzeiten diente sie als
Heerstraße der Versorgung der vom Römischen Reich eroberten Gebiete nördlich
der Alpen.
In
der Zeit des Heiligen Römischen Reiches benutzten die Deutschen Könige und Kaiser den Weg bei ihren Reisen nach
Rom. Kaiser Lothar III. von Supplinburg (1075 – 1137) starb in Breitenwang (bei
Reutte) 1137 auf der Rückreise von seinem 2. Italienfeldzug (sein Leichnam
wurde in den Kaiserdom in Königslutter (bei Helmstedt in Niedersachsen
überführt).
Im
Mittelalter verlief der Orienthandel
(Gewürze, Wein, Baumwolle aus Ägypten) zwischen Venedig und Augsburg auf der
Handelsstraße.
Tiroler Salz wurde ab 1200 (bis zum Bau der Eisenbahn über den Arlberg 1884) in die Österreichischen Vorlande (Habsburger Besitz in der Schweiz, Voralberg, Baden-Württemberg, bayrisches Schwaben) transportiert. Um 1660 waren es täglich über 40 Wagen nur mit Salz, die durch das Außenfern befördert wurden.
Vor Bichlbach:
Um 1300 wurde hier Waschgold gefunden. In
der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde Blei abgebaut. Bergmänner siedelten
sich an.
Als die Bleivorkommen erschöpft waren,
mussten die Bergleute als Handwerker in Schwaben arbeiten. 1694 gründeten sie
eine Handwerker-Zunft. Bevor sie auf Wanderschaft gingen, trafen sie sich in
der Josefkirche. Sie wurde eine Zunftkirche, die einzige in Österreich. 1732
wurde sie zu einer barocken Kirche ausgebaut.
Bichlbach war die südlichste Pfarrei des
Bistums Augsburg an der Grenze zum Bistum Brixen.
Wir wandern auf dem Höhenweg am östlichen Rand der Tallandschaft. Unten im Tal liegen die Dörfer Wengle und Lähn, die noch zu Bichlbach gehören. Der Ortname Lähn bedeutet Lawine und erinnert daran, dass der Ort durch eine Lawine vollständig zerstört wurde (1456 und 1689). Südlich des alten Platzes wurde der Ort weiter unten im Tal neu gebaut. In neuerer Zeit wurde ein Lawinen-Schutzwall angelegt.
Die Berge immer im Blick:
Bei Lermoos gehen wir hinunter in das Tal. Lermoos liegt am nordwestlichen Beginn des Ehrwalder Beckens.
Der Ort liegt am Nordwest-Rand des Ehrwalder
Beckens (Ehrwald am östlichen Rand). In früherenn Zeiten waren große Teile des
Talkessels ein großes Moorgebiet, das Lermooser Moor.
Lermoos gilt als einer der ältesten Orte
nördlich des Fernpasses. Als "Larinmoos" wird er im 11. Jahrhundert
urkundlich erwähnt. Die Lage an der Römerstraße
und später an der Salzstraße machten
Lermoos wirtschaftlich bedeutsam. Es war Rodstation
mit einem "Salzstadl". Mit der Verlagerung der Salzstraße über
den Arlberg verlor Lermoos wie Reutte seine Bedeutung.
* * *