Stadtwanderung
im Großen Tiergarten
Eine Wanderung am Rand des Großen Tiergartens in Berlin-Mitte. Nördlich des Tiergartens fließt in mehreren großen Windungen die Spree, im Südwesten verläuft der Landwehrkanal, am östlichen Abschluss steht das Brandenburger Tor.
Der Große Tiergarten entstand ab Mitte des 16. Jahrhunderts in der
Nähe des Berliner Schlosses. Er wurde das Jagdrevier der Brandenburger
Kurfürsten. In dem eingezäunten Gebiet wurden Wildtiere gehalten. Ende des 17.
Jahrhunderts wurde der Tiergarten durch einen Verbindungsweg zwischen dem
Stadtschloss und Schloss Charlottenburg geteilt (heute Straße des 17. Juni).
Friedrich der Große mochte die Jagd
nicht und ließ den Park zu einem Lustgarten
für die Bevölkerung umgestalten. Es wurde eine Fasanerie errichtet, der
Ursprung des heutigen Zoologischen Gartens.
Anfang
des 19. Jahrhunderts erhielt der Tiergarten durch den Generalgartendirektor Peter Joseph Lenné seine heutige Gestaltung
in Anlehnung an englische Gartenanlagen.
Im 2. Weltkrieg und danach wurde alles zerstört. Die Bäume wurden als
Heizmaterial gefällt. Von einst 200.000 Bäumen waren noch 700 übriggeblieben. Die
Wiederaufforstung erfolgte dann bis 1959.
Mit 210 Hektar ist er der größte Berliner Park. Großer Tiergarten heißt er, weil es auch einen anderen Tiergarten in der Nähe gibt, den Kleinen Tiergarten in Moabit.
Gestartet sind wir, Uschi und ich, am Gerickesteg über die Spree (1) an der S-Bahnstation Bellevue am Rand des Tiergartens. Auf den Gerickesteg läuft die Calvinstraße von der Straße Alt Moabit her zu. Hier war unsere erste Berliner Wohnung. Das Haus hat sich nicht verändert. Mehrere andere Wohngebäude sind aber in den letzten Jahren saniert oder neu aufgebaut worden. Im 2. Weltkrieg waren eine Reihe von Baulücken entstanden, die 1959 mit dem Berliner Aufbauprogramm geschlossen wurden.
Auf der Tiergarten-Seite der hier kanalartig ausgebauten Spree gehen wir in östliche Richtung. Vorbei am Schloss Bellevue (2), dem Sitz des Bundespräsidenten.
Nach
Kriegszerstörung und Wiederherrichtung (historisch ist nur noch der Ballsaal
von Carl Gotthard Langhans) wurde Schloss Bellevue ab 1957 neben der Bonner
Villa Hammerschmidt zweiter Amtssitz, ab 1994 der einzige Amtssitz des Bundespräsidenten.
Gewohnt hat aber nur ein einziger Bundespräsident in dem Präsidenten-Sitz. Das war Roman Herzog.
An der folgenden John-Forster-Dulles-Allee kommen wir am Tritonbrunnen (3) vorbei.
Ende
des 19. Jahrhunderts wurde der Park mit mehreren Denkmälern und Skulpturen
geschmückt.
So der Tritonbrunnen (Triton ist ein Meeresgott in der griechischen Mythologie) auf dem Großfürstenplatz. Um den Brunnen wurden allegorische Darstellungen der (damals) deutschen Ströme Weichsel, Oder, Rhein und Elbe aufgestellt. Als Großfürstenplatz wurde der Platz damals anlässlich der Verlobung des Großfürsten Paul genannt, der später in der Nachfolge Katharina der Großen russischer Zar wurde.
Gegenüber, auf der nördlichen Spreeseite ist die sog. Schlange, ein nach der
Wiedervereinigung gebaute, schlangenförmige Wohnanlage, damals vorrangig für
Bundesbedienstete.
Bis zum Haus der Kulturen der Welt (4). Von hier aus gehen wir zur Dulles-Allee zurück, am Glockenturm mit dem Carillon (5) (Glockenspiel) und weiter Richtung Brandenburger Tor (7). Weiter rechts von uns ist die Straße des 17. Juni und das Sowjetische Ehrenmal (6).
Dort
wo heute das Haus der Kulturen der Welt steht, befand sich schon in den Anfangsjahren
des Tiergarten-Parks ein erstes Ausflugsziel. Es durften Zelte aufgestellt
werden, in denen an Spaziergänger Erfrischungsgetränke verkauft werden durfte. Zunächst
durften es nur Zelte sein, später durften feste Bauten errichtet werden. In
Anlehnung daran hieß der Platz lange Zeit „In den Zelten“.
Die
Genehmigung für die ersten zwei Zelte erteilte König Friedrich II.
höchstpersönlich zwei hugenottischen Flüchtlingen. Ende des 19. Jahrhunderts
war es eine gute Wohngegend, u.a. die Schriftstellerin Bettina von Arnim, die
Pianistin und Komponistin Clara Schumann und der Theaterregisseur Max
Reinhardt wohnten hier.
Im 2. Weltkrieg wurde alles zerbombt.
Das Haus der Kulturen der Welt wurde 1957 als Kongresshalle gebaut. Sie war der amerikanische Beitrag zur Internationalen Bauausstellung Interbau (s.u. Hansaviertel). Mit ihrer geschwungenen Stahlbeton-Konstruktion ist sie ein herausragendes Beispiel der Architektur der Moderne. Seit 1989 wird das Haus als Ausstellungsort für zeitgenössische Kunst genutzt.
Sinti und Roma Denkmal neben dem Reichstagsgebäude
Das Sowjetische Ehrenmal ist eines von 4 Ehrenmalen zur Erinnerung an die getöteten Soldaten der Sowjetischen Armee in Berlin. Es wurde 1945 als Grabstätte für etwa 2.000 von insgesamt 80.000 im Kampf um Berlin gefallenen sowjetischen Soldaten und als Zeichen des Sieges errichtet.
In dem Vertrag zur Wiedervereinigung (Zwei-plus-vier-Vertrag) hat sich die Bundesregierung zum Erhalt der sowjetischen Kriegsdenkmale verpflichtet.
Rückwärtiger Eingang zum Ehrenmal
Das Brandenburger Tor wurde Ende des
18. Jahrhunderts als Triumphtor errichtet.
Es ist das einzige noch erhaltene Tor der ursprünglich 18 Akzisetore (die
Akzise wurde bis 1860 erhoben). Im nördlichen Anbau residierte die
Steuerbehörde, im südlichen Anbau war die Unterkunft für die Tor-Wache. Die
Wache kontrollierte den Zu- und Eingang und sie sollte desertierende Soldaten
aufhalten.
Geschmückt wurde es mit der Quadriga mit der Siegesgöttin Viktoria. Nach Napoleons Einzug in Paris wurde die Quadriga abmontiert und nach Paris gebracht. Der Direktor des Musée Napoleon (das heutige Louvre) hatte den Auftrag, in den eroberten Gebieten Kunstschätze für das Museum zu beschlagnahmen. 1814 holte sich Preußen nach den gewonnenen Befreiungskriegen die Quadriga zurück. Im 2. Weltkrieg wurde das Tor und die Quadriga stark beschädigt. Anhand eines Gipsabdrucks konnte sie aber neu hergestellt werden. 1958 wurde sie wieder auf das Brandenburger Tor gestellt, ohne den Preußenadler und das Eiserne Kreuz. Die Embleme wollte man in der DDR nicht sehen. Nach der Wiedervereinigung erhielt die Siegesgöttin das Eiserne Kreuz und den Adler zurück.
Wir gehen weiter am Rand des Tiergartens entlang, der hier von der Ebertstraße und der Lennéstraße, die in die Tiergartenstraße übergeht, begrenzt wird. Zwischen der Lenné- und der Tiergartenstraße beginnt der Tiergarten-Straßentunnel. Wir kommen am Goethe Dekmal (8) vorbei, queren die große Sichtachse des Tiergartens, die Bellevue-Allee (9). Sie verläuft quer durch den Park bis zum Schloss Bellevue. Danach kommt an unserem Weg die Luiseninsel (10). Wir gehen am Wassergraben weiter, kommen zum Rosengarten (11) und der Adlerbrücke (12) und überqueren dann die Hofjägerallee und die Sichtachse zur Siegessäule (13), erreichen das Café am Neuen See (14). Hier legen wir eine Pause ein. Die Tische im Restaurant-Garten fast vollständig besetzt – aber wir haben ja unsere Impfungen.
Die Luiseninsel wurde 1809 zu Ehren der
preußischen Königin Luise angelegt. Das Königspaar war aus dem Königsberger
Exil nach Berlin zurückgekehrt. Nach Königsberg am östlichen Rand des
preußischen Reiches waren sie vor Napoleon geflohen.
Zunächst
stand dort nur eine Stehle. 1880 kam dann das Marmorstandbild hinzu.
Der Rosengarten wurde Anfang des 20.
Jahrhunderts von dem Rosenzüchter Peter Lambert aus Trier angelegt.
Auf
ihn geht auch die Gründung des Rosariums in Sangerhausen zurück. Der Verein
deutscher Rosenfreunde wurde von ihm mitgegründet.
Im Rosengarten:
Den Biergarten "Café am Neuen See" gibt es seit 1896. Der Neue See wurde als Teil des Tiergartens 1839 angelegt. Hinzugekommen ist ein Restaurant im Landhausstil, das mit dem Restaurant Borchardt am Genarmenmarkt verbunden ist.
Im Cafe am Neuen See treffen sich einmal im Jahr (außer in den Corona-Jahren ehemalige Mitarbeiter der GSW (Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft). Das städtische Unternehmen wurde 2004 vom Senat von Berlin verkauft und 2013 von der Deutschen Wohnen übernommen. Die Mitarbeiter wurden teilweise übernommen, teilweise wechselten sie zu andern Unternehmen. Der "harte Kern" trifft sich immer noch.
Gegenüber dem Neuen See ist das Gebäude der spanischen Botschaft, ein mächtiger Bau im neoklassizistischen Stil, in der NS-Zeit gebaut. Es ist Teil des Botschafts-Viertels am Rande des Tiergartens.
Wir gehen am Ufer bis zur Schleuseninsel (Schleuse des Landwehrkanals am Einlauf zur Spree). An dem Weg bis zur Straße des 17. Juni sind historische Gaslaternen (16) aus Berlin und anderen Städten aufgestellt (inzwischen aber teilweise reparaturbedürftig). Querung der Straße des 17. Juni, vorbei am Hansaviertel (17) und weiter zum Englischen Garten (19.
Das Hansaviertel ist im Rahmen der Internationalen Bauausstellung 1957
entstanden. Es entstanden rd. 1.200 Wohnungen in Hoch- und Flachbauten in einer
aufgelockerten und durchgrünten Bauweise. Berühmte Architekten wie Egon Eiermann, Walter Gropius, Oscar Niemeyer und Max Taut waren beteiligt.
Der Englische Garten in der Nähe des Bellevue-Parks
wurde nach dem Krieg mit einer Baumspende (5.000 Bäume) englischer Bürger und des
englischen Königs wieder aufgeforstet.
Das
Teehaus im Englischen Garten wurde auf den Fundamenten des Hauses von Gustav
Gründgens gebaut, das er sich als Generalintendant der Preußischen
Staatstheater (im NS-Reich) im Park des Schlosses Bellevue gebaut hatte.
Dann sind wir gleich am Rand des Gartens von Schloss Bellevue und
kommen wieder zum Gerickesteg.