Stadtwanderung
2. Etappe
2. Etappe: Moritzplatz bis Südstern
Auf einer Brachfläche neben dem Moritzplatz entstanden 2009 die Prinzessinnengärten mit ökologischem Gartenbau. Zurzeit ist das Projekt umstritten, warum ist mir nicht ganz klar.
In der Nähe, in der Sebastianstraße, erinnert eine Gedenktafel an die Berliner Mauer und an einen der Fluchttunnel unter der Mauer (29). Der 1962 in der Sebastianstraße Nr. 82 bis zur Heinrich-Heine-Straße gebaute Tunnel wurde verraten und einer der Tunnelbauer wurde von der Stasi erschossen.
Wir gehen über den Alfred-Döblin-Platz (28) und kommen zum Luisenstädtischen Kanal (30).
„Berlin Alexanderplatz – Die Geschichte von Franz Biberkopf“ ist ein bekannter Roman von Alfred Döblin, der auch verfilmt wurde. Alfred Döblin (1878 – 1957) war Psychiater und Schriftsteller, lebte in Berlin, musste als Jude während des 3. Reiches emigrieren, wurde im Nachkriegsdeutschland nicht heimisch und zog 1953 nach Frankreich.
Am Alfred-Döblin-Platz steht ein Rest-Gebäude der ehem. Makthalle VII (28), 1888 eröffnet. Die Markthalle reichte von der Dresdener Straße bis zum heutigen Legiendamm am Luisenstädtischen Kanal (in dem anderen erhaltenen Gebäudeteil ist heute das Restaurant „Zur kleinen Markthalle“). Der größte Teil der Markthalle wurde im zweiten Weltkrieg zerstört. Der erhaltene Gebäudeteil an der Dresdener Straße wird seit 1947 als Wohnhaus genutzt.
Der Luisenstädtische Kanal ist ein historischer Kanal, der von 1848 bis 1852 im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme nach der Märzrevolution gebaut wurde. Er verband die Spree (an der Schillingsbrücke) mit dem Landwehrkanal (am Urbanhafen). Eine große Bedeutung für die Schifffahrt erlangte er nicht. 1926 wurde er (auch im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme) zugeschüttet und als Gartenanlage umgestaltet, bis auf das Engelbecken, das erhalten blieb. Der ehemalige Kanal und die jetzige Gartengestaltung verbindet das Engelbecken mit dem Oranienplatz und dem Wassertorplatz.
Das Engelbecken erhielt seinen Namen nach einer Statue des Erzengels Michael über dem Giebel der Sankt Michael Kirche (31) am Engelbecken. Sie wurde 1856 als katholische Kirche fertiggestellt, zunächst als Militärkirche. Es ist die drittälteste katholische Kirche, die nach der Reformation in Berlin gebaut wurde (die älteste katholische Kirche ist die Nikolaikirche im Nikolaiviertel in Berlin-Mitte, danach wurde 1747 mit dem Bau der St. Hedwigs Kathedrale begonnen). Die Kirche wurde im 2. Weltkrieg stark beschädigt und nicht vollständig wiederaufgebaut. Nur die Außenmauern, der Eingangsbereich und die Kuppel blieben erhalten.
Wir gehen weiter zum Bethaniendamm und dem Mariannenplatz. Dabei kommen wir an dem ehemaligen Gewerkschaftshaus der Transportarbeiter, dem „Haus des Deutschen Verkehrsbundes“, auch als Taut-Haus (32) bezeichnet, vorbei.
Das Taut-Haus, ein sechsgeschossiger Stahlbeton-Skelettbau, von den Architekten Bruno und Max Taut geplant, wurde 1932 fertiggestellt.
Das Taut-Haus wurde nach der Machtergreifung der Nazis im Dritten Reich enteignet und der NS-Gewerkschaft „Deutsche Arbeitsfront“ zugeführt. Nach dem Krieg erhielten die Gewerkschaften das im 2. Weltkrieg ausgebrannte Gebäude zurück. Heute sind darin Wohnungen.
Bruno Taut (1880 – 1938) war ein bedeutender Architekt und Stadtplaner. In Berlin hat er u.a. die Großsiedlungen Hufeisensiedlung in Britz und die Siedlung Onkel Toms Hütte in Zehlendorf geplant.
Ein anderes ehemaliges Gewerkschaftshaus befindet sich in unmittelbarer Nähe. Es ist das erste Gewerkschaftshaus in Deutschland, ein Backsteinhaus aus dem Jahr 1900. Das Haus wurde damals für 92 freigewerkschaftliche Einzelverbände gebaut. Initiiert und finanziert wurde der Bau von Leo Arens (1860 – 1919). Arens war Physiker (die Quecksilberdampflampe der AEG wurde von ihm entwickelt) und war als Sozialdemokrat Mitglied der Berliner Stadtverordnetenversammlung.
Nach dem 2. Weltkrieg war das Städtische Krankenhaus Berlin-Mitte in dem Gebäude. Nach der Wiedervereinigung wurde es für kurze Zeit vom Institut für Tropenmedizin genutzt. Um das Jahr 2.000 wurde das Gebäude für Eigentumswohnungen umgebaut.
Vor dem Mariannenplatz kommen wir in der Waldemarstraße an einem der traditionellen Berliner Gewerbehöfe vorbei (33)
Am Südende (Waldemarstraße) steht der Feuerwehrbrunnen (35). Eine lustige Figurengruppe zeigt die Arbeit der Feuerwehr (mit übergroßen Nasen, weil sie ja Brände riechen müssten, so der Künstler). Geschaffen wurde der Brunnen von dem Bildhauer, Maler und Schriftsteller Kurt Mühlenhaupt. Seine Bilder werden gerade in den Gewölben unter dem Kreuzberg ausgestellt (s.o).
Mittelpunkt des Mariannenplatzes ist das Künstlerhaus Bethanien (36). Das Künstlerhaus wurde als Diakonissen Krankenhaus Bethanien Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut. Die Stadt Berlin wuchs. Das Köpenicker Feld wurde bebaut. Die ehemalige Luisenstadt entstand. Für die wachsende Bevölkerung reichte das Krankenhaus Charité nicht mehr aus.
Im Krankenhaus Bethanien arbeitete Theodor Fontane kurze Zeit als Apotheker, bevor er freier Schriftsteller wurde. Die teilweise noch original erhaltene Fontane-Apotheke ist im Erdgeschoss erhalten (wir haben sie nicht gesehen). In einem Ärzte-Wohnheim in der Nähe wohnte er in dieser Zeit (34).
Die Stiftung Diakonissenhaus Bethanien wurde 1847 durch den preußischen König Friedrich Wilhelm IV. gegründet. 1970 wurde das Krankenhaus in Kreuzberg geschlossen (das Gebäude wurde das Künstlerhaus im Eigentum der Stadt Berlin) und ein Wohnhaus für Diakonissen in Spandau errichtet.
Diakonissen-Gemeinschaften sind evangelische Schwesterngemeinschaften zum Dienst für andere Menschen. Als Begründer der Diakonie gilt der evangelische Pastor Theodor Fliedner, der 1836 die Kaiserwerther Diakonie gründete (Kaiserwerth ist heute ein Stadtteil von Düsseldorf).
Im Ursprung waren sie Glaubens- und Lebensgemeinschaften. In neuerer Zeit sind sie Glaubens- und Arbeitsgemeinschaften, die selbständig leben und auch Familien gründen können.
Diakonissen-Gemeinschaften betreiben u.a. Krankenhäuser, Alten- und Pflegeheime und Kindergärten. Der Dachverband aller Diakonissen-Gemeinschaften ist der „Kaiserwerther Verband deutscher Diakonissen-Mutterhäuser“ in Berlin.
Am anderen Ende des Mariannenplatzes steht die St. Thomas Kirche (37), ein spätklassizistischer Kirchenbau von 1869. Damals war die Kirche mit 3.000 Plätzen der größte Kirchenbau in Berlin. Zur evangelischen Kirchengemeinde St. Thomas gehörten 150.000 Mitglieder. Die Kirche wurde im Auftrag der Berliner Stadtverwaltung errichtet (?).
Ein nächster Stopp ist in der Markthalle IX (38), die Eisenbahnmarkthalle. Sie steht zwischen Pücklerstraße, Wrangelstraße und Eisenbahnstraße und ist wie die anderen Markthallen zum Ende des 19. Jahrhunderts gebaut worden. Der heutige Nutzungscharakter ist anders als der der Marheinekehalle. Ein großer Teil der Halle war bis vor kurzem vom Discounter Aldi belegt, künftig soll dort ein Drogeriemarkt sein, wohl gegen den Protest der Anwohner, die eine preiswerte Lebensmittel-Nahversorgung behalten wollten.
Danach kommt der Lausitzer Platz (39), begrenzt von der Skalitzer Straße und der U-Bahn-Trasse. Der Platz erhielt seinen Namen 1849 nach der südöstlich von Berlin gelegenen historischen Region Lausitz. Inmitten des Platzes wurde 1893 die evangelische Emmauskirche (39) fertiggestellt.
Das Grundstück für die Emmauskirche wurde von der Stadt Berlin kostenlos zur Verfügung gestellt, die auch die Baukosten bezuschusste. Das geschah damals im Rahmen der preußischen Politik, die mit der Förderung von Kirchen der sinkenden Bindung des Volkes an die Kirche entgegentreten und damit auch ein Erstarken der Sozialdemokratie verhindern wollte.
Im 2. Weltkrieg wurde die Kirche bis auf den Kirchturm zerstört. In den 1950er Jahren erfolgte ein kleinerer Kirchenbau neben dem Turm.
Der Name der Kirche, Emmaus (bedeutet „warmer Ort“), erinnert an den im Lukasevangelium genannten Ort in der Nähe von Jerusalem, an dem der wiederauferstandene Jesus mit zwei Jüngern, die ihn nicht erkannten, das Abendmahl einnahm.
Gegenüber dem Lausitzer Platz, hinter den Bahngleisen, stand der Görlitzer Bahnhof (40), der ab 1866 in Betrieb war. Er war der Endpunkt der privaten Bahnlinie Berlin – Görlitz, die der „Eisenbahnkönig“ Strousberg betrieb.
Bethel Henry (Baruch Heinrich) Strousberg wurde 1823 in Masuren als Baruch Hirsch Strousberg geboren. In der Gründerzeit engagierte er sich im Eisenbahnbau in Preußen. Er beschäftigte zeitweise 100.000 Arbeiter. U.a. baute er auch die Strecke Hannover – Altenbeken.
Er finanzierte seine Bahnbauprojekte, indem er die beauftragten Generalunternehmer nicht direkt, sondern mit Anteilen an seiner neu gegründeten Eisenbahngesellschaft bezahlte. 1875 ging sein Unternehmen nach finanziellen Schwierigkeiten in Konkurs.
In Berlin ließ er sich das Palais Strousberg in der Wilhelmstraße bauen. Nach dem Konkurs seines Unternehmens mietete die Britische Botschaft das Gebäude. Im Krieg wurde es zerstört und lag brach. Nach der Deutschen Wiedervereinigung baute Großbritannien an dieser Stelle seine neue Botschaft.
1868 kaufte Strousberg die Eisengießerei und Maschinenfabrik Georg Egestorf in Hannover, bekannt als Hanomag. 1871 musste er sie aber nach gescheiterten Bahnprojekten in Rumänien schon wieder verkaufen. In jüngster Zeit wurde die Hanomag bekannt, als IBH-Holding von Horst-Dieter Esch das Werk übernahm und 1984 in Konkurs ging. In der Folge ging auch die Kreditgeberin, die SMH-Bank (Schröder, Münchmeyer, Hengst & Co.), in Konkurs (die ehem. Niedersächsische Wirtschaftsministerin Birgit Breuel ist eine geborene Münchmeyer).
Nach der Teilung Berlins wurde 1951 der Personenverkehr des Görlitzer Bahnhofs eingestellt und das im Krieg beschädigte Bahngebäude abgebrochen. Nach der Wiedervereinigung entstand auf dem Bahngelände der 14 Hektar große Görlitzer Park (40). Es ist ein sehr schön angelegte, weitläufige Parkanlage, mit einem Streichel-Bauernhof, Sportplätzen, Liegewiesen und lauschigen Plätzen. Leider ist der Park ein Brennpunkt des Drogenhandels geworden.
Man könnte vom Görlitzer Park (41) aus noch einen Abstecher zum U-Bahnhof Schlesisches Tor und der nahen Spree mit der Oberbaumbrücke machen. Wir gehen aber durch den Park bis zum Landwehrkanal (42).
Der U-Bahnhof Schlesisches Tor wurde Ende des 19. Jahrhunderts im Zuge des Baus der U- und Hochbahn errichtet. Die U-Bahnstrecke verläuft hier als Hochbahn.
Die Oberbaumbrücke über die Spree verbindet Kreuzberg und Friedrichsheim. Sie ist eine kombinierte Eisenbahn- und Straßenbrücke und wurde Ende des 19. Jahrhunderts als neugotisches Ziegelbauwerk errichtet. Neben der Straßenbrücke wurde auf der oberen Ebene die Gleise der Hochbahn (die erste U-Bahn Strecke Berlins) gelegt. Unter dem Bahnviadukt ist ein geschützter Fußgängerweg in der Art eines mittelalterlichen Kreuzgangs.
Die Brücke sollte die Funktion des alten Oberbaums als Wasserschloss (Sperrwerk) symbolisieren. Daher auch der Name der Brücke. Der historische Oberbaum war allerdings weiter stromabwärts. Ein Steg mit einem schmalen Durchlass versperrte im 13. Jahrhundert den Spree-Schiffen den Weg, um Zölle zu kassieren. Nachts wurde der Durchlass mit einem Stamm versperrt, dem „Baum“. Diese Sperren war hier am Oberlauf der Spree und am Unterlauf.
Der „Unterbaum“ war zuletzt dort, wo heute die Kronprinzenbrücke ist, in der Nähe des Regierungsviertels.
Wir gehen ganz durch den Görlitzer Park bis zum Ufer des Landwehrkanals. An ihm gehen wir entlang bis zu seiner Rechtskurve, in der der Neuköllner Schifffahrtskanal auf den Landwehrkanal trifft. Und dann gehen wir immer weiter entlang am Landwehrkanal-Ufer Richtung Nordwest. Ein etwas längerer, aber gemütlicher Weg.
Der Landwehrkanal wurde 1850 fertiggestellt. Er war als Entlastungskanal der Spree geplant. Ein großer Teil des innerstädtischen Warenverkehrs wurde über die Spree geleitet. Deren Kapazität reichte mit dem Beginn der Industrialisierung im frühen 19. Jahrhundert nicht mehr aus. Darum wurde schon 1818 ein Umgehungskanal geplant. Der wurde dann im Rahmen der Entwicklung des Berliner Südens in Angriff genommen. Parallel zum Bau des Luisenstädtischen Kanals (s.o. Engelbecken) und der Erschließung des Köpenicker Feldes wurde der Landwehrkanal begonnen. Den Namen erhielt der Kanal von einem vorher dort bestehenden Landwehrgraben, der vor der Berliner Stadtmauer ein Sumpfgebiet entwässerte.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Trümmerschutt über den Landwehrkanal abtransportiert.
Heute hat der Kanal keine Bedeutung mehr für den Güterverkehr. Er wird fast nur noch von Ausflugsschiffen und Sportbooten benutzt. Seine Ufer sind teilweise nach wie vor eine Erholungszone und die angrenzenden Wohnungen begehrt. Allerdings gibt es auch durch Obdachlose verwahrloste Abschnitte.
Am Paul Lincke Ufer (43) (Komponist und Ehrenbürger Berlins) könnten wir zum Kottbusser Tor abbiegen. Aber so interessant ist er nicht. Wie die meisten Tor-Plätze in Berlin erinnert der Name an das einstige Tor der Berliner Akzise-Mauer, das in Richtung Cottbus zur Stadt hinausführte. Heute ist der Platz und der gesamte Kiez ein sozialer Brennpunkt mit Drogenproblemen und damit verbundener Kriminalität.
Die Berliner Akzisemauer entstand 1734 bis 1737. Friedrich Wilhelm I., König in Preußen und Kurfürst von Brandenburg (zu „in“ und „von“ Preußen siehe "Radreise von Berlin nach Danzig - Geschiche" in diesem Blog), als Soldatenkönig bekannt, ließ seine Residenzstadt zwar nicht einmauern, sondern mit Holzpalisaden und nur teilweise mit Mauern umzäunen. Ein Durchlass war nur durch 14 Stadttore möglich. Und an denen musste gezahlt werden. Eine Verbrauchssteuer wurde auf die in die Stadt gebrachten Güter erhoben. Der Verlauf der Akzisemauer ist heute u.a. an der Straßenbezeichnung „Linienstraße“ in Berlin-Mitte zu erkennen (die Umwehrung der Stadt wurde als Linie bezeichnet). Die Oberbaumbrücke erinnert an die Akzise-Sperre in der Spree, an den „Oberen Baum“, mit dem die Spree versperrt werden konnte.
Da Berlin wuchs, wurde die Akzisemauer mehrfach verschoben. Um 1800 wurden die hölzernen Teile durch eine Mauer ersetzt und teilweise auf vier Meter erhöht. Man sollte die Zoll-Tore und die Steuern wohl auf keinen Fall umgehen können. Weitere Tore kamen hinzu. Einige Stadttore wurden prunkvoll ausgestattet, wie z.B. das Brandenburger Tor. Die Namen der Tore wurden meist nach den Städten benannt, zu denen sie aus der Stadt hinausführten.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden außerhalb der Akzisemauer neue Vorstädte. An deren Zufahrtstraßen wurden weit vor den Toren der Stadt Steuerhäuser errichtet, an denen Zoll zu zahlen war. 1860 wurde die Akzise aufgehoben. Danach wurden die Mauer und fast alle ihre Tore abgerissen. Das Brandenburger Tor blieb erhalten.
Wir gehen also weiter entlang am Landwehrkanal bis kurz vor den Urbanhafen. Von dem einstigen Hafen ist nur noch eine kleine Wasserfläche übriggeblieben. Nach der Stilllegung 1964 wurde das Becken größtenteils zugeschüttet und Platz für eine Erweiterung des benachbarten Urban-Krankenhauses geschaffen.
An der Admiralbrücke (44) (der Admiralstraße, benannt nach einem preußischen Prinzen, der Admiral war) verlassen wir den Landwehrkanal und gehen durch den Grimm-Park (benannt nach dem Gebrüdern Grimm) und weiter zur Urbanstraße.
An der Urbanstraße war das 1890 in Pavillionbauweise gebaute Krankanhaus Am Urban (45). Im Weltkrieg wurden die Gebäude teilweise zerstört und galten als nicht sanierungsfähig. Am Landwehrkanal wurde ein neues Urban-Krankenhaus gebaut. Die Gebäude des aufgegebenen Krankenhauses hat eine private Baugruppe (140 private Bauherren) saniert und in Eigentumswohnungen umgebaut.
Zum Südstern ist es jetzt nicht mehr weit. Vor dem Südstern machen wir aber noch einen kleinen Abstecher zur St. Johannes Basilika (47) und zur Apostolischen Nuntiatur (47).
Die St. Johannes Basilika von 1897 ist die größte katholische Kirche in Berlin. Die katholische Johannes Basilika und die benachbarte evangelische Kirche am Südstern wurden zeitgleich als Garnisonskirchen gebaut und deren Einweihungen erfolgten am gleichen Tag.
Als Garnisonskirche durfte sie im 1. Weltkrieg sogar alle ihre Glocken behalten. Ein großer Teil der Glocken der anderen Kirchen wurde zu Kanonen umgeschmolzen. Das geschah auch im 2. Weltkrieg so (zum Hamburger Glockenlager siehe "Meine Ostsee Radtour, 2. Tag" in diesem Block). Diesmal auch bei der Johannes Basilika, es blieben wie bei den anderen Kirchen nur zwei Glocken verschont.
1906 wurde die Kirche eine „Basilica minor“, seit dem 18. Jahrhundert eine Auszeichnung des Papstes für bedeutende Kirchen. Man erkennt sie an dem Papstwappen über dem Eingang. Die Johannes Basilika war in Deutschland die dritte so ausgezeichnete Kirche (1919 trugen 1830 Kirchen den Titel, davon 573 in Italien, in Deutschland 78).
Die Basilika ist auch Kirche der polnisch-muttersprachlichen katholischen Gemeinde in Berlin. Vielleicht ist deswegen das polnische Restaurant „Maly Ksiaze“ (Der Kleine Prinz) auf der gegenüberliegenden Straßenseite?
Nach dem Umzug der Bundesregierung ist die Apostolische Nuntiatur, die Vertretung des Heiligen Stuhls in Deutschland, in Berlin in einem 2001 fertiggestellten Gebäude neben der Basilika (genau genommen liegt die Nuntiatur im Berliner Bezirk Neukölln, die Lilienthalstraße ist die Grenze der beiden Bezirke).
Seit 1920 gibt es diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und dem Heiligen Stuhl. Davor gab es eine Nuntiatur nur in Bayern (ab 1784) und eine niederrangigere Vertretung mit Preußen (ab 1747).
Der Heilige Stuhl wird als nichtstaatliches, eigenständiges Völkerrechtssubjekt angesehen. An seiner Spitze steht der Papst.
Der Heilige Staat vertritt den Vatikanstaat (seit 1929 wieder ein souveräner Staat), der auch ein Völkerrechtssubjekt ist. Etwas kompliziert, wird aber so praktiziert. So ist der Heilige Stuhl und nicht der Vatikanstaat als Beobachter bei den Vereinten Nationen (UN) zugelassen. In Deutschland ist der Apostolische Nuntius der Doyan des Diplomatischen Chors, d.h. ranghöchster Botschafter.
Die St. Johannes Basilika steht an der Lilienthalstraße und auf dem Kirchengelände steht das Luftschifferdenkmal. Das hat aber weniger mit dem Luftfahrtpionier Otto Lilienthal zu tun, an den die Straße erinnert. Es ist ein Denkmal zur Erinnerung an die im 1. Weltkrieg gefallenen Luftschiffer (bekannt waren die Zeppelin-Luftschiffe).
Ende der 2. Etappe und der Stadtwanderung am Südkreuz.
* * *