Elbe-Radtour
Von Magdeburg nach Cuxhaven
Juli
         
II. Teil:  Von Magdeburg bis Havelberg


(1) VonMagdeburg bis Tangermünde
Mittwoch 3. Juli 2019

Die Strecke: Magdeburg – Hohenwarthe – Nigripp – Schartau – (auf linkes Elbufer) - Rogätz – Sandfurth – Bittkau – Grieben – (auf rechtes Elbufer) – Ferchland – Jerichow – Fischbeck – (auf linkes Elbufer) – Tangermünde
Übernachtung im Ringhotel Schloss Tangermünde

Magdeburg bis Tangermünde - 82 Kilometer

Am Domplatz vor dem Hotel „Motel One“ in Magdeburg war der Start zu unserer zweiten Elbe-Radtour.

Am Abend vorher haben wir Eckhard´s Geburtstag im Magdeburger „Restaurant Hoflieferant“ gefeiert. Sehr gute Küche, Gerichte mit regionalen Produkten der Saison.

Die Stadt Magdeburg hatten wir uns schon am Schluss unserer ersten Elbe-Tour im vergangenen Jahr angesehen ("Radreise  Prag nach Magdeburg" im Internet-Blog „Sattel und Schuh“).

Start in Magdeburg

Wir fahren über die Stromelbe und die Alte Elbe auf das rechte Elbufer (zwischen den beiden Elbearmen liegt die Elbe-Insel „Magdeburger Werder“), dann vorbei an dem Jahrtausendturm im Elbauenpark und dem Herrenkrug .

Magdeburg (Sachsen-Anhalt)
240.000 Einwohner.
Hauptstadt des Landes Sachsen-Anhalt.

Bei Magdeburg teilt sich die Elbe in einen westlichen (Stromelbe) und einen östlichen (Alte Elbe) Arm und umfließt die Rotehorninsel und das Magdeburger Werder. Am westlichen Ufer sind die Altstadt und die Alte Neustadt. In Höhe des Zusammenflusses der beiden Elbearme liegt rechtselbisch der Stadtteil Herrenkrug mit dem Elbauenpark. Hier steht der Jahrtausendturm und etwas weiter nördlich ist das Hotel Herrenkrug.

Der Ausbau der Elbe begann nach dem Wiener Kongress, der nach der Niederlage Napoleons die monarchistischen Strukturen wiederherstellte und bei dem die Gründung des Deutschen Bundes (als Ersatz für das untergegangene Deutsche Reich beschlossen wurde.  Eine Elbschifffahrtsakte wurde 1821 von den Elbe-Anrainerstaaten unterschrieben. Die Elbe wurde zur Verbesserung der Schifffahrt reguliert, u.a. durch Buhnen und Begradigungen. Flusskrümmungen wurden mit Durchstichen begradigt. Mit der Schifffahrtsakte verpflichteten sich die Uferstaaten auch zur Freiheit der Schifffahrt.

Während der deutschen Teilung war die Elbe zwischen Magdeburg und Lauenburg für die Bundesrepublik nicht nutzbar. Deswegen wurde von 1968 bis 1976 der 115 km lange Elbe-Seiten-Kanal gebaut, der den Mittellandkanal (bei Edesbüttel, westlich von Wolfsburg) mit der Elbe (bei Artlenburg, vor Geesthacht) verbindet.

Jahrtausendturm
           Jahrtausendturm
Der Jahrtausendturm wurde 
anlässlich  der Bundes-
gartentenschau 1999  gebaut.     Er ist mit 60 Metern Höhe das höchste Holzgebäude der Welt (nicht jedoch der höchste Holzturm  der Welt, das soll der aus Lärchenholz gebaute Sendeturm Gleiwitz in Schlesien sein).
In dem Gebäude befindet sich eine Ausstellung zur Entwicklung der Wissenschaften. So ein astronomisches Fernrohr, mit dem man die Uhrzeit am Magdeburger Dom ablesen kann.

Das astronomische Fernrohr wird auch als Kepler-Fernrohr bezeichnet, weil Johannes Kepler 1611 die Bauweise beschrieben hat.
Das „Gegenstück“ ist das Galilei-Fernrohr, das von dem holländischen Brillenmacher Hans Lipperhey um 1608 erfunden und von Galileo Galilei weiterentwickelt wurde.

Das Kepler-Fernrohr hat ein ausgedehnteres Gesichtsfeld, erzeugt aber seitenverkehrte und auf dem Kopf stehende Bilder, die mit Spiegeln, Prismen oder einer weiteren Sammellinse umgekehrt werden müssen. Die Bauweise wird häufig in der Astronomie angewendet.
Die Galilei-Bauweise erzeugt seitenrichtige Bilder, hat aber ein kleineres Sichtfeld. Angewendet wird die Bauart bei Operngläsern.

Eines der interessantesten Objekte ist das Foucaultsche Pendel. Das ist ein langes Kugelpendel, mit dessen Hilfe die Erdrotation ohne Bezug auf Beobachtungen am Himmel nachgewiesen werden kann.

Am 3. Januar 1851 führte der französische Physiker Léon Foucault im Keller seines Hauses einen Versuch durch, bei dem er ein zwei Meter langes Pendel dicht über dem Boden schwingen ließ und seine Bahnen genau markierte. Er beobachtete, dass sich die Bahnen des Pendels langsam drehten. Die Schwerkraft, die nur senkrecht wirkt, konnte diese Drehung nicht verursacht haben und keine weitere äußere Kraft wirkte auf das Pendel ein. Also war es nicht das Pendel, sondern der Boden (die Erde), der seine Richtung änderte.

Herrenkrug
Das Hotel Herrenkrug erinnert mich an meinen Assistenten-Kollegen Wolfrath Bär aus Wolfsburg, mit dem ich eine Zeit lang am Lehrstuhl unseres Doktor-Vaters Professor H.K. Weber war. 2016 hatte er einen Ausflug der ersten Assistenten am Lehrstuhl mit ihren Frauen nach Magdeburg organisiert. Wir übernachteten im Hotel Herrenkrug.
Einen zweiten Ausflug konnten wir nicht mehr machen. 2017 ist er verstorben. Wir haben hier an ihn gedacht und am ersten Radtag sind wir auch an seinem Haus in seinem Geburtsort Ferchland vorbeigefahren (hier hatte er sich nach seinem Ausscheiden bei VW ein sehr schönes Zweit-Haus oberhalb der Elbe gebaut, heute wohnt jemand anders dort).

Der Grund und Boden des heutigen Hotels Herrenkrug war schon in frühen Zeiten im Besitz der Stadt Magdeburg und wurde als Weide genutzt. Um auftretenden Diebstählen zu begegnen, ließ der Magistrat 1676 ein Wärterhäuschen errichten. Das Gebäude erhielt auch ein Schankrecht und diente für die in der Nähe vorbeiführende Landstraße von Magdeburg nach Burg (heute B 1) als Gasthaus.
Da es sich quasi im Besitz der Ratsherren von Magdeburg befand, erhielt der Gasthof im Volksmund den Namen „Herrenkrug“ (vielleicht auch, weil die Ratsherren dort öfter einkehrten?), der bis heute erhalten blieb.
Anfang des 19. Jahrhunderts, in der Zeit der napoleonischen Kriege und der französischen Besetzung Magdeburgs, verfiel das Wirtshaus. 1887 wurde ein Parkrestaurant, das „Neue Gesellschaftshaus“ gebaut. Dies ist der erhalten gebliebene Kern des 1994 eröffneten Hotelneubaus.

Auf dem rechten Elbufer fahren wir an den Schleusen Hohenwarthe und Niegripp vorbei. Die Elbe wird hier von dem Elbe-Havel-Kanal überquert.

Schleuse Hohenwarthe
Im Norden von Magdeburg quert der Elbe-Havel-Kanal (so ab östlich der Elbe bezeichnet, westlich der Elbe ist es der Mittellandkanal) die Elbe mit einer fast 1 km   langen Trogbrücke, eine der größten Schiffsbrücken weltweit. Der Elbe-Havel-Kanal und der Mittellandkanal sind zusammen mit anderen Kanälen und Flüssen eine durchgehende West-Ost-Wasserverbindung zwischen Rhein, Elbe und Oder.

Mit dem Bau des Mittellandkanals wurde 1905 begonnen. Es war ein wichtiges Infrastrukturprojekt der Kaiserzeit (Wilhelm II.).
Mehrere Stichkanäle verbinden den Mittellandkanal mit dem Hinterland. So die Stichkanäle nach Hildesheim und nach Salzgitter. Der Stichkanal Salzgitter sollte das dort errichtete Hüttenwerk Hermann Göring (Salzgitter AG) anschließen (1938/40). Der Stichkanal Hildesheim wurde schon 1928 in Betrieb genommen.

Ab 1938 wurden die Kanalbrücke und das Schiffshebewerk Hohenwarthe gebaut. 1942 erfolgte kriegsbedingt ein Baustopp. Von der DDR wurde der Bau nicht fortgeführt. Fertiggestellt wurden die Bauten nach der Wiedervereinigung.

Zum Wasserstraßenkreuz gehören westlich der Elbe die Kanalbrücke und das Schiffshebewerk  sowie die Schleuse Rothensee,  östlich der Elbe gehören die Schleusen Hohenwarthe und Niegripp dazu.

Die Schleuse Hohenwarthe schließt den Mittellandkanal  ab und senkt das Niveau auf die Höhe des Elbe-Havel-Kanals. Sie wurde im Oktober 2003, zusammen mit der Kanalbrücke eröffnet (Hubhöhe ca. 19 m).
Die Schleuse Niegripp (Verbindung der Elbe mit dem Elbe-Havel-Kanal) wurde bereits  1938 zusammen mit dem Schiffshebewerk Rothensee fertiggestellt. Die Fallhöhe in der Schleuse schwankt zwischen 5,20 Meter und minus 1,35 Meter. Grund ist der häufig stark wechselnde Wasserstand der Elbe.

Bei Rogätz setzen wir mit der Fähre auf das linke Elbufer über und umfahren eine größere Seenlandschaft, die durch Auskiesungen zwischen einem Elbe-Altarm und der Elbe entstanden ist.

Gegenüber von Sandfurth und Ringfurth liegt auf dem rechten Elbufer die Ortschaft Zerben, die wie Ferchland zur Gemeinde Parey gehört.

Elbe bei Rogätz

In Zerben lebte Theodor Fontanes Romanfigur Effi Briest
In der Realität war das Elisabeth Freiin und Edle von Plotho. Sie wurde 1853 auf Gut Zerben geboren. Sie heiratete den Rittmeister Armand Léon von Ardenne (und wurde die Großmutter des Physikers Manfred von Ardenne). Nach der Heirat zogen Elisabeth und ihr Mann an das Lützowufer in Berlin, später nach Düsseldorf und wieder nach Berlin. In Düsseldorf verliebte sich Elisabeth von Ardenne in einen gemeinsamen Bekannten. Ardenne kam dahinter, reichte die Scheidung ein und forderte Satisfaktion. Der Freund starb an den Verletzungen des Duells. Die Kinder der Ardennes kamen zum Vater.
Elisabeth von Ardenne/von Plotho starb im Alter von 98 Jahren 1952 in Lindau am Bodensee. In Berlin erhielt sie ein Ehrengrab der Stadt Berlin auf dem Südwestkirchhof Stahnsdorf.

Mit der Fähre Grieben – Ferchland queren wir auf das rechte Elbufer.

Direkt an dem rechtselbischen Fähranleger, auf dem höher gelegenen Elbufer, fahren wir an dem ehemaligen Ferienhaus von Wolfrath Bär vorbei. Er war Assistent-Kollege am Lehrstuhl von Professor Weber in Göttingen (s. oben Herrenkrug Magdeburg). Das Haus ist so hoch gelegen, dass es vom Elbehochwasser nicht erreicht wird. Wolfrath Bär erzählte einmal, dass bei dem großen Hochwasser 2013 die ganze Landschaft unterhalb seines Grundstücks eine einzige große Wasserfläche war, soweit man sehen konnte.

Von diesem Elbehochwasser 2013 war auch der gesamte Ort Fischbeck, durch den wir vor Tangermünde fahren werden, überflutet worden. Damals versuchte man eine Deichbruchstelle zu schließen, indem man dort drei Lastkähne versenkte. Geholfen hat es nicht.
Heute ist von den Schäden des Jahrhunderthochwassers nichts mehr zu sehen. Alles ist repariert und saniert.  Die Elbe-Deiche sind verstärkt und erhöht worden. Teilweise wurden sie weiter in das Hinterland verlegt, um Überflutungsflächen für die Hochwasser zu schaffen.


Zwischen Ferchland und Fischbeck machen wir in Jerichow eine Besichtigungs-Pause.

Jerichow (Sachsen-Anhalt)
 7.000 Einwohner.
Landkreis Jerichower Land.

Sehenswert:
- Kloster Jerichow mit Stiftskirche, um 1149 erbaut, nach dem Elbehochwasser 1336 wieder aufgebaut.

Der Ortsname ist slawischen Ursprungs und bedeutet "Burg des Tapferen". Es ist also nicht das biblische Jerichow der Namensgeber.
Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Ort 1144 aus Anlass der Gründung des Klosters Jerichow durch die Prämonstratenser-Chorherren aus dem Kloster Magdeburg.
Stiftskirche Kloster Jerichow
Das Kloster wurde ursprünglich 1144 in der Nähe des Jerichower Marktes gegründet, aber im Jahr 1148 nach außerhalb des Ortes an seine heutige Stelle verlegt (am Markt war es den Chorherren zu laut) und dort wurde 1149 mit dem Bau der Stiftskirche begonnen. 1250 waren alle Gebäude des Klosters errichtet.

Der Prämonstratenser-Orden wurde 1120  von Norbert von Xanten in Prémontré, Frankreich, gegründet
Die Klöster des Ordens waren Kollegialstifte, in denen keine Mönche sondern Sekularkanoniker  (weltliche Chorherren) lebten. Sie lebten in kirchlicher Gemeinschaft, legten aber kein Ordensgelübde ab.
Im 11. und 12. Jh. nutzten Adelsfamilien die Stifte zur Versorgung nachgeborener Söhne. Die Professoren der Universitäten im Spätmittelalter  waren überwiegend Sekularkanoniker.

Norbert von Xanten war 1126 bis 1134 Bischof in Magdeburg. Er übereignete das Kloster „Unsere Lieben Frauen“ dem Prämonstatenser-Orden, der sich besonders der Kolonisierung und Christianisierung der Slawen östlich der Elbe widmete.

Die in der 2. Hälfte des 12. Jh. errichtete dreischiffige Basilika gilt als wichtiges Werk der Backsteinromanik. Sie ist der älteste Backsteinbau Norddeutschlands.

Ab 1535 begann die Reformation in Brandenburg. 1552 erfolgte die Säkularisierung des Klosters zugunsten des brandenburgischen Kurfürsten. Das Kloster wurde  Staatsdomäne.


Die Stadt Tangermünde liegt etwa gegenüber der Ortschaft Fischbeck auf dem linken Elbeufer.

Überall an der Elbe: Störche
Östlich von Fischbeck, zur Gemeinde gehörend,  ist die Ortschaft Wust. Hier in Wust ist der Jugendfreund Friedrich des Großen in der Familiengruft „von Katte“  beigesetzt.
1730 wurde Hans Hermann von Katte in Küstrin auf Befehl des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I., des Vaters Friedrich des Großen, geköpft. Er war Mitwisser des Versuchs des Kronprinzen Friedrich, über Frankreich nach England zu fliehen, um der Erziehung des Vaters zu entgehen. Von Katte wurde als Mitwisser zu lebenslanger Festungshaft verurteilt. Dem König und Vater war das nicht genug, er wandelte die Haftstrafe in ein Todesurteil um.

Glücklicher verlief das Schicksal des Pagen von Friedrich, von Keith, der mit ihm fliehen wollte/sollte. Er wurde von Friedrich gewarnt und konnte nach England fliehen.

Als der Kronprinz König wurde, konnte von Keith nach Preußen zurückkehren. Den Vater von Hans Hermann von Katte beförderte Friedrich der Große in den Grafenstand und  ernannte ihn zum Generalfeldmarschall.


Die Brücke über die Elbe ist weiter nördlich von Tangermünde, so dass wir von Norden in die Stadt fahren. Unser Ziel, das Schlosshotel Tangermünde, liegt an der Elbe an einer erhöhten Stelle. Das ist erklärlich. Der Ursprung des Schlosses ist eine Grenzburg gegen die Slawen.

Tangermünde (Sachsen-Anhalt)
 10.500 Einwohner.
Landkreis Stendahl.
Alte Kaiser- und Hansestadt.

Sehenswert:
- Gut erhaltene Altstadt mit Stadtmauer und Wehrtürmen, Backsteingotik-Rathaus.
- Burg Tangermünde, Wiederaufbau nach 1900, heute ist die Kernburg das Schloßhotel.

Elbe am Zufluss der Tanger

Der Ursprung Tangermündes ist eine im 10. und 11. Jh.  zur Grenzsicherung errichtete Reichsburg.
Im 14. Jh. war hier vorübergehend eine Kaiserpfalz und Nebenresidenz/Zweitsitz Kaiser Karl IV (Heiliges Römisches Reich, Krönung in Aachen, Hauptresidenz war der Hradschin in Prag).

Kaiser Karl IV., aus dem Haus Luxemburg, hatte 1373 dem Wittelsbacher Markgrafen der Brandenburg, Otto V.,  die Mark Brandenburg abgekauft. Damit sicherte er sich die Brandenburger Kurstimme für die Kaiserwahl. Und er wollte seine Länder der Böhmischen Krone nach Norden ausdehnen und mit dem Meer verbinden.

Um nach dem Kauf der Mark Brandenburg einen Überblick über seine Einkünfte und die Besitzverhältnisse der Mark zu erhalten, ließ Karl der IV. ab 1373 das Landbuch der Mark Brandenburg anlegen. Es zählt zu den bedeutendsten statistischen Erfassungen des Mittelalters (siehe im Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den Bericht „Radreise Berlin - Verona).

1415 erhielten die Hohenzollern die Mark Brandenburg als Lehen und damit die Kurfürstenstimme (wieder gegen Bezahlung). Markgraf und Kurfürst wurde Friedrich I., der zunächst in Tangermünde residierte.
Ab 1442 wurde in Berlin-Cölln eine weitere Residenz gebaut. Die Doppelstadt hatte sich zu einem Handelszentrum in der östlichen Mark Brandenburg entwickelt.
Nachdem sich die Bürger von Tangermünde 1488 gegen eine neu eingeführte Biersteuer gewehrt hatten, wurde die Residenz in Tangermünde endgültig aufgegeben.

Schwedische Truppen brannten 1640 die Burg nieder. Von der mittelalterlichen Burganlage sind das  Burgtor, die Alte Kanzlei, der runde Bergfried (Gefängnisturm) und der Wohnturm (Kapitelturm) erhalten. 

Schloss Tangermünde
von der Elbe aus gesehen
Das Schlossgebäude in der Burganlage wurde 1699 bis 1701 als Absteigequartier und Amtshaus für den preußischen König Friedrich I. gebaut, wahrscheinlich auf dem Grundmauern eines älteren Palais.
Zu DDR-Zeiten war hier eine Kinderklinik untergebracht. Danach standen die Gebäude leer.

1999/2000 wurden in dem Schlossgebäude die ersten Hotelzimmer eingerichtet. Danach erfolgte der Ausbau der anderen Burg-Gebäude.
„Die großen Träume haben sich alle erfüllt“, schreibt die Hotel-Inhaberinn Melanie Busse. Ihre Familie betrieb bis zur Enteignung durch die DDR das 370 Jahre alte Hotel „Schwarzer Adler“,  das die Familie vor 10 Jahren wieder eröffnet hat.  Sie selber baute das Schlosshotel zu einem Spitzenhotel mit Spitzenküche auf.

Im 15. Jahrhundert war die Stadt Tangermünde ein reiches Mitglied der Hanse. Das Rathaus und die Kirche St. Stephan wurden gebaut. Die Stadtmauer und die Tortürme wurden errichtet.

Die Kirche St. Stephan ist ein Beispiel der Backsteingotik. Sie wurde im 14. und 15. Jh. unter Einbeziehung eines Vorgängerbaus errichtet, der bereits im 12. Jh. als romanische Basilika dort stand. Der Südturm wurde nie vollendet.

Zur Zeit Napoleons gehörte die Stadt zum Königreich Westphalen, König war der jüngste Bruder Napoleons.

Ein Feuer zerstörte 1617 fast die ganze Stadt.
Angeblich war das ein Racheakt der Grete Minde, die beim Amtsgericht vergeblich um ihr Erbe geklagt hatte.  Sie wurde wegen Brandstiftung angeklagt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Theodor Fontane hat die Geschichte in seiner Novelle „Grete Minde“aufgegriffen.

Rathaus Tangermünde
Nach dem Brand 1617 wurden die Fachwerkhäuser wieder aufgebaut. Sie sind bis heute erhalten geblieben und prägen mit ihren teilweise sehr schön ausgeschmückten Türen das Zentrum der Stadt.

Die älteste Pfarrkirche Tangermündes, die Nikolaikirche neben dem Neustädter Tor, wird heute (seit 2.000) als Gaststätte „Zecherei Sankt Nikolai“  genutzt. Errichtet wurde die Kirche von niederländischen Kolonisten. Aber schon ab dem 16. Jahrhundert wurden keine Gottesdienste mehr abgehalten (warum?). Im 17. Jahrhundert wurde die Kirche Wohngebäude für Arme. Später wurde sie Lazarett, Arrestlokal und Polizeigefängnis, Spritzenhaus der Feuerwehr.

Wirtschaft Tangermünde: In Tangermünde wurde ab 1910 von der Zuckerfabrik Tangermünde (1826 gegründet und damals Hauptarbeitgeber der Stadt) die Schokolade „Feodora“ hergestellt, die jetzt von „Hachez“ (heute zu dem größten dänischen Süßwarenhersteller Toms gehörend) in Bremen produziert wird.


Übernachtung im Schlosshotel Tangermünde. Selbst in der Dependance „Königin Luise“ schlafen wir gut. Die Küche des Hotel-Restaurants ist Klasse. Das nächste Mal buchen wir aber direkt im Schlossgebäude.


Exkurs: Slawen und Sachsen im Jerichower Land

Hinter Magdeburg beginnt östlich der Elbe das Jerichower Land. Der gleichnamige Landkreis umfasst heute u.a. die Städte Burg und Genthin und die Gemeinden Gommern, Elbe-Paray und Jerichow.

Viele schöne Haustüren
 in Tangermünde
Die Elbe war hier die Grenze zwischen den germanischen/sächsischen Siedlungsgebieten im Westen und den slawischen Siedlungsgebieten im Osten.

In der Völkerwanderungszeit im 4. Jh. verließen die germanischen Stämme ihre Siedlungsgebiete östlich der Elbe. Auslöser war der Vorstoß der Hunnen (indogermanische Stämme in Osteuropa). Slawen aus den Gebieten des heutigen Tschechien und Polen zogen im 6. bis 7. Jh. in die verlassenen Gebiete. In der Region Havelberg siedelten sich rechts der Elbe westslawische Stämme an.

Im 10. Jahrhundert drängte das Ostfrankenreich nach Osten und führte Unterwerfungsfeldzüge.
Heinrich I. (Herzog der Sachsen und König des Ostfrankenreiches) besiegte in der Schlacht bei Lenzen (929 - wir werden in Lenzen an unserem dritten Reisetag sein) die Slawen. Kurz danach wurde das Gebiet um Havelberg erobert.
Sein Sohn Otto I. (Herzog der Sachsen und König des Ostfrankenreiches, 962 ließ er sich zum ersten römisch-deutschen Kaiser krönen) gründete 948 die Bistümer Havelberg und Brandenburg zur Missionierung der Slawen.

Die Schlacht bei Lenzen  im Jahr 929 war von so großer geschichtlicher Bedeutung, dass sie in den Klosterschriften des Widukind von Corvey (Kloster Corvey an der Weser) dokumentiert wurde:
„Heinrich I., König des ostfränkisch-deutschen Reiches, schwor den aufständischen Slawen blutige Rache. Mit mächtigem Heer, Fußvolk und Reiterschar, bestärkt durch den Befehl des Königs, überschritten die Grafen Bernhard und Thietmar die Elbe, um die Burg Lunkini zu belagern und einzunehmen. So geschehen am 1. September 929.
Erschwert durch unaufhörlichen Regen und starken Nebel, entbrannte ein gewaltiger Kampf. Nach vier Tagen erfolgloser Belagerung zogen die Wenden scheinbar ab. Am Morgen des 5. September 929 –in heller Bläue strahlte der Himmel nach dem nächtlichen Regen –schickten sich die Sachsen, obwohl sie die ganze Nacht unter Waffen gestanden haben, zum Angriff an … Allen voran, nur von einer kleinen Schar umgeben, stürmte der Markgraf Bernhard.
Es wurde erbittert gekämpft um Burg Lunkini (Anmerkung: heute steht hier die Burg Lenzen). Die Wenden, die ihr Land genau kannten, waren immer wieder im Vorteil. Der Sumpf und die Moore kämpften für sie. Erst einem Flankenangriff von 50 gepanzerten Reitern gelang es schließlich, die Schlacht für die Deutschen zu entscheiden. Mit grausamer Strenge wurde der Kampf gegen die Slawen geführt; man kannte keine Schonung, nur Knechtschaft und Vernichtung“.
(aus: Internet-Seite des Bio-Hotel Burg Lenzen)
           
Bereits 983 gingen die Bistümer mit dem Slawenaufstand wieder verloren. Die in der Schlacht bei Lenzen eroberte slawische Burg Lunzini kam wieder unter slawische Kontrolle.

Rund 150 Jahre später konnten Albrecht der Bär (Herzog von Sachsen und Markgraf in Brandenburg) und Heinrich der Löwe (nach Albrecht der Bär Herzog von Sachsen)  im Wendenkreuzzug das Land zurückerobern.
                       
Der Beschluss, den Kreuzzug gegen die Wenden zu unternehmen, wurde nach dem Reichstag zu Frankfurt 1147 gefasst. Auf dem Reichstag hatte Kaiser Konrad III.  seine Teilnahme an dem Zweiten Kreuzzug ins Heilige Land bekannt gegeben.
Aber die sächsischen Fürsten lehnten die beschwerliche Reise nach Palästina mit Verweis auf die Bedrohung an ihren Grenzen durch die heidnischen Slawen ab. Sie wollten ihren Christenpflichten lieber mit einem Kreuzzug gegen die Slawen nachkommen. Schließlich stellte der Papst den Kreuzzug gegen die Wenden dem Kreuzzug in das Heilige Land gleich. Auch die Teilnehmer am Wendenkreuzzug bekamen den Nachlass von Sündenstrafen zugesichert.

(Eine gleiche Ausnahme machte der Papst für die spanischen Kreuzritter, die lieber auf der iberischen Halbinsel die Mauren vertreiben wollten – Reconquista 722 bis 1492, siehe Reisebericht Nordspanien, 4. Teil Geschichte, im Internet-Blog „Sattel und Schuh“.)

Nach dem Wendenkreuzzug wurden die im Slawenaufstand verlorenen Bistümer Havelberg und Brandenburg wiederhergestellt. Einige Slawenfürsten traten zum Christentum über und erhielten ihr Land als Lehen zurück.

Der Heveller-Fürst Pribislaw auf der Burg Brandenburg war schon Anfang des 12. Jh. zum Christentum übergetreten und holte den Prämonstranser-Orden in das Land. Nach seinem Tod 1150 ging sein Fürstentum durch Erbvertrag an den sächsischen Herzog Albrecht der Bär. Er musste sich das Erbe allerdings gegen den polnischen Vasallen Jacza von Köpenick erkämpfen, der Burg und Land besetzt hatte. Albrecht der Bär begründete dann die Mark Brandenburg. Daraus entwickelte sich später das Kurfürstentum Brandenburg und die preußische Monarchie.

Der slawische Obotriten-Fürst erhielt 1167 sein Territorium in Mecklenburg von Heinrich dem Löwen als sächsisches Lehen zurück. 1348 wurden die Obotriten Herzöge zu Mecklenburg. Das Fürstengeschlecht der Obodriten blieb in Mecklenburg bestehen und regierte bis 1918 (Großherzogtümer Mecklenburg-Strelitz und Mecklenburg-Schwerin).

Mit dem Bau des Havelberger Doms, der 1170 geweiht wurde, erstarkte in dem Bistum  das Christentum. Die Ansiedlung von Kolonisten in den erworbenen Gebieten sicherte die christliche Herrschaft. Dabei hatten die Zisterzienser im 13. Jahrhundert mit ihrer Kolonisationstätigkeit nordöstlich der Elbe größere Bedeutung. Auch die Prämonstatenser missionierten hier sowie in Böhmen und Mähren.


Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:



(2) Von Tangermünde bis Havelberg    
Donnerstag 4. Juli 2019

Die Strecke: Tangermünde – Schönhausen – Klietz – Schönfeld - Wulkau – Sandau – Havelberg
Übernachtung Altstadtcafé

Tangermünde bis Havelberg - 43 Kilometer

Von Tangermünde nach Havelberg kann man links oder rechts der Elbe fahren.

Am linken Elbeufer liegt Arneburg, eine der ältesten Städte der Altmark. Auch hier stand einst eine Grenzburg gegen die Slawen (978). Etwas weiter nördlich liegt die Stadt Werben. Sie hatte aufgrund ihrer Lage an einem Elbübergang bereits früh Bedeutung für Handel und Handwerk (Mitglied der Hanse 1358 bis 1488). In Werben war eine der ältesten Gründungen des Johanniterordens, 1160 von Albrecht der Bär nach einer Pilgerfahrt nach Jerusalem gegründet. Erhalten geblieben ist die Johanniskirche.

Wir haben die rechte Elbe-Route gewählt und die führte uns gleich hinter Tangermünde nach Schönhausen, dem Geburtsort des Reichskanzlers Otto von Bismarck.

Schönhausen (Sachsen-Anhalt)
 2.100 Einwohner.
Landkreis Stendahl.

Sehenswert:
- Reste der Schlossanlage
- Kirche

Reste des Schlossparks
Anfang des 13. Jh. wurde Schönhausen vom Bischof von Havelberg gegründet. 1562 kam das Dorf in das Eigentum der Adelsfamilie von Bismarck, die um 1700 zwei Schlösser baute. 1815 wurde der spätere Reichskanzler Otto von Bismarck hier geboren. Die Familie zog später nach Pommern.
1845 übernahm Otto von Bismark das elterliche Gut in Schönhausen. Er wurde Deichhauptmann und startete von hier aus als Abgeordneter des Landkreises Jerichow im Preußischen Landtag seine politische Kariere

Als Student hat Otto von Bismarck in Göttingen studiert. Das Bismarckhäuschen am Wall erinnert an ihn. Hier hat er (ein halbes Jahr) gewohnt. Es ist der letzte noch erhaltene Turm der äußeren mittelalterlichen Befestigung der Stadt Göttingen.

Die DDR sprengte das Schloss als Symbol Preußens, nur ein Seitenflügel blieb erhalten. Heute ist dort ein Bismarck-Museum untergebracht.

Etwas ungläubig lesen wir „Wegen Personalmangel geschlossen“. Otto von Bismarck war der erste Kanzler des Deutschen Reiches!. Vieles kann man heute kritisch sehen, aber er war für eine lange Zeit der Gestalter der deutschen Politik. Ohne ihn hätte es das Deutsche Kaiserreich vielleicht nicht gegeben. Und dann scheitert die Erinnerung an ihn an fehlendem Personal?

Ältestes Gebäude ist die romanische Backsteinkirche „Maria und Willibrord“  (Anfang des 12. Jh.). Hier wurde Otto von Bismarck getauft. Zahlreiche Gedenktafeln erinnern an Angehörige der von Bismarck. Die Kirche war Patronatskirche der von Bismarck. Sie hatten ihr Patronatsgestühl und ihnen stand das Begräbnis in der Kirche zu (daher auch die Grabplatten in der Kirche). Dafür mussten sie aber auch die Kirche unterhalten.

Dorfkirche Schönhausen
Ein Stundenglas  (aus dem 18. Jh.) zum Ablesen der Predigtdauer ist an der Kanzel angebracht. Die Information dazu besagt, dass der preußische König Wilhelm I. 1714 anordnete, dass Predigten nicht länger als ein Stunde dauern durften, bei Strafandrohung von 2 Talern.

Unterwegs nach Havelberg kommen wir an einem Denkmal der Roten Armee vorbei.

Ob solche Denkmale auch von den „Zwei-plus-Vier-Verträgen“ geschützt werden? In dem Wiedervereinigungs-Vertrag hat sich die Bundesrepublik zur Erhaltung sowjetischer Kriegerdenkmäler verpflichtet. Das war der russischen Seite wichtig. 
Oder gibt es noch Freunde der „Freunde“ (so hat die DDR-Bevölkerung die sowjetischen Besatzungssoldaten ironisch genannt)?

Was mir bei der Fahrt durch Brandenburg und östlich der Elbe auch aufgefallen war, sind die vielen aus der DDR-Zeit gebliebenen Straßennamen. Fast jedes Dorf hat eine „Karl-Marx-Straße“. Die gibt es auch in Berlin. Aber es ging weiter mit „Straße des Friedens“, „Straße der Freundschaft“ (typische DDR-Straßennamen), „Herbert-Matern-Straße“ (Matern war Vizepräsident der DDR-Volkskammer) usw..


Gegenüber von Schönfeld ist auf der westlichen Seite der Elbe ein Kraftwerk zu sehen. Das ist das ehemalige Atomkraftwerk Stendal.

Nördlich von Arneburg wurde ab 1982 das Kernkraftwerk Stendal gebaut. Dafür wurde das Dorf Niedergönne abgerissen. Wegen Sicherheitsmängel der sowjetischen Reaktoren wurden sie nie in Betrieb genommen. Auf dem Gelände ist jetzt der Gewerbepark Altmark.


Der Radweg auf der rechten Elbeseite ist sehr gut zu fahren. Der Kompass-Fahrradführer (von 2015) empfiehlt noch dringend den linken Uferweg, weil der Weg auf dem rechten Ufer noch nicht vollständig ausgebaut sei. Das ist aber inzwischen Vergangenheit. Wir sind gut in Havelberg angekommen.

Havelberg (Sachsen-Anhalt)
6.500 Einwohner.
Landkreis Stendahl.

Sehenswert:
- Historische Stadtinsel. Rathaus im Stil der norddeutschen                       Backsteingotik.
Dom (St. Marien, Hauptkirche des damaligen Bistums                               Havelberg).
Wasserturm (Backsteinbau von 1890).

Die Havel fließt nicht in Havelberg, sondern erst ein ganzes Stück weiter nördlich, in die Elbe. Für die Schifffahrt gibt es aber einen direkten Weg ab Havelberg zur Elbe, den Elbe-Havel-Verbindungskanal.

Die historische Altstadt von Havelberg liegt auf der Stadtinsel, die von der Havel und einem Altarm der Havel, dem Stadtgraben,  umschlossen wird. Gegenüber dem Stadtgraben ist der Bischofsberg mit dem Dom.

Havelberger Dom
Nach dem Wendenkreuzzug 1147 begann ein Wiederaufbau der Stadt. Um 1150 wurde mit dem Bau des Havelberger Doms St. Marien begonnen, der 1170 beendet wurde. Herausragendes Merkmal ist der massive rechteckige Turm des Doms (Westwerk), tür- und fensterlos, mehr als 30 Meter hoch.
Gleichzeitig gründete der  Prämonstratenser-Orden ein Domherrenstift. Nach der Reformation wurde das Domkapitel 1561 lutherisch. 1571 wurde der Besitz des Bistums säkularisiert und vom Kurfürstentum Brandenburg vereinnahmt.

Räumlich vom Dombezirk getrennt entstand auf der Stadtinsel die Stadt Havelberg. Der Altarm der Havel wurde zum Stadtgraben vertieft, so dass eine leicht zu verteidigende Insel entstand.  Die Stadt wurde nach einem regelmäßigen Plan angelegt, was typisch für die mittelalterlichen Ostsiedlungen war. Seit 1359 war Havelberg wie fast alle Städte in der Region Mitglied der Hanse.

Havelberger Dom
Um 1340 wurde auf der Stadtinsel die Stadtkirche „St. Laurentius“ als Hallenkirche im Stil der Backsteingotik fertiggestellt.

Neben der Stadtkirche ist das Beguinenhaus erhalten geblieben. Ursprünglich war es eine Hospitalkapelle (von 1390), die nach der Reformation ein Beguinenhaus wurde und deren Bewohnerinnen Krankenpflege und Leichenbettung übernahmen.
(Beguinenhäuser haben wir bei unserer Kreuzfahrt in Amsterdam kennengelernt. Mehr dazu im Internet-Blog „Sattel und Schuh“, Reisebericht „Kreuzfahrt Westeuropa - Amsterdam)

Am Salzmarkt erinnert das Haus des kurfürstlichen Salzinspektors an den damals lukrativen Handel mit Salz. Aber das war später, im 17. Jahrhundert.

Kurfürst Friedrich Wilhelm I.  von Brandenburg bestimmte 1651, dass Salz ausschließlich aus Halle an der Saale importiert werden musste. Warum aus Halle?
Halle gehörte zum Erzstift Magdeburg. Im Westfälischen Frieden von 1648 erhielt das Kurfürstentum Brandenburg den Anspruch auf das Erzstift Magdeburg (der weltliche Besitz des Bistums Magdeburg) als künftiges Herzogtum Magdeburg.
Der Kurfürst sorgte also dafür, dass seine Untertanen sein Salz kauften.

Eine weitere eigenständige Siedlung entstand gegenüber der Stadtinsel am Fuß des Dombergs parallel zum Stadtgraben und der Havel.

Mit dem Dombezirk sind es somit drei Siedlungskerne, aus denen die heutige Stadt Havelberg entstanden ist. Das erinnert an die Stadt Brandenburg, die auch aus drei vormals selbständigen Siedlungen hervorgegangen ist.

Allerdings ist der Dombezirk nicht zu einer bischöflichen Stadt ausgebaut worden (obwohl es ein königliches  Gründungsprivileg gab). Der Grund waren die Eigentumsverhältnisse des Dombezirks. Dem Bischof unterstand nur die Hälfte des Dombereichs, die andere Hälfte gehörte dem Markgrafen. Später  (1305) kam auch die bischöfliche Hälfte als Lehen zur Markgrafschaft. Das war der Grund, weswegen die Bischöfe ihre Residenz nach und nach in das 50 Kilometer entfernte Wittstock verlegten. Ab dem 13. Jahrhundert bis nach der Reformation 1548 war Wittstock statt Havelberg Bischofsresidenz.

In Havelberg trafen sich 1716 der russische Zar Peter der Große und der preußische König Friedrich Wilhelm I. (Soldatenkönig). Zwei Bronzefiguren der beiden Monarchen erinnern vor dem Dom an diese Zusammenkunft vor über 300 Jahren.

Begegnung in Havelberg
Hintergrund war der Nordische Krieg von 1700 bis 1721 um die Vorherrschaft im Ostseeraum. Russland, Sachsen-Polen und Dänemark-Norwegen hatten sich gegen Schweden verbündet. Brandenburg-Preußen und das Königreich Hannover schlossen sich 1713/1714 der Koalition gegen Schweden an.
Ergänzung: Fast zur gleichen Zeit war 1701 – 1714 der Spanische Erbfolgekrieg zwischen Frankreich und dem habsburgischen Österreich.

Zum Schwedischen Reich gehörten damals Schweden, Finnland, das Baltikum, in Deutschland Wismar, Vorpommern und das Herzogtum Bremen-Verden. Das Herzogtum Mecklenburg war Verbündeter des Zarenreiches (1716/1717 waren 40.000 russische Soldaten dort im Quartier).

Zar Peter war in Havelberg im Rahmen einer Europa-Reise, mit der er Verbündete gegen Schweden suchte. Die schon mit ihm verbündeten Mecklenburger mussten ihm für die Reise 50 Wagen und 400 Pferde stellen.
In Havelberg bekräftigten die beiden Monarchen mit der Konvention von Havelberg ihr Bündnis gegen Schweden.

Als Gastgeschenk erhielt der Zar vom preußischen König das  Bernsteinzimmer (das im 2. Weltkrieg in Königberg verschollen ist) und eine Yacht. Auf der Yacht soll das in 18 Kisten verpackte Bernsteinzimmer von Potsdam auf der Havel und Elbe nach Hamburg und weiter nach Petersburg transportiert worden sein (so ein Bericht, die Havel muss damals also schon schiffbar gewesen sein).
Das Bernsteinzimmer hatte der Vater von Friedrich Wilhelm I.  anfertigen lassen.
Das Gegengeschenk des Zaren an den preußischen König waren sog. Lange Kerls. Von Havelberg aus soll der Zar die Order gegeben haben, 200 große Bauern als Grenadiere für den preußischen König auszuheben.

Zur Bundesgartenschau 2015 wurde der Klostergarten am Dom wieder angelegt. Er soll an die Klostergärten des Mittelalters erinnern. Damals wurden meist außerhalb der Klausur Hopfengärten (für das Bierbrauen) und Ackerflächen für Getreide, Gemüse und Ölpflanzen bewirtschaftet. Bis Mitte des 13. Jahrhunderts wurde nur in den Klöstern Pflanzen und Heilkräuter angebaut. Die Benediktiner und Zisterzienser gelten als Begründer des europäischen Gartenbaus.

Der Rundgang durch Havelberg zeigt uns nicht nur die zum Teil sehr gut erhaltenen historischen Gebäude. Wir sehen auch den Niedergang der Stadt nach der Wende. Große Teile der Bevölkerung sind weggezogen. Viele Häuser sind unbewohnt. Viele Läden stehen leer. Das ist erschreckend. Und die Vielzahl der Leerstände gibt wenig Hoffnung auf eine baldige Lösung.
Das gleiche Erlebnis haben wir später noch einmal in Wittenberge. Auch dort wechseln sich bewohnte und sanierte Wohnhäuser mit vom Verfall bedrohten Leerstands-Häusern ab.
Initiativen und Vereine versuchen die leer stehenden Läden mit Ausstellungen etwas zu beleben. Aber das gelingt nicht richtig.

Etwas anders war das in Tangermünde. Leer stehende Häuser sind dort nicht auffällig. Aber Laden-Leerstand gibt es auch dort. Dort wird der aber professionell überdeckt. Das Schlosshotel nutzt diese Ladenflächen für ihre Imagewerbung. Das gelingt sehr gut. Erst die Wiederholung der gleichen Werbung an verschiedenen Stellen der Stadt macht die Ursache deutlich.
Ergänzung: Das Problem nicht mehr benötigter Ladenflächen ist sicher auch westlich der Elbe vorhanden. Nur ist es nicht so konzentriert und auffällig.

Übernachtung im „Altstadtcafé“. Das ist ein gut erhaltenes Fachwerkhaus im historischen Zentrum. Es war gut belegt.
Abendessen in einem kleinen Restaurant „Zur Domtreppe“, deutsche Küche, sehr gut. Allerdings gibt es auch keine so große Restaurant-Auswahl auf der Stadtinsel. Und um 19.30 Uhr wurde die Küche geschlossen. Wir waren rechtzeitig vorher dort.

Und noch eine kleine Episode. Für eine Ansichtskarte haben wir in Havelberg einen Briefkasten der Deutschen Post gesucht. Vergeblich, auch nach Befragen von Einheimischen. Einen einzigen Briefkasten haben wir gesehen, der war von einer privaten Post. Dafür hatten wir aber keine Briefmarke. Die Postkarte hat Eckhard am nächsten Tag an einem anderen Ort in einen „richtigen“ Briefkasten eingeworfen.


Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:

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