Von Prag nach
Magdeburg
Eine Fahrradtour
an den Ufern von Moldau und Elbe
Juli 2018
I. Teil: Start in Prag
Nach unserer gemeinsamen Radtour von
München über den Brenner nach Verona (für mich schon ab Berlin) sind Eckhard
und ich dieses Jahr in umgekehrter Himmelsrichtung von Prag nach Magdeburg
gefahren. War es damals eine Tour die Berge hinauf bis zum Brennerpass und nach
dem Brenner hinunter Richtung Gardasee und daran vorbei bis nach Verona, so war
es diesmal eine bequemere Fahrt entlang der Ufer der Moldau und der Elbe.
Anreise nach Prag mit der Bahn ab München bzw. Berlin.
Diesmal war auch Eva mit dabei, so dass wir zu dritt geradelt sind. Prag und Dresden haben wir zusammen mit Uschi
angesehen, die jeweils von Berlin angereist war.
Für die Routenplanung bin ich von der Wegeführung des Elbe-Radwegs ausgegangen. Gut beschrieben ist der Weg im „bikeline
Radtourenbuch“. Eine Webseite im Internet (der Koordinierungsstellen des
Elberadwegs) informiert über aktuelle Veränderungen und zeitweilig Sperrungen,
die ich in die Planung einbeziehen konnte.
Der Elbe-Radweg beginnt in Spindlermühle
an der Quelle der Elbe im
Riesengebirge und endet in Cuxhaven an
der Mündung der Elbe in die Nordsee. Wir sind den Abschnitt Melnik bis Magdeburg gefahren und davor von Prag bis Melnik auf dem Moldau-Radweg.
Wie immer bei meinen Fahrradtouren
habe ich mich auch mit den Landschaften,
durch die wir gefahren sind, und mit der
Geschichte befasst.
Dieser Bericht beginnt darum mit den
Flüssen Moldau und Elbe und dem Böhmischen Becken, durch das beide Flüsse
fließen und in dem die tschechische und früher böhmische Hauptstadt Prag liegt
(Kapitel 1).
Die Geschichte Böhmens wird
skizziert (Kapitel 2), die
Geschichte Sachsens und Sachsen-Anhalts, durch die die Elbe nach Austritt aus
dem Böhmischen Becken fließt, sind schon im Reisebericht „Radreise Berlin – Verona, Teil 7
Geschichte“ im Blog „Sattel und Schuh“ beschrieben und dort nachzulesen.
Mit dem Aufenthalt in Prag beginnt der Reisebericht (Kapitel 3). In Dresden (Kapitel 8) und Magdeburg (Kapitel 14) haben wir jeweils eine Pause
eingelegt, um die beiden Städte wie Prag etwas mehr kennenzulernen.
Unsere Fahrradreise war zunächst entlang der Moldau bis
Melnik (Kapitel 4) und dann an der
Elbe entlang bis Dresden (Kapitel 5 – 13).
Die Erläuterungen stammen meist aus Wikipedia- Artikeln im
Internet, ohne einzelne Zitierungen.
🔄Link zum Fotoalbum Die Touren entlagn von Moldau und Elbe
Zu dem Reisebericht gibt es zwei Fotoalben:
🔄Link zum Fotoalbum Prag - Dresden - Magdeburg🔄Link zum Fotoalbum Die Touren entlagn von Moldau und Elbe
Der Reisebericht ist in drei Blog-Beiträge
aufgeteilt:
I. Teil: Start in Prag
1. Elbe und Moldau
2. Geschichte Böhmens
3. Prag – Die Goldene Stadt
II. Teil: Von Prag bis Dresden
4. Am Ufer der Moldau - Von Prag bis Melnik 5. Entlang der Elbe – Von Melnik bis Aussig / Usti nad Labem
6. Elbsandsteingebirge - Von Aussig bis Bad Schandau
7. Eine kurze Strecke - Von Bad Schandau bis Dresden
8. Dresden – Nicht nur die Stadt August des Starken
II. Teil: Von Dresden bis Magdeburg
9. Sächsische Weinstraße – Von Dresden bis Riesa
10. Die vergessene Residenzstadt - Von Riesa bis Torgau
11. Zur Lutherstadt - Von Torgau bis Wittenberg
12. Wörlitzer Gartenreich - Von Wittenberg bis Dessau
13. Letzte Etappe bis Magdeburg
14. Magdeburg – Eine Gemeinsamkeit mit Prag
Teil I: Start in Dresden
1. Elbe und Moldau
Die Quellen von Elbe und Moldau
Die Quelle der Elbe (tschechisch Labe) liegt im tschechischen Teil
des Riesengebirges, unweit des Ortes
Špindlerův Mlýn (Spindlermühle) und der polnischen Grenze. Etwa 12 km nordöstlich
ist die Schneekoppe (polnisch: Śnieżka, tschechisch:
Sněžka), die höchste Erhebung im Riesengebirge. Die südliche
Seite gehört zu Tschechien, die nördliche Seite zu Polen - bis 1945 zu
Deutschland.
1987 bin ich zusammen mit meiner Mutter, sie stammt aus
dem Kreis Löwenberg in Schlesien nördlich des Hirschberger Tals, auf die
Schneekoppe gewandert.
Kurz hinter der Quelle ist der Elbfall.
Die Elbe stürzt dort 40 m tief in den Elbkessel. Danach fließt sie nach Südosten,
um nach gut 100 km in Richtung Westen abzubiegen. Etwa 70 km vor Prag schwenkt
die Elbe nach Nordwest und fließt östlich an Prag vorbei.
Anmerkung: Inzwischen war ich - zu Fuß - an der Elbequelle.
Siehe im Blog: "Zu Gerhart Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal (9) Wanderung zur Elbequelle"-
August 2022.
Fast parallel zur
Elbe, mit nur 30 km Abstand, fließt die Moldau
(tschechisch Vitava) in
nördlicher Richtung durch Prag. Etwa 50 km hinter Prag mündet sie bei Mělník (Melnik)
in die Elbe. Sie ist der größte Nebenfluss
der Elbe und bei Melnik länger und wasserreicher als die Elbe bis dorthin. Darum
ist eigentlich die Moldau der Ursprung der Elbe.
Die Moldau hat zwei Quellflüsse. Beide entspringen im Böhmer Wald, die Warme Moldau auf der tschechischen Seite (in gerader Linie südlich
der Quelle liegt Passau an der Donau), die Kalte
Moldau 30 km südlich der Warmen Moldau auf deutscher Seite (der Böhmer Wald heißt hier Bayrischer Wald). Wie die Elbe fließt auch die
Moldau zunächst nach Südosten um nach dem Lipno-Stausee eine Kehrtwende nach
Norden zu machen. Der Fluss passiert die Bierstadt Budweis und dann Český Krumlov (Böhmisch Krummau), fließt durch Prag und mündet in Melnik in die Elbe.
Das Schloss Krummau ist nach der
Prager Burg das zweitgrößte Schloss in Tschechien. Vor vielen Jahren haben wir
die Stadt mit Freunden aus Salzgitter besucht, eine sehr gut erhaltene, sehr
schöne Altstadt.
Friedrich
Smetana (1824 –
1884), tschechischer Komponist, hat der
Moldau eine Sinfonie gewidmet. Er beschreibt musikalisch die kleinen
Quellen der warmen und der kalten Moldau, die Entwicklung vom Bächlein zum
Fluss, die Landschaft und das Leben an den Ufern, die Stromschnellen und den
breite Fluss, der durch Prag fließt.
Die Moldau-Sinfonie ist Teil des Zyklus „Mein
Vaterland“ mit insgesamt 6 Abschnitten.
Eine gesungene Version von Smetanas
Moldau-Sinfonie gibt es auf Deutsch und Tschechisch („Die Moldau“ oder „Die
Täler meiner Heimat“) von Carel Gott (der nicht nur „Biene Maja“ gesungen hat).
Das Böhmische Becken
Elbe und Moldau fließen zunächst durch das Böhmische Becken, das von mehreren Gebirgszügen begrenzt wird:
Im Norden ist das Erzgebirge. Hier ist auch der Verlauf der Grenze zwischen Deutschland und
Tschechien.
Der
Grenzverlauf besteht seit dem 15. Jh. Kurfürst Friedrich von Sachsen (
ernestinische Linie, s.u., für Meißen
und das Vogtland) und der Herzog von Sachsen (albertinische Linie, s.u., für
Thüringen) legten zusammen mit dem König von Böhmen die Höhe des Erzgebirges
als Grenze zwischen Böhmen und Sachsen fest. Es ist die älteste bestehende Grenze in Europa. Zur Besiegelung des
Grenzvertrages wurde der Sohn Friedrichs, Albrecht (später Begründer der albertinischen
Linie der Wettiner, s.u.), mit der Tochter des Böhmischen Königs verheiratet.
Die Verlängerung des Erzgebirges ist nach Westen das Elstergebirge, nach Osten das Elbsandsteingebirge. Im Elbsandsteingebirge
(der deutsche Teil ist die Sächsische Schweiz) ist der Durchbruch
der Elbe aus dem Böhmischen Becken. Die
bekannteste Felsformation der Sächsischen Schweiz ist die Bastei. Der Fels war einmal Teil
der nicht mehr vorhandenen (aus Holz
gebauten) Felsenburg Neurathen. Die Aussichtsplattform dort ist ein
beliebtes Ausflugsziel, das jährlich 1,5 Millionen Besucher anzieht. Der Fels ist allerdings inzwischen durch Erosion
vom Absturz bedroht und teilweise gesperrt.
Im Westen des Böhmischen
Beckens ist der Böhmerwald. Er ist
ebenfalls Grenzregion zwischen
Deutschland und Tschechien. Auf deutscher Seite wird der Böhmerwald im
nördlichen Teil auch als Oberpfälzer
Wald und im südlichen Teil als Bayrischer Wald bezeichnet.
Im Osten sind die Sudeten (Riesengebirge, Adlergebirge). Hier verläuft die Grenze zwischen
Polen und Tschechien. Bis zum Ende des Zweiten
Weltkriegs gehörte der heute polnische Teil des
Riesengebirges als Teil Schlesiens zu Deutschland.
Die Elbe in Deutschland
Im Elbsandsteingebirge verlässt die
Elbe Tschechien und kommt auf
deutsches Gebiet. Sie fließt durch Dresden, erreicht danach (etwa bei Riesa)
die Norddeutsche Tiefebene und
fließt darin bis zur Nordseeküste. Bei Wittenberg verläuft das Elbtal nördlich
an der Endmoränen-Hochfläche der Dübener Heide und südlich des eiszeitlichen
Fläming-Höhenzuges vorbei. Es sind die letzten größeren Erhebungen im
Elbe-Verlauf.
Durch den Fläming und die Dübener Heide bin ich 2017 im Verlauf der
Fahrradtour über den Brenner gefahren, siehe „Radreise Berlin – Verona, 2. Teil“
im Blog „Sattel und Schuh“.
Die Elbe fließt in Deutschland durch
7 der 16 deutschen Bundesländer.
Zunächst durch Sachsen, bis hinter
Torgau (Bad Schandau, Pirna, Dresden, Meißen, Riesa, Torgau). Dann folgt Sachsen-Anhalt bis Havelberg
(Wittenberg, Coswig, Dessau-Roßlau, Barby, Schönebeck, Magdeburg - hier endet
unsere Radtour -, Tangermünde, Havelberg).
Hinter Havelberg ist die Elbe einige Kilometer der Grenzfluss zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg, bis vor dem niedersächsischen
Schnackenburg. Hier grenzt Sachsen-Anhalt an Niedersachsen und die Elbe wird Grenzfluss zwischen Niedersachsen und
Brandenburg (Lenzen). In diesem Abschnitt war die Elbe auch die frühere innerdeutsche Grenze zur DDR.
Hinter Dömitz wird die Elbe „rein“
niedersächsisch und dann wieder ab etwa Boizenburg Grenzfluss, diesmal zwischen Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Aber nur ein
kurzes Stück. Vor Lauenburg folgt Schleswig-Holstein
als Elbe-Nachbarland von Niedersachsen. Dann kommt vor Altengamme Hamburg, die Elbe ist immer noch ein
Grenzfluss, hier zwischen Niedersachsen und Hamburg.
Vor Hamburg-Harburg teilt sich die Elbe in Norderelbe und Süderelbe. Die
Süderelbe bleibt Grenzfluss zwischen Niedersachsen und Hamburg. Dann wird auch
die Süderelbe ein Hamburger Fluss,
bis zur Insel Neßsand, Hamburg-Blankenese ist gegenüber. Ab hier ist die Elbe
wieder halb niedersächsisch, halb
schleswig-holsteinisch. Dann fließt die Elbe durch den „Nordsee-Nationalpark
Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer“ und
gehört zu niemandem.
Insgesamt ist die Elbe 1.094 km
lang. Die wichtigsten Nebenflüsse
sind neben der Moldau die Saale und
die Havel. Die Quelle der Saale ist
im Fichtelgebirge. Die Mündung in die Elbe ist bei Barby. Die Havel-Quelle ist östlich des
Müritz-Sees. Die Havel fließt nach Süden bis Berlin, nimmt die Spree auf, wendet dann nach Norden und
mündet hinter Havelberg in die Elbe. Auch der Müritzsee nördlich von Berlin entwässert über die Elde in die Elbe.
2. Geschichte Böhmens
Die Geschichte Böhmens und Prags –
im Zentrum des „Böhmischen Becken“ gelegen - ist eng mit der deutschen Geschichte verbunden. Schon ab Ende des 12.
Jh. war das Königreich Böhmen Teil des
Heiligen Römischen Reiches (zum Heiligen Römischen Reich s. Bericht „Radreise
Berlin – Verona, 7. Teil Geschichte zur Radreise“ im Blog „Sattel und Schuh“).
Westslawisches Mährenreich
Ab dem 9. Jh. bestand ein westslawisches
Mährenreich (um 830, Gebiete Mähren, Slowakei, Böhmen), dessen
Führungsschicht sich zum Christentum bekannte.
Die Christianisierung Böhmens
und Mährens erfolgte von bayrischen Missionaren aus Regensburg und Passau. Die
Mähren erkannten zunächst die Souveränität des bayrisch-fränkischen Königs
Ludwig der Deutsche an, entzogen sich später aber dem fränkischen Einfluss.
Um seine Unabhängigkeit zu stärken, strebte der Fürst der Mähren ein
eigenes, vom bayrischen Klerus unabhängiges, mährisches Erzbistum an. Als der
Papst ihm das mit Rücksicht auf die Franken verweigerte, wandte sich das
Mährenreich im Jahr 862 an den Oströmischen Kaiser von Byzanz, der den
Missionar Kyrill und dessen Bruder
Method nach Großmähren entsandte.
Kyrill entwickelte zur Vorbereitung seiner Missionsreise
nach Mähren das erste slawische Alphabet, um biblische Texte für die slawischen
Christen zu übersetzen, die Glagolitische Schrift. Aus diesem Alphabet und der
griechischen Schrift entwickelte sich im 9. Jh. die nach Kyrill benannte Kyrillische Schrift.
Bistumsgründung durch Otto I.
Ende des 9. Jh. löste sich Böhmen aus dem mährischen Reich. Es wurde selbständiges Herzogtum und schloss
sich dem Ostfrankenreich an. 973
errichtete Kaiser Otto I. das Bistum Prag.
Davor hatte Otto I. 968 auch das Erzbistum Magdeburg gegründet
Unsere
Radreise ist quasi eine Verbindung zwischen den beiden ottonischen Bistumsgründungen
Prag (der Beginn unserer Radreise) und Magdeburg (das Ende unserer Reise).
Königreich Böhmen
1085 erhielt der
böhmische Herzog durch Kaiser Heinrich IV. die Königswürde für Böhmen. Der
böhmische Herzog hatte den Kaiser bei dessen Auseinandersetzungen mit dem
sächsischen Adel unterstützt und wurde mit der Königswürde belohnt.
Mit der Goldenen
Bulle Karl´s IV. von 1356 wurde der König von Böhmen einer der 7 Kurfürsten des Heiligen Römischen
Reiches (zu den deutschen Kurfürsten siehe „Radreise Berlin – Verona, 7. Teil
Geschichte“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh“). Zur Krone Böhmens gehörten in
der Zeit Karl IV. neben Böhmen auch Mähren und Schlesien.
Unter Karl IV. wurde Prag im 14.
Jh. (und dann wieder im 16. Jh. unter Kaiser Rudolf II.) die Hauptstadt des Heiligen Römischen Reiches
und politisches und kulturelles Zentrum Europas. Er erhob Prag zum Erzbistum
und gründete die erste Universität Mitteleuropas.
Karl IV. (1316 – 1378) war römisch-deutscher König ab 1346,
- von einer Mehrheit der
Kurfürsten gewählt – als Gegenkönig zu dem vorher gewählten Ludwig von Bayern –
gekrönt in Bonn, weil Aachen zu Ludwig von Bayern hielt – nach Ludwigs Tod ließ
er sich 1349 noch einmal zum König wählen und in Aachen krönen -
König von Böhmen ab 1347
(in der Nachfolge seines Vaters),
König von Italien ab 1355
(gekrönt mit der eisernen Krone der Lombardei) und römisch-deutscher Kaiser
1355 – 1378 (gekrönt in Rom).
- König war die
Bezeichnung der Herrscher des Heiligen Römischen Reiches von der Wahl bis zur
Kaiserkrönung -
Karl IV. stammte aus dem
Haus Luxemburg (Ursprung in Limburg), das neben den Habsburgern die meisten
römisch-deutschen Könige und Kaiser stellte. Er war in Frankreich
erzogen worden.
Er war nicht nur Erneuerer der Prager Burg sondern auch der Stadt. Er ließ
den Alten Königspalast in der Burg erneuern. Auf ihn geht der Bau des Veitsdoms
zurück. Ebenso die Karlsbrücke (an der sein Standbild steht). Er gründete auch
die Prager Neustadt.
Karl IV. bestimmte das
Verfahren der Königs- bzw. Kaiserwahl mit der Goldenen Bulle (s. Radreise Berlin – Verona, Teil 7 Geschichte, (1)
Brandenburg und Berlin im Blog „Sattel und Schuh“). Bis dahin war nicht
verbindlich geregelt, wer zur Wahl des Königs berechtigt war und es kam zu
gegensätzlichen Königswahlen. Karl selber war gewählt worden, obwohl vorher
Ludwig von Bayern zum König gewählt worden war (s.o.).
Erster Prager Fenstersturz und Hussitenkriege
Zwei Prager Fensterstürze markieren Epochen
der deutschen Geschichte.
Im ersten Prager Fenstersturz, 1419, warfen Anhänger von Jan Hus den Bürgermeister
und einige Ratsherren aus dem Fenster des Neustädter Rathauses am Karlsplatz,
als sie gefangene Glaubensbrüder befreiten. Vorhergegangen war 1415 die
Verurteilung von Jan Hus als Ketzer durch das Konzil von Konstanz und seine
Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Dies führte zum Aufstand seiner Anhänger.
Jan Hus (1370 – 1415, - der deutsche
Reformator Martin Luther lebte später, 1483 - 1546) war Hochschullehrer an der
Prager Universität und Prediger.
Hus wollte eine Reform der verweltlichten Kirche. Nur anhand der Bibel und nicht durch
Entscheidungen des Papstes seien Glaubensfragen zu klären. Wegen seiner
Predigten gegen das Papsttum und die Bischöfe erhielt Hus Predigtverbot, an das
er sich nicht hielt.
Hus predigte in tschechischer Sprache. Er beteiligte sich später auch
an der Übersetzung des Alten und Neuen Testamentes in die tschechische Sprache.
1488 wurde die erste
tschechische Bibel gedruckt. Luther übersetzte das Neue Testament 1521/1522 auf
der Wartburg in die Deutsche Sprache, 1534 erschien die deutsche Gesamtausgabe
der Bibel.
Hus wurde auf dem
Konstanzer Konzil 1415 wegen Ketzerei
verurteilt und in Konstanz auf dem
Scheiterhaufen verbrannt.
Nach seinem Tod entstanden
verschiedene reformatorische und revolutionäre Bewegungen (Hussiten). Große Teile der böhmischen Bevölkerung und des
böhmischen Adels unterstützten die Hussiten. Es war die Zeit des nationalen
Aufbegehrens gegen den deutschen Kaiser und die katholische Kirche.
Kirchen und Klöster wurden
von Hussiten besetzt. Der Papst rief zu mehreren Kreuzzügen gegen die Hussiten
auf. Die Kriege (Hussiten-Kriege)
verwüsteten bis 1434 Böhmen und die umliegenden Länder (Teile Österreichs,
Polen, Schlesien, die Oberpfalz, Ostfranken, Brandenburg – bis nach Bernau und Strausberg
bei Berlin kamen hussitische Truppen)). Böhmen verlor seine wirtschaftlich und
kulturell führende Stellung.
Zweiter Prager Fenstersturz und 30-jähriger Krieg
Der zweite Prager
Fenstersturz läutete 1618 den 30-jährigen Krieg ein.
Vertreter der protestantischen Stände
wehrten sich gegen Verletzungen ihrer Religionsfreiheit durch den katholischen
böhmischen König. Sie warfen den königlichen Stadthalter aus dem Fenster der
Prager Burg auf dem Hradschin.
Der 30-jährige Krieg, 1618 bis 1648, war vordergründig ein Religionskrieg zwischen der Katholischen Liga (der Kaiser aus dem
Haus Habsburg, Bayern, die katholischen Hochstifte - sie waren zugleich
Reichsfürsten) und der Protestantischen
Union (protestantische Fürsten, u.a. Pfalz und Württemberg, und
protestantische Städte, u.a. Straßburg, Nürnberg, Ulm).
Es ging den Beteiligten
aber mehr um die Vormachtstellung im
Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Gleichzeitig ging es um die Vorrangstellung in Europa, das Haus Habsburg (Österreich und Spanien)
gegen das Königreich Frankreich.
Der 30-jährige Krieg
überlagerte den 18-jährigen Spanisch-Niederländischen
Krieg um die Unabhängigkeit der Niederlande (die nördlichen Niederlande
wurden selbständig und schieden aus dem Heiligen Römischen Reich aus, die
südlichen Niederlande blieben bei Spanien und wurden im 19. Jh. Belgien) und
den Krieg zwischen Dänemark-Norwegen (Personalunion) und Schweden (u.a. ging die
Ostseeinsel Gotland an Schweden). Der 30-jährige Krieg wurde mit dem
Westfälischen Frieden 1648 beendet.
Böhmen wird Habsburger Kronland
Lange Zeit war
Böhmen ein Ständestaat und Wahl-Königreich,
bis die Habsburger die Herrschaft übernahmen.
Im 30-jährigen Krieg
unterlagen die (protestantischen) Böhmischen Stände den kaiserlichen
(katholischen) Truppen in der Schlacht am Weißen Berg 1620 (einer der Anführer
war der niederländische Graf Tilly – bekannt aus Schillers „Wallenstein“). Der Habsburger Kaiser des Heiligen
Römischen Reiches, Ferdinand II., konnte sich dadurch dauerhaft als böhmischer
König durchsetzen.
Nach der Auflösung
des Heiligen Römischen Reiches wurde das Königreich Böhmen 1804 als österreichisches Kronland Teil des
Habsburger Kaiserreiches.
Republik Tschechoslowakei und Tschechische Republik
Nach dem Ende des 1.
Weltkriegs ging Böhmen in der neu gegründeten Republik Tschechoslowakei auf. 1938 besetzte Deutschland das
Sudetenland (i.w. das tschechische Riesengebirge und östliche Gebiete) und
errichtete in der Folge das Protektorat Böhmen und Mähren. Nach dem 2.
Weltkrieg wurde die Tschechoslowakische Republik wiederhergestellt. 1989 endete
die kommunistische Zeit. Der Schriftsteller Vaclav Havel wurde Staatspräsident.
1991 trennten sich die Tschechei und die
Slowakei und wurden selbständige Staaten.
3. Prag – Die Goldende Stadt
Prag-Besichtigung
Mittwoch,
4. Juli (Uschi und ich)
Donnerstag,
5. Juli (mit Eva und Eckhard)
bis
Freitag 6. Juli
Übernachtung im Hotel H7 Palace in Prag
Die heutige Stadt Prag (Prag)
1784
wurden die vier selbständigen Städte Hradschin (Hradčany), Kleinseite (Malá Strana), Altstadt
(Staré Město) und Neue Stadt (Nové
město) von Kaiser Josef II. zur Stadt Prag vereinigt. Josef II. war bis
1780 Mitregent seiner Mutter Maria Theresia und stand bis 1790 als Erzherzog
von Österreich an der Spitze der Habsburgermonarchie.
1922
wurden Prag und 37 um Prag herum
entstandene selbständige Vorstädte
durch ein Eingemeindungsgesetz der Republik Österreich zu Groß-Prag zusammengefasst. Vorausgegangen waren eine Reihe von
freiwilligen Eingemeindungen (Prag lockte mit Infrastruktur-Zusagen und
Schuldenübernahmen).
Etwa zur gleichen Zeit
(1920) wurde mit dem Groß-Berlin-Gesetz
das heutige Berlin geschaffen. 6 Städte und 88 Gemeinden bzw. Gutsbezirke
wurden Berlin zugeordnet.
Die Probleme der großen
Städte waren vergleichbar. Durch die wirtschaftliche Entwicklung und
Industriealisierung entstanden um die Metropolen herum neue, schnell wachsende
Gemeinden. Die kommunalen Infrastrukturen mussten aufeinander abgestimmt bzw.
aufgebaut werden. Dafür brauchte man eine effektivere Verwaltungs- und
Planungsstruktur.
(ausführlicher „Radreise
Berlin – Verona, 7. Teil Geschichte“ im Blog „Sattel und Schuh“)
Anfang des 19. Jh. war der Anteil der
deutschen Bevölkerung in Prag fast
doppelt so hoch wie der der
tschechischen. Bürgermeister war ein Deutscher. Aber 1860 sprach nur noch ein
Drittel der Bevölkerung die deutsche Sprache. Durch die Industrialisierung nahm
der Anteil der tschechischen Bevölkerung ständig zu. 1862 wurde von der
deutschsprachigen Karl-Ferdinand-Universität eine tschechische Universität
abgespalten (siehe unten). 1880 wurde Tschechisch neben Deutsch Amtssprache in
Böhmen.
Heute hat Prag 1,2 Millionen Einwohner (Berlin 3,6 Millionen, München 1,5
Millionen). Ein Viertel der tschechischen Wirtschaftsleistung entsteht in Prag
(BIP (Bruttoinlandprodukt pro Kopf) 2015, EU 100 %: Prag 178 %, Tschechien 87 %).
Die Wirtschaftsleistung entspricht der von Oberbayern (Oberbayern 178 %,
Deutschland 124 %).
Prag ist Hauptstadt
der Republik Tschechien.
Bekannter Prager ist der Schriftsteller Franz Kafka (1883 – 1924). Er gehörte zum jüdischen deutschsprechenden
Teil der Prager Bevölkerung. Seine Romane und Erzählungen veröffentlichte er in
deutscher Sprache, auch nach der Gründung der Tschechoslowakischen Republik.
Beerdigt ist er auf dem Neuen Jüdischen Friedhof. Seine drei Schwestern
wurden von den Nazis deportiert und vermutlich in einem Vernichtungslager ermordet.
Gedenktafeln und ein Museum erinnern an Franz Kafka.
Hotelsuche
Vom Bahnhof
war es nicht weit zu unserem Hotel. Ein kleiner
Berg hinauf. Am Ende der
Straße „Halkova“ sahen wir schon einen großen Neubau.
Das Gebäude passte nicht so recht zu den anderen, zum Teil schön renovierten Altbauten
entlang der Straße. Aber ein Hotelneubau ist ja nicht schlecht, das verspricht
gute Zimmer. Und Hotel-Ketten sind oft in Neubauten.
![]() |
Jugendstil-Eingangshalle im Hauptbahnhof |
Wir kommen zu dem Neubau und stehen
davor. Kein Hotel. Ein
Verwaltungsgebäude. Was nun? Wir gehen die Straße zurück und sehen kein Hotel.
Also fragen wir Passanten. Die weisen auf die gegenüberliegende Straßenseite.
Aber das war nun ausgerechnet eines der wenigen noch nicht renovierten Gebäude.
Das sollte unser Hotel sein? Zum Glück kam gerade jemand aus dem Haus, den wir
fragen konnten. Nein, das Haus war nicht unser Hotel. Der Eingang nebenan sei
das Hotel. Wir schauen ungläubig, bis wir ein
kleines Schild H 7 Palace
entdecken.
H 7 bedeutete schlicht die Straße Halkowa mit der
Hausnummer 7 (Es gab zwei Hausnummern, Nr. 7 und Nr. 1642, ein älteres und ein
neueeres Nummern-System). H 7 war keine Hotelkette, was ich angenommen und deswegen
und wegen der Lage als Hotel gebucht hatte.
Der Zusatz Palace versprach nicht zu viel.
Das Hotel-Gebäude war ein Renaissance-Bau aus dem 19. Jh., der 2016 von
italienischen Architekten renoviert worden war, wie uns die Empfangsdame an der
Rezeption erklärte. Ein bisschen italienisches Flair haben auch die Zimmer und
der Innenhof. Die Privateigentümer fanden eine große Hotelreklame an dem
Gebäude als unpassend und begnügten sich mit dem kleinen, vornehmen „H 7“.
Das Hotel war eine gute Wahl. Gute
Zimmer, gutes Frühstück, guter Service. Unsere Fahrräder konnten wir im
Innenhof sicher abstellen. Die sichere Unterbringung der Fahrräder war auch ein
Abfragekriterium bei allen Hotels der Reise. Vorsicht ist besser als ohne
Fahrrad die Reise fortsetzen zu müssen.
Harley und mini
markets
Die Stadt war an dem Wochenende voll
mit Harley Davidson. Motorräder mit
Nummernschildern aus vielen europäischen Ländern und sogar aus Übersee. Die
Motorbiker feierten das 115-jährige Jubiläum von Harley Davidson. Eine
Bereicherung waren so vielen Motorrädern, die immer in Gruppen durch die
kleinen Gassen fuhren und immer wieder den Auspuff dröhnen ließen, nicht.
In der Tschechoslowakei (heute Tschechien und Slowakei) wurden ab den
1950er Jahren Nordvietnamesen als
Arbeitskräfte angeworben. Ebenso in der damaligen DDR (außerdem wurde eine
größere Anzahl Vietnamesen an
Universitäten der DDR ausgebildet). Der
vietnamesische Staat beglich mit der Arbeiter-Gestellung teilweise seine
Handelsschulden gegenüber der Tschechoslowakei. Nach der 1990er Wende kamen viele
Vietnamesen auch aus Deutschland hinzu.
In Berlin machte in den 1990er
Jahren die vietnamesische Zigaretten-Mafia Schlagzeilen. Die in DDR-Zeiten
angeworbenen vietnamesischen Arbeitskräfte hatten keine Arbeit mehr und
verdienten sich in Berlin ihr Geld mit Zigarettenschmuggel in großem Stil und
mit Schutzgelderpressungen. Diese Szene gibt es nicht mehr. Heute sind es die
vielen vietnamesischen Blumenstände, die auffallen. Auch mit einem
vietnamesischen Großhändler dahinter?
Wir waren in allen 4 Stadtteilen, die heute die historische Innenstadt
Prags bilden:
Auf dem rechten Moldau-Ufer
- Prager Neustadt
- Prager Altstadt
und gegenüber auf dem linken Moldau-Ufer
- Hradschin
- Prager Kleinseite.
Prager Neustadt
Unser Hotel liegt in der Prager Neustadt
und wir beginnen hier unsere erste Tour durch Prag.
Die Prager
Neustadt ist die zuletzt gegründete Teilstadt Prags. Sie wurde 1348 von Karl IV. gegründet, als Erweiterung der
dicht bevölkerten Altstadt, hauptsächlich für Händler und Handwerker.
In der Unteren
Neustadt sind der Platz der Republik und der Wenzelsplatz. Die Obere Neustadt befindet sich entlang
der Moldau, der Karlsplatz ist dort der größte Platz.
Der Wenzelsplatz
Gleich „um die Ecke“ des Hotels
liegt der weitläufige Wenzelsplatz,
ein ehemaliger Pferdemarkt.
Wenzelsplatz |
Hier erinnert ein Reiterstandbild (alle wichtigen Personen sitzen auf einem Pferd - auch Karl IV., wie wir später noch sehen) an den Heiligen Wenzel von Böhmen, den Landespatron der Tschechen.
Wenzel war (10. Jh.) Oberhaupt eines
tschechischen Stammesverbandes und bekannte sich im Gegensatz zu seiner
Mutter und seinem Bruder zum Christentum. Im Machtkampf wurde er von seinem
Bruder umgebracht. Sein Grab (in einem Vorgängerbau des Veitsdoms) wurde bald
zur Pilgerstätte und er als Heiliger verehrt. Historische Quellen gibt es
nicht, nur Heiligenlegenden.
An einen anderen Helden erinnert ein
weiteres, bescheideneres Denkmal. Der Student Jan Palach hat sich 1969 aus Protest gegen den Einmarsch der
Truppen des Warschauer Paktes und die Absetzung des Reformers Dubcek auf dem
Wenzelplatz verbrannt.
Alexander Dubcek war 1968 Generalsekretär der
tschechoslowakischen Kommunistischen Partei. Er versuchte ein Liberalisierungs-
und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen, den „Prager Frühling“. Die
Sowjetunion und die angrenzenden Länder Bulgarien, Ungarn, Polen und die DDR
sahen in dem Dubcek-Programm eine Konterrevolution.
Am 21. August 1968 besetzten 500.000 Soldaten der Sowjetunion, Polens,
Ungarns und Bulgariens das Land. Dubcek wurde nach Moskau gebracht und durch
Gustav Husak ersetzt.
1989 unterstützte Dubcek Vaclav Havel bei der Ablösung des Kommunismus
in der Tschechoslowakischen Republik.
![]() |
Jugendstil-Hotel Europa |
Der Jugendstil ist eine kunstgeschichtliche
Epoche Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts. Der Begriff „Jugendstil“ geht
zurück auf eine in München gegründete Kulturzeitschrift „Jugend“. Die
Stilrichtung verstand sich als Gegenbewegung junger Künstler und
Kunsthandwerker zum Historismus. Im Blickpunkt standen neue Materialien, wie
Beton oder Eisen, und neue Baumethoden.
Kennzeichnendes Element des Jugendstils sind dekorativ geschwungene Linien
und flächenhafte florale Ornamente.
In Frankreich entspricht der „Art Nouveau“ und in Österreich der „Sezessionsstil“
dem deutschen Jugendstil.
Ein kleiner Überblick über die
vielen Baustile in Prag:
Romanik ( 1000 – 1235)
St.-Georg-Basilika (Prager Burg)
Gotik (1140 – 1520)
Altneusynagoge (Cervena-Straße)
Karlsbrücke mit den Brückentürmen
St.-Veits-Dom
Theynkirche
Renaissance (1510 – 1620)
Schwarzenberg-Palast (Hradcanske namesti 2)
Barock (1575 – 1720)
Waldstein-Palast (Valdstejnske namesti)
St.-Nikolaus-Kirche (Malostranske namesti - Kleinseitner
Ring)
Loreto (Loretanska-Str.)
Rokoko (1720 – 1780)
Kinsky-Palast (Staromestske namesti 12 - Altstädter Ring
12)
Klassizismus (1770 – 1840)
Hl.-Kreuz-Kirche (Na Prikope 16 - Am Graben 16)
Historismus (1830 -1910)
St.-Peter-und-Paul-Kirche (Vysehrad)
Nationaltheater (Narodni tr. 2 - Nationalstraße 2)
Nationalmuseum (Vaclavske nam. 68 - Wenzelsplatz 68)
Jugendstil (1890 –
1910)
Gemeindehaus (nam. Republiky 5 - Platz der Republik 5)
Hotel Europa (Vaclavske nam. 25 - Wenzelsplatz 25)
Der andere große Platz in der Prager
Neustadt ist der Karlsplatz, einstl
der Viehmarkt
der Stadt. Hier war das politische Zentrum der Neustadt mit dem Neustädter Rathaus (erster Prager
Fenstersturz). Nicht weit davon ist das Prager „Hofbräuhaus“, das Restaurant U Flekú. Man muss sich dort, ähnlich
wie im Münchener Hofbräuhaus, nicht lange aufhalten. Aber ein Bier im Innenhof
sollte man dort trinken, wegen der Tradition. Das haben wir auch gemacht.
Seit 1499 wird im U Flekú Bier
ausgeschenkt (ein dunkles Lagerbier mit 13-gradiger Stammwürze). Ich war dort
schon einmal, als ich als Student mit einer Gruppe der Hildesheimer Jungen
Union auf Prag-Reise war.
„Bleibt eine 50-Heller-Münze auf dem Schaum liegen, versteht der Wirt sein
Handwerk“, so wurde früher das Prager Bier beschrieben.
Über den Geschmack des Bieres entscheidet die Stammwürze. Zehngradiges Bier
ähnelt dem Pils, zwölfgradiges ist herber und mancherorts stark wie Bockbier.
Damals waren wir auch auf der 30 km von Prag entfernten Burg Karlstein, von Karl IV. erbaut.
Von 1350 bis 1421 befanden sich dort die Reichskleinodien des Heiligen Römischen Reiches (Reichsschatz:
Reichskrone, Heilige Lanze, Reichsschwert). Danach wurden die Reichskleinodien
mehrere Jahrhunderte in Nürnberg, im
Heilig-Geist-Spital, aufbewahrt. Während der Koalitionskriege gegen Napoleon
wurden sie 1800/1801 in die Wiener
Hofburg gebracht.
An der Moldau
Zur Moldau ist es nicht weit. Ein „schiefes Haus“ fällt auf. Es ist das
„Tanzende Haus“ von Frank Gehry. Wir kennen ihn bzw. seine Gebäude von unserem
Besuch in Bilbao
und auch in Hannover hat er sich verewigt (s. „Spanien – Durch
nördliche Regionen, 1. Teil Bilbao“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh“).
Frank Gehry - Haus |
Ein Stück die Moldau hinunter ist das Nationaltheater (1881/1883 eröffnet, mit einem Grundstein aus dem
Berg Rip, s.u. Melnik) und die Philharmonie im Rudolfinum.
Das Nationaltheater wurde 1881
noch nicht ganz fertiggestellt wegen des Besuchs von Kronprinz Rudolf eröffnet
und nach einigen Aufführungen wieder für die endgültige Fertigstellung
geschlossen.
Das erinnert an die Eröffnung der Berliner Staatsoper Unter den Linden. Die
wurde am 3. Oktober 2017 nach mehreren Jahren Bauverzögerung eröffnet, und
wieder für die Restarbeiten geschlossen. Im Dezember begann dann der reguläre
Spielbetrieb.
Finanziert wurde der Bau des Nationaltheaters mit umgerechnet rd. 90
Millionen EUR Spenden. Da der Habsburger Kaiser keinen
Beitrag leistete, wurde
die Kaiserloge kurzerhand nicht mittig sonder am linken Rand des Zuschauerraums
plaziert.
Das Rudolfinum (nach dem
habsburger Kronprinz Rudolf, Sohn von Kaiserin Elisabeth „Sissy“) wurde Ende
des 19. Jh. im Auftrag der böhmischen Sparkasse als „Haus der Knstler“ gebaut.
Die Fassadengestaltung erinnert etwas an die Fassade der Semper-Oper in
Dresden, die 40 Jahre vorher fertiggestellt wurde.
Ab 1920 war das Gebäude Sitz der tschechoslowakischen Nationalversammlung,
bis zur deutschen Besetzung 1939. Nach 1949 wurde das Rufolfinum wieder
Konzerthaus.
Platz der Republik
Von der Moldau weg, zurück in die
Neustadt, führt uns der Weg zum Platz der Republik, an der Grenze
zwischen Neustadt und Altstadt.
Hier steht das Gemeindehaus. An der Stelle des Gemeindehauses, stand
einmal der Königshof.
Den böhmischen Herrschern war die Prager Burg zu unbequem und so bauten sie
sich 1383 in der Stadt eine neue Residenz, den Königshof. Nach 100 Jahren zogen sie wieder in die Burg zurück. Die
Stadt war ihnen nach einem Volksaufstand (1483, Katholiken gegen Hussiten) zu unsicher
geworden.
Anfang des 20. Jh. wurde das zwischenzeitlich als Kaserne genutzte Gebäude
abgerissen und die Stadt Prag baute ein Repräsentationshaus im schönsten
Jugendstil, das Gemeindehaus. 1918
wurde hier die Gründung der
Tschechoslowakischen Republik ausgerufen.
![]() |
Jugendstil-Restaurant im Gemeindehaus |
In der 1. Etage des Gemeindehauses
ist der Smetana-Saal, der größte
Konzertsaal derStadt. Das Prager Symphonieorchester
tritt hier auf.
Im Erdgeschoss, unter dem Smetana-Saal, haben wir in dem Jugendstil-Restaurant
„Francouska Art Nouveau“ zu Abend gegessen, mit bester Küche (2 Kochmützen im
Guide Gault & Millau) und einem mährischen Wein (einen „Gala Chardonney“
des Winzers Jaromír Gala aus Südmähren,
ein kleiner Winzer mit sehr gutem Wein) – siehe dazu die Bilder in der
Fotogalerie - .
Unter dem französischen Restaurant
ist ein typischer Prager Bierkeller, das Pilsener
Restaurant. Auch sehr schön, aber wir wollten diesmal etwas eleganter
essen.
Prager Altstadt
Die Prager Altstadt ist die
älteste der vier Prager Städte. Im 11. und 12. Jh. siedelten sich an der
Moldau im Schutz der Prager Burg deutsche und jüdische Kaufleute an. Im 13. Jh.
wurde Prag Residenz der böhmischen
Könige.
Zum Vergleich: Die Doppelstadt Cölln-Berlin
auf dem Gebiet des heutigen Bezirks Mitte entstand im 13. Jh.. Cölln wurde als
mittelalterliche Kaufmannssiedlung an der Spree das erste Mal 1237 erwähnt, die
Siedlung Berlin 1244. Die Siedlungen schlossen sich 1307 zusammen und bauten
eine gemeinsame Stadtmauer.
München wurde erstmals 1207 bzw. 1214 als
„civitas“ in Urkunden erwähnt. Nach der ersten bayrischen Landesteilung 1255 wurde
München Residenzstadt der Herzöge von Oberbayern.
(s. Radreise Berlin – Verona, Geschichte, im
Internet-Blog „Sattel und Schuh“)
Der Altstädter Ring
Das Zentrum der Altstadt ist der Rathausplatz
„Altstädter Ring“.
Als „Ring“ wurde in Böhmen und Mähren, auch in Schlesien, der zentrale
Marktplatz bezeichnet. In Schlesien bilden sie in den oft schachbrettartig
angelegten Städten der Ostbesiedlung den rechteckigen Stadtmittelpunkt, an
einer Seite oder in der Platzmitte steht das Rathaus.
1338
erhielten die Prager Bürger die Genehmigung des böhmischen Königs, sich ein Rathaus zu bauen. Finanziert haben
sie das aus einer Verbrauchssteuer auf Wein. Fast 70 m hoch wurde der Rathausturm.
Zur
vollen Stunde erscheinen die 12 Apostel an der Rathausuhr, deswegen auch Aposteluhr genannt. Die Uhr ist eine Astronomische Uhr (ab 1410 über mehrere
Jahre eingebaut), die die Zeit nach dem
Stand von Sonnenaufgang und Sonnenuntergang anzeigt, Tierkreiszeichen und die
Stellung des Mondes können abgelesen werden.
Unterhalb
des astronomischen Ziffernblattes ist
ein Kalender angebracht (?).
Die
astronomische Rathaus-Uhr konnten wir allerdings nur auf einer Bauplane sehen,
dieser Teil des Rathauses wurde gerade renoviert.
Wir sind den Turm des Altstädter Rathauses hinaufgestiegen
bzw. mit dem Aufzug gefahren, belohnt mit einer schönen Rundumsicht über
Prag:
Auf die gegenüberliegende Theynkirche.
Hier finden
fast täglich Konzerte statt, wie in vielen Prager Kirchen. Die Kirche wird bis
auf die herausragenden Türme von den davor stehenden Gebäuden des historischen Handelshofes verdeckt, „Theyn“
oder auch „Ungelt“ genannt.
Ausländische Kaufleute konnten dort gegen Zahlung von Schutzgeld ihre Ware
lagern und übernachten.
Der Bau der Theynkirche (14. / 15. Jh.) wurde durch die Hussitenkriege
verzögert. Nach dem Ende der Kriege sollte das Dach fertiggestellt werden. Aber
auf Befehl des Kaisers wurden die bereits angelieferten Dachbalken als Galgen
für die Hängung von Hussiten verwandt. Das Kirchendach musste warten.
Auf das Denkmal für Jan Hus in der Mitte des Rathausplatzes.
Jan Hus war tschechischer Reformator vor Martin Luther und Nationalist. Die
Tschechen verehren ihn als Nationalhelden. (siehe „Erster Prager Fenstersturz).
Auf die St. Nikolaus Kirche, im 18. Jh. gebaute Barockkirche
(bedeutendster Prager Barockbau). Seit 1920 ist sie die Hauptkirche der „Tschechoslowakischen Hussitischen Kirche“, die hier als Abspaltung von der Katholischen
Kirche gegründet wurde. Die Entstehung stand auch im Zusammenhang mit dem
Widerstand der tschechischen Bevölkerung gegen die Habsburger Monarchie und die
sie stützende Katholische Kirche. Heute hat die Hussitische Kirche rd. 40.000
Gläubige.
Überall in der Altstadt werden Trdelnik angeboten, gefüllt mit Sahne
oder Eis oder nur „pur“. Ein leckerer Nachtisch. Es ist ein Traditionsgebäck
aus der Slowakei. Hefeteig wird zu dünnen „Schnüren“ gerollt und um eine Stange
gewickelt, mit Nüssen und Zucker (und ein wenig Zimt) bestreut und über dem
Holzkohlengrill gebacken.
Ich habe das knusprige Gebäck schon vor Prag
einmal probiert und dachte, es wäre ein spanisches Gebäck. Probiert habe ich es
nämlich auf Teneriffa, an einem kleinen Stand in der Altstadt von Puerto de la
Cruz. Wahrscheinlich waren die Bäcker eine tschechische oder slowakische
Familie, die jetzt auf Teneriffa wohnt.
Die Prager Universität
Karl IV. gründete 1348 die Prager Universität. Zunächst fand die
Lehre in Privathäusern und Klöstern statt. 1366 stiftete Karl IV. der
Philosophischen Fakultät das Gebäude Collegium
Caroli (Karolinum), 5 Gehminuten vom Rathaus entfernt.
Deutsche Universitätsgründungen: 1365 Wien, 1378 Erfurt, 1386 Heidelberg,
1388 Köln, 1402 Würzburg, 1409 Leipzig, 1419 Rostock, 1456 Greifswald, 1457
Freiburg/Breisgau, 1459 Ingolstadt, 1472 München, 1473 Trier, 1477 Mainz, 1477
Tübingen, 1498 Frankfurt/Oder, 1502
Wittenberg, … , 1737 Göttingen, 1742/43 Erlangen, … .
Die Karls-Universität wurde durch Kaiser Karl IV. in seiner Funktion als
Böhmischer König gegründet. 1349 bestätigte er die Gründung für das Heilige
Römische Reich in seiner Funktion als römisch-deutscher Kaiser. Vorausgegangen
war die Genehmigung der Gründung durch die päpstliche Bulle von 1347.
Im Mittelalter (6. bis 15. Jh.) mussten der Papst und der Landesherr die Gründung einer Universität genehmigen.
Das Privileg des Kaisers,
Universitäten zu gründen, geht auf die römischen Kaiser zurück. Der oströmische
Kaiser Justinian (482 – 565) hatte verboten, außer in Rom, Beirut und
Konstantinopel Rechtschulen zu gründen. Hieraus bildete sich das Stiftungsrecht
des römisch-deutschen Kaisers heraus. Universitäten durften nur mit dem
Privileg des Kaisers gegründet werden.
Das Mitwirkungsrecht des Papstes
ergab sich aus der Theologie als Bestandteil des Studiums. Und die päpstliche
Genehmigung war wohl auch für die Anerkennung des Studiums wichtig.
In der päpstlichen Bulle von 1347
erklärte der Papst die an der
Prager Universität erworbenen Grade des „Doktorats“ und des „Magisteriums“ in
allen Ländern der Christenheit für gültig.
Die Prager Universität bestand entsprechend dem
Vorbild der Pariser Universität aus vier
Fakultäten, der Fakultät der freien
Künste und den höheren Fakultäten
Theologie, Rechtswissenschaften und Medizin. In der „Fakultät der freien
Künste“, auch als „Artistenfakultät“ bezeichnet (abgeleitet aus „artes
liberales“ – freie Künste), erfolgte die Vorbereitung auf das Studium in den
höheren Fakultäten sowie die Ausbildung zum Schullehrer. In diesem
vorbereitenden „Studium generale“ wurden die „Sieben Freien Künste“
gelehrt. Zuerst Grammatik, Rhetorik und
Dialektik (mit dem Abschluss
„Bakkalaureus - Bachelor“. Danach
Arithmetik,
Astronomie
und Musik (mit dem
Abschluss “Magister”).
Später wurden aus den Artistenfakultäten die Philosophischen Fakultäten, aus denen
danach die heutigen geisteswissenschaftlichen, mathematischen und
naturwissenschaftlichen Fakultäten hervorgingen.
Die Vorlesungen wurden damals in lateinischer Sprache gehalten. Erst ab 1784 wurde die deutsche Sprache die Regel, mit
Ausnahme der theologischen Fakultät.
Anlass war wohl, dass Kaiser Josef II. Deutsch als alleinige Amtssprache im
gesamten Habsburger Reich bestimmt hatte (?).
Seit der Gründung 1348
waren die Lehrenden und Studenten
ihrer Herkunft nach in die Nationen gegliedert:
Böhmen: Böhmen, Herrenhuter (böhmische Reformatoren), Südslawen (Jugoslawen,
Kroaten etc.) und Ungarn,
Bayern: Bayern, Österreicher, Schwaben, Franken und Rheinländer,
Sachsen: Markgrafschaft Meißen, Ober- und Niedersachsen, Dänen und Schweden,
Polen: Polen, Schlesier und Ostslawen (Ukrainer etc.).
Jede Nation hatte eine Stimme in den Gremien der Universität.
Dieses Stimmenverhältnis
änderte der böhmische König 1409. Jetzt bekamen die Böhmen drei Stimmen und die anderen Nationen zusammen nur 1 Stimme.
Damit waren die deutschen Professoren in der Minderheit.
Anlass war der Streit um
die Verbreitung der Lehren des englischen Theologen John Wyclif an der Universität - die deutschen Professoren waren
gegen deren Verbreitung in der Universität. Angestiftet hatte den Streit Jan Hus als Wortführer der Böhmischen
Nation in der Universität.
Der Hintergrund der
Stimmrechtsänderung war aber auch, dass sich der Böhmische König die
Unterstützung der böhmischen Fakultät bei seinen Bemühungen sichern wollte, wieder
Kaiser zu werden. Er war zuvor von einer Mehrheit der Kurfürsten abgesetzt
worden.
Die Folge war der Niedergang der Prager Universität. Viele
ausländische Gelehrte (80 % der Akademiker) und die deutschen Studenten
verließen Prag und gründeten in Leipzig
eine neue Universität. Die Prager Universität wurde Zentrum der
Ultra-Hussiten und verlor ihre bisherige Bedeutung.
1556 wurde in Prag ein Jesuitenkolleg gegründet, das 1616 im Clementinum (an der Karlsbrücke gelegen) eine katholische Universität wurde und in Konkurrenz zu der alten
Prager Universität stand.
1654
wurden die katholische Universitäten und die Karl-Universität zur Karl-Ferdinand-Universität zusammengelegt.
Im Revolutionsjahr 1848 wurde allen Lehrenden der Prager Universität das
Recht eingeräumt, ihre Vorträge in allen möglichen Sprachen zu halten. Der Vorrang der deutschen Sprache, die erst
1784 das Latein als Vorlesungssprache
abgelöst hatte, wurde beendet. 1882 wurde
die Prager Universität in eine deutschsprachige und eine tschechischsprachige böhmische
Universität aufgeteilt.
Die Josephstadt.
In diesem Teil der Prager Altstadt befand
sich vom 13. Jh. bis Mitte des 19. Jh. das Jüdische
Viertel.
Im Verlauf der Revolutionen 1848 wurde ein „Österreichisches Grundgesetz“
entworfen, das auch die Gleichberechtigung der Juden vorsah (das aber nicht in
Kraft gesetzt wurde). Die Diskussionen darüber führten aber u.a. dazu, dass
1849 der Zwangsaufenthalt im jüdischen Ghetto aufgehoben wurde.
Alter Jüdischer Friedhof |
Sechs Synagogen (darunter die Altneu-Synagoge, älteste unzerstört erhaltene Synagoge in Europa),
das jüdische Rathaus und der Alte jüdische Friedhof blieben
erhalten.
Auf dem Alten Jüdischen Friedhof fanden ab dem 15.
Jh. bis 1787 Begräbnisse statt (ab 1787
waren innerstädtische Begräbnisse verboten). Auf einer Fläche von gerade einmal
1 Hektar sind 12.000 Gräber und über 100.000 beerdigte Leichname. Aus Platznot musste man in mehreren Schichten
übereinander begraben.
Eigentlich hatten wir fast immer
gutes Wetter. Fast. In Prag wurde unser Programm durch einsetzenden Regen
gestört. Vom Altstädter Ring kommend waren
wir zur Josefstadt gegangen, als der Regen begann. Unser Gang über den Jüdischen Friedhof fiel darum etwas
kurz aus. Beeindruckend war das jahrhundertealte Meer von Grabsteinen
dennoch. Auch das Synagogen-Programm
haben wir gekürzt. Von den Synagogen in
dem Viertel – es gab nur ein Kombiticket für alle Synagogen - haben wir uns darum auch nur in der gleich am
Friedhof gelegenen Klaus Synagoge umgesehen.
Hradschin
Von der Prager Altstadt führt der
Weg über die Karlsbrücke hinauf zum Hradschin-Burgberg.
Auf dem Berg
Hradčany (Hradschin) befindet sich die Prager
Burg. Um den Burgplatz herum liegt die ehemals selbständige Prager Stadt Hradschin, eine der vier
Vorgängerstädte Prags.
Karls-Brücke auf der Kleinseite |
Wir gehen wie die böhmischen Könige den Königsweg hinauf
zum Hradschin. Einw enig steil bergauf. Und wahrscheinlich gingen damals die
Könige auch nicht, sondern ritten hoch zu Pferd hinauf. Zu Fuß musste das
einfache Fußvolk gehen (wie der Name das sagt).
Der Hradschin
ist ein Schloss-Komplex mit mehreren Höfen. Er ist jetzt
Sitz des tschechischen Staatspräsidenten. Aber nicht nur, in den Gebäuden sind
auch Gemäldegalerien und Museen. Mittendrin der Veitsdom, die St. Veit-Kathedrale des Erzbistums Prag, Mitte des
14. Jh. von Karl IV. erbaut.
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Prager Burg |
Im Verlauf eines Jahrtausends entstanden Bauten
verschiedener Stile: Romanik, Gotik, Renaissance, Barock, Klassizismus.
Vom Hradschin-Platz
vor der Burg aus sieht man zuerst in den ersten Burghof,der auch der Ehrenhof der Burg ist. Er geht auf
Kaiserin Maria Theresia zurück. Hier wird zur vollen Stunde ein Schauspiel der
Wachablösung geboten.
Die Uniformen der Wachen sind im Auftrag des damaligen Staatspräsidenten
Vaclav Havel von einem Oskar-Preisträger, Theodor Pistek, entworfen worden (das
passt zum Schauspiel?).
Vor dem Eingang zum Burghof stehen zwei
Skulpturen, die Kämpfenden Giganten
(1768 geschaffen).
Im zweiten
Burghof befindet sich die Hl.-Kreuz-Kapelle
mit der Schatzkammer der
St.-Veit-Kathedrale (mit Gegenständen aus der Zeit Karl IV.). Im Nordflügel
ist die Bildgalerie mit Bildern alter Meister (Rubens, Tizian, Cranach).
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St. Veits Dom |
Der Dom ist die Grablegung der böhmischen Könige und deutscher Kaiser (beginnend
1230 bis 1804, u.a. Kaiser Karl IV., die Kaiser
Ferdinand I., Maximillian II. und Rudolf II.)
Der Veitsdom
ist der dritte Kirchenbau an dieser Stelle. Zum Beginn des 10. Jh. stand hier
eine vom Heiligen Wenzel gebaute Rotunde,
im 11. Jh. wurde eine dreischiffige Basilika
gebaut. Ab dem 14. Jh. wurde der gotische
Neubau der Kathedrale begonnen. Eine Seitenkapelle des Doms bewahrt das
Grab des „Heiligen Wenzel“ (Wenzel von Böhmen (908 – 935), Premysliden-Fürst,
Oberhaupt des böhmischen Stammesverbandes).
Die Bezeichnung „Goldene Stadt“
bezieht sich auf die Türme der Prager Burg, die Karl IV. vergolden ließ. Eine
andere Erklärung ist, dass die vielen Sandsteintürme in der Stadt im
Sonnenschein golden leuchten.
Gegenüber dem Dom, am Georgsplatz, befinden sich die Georgsbasilika und der Alte
Königspalast.
Die Georgsbasilika
wurde zur Zeit der Christianisierung Böhmens Ende des 1. Jahrtausend
gebaut. Wie bei solchen alten Gebäuden hat auch die Basilika Veränderungen im
Laufe der Zeit durch Wiederaufbau nach einem Brand und Umbauten erlebt.
Der Alte
Königspalast ist eines der ältesten
Gebäude auf dem Burgberg. Interessant ist dort der Vladislav Saal, seinerzeit der größte Saalbau ohne Stützpfeiler in
Prag. Im Königspalast residierten die Könige bzw. deren Stellvertreter. Der
Stellvertreter des katholischen Königs und Kaisers wurde hier 1618 von
protestantischen Stände-Vertretern aus dem Fenster der Böhmischen Kanzlei geworfen (2. Prager Fenstersturz).
Im Landtagssaal des Königspalastes
ist die politische Gewichtung der Stände
in Böhmen nach der Landesordnung von 1627, nach der Niederlage der
protestantischen Stände am Weißen Berg (30-jähriger Krieg), an der Sitz- bzw.
Stehordnung zu sehen.
Im Zentrum steht der Thron des habsburgischen Königs. Hinter ihm saßen die
Vertreter der Katholischen Kirche, die den ersten Rang der Stände einnahmen. An
den Wänden und vor dem König saß der
Adel, d.h. Herzoge, Fürsten, Grafen und Ritter. Im hinteren Raum, hinter einer
Schranke, mussten die Vertreter der königlichen Städte stehen, sie hatten zusammen
auch nur eine einzige Stimme.
Geht man die Gasse weiter, kommt man (rechterhand)
am Rosenberg-Palast (in dem
ehemaligen Adelspalast richtete Kaiserin Maria-Theresia von Österreich im 18.
Jh. ein Stift für verarmte adlige Töchter ein, das bis 1918 bestand) und am Lobkowicz-Palast vorbei. Hinter den Palästen liegen zur Moldau
hin auf der ehemaligen Burgbefestigung die Gartenanlagen der Paläste.
Gegenüber ist das Goldene Gässchen. Hier, an der Wehrmauer, durften sich Wachsoldaten
auf eigene Kosten kleine Häuser bauen. Im Laufe der Zeit veränderte sich die
Bewohnerschaft. Handwerker zogen ein, weil sie hier nicht dem Zunftzwang der
Städte unterhalb der Burg unterlagen. Darunter auch Goldschmiede, denen das
Gässchen seinen Namen verdanken soll (dass in der Gasse Alchemisten wohnten,
die für den König Gold und den Stein der Weisen erfinden sollten, soll eine Erzählung
sein.)
Wir sind
nicht durch die Goldene Gasse gegangen. Neuerdings muss man dafür Eintritt
bezahlen. So toll ist die Gasse nun nicht. Alle anderen Teile des Hradschin
waren frei zugänglich.
Hradschin Stadt
Dem Burgplatz vorgelagert ist die Hradschin-Stadt mit dem Erzbischöflichen Palais und weiteren
Palästen. Dort ist auch das Kapuzinerkloster mit dem Prager Loreto innerhalb des Kreuzgangs.
Wie in der Stadt Kleinseite bauten auch in
Hradschin-Stadt die wichtigsten Adelsfamilien und auch die Kirche ihre Paläste:
Erzbischöfliches
Palais. Im 16. Jh. wurden das
Erzbischöfliche Palais und weitere Häuser für den Klerus (Domherren) errichtet.
Palais
Schwarzenberg. Der Familie
gehörte auch das Schloss Böhmisch Krumau an der Moldau (s.o.). Ein Nachfahre
der Familie war einige Jahre Außenminister der Tschechoslowakischen
Republik. Das Palais beherbergt heute
eine Kunstgallerie.
Palais
Lobkowicz. Heute beherbergt der
Palast das private Familienmuseum. Neben diesem Palais gehört der Familie auch
der Palast in der Burg und im Stadtteil Kleinseite (s.u. deutsche Botschaft). Im
Laufe unserer Radtour begegnen wir noch weiteren Schlössern der Familie.
Palais Czernin. Heute ist dort das Außenministerium.
Gegenüber dem Palais Czernin befindet sich das Prager Loreto, die Loretokapelle, im Innenhof des Kapuzinerklosters. Es ist
eine Nachbildung der Lorotokapelle im italienischen Ancona.
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Loretto-Kapelle |
Die Loretokapelle in Ancona ist
nach dem Petersdom der zweitwichtigste Wallfahrtsort
der Katholischen Kirche.
Südlich der Prager Burg ist der Petrin-Berg (Laurenziberg) mit einem Aussichtsturm, der 1891 anlässlich der
Weltausstellung als kleine (1:5) Kopie des
Eiffelturms errichtet wurde. Mit einem Ausblick auf ganz Prag. Im 14. Jh. wurden auf dem Laurenziberg und den
Hängen rings um Prag Wein angebaut.
Jetzt ist der Petrin-Berg ein Erholungsgebiet der Prager.
Unterhalb des Petrin-Berges ist das Denkmal
für die Opfer des Kommunismus, 2002 errichtet.
Auf halber Höhe ist das Restaurant Nebozizek. Wir waren hier vor vielen Jahren
mit Freunden aus Salzgitter. Eine Erinnerung.
Man sieht noch Reste der Stadtbefestigung Karl
IV. Angeblich ließ Karl IV. die Mauer auch als frühe
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme bauen und beschäftigte mittellose Arme. Der Name Hungermauer soll davon kommen.
Prager Kleinseite
In die Stadt zurück sind wir durch
den Stadtteil Prager Kleinseite
gegangen. Mit einem kleinen Umweg, um an der Deutschen Botschaft vorbei zu kommen. Hierhin hatten sich 1989 rd.
4.000 Bürger der damaligen DDR geflüchtet, denen Außenminister Genscher damals
vom Balkon der Botschaft die freie Ausreise in die Bundesrepublik verkündete.
Es ist eine großer Garten und ein großer und prächtiger Palast.
Die Stadt Prager
Kleinseite liegt unterhalb der Prager Burg. Ursprung ist die Ansiedlung norddeutscher
Kolonisten Mitte des 13. Jh..
Im 16. Jh. verwüsteten Brände den Stadtteil. Es war
weiterer Platz geschaffen für die Paläste und Gartenanlagen des böhmischen
Adels in der Nähe der Königburg.
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Deutsche Botschaft im Palais Lobkowicz |
Das Anwesen hat eine mehr als 300 jährige
Geschichte. Ludwig van Beethoven und Carl Maria von Weber haben im Kuppelsaal
des Schlosses Konzerte gegeben.
1927 verkaufte die Familie den Palast an den Staat. Einige Jahre war er
Sitz der Botschaft der Volksrepublik China. Seit 1974 ist in dem Palais die
Deutsche Botschaft der Bundesrepublik Deutschland.
Palais
Schönborn. Der Palast mit drei
Höfen und über 100 Räumen wurde von dem Großprior des Malteserordens errichtet.
Franz Kafka wohnte hier 1917 in zwei
Zimmern ohne Küche. Das Haus muss damals sehr heruntergekommen gewesen sein.
Heute residiert die amerikanische Botschaft in dem Gebäude.
Palais
Waldstein. Berühmtes Mitglied des
Hauses Waldstein ist der böhmische Feldherr des 30-jährigen Krieges Albrecht
Wenzel von Waldstein, genannt Wallenstein.
Er hat das Palais ab 1623 bauen lassen. Friedrich Schiller hat ihn in seiner
Wallenstein-Trilogie verewigt.
Heute ist der Palast Sitz des Senats (2. Kammer
neben dem Abgeordnetenhaus) des Tschechischen Parlaments.
Essen und Trinken:
Abendessen heute klassisch
tschechisch.
Im Gemeindehaus hatten wir die
französische Prager Küche probiert. Also war jetzt die traditionelle Prager
Küche an der Reihe.
Das Kolkovne-Restaurant in der
Altstadt hatte uns die Hotel-Empfangsdame empfohlen. Sie sei selber schon öfter dort
gewesen. Wir folgten der Empfehlung und waren zufrieden, mit einer Prager Platte, bestehend aus Ente,
Bierwurst, Kassler-Braten, Rot- und Weißkraut, Semmelknödel (geteilt mit
Uschi!). Das schmeckte alles gut, bis auf die Semmelknödel. Das waren trockene
Semmelscheiben, die konnte man nur mit viel
Soße essen. Die Semmelknödel waren überall in der Tschechei gleich (trocken). Ganz
anders als die bayrischen Knödel.
Das Bier aber war überall gut. Klar, gilt doch Tschechien als die Wiege des „Pils“, des Pilsner Urquell. Dabei geht die
„Pilsner Brauart“ auf einen bayrischen Braumeister zurück. Mitte des 19. Jh.
war das Bier in der böhmischen Stadt Pilsen so schlecht, dass die Pilsener den
bayrischen Braumeister Josef Groll aus Vilshofen (Landkreis Passau) holten. Der
braute 1842 den ersten untergärigen Sud aus hellem Malz in langsamer und kalter
Gärung. Zunächst wurde die Pils-Methode als „Nach Bayrischer Brauart“
bezeichnet, später setzte sich „Pilsner Brauart“ durch.
Tschechisch ist „Pilsner Urquell“
allerdings nicht mehr. Seit 2016 gehört die Brauerei zum internationalen
(japanischen) Asahi-Beer-Konzern.
Untergärig bedeutet, mit einer Hefe gebraut, die im
Gärprozess auf den Boden sinkt. Obergärige Hefen werden durch aufsteigende
Kohlensäure an die Oberfläche gebracht.
Die Untergärung braucht eine niedrigere
Brautemperatur als die Obergärung. Früher (vor Erfindung der
Kältemaschine 1876 – Carl Linde, Linde AG) konnten darum untergärige Biere nur
im Winter hergestellt werden und im Sommer nur, wenn Natureis gelagert werden
konnte (Brautemperatur weniger als 10 Grad).
Untergärige Biere sind Pils, Helles,
Lagerbier und Schwarzbier.
Braumalz
wird aus Sommergerste hergestellt. Durch Einweichen in Wasser keimt die Gerste
und es entsteht Malzzucker. Danach wird die Gerste gedarrt, d.h. mit 80 Grad
heißer Luft getrocknet (helles Malz, dunkles Malz für Schwarzbier bei 100 Grad).
Vor Melnik sind wir an Hopfen-Feldern vorbei gefahren. Der
Hopfen dort wird aber für andere Biere angebaut. Für Pilsner Urquell wird traditionell
Hopfen aus der nordböhmischen Stadt Saaz (Zatek) an der Eger bezogen (wenn das
heute noch so
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