Ein Industriedenkmal am Meer


Teneriffa. Küstenwanderung von La Paz nach San Pedro (Teneriffa) 

Streckenwanderung 10,7 km, 3,5 Stunden mit Pausen, Aufstieg 276 m und Abstieg 278 m (summarisch)
Dezember 2017 (aktualisierte Fotos Januar 2018)

Die Tour ist bei "outdooractive" abrufbar:  Link 🔄La Paz nach San Pedro.

Die älteste Dampfmaschine Teneriffas wurde an der Nordküste zwischen Puerto de la Cruz und San Pedro betrieben. Das war Anfang des 20. Jahrhunderts. Heute erinnert die Ruine des Maschinenhauses am Weg nach San Pedro daran. Es ist ein sehr schöner Wanderweg entlang der Küste. Wir gehen ihn meist mehrmals in der Saison.

Von La Paz in Puerto de la Cruz aus gehen wir zügig durch die Stadt zum Hafen. Hier beginnt die Schutzmauer, auf der wir entlang gehen.

Der Hafen von Puerto de la Cruz gehörte einst, wie die ganze Stadt, zu La Orotava. Anfang des 16. Jh. wurde die Bucht des Baranco  San Felipe (westlich des heutigen Playa Jardin) als Anlandeplatz für die Versorgung des Orotava-Tals genutzt. Die Schiffe lagen auf Reede und die Waren wurden mit Ruderbooten an Land und dann weiter mit Maultieren und Wagen nach La Orotava gebracht. Weitere Anlandeplätze waren am Puerto Nuevo (am heutigen Hafen) und am Strand von San Telmo (vor der heutigen Promenade). Mitte des 17. Jh. wurde am Puerto Nuevo eine Hafenmole gebaut, der heutige Fischereihafen.  

Der Hafen wurde durch die Festungsanlage Batería Santa Barbara  vor Piraten geschützt. Sicher auch vor Portugiesen und Engländern,  die damals mit Spanien um die Herrschaft konkurrierten. Englische Schiffe haben dreimal vergeblich versucht, den Hafen von Santa Cruz zu erobern. Nach der Entdeckung Amerikas waren die Kanarischen Inseln strategisch wichtig. Es war die letzte Möglichkeit, noch einmal Wasser und Proviant zu laden. Auch Columbus machte hier bei seinen Amerika-Fahrten Station (La Gomera). Heute erinnern die Kanonen am Plaza Europa (gegenüber dem Rathaus) daran. Anfang des 17. Jh. wurden an der gesamten Nordküste Verteidigungsanlagen gebaut.

Ein Vulkanausbruch verschüttete 1706 (so lange ist das gar nicht her) den Hafen von Garachico, westlich von Puerto de La Cruz. Der Hafen von La Orotava wurde der Haupthafen der Insel. Im Hafengebiet ließen sich vorwiegend englische Händler nieder, die den Weinhandel nach England betrieben, auch Portugiesen und Franzosen. Die großen Häuser am Hafen gehörten einmal diesen Händlern.

Der Spanische Erbfolgekrieg (1701 bis 1714,  siehe Bericht "Spanien - Durch die nördlichen Regionen, Geschichte") führte zum Zusammenbruch des Handels mit England. Danach war es aus für den Handel mit kanarischem Malvasia-Wein. Die Engländer hatten Geschmack an portugiesischem Madeira- und Portwein gefunden. Außerdem verlor der Hafen seine Bedeutung, weil die spanische Krone als einzigen Exporthafen der Insel Santa Cruz bestimmte. Nur Schmuggelgut (Wein und Tabak) wurde noch von Puerto aus nach Amerika verschifft. Schmuggelgut, weil jedweder Handel mit den spanischen Kolonien in Amerika von der spanischen „Casa de Contratación“ kontrolliert und besteuert wurde.

Trotzdem bestand die Siedlung am Hafen weiter. Anfang des 18. Jh. wurde das Gebiet um den Hafen von der Stadt La Orotava selbständig und nannte sich Puerto de la Cruz.

Die Mole zwischen Hafen und der Playa Jardin wird von mächtigen Betonquadern geschützt. Bei Wind spritzen die Wogen über die Mauer. Wenn man nicht aufpasst, wird man erwischt. Auf den Betonklötzen krabbeln Mengen an Krebsen. Sie zu fangen ist wohl schwer. Jedenfalls sieht man niemanden, der es versucht.  Die Luft ist von der Gischt mit Seewasser angereichert. Es ist wie an einem Gradierwerk. Die Oberfläche der Mauer wird von Jahr zu Jahr rauer. Das Seewasser wäscht den Beton aus. Man muss festes Schuhwerk haben. Mit Strandlatschen geht man wie auf einem groben Reibeisen.

So schön wie die Meerseite ist, so hässlich ist die Landseite der Mole. Ein riesig großer Parkplatz. Aber er ist notwendig. In der Stadt findet man kaum einen Parkplatz. Und viele Einheimische aus der Umgebung und natürlich Touristen mit ihren Leihwagen kommen in die Stadt. Die Verwaltung plant seit langem an dieser Stelle einen neuen, großen Hafen. Sogar mit einem Anleger für Kreuzfahrtschiffe. Aber die Realisierung ist in weiter Ferne. Und ein neuer Parkplatz würde dann auch gebraucht.

Castillo San Felipe
Am Ende der Mole ist das Castillo San Felipe. Es wurde wie die anderen Befestigungsanlagen Mitte des 17. Jh. zum Schutz des dortigen Anlandeplatzes gebaut. Heute wird  es für kulturelle Zwecke genutzt (wenn es nicht geschlossen ist). Stadteinwärts, nicht weit entfernt und früher mit einem unterirdischen Tunnel verbunden, ist das damals zum Castillo gehörende Pulvermagazin Polvorin. Gleich neben dem Stadtfriedhof San Carlos. Eine Zeit lang wurde darin eine kleine Gaststätte betrieben.
           
               
               Zu dem Friedhof ist auch eine Anmerkung zu machen. Ganz in der Nähe ist
der sog. „Englische Friedhof“, umgeben von einer hohen Mauer, damals am Rand der Ortschaft gelegen. Der Friedhof, heute von der Anglikanischen Gemeinde betreut, durfte von außen nicht einsehbar sein und es durfte auch kein Kreuz angebracht werden. An der Eingangstür steht die Jahreszahl 1757. Seinerzeit durften Nicht-Katholiken nicht auf den spanischen Friedhöfen beerdigt werden. Gegründet wurde er von Holländern, beerdigt sind auch Engländer, Norweger, Deutsche.
Der katholische Friedhof San Carlos wurde erst 1840 eröffnet. Bis dahin wurden die Katholiken aus Puerto de la Cruz in Orotava beerdigt.

Vor dem Castillo, am Meeresufer, ist in den letzten Jahren ein Meer an Steinmännchen entstanden. Es fing mit einigen an, jetzt ist eine große Fläche damit bedeckt. Die müssen Touristen (oder Einheimische?) mit viel Zeit aufgeschichtet haben.

Wir gehen auf der unteren Promenade des Playa Jardin weiter.  Der Strand ist bei Touristen und Einheimischen gleichermaßen beliebt. Allerdings weht meist die rote Fahne. Das bedeutet Badeverbot. Man sollte es auch beachten. Die Unterströmungen haben schon manchen Schwimmer hinaus ins Meer gezogen.

Der „Gartenstrand“ stammt von Cesar Manrique und ist 1994 eröffnet worden. Cesar Manrique hat auch das Meerwasser-Schwimmbad „Lago Martiánez“ entworfen. Er stammt von Lanzarote und ist ein auf den kanarischen Inseln bekannter Architekt, der seine Bauwerke der umgebenden Landschaft anpasste. In sein Wohnhaus auf Lanzarote hat er vulkanische Blasen eines Lavastroms einbezogen.

Am Ende des Playa Jardin ist der Ortsteil Punta Brava (Wilde Spitze) von Puerto de la Cruz. Hier ist der Loro Park. Er wurde 1972 von dem Kölner Wolfgang Kiessling als Papageien-Park (Loro – Papagei) eröffnet, damals mit 150 Papageien auf 13.000 m² Fläche. Heute hat der Park 135.000 m², mit 350 von weltweit 800 Papageien-Arten, Haie in einem Aquarium mit einem Unterwassertunnel, Delphine, Seelöwen, Orca (Schwertwale) und weiße Tiger.

Dann kommen das Hotel Maritim und zwei Appartment-Türme. Eine Verschandelung der Küste, heute sicher nicht mehr genehmigungsfähig. Aber das Restaurant am Swimmingpool ist für eine erste Pause gut.

Hinter den Appartementhäusern  beginnt der Küsten-Wanderweg. Entlang einer Steilküste. Oberhalb der Playa de los Roques mit dem großen und dem kleinen Felsen (Die Entstehung der Felsen, Roques, ist im Wanderbericht „Las Carboneras bis Chinamada“ beschrieben). Landeinwärts sind die alten, jetzt aufgegebenen, Terrassenfelder mit den Trockenmauern zu sehen. Im Frühjahr blühen an den Felswänden die gelben Gänsedisteln. Jetzt sind nur kleine Pflanzenansätze zu sehen.

Es geht etwas steil hoch zu der Appartmentanlage „Romantika II“. Jetzt sind wir in der Nachbargemeinde von Puerto, Los Realejos. Es ist eine in die Jahre gekommene Ferienwohnungsanlage. Hier, am Tennisplatz, machen wir sonst eine zweite Pause (Pausen gehören zu unseren Wanderungen). Aber das Restaurant war immer noch geschlossen. Also gehen wir weiter, durch die Anlage hindurch. Wieder auf den Küsten-Wanderweg. An einer neuerdings bewirtschafteten Finca vorbei.

Unter uns sehen wir die Ruine des Maschinenhauses von La Gordejuela für die erste
Ruine Casa Hamilton
Dampfmaschine Teneriffas. Es war wohl auch das erste Industrieprojekt der Insel.

Zwischen 1904 und 1906 wurde das fünfstöckige Gebäude gebaut. Mit der Kohle betriebenen Dampfmaschine wurde das Wasser der Quelle von La Gordejuela hinauf zur Bewässerung der umliegenden Bananenplantagen  gepumpt. In Auftrag gegeben wurde es von der Firma Hamilton, die im Bananenhandel aktiv war, und deswegen heißt das Haus auch „Casa Hamilton“ (Nachfahren der Familie leben noch auf der Insel).

Es geht hinunter in den Baranco. Sehr schön zu sehen ist der Verlauf des erkalteten Lavastroms am Grund der Schlucht. Und wieder hinauf, zur  Rambla de Castro, ein Naturschutzgebiet. Vorbei am Fortin de San Fernando. Das kleine Fort wurde im Zuge der Küstensicherung gebaut. Es soll als Kulisse u.a. in dem Film Moby Dick gedient haben. Heute ist es im Gegensatz zu den andern ehemaligen Verteidigungsanlagen stark vernachlässigt.   
Dann kommt die Casona de Castros. Ein Herrenhaus aus dem 16.  Jh., umgeben von vielen Palmen. Es ist von der Gemeinde schön renoviert worden, aber wohl nicht genutzt.

Die Casona (Villa) de Castro war ein bedeutendes Landgut (Hacienda) des Portugiesen Hernando de Castro. Mit einer eigenen Quelle, der “Madre de Agua”. Zuerst wurde Zuckerrohr angebaut, dann Weinreben. Castro war ein Mitstreiter des Teneriffa-Eroberers Fernandes de Lugo (Ende 15. Jh.) und erhielt von ihm das Land. Lugo wurde nach den Eroberungen Gouverneur von La Palma und von Teneriffa. Von der Kastilischen Krone erhielt er das Recht, die Ländereien im Namen der Krone zu verteilen. Er ist in der Kathedrale von San Cristóbal de La Laguna bestattet.

Zuckerrohr wurde auf der Hacienda und auf der Insel zuerst angebaut. Das war in der ersten Hälfte des 17. Jh.. Zuckerrohr braucht viel Wasser und zum Auskochen viel Holz. Beides war knapp auf der Insel. Trotzdem lohnte sich der Zuckerrohranbau, bis die Pflanze auch in Amerika angebaut wurde und Zucker aus Amerika von den europäischen Abnehmerländern preiswerter importiert werden konnte.

In der Folge wurde Wein vor allem auf Teneriffa und La Palma angebaut. Auch damit war es vorbei, als England bedingt durch den Spanischen Erbfolgekrieg auf Portugiesische Weine umstieg. Die Folge war eine Wirtschaftskrise, während der viele Einwohner in die amerikanischen Kolonien Spaniens  auswanderten.

Anfang des 18. Jh. regelte ein königlicher Erlass (1718), dass je 100 Tonnen Exportgüter nach Amerika zusätzlich 5 kanarische Familien mit jeweils fünf Mitgliedern mit dem Schiff mitgenommen werden mussten. Damit wollte man eine drohende Übervölkerung der kanarischen Inseln abwenden.  Der Erlass wurde als „Tribute de Sangre“ (Bluttribut) bezeichnet. Diese Zwangsemigration stärkte die spanische Präsenz in seinen Kolonien. Stadtgründungen in Texas (Montevideo und San Antonio) gehen darauf zurück, ebenso die Wiederbevölkerung von Kuba, Puerto Rico und des Mississippi-Deltas.

Eine wirtschaftliche Zwischenepisode bedeutet die Cochinilla-Laus. Diese, aus Mexiko stammende Laus, lieferte den Grundstoff für den natürlichen Farbstoff  Karminrot. Die Läuse wurden auf bestimmten Kakteen-Arten gezüchtet. Bei Wanderungen sieht man noch heute Kakteen mit diesen Läusen. Zerquetscht man sie, bekommt man die rote Farbe auf die Finger, die nur schwer wieder abzuwaschen ist. Karmin war Mitte des 19. Jh. der wichtigste Exportartikel der Kanaren (auf Teneriffa 90 % des gesamten Exports).  Mit der Erfindung chemischer Farben endete auch dieser Boom. Der Farbstoff Karmin wird noch heute in der Kosmetik (Lippenstifte), für Getränke (Campari)  und in der Lebensmittelherstellung (Cheddar-Käse) verwandt. Allerdings kommt der Farbstoff jetzt hauptsächlich aus Mexiko.

Ende des 19. Jh. (um 1890) führten u.a. englische Kaufleute den Bananen-Anbau auf den kanarischen Inseln ein. Heute ist sie der wichtigste landwirtschaftliche Exportartikel. Derzeit sind Wein (die Anbaufläche ist doppelt so groß wie die für Bananen, die Keltereien sind inzwischen sehr gut), Bananen (90 % gehen in den Export) und Kartoffeln (für den Eigenbedarf, trotzdem sieht man überall im Handel Kartoffeln „United Kingdom“)  die wesentlichen landwirtschaftlichen Produkte der Insel. Für den Export sind auch Tomaten wichtig, sie gehen hauptsächlich nach England.

Restaurant San Pedro
Jetzt müssen wir noch ein wenig hochgehen, auf die Höhe der Küstenstraße. Dort ist die Ermita de San Pedro, eine Einsiedelei. Es ist eine kleine,  unscheinbare Kapelle, Anfang des 17. Jh. errichtet. Das ist auch nicht das Ziel unserer Wanderung. Das ist das etwas höher stehende Restaurant Mirador San Pedro. Von hier hat man eine schöne Aussicht auf das Meer und die Küste bis nach Puerte de la Cruz auf der einen und San Juan de la Rambla auf der anderen Seite. Unterhalb des Mirador sind Bananenplantagen. Und die Küche ist gut.


Zurück – es ist mittlerweile dunkel geworden - kann man mit dem Bus ab der Haltestelle San Vicente (ein Ortsteil von Los Realejos). Wir lassen uns ein Taxi rufen. Die Taxi-Preise auf Teneriffa sind niedrig. Zu Viert ist die Fahrt nicht viel teurer als vier Buskarten.

🔄Link zum Inhaltsverzeichnis

🔄Link zum Wanderbericht "Las Carboneras und Chinamada"

🔄Link zum Bericht "Spanien - Durch die nördlichen Regionen, Geschichte"