SPANIEN – DURCH DIE NÖRDLICHEN REGIONEN

Mai 2017

3. Teil: Die Küsten-Route zurück nach Bilbao


(6) Ribadeo  (Galicien)
16. Mai      
Hotel Parador Ribadeo, ein Galicisches Herrenhaus, in Ribadeo    


Am nächsten Tag ging es von Santiago aus weiter Richtung Norden, nach La Coruña. Hier war schon zu Zeiten der Phönizier, Kelten und Römer ein natürlicher Hafen. Der heute noch erhaltene Leuchtturm der Römer, der Herkulesturm, wurde um 110 n.Chr. gebaut. Im 5. Jh. war La Coruña Hauptstadt des Suebischen Königreiches in Spanien (s. Geschichte).

Die Glasgalerien am Hafen

Ein Merkmal der Stadtarchitektur sind die Glasgalerien am Hafen der Stadt. An den  Balkonen der Häuser sind zum Schutz vor den kalten Winterwinden Glasfenster angebracht.

Im Hafen lag zur freudigen Überraschung meiner Frau das Kreuzfahrtschiff „Mein Schiff 4“, mit dem wir etwas später zusammen mit unserer Tochter und ihrer Familie um Großbritannien herum gefahren sind (meine Anmerkung: Die Spanienreise war schöner).


Playa de las Catedrales

Unser heutiges Ziel aber war Ribadeo. Kurz davor haben wir noch einen Abstecher an die Küste gemacht. Der hat sich gelohnt. Die Playa de las Catedrales (baskisch: Praia as Catedrais), der Strand der Kathedralen, auch manchmal als Strand der Heiligen Wasser bezeichnet, ist eine der schönsten Strände Spaniens. Man muss bei Ebbe dort sein. Das waren wir. Unterhalb der Steilküste liegen die Strandbuchten mit feinem, weißem Sand und dazwischen ragen Felsenformationen aus Schiefer bis zu 30 Meter hoch, mit ausgewaschenen Bögen und Höhlen.  Rechtzeitig vor Beginn der Flut gab es noch ein Bad im Meer. Das Wasser war nicht so kalt, aber auch nicht so warm.

Ribadeo ist kein bedeutender Ort. Eine Hafenstadt an der Grenze zwischen Galicien und Asturien. Wir haben hier übernachtet, weil sonst der Weg zu weit gewesen wäre.

Das Paradores-Hotel war auch nicht besonders. Ein galizisches Herrenhaus etwas oberhalb einer Meeresbucht und des Hafens am Golf von Biskaya.

Einer der Hórreos

Auf dem Weg nach Ribadeo fielen uns Holzhäuser auf Stelzen am Wegesrand auf. Es waren die typischen Hórreos, Kornspeicher.  Wegen der feuchten Witterung mussten die Speicher gut durchlüftet sein. Heute werden sie nicht mehr genutzt, aber als Tradition noch vielfach erhalten und gepflegt.


Es war der einzige „Regen-Ausfall“ während der ganzen Reise. Wir hatten uns gedanklich auch auf Regentage eingerichtet. Die Nordküste Spaniens ist als regenreich bekannt. Aber wir hatten Wetter-Glück. An wenigen Tagen einmal ein kleiner Schauer und eben der Regentag auf der Fahrt nach Santillana del Mar.
Wir verlassen Galicien und kommen in die Region Asturien. Der geplante Stopp in Oviedo und Gijón musste ausfallen. Es regnete in Strömen. Wir hätten das Auto nicht verlassen können. Also blieben wir auf der Autobahn und fuhren bis Santillana del Mar durch. Allerdings konnten wir dadurch auch nicht in einer Sideria den baskischen Apfelwein Sidre (baskisch: Sagardo) probieren. Asturien ist bekannt dafür.

Asturien (Prinzipado de Asturias – Fürstentum Asturien) ist autonome Gemeinschaft und zugleich Provinz. 
Hauptstadt ist Oviedo.
Der jeweilige Thronfolger des spanischen Königs trägt den Titel Prinz/Fürst von Asturien.
Nördlich des Kantabrischen Gebirges gelegen. An der Küste – Costa Verde – sind einige der schönsten Strände Spaniens.
Rd. 220.000 Einwohner.
Eine der Industrieregionen Spaniens, insbesondere aufgrund des Bergbaus (Steinkohle und Erz) und der Schwerindustrie. Probleme durch Rückgang des Bergbaus und der Schwerindustrie.
Milchkammer Spaniens. Von der Küste bis zu den Picos de Europa (Teil des Kantabrischen Gebirges) werden Kühe gehalten (Kleinbetriebe mit 10 bis 15 Milchkühen).
BIP Asturien 80 % 
(EU 100 %, Spanien 90 % , Deutschland 124 %).

Die Landschaft erinnerte uns an das Allgäu, bergig, bewaldet, grüne Weiden, Viehwirtschaft. Die Grenze zu Zentral-Spanien bildet das Kantabrische Gebirge (Cordillera Cantábrica). Hier regnen sich die vom Atlantik kommenden Wolken ab und sorgen für eine saftig-grüne Vegetation. Es war ganz anders als man sich Spanien vorstellt und wie wir es von einer früheren Studiosus-Reise durch Andalusien kannten. Dort war es flach, weites Land, trocken, manchmal Olivenbäume bis zum Horizont.

Oviedo (Asturien) entstand auf einem Hügel, den die Römer Ovetao nannten, in der Nähe der Römersiedlung Lucus Asturum.
Im Jahr 761 wurde an der Römerstraße von Leon nach Lugo ein Kloster gegründet. 20 Jahre später kamen Mönche aus dem muslimischen Süden (geflohen?) hinzu. Im 9. und 10. Jh. war Oviedo Residenzstadt des Königreichs Asturien und Bischofssitz.
Das größte spanische Bergbaugebiet ist um Oviedo, jedoch ist durch Strukturwandel der Dienstleistungssektor heute deutlich größer.
           
Gijón (Asturien) war ebenfalls eine römische Siedlung und in maurischer  Zeit Sitz eines muslimischen Gouverneurs.
Ende des 19. Jh. entstand hier der erste Kohlehafen Spaniens. Ab 1935 wurden neu entdeckte Steinkohlevorkommen abgebaut. Nach der Krise in den 1980er Jahren gibt es heute nur noch ein Stahlwerk.
Erwähnenswert ist das  Laboral de Cultura (Kulturzentrum, Universität und Technologiezentrum). Es muss ein sehr großer Gebäudekomplex sein, 270.000 m² (?) Gebäudefläche und 55.000 m² Fassade. Ursprünglich war es in der Franco-Zeit als Waisenhaus für Kinder von Minenarbeitern geplant. Noch während der Bauzeit (1946 – 1956) wurde es als Arbeiteruniversität umgewidmet, geleitet von Jesuiten und betreut von Nonnen (Klarissen). In den 1980er Jahren wurde der Komplex aufgegeben. Heute sind u.a. Teile der Universität von Oviedo und eine Stiftung „Kulturstadt“ untergebracht.


(7)  Santillana del Mar (Kantabrien)               
17. bis 19. Mai                                                 
Hotel Parador in Santillana 

Santillana del Mar war die letzte Station  unserer Nordspanien-Reise in der Region Kantabrien, unweit von Santander. Nicht direkt am Meer gelegen (wie der Name glauben lässt). Aber ein sehr schönes Städtchen. Wir hatten im Parador reserviert. Doch es gab zwei Paradores. Der Parador de Santillana Gil Blas ist in dem Palast der Familie Barreda-Bracho aus dem 17./18. Jh., direkt am Plaza Mayor gelegen. Der Weg durch die engen und verwinkelten Gassen war nicht leicht zu finden. Im leichten Nieselregen luden wir unser Gepäck aus. Doch bei der Anmeldung hieß es, nicht bei uns. Das Reisebüro hatte in dem anderen Parador, ein Landhaus, ein Platz weiter, nicht so gut wie der Haupt-Parador, reserviert. Warum? Es war halt so.

Kantabrien (Cantabria) ist autonome Gemeinschaft und zugleich Provinz. Am Golf von Biskaya gelegen. Knapp 600.000 Einwohner. Ein Drittel lebt in der Stadt Santander.
Hauptstadt ist Santander.
Die Wirtschaft wird bestimmt vom Bergbau und Rohstoffverarbeitender Industrie, i.w. in Santander.
BIP Kantabrien 82 % 
(EU 100 %, Spanien 90 % , Deutschland 124 %).

Unser Paradores-Hotel in Santillana del Mar
In Santillana del Mar ist die Zeit scheinbar im 18. Jh. stehengeblieben. Ein kleines Städtchen, wegen der herrschaftlichen Häuser. Eher ein Dorf, wegen der Überschaubarkeit. Alles ist zu Fuß über die kleinen Gassen mit altem Kopfsteinpflaster erreichbar. Autos und die im Sommer zahlreichen Busse müssen vor dem Ortseingang parken. 

Alle Häuser haben eine Geschichte. Die Landhäuser und Adelspaläste aus dem 14. bis 18. Jh., die heute Hotels und Restaurants oder Kunstausstellungen und Antiquitätenläden beherbergen oder immer noch Wohnräume sind. Die Wehrtürme, die von den Auseinandersetzungen der Adelsfamilien mit dem Kloster Santa Juliana (von Nikomedia, Märtyrerin der Christenverfolgung im 3./4. Jh.) zeugen. Das Kloster ist der Ursprung des Ortes und gab ihm seinen Namen. Im Mittelalter beherrschte es weite Teile Kantabriens. Bis sich die Adelsfamilien durchsetzten.


Plaza Mayor

Nicht weit von Santillana del Mar wurde die Höhle von Altamira entdeckt. Sie besitzt  Malereien, die ihre Bewohner vor 18.000 Jahren dort angebracht haben. Um die über 900 teils farbigen Ritz- und Kohlezeichnungen zu schützen, ist die Höhle nicht mehr zugänglich. In einem Museumsbau wurde ein kleiner Teil der Höhle originalgetreu nachgebildet. So wirklich spannend fand ich das aber nicht.

Zeichnung in der Höhle von Altamira
18.000 Jahre alt

Zwei Tage hatten wir für Santillana del Mar vorgesehen. Einen Tag nutzen wir, neben dem Besuch des Altamira-Museums, für einen Ausflug nach Santander.

Santander ist die Hauptstadt der Region Kantabrien und Seebad. 1941 wurde fast die gesamte historische Stadt durch einen Großbrand vernichtet. Die Stadt hat darum wenig Sehenswertes. Von der Kathedrale blieb nur die Krypta aus dem 12. Jh.. Sie wurde im gotischen Stil wieder aufgebaut.


Santander ist der Geschäftssitz der gleichnamigen Banco Santander. Sie ist die größte Bank Spaniens.
Kulturzentrum Centro Botin
Die Familienstiftung der Gründer-Familie Botin hat am Hafen von Santander das neue Kulturzentrum Centro Botín gebaut. Architekt ist Renzo Piano. Bei meiner Radreise nach Verona (s. dort) bin ich seiner Architektur in Trient begegnet. Er hat dort den neuen Stadtteil Le Albere und das Wissenschafts-Museum entworfen. Das Centre Pompidou in Paris stammt ebenfalls von ihm, in Berlin Teile des Potsdamer Platzes.


Auf der Rückfahrt nach Santillana del Mar haben wir dann noch einmal bei Antonio Gaudi „vorbeigeschaut“. Sein Casa Botines hatten wir in Leon gesehen und den Palacio Episcopal in Astorga. In Comillas (westlich von Santillana des Mar) hat er die Villa Quijano (benannt nach dem Auftraggeber) entworfen, auch bekannt als El Capricho (Die Laune).

El Capricho

Bunte Keramikfliesen bedecken das ganze Haus und einen zylindrischen Zier-Turm. Immer wiederkehrendes Element sind Sonnenblumen.

In Comillas ist auch die Päpstliche Universität von Comillas im Jahr 1830 als katholisches Seminar für die Priesterausbildung gegründet worden. In den 1970er Jahren wurde die Universität nach Madrid verlegt. Die Gebäude in Comillas wurden von einer Stiftung erworben, die dort jetzt ein Studienzentrum der Universität von Kantabrien betreibt.


Ebenfalls in Comillas ist der neugotische Sobrellano-Palast, 1888 fertiggestellt. Bauherr der herrschaftlichen Villa war ein Antonio Lopez y Lopez, als Marqués geadelt, der sein Geld in Kuba gemacht hatte.

Der zweite Tag in Santillana del Mar war für einen Ausflug in den Nationalpark Picos de Europa vorgesehen. Es ist der zweitgrößte Nationalpark Spaniens. Ein Karstgebirge wie die Schwäbische und Fränkische Alb. Den Seeleuten diente das Gebirge als Wegemarke bei der Einfahrt in den Golf von Biskaya. Therese und Reinhard haben eine Wanderung gemacht.

Wanderung zur Küste

Aber Uschi und ich wollten nach der kurvenreichen Fahrt in die Médulas lieber eine Wanderung an die Küsten machen. Zuerst sind wir ein Stück auf dem Jakobs-Weg gegangen. Das ist hier der Camino del Norte. Er geht an der Küste entlang von der französischen Grenze bis Santiago. Die Strecke ist bergiger und damit anspruchsvoller als der Hauptweg, dafür aber landschaftlich schöner. Hinter Santillana del Mar war noch viel Weideland. Dann kam Brachland, steinig, wenige 
Ackerflächen zwischendurch. Die Küste ist zerklüftet, teilweise steil abfallende Felsen. Und immer Wind. Aber mit toller Aussicht. Es war eine sehr schöne Tageswanderung.

An der Küste

Abschiedsessen im Gran Duque in Santillana del Mar. Am nächsten Tag Fahrt zum Flughafen Bilbao. Therese und Reinhard sind nach Deutschland zurückgeflogen. Wir sind noch zwei Tage in Bilbao geblieben (s.o.).
(Geschichte Spaniens)