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Teneriffa Wochenbuch

Ein halbes Jahr sind wir auf Teneriffa. Was passiert in dieser Zeit.  Was machen wir.  Ich will das einmal die Woche aufschreiben.  Wie ein Tagebuch, aber als ein Wochenbuch.


53. Woche - letzte Woche des Jahres 2020


(53/1) Die letzte Wanderung in diesem Jahr

Zur Tamadite-Bucht

Den Weg bin ich schon oft gegangen. Zuletzt im April dieses Jahres als Abschluss der letzten Saison. Heute ist es die Wanderung zum Abschluss des Jahres.

In Afur, mitten im Anaga-Gebirge, beginnt die Wanderung.

Der Orts- und Barranco-Name Afur stammt aus der Guanchensprache und soll Ofen bedeuten (?). Der Ort gehört wie auch Taganana zur Inselhauptstadt Santa Cruz und besteht aus einer Anzahl von kleinen Weilern und verstreuten Häusern.

Der Ort Afur liegt im unteren, südlichen Teil des Tals mit mehreren Zuflüssen.  Das Tal wurde nach der Eroberung der Insel (1492) 1502 von Fernández de Lugo an einen der Eroberer gegeben, mit der Bedingung, eine Zuckermühle zu errichten (Die Spanier hatten gleich nach Besitzname des Landes mit dem Anbau von Zuckerrohr begonnen).  Da er das nicht schaffte, wurde das Tal neu vergeben. Erschlossen wurde es von Siedlern und von Guanchen (die nach den Eroberungs-Gemetzeln und der Versklavung übrigblieben), die Parzellen bekamen und sie für den Großgrundbesitzer bewirtschafteten. Der wohnte nicht im Afur-Tal sondern in der damaligen Hauptstadt San Christobal de La Laguna.

Es ist gut, etwas früher loszufahren. Von Puerto bis nach Afur sind es fast eine und eine halbe Stunde Fahrzeit mit dem PKW. Heute war es sogar etwas länger. Ich hatte die Ausfahrt in das Anaga-Gebirge bei La Laguna verpasst und musste bis Santa Cruz und wieder zurück bis zur Ausfahrt „Anaga“ fahren.

Über den Bergen lag eine dichte Wolkendecke. Das kann, muss aber nicht, Regen bedeuten. Hinter dem Gebirgskamm kann das Wetter zur Küste ganz anders sein. Muss aber nicht. Wir mussten früher auch schon mal wieder umkehren, weil es an der Küste in Strömen regnete. Im Anaga-Gebirge kann man hinsichtlich des Wetters nicht sicher sein. Ich lasse mich durch die grauen Wolken nicht verunsichern. Der Wetterbericht hatte ein Sonne-Wolken-Mix mit 30 % Regenwahrscheinlichkeit angekündigt. Das war auch in den letzten Tagen die Vorhersage für Puerto und wir hatten das schönste Sonnen-Wetter.

Es war dann auch so. Am Aussichtspunkt Mirador de Jardina, von dem aus man die Ebene von La Laguna sehr schön sehen kann, schien die Sonne. In den höheren Regionen wurde es dann im Wald allerdings neblig. Die Wolkendecke war erreicht. Das blieb auch so auf der Kammstraße, die vom Cruz del Carmen nach San Andres und Santa Cruz führt. Aber nach der Abbiegung hinunter zur Küste wurde es wieder heller. Ich hatte den Sonne-Wolken-Mix – ohne Regen, den ganzen Tag.

Die Straße durch das Anaga-Gebirge war kaum befahren. Die Touristen fehlten. Aber auffällig viele Fahrradfahrer fuhren hoch in die Berge. Sonst überholt man vielleicht mal einen Rennrad-Fahrer, der hier bergfahren trainieret. Jetzt musste ich ein paar Mal mit Trittgeschwindigkeit hinter den Radlern herfahren. Es war zwar kein Gegenverkehr. Aber in den engen Kurven wäre es sehr riskant, zu überholen. Es kann gerade dann ein anderer entgegenkommen. Und enge Kurven gibt es viel auf der Strecke zum Cruz del Carmen.

Hinter dem Cruz del Carmen verläuft die Straße etwa auf dem Gebirgskamm Richtung San Andres und Santa Cruz. Ein Stück hinter der Abbiegung zum Pico del Ingles zweigt die Straße zur Ortschaft Roque Negro und Afur ab. Eine ziemlich lange Strecke den Berg hinunter. In vielen Kurven wird die Höhe genommen. Länger, als ich in Erinnerung hatte. Am Straßenrand immer wieder von der Straße geräumtes Geröll, das den Berg trotz der vielen Drahtsicherungen heruntergekommen war. Es muss hier in der letzten Zeit tüchtig geregnet haben.

Die Wanderstrecke ab und bis Afur (A) 
11 Kilometer, jeweils 640 m Auf- und Abstieg
T

In Afur ist ein großer Parkplatz für Wanderer angelegt worden. Er war stark beparkt. So viel Autos waren hier bei früheren Wanderungen nie.

Und so war es dann auch im Afur-Tal „voller“ als sonst. Viele junge Wanderpärchen und junge Familien mit Kindern wanderten zur Tamadite-Bucht hinunter und wieder zurück nach Afur. Ein Ausgleich für die Corona-Bewegungsbeschränkungen. Allerdings ist der Weg für kleine Kinder nicht einfach und an manchen Stellen auch gefährlich.

Das Afur-Tal - am Horizont links der "Taborno"

Einige der Wanderer gingen wie ich auch weiter nach Taganana und von dort über den Berg zurück nach Afur. So auch zwei junge Französinnen, die im Süden der Insel Urlaub machten. Aber wegen des Corona-Abstandes wurde es am Strand kein längeres Gespräch, außer „woher“ und „wohin“. Auf der Strecke habe ich sie wiedergesehen.

Der Weg von Afur hinunter zur Küste orientiert sich an dem kleinen Bach, der in vielen Windungen zum Meer fließt. Aber das Meer erreicht er nicht. Einige Meter davor versickert das Wasser und vermischt sich wohl unter dem Strandgeröll mit dem Meerwasser. Der Barranco de Afur ist einer der wenigen auf Teneriffa, die das ganze Jahr Wasser führen. Die anderen Täler auf der Insel sind trocken und führen nur bei starken Regenfällen Wasser. Der Afur-Bach bekommt sein Wasser das ganze Jahr von Quellen in der Nähe des Cruz de Taborno. In dem Bach soll es Aale geben, die einzigen Süßwasserfische der Insel. Gesehen habe ich allerdings noch nie einen und Angler auch nicht. Nur Frösche hört man quaken.

Steinformation am Barranco-Weg

Der Wanderweg verläuft meist oberhalb des Barranco-Grundes und kürzt die vielen Windungen des Baches ab. Es geht zwar bergab zur Küste, aber immer wieder mit Anstiegen über die Bergrücken, die der Bach umfließen muss. Nur an wenigen Stellen kommt der Weg zwischendurch bis in den Talgrund hinunter. Einmal gleich zu Anfang, gleich hinter Afur. Das war aber nicht immer so. Ein Felssturz hatte vor zwei oder drei Jahren den bisherigen Wegeverlauf zerstört. Der Weg musste ins Tal hinunter und dann wieder auf den Berg hinauf geführt werden. Vom Weg am Bach kann man gut die Hang-Sicherungen mit Drahtbespannungen und Ankern sehen.

Der Weg durch den Barranco:









Die einzige "Tajinaste simple" der ganzen Wanderung

Kanaren-Wolfsmilch



Der Barranco Afur hat das ganze Jahr Wasser:



Hinter Barrieren bilden sich Tümpel, in denen man auch baden kann. Hier tauchen junge Burschen mit Kopfsprung in das wohl etwas kühle Wasser:




Angekommen in der Tamadite-Bucht:



Im Bereich der Tamadite-Küste steht der Pidra de los Guanches, der Stein der Guanchen. Es soll ein Opferaltar der Guanchen gewesen sein. Eine andere Vermutung ist, dass der Stein für die Mumifizierungsriten diente. Wo der Stein ist, habe ich bisher weder auf Karten noch im Internet herausbekommen. Er soll sich entweder am Weg von Afur oder am Weg nach Taganana befinden. Ich habe ihn noch nicht entdeckt. Vielleicht gelingt das einmal bei den nächsten Wanderungen zur Tamadite-Bucht.

Die Bucht. Kurz vor dem Meer "verschwindet" der Afur-Bach


Von der Tamadite-Bucht geht der Weg erst einmal recht steil hinauf auf den Küstenweg. Oben angekommen hat man einen schönen Rückblick auf die Bucht und die angrenzenden Felsen und einen schönen Ausblick auf die Küstenlinie bis nach Taganana mit den Felsen im Meer.

Links: Tamadite-Bucht - Rechts: Küstenlinie bis Taganana

Der Weg verläuft oberhalb der Küste. In größeren und kleineren Bogen passt er sich dem Küstenverlauf und den Einbuchtungen an, mal bergauf und mal bergab. Rechts steigen die Felsen steil nach oben, links steil hinab ins Meer. Hier überholten mich die beiden Französinnen aus der Tamadite-Bucht. Sie waren in ihren kurzen Hosen und Joggingschuhen schneller als ich.





Vereinzelt sind Terrassenfelder mit Weinreben und Kartoffeln oberhalb des Weges und zur Küste hin zu sehen. Fast nicht vorstellbar, dass hier noch etwas angebaut wird. Die Felder sind nur zu Fuß erreichbar.

Weinberge wo man sie nicht erwartet


Die Küste von Taganana kommt näher bzw. ich ihr. An der ersten Palme beginnt die landwirtschaftliche Zone, das heißt es werden vermehrt die vor hunderten von Jahren angelegten Terrassenfelder noch oder wieder bewirtschaftet. Der Weg wird breiter und befahrbar.



Der Weg führt zu einer Ansammlung von Bauerhäusern, zum Teil noch erhalten, zum Teil schon verfallen. Es ist der Caserio (Weiler) los Auchones (Auchones waren bei den Guanchen Ansammlungen von Hütten und das dazu gehörende Gebiet), auch als El Chorro (der Strahl – Wasserstrahl) bezeichnet. Eine Tafel informiert über die Weinsorten, die in diesem Gebiet angebaut wurden, vielleicht auch noch werden.  Am Weg sind die Reste einer Weinpresse erhalten und der Brunnen aus rotem Tuffstein, der den Ort mit Wasser versorgte

Die Weinsorten im Gebiet von Taganana

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Eine der alte Weinpressen (was davon noch erhalten ist)

Der Wasserbrunnen des Ortes

El Chorro

Es gab früher viele Weinpressen. Jeder Weinbauer hatte seine eigene Presse, da alle zur gleichen Zeit die Weintrauben ernteten. Die Pressen konnten auch leicht aus dem vor Ort anstehenden Tuffstein hergestellt werden. In den Tuffstein wurden das Pressbecken und das Auffangbecken für den Most gegraben, der Press-Kegel aus dem Tuffstein gehauen.

Der gepresste Most wurde in Schläuchen aus Ziegenfell hinunter zu den Weinkellern in Taganana transportierte Nachdem der Wein ausgegoren war, wurde er in Holzfässern auf die an der Playa Tachero vor Taganana ankernden Schiffe gebracht und über Santa Cruz meist nach England verschifft.

Dann erreiche ich die ersten Häuser von Taganana, den Caserio Cruz Vieja (Weiler altes Kreuz). Ich bleibe oberhalb der Ortschaft. Bis zum Dorfplatz mit der Kirche „Nuestra Señora de las Nieves“ sind es einige Höhenmeter hinunter, die anschließend wieder hinaufgegangen werden müssen. Außerdem muss man in Corona-Zeiten auch nicht zusätzliche Risiken eingehen und dort unten einkehren.

Der Friedhof von Taganana - dahinter der Roque Los Animas (die Seelen)

Der Dorfplatz von Taganana mit der Kirche "Unserer Lieben Frau vom Schnee"

Der Ursprung der Kirche „Unserer Lieben Frau vom Schnee“ ist im 16. Jahrhundert. 1506 wurde an der Küste von Taganana ein Holzbild der „Virgen de las Nieves“ gefunden, wahrscheinlich von einer Galere verloren.  Für dieses Bild wurde die erste Kapelle gebaut.

Die „Virgen de las Nieves” geht auf ein „Schneewunder“ im Jahr 358 zurück. Einer römischen Patrizierfamilie erschien die Gottesmutter im Traum und versprach, dass sie einen Sohn bekommen würden, wenn sie eine Kirche dort bauen würden, wo am nächsten Morgen Schnee liegt. Am nächsten Tag, dem  5. August, lag auf dem Esquilin-Hügel mitten im Sommer Schnee. So die Sage oder der Glaube.

Auf dem Esquilin-Hügel wurde die Basilika Santa Maria Maggiore in den Jahren 422 bis 432 gebaut und am 5. August 434 als „Eccelsia Sanctae Mariae“ geweiht. Sie ist eine der vier Papstbasiliken (die dem Papst direkt unterstehen) und gehört zum exterritorialen Gebiet des Vatikanstaates.

Nach dem Weiler Cruz Vieja folgt der stärkste Anstieg der Tour. In vielen Serpentinen quält sich der Weg steil hoch zum Bergsattel La Cumbrecilla.  

Vor dem Anstieg treffe ich die beiden Französinnen wieder. Sie hatten ihr Mittagessen ausgepackt. Ob ich denn nichts essen würde, war ihre Frage. Vielleicht war das auch eine Einladung. In Vor-Corona-Zeiten hätte ich das so aufgefasst. So aber wünschte ich ihnen nur „Que aproveche“ und begann den Anstieg. Als ich meine Pause auf dem Cumbrecilla beendet hatte, kamen die beiden auch oben an. Beim Anstieg hatten sie mich nicht überholt.

Der Nispero-Baum am Beginn des Aufstiegs -
Erinnerung an eine der ersten Tamadite-Wanderung

 Ab dem Cumbrecilla, mit schönem Ausblick zurück in das Taganana-Tal, geht es oberhalb eines Barrancos hinunter nach Afur. An zwei einsamen Höfen vorbei, Era del Camino (la era – die Tenne) und La Meseta (das Plateau). Dann stößt der Wanderweg auf die Straße nach Afur, die hier dem Barranco la Quinta folgt, der in den Barranco de Afur mündet.

Blick zurück in das Taganana-Tal

Der Weg hinunter nach Afur

Vor der Straße nach Afur haben mich die beiden Französinnen dann noch einmal und ein letztes Mal überholt. Bergrunter waren sie leichtfüßiger und schneller.

Der Weg nach Afur: der Weiler Era del Camino
Am Horizont rechts der Taborno-Berg

Era del Camino kommt näher

Gegenüber "kleben" die Häuser am Berg

Ein Höhlenhaus an der Straße nach Afur

Der Felsüberhang unterhalb von Afur mit Felsmalereien der Natur

Ich verlasse die Straße und gehe die Treppenstufen unterhalb eines Felsüberhangs zu den Häusern rund um die Ermita de San Pedro Apóstol de Afur und der Bar von José Cañon. Hier kehre ich nach jeder Tamadite-Wanderung ein. Der Inhaber hat noch den spanischen Diktator Franco gekannt, so alt ist er (siehe Link zum Internet-Blog „Sattel und Schuh“: )


Ziegen am steilen Berg     -     "Roque Paez" der Hausberg von Afur


Die Ermita de San Pedro und der Drachenbaum am Dorfplatz

Ich trinke bei José Canon ein Viertel einheimischen Wein. Das der Wein von Afur sei, versichert mir jedenfalls Señor José. Ich trinke den Wein allein. Die beiden hübschen Französinnen waren schon mit ihrem Auto in den Teneriffa-Süden unterwegs.


Die Bar von José Canon


* * *


(53/2) Silvester 2020. Dieses Jahr ohne Heringsalat. Den hatten wir bisher jedes Jahr. Mit Roter Beete, Äpfeln, Möhren, Sellerie und eben Matjesheringen. Doch die waren an diesem Jahresende nirgends zu bekommen. Wegen Corona könnten keine Matjes nach Teneriffa geliefert werden, erklärte uns der Inhaber der "Gourmeteria" im Canary Center in La Paz. Ob das stimmt? Im Juni lautete eine Internet-Meldung noch: "Trotz Corona fangfrische Matjes in Deutschland erhältlich". Warum jetzt nicht mehr? Ich konnte es nicht nachprüfen. Aber es war so, das erste Mal gab es bei uns keinen Heringsalat an Silvester.

Und wir haben an diesem Jahresende nur zu Dritt gefeiert, mit Nenita. Das war allerdings coronabedingt. Alle unsere Freunde aus Köln, aus Rommerskirchen, aus Fellbach, aus Kassel, aus Hemmingen sind in Deutschland geblieben. 

Wir drei, Nenita, Uschi und ich haben das Neue Jahr halt allein und dafür zweimal begrüßt, nach deutscher Zeit und nach Teneriffa-Zeit.

Corona-Silvester 2020


Der Teide verabschiedet sich von 2020 mit einer Schneehaube