Meine Ostsee Radtour

1. Von Bernau nach Röpersdorf
August 2020

Auf dem Berlin-Usedom-Radweg zur Ostsee und dann auf dem Ostsee-Küsten-Radweg von Ueckermünde bis nach Kiel.


Vorbemerkung:


Eigentlich wollte ich in diesem Jahr mit dem Rad in das Hirschberger Tal in Schlesien fahren und dort die Schlösser der Preußen und des Adels besichtigen, natürlich auch das Haus Wiesenstein in Agnetendorf von Gerhart Hauptmann. Und zwischendrin hatte ich eine Wanderung auf die Schneekoppe, den höchsten Berg des Riesengebirges, und die angrenzenden Koppen vorgesehen. Richtig nach dem Motto „Sattel“ für Fahrradfahren und „Schuh“ für wandern.

Eigentlich, denn daraus wurde nichts. Die Corona-Krise hatte die Grenzen Polens verschlossen.

Also habe ich umgeplant und bin in Deutschland geblieben. Vor einigen Jahren war ich an der Ostseeküste von Stettin bis nach Danzig gefahren. Daran habe ich angeknüpft und eine alternative Radtour geplant. Wieder entlang der Ostseeküste, aber jetzt in westlicher Richtung.

Empfohlen wird für eine Ostsee-Radtour die umgekehrte Richtung, von Westen nach Osten, weil so meistens der Wind weht. So war es auch bei meiner Tour, manchmal auch von Süden, nie kam der Wind unterstützend von Osten. Trotzdem bin ich so gefahren. Ich habe bei einer Streckentour lieber einen fernen Ort als Ziel und fahre von dort mit der Bahn zurück nach Berlin. Irgendwohin mit der Bahn fahren und von dort Berlin als Ziel anzusteuern finde ich nicht so schön.

In Bernau bei Berlin war der Beginn (durch Berlin mit der S-Bahn), bis Ueckermünde und dann entlang der Ostsee bis nach Kiel. Durch die Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein.


Das Bundesland Schleswig-Holstein wurde nach dem 2. Weltkrieg 1946 durch die britische Militärregierung in der Nachfolge der preußischen Provinz Schleswig-Holstein gebildet. Bundesland der Bundesrepublik Deutschland wurde Schleswig-Holstein 1950 durch Verabschiedung der Landessatzung 1949.

 

Die „neuen“ Bundesländer Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wurden durch das „Ländereinführungsgesetz“ der Volkskammer der DDR (1990 erst- und einmalig frei gewählt) vom 22. Juli 1990 gebildet. Das Gesetz trat am 3. Oktober 1990 in Kraft. Damit wurden die 1952 durch Zusammenlegung der DDR-Bezirke abgeschafften Länder wiederhergestellt.

 

Von Kiel zurück nach Berlin  bin ich mit der Bahn gefahren. 

Grundlage meiner Planung waren der Berlin-Usedom Radfernweg von Bernau bis Ueckermünde und dann der Ostsee-Küsten-Radweg bis Kiel.

 

Der Berlin-Usedom-Radfernweg wurde 2007 eröffnet und verläuft von Berlin durch das Barnimer Land, die Uckermark und Vorpommern bis nach Peenemünde auf der Insel Usedom und von dort über die Insel Wollin nach Stettin in Polen. Logo: Brandenburger Tor mit Vogel und Fahrrad.

 

Der Ostsee-Küsten-Radweg ist im Wesentlichen meine Strecke ab Greifswald. Von Ahlbeck auf der Insel Usedom verläuft die Route entlang der Ostsee über Kiel bis nach Flensburg. Sie ist der deutsche Teil des Ostseeküsten-Radwegs von Dänemark über Polen, die Baltischen Staaten, Russland, Finnland bis Schweden. Logo: Blaue Kachel mit gelben (Rapsfelder) und grünen (Wälder) Streifen und Beschriftung Ostsee-Küsten-Radweg.

Die Wege, die ich gefahren bin, waren überwiegend gut. Radwege und wenig befahrene Landstraßen. Die nicht geteerten Wege hatten eine feste Oberfläche. Nur einige Kilometer Kopfsteinpflaster waren nicht zu vermeiden. Das lag auch daran, dass ich bei der Streckenauswahl nicht immer die offizielle Route der Fernradwege genommen habe. Unbefestigte Streckenabschnitte habe ich auf Landstraßen umfahren. 

Der Tourenbericht ist nach den Tagesetappen gegliedert:

1. Tagestour Bernau – Röpersdorf
2. Tagestour Röpersdorf – Ueckermünde
3. Tagestour Ueckermünde – Greifswald
4. Tagestour Greifswald – Zingst
5. Tagestour Zingst – Rostock
6. Tagestour Rostock – Wismar
7. Tagestour Ausflug nach Schwerin
8. Tagestour Wismar – Timmendorfer Strand
9. Tagestour Timmendorfer Strand – Lübeck – Thomsdorf
10. Tagestour Thomsdorf – Kiel

Für mich ist immer auch die Geschichte der Länder, Landschaften und Städte interessant. Darum folgt im Anschluss an die Tourenberichte eine Zusammenfassung der Geschichte der Bundesländer, durch die ich fahre.

11. Geschichte der Bundesländer, durch die ich fahre. 

                Die Berichte stammen meist aus Wikipedia- und anderen 
                Artikeln im Internet, ohne Zitierungen im Einzelnen.

  

1. Von Bernau nach Röpersdorf

 
1. Tag                         Bernau – Röpersdorf am Unteruckerse
                                    117 Kilometer
Montag 17. Aug.   Übernachtung Hotel am Uckersee                             

Bernau – Ladeburg – Lobetal   - Biesenthal – Schleuse Grafenbrück  – Oder-Havel-Kanal – Werbellinkanal mit Schleuse Rosenbeck     WerbellinseeJagdschloss HubertusstockJoachimsthal - Oberuckersee (westliches Ufer)- Suckow - Röpersorf am Unteruckersee.

Durch Berlin bin ich mit der S-Bahn gefahren. Mit dem Rad durch die Stadt zu fahren ist nicht wirklich spannend. Von Lichterfelde-West bis nach Bernau hinter der Stadtgrenze Berlins. Das ist die letzte Station der Berliner S-Bahn.

Bernau bis Röpersdorf - 117 Kilometer


Bernau
39.000 Einwohner, Landkreis Barnim, Land Brandenburg.

Die Stadt liegt nicht weit hinter der nördlichen Stadtgrenze von Berlin. Das merkt man, wenn man durch die Stadt geht. Die Stadt hat eher den Charakter einer Schlafstadt. Sehr gut erhalten, aber ruhig. 


Steintor mit Hungerturm

Gegründet
wurde die Stadt Bernau Anfang des 13. Jahrhunderts. Das erfolgte wahrscheinlich im Rahmen der Ostexpansion der Brandenburger Askanier.
 

Ein Jahrhundert zuvor waren die durch den Slawenaufstand (983) verloren gegangenen Gebiete östlich der Elbe im Wendenkreuzzug (1147) zurückerobert
worden. 10 Jahre später konnte der Askanier Heinrich der Bär die Brandenburg zurückerobern und den Slawenfürsten Jaxa von Köpenick vertreiben. Das Jahr 1157 gilt als Gründungsjahr der Mark Brandenburg.

 

In den folgenden Jahren eroberten die Markgrafen von Brandenburg weitere östliche Gebiete, so auch den Barnim, eine eiszeitliche Hochfläche im Norden Berlins. Sie sicherten die eroberten Gebiete auch durch die Ansiedlung von Siedlern und die Gründung von Klöstern. Die Siedler kamen aus den westlichen Gebieten des Reiches, aus dem Harz, dem Rheingebiet, aus Flandern (daher stammt der Landschaftsbegriff Fläming im südwestlichen Brandenburg) und aus Holland (Holländer hatten nach verheerenden Sturmfluten ihr Land verloren. Mit ihren Kenntnissen trugen sie zur Eindeichung von Elbe und Havel bei, die schon in den 1160er Jahren begannen). 

Im 15. Jahrhundert erreichte ein Hussiten-Heer auch Bernau (1432), dass sich aber verteidigen konnte. 

            Die Hussitenkriege


Jan Hus (1370 – 1415) war ein tschechischer Theologe und Reformator, noch vor Martin Luther. Beeinflusst von dem englischen Theologen John Wyclif (1330 – 1384) bestritt er den politischen Machtanspruch des Papstes, wandte sich gegen den Ablasshandel und wollte eine stärkere Teilhabe der Gläubigen durch Zulassung der Laienpredigt und die Kelchkommunion (Brot und Wein beim Abendmahl).

 

Hus predigte in tschechischer Sprache. Das förderte das tschechische Nationalbewusstsein. Der böhmische Adel unterstützte die nationalen Bestrebungen und zu Anfang auch der böhmische König.

 

Böhmen war ein Teil des Heiligen Römischen Reiches. Deutsche Einwohner stellten die Oberschicht. Es waren die Nachkommen der deutschen Siedler, die während der Ostsiedlung die Städte gegründet hatten. Erst 1880 wurde Tschechisch neben Deutsch Amtssprache in Böhmen.

 

Jan Hus wurde mit dem Kirchenbann belegt und sollte sich auf dem Konzil in Konstanz (1414 – 1418) rechtfertigen bzw. widerrufen.

 

Kaiser Sigismund hatte zur Beendigung des Schismas (drei Päpste beanspruchten gleichzeitig  den Thron Petri) das Konzil einberufen.

 

Trotz freien Geleits durch den Kaiser wurde Hus von den Kardinälen verhaftet und als Ketzer verurteilt und verbrannt.

Das führte zum Aufstand und zu dem ersten Prager Fenstersturz, bei dem die Hussiten das Rathaus stürmten und einige Ratsherren aus dem Fenster warfen.

 

Ein Teil der Hussiten radikalisierte sich. Ein Kristallisationspunkt war die von Hussiten gegründete Stadt Tabor in Südböhmen (zwischen Prag und Budweis), in der sie nach ihrem Glauben leben wollten. Der Versuch des böhmischen Königs, die Hussiten dort zu vertreiben, misslang.

Daraufhin rief der Papst 1420 zu einem Kreuzzug gegen die Hussiten auf (und zu vier weiteren - 1421, 1422, 1427 und 1431 -, die alle scheiterten).

Die Hussiten ihrerseits führten Feldzüge gegen katholische Gebiete. Ab 1425 stießen die Hussiten nach Schlesien, Niederösterreich, Meißen, Danzig, Polen und 1432 bis nach Bernau bei Berlin vor.

 

In Verhandlungen erreichte Kaiser Sigismund 1433 eine Einigung mit den gemäßigten Hussiten (Prager Kompaktat, das u.a. in Böhmen und Mähren das kirchliche Abendmahl für alle Gläubigen in beiderlei Gestalt, Brot und Wein, zuließ).

 

Den radikalen Hussiten reichte der Kompromiss nicht. Sie wurden aber 1434 von einem Heer kaiserlicher Truppen, das von gemäßigten Hussiten unterstützt wurde, vernichtend geschlagen.


Eine Pestepidemie (1598) und der 30-jährige Krieg (1618 – 1648) reduzierten die Bernauer Bevölkerung und führten zur Verarmung der Stadt und ihrer Bewohner. Zu Beginn des 30-jährigen Krieges lebten 2.500 – 3.000 Menschen in Bernau. 1648 waren es noch 700.

 

Die Pest war und ist eine hochansteckende Infektionskrankheit, die als Beulenpest oder Lungenpest auftritt. Vom 14. bis 18. Jahrhundert wurde Europa immer wieder von Pest-Pandemien heimgesucht. Allein in der Pestwelle 1347/1353 starben in Europa 25 Millionen Menschen. Übertragen wurde die Pest durch Flohbisse und Tröpfcheninfektion. Ein Heilmittel dagegen gab es nicht.

 

Die Pest verbreitete sich über Händler auf dem Landweg und mit der Schifffahrt. In den Hansestädten wurden einlaufende Schiffe und deren Besatzungen für 40 Tage isoliert. Damals ist auch der Begriff „Quarantäne“ entstanden („une quarantaine de jours“ – ungefähr 40 Tage).

 

Die Erkrankten wurden in Siechenhäusern und Pesthäusern isoliert. Gottesdienste und öffentliche Veranstaltungen wurden untersagt. Reisende durften nicht aufgenommen werden.

- Das erinnert an die Corona-Pandemie, die wir gerade durchleben 


Der Erreger der Pest wurde erst Ende des 19. Jahrhunderts von einem Schweizer Bakteriologen entdeckt und konnte dann mit Antibiotika behandelt werden.

Der Niedergang der Stadt änderte sich erst, als Kurfürst Friedrich III. französische Glaubensflüchtlinge ins Land holte (Toleranzedikt von Potsdam 1685, freie und sichere Niederlassung für die in Frankreich verfolgten Hugenotten). Der Kurfürst wollte damit die durch den 30-jährigen Krieg zerstörte Wirtschaft wiederbeleben.

 

Friedrich III. Kurfürst von Brandenburg (1657 – 1713) war als „Friedrich I. in Preußen“ der erste preußische König. Er krönte sich 1701 selber zum „König in Preußen“,  „von Preußen“ durfte er sich nicht nennen.


     Die Geschichte Preußens im Blog-Beitrag "Radreise von Berlin         nach Danzig - 7. Geschichte". 

     🔄Link zu dem Bericht


Zu Preußen gehörten das zum Heiligen Römischen Reich gehörende Kurfürstentum Brandenburg und das Herzogtum Preußen (Stadt Königsberg), das nicht zum Deutschen Reich gehörte und ursprünglich ein polnisches Lehen war. 

In den 1980er Jahren wurde die Bernauer Altstadt mit ihren Fachwerkhäusern weitgehend abgerissen und durch Plattenbauten ersetzt. Erhalten sind noch Teile der Stadtmauer aus dem 14. Jahrhundert.

           Historische Gebäude in Bernau: 

Kirche St. Marien

In der evangelischen St. Marienkirche befinden sich drei evangelische Beichtstühle, für evangelische Kirchen unüblich.

 

Marienkirche von 1280
                          

Nach der Reformation gab es in den evangelischen Kirchen zunächst auch noch diese Einzelbeichte. Erstmals 1697 schaffte der Pfarrer der Nikolaikirche in Berlin die Einzelbeichte ab und führte das „Allgemeine Schuldbekenntnis“ ein. Das war im Gegensatz zur damals herrschenden Auffassung der lutherischen Kirche.

Die folgende Auseinander-setzung beendete Kurfürst Friedrich III. durch Aufhebung der Pflicht zur Einzelbeichte, die Möglichkeit zur freiwilligen Einzelbeichte blieb. Das Gehalt der Prediger wurde um 200 Taler erhöht, da das Beichtgeld der Gläubigen entfiel.

Die Verfügung galt zunächst nur für Berlin und Cölln (die Vorläuferstädte von Berlin), nicht aber für das übrige Brandenburg. 

Unter Friedrich II. der Große wurde 1781 die allgemeine Beichte verbindlich.

Möglich ist eine Einzelbeichte in evangelischen Kirchen auch heute noch  auf Wunsch des Gläubigen möglich, aber ohne Beichtstuhl. 

 

Herz-Jesu-Kirche von 1908
Die Kirche erfuhr im Laufe der Zeit starke Veränderungen. Ein erster Bau entstand 1240 als romanische Basilika. Um 1280 wurde die Kirche durch einen Bau im Stil der Gotik ersetzt. Ab 1400 erfolgte über 1 Jahrhundert der Umbau in eine spätgotische Hallenkirche. Der aus Feldsteinen gebaute Kirchturm wurde 1839 bis 1846 durch den heutigen Backsteinturm ersetzt.
 

Im Jahr 1632 wurde der Leichnam des schwedischen Königs Gustav II. Adolf für einen Tag auf dem Weg nach Schweden in der Kirche aufgebahrt. Er war in der Schlacht bei Lützen gefallen (eine der Hauptschlachten im 30jährigen Krieg zwischen dem protestantischen, hauptsächlich schwedischen Heer unter der Führung des schwedischen Königs  und den katholischen kaiserlichen Truppen unter der Führung Albrecht von Wallensteins). 

Steintor und Reste der mittelalterlichen Stadtmauer

Einziges erhaltenes von ehemals drei Stadttoren, spätgotischer Backsteinbau, Wahrzeichen der Stadt. Über Wehrgänge ist das Steintor mit dem Hungerturm (Wehrturm) verbunden.

Die Stadtmauer aus Feldsteinen war 8 Meter hoch und Teil eines dreifachen Mauer-, Graben- und Wallsystems. Ergänzt wurde die Verteidigungsanlage mit 42 Lughäusern. Im Norden der Innenstadt sind die Wälle teilweise noch erkennbar: Jungfernwall, Kirchhofswall, Hoher Wall, Mauerwall.

Die Wallanlage war Mitte des 15. Jahrhunderts so gut ausgebaut, dass der Hussitenansturm von 1432 abgewehrt werden konnte. 


Feldsteinkirche Ladeburg
Ladeburg ist wie Lobetal ein Ortsteil von Bernau.

Die Feldsteinkirche ist aus dem 13. Jahrhundert, der Backsteinkirchturm von 1853. Die Kirche weist zwei Besonderheiten auf. Die Apsis (Abschluss des Chors/Altarraum) ist nicht halbrund, sondern fünfseitig. Die Kirche war ursprünglich eine Chorturmkirche (der Kirchturm ist über dem Chor, was im Mittelalter nur in wenigen Gebieten vorkam, üblich war der Turm an der gegenüberliegenden Seite).

 

Feldsteinkirchen werden aus kleinen Findlingen (Granit, Gneis, Quarzit) gebaut. Oft wurden sie auf den Feldern gesammelt, wo sie den Ackerbau behinderten. Die kleinen und mitunter auch großen Findlinge wurden in der Eiszeit dorthin transportiert. Und es fehlten alternative Natursteine aus Steinbrüchen. Deswegen gibt es Feldsteinkirchen in Norddeutschland und dem skandinavischen Raum, selten in Süddeutschland.

Die Findlinge wurden unbearbeitet oder behauen als Quadersteine verbaut.

Feldsteinkirche Ladeburg

Abgelöst wurden die Feldsteinbauten durch Backsteinbauten (Backsteine, Backziegel, Mauerziegel, Formziegel). Die gab es schon im Römischen Reich. Mit dem Ende des Römischen Reiches in Nordeuropa verschwanden auch die Ziegel als Baumaterial. Im 12. Jahrhundert wurde die Ziegelbauweise wieder durch Mönche eingeführt und verbreitete sich wegen der besseren Maßhaltigkeit.

Ein Höhepunkt des dekorativen Bauens mit Formziegeln war die Backsteingotik im Mittelalter im Gebiet der Hanse und des Deutschen Ordens. Davor war die Zeit der Backsteinromanik (ab 12. Jahrhundert), danach die der Backsteinrenaissance (16. Jahrhundert).

 

Beispiele Backsteinromanik: Kloster Jerichow und Kloster Lehnin in Brandenburg, Basilika Altenkrempe in Holstein, Dom zu Lübeck, St. Johannis in Oldenburg in Holstein.

Beispiele Backsteingotik: Rathaus und Nikolaikirche in Stralsund, Marienkirche und Holstentor in Lübeck, Münster Bad Doberan, St. Georgen, St. Nikolai und St. Marien in Wismar,

Beispiele Backsteinrenaissance: Kerkhoffhaus in Rostock, Steintor in Rostock, Zeughaus in Lübeck, Salzspeicher Lübeck, Schabbelhaus Lübeck, Fürstenhof Wismar, Schweriner Schloss.


Ich fahre die Landstraße weiter zum Bernauer Ortsteil Lobetal. Hier hat Pastor Friedrich von Bodelschwingh 1905 seine Stiftung „Hoffnungstal“ gegründet.

 
Lobetal
Ortsteil nördlich von Bernau. 

In Lobetal hat 1905 Pastor Friedrich von Bodelschwingh den „Verein Hoffnungstal für die Obdachlosen der Stadt Berlin“ gegründet. 1906 entstand die Arbeiterkolonie Hoffnungstal für Arbeitslose und Wanderarbeiter, Motto „Arbeit statt Almosen“.

Heute ist hier die „Hoffnungstaler Stiftung Lobetal“, eine Einrichtung mit Wohnungen und Werkstätten für Behinderte, Senioren, Epilepsiekranke und Suchtkranke des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche mit rund 4.000 Plätzen.

 

Friedrich von Bodelschwingh (1831 – 1910) war evangelischer Pastor. Zunächst leitete er die Gemeinde der Evangelischen Mission in Paris. In Paris lebten damals 80.000 deutsche Auswanderer, die als Tagelöhner arbeiteten. Auf dem Montmartre baute er eine deutsche Kirche (Christuskirche).

1872 wurde er Leiter der kurz zuvor gegründeten Evangelischen Heil- und Pflegeanstalt für Epileptische in Bielefeld, von ihm in „Bethel“ (hebräisch: Haus Gottes) umbenannt, die heutigen „von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel“.

Er war für eine Periode Abgeordneter im Preußischen Landtag.

1885 gründete er in Bielefeld die erste deutsche Bausparkasse.

 

Hinter Lobetal kommt Biesenthal im  Naturschutzgebiet Biesenthaler Becken.

Es folgt das Finow-Tal und der Finowkanal mit der Schleuse Grafenbrück. Gleich danach quere ich den Oder-Havel-Kanal.

Ab hier fahre ich durch das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin (die nördliche Grenze des Reservats ist der Oberuckersee). Es ist ein an Seen reiches Gebiet. Die Schorfheide ist Teil der Mecklenburgischen Seenplatte.

Weiter entlang am Werbellinkanal mit der Schleuse Rosenbeck, bis zum Werbellinsee.

 
Biesenthal
5.800 Einwohner, Land Brandenburg, Landkreis Barnim.

Ehemalige Ackerbürgerstadt, in der Altstadt noch erkennbar an den hofseitigen Stall- und Wirtschaftsgebäuden. 

Das Gebiet um Biesenthal wurde von den Askaniern nach dem Wendenkreuzzug erobert. Ursprung des Ortes ist eine askanische Burg, die 1258 als Sitz einer Vogtei erwähnt wird. 

Schleuse Grafenbrück
            Schleuse Grafenbrück
             Historische Schleuse des 
             Finowkanals, 
             handbetrieben,
            in Betrieb gestellt 1746, 
            in ihrer heutigen 
            Forvon 1876.
                             
           Werbellinkanal

Der Werbellinkanal verbindet den Werbellinsee mit dem Oder-Havel-Kanal und dem etwas südlicher verlaufenden Finowkanal.

Der Werbelinkanal wurde 1766 gebaut (Zeit Friedrich des Großen, König in Preußen ab 1740, König von Preußen ab 1712, bis 1786). Das Wasser des Werbellinsees sollte für die Schleusenführung des Finowkanals genutzt werden. Das funktionierte aber nicht, da der Werbellinsee zu wenig Wasser hatte. Es musste weiter Wasser aus dem Haveleinzugsgebiet abgeleitet werden (bei Liebenwerder). Aus diesem Grund wurde 1934 in Niederfinow ein wassersparendes Schiffshebewerk gebaut (ältestes noch in Betrieb befindliches Schiffshebewerk Deutschlands, ein neues Hebewerk soll 2025 in Betrieb gehen).

 

Finowkanal

Der Finowkanal wurde 1605 bis 1620 gebaut. Er verbindet die Havel bei Liebenwalde mit der Alten Oder bei Liepe/Oderberg. Im 30-jährigen Krieg verfiel der Kanal.


Mündung des Werbellinkanals 
in den Werbellinsee

              A1745 wurde er durch Erlass Friedrich des Großen                                     wiederhergestellt. 10 Schleusen mussten gebaut werden,                               38 Höhenmeter zu überwinden. Mitte des 19. Jahrhunderts                          befuhren jährlich 14.000 Kähne und 53.000 Holzflöße den Kanal.

Es wurde die erste Schiffsnorm für die Schiffe des Kanals bestimmt, das Finowmaß. Zwei Schiffe dieser Größe passten genau in eine Schleuse.

Mit dem Bau des Oder-Havel-Kanals verlor der Finowkanal                           an Bedeutung. 

Oder-Havel-Kanal

Da der Finowkanal den wachsenden Schiffsverkehr nicht mehr bewältigen konnte, wurde 1906 mit dem Bau des Oder-Havel-Kanals begonnen, der 1914 in Betrieb genommen wurde. Er beginnt an der Havel bei Oranienburg. Bei der Schleuse Niederfinow geht er in den Finowkanal über. 

Mein Radweg folgt dem westlichen Ufer des Werbellinsees. Kurz hinter der Einmündung des Werbellinkanal in den See mache ich einen Abstecher zum Jagdschloss Hubertusstock. Am nördlichen Ende des Werbellinsees liegt die Stadt Joachimsthal.

Joachimsthal liegt zwischen dem Werbellinsee und dem Grimnitzsee im Gebiet der Schorfheide.

           Werbellinsee

Er ist ein Rinnensee, der wie die meisten umliegenden Seen in der letzten Eiszeit entstanden ist (Weichsel-Eiszeit, die Eisfläche ging von Skandinavien bis in die Mark Brandenburg und Nordrussland, endete vor 11.600 Jahren).


Schorfheide

Ein großes, zusammenhängendes Waldgebiet, das von Rodungen verschont wurde, weil es über Jahrhunderte ein bedeutendes Jagdgebiet der preußischen Könige war. Danach jagten dort die Größen des Dritten Reiches (Hermann Göring) und der DDR (Erich Honecker).

Das Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin. Es erstreckt sich vom Oder-Havel-Kanal im Süden bis zum Nordufer des Oberuckersees und östlich von Templin bis Angermünde.

 

Jagdschloss Hubertusstock

Am Werbellinsee liegt das Jagdschloss Hubertusstock. Mitte des 19. Jahrhunderts ließ es der preußische König Friedrich Wilhelm IV.  bauen.

 

Tor zum Jagdschluss Hubertusstock

Friedrich Wilhelm IV. lehnte die Kaiserkrone ab, die ihm nach der 1848er Revolution von der Frankfurter Nationalversammlung angetragen wurde.

 

Ende des 19. Jahrhunderts wurde eigens für das Jagdschloss ein Bahnhof in dem 10 Kilometer entfernten Jochimsthal angelegt.

In DDR-Zeiten wurde das Jagdschloss als Gästehaus der Regierung genutzt (nachdem das alte Gebäude in den 80er Jahren abgerissen und neu gebaut wurde), u.a. wurde Helmut Schmidt hier empfangen. Heute gehört der Komplex zu dem nahegelegenen Hotel und Seminarzentrum Ringhotel Schorfheide.

 

Auch in der Schorfheide, aber weiter vom Werbellinsee entfernt, zwischen Großdöllner See und Wuckersee, ließ sich Hermann Göring (führender Nationalsozialist im Dritten Reich) eine Villa bauen, die er nach seiner verstorbenen Frau Carinhall nannte. Als im 2. Weltkrieg die sowjetische Armee heranrückte, ließ er das Anwesen sprengen.

 

Joachimsthal
3.500 Einwohner, Land Brandenburg, Landkreis Barnim. 

Joachimsthal entstand in der Nähe der Grimnitz-Burg, die Mitte des 13. Jahrhunderts vom brandenburgischen Markgrafen zur Sicherung der Straße in die Uckermark und nach Pommern errichtet wurde (das muss vor 1250 gewesen sein, da Brandenburg die Uckermark im Vertrag von Ladin 1250 erworben hat). 

1604 verlieh der Kurfürst der Siedlung das Stadtrecht. Der Name Joachimsthal dürfte auf den Namen des Kurfürsten zurückgehen.

 

Kaiserbahnhof Joachimsthal

Der Kurfürst war es auch, der 1603 den Finowkanal als künstliche Wasserstraße zwischen Oder und Havel bauen ließ (im 30-jährigen Krieg zerstört, ab Mitte des 18. Jahrhunderts wiederhergestellt, s.o.).





Historische Gebäude in Joachimsthal: 

           Kaiserbahnhof

1898 ließ der letzte Deutsche Kaiser Wilhelm II. den Bahnhof bauen, um mit seinem Salonwagen in die Nähe des Jagdschlosses fahren zu können. Weitestgehend original erhalten. Heute als Kulturbahnhof von der Stadt Joachimsthal genutzt.

Burgruine Grimnitz

Von der Ruine konnte ich trotz Suche nichts mehr entdecken, nur das Gebäude der Glashütte. Eine Bewohnerin, die ich traf, bestätigte meine vergebliche Suche. Die Reste der Burg seien überbaut worden (?!).


Die Burg wurde vermutlich 1247 von den Askaniern zum Schutz des Weges zwischen Grimnitzsee und Werbellinsee und gegen die zu Pommern gehörende Uckermark errichtet.


Schinkelkirche Joachimsthal
Im Burgareal wurde 1575 vom preußischen Kurfürsten die erste Glashütte in Preußen errichtet, für die er Glasmacher aus Böhmen kommen ließ. In Joachimsthal gab es danach 6 weitere Glashütten, die Scheiben und Hohlglas (Flaschen) herstellten.

 

 Schinkelkirche

Kreuzkirche (kreuzförmiger Grundriss) des 18. Jahrhunderts. Nach einem Stadtbrand wurde die Kirche im Stil der Neugotik nach Plänen des preußischen Baumeisters Friedrich Schinkel wiederhergestellt (darum „Schinkelkirche“).

Die Kreuzform wurde in der DDR-Zeit aufgegeben, ein Kreuzarm wurde als „Winterkirche“ (von der Hauptkirche abgetrennter Teil, um einen kleineren beheizbaren Raum zu schaffen) umgebaut, der andere Teil wurde  Sakristei. 

Der nächste große See nach dem Grimnitzsee ist der Oberuckersee. Kurz zuvor komme ich am Gut Suckow vorbei. Eine große, rechteckige Gutsanlage, umgeben von einem Wassergraben, wie eine Burg. Leider war das Gut zugesperrt, das Café wohl schon länger geschlossen           

In der Schorfheide - so staubig blieb es nicht

           Gut Suckow

Gut der Familie von Arnim (einer der Linien) seit 1577 für 370 Jahre.  Uckermärkische Gutsanlage mit Schloss (aus dem 18. Jahrhundert, erhalten ist nur noch der Nordflügel und der Marstall) und Park als Repräsentationsteil und davon getrenntem Wirtschaftshof.

Den Oberuckersee und den Großen Potzlowsee lasse ich rechts liegen, fahre durch ein weiteres Naturschutzgebiet, die Eulenberge, und erreiche Röpersdorf am Westufer des Unteruckersees, der Übernachtungsort des ersten Radtages.

 

Röpersdorf
440 Einwohner, Land Brandenburg, Landkreis Uckermark.Am Westufer des Unteruckersees. 

Dorfkirche Röpersdorf 13. Jh.

Im 14. Jahrhundert von einem Röper gegründet.  Die Dorfkirche stammt von 1380. Im gleichen Jahrhundert kam das Dorf zum Sabinenkloster in Prenzlau, bis zur Säkularisierung 1543. 1861 kam es in den Besitz der Stadt Prenzlau

                                   

Der Unteruckersee liegt nördlich des Oberuckersees. Südlich des Oberuckersees ist die Quelle der Ucker, die durch den Ober- und Uckersee fließt und als Uecker bei Ueckermünde in die Ostsee mündet.

Die beiden Uckerseen sind Überbleibsel der letzten Eiszeit. Die abschmelzenden Gletscher hinterließen eine hügelige Moränenlandschaft mit Mulden und Senken, in denen sich das Schmelzwasser sammelte. So sind in der Schorfheide über 250 Seen entstanden und geblieben.

Der erste Tag war etwas lang. Und es war der heißeste Tag der ganzen Tour. Ich war schon etwas erleichtert, als ich in Röpersdorf vom Rad steigen konnte. Es war auch die längste Tagestour meiner Radtour.


Zu dem Reisebericht gibt es auch ein Fotoalbum: 



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