Unsere
Kreuzfahrt Westeuropa
Mai 2019

7. Etappe Amsterdam

- Landgang Amsterdam 14. Mai

            Exkurse Niederländische Geschichte 1 bis 4



 Landgang Amsterdam Dienstag 14. Mai

Von Zeebrügge bis Amsterdam sind es nur 149 Seemeilen oder 272 Kilometer. Das ist nicht viel. Mit dem Auto fährt man eben mal rüber. Unser Schiff hat eine ganze Nacht gebraucht.
Vielleicht haben sie auf hoher See die Dieselmotoren abgestellt und sich vom Golfstrom treiben lassen? Jedenfalls waren wir um 7 Uhr morgens im Amsterdamer Hafen.
Das Kreuzfahrt-Terminal liegt hinter den Gleisen des Hauptbahnhofs und von dort geht man direkt in die Innenstadt.

Stadtrundang und Grachtenfahrt


Amsterdam ist gemäß der Verfassung die Hauptstadt des Königreichs der Niederlande. Der Regierungssitz und die Königsresidenz sind allerdings im 60 km entfernten Den Haag.

Den Haag war ab 1648 Residenz der Statthalter der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen (s.u.).
1808 verlegte der (französische – s.u.) König von Holland seine Regierung von Den Haag nach Amsterdam.
Das galt aber nur für kurze Zeit. Zwar bestimmte die Verfassung von 1814/1815 noch Amsterdam als Hauptstadt. Aber als im Ergebnis des Wiener Kongresses die südlichen Niederlande (Belgien) zusammen mit den ehem. Vereinigten Provinzen die Vereinigten Niederlande bildeten, änderte man mit Rücksicht auf die südlichen Provinzen die Hauptstadterklärung, Amsterdam war keine Hauptstadt mehr.
Mit der Bildung des Königreichs der Niederlande 1831 (in Ablösung des „Vereinigten Königreichs“ wurde Den Haag Königsresidenz.
Mit einer Verfassungsänderung von 1983 beendete man die Diskussion über die Hauptstadtfrage mit der Bestimmung Amsterdams zur Niederländischen Hauptstadt. Regierung und König blieben aber in Den Haag.

Neben dem Kreuzfahrthafen gibt es in Amsterdam 7 weitere Häfen für den Güterumschlag. Die Häfen liegen alle westlich des „Noordzeekanaals“, der sie mit der Nordsee und der IJ und dem IJsselmeer (früher Zuiderzee) verbindet.
870.000 Einwohner.

Um 1250 erfolgten die ersten Ansiedlungen von Bauern und Fischern am westlichen Ufer der Amstel (ein nur 31 km langer Fluss).  Zu der Zeit war das Gebiet südwestlich des IJsselmeers (die heutigen Provinzen Nord- und Süd-Holland) Sumpfland und Moor. Das Moorgebiet wurde vom Fluss aus trockengelegt. Die Häuser mussten auf Pfählen gebaut werden.
Im 13. Jh. wurde ein Damm zum Schutz vor Sturmfluten gebaut. Davon leitete sich der Stadtname ab, Amstelredam.
Im Mittelalter entstand an der Stelle des Amstel-Damms ein Platz, der noch heute den Namen Dam trägt und den Mittelpunkt von Amsterdam bildet.

Die Amstel mündete ursprünglich in die IJ (IJ – die beiden Buchstaben stehen im Niederländischen für eine Lautung und werden darum beide großgeschrieben – ein sog. Digraph.  IJ stammt aus dem Germanischen und bedeutet Wasser oder Gewässer.)
Die LJ war ein Meeresarm der Zuiderzee. Die Zuiderzee (bedeutet südliche See) war eine flache Meeresbucht der Nordsee. Durch Eindeichungen sind daraus das IJsselmeer und das Markermeer entstanden. Seit 1998 sind am Rand mehrere künstliche Polder aufgespült worden. 2004 wurde das gestoppt, da die Auswirkungen auf die Natur nicht genügend untersucht waren.
Amstel und IJ fließen jetzt in das IJsselmeer.

Anfang des 14. Jh. kam Amsterdam zur Grafschaft Holland und erhielt das Stadtrecht.

Die Stadt lebte anfangs vom Fischfang, entwickelte sich dann zu einem Stapel- und Umschlagplatz (Heringe aus Schweden und Bier aus Hamburg).

Einen wirtschaftlichen Aufschwung  erlebte die Stadt im Goldenen Zeitalter der Niederlande (s.u. Geschichte). Die Siedlungsflächen innerhalb der bestehenden Kanäle/Grachten reichte nicht mehr aus. Diese ersten Grachten waren bereits im Mittelalter als Festungsgraben geschaffen worden (z.B. die Singel-Gracht).
Anfang des 17. Jh. wurde zusätzlich zu den bestehenden Grachten ein System neuer Grachten begonnen. Sie dienten der Entwässerung des urbar gemachten Sumpfgebietes und dem innerstädtischen Warenverkehr. Es entstand ein halbrunder Grachtengürtel mit drei Hauptgrachten (Heren-, Keizers-und Prinsengracht) westlich des mittelalterlichen Festungsgrabens Singel. Sie sind mit zahlreichen Quergrachten verbunden.

Der Niedergang Amsterdams als Umschlagplatz für den Welthandel begann im „Katastrophenjahr“ 1672 mit den Kriegen der Niederlande zugleich mit Frankreich und England, wodurch der Hafen Amsterdam unerreichbar wurde. Gleichzeitig gab es große Überflutungen und eine Pestepidemie.  Anfang des 19. Jh. war Amsterdam eine verarmte Stadt.

Erst mit dem Nordseekanal (1865 – 1896, etwa in der Zeit wurde auch der Hafen von Brügge gebaut, siehe dort) folgte ein erneuter Aufschwung.
           
Exkurs Niederländische Geschichte 1:
Republik der Sieben vereinigten Provinzen

Ursprung der heutigen Niederlande ist die „Republik der Sieben vereinigten Provinzen“.

Mitte des 16. Jh. gehörten die „Niedere Lande“ mit Belgien und Luxemburg zum deutschen Kaiserreich mit dem Habsburger Kaiser Karl V.. Zu seinem Reich gehörten u.a. Spanien und die Niederlande. In dieser Zeit war die Reformation Martin Luthers (1517).
Nachfolger Karl V. wurde 1555 für Spanien und die Niederlande sein Sohn Philipp II.. Er war Katholik und unterstützte die Gegenreformation. Seine Einschränkung der Religionsfreiheit und Zentralisierungsversuche stießen auf den Widerstand der niederländischen Provinzen, die ihre Privilegien gegen die Zentralregierung verteidigten. 1568 begann ein 80-jähriger Unabhängigkeitskrieg.

1581 schlossen sich die sieben nördlichen Provinzen der Niederlande zur Republik der Sieben Vereinigten Provinzen zusammen und erklärten ihre Unabhängigkeit von Spanien (es waren Holland, Zeeland, Groningen, Utrecht, Friesland, Gelderland, Overijssel). Auf ihre Anerkennung musste die Republik bis zum Westfälischen Frieden 1648 warten, der den 80-jährigen spanisch-niederländischen Krieg und den 30-jährigen Krieg beendete. Trotzdem wurden sie in der Zeit eine bedeutende Handelsnation.

Die südlichen Niederlande (heute Belgien und Luxemburg) blieben bei Spanien.

           Exkurs Niederländische Geschichte 2:
Die Rolle der Statthalter und Wilhelm I. von Oranien

Vor der Unabhängigkeit der Sieben Vereinigten Provinzen regierten die spanischen (Habsburger) Könige die niederländischen Grafschaften/Provinzen mit Hilfe von Statthaltern. Sie waren Befehlshaber der spanischen Truppen und hatten für Ordnung und den Schutz des königlichen Besitzes zu sorgen.
König Philipp II. bestellte 1559 Wilhelm I. von Oranien zum Statthalter für die Grafschaften Holland, Zeeland und Utrecht. Für die übrigen niederländischen Provinzen wurde  die Halbschwester des Königs Statthalter.

Als Philipp II. den Herzog von Alba zur Niederschlagung des Aufstandes in die Niederlande schickte und dieser ein Schreckensregiment errichtete, stellte sich Wilhelm I. gegen Alba  und wurde zum Anführer der Rebellion.

Friedrich von Schiller verarbeitete den Befreiungskampf der Niederlande in seinem Schauspiel Don Carlos, Infant von Spanien (Don Carlos war der Sohn Philipp II.).
Wolfgang von Goethe`s Trauerspiel Egmont thematisiert das Leben eines Mitkämpfers Wilhelm`s (Graf Egmont von Gavre) in der Auseinandersetzung mit dem Herzog von Alba.

Nach der Unabhängigkeit der nördlichen Niederlande wurde Wilhelm I. von Oranien der erste Statthalter der Republik.

Die Statthalter der Republik der Sieben Vereinigten Provinzen wurden von der Ständeversammlung, genannt „Generalstaaten“, gewählt. In die „Generalstaaten“ entsandten die Provinzen Vertreter mit imperativem Mandat (sie waren an die Vorgaben ihrer Provinzen gebunden).  Aufgabe der Republik war i.w. auch nur die Verteidigung und die Außenpolitik. Alles andere regelten die Provinzen selber.
In den Provinzen hatte eine kleine, städtische Führungsschicht das Sagen.

Philipp II. setzte ein Kopfgeld auf Wilhelm I. aus. 1584 wurde er ermordet. In den Niederlanden wird Wilhelm I. als Vater des Vaterlandes verehrt.

Eine Büste von ihm wurde in der vom bayrischen König Ludwig I. geschaffenen Walhalla über der Donau bei Regensburg aufgestellt (1815), in der bedeutende Persönlichkeiten „teutscher Zunge“ geehrt werden.
                       
Wilhelm I. kam aus dem Haus Oranien. Der Ursprung dieser Dynastie ist die deutsche Grafschaft Nassau-Dillenburg.
Der Vater Wilhelm I. von Oranien war der Graf von Nassau-Dillenburg (Dillenburg im Lahn-Dill Kreis). Er erbte 1544 das Fürstentum Oranien/Orange in Südfrankreich und nannte sich danach von Oranien-Nassau. Ihm gehörten große Gebiete im heutigen Belgien, in den Niederlanden und Frankreich.

 Exkurs Niederländische Geschichte 3:  
Das Goldene Zeitalter

Eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit erlebten die Niederlande im 17. Jh.. Die „Republik der Sieben vereinigten Niederlande“ stieg zu einer weltweiten See- und Handelsmacht auf.

Amsterdam wurde zunächst führend im Handel mit den Ostsee-Ländern. Um 1600 begann der Handel mit Asien und Amerika. Den konnten die Niederlande von den anderen Seemächten ungestört aufbauen, da  diese mit Kriegen beschäftigt waren (1588 wurde die spanische Armada durch die Engländer zerstört).

Die Niederländische Ostindien-Kompanie (1602 gegründet) wurde das größte Handelsunternehmen des 17. Jh. und konnte ein Monopol für den Asienhandel aufbauen. Es folgte die Gründung der Niederländischen Westindischen Kompanie, mit Besitzungen in Nordamerika, die von dem Verwaltungssitz „Nieuv Amsterdam“, dem heutigen New York, verwaltet wurden.

Die Amsterdamer Wechselbank wurde zur Förderung des Zahlungsverkehrs mit einer Vielzahl unterschiedlicher Währungen gegründet (1609). Sie unterhielt ein Netzwerk von Girobanken (Abwicklung bargeldloser Zahlungen) in Mittel- und Südeuropa, zu dem auch die 1619 gegründete Hamburger Bank gehörte.
Zur Zeit des Westfälischen Friedens (1648) beherrschten die Niederlande den Welthandel. Sie besaßen mit 15.000 Schiffen das Fünffache der englischen Flotte. Sie hatten quasi ein Transportmonopol auf den Meeren.

Der wirtschaftliche Aufschwung führt auch zu einer kulturellen Blütezeit. Um 1650 arbeiteten  in den Niederlanden etwa 700 Maler, die jährlich 70.000 Gemälde fertigstellten. Die Meister und ihre Schüler produzierten fließbandartig eine riesige Anzahl an Gemälden.
Das führte allerdings zu einem Preisverfall. Selbst heute anerkannte Maler konnten oft nicht von ihrer Malerei leben (der Landschaftsmaler Jan van Goyen handelte mit Tulpen).

In Antwerpen sollen 1560 mehr als 300 Maler und Graphiker ansässig gewesen sein, bei nur 169 Bäckern und 78 Fleischern.

           Exkurs Niederländische Geschichte 4:
Französische Revolution und Napoleon

Während der Französischen Revolution (1789 – 1799) rückten französische revolutionäre Truppen in die  niederländische Republik ein und vertrieben den Statthalter der Republik. In Anlehnung an das revolutionäre Frankreich wurde die von Frankreich abhängige Batavische Republik als Zentralstaat gegründet (der Name „Batavia“ wurde in Anlehnung an den Namen eines westgermanischen Volksstamms in der Gegend gewählt).

Nachdem Napoleon sich 1804 in der Kirche Notre Dame in Paris selbst zum Kaiser gekrönt hatte, wurde die Batavische Republik zum Königreich Holland.

Mit Napoleons Ende und der Neugestaltung Europas durch den Wiener Kongress wurde 1815 das Vereinigte Königreich der Niederlande geschaffen. Die  zentralstaatliche Organisation wurde beibehalten, die Provinzen blieben entmachtet. König wurde Wilhelm IV. von Oranien-Nassau,  Sohn des letzten Statthalters der Vereinigten Sieben Provinzen der Niederlande. Als Wilhelm I. wurde er 1815 zum König der Vereinigten Niederlande bestimmt.  Seit dieser Zeit stellt das Haus Oranien-Nassau die niederländischen Königinnen und Könige.

1830 spaltete sich das Königreich Belgien ab (siehe Belgische Geschichte) und die Vereinigten Niederlande waren nur noch das Königreich der Niederlande.

Bis 1890 regierte der König der Niederlande in Personalunion auch das Großherzogtum Luxemburg. In dem Jahr starb der niederländische König Wilhelm III.. In den Niederlanden war seine Tochter Wilhelmina erbberechtigt. Für Luxemburg galt aber nur die männliche Erbfolge. Adolf von Nassau-Weilburg wurde Großherzog des nun selbständigen Luxemburg.

Und das noch: Jedes Jahr werden 15.000 Fahrräder aus den Grachten gefischt. Um die Grachten sauber zu halten werden die Grachten nachts gespült. Schöpfwerke pumpen Wasser aus dem IJsselsmeer in die Grachten.
Am Ufer der Grachten dürfen nur Ulmen gepflanzt werden. Deren Wurzeln wachsen in die Tiefe. Andere Bäume könnten mit Quer-Wurzeln die Grachten-Wände durchbrechen.

Bedeutende Unternehmen sind  die Brauerei Heineken, der Elektronikkonzern Philips, die Bank ABN AMRO, der Europasitz von Cisco-Systems.


Amsterdam Stadtrundgang:

Der Kreuzfahrthafen (Passagierterminal PTA) ist in der Nähe des Hauptbahnhofs, so dass der Weg in die Stadt nicht lang ist.

Amsterdam Central
Der Hauptbahnhof „Amsterdam Central“ wurde 1889 eröffnet. Er wurde auf drei künstlichen Inseln gebaut und steht auf 9.000 Holzpfählen. Der Haupteingang sieht mit seinen zwei Türmen wie ein Stadttor aus. Am Giebel sind unter dem Reichswappen die 14 Wappen der Städte angebracht, die damals mit der Bahn erreicht werden konnten, darunter auch Berlin.

Vom Hauptbahnhof sind wir in die  Haarlemmerstraat gegangen. Sie soll zusammen mit der Verlängerung Haarlemmerdijk (Deich) eine der beliebten Einkaufsstraßen sein. Aber großstädtisch waren die Geschäfte nicht gerade.
Coffeeshops gab es mehrere. In diesen Läden dürfen sogenannte weiche Drogen, darunter Cannabis, in Kleinmengen verkauft werden. Ausprobiert haben wir das nicht.

Zwischen Haarlemmerstraat und Haarlemmerdijk ist das  West-India Huis. Das Haus war Hauptsitz der niederländischen Westindien Kompanie. 1623 erwarb die 2 Jahre zuvor gegründete Gesellschaft das Haus und erweiterte es in der Folgezeit. Sie blieb dort bis 1647.
Danach wurde das Haus ein  Hotel („Gentlemen‘s Quartier“) und danach ab 1825 ein Heim für Waisenkinder und ältere Menschen. Jetzt ist dort ein Restaurant.
Im Innenhof befindet sich ein Brunnen mit einer Statue von Peter 
Stuyvesant.

Dankmal Peter Stuyvesant
Peter Stuyvesant war Gouverneur von Neu-Holland, eine niederländische Kolonie an der Ostküste Amerikas (17. Jh.). Sie war von der Westindien Kompanie gegründet worden, um den nordamerikanischen Pelzhandel zu organisieren.
In dem West-India Huis wurde 1625 der Bau einer Festung auf der Insel Manhattan beschlossen, damit war der Grundstein für die Stadt New York gelegt.

Die Niederländische Westindien-Kompanie erhielt von der Republik der Sieben Vereinigten Niederlande das Handelsmonopol für Westafrika und Amerika (so wie die Ostindien-Kompanie für den Asienhandel, s.u.).
Die Gesellschaft betrieb auch Sklavenhandel (1674 – 1740). In einem Dreieckshandel wurden Güter an die afrikanische Westküste geliefert. Von dort wurden Sklaven nach Amerika verschifft. Von Amerika brachten die Segelschiffe  Zucker und andere Waren mit zurück. Die Karibikinsel Curacao war damals ein Sklavendepot. Heute gehört die ehemalige Kolonie zu den Niederlanden.

Die Westindien-Kompanie übernahm auch eine preußische Kolonie. Anfang des 18. Jh. verkaufte der preußische König Wilhelm I. die afrikanische Besitzung Groß Friedrichsburg im heutigen Ghana an die Gesellschaft. Er bekam dafür 7.200 Dukaten (die er für den Aufbau der Armee brauchte) und 12 Mohren. Es war das Ende einer nur 35 jährigen Kolonial-Episode Brandenburg-Preußens in Afrika.        

Prinsengracht
Die Prinsengracht ist eine der neuen Grachten, die bei der Erweiterung Amsterdams angelegt wurden. Prinsengracht, Herengracht, Keizersgracht und Singel sind die bekanntesten Grachten von Amsterdam. Zusammen mit den die Grachten verbindenden Straßen („Die neun Straßen“) bilden sie den Amsterdamer Grachtengürtel. Das Viertel beherbergt zahlreiche interessante Grachten-Häuser mit vielen Restaurants und Läden.

Amsterdam hat 165 Kanäle (andere Quelle: 200) mit einer Länge von 75 km, die von 1.200 Brücken  (andere Quelle: 1.400) überbaut sind. Eine Reihe von Grachten sind im Laufe der Zeit auch wieder zugeschüttet worden und sind jetzt „normale“ Straßen.

Fast 7.000 Kaufmanns- und Lagerhäuser sind noch erhalten. Alle sind wegen des sumpfigen Untergrundes auf Pfählen gegründet, teilweise bis zu 18 m tief (Die Pfähle kamen aus dem Schwarzwald und dem Frankenwald und wurden mit Flößen herangeschafft). Das erklärt auch, warum die Grachtenhäuser nicht höher als vier oder fünf Stockwerke sind. Höhere Häuser hätten die Pfähle tiefer in den Untergrund gedrückt. Manchmal sieht man auch schräg zur Seite oder nach vorn geneigte Häuser. Hier haben die Pfähle nachgegeben.

Fassadenziegel in der Prinsengracht
Manche Grachtenhäuser haben Fassadenziegel zur Kennzeichnung des Hauses (so in der Brouwersgracht und in der Prinsengracht). Teilweise wurden sie als Werbeschilder für das Gewerbe des Eigentümers gestaltet oder sie verweisen auf dessen Beruf oder haben die Initialen seines Namens.
Um 1800 wurde ein Hausnummernsystem eingeführt, das die Fassadenziegel ablöste.
Ein Verein will die Amsterdamer Fassadenziegel aus dem 16. bis 18. Jahrhundert erhalten, rund 730 historische Ziegelsteine soll es noch geben.

Ein anderes Schild an vielen Grachtenhäusern weist auf eine Förderung durch Stadsherstel hin. Das ist eine Organisation, die gefährdete oder vom Abriss bedrohte Immobilien aufkauft, renoviert und vermietet. Dahinter steht eine sozial orientierte Aktiengesellschaft (mit nur geringen Dividenden), deren Aktionäre die Stadt Amsterdam, Banken und Versicherungen sind. Seit ihrer Gründung 1956 hat Stadsherstel etwa 600 Gebäude gerettet.

An der Prinsengracht ist der  Van Brienen Hofje.  Der Bürgermeister van Brien
Van Brienen Hofje
eröffnete 1806 das Haus für 20 ältere Paare und Männer, die römisch-katholisch sein mussten. Sie wohnten im Erdgeschoss. Die oberen Etagen waren als Getreidespeicher vermietet, von den Mieten wurde das Haus unterhalten. Es galten strenge Regeln, abends wurden die Türen verschlossen. Später wurden auch die Speicher zu Wohnungen umgebaut. Heute gehört das Haus einer der sozialen Wohnungsbaugesellschaften in Amsterdam (Woningbouwvereniging Het Oosten).

Die Batavische Republik hat 1796 die Trennung von Kirche und Staat eingeführt. Katholische Einrichtungen waren wieder erlaubt, die durch den Einfluss der Reformieren Kirche verboten waren.

Die calvinistische Reformierte Kirche war bis dahin zwar keine Staatskirche, sie hatte jedoch viele Vorteile und Vorrechte. Der Staat bezahlte die Kirchengebäude und Pastore. Lutheraner waren geduldet, Katholiken durften ihre Religion nicht ausüben. Das war sicher mit Folge des Widerstandes der zumeist protestantischen niederländischen Provinzen gegen die katholische Zentralmacht Spaniens.

Die ursprünglich katholische Amsterdamer Stadtregierung, die den spanischen König anerkannte, trat 1578 zum Protestantismus über (zehn Jahre zuvor hatte der 80-jährige Krieg der Sieben Provinzen gegen die spanische Herrschaft begonnen). Vorausgegangen war ein Überfall niederländischer Aufständischer. Auch Handelsinteressen haben den Wechsel wohl mit herbeigeführt. Katholische Kirchen wurden beschlagnahmt. So war die Oude Kerk (s.u.) vorher die katholische Sint Nicolaaskerk. Die Klöster kamen zur Stadt und wurden für öffentliche Aufgaben genutzt.

Katholiken hielten ihre Gottesdienste in Untergrundkirchen, sog. Schlupfkirchen, ab. Ein Beispiel ist  Ons' Lieve Heer op  Solder (Unser lieber Herr auf dem Dachboden) in der Straße Oudezijds Voorburgwal. Heute ist das Haus ein Museum.

Das  Zon´s Hofje, fasst daneben, wurde etwas früher (1765) für mennonitische Frauen ab 50 Jahre gebaut (die Menschen wurden damals nicht so alt wie heute).
Zon's Hofje

Mennoniten sind Anhänger der Lehre von Menno Simons, ein niederländischer Reformer zur Zeit Luthers.  Sie hatten die Erwachsenen-Taufe, lehnten Wehrdienst und Waffen ab. Geschichtlich sind sie mit den Hutterern und Amischen verbunden.

Heute wohnen mennonitische Studentinnen in dem Haus.

Das Huis met de Hoofden in der Keizersgracht aus dem Jahr 1622 ist heute ein Museum. Bei unserem Spaziergang war die Fassade für Renovierungsarbeiten zugehängt, so dass die Verzierungen, sechs Köpfe von römischen Göttern, nicht sichtbar waren. .
Das Haus kaufte Joost Ritman 2006. Er hatte sein Vermögen aus der Herstellung und dem Vertrieb von Einweggeschirr (!) erworben. 2005 brachte er es in die Het Wereldhart Stiftung ein.

Die Het Wereldhart Stiftung besitzt 25.000 von Ritman gesammelte Bücher und Schriften seiner „Bibliotheca Philosophica Hermetica“. Hermetik ist eine antike religiös-philosophische Offenbarungslehre aus der Zeit des Hellenismus (Reich Alexander des Großen 336 v.Chr. bis 30 v.Chr.).

Bis zum „Anne Frank Haus“ in der Prinsengracht sind wir an vielen historischen Häusern vorbeigekommen. Ab der Prinsengracht haben wir dann die Häuser bei einer Grachtenfahrt vom Wasser aus betrachten können. Das war eine sehr interessante, einstündige Fahrt mit vielen Erläuterungen zu den Häusern, die ich natürlich nicht alle behalten habe. Verlauf: Prinsengracht, Amstel, Herengracht, Singel, IJ, Westerkanaal, Prinsengracht.


An fast allen Grachtenufern sind Hausboote festgemacht. Meist sind es  alte Kähne, teilweise mit Blumen und Büschen, fast kleinen Gärten. Moderne Hausboote mit ihren rechteckigen Aufbauten sind auch zu sehen, aber weniger. Über 2.000 Hausboote sollen es sein, alle mit Strom-, Wasser- und Abwasseranschluss. Für die Liegegenehmigung muss eine Gebühr in Abhängigkeit der Bootsgröße gezahlt werden. Da inzwischen fast alle Ufer voll sind, gibt es keine neuen Liegegenehmigungen mehr, umso wertvoller und teuer sind die bestehenden.
 
An der Kaizersgracht

Das Anne Frank Haus ist ein moderner Neubau (so sieht die Fassade jedenfalls aus). Es soll das am meisten besuchte Museum in Amsterdam sein. Original soll der Eingang neben dem Museumshaus sein, der aus dem Jahr 1635 stammt (die Anlegung der Prinsengracht begann ab 1612).
  
1940 zog die Nederlandsche Opekta Maatschappij N.V. (Maatschappij – Gesellschaft, N.V. – niederländische Aktiengesellschaft)  in das Haus ein. Geschäftsführer war Otto Frank, der Vater von Anne Frank. Er war an der Aktiengesellschaft beteiligt und hatte das Unternehmen als Vertriebsgesellschaft für Opekta ab 1933 zunächst an anderem Ort in Amsterdam aufgebaut. Otto Frank war Jude und wollte sich und seine Familie mit dem Wechsel von Frankfurt a.M. in Sicherheit bringen. Die Vorfahren seiner Frau waren Niederländer.

Opekta (Obstpektin aus Äpfeln) ist ein Geliermittel zur Herstellung von Marmeladen und Fruchtgelee. Das Geliermittel wird aus Apfeltrester (Pressrückstand beim Mosten von Äpfeln) hergestellt.

Ich erinnere mich, dass meine Mutter Marmeladen mit Opekta, in kleinen braunen Flaschen abgefüllt, gekocht hat. Als ich vor einigen Jahren selber Marmelade gemacht habe, habe ich die Fläschchen von Dr. Oetker vergeblich gesucht. Ich habe  Apfelpektin nur noch als Pulver gefunden, oder fertig unter den Einmachzucker gemischt.

Die Firma Opekta GmbH wurde 1928 in Köln von dem österreichischen Chemiker Robert Feix gegründet. Das Pektin wurde aus Österreich bezogen und in Köln in Flaschen abgefüllt. Mit Pektin war die Herstellung von Marmeladen einfacher als mit der bis dahin verwendeten Gelatine oder mit viel Zucker.
Das Familienunternehmen wurde 1982 an den Kölner Zuckerhersteller Pfeifer & Langen verkauft (Die Opekta-Umsätze waren rückläufig, weil immer mehr fertige Marmeladen auf den Markt kamen). Schließlich landete das Unternehmen 1994 bei der  Dr. August Oetker KG. Oetker stellte die Marke ein.

1942 musste die Familie Frank untertauchen, nachdem Deutschland 1940 in die Niederlande, Belgien und Luxemburg beim Angriff auf Frankreich einmarschiert war. Die Familie versteckte sich mit 4 anderen Personen im Hinterhaus der Opekta-Vertriebsgesellschaft. Dort schrieb Anne Frank ihr berühmt gewordenes Tagebuch. 1944 wurden sie und die Mitbewohner verraten.  Sie und ihre Schwester kamen 1945 im KZ Bergen-Belsen um, kurz vor der Befreiung des Lagers.  Ihre Mutter starb im KZ Auschwitz. Nur ihr Vater, Otto Frank, überlebte.

Von ihrem Versteck aus hörte Anne Frank das Glockenspiel der benachbarten
Westerkerk mit Kaiserkrone
Westerkerk. Sie wurde 1631 zwischen der Prinsengracht und der Keizersgracht fertiggestellt. Sie hat den höchsten Kirchturm Amsterdams (85 m).
Auffällig ist die Turmspitze, die die Kaiserkrone Maximilians I. (römisch-deutscher Kaiser und Herzog von Burgund, zu dem die Niederlande gehörten) nachbildet. Die Krone kann aber auch als Teil des Stadtwappens auf dem Turm angebracht worden sein (Maximilian I. hatte der Stadt Amsterdam 1489 erlaubt, seine Krone im Wappen zu führen). Das ist wahrscheinlicher, denn sowohl am Turm wie auch im Inneren der Kirche ist das Stadtwappen zu sehen. Schließlich hat der Amsterdamer Magistrat den Auftrag zum Bau der protestantischen Kirche gegeben.

An der Westerkerk liegt Rembrandt begraben. Der genaue Ort ist aber nicht dokumentiert.

Von vielen Führern wird die Krone oft auch als österreichische Kaiserkrone bezeichnet. Das ist aber falsch. Das Österreichische Kaiserreich ist erst 1804 entstanden.
In dem Jahr erhob sich der Habsburger Erbherzog Franz Joseph von Österreich als Franz I. zum erblichen Kaiser von Österreich, das die Habsburgischen Erblande umfasste (Österreich und die Länder der Böhmischen und Ungarischen Krone). Bis 1806 blieb Franz Josep auch noch als Franz II. letzter gewählter römisch-deutscher Kaiser (dann erklärte er das Deutsche Reich als aufgelöst).
           
Beim Bau der Westerkerk wurden die Säulen, Bögen und das Hauptgesims aus Bentheimer Sandstein gearbeitet (Bad Bentheim in Niedersachsen an der Grenze zu Nordrhein-Westphalen und den Niederlanden). Die Steine wurden in flachen Kähnen über die Vechte und das Zwarte Water zum IJsselmeer
Engelsbild an der Westerkerk
transprotiert. Auch für das Rathaus/Königsschloss wurde Benter Sandstein verwendet.

Über das Engelsbild an der Kirchwand konnte ich nichts weiter herausfinden. Offensichtlich ist es eine Werbung der Erste Hollandsche Levensverzekerings-Bank. Dann ist es auch wesentlich später nach dem Kirchenbau dort angebracht worden. Die erste holländische Lebensversicherung „Hollandsche Sociëteit van Levensverzekeringen“ wurde 1807 gegründet. Sie gilt als erstes Lebens-versicherungsunternehmen in Kontinental-Europa (früher schon in London). In Deutschland wurden 1827 die ersten Lebensversicherungen von der Gothaer Lebensversicherungsbank verkauft.

Von der Prinsengracht sind wir über die Brücken der Kreizersgracht, der Herengracht und der Singelgracht zum Dam gegangen.

Amsterdam ist eine Fahrradstadt, das ist bekannt. Neu war uns aber di
"Grachten"-Fahrräder
e Information des Grachtenboot-Kapitäns, dass jedes Jahr 60.000 Fahrräder geklaut werden.
Und Fahrräder, die zu lange unbenutzt herumstehen, werden eingesammelt. Das haben wir gesehen. Fahrräder mit roten Bändchen (die Verwarnung und Ankündigung der Entfernung) wurden auf einen LKW geladen und abtransportiert.
Und zahlreiche Fahrräder werden aus den Kanälen „gefischt“. An einer Stelle haben wir sie auf einem Haufen gestapelt als „Denkmal“ gesehen.

Der Dam ist der zentrale Hauptplatz im Zentrum des mittelalterlichen Stadtkerns. Ursprünglich war der Platz ein im 13. Jh. gebauter Damm zur Abdeichung der Flussmündung Amstel, um die durch Sturmfluten gefährdete Küstenlinie zu verkürzen. Ende des Mittelalters wurde der Deich verbreitert, so dass ein Stadtplatz entstand. Es war der zentrale Marktplatz, an dem damals auch Schiffe anlegen konnten. Heute ist das nicht mehr möglich, Teile der Amstel wurden ab dem 19. Jh. zugeschüttet.

Rathuas - Koninklijk Paleis
Wie es sich für den zentralen Platz gehört, wurde dort auch ein Rathaus gebaut (1648 bis 1665). Ein ziemlich großes. Es war ja auch das „Goldene Zeitalter“ Amsterdams. Wegen des sumpfigen Untergrunds benötigte der Bau eine Gründung mit fast 13.000 Baumstämmen. Die Mauern wurden mit Bentheimer Sandstein (aus Niedersachsen) aufgebaut.

Als Napoleon seinen Bruder Louis zum König des neu geschaffenen Königreichs Holland machte, brauchte der  1808 auch ein Schloss in der Stadt. Er nahm das größte Gebäude. Aus dem Rathaus wurde der Koninklijk Paleis, auch  „Paleis ob de Dam“  genannt.
Seit 1939 ist das Palais  „nur“ noch der Repräsentations-Palast der Königsfamilie, der königliche Wohnsitz ist der Palast Huis ten Bosch in Den Hag.

Napoleon hat nicht nur Bayern und Sachsen, sondern auch die Niederlande zu einem Königreich gemacht.

Den
Am "Dam"
Wittelsbacher Kurfürsten
beförderte er 1806 zum König von Bayern, weil der sich für Napoleon und gegen die österreichischen Habsburger entschieden hatte.

Der Sächsische Kurfürst wurde im gleichen Jahr mit der Königskrone belohnt, weil er von der preußischen zur französischen Seite gewechselt war.

Als die Napoleonische Zeit zu Ende ging, wechselte Bayern wieder rechtzeitig die Seiten. Es konnte seine territorialen Erweiterungen weitgehend behalten. Die Sachsen verpassten den Wechsel und mussten 1815 etwa die Hälfte ihres Territoriums an Preußen abgeben.

Die Niederlande wurden aus einem anderen Grund Königreich. Napoleon versorgte seinen Bruder Luis mit der Königskrone des neuen Königreichs Holland. Allerdings funktionierte der nicht so wie Napoleon wollte. Das Königreich wurde ein Teil Frankreichs.

Gegenüber dem Königlichen Schloss steht das Nationalmonument. Der Obelisk  wurde 1956 als Mahnmal für die Opfer der deutschen Besetzung im Zweiten Weltkrieg und der Befreiung und des Friedens aufgestellt.

An der Seite des Schlosses steht die Nieuwe Kerk. Nach der Oude Kerk ist sie die zweitälteste Kirche Amsterdams und sie ist die Krönungskirche der niederländischen Monarchen. Sie wurde vor dem Rathaus gebaut (1408, 1530 – 1540 erweitert, 1565 kam der Turm hinzu. 1645 wurde die Kirche nach einem Brand ohne Turm wiederaufgebaut.). Heute wird das Gebäude für Ausstellungen und Orgelkonzerte genutzt (und als Krönungskirche zuletzt 2002).


Natürlich haben wir auch Käse probiert. Bei Henri Willig im Einkaufszentrum Magna Plaza, dem ehemaligen Hauptpostamt hinter dem Königspalast.
Henri Willig verkauft seinen Käse in mehrere Läden in Amsterdam und anderen niederländischen Städten.
(Auch am Marienplatz in München gibt es seinen Käse.)
Es gibt eine Menge zu probieren, unterschiedliche Käsesorten, mit verschiedenen Gewürzen zubereitet oder mit Trüffel verfeinert. Ein Rundgang durch den Laden ersetzt ein Mittagessen.

Das Hauptpostamt wurde in den letzten Jahren des 19. Jahrhunderts gebaut. 1992 wurde der mächtige Ziegelbau mit großer Innenhalle und Galerien zu einem Einkaufszentrum umgebaut.

Ziemlich jeder Reiseführer beschreibt auch das „Rotlichtviertel“ von Amsterdam. Das sind die Grachtenstraßen Oudezijds Voorburgwal und der Oudezijds Achterburgwal.
           
Im 14. Jahrhundert trennte die Amstel Amsterdam in zwei Teile, die alte Seite (östlich der Amstel) mit der Oude Kerk und die neue Seite (westlich der Amstel) mit der Nieuwe Kerk.

Um die Stadt zu schützen wurde auf jeder Seite ein Burggraben gegraben. Bei der Stadterweiterung entstand davor ein weiterer Graben

Der alte Graben war (auf der östlichen Seite) der Oudezijds Voorburgwal, der neue Graben der Oudezijds Achterburgwal. 
So war es auf der westlichen Seite ebenso mit den „Nieuwedzijds“- Wällen. Die westlichen Wälle wurden irgendwann zugeschüttet, geblieben ist die „Singelgracht“ als Westgrenze des 16. Jahrhunderts.
 
Oudezijds Voorburgvaal mit Blick auf die  Basiliek van de H. Nicolaas

Natürlich sind wir durch die „Wall-Straßen“ gegangen. Wir wollten ja zur Oude Kerk. Da „mussten“ wir durch das Rotlichtviertel. Aber am Tag ist es nicht so interessant. In der Nacht – vielleicht? Wir hätten noch einen Nachtausflug machen können. Im Gegensatz zu den anderen Hafenstädten hatte unser Kreuzfahrtschiff in Amsterdam eine verlängerte Liegezeit bis 1 Minute vor Mitternacht. Deswegen? Wohl eher nicht. Das Schiff wäre sonst wohl zu früh in Hamburg gewesen. Um keine Zweifel aufkommen zu lassen, wir sind an Bord geblieben.

Die  Oude Kerk ist das älteste erhaltene Bauwerk von Amsterdam.  Der Ursprung der Kirche ist im 13. Jh., als ein Holzbau durch einen Steinbau ersetzt wurde. Danach folgte eine dreischiffige Hallenkirche. Eine Zeit lang diente das Kirchengebäude auch als Börse (1584 – 1611). Heute ist die Kirche ein Ausstellungsort. 

Von der Oude Kerk sind wir die Brücken über die beiden „Wall“straßen zur „Oude Hoogstraat 22“ gegangen, zu dem Schmalstes Haus von Amsterdam, vielleicht ist es auch nur eines der schmalen Häuser.
 
Kirchentor und das "Schmalste Haus"
Schmal und weit in das Grundstück hinein wurden die meisten Grachtenhäuser gebaut. Der Grund für diese Bauart war die damalige Gebäudesteuer. Sie wurde nach der  Breite des Hauses bemessen. Darum wurden die Häuser mit einer schmalen Vorderfront, aber hoch (soweit das die Pfahlgründungen hergaben)  und relativ tief in das Grundstück hinein gebaut.
Dadurch hatten die Häuser nur sehr schmale Treppen, so dass sperrige Gegenstände über einen vorstehenden Balken am Giebel hochgezogen wurden.

Ein solches schmales Haus, es soll das schmalste sein (2 Meter breit, 5 Meter tief), steht an der Oude Hoogstraat 22. 1738 diente es einem Uhrmachermeister als Werkstatt.

Neben dem schmalen Haus ist ein alleinstehendes Kirchentor (von 1616), das zu  der Waalse Kerk (Walonische Kirche) führt, die hinter der Grundstücksfront mit Zugang über die Oudezids Achterburgwal liegt. Durch das  schmale Tor zur Hoogstraat wurden die Särge nach der Beerdigungsfeier zum Friedhof (wo?) getragen.

Daran anschließend ist die ehemalige Zentrale der „Vereenigde Oostindische Compagnie“, das Oost-Indisch Huis. Nach der Auflösung der Kompanie war das Gebäude Sitz der Kolonialverwaltung der Republik Batavia. Heute ist dort ein Teil der Philosophischen Fakultät.

Ost-Indisch-Huis
1602 schlossen sich niederländische Kaufleute zur Ostindien-Kompanie zusammen. Sie erhielt von den „Vereinigten Provinzen“  das Handelsmonopol und Hoheitsrechte für Ostindien, insbesondere für das heutige Indonesien und Malaysia.
Sie war eines der größten Handelsunternehmen des 17. und 18. Jahrhunderts, auch durch die Kontrolle des Indienhandels. Teilweise waren 4.700 Segelschiffe für die Kompanie unterwegs. Die Archive der Kompanie sind noch heute mit über 25 Millionen Seiten in verschiedenen Städten vorhanden.

Das Ende der Gesellschaft begann gegen Ende des 18. Jh. mit dem vierten Englisch-Niederländischen Krieg. Anders als in den vorhergehenden Kriegen konnten die Übersee-Schiffe die europäischen Heimathäfen nicht mehr erreichen. Der Todesstoß war 1795 der Einmarsch französischer Revolutions-Truppen in die Niederlande.

Über eine weitere Gracht, der „Kloveniersburgwal“ kamen wir zur Zuiderkerk.

Kloveniers war ein Musketentyp (ein langes Vorderlader-Gewehr), der auch auf Rembrandts Gemälde „Die Nachtwache“ abgebildet ist.

Die Zuiderkerk (Südkirche) war die erste für Protestanten neu gebaute Kirche in den Niederlanden (1611).  Es ist eine dreischiffige Basilika im holländischen Renaissancestil.    
Drei Kinder Rembrandts sind neben der Kirche begraben.
Heute ist die Kirche ein Informationsraum des städtischen Wohnungs- und Planungsamtes mit Informationen über die städtebaulichen Strukturen Amsterdams.

Rembrandt-Haus und Museium
Gleich in der Nähe der der Zuiderkerk ist das Rembrandthuis.
 
Rembrandt hatte das Haus 1639 gekauft und wohnte darin bis zu seinem Bankrott 1658.
1911 wurde darin ein Museum eröffnet, mit einer Rekonstruierung der Hauseinrichtung zu Rembrandts Zeit und einer Sammlung von Radierungen Rembrandts.

Rembrandt Harmenszoon van Rijn (1606 – 1669) ist einer der bedeutenden niederländischen Künstler des Goldenen Zeitalters. Sein erstes Atelier bezog er in Leiden, 1631 zog er nach Amsterdam. Trotz seines umfangreichen Werkes (350 Gemälde, 300 Radierungen, 1.000 Zeichnungen) waren seine  finanziellen Verhältnisse schwierig, 1656 musste er Konkurs anmelden und er starb in Armut.

Nach dem Rembrandthaus sind wir zurück zum Kreuzfahrtschiff gegangen.

Schleusenwärterhaus
Vorbei an dem Schleusenwärterhaus von 1695, das heute ein Café ist. Die Schleuse regelte den Wasserstand des Kanals von der Amstel zum IJ. Auch bei Gefahr konnte die Schleuse geschlossen werden, um feindliche Schiffe zu stoppen.

Vorbei an der Leprozenpoort. Hier stand im 15. bis 16. Jahrhundert, außerhalb der Stadtmauern, eine abgeschlossene Wohnanlage für Leprakranke. Danach wurden „alberne“ Menschen (Geisteskranke) dort untergebracht. Im 19. Jahrhundert wurde das Haus abgerissen, nur das Lazarus-Tor erinnert noch an das Haus und seine Geschichte.

Wir kommen wieder zur Kloveniersburgwal. Im 15. Jahrhundert waren an dieser Stelle ein Stadttor und eine Burganlage. Ein Teil des Kanals war bei einer Stadterweiterung Anfang des 17. Jahrhunderts trockengelegt worden, um den Nieuwmarkt anzulegen. Die Burganlage wurde zur Stadtwaage De Waag umgebaut.

De Waag ist das älteste weltliche Gebäude Amsterdams. Nur Kirchen sind älter. Zum Wiegehaus wurde die ehemalige Burg umgebaut, um die zentrale „Waag op de Dam“ zu entlasten.
In die oberen Geschosse zogen verschiedene Zünfte ein. Auch Chirurgen hatten hier einen Operationssaal. Rembrandt malte in diesem Saal sein Gemälde „Die Anatomie des Dr. Tulp“. Das Original ist jetzt in Den Haag. Eine Kopie hängt in dem Café und Restaurant im Erdgeschoss der Waage.
 
Rembrandt-Gemälde in De Waag
Rembrandt war 25 Jahre, als er das Bild malte. Zu der Zeit waren Anatomie-Vorführungen ein gesellschaftliches Ereignis. Das Publikum, auch Studenten, musste Eintritt bezahlen. Entsprechend feierlich sind die Personen gekleidet.
Dr. Tulp gehörte zur Amsterdamer Gilde der Barbiere und Chirurgen.

Das Gebäude "De Waag" versinkt langsam aufgrund seiner Schwere und des ehemals morastigen Untergrunds. Das ist auch an anderen Stellen zu beobachten. Manche Häuser an den Grachten sind im Laufe der Zeit schief geworden. Der Untergrund sackt teilweise etwas ab und auch die alten Holzpfähle verrotten.

Am Rand des Neumarkts ist eine Skulptur zur Erinnerung an den niederländischen Dichter des „Goldenen Zeitalters“, Bredero, aufgestellt, die eine Szene eines seiner Dramen (Der spanische Brabander) darstellt. Der Aufstellungs-Ort hat einen doppelten Bezug. Bredero wohnte in der Straße Oudezijs Voorburgwal, gleich in der Nähe. Die Hauptfigur des Romans ließ sich von „Damen mit fragwürdigem Ruf“ unterhalten, das Rotlicht-Viertel ist gleich nebenan.
 
Bredero-Denkmal am Niuwmarkt

Wir erreichen Hafen und Schiff. Vor dem Hafengebäude sehen wir das Nemo – Wissenschaftsmuseum, das in seinem Aussehen an ein Schiff erinnert. Entworfen wurde es 1997 von Renzo Piano.

Von Renzo Piano stammt auch das Weltstadthaus in Köln (Kaufhaus), das Bürogebäude mit dem grünen Würfel am Potsdamer Platz in Berlin (Eichhornstraße 3), das Centre Pompidou in Paris (zusammen mit anderen Architekten), der Wolkenkratzer The Shard in London.

Noch ein Blick auf die Skyline am Hafen, das moderne und neue Amsterdam:
Das Hochhaus A’Dam Lookout liegt dem Hauptbahnhof gegenüber, dazwischen liegt der IJ, eine Fähre pendelt zwischen den beiden Ufern. Gebaut wurde das Hochhaus 1971 von der Royal Dutch Shell (daher auch die Bezeichnung „Muschelturm“, nach dem Muschel-Firmenlogo) und 2003 an die Stadt Amsterdam verkauft. Von der Aussichts-Plattform auf dem Dach hat man einen weiten Blick über die Stadt, den Hafen und die Polderlandschaft.
Das Hochhaus liegt im neuen Stadtviertel Overhoeks. 2007 wurde dort auf dem Shell-Raffinerie-Gelände mit dem Bau von Wohnungen und Eigentumswohnungen begonnen.
Davor war auf dem westlich davon gelegenen Gebiet IJplein die entstandene Industriebrache (Reparatur-Werften und Bekleidungsfabriken) schon ab 1980 für den Wohnungsbau erschlossen.

Skyline am Hafen

Mit dem Skyline-Blick haben wir den Besuch in Amsterdam und unsere Kreuzfahrt abgeschlossen.

Vor Hamburg war noch ein Seetag. Von dem ist nicht viel zu berichten (siehe Seetag nach La Coruña). Außer, dass wir an einer Reihe von Windparks vorbeigefahren sind. Es ist schon beachtlich, wie viele Windräder im Ärmelkanal  in Betrieb sind.

Einer der Windparks

In Hamburg erwartete uns dann Regenwetter und langes Warten auf ein Taxi zum Bahnhof.  Der Hamburger Hafen ist groß und die Wege sind lang. Macht nichts. Wir sind gut wieder in Berlin angekommen.

Unsere Kreuzfahrt

Und nach einer Reise ist vor einer Reise – die nächste ist allerdings eine Fahrradtour. Ich werde berichten.


                                    Die Informationen stammen meist aus Artikeln im                                           Internet, ohne einzelne Zitierung.


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