Zu Fuß durch die Alpen
(3) Durch das Tiroler Oberinn-Tal
Vom Fernpass kommend waren wir am Vortag durch das Gurglbachtal bis
nach Imst gewandert. Hinter Imst mündet der Gurglbach in den Inn. Unser
Wanderweg folgt heute und in den nächsten Tagen dem Inn bis Altfinstermünz.
Von Imst gehen wir am 5. Wandertag nach Landeck. Am 6. Wandertag führt uns der Claudia-Wanderweg über die Fliesser Platte mit römischen Wagenspuren, dann über Ried bis zu dem kleinen Ort Tschupbach hinter Tösens mit nur ein paar Bauernhöfen. Von hier gehen wir am 7. Wandertag bis Altfinstermünz und dann hinauf zum Stiller Bach, der einige Kilometer weiter in den Inn mündet, und weiter bis Nauders.
5. Wandertag: Imst – Landeck
Von Imst aus gehen wir hinunter in das Inntal. Der Gurglbach mündet bei Imst in den Inn.
Eine andere Wanderstrecke hatte ich mir auch angesehen, mich dann aber für den Römerweg durch den Vinschgau entschieden. Die andere Strecke biegt nach Imst in das Ötztal ab. Die Ötztaler Ache mündet östlich des Gurglbachs in den Inn. Über Sölden führt der Weg nach Obergurgl. Hier muss man den Bus hinauf auf die Timmelsjoch-Hochalpenstraße nehmen. Die Strecke von Obergurgl hinauf auf das Timmelsjoch ist für eine Tagestour zu weit und zwischendrin gibt es keine Übernachtungsmöglichkeit. Hinter dem Timmelsjoch geht es dann zu Fuß hinunter zum Passeiertal und im Tal über St. Valentin im Passeiertal weiter nach Meran.
Die
Auenlandschaft ist am Ufer des Inn durch Schmelzwasser der Gletscher entstanden. Der sich dort im Laufe der Zeit angesiedelte
Auenwald wurde gerodet und die Aue als Weide genutzt.
Bei Schönwies verlassen wir
die Tallandschaft und gehen den Berg hinauf Richtung Kronburg. Wir überqueren
den Kronburger Bach, der den Namen von der Kronburg hat, an der er
vorbeifließt. Seine Quelle ist weiter oben am Venetberg der Ötztaler Alpen.
Schönwies war schon in der Bronzezeit (3. Jahrtausend vor Chr.) besiedelt. Im 6. Jahrhundert n.Chr. begann die Besiedlung durch Bajuwaren. 1288 wurde der Ortsteil Saurs (bedeutet „feucht) erwähnt, 1535 Schönwies („fruchtbare Wiese“).
Die Kronburg sehen wir vom
Gasthof unterhalb der Burg. Das Wirtshaus gehört zum Wallfahrtsort mit der Wallfahrtskirche Maria Hilf. 1673 wurde
sie errichtet. Wir machen hier erst einmal eine Pause und haben Glück, dass wir
einen freien Tisch im Wirtsgarten finden. Es ist Sonntag und scheinbar ist der
Wallfahrtsort ein beliebtes Ausflugsziel.
Zwischen Schönwies und Zams baute 1380 Hans von Starkenberg auf einem
Felssporn die Festung Kronburg.
Schon 1423 kam die Burg in den Besitz des Tiroler Herzogs. In der bayrischen
Zeit wurden die Kronburg und das zugehörige Gut verkauft.
Unterhalb der Kronburg ist in einer Senke
die Wallfahrtskirche „Maria Hilf“
1673 errichtet worden.
1845 wurde unterhalb der Kronburg neben der
Wallfahrtskirche ein Kloster für die
Ordensgemeinschaft der Schulbrüder (zur Erziehung Jugendlicher) errichtet. Das
Projekt scheiterte. Es folgten die „Armen Schulschwestern“ aus München. Seit
2005 gehört das Klostergebäude den „Barmherzigen Schwestern“ aus Zams, die auch
das Wirtshaus bewirtschaften.
Wir bleiben auf der Höhe über dem Inntal, allerdings mit einigem Auf und Ab. Zams sehen wir unten im Inntal.
In Zams
gab es wahrscheinlich schon vor den Römern eine keltische Siedlung. 726 bestand eine Herberge, der heutige
Postgasthof Gemse. Im 18. und 19. Jahrhundert war Zams für seine
Textilproduktion bekannt (Seide und Baumwolle).
Unsere heutige Unterkunft, das Hotel Tramser Hof, liegt oberhalb von
Landeck. Trams ist eine kleine Hochebene mit zwei künstlich angelegten Teichen,
die einmal als Wasserspeicher für die Landwirtschaft aufgestaut wurden.
Landeck entstand erst 1900 durch die
Zusammenlegung der Gemeinden Perfuchs (vom lateinischen „profusio“ –
Überschwemmungsgebiet – abgeleitet) und Angedair (vom keltischen „ankataria“ –
Gebiet an der Biegung – abgeleitet).
In römischer Zeit war hier eine „Maniso“,
eine Raststation an der Via Claudia Augusta. Eine erste Kirche bestand schon um
430 bis 480. Fundamente einer Taufkapelle, die um 500 bestand, sind erhalten.
Der Landecker Talkessel wurde durch drei
Burgen gesichert, Schloss Landeck (wir sehen sie morgen), Burg Schrofenstein
über dem westlichen Inn-Ufer und die Burg Kronburg, an der wir vorbeigekommen
sind.
* * *
6. Wandertag: Landeck – Tösens/Tschuppbach
Von der Tramser Höhe gehen wir zunächst hinunter in
die Stadt Landeck und am Schloss vorbei.
Schloss
Landeck wurde als landesfürstliche
Gerichtsburg Ende des 13.
Jahrhunderts mit einem großen Bergfried (Wehrturm) gebaut.
Gerichte hatten in der
Grafschaft Tirol die Aufgabe der Rechtsprechung
und der Verwaltung. Sie waren territoriale Gliederungen der Tiroler
Grafschaft.
Die Burg und der Gerichtsbezirk wurden von
den Tiroler Landesherren öfter als Pfandlehen vergeben, u.a. von 1518 – 1549 an
die Ritter von Schrofenstein, die
auf der Burg Schrofenstein in Stanz bei Landeck saßen. Das war damals der
übliche Weg der Geldbeschaffung (es müssen also ordentliche Einnahmen mit dem
Lehen verbunden gewesen sein).
Bis 1840 war die Burg Gerichtssitz. Jetzt
gehört die Burg der Stadt Landeck und beherbergt ein Bezirksmuseum.
Pfarrkirche
Mariä Himmelfahrt, vor 1296
(erste Erwähnung) errichtet und damit ziemlich zeitnah nach der Burg Landeck gebaut.
Unter der Kirche wurden Reste früherer Kirchen gefunden. Eine erste Kirche wird
zwischen 430 bis 480 vermutet. Es muss also schon im 5. Jahrhundert eine
christliche Gemeinde gegeben haben.
Bedeutend ist der Schrofensteinaltar (von 1530), von den Rittern von Schrofenstein gestiftet.
Dann müssen wir ziemlich steil den Berg hinauf, fast
klettern, um auf die Höhe der Fließer
Platte zu kommen. Auf das Plateau wollen wir hinauf, weil dort die Spuren
von drei historischen Wegen zu erkennen sind:
Die Ur-Trasse aus rätischer Zeit (Räter waren die Ureinwohner vor der römischen Eroberung).
Wir gehen auf dem Römer-Weg weiter durch den Wald. Es
regnet. Heute ist der Regentag unserer Wanderung. Später, am Ende des Tages
wird es uns noch stärker erwischen.
Dabei gehört das Gebiet um Fließ zu den regenarmen Gebieten. Landwirtschaft war nur mit Bewässerung möglich. Ein Netz von Kanälen, die Waale (Im Vinschgau werden wir öfter auf Waal-Wegen gehen), durchzog früher die Fließer Trockenhänge.
Am Ortsanfang von Fließ sehen wir die Neue Pfarrkirche
der Gemeinde, St. Barbara, ein großer, spätbarocker Kirchenbau mit einem
Doppelturm von 1804. Älter ist die Alte
Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt. Ihre Grundmauern stammen aus dem 6.
Jahrhundert.
Fließ besteht aus mehreren Ortschaften und etwa 70 Weilern (kleine Orte). Das Dorf liegt am Ende des Plateaus, auf dem wir von der Fließer Platte aus gegangen sind und das wir hier in Richtung Inn wieder verlassen.
Fließ ist ein archäologisch interessanter Ort. Ein hallsteinzeitlicher Fund (Hallsteinzeit
etwa ab 800 v.Chr.) und ein bronzezeitlicher (Bronzezeit etwa 2200 bis 800
v.Chr.) Fund bezeugen eine lange Besiedlung.
Die Kapelle des Hl. Philomena
(am südlichen Ortsrand) steht auf einem Schalstein aus der Jungsteinzeit (etwa ab
4.000 v.Chr.), in den rund 70 Schalen eingemeißelt sind (für Opfergaben?).
In der Römerzeit war in
Fließ eine Raststation. Funde davon und von den archäologischen Funden sind im
Museum ausgestellt.
Hinter der Fließer Platte war das Wetter wieder trocken geworden. Unten im Inntal ballten sich zwar noch die Wolken zusammen, aber der Regen hatte aufgehört. Bis wir unten im Inntal den kleinen Ort Prutz erreichten.
Das Besondere des Ortes ist ein „Sauerbrunnen“, eine
Quelle mit natürlicher Kohlensäure. Natürlich füllen wir gleich unsere Trinkflaschen
mit dem leicht sprudelnden Quellwasser.
Die Gemeinde Prutz hat die Quelle in einem Brunnen gefasst und am Felsen eine Überdachung geschaffen. Die war unser Glück. Wir hatten gerade die Quelle erreicht, als ein heftiger Gewitterregen losbrach. Es war der erste Gewitterguss des heutigen Tages, den wir hier unter dem Brunnendach gut überstanden.
Nach dem Gewitter war alles wieder gut. Wir erreichen
Ried und machen an der 1894
errichteten Lourdes-Grotte am linken Inn-Ufer eine Pause.
Im 12. Jahrhundert hatte das Stift Rottenburg
(zum Bistum Freising gehörend) Besitz in „Rieden“, wie der Ort damals hieß.
Ebenso hatte das bayrische Kloster Reichenbach (Bistum Regensburg) hier
Grundbesitz.
Der Ort entstand um einen Wehrturm, vom dem aus der Handelsweg kontrolliert wurde. Er war Stammsitz der Herren von Ried.
Im 15. Jahrhundert wurden Erze mit Silber, Bleiglanz und
Schwerspat abgebaut. Die Bergwerke im gegenüberliegenden Platzertal gehörten zu
den höchstgelegenen Bergwerken in den Alpen.
ist ein Weiler der Gemeinde Serfaus im Inntal, die mit ihrem Hauptort 500 Meter oberhalb des Inntals, am Rand der Samnaun-Gebirgsgruppe, liegt. Der Weiler hat nur einige Häuser und einen Gasthof (in dem wir übernachtet haben).
Die Römerbrücke
neben dem Inn bei Tösens erkennen wir erst, als wir schon auf ihr sind. Noch
ein Stück durch den Wald und dann kommen wir auf einen befestigten Weg und dann
auf die Dorfstraße von Tschupbach. Das Ziel ist erreicht. Es regnet immer noch
kräftig. Unser Gasthof hat einen Skiraum, in dem wir unsere nassen Sachen und
Schuhe trocknen können. Und einen gemütlichen Gastraum. Und das Gewitter zog
weiter. Wir konnten noch einen kleinen Rundgang ohne Regen unternehmen.
* * *
7. Wandertag: Tschuppbach – Nauders
Der Regen war vorbei. Unsere Anoraks und Wanderschuhe waren wieder trocken.
Frohgemut konnten wir in den neuen Tag starten.
Im Tschupbach-Tal gehen wir bergauf bis zur Waldkante. Hier irritiert uns zunächst der Weg, der an einer Villa am Hang endet. Hinter dem Haus gibt es nur einen schmalen, rutschigen Pfad, die Bergkante hinauf, offensichtlich kaum begangen. Vorsichthalber gehen wir zurück zur Villa. Aber es gibt keinen anderen Weg außer diesem unscheinbaren Pfad. So gehen wir ihn. Es ist der richtige Weg, der nach einem steilen Anstieg ziemlich eben verläuft und ein Forstweg wird.
Der Aufstieg aus dem Tal sollte nicht die einzige Irritation bleiben. Nach dem Forstweg folgt wieder ein schmalerer Pfad und das nächste Tal, das des Marchtalbachs, der weiter unten zwischen Schönegg und Stein in den Inn fließt. Über den Bach mussten wir hinüber. Aber der Bach war kein kleines Rinnsal, die Ufer an beiden Seiten steil. Das Wanderbuch beschreibt den Bach als „Rinne, durch die alljährlich Geröll zu Tal donnert“. Das habe ich aber erst jetzt, bei der Beschreibung unserer Wanderung, nachgelesen. Ein Übergang war nicht zu erkennen. Wir überlegten kurz, ob wir zurückgehen sollten. Aber der Blick die „Rinne“ hinunter versprach keinen besseren Übergang. Also über die glitschigen Steine und mit den Wanderschuhen durch das Wasser hinüber an den anderen Rand. Es ist gut gegangen, keiner ist in den Bach gefallen.
Der weitere Weg war gemütlich. Fast eben folgten wir dem Inn mit etwas Abstand an seinem westlichen Talrand. Durch die kleinen Orte im Tal, Lafairs und Birkach, bis nach Pfunds.
Pfunds (von lateinisch „fundus“ – nutzbarer Boden)
wird 1282 erstmals urkundlich genannt. Durch die Lage am Handelsweg von Venedig nach Augsburg gelangte Pfunds im
Mittelalter zu Wohlstand. Die großen Bauernhäuser im Engadiner Stil (Haustyp
im Engadin, Vinschgau und Oberinntal), zum Teil mit Fassadenmalereien im
Sgraffiti-Stil, bezeugen das noch heute.
Sgraffito (vom italienischen sgraffiare – kratzen) entstehen, indem verschiedenfarbige Putzschichten aufgebracht werden und danach Teile der oberen Putzschicht ab- oder ausgekratzt werden.
Angewendet wurde die Sgraffito-Technik vor allem in der Renaissance in Italien. Im 16. Jahrhundert kam sie mit italienischen Baumeistern nach Österreich und Deutschland.
In der Liebfrauenkirche sind Wandfresken (um 1500) erhalten.
Bauernhäuser im Engadiner Stil:
Liebfrauenkirche:
Nach Pfunds bleiben wir auf der westlichen Talseite des Inn. Das Tal wird schmaler. Der Wanderweg verläuft oberhalb der Reschenstraße, die den Inn überquert und auf der anderen Talseite weiterführt. Wegen der Enge des Tals muss die Straße dort teilweise in Gallerien dicht am Hang geführt werden.
Die Straßenquerung des Inn verläuft über die Kajetansbrücke, heute eine mächtige Steinbogenbrücke (1957
fertiggestellt). Die ursprüngliche Brücke war eine Holzbrücke, die 1850 bis
1854 beim Bau der neuen Reschenstraße errichtet wurde. Kajetan (Cajetan von
Bissingen-Nippenburg, 1806 – 1890) war damals Statthalter für Tirol und
Voralberg des österreichischen Kaisers Franz-Joseph I. .
Die neue Reschenstraße (auf der östlichen Inn-Seite) ersetzte die alte Via Claudia vom Reschenpass über Nauders bis zur Kajetansbrücke südlich von Pfunds. Die alte Reschenstraße verlief wie die Via Claudia Augusta bis zur Burg Altfinstermünz auf der westlichen Inn-Seite und querte dort den Inn.
Wir bleiben bis Altfinstermünz am westlichen Innufer. Die Schweiz ist hier ganz nah. Unweit vor Altfinstermünz quert die österreichisch-schweizer Grenze die Engadiner Straße und stößt auf den Wanderweg der Via Claudia Augusta. Wir gehen noch auf österreichischem Boden, der westliche Hang daneben gehört schon zur Schweiz.
Bei Altfinstermünz führte
schon die Claudia Augusta über den Inn. Im Mittelalter war es eine wichtige
Verbindungsstraße zwischen dem Vinschgau und dem Inntal zum schweizerischen
Engadin. An der Engstelle des Inn, der Finstermünzschlucht,
wurde ab dem 13. Jahrhundert Zoll
erhoben. Im 15. Jahrhundert sicherte der Herzog von Tirol, Sigismund von
Österrreich, die Engstelle durch eine Festung.
Altfinstermünz (bis 1856 – Bau der neuen Reschenstraße - nur
Finstermünz) wurde 1472 als Grenzbefestigung zum Schutz vor Einfällen aus dem
Engadin zusammen mit der Innbrücke errichtet. Der Inn ist hier Grenze zwischen
der Schweiz und Österreich.
Der Name Finstermünz ist von "mintsja" (indogermanische, vorrömische Sprache) abgeleitet, was "emporragender Fels" bedeutet.
Die Festungsanlage besteht aus einem im Inn stehenden Festungsturm und Holzbrücken zu den
beiden Ufern. Am östlichen Ufer steht die eng an den Berg gelehnte Burg Sigmundseck (benannt nach dem
Herzog von Tirol) und ein fünfstöckiger Wohn- und Wehrturm (Klausenturm,
heute Gaststätte).
Die Brücke und die Befestigung verloren ihre Bedeutung, als Ende des
19. Jahrhunderts hinter Pfunds die Innbrücke (Kajetansbrücke) gebaut wurde und
die Hochfinstermünzstraße (Reschenstraße) über den Finstermünzpass (Festung
Nauders) nach Nauders geführt wurde.
Die Anlage diente Louis Trenker als Kulisse für seinen 1932 gedrehten Film „Der Rebell“.
Die Klausenturm-Gaststätte war geschlossen, obwohl sie am Dienstag immer geöffnet hat. Der Grund war eine Schlammlawine, die den nahen Bach am Vortag heruntergekommen war und den Zugang von der nahen Reschenstraße her unpassierbar machte (wir waren an dem Tag weiter nördlich vor Tschupbach im Gewitter unterwegs). Die Gäste konnten nur über die Altfinstermünz-Brücke kommen (wie wir) und das waren offenbar zu wenige. Wir mussten aber weiter Richtung Reschenstraße. Auf Baumstämmen und Geröll sind wir über den Schlamm und durch den Schlamm über die Mure gegangen. Die Schuhe sahen entsprechend aus.
Hinter der Schlamm-Mure durften wir erst einmal kräftig aufsteigen, bis wir nach einer Serpentinenstrecke auf die aufgegebene alte Reschenstraße kommen.
Der zur Straße gehörende Straßentunnel von 1856 ist zwar für „alle Fahrzeuge und Personen“ gesperrt, aber zugänglich und gut passierbar. Die Alternative wäre, entlang der etwas oberhalb verlaufenden (verkehrsreichen) neuen Reschenstraße zu gehen, oder dort mit dem Bus zu fahren (Empfehlung des Wanderbuches). Das wollten wir nun gar nicht. Also sind wir auf der aufgegebenen Straßenführung geblieben und durch den Tunnel gegangen.
Die Trasse
endete vor dem Hochfinstermünz-Tunnel der neuen Reschenstraße. Ein zunächst
nicht erkennbarer Pfad umging die Tunnelstrecke am Hang des Tunnelberges, mit
schönem Blick in das Inntal, das hier – ein wenig steil – unter uns lag. Noch
ein kurzes Stück in der Tunnel-Galerie der neuen Straße (das war sogar
ausgeschildert) und wir waren an der Festung
Nauders und am Stiller Bach, in
dessen Tal wir nun weiter bis nach Nauders gehen würden.
Die Festung Nauders wurde 1834 bis 1840 von Österreich als Teil seiner
südlichen Verteidigungslinie errichtet. Die
Festung klebt fast am Berg und wurde teilweise in den Felsen hineingebaut. Heute
ist in der Festung ein Museum.
Schon im Mittelalter (1513 bis 1522) war die Engstelle im Tal des
Stiller Bach mit einer Verteidigungsmauer gesichert, der Niklasmauer.
Nauders liegt etwa auf der Hälfte zwischen Altfinstermünz und dem Reschenpass. Der Weg führt uns zunächst durch einen Wald-Abschnitt und dann durch das freie Tal des Stiller Bach nach Nauders, immer kontinuierlich aufwärts. Die Reschenstraße hat einige Schleifen, um die Höhe zu erreichen.
In Nauders wird die römische Straßenstation „Inutrium“ an der Via Claudia Augusta vermutet.
Straßenstationen (Lateinisch: Maniso – Rast, Aufenthalt) entstanden ab dem Jahr 20 v.Chr. (Kaiser Augustus) an allen wichtigen römischen Straßen. An den Straßenstationen wurden zunächst Melde-Läufer und später Kurierwagen stationiert, die Nachrichten zwischen den Provinzen und Rom weiterleiteten. Sie lagen etwa eine Tagesreise auseinander.
Aus Nauders stammt der Gründer
des Alpenvereins, der Pfarrer Franz Senn (1831 – 1884).
Die Einwohner (1550 – Anfang 2021) leben von der Landwirtschaft und dem Sommer- und Wintertourismus (4200 Gästebetten).
Über dem Ort steht die landesfürstliche Burg Schloss Naudersberg, Anfang des 14. Jahrhunderts errichtet.