Berliner Spaziergänge: 
Stölpchensee und Griebnitzsee

Mai 2022

Stölpchensee und Griebnitzsee - 13 Kilometer

Ein Bericht des Historikers Michael Wolfssohn im Tagesspiegel über ein durch Arisierung und Vertreibung der Juden aus Deutschland verlorenes Grundstück am Stölpchensee brachte uns auf den Gedanken, unseren Spaziergang um den Stölpchensee zu gehen. Es wurde dann doch eine kleine Wanderung.  Da die Stölpchensee-Runde ein bisschen kurz ist, hatten wir noch die Umrundung des Griebnitzsees hinzugefügt. 

Mit dem Auto bis zum Biergarten auf der Söhnel Werft am Teltowkanal. Hier starten wir die erste, kleinere Runde um den Stölpchensee. 


Söhnel Werft am Teltowkanal. Ab 1930 baute hier (am West-Berliner Teil des Kanals) Alfred Söhnel die von ihm entwickelten Holzkanadier (Paddelboote) mit in der Hochzeit 10 Mitarbeitern. Das funktionierte bis in die 1960er Jahre. Dann verdrängten die Kunststoffboote die Holzboote. Es lohnte sich nicht mehr. Geblieben ist ein Kanu-Verleih (der aber wegen der Corona-Krise noch ruht).

Jetzt ist auf dem Werft-Gelände ein Biergarten und Restaurant in schöner Lage direkt am Kanal. Nach Corona wird der Biergarten gerade „aufgefrischt“, die Holz-Bänke und Tische werden gestrichen. 

Blick vom Griebnitzkanal auf den Griebnitzsee

Kurz hinter der Söhnel Werft stößt der Griebnitzkanal auf den Teltowkanal. Dahinter ist der Stölpchensee. Am Griebnitzkanal ist der etwas sandige Weg direkt am Kanal und quert den von der Kohlhasenbrücker Straße kommenden Stölpchenweg. Über eine Brücke führt der auf die andere Kanalseite zur Hubertusbaude. Wir bleiben auf dieser Seite und müssen am Stölpchensee das Ufer verlassen. Fast der gesamte Uferstreifen des Stölpchensees ist hier ein Bootsverleih. War, auf dem Gelände werden gerade große Betonbodenplatten gegossen. Das Bauschild verrät den Zweck. Neubau eines Gastronomie- und Beherbergungsbetriebes.

Der Griebnitzkanal zwischen Stölpchensee und Pohlesee
 

Der Stölpchensee gehört zu einer Kette kleiner Seen zwischen dem Großen Wannsee und dem Griebnitzsee (Kleiner Wannsee, Pohlesee, Stölpchensee). Die Seen sind durch den Griebnitzkanal miteinander verbunden. Der wurde mit dem Teltowkanal zusammen 1906 gebaut.

 

Die Seenkette ist durch eine eiszeitliche Schmelzwasserrinne entstanden (letzte Eiszeit, die Weichsel-Kaltzeit, Beginn vor 100.000 Jahren), ähnlich der Grunewaldrinne, die in einer nordöstlichen Linie fast direkt folgt (Schlachtensee, Krumme Lanke, Lietzensee).
 

Die eiszeitliche „Hauptrinne“ ist die Havel und deren Seenkette, zu der auch der Große Wannsee gehört. Zwischen den Seen des Gribnitzkanals und der Havel liegt ein auch von der Eiszeit geformtes Grundmoränengebiet mit dem Schäferberg (mit dem Fernmeldeturm) weiter nördlich und die kleineren Hirschberg und Moritzberg am Griebnitzseeufer. Es ist die sogen. Wannsee-Insel, weil das Gebiet vollständig von den Havelgewässern umschlossen ist.

 

Der Teltowkanal ist eine Südumgehung Berlins, die die Wasserstraßen Elbe und Oder verbindet. Im Westen ist er bei Glienicke mit der Havel verbunden, im Osten über die Dahme mit dem Oder-Spree-Kanal. Die alte Kanalstrecke durch Berlin dauerte wegen der vielen Schleusen sehr lange und war dem steigenden Schiffsverkehr nicht mehr gewachsen.  Gebaut wurde der Kanal von 1900 bis 1906.  Er verläuft teilweise im Flussbett des damaligen Bäkebachs, der am Fichtenberg in Berlin-Steglitz beginnt.

  

Da der Schifffahrtverkehr auf dem Kanal intensiver als geplant wurde, musste sehr früh zur Schonung der Ufer getreidelt werden. Die Schleppkähne wurden von elektrischen Treidellokomotiven gezogen. An der Kanalbrücke in Lichterfelde ist eine solche Treidellokomotive ausgestellt.


Über die Alsenbrücke gehen wir über den Griebnitzkanal am anderen See-Ende.
 

Die Alsenbrücke ist nach der Villenkolonie Alsen benannt, die sie mit der Villenkolonie Neubabelsberg am Ufer des Griebnitzsees verband.

Die Villenkolonie Alsen wurde ab 1863 von Wilhelm Conrad am Großen Wannsee entwickelt. Bekannte Villen sind heute das Haus der Wannseekonferenz und die Liebermannvilla.

Die Villenkolonie Neubabelsberg wurde ab 1871 von den Architekten Böckmann und Ende geschaffen. Bekannt sind die nach dem 2. Weltkrieg während der Potsdamer Konferenz von Churchill, Stalin und Trumann bewohnten Villen (wir kommen im Laufe der Wanderung noch daran vorbei).


Am Seeufer beginnt der Ortsteil Stolpe. Es ist der Ursprungsort des zum Berliner Bezirk Steglitz-Zehlendorf gehörenden Stadtteils Wannsee. Das slawische Dorf (slawisch „Stolp“ - Pfahl - bedeutet eine „mit Pfählen befestigte Siedlung“) wurde 1299 erstmals als „Slauicum stolp“ – Slawisch Stolpe - erwähnt.

Dorfkirche von 1859, nach den Plänen des preußischen 

Hofbaurats Friedrich August Stüler errichtet.


Am Tor zum Kirchgarten 
- ein in Berlin nicht unbekannter Hinweis.

Restaurant „Zum grünen Baum“ mit schwäbischer Küche am Wilhelmplatz in Stolpe. Als es noch das „Chopin“ mit
schlesischer Küche war, waren wir öfter dort.

Am Seeufer stehen bunt gemischt einfache, kleine Häuser, alte und neue Villen. Ihnen gemeinsam ist, dass sie zwischen See und Stölpchenweg stehen. Das Seeufer und dann das Kanalufer sind zugebaut.

Rosenbusch an der Kirche




Auf der Landseite ist hinter einem Waldstreifen der „Ausläufer“ des Golfclubs Wannsee, des wohl besten und teuersten Golfclubs in Berlin (er umschließt u-förmig ein Helmholtz-Zentrum, das frühere Hahn-Meitner-Institut mit dem stillgelegten Forschungsreaktor).

An der Brücke des Stölpchenwegs über den Griebnitzkanal liegen die Hubertusbaude (zurzeit noch geschlossen) und das Hotel Forsthaus. Wir gehen über die Brücke und den Weg am Kanal zurück zum Biergarten der Söhnle Werft. Hier ist erst einmal Kaffeepause. Allerdings, Kaffee gibt es noch nicht. Der neue Pächter/Eigentümer (?) hat nach Renovierung der Gebäude wohl gerade mit dem Gastronomiebetrieb begonnen. Die Kaffeemaschine sei noch nicht da, sagte uns der Mitarbeiter an der Selbstbedienung des Biergartens. Aber Bier und Brezel gibt es.

Kastanienblüte an der Brücke
Der Weg um den Stölpchenweg war uns zu kurz. Also beschließen wir, auch noch um den Griebnitzsee zu gehen. Links herum oder rechts herum ist möglich. Wir entscheiden uns, zuerst an den Villen vorbei zu gehen und auf der Rückstrecke durch den Wald auf der anderen Uferseite.

Auf der Böckmannbrücke (benannt nach dem Architekten Wilhelm Böckmann, Vorsitzender des Architektenvereins zu Berlin, zu dessen Gründern auch der Architekt der Kirche am Stölpchensee, Friedrich August Stüler, gehörte) gehen wir über den Teltowkanal und  an der Bäkewiese vorbei. Die erinnert daran, dass hier vor dem Bau des Kanals der Bäkebach in den Griebnitzsee floss.
 

In die Wiese hinein ist nach der Wende eine exklusive Einzelhaus-Siedlung mit einem Teich in der Mitte gebaut worden, deren Straße nicht einfach Lindenstraße heißt, sondern „Via Tilia“ (Linde, latainisch „Tilia“). Die Linden sind  genau so neu wie die Häuser.

Die „Via“ stößt auf die Stubenrauchstraße, die Grenze zwischen Berlin und Brandenburg, die auch die DDR-Grenze war. Daran erinnert noch ein Mauerstück am Griebnitzsee und eine der vielen Stelen entlang der Mauer mit den Namen der bei der Flucht Getöteten.

Die Grenze und der Grenzweg waren am Südostufer des Griebnitzsees. Der Grenzweg wurde nach der Wiedervereinigung ein Uferweg. Aber teilweise nicht lange. Denn nach einem kurzen Stück endet der Weg an einer übermannshohen Hecke quer zum Weg. Gleich nach dem Mauerfall konnte man noch den ganzen Weg entlang des Ufers gehen. Bis einige Eigentümer der Villen sich darauf besannen und darauf bestanden, dass die Grundstücke vor dem Mauerbau bis an das Wasser reichten. Sie machten den Weg einfach dicht. Der Stadt Potsdam gelingt es bis heute nicht, den alten Uferweg wieder für die Allgemeinheit zu öffnen. Man bemüht sich. Zwei Bebauungspläne der Stadt wurden von Villeneigentümern juristisch gekippt. Nach einem dritten Bebauungsplan dauert es noch weitere Jahre, bis er umgesetzt werden kann. Die Stadt will sich weiter bemühen, sagt die Verwaltung.

Die neue Mauer

Grundstück vor der Hecken-Mauer:
Stilleben mit Sommersessel und zwei Krähen in der Sonne

Wir gehen also, nachdem wir an der Hecken-Mauer umkehren mussten, auf der Straße parallel zum Griebnitzsee weiter. Das hat aber auch einen Vorteil. Wir können uns die Villen auf ihren großen Grundstücken ansehen, vom Fußweg aus, wenn nicht Hecken und Mauern die Sicht begrenzen.

"Trumann-Villa" 
Der amerikanische Präsident übernachtete hier während
der Potsdamer Konferenz. Gebaut als "Haus Erlenkamp"
von dem Verleger der Werke Fontanes, Carl Müller-Grote.


"Churchill-Villa"
Der britische Premierminister übernachtete hier während
der Potsdamer Konferenz. Die Villa wurde für den Mitinhaber
der Deutschen Bank, Franz Urbig, gebaut.
Architekt war Mies van der Rohe.
Seit 2009 gehört die Villa dem SAP-Gründer Hasso Plattner.


Eine andere Villa von Mies van der Rohe, die Villa Mosler.
Gebaut für das Vorstandsmitglied der Dresdener Bank, Georg Mosler. 
Sie soll ebenfalls Hasso Plattner gehören.



Übrig geblieben vom letzten Weltkrieg?

Schließlich sind wir am Beginn des Parks Babelsberg mit dem Schloss Babelsberg. Wir gehen nicht in den Park (das würde zu lange dauern), sondern überqueren den Teltowkanal und erreichen Klein Glienicke (weiter nördlich sind das Jagdschloss und das Schloss Glienicke und die Glienicker Brücke). Hier machen wir in dem schön am Teltowkanal gelegenen Garten-Café eine Pause. Es ist ein Ausflugslokal, in dem viele Spaziergänger, Wanderer und Radfahrer einkehren. Vielleicht zu viele, der Kaffee war nicht besonders.

Teltowkanal am Park Babelsberg

Von hier aus gehen wir zurück durch den Buchenwald am Nordwestufer des Griebnitzsees, rechts der Blick auf den See, links die ansteigenden Berge (oder Hügel) des Hirschbergs und des Moritzbergs. Bis zur Hubertusbaude und dann den bekannten Weg am Griebnitzkanal zur Söhnel Werft.

Blumen am Weg

Es ist etwas später geworden und wir hatten Sorge, dass der Biergarten schon geschlossen hat. Das wäre nicht schlimm, aber unser Auto hatten wir auf dem Parkplatz hinter dem Tor zur Kohlhasener Straße abgestellt und das hätte bei Betriebsschluss geschlossen sein können. Mit einer kleinen Erleichterung sahen wir nach dem Bogen vom Griebnitzkanal zum Teltowkanal im Biergarten noch mehrere Gäste sitzen. Es war noch warm und viele Ausflügler genossen den Abend am Kanal. Wir hatten das schon am Nachmittag gemacht und gegrillt wurde ja noch nicht im Biergarten (oder nur am Wochenende?). Also fuhren wir wieder direkt nach Hause.


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Berliner Spaziergänge
Um den Botanischen Garten

April 2022 


          Spaziergang um den Botanischen Garten 
          6 Kilometer
           Die Ziffern entsprechen den Markierungen im Text

Der Botanische Garten Berlin ist nicht weit von unserer Wohnung entfernt. Die Hauptstraße „Unter den Eichen“ (Bundesstraße B1) bildet die eine Grenze des Gartens, die andere ist die „Altensteinstraße“ und der „Königin-Luise-Platz“. 

„Unter den Eichen“ gehen wir, wenn wir in die Stadt wollen (gemeint ist hier der Stadtteil Steglitz). Und auch bei unserem heutigen Spaziergang. Durch das Gartengitter (wahrscheinlich noch aus der Zeit der Errichtung des Botanischen Gartens?) kann man gut in das parkähnliche Gelände hineinschauen.
 

Der Botanische Garten wurde auf Beschluss des Preußischen Landtags ab 1899 zwischen der Berliner Straße (heute: Unter den Eichen) und dem Königin-Luise-Platz angelegt und 1903/1904 eröffnet. Die Fläche lag damals in den Gemarkungen Dahlem und Groß-Lichterfeld und war größtenteils ein Kartoffelacker der Königlichen Domäne Dahlem.

Erster Direktor des neuen Botanischen Gartens wurde Adolf Engler, der die Neuanlage geplant hatte.

 

Adolf Engler (1844 – 1930) war bis 1889 Direktor des Botanischen Gartens Breslau, nachdem er in Kiel einen ersten botanischen Garten angelegt hatte. 1889 wurde er Professor für Botanik an der Berliner Universität und zugleich Direktor des Botanischen Gartens und Museums in Schöneberg (heute ist dort der Heinrich-von Kleist-Park). Er begründete die Botanischen Jahrbücher und wollte alle Pflanzen der Erde in einer Buchreihe beschreiben. Die Buchreihe „Das Pflanzenreich“ wurde nach seinem Tode weitergeführt und hatte bis 1953 107 Bände.

Beerdigt wurde er im Botanischen Garten. Die Englerallee am Botanischen Garten ist nach ihm benannt.

 

Der Botanische Garten ist 43 Hektar groß und beherbergt etwa 22.000 verschiedene Pflanzenarten. Damit ist er einer der größten in Deutschland. Der Garten mit dem Großen Tropenhaus und weiteren Schaugewächshäusern und einem angeschlossenen Botanischen Museum mit Herbarium ist eine Zentraleinrichtung der Freien Universität Berlin.

 

Er ersetzte den Botanischen Garten an der Potsdamer Straße in Schöneberg (heute der Heinrich-von-Kleist-Park). Der gehöre ab 1809 zur Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin und hatte durch Carl Ludwig Willdenow weltweite Anerkennung gefunden. Das zum Botanischen Garten gehörende Botanische Museum beherbergt heute als „Haus am Kleistpark“ (an der Grunewaldstraße) eine kommunale Galerie.

 

Carl Ludwig Willdenow (1765 – 1812) übernahm nach einem Medizinstudium zunächst die Apotheke seines Vaters in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche pflanzenkundliche Bücher. 1798 wurde er Professor für Naturgeschichte am „Berliner Collegium medico-chirurgcum“ (eine Einrichtung zur Ausbildung von Ärzten und Aufsichtsbehörde für medizinische Berufe). Das Berliner Collegium wurde mit der Gründung der Berliner Friedrich-Wilhelm-Universität (1809) aufgelöst. Willdenow wurde dort Professor für Botanik.

Die Wildenowstraße am Botanischen Garten, die von der Altensteinstraße abbiegt, ist nach ihm benannt.

 

Hervorgegangen war der Garten aus einem Hopfengarten für die kurfürstliche Brauerei in Berlin (welche war das?) in der Feldmark des damaligen Dorfes Schöneberg (1506 hatte Kurfürst Joachim I. das Dorf Schöneberg erworben).

Der Hopfengarten wurde 1679 aufgegeben. Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620 – 1688) schaffte die Bier-Deputate für seine Bediensteten ab und gleich damit auch die kurfürstliche Brauerei. Im Garten wurde statt Hopfen „Küchen- und Gartengewächse“, Kohl und Gemüse, angepflanzt. Daran mangelte es damals offensichtlich auch in der kurfürstlichen Küche.

Der Küchengarten wurde ein landwirtschaftlicher Mustergarten.

König Friedrich I. ließ den Mustergarten in einen königlichen Lustgarten umwandeln, mit Gewächshäusern und einer Orangerie. Auf private Initiative (Andreas Gundelsheimer) entstand daraus ein botanischer- und Apotheken - Garten. 1801 erhielt Karl Ludwig Wildenow den königlichen Auftrag zur Reorganisation des Botanischen Gartens an der Potsdamer Straße.


Wir biegen von der Straße Unter den Eichen in die Straße „Am Fichtenberg“ und gehen hinauf auf den Fichtenberg neben dem Botanischen Garten. Hinauf ist ein wenig übertrieben. 68 Meter ist der Hügel hoch, gemessen ab Meeresspiegel (Normalhöhennull), und der Stadtteil Steglitz liegt auch noch etwas über dem Meeresspiegel.
 

Wie dem auch sei. Der Fichtenberg, der früher auch „Kiefernberg“ hieß, (wegen der Kiefern oder Fichten, die hier einmal standen?) ist die höchste Erhebung des Berliner Ortsteils Steglitz. Am Berg entstand das Dorf Stegelitze (1242 erstmals erwähnt, 1157 war die Mark Brandenburg durch den Askanier Albrecht den Bären gegründet worden).

 

Am Südhang des Fichtenbergs entspringt die Bäke. Einst floss der kleine Bach gen Süden und dann in einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne, dem Bäketal, Richtung Westen in den Griebnitzsee und die Havel. Damit war es vorbei, als von 1900 bis 1906 der Teltowkanal durch das Bäktal gegraben wurde. Der Teltowkanal ist eine Schiffhart-Südumgehung zwischen Dahme und Havel. Das (wenige) Wasser der Bäke fließt jetzt in den Teltowkanal, nachdem es auf Steglitzer Gebiet meist unterirdisch durch Rohrleitungen geführt wird.

 

Siehe zum Teltowkanal den Beitrag in diesem Blog:

Berliner Kanaldreieck

Link zum Beitrag

 

Der Park auf dem Fichtenberg ist nach Ruth Andreas-Friedrich benannt, eine in Berlin-Schöneberg geborene Schriftstellerin und NS-Widerstandskämpferin.
 

Friedrich Paulsen
Ein Denkmal erinnert an Friedrich Paulsen (7), Berliner Professor für Philosophie und Pädagogik und Vertreter der Reformpädagogik. Er war ein Verfechter des „modernen Gymnasiums“, in dem moderne Sprachen und Naturwissenschaften den alten Sprachen gleichberechtigt gegenüberstehen.


Vom Fichtenberg-Park gehen wir die Zeunepromenade, am Botanischen Garten entlang, zum Königin-Luise-Platz. Johann August Zeune war in Berlin Professor der Geographie und, was wohl bedeutender ist, der Gründer der ersten Blindenschule in Deutschland.
 

Die Blindenschule (Grundschule, Gymnasium, Berufsschule) ist seit 1877 in Steglitz an der Rothenburgstraße (neben der Rothenburg-Grundschule und dem Gymnasium Fichtenberg-Oberschule) und ist nach Zeune benannt. Auf dem Grundstück sind auch das Haus der Blindenwerkstatt und das Deutsche-Blinden-Museum.

 

Gegründet wurde die Blindenschule 1806 durch Johann August Zeune im Auftrag des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III.  Zeune hatte zuvor die erste europäische Blindenanstalt in Paris kennengelernt. Zunächst war die Blindenschule in Räumen in Berlin-Mitte untergebracht, bis sie 1877 in den Neubau in Steglitz (damals außerhalb Berlins) umzog.

 

Mit der Eröffnung der Schule in Steglitz wurde die angrenzende Straße nach Friedrich Ernst von Rothenburg benannt. Er war Domdechant in Kolberg und Stiftsherr in Halberstadt, war mit Zeuene befreundet und hat wohl darum sein Vermögen testamentarisch der Blindenanstalt vermacht.


Wasserturm
Die
Zeunenpromenade verläuft oberhalb des Botanischen Gartens und man hat einen guten Blick auf die Anlage, den Wasserturm (8) (der von eigenen Tiefbrunnen gespeist wird) und das Große Tropenhaus (8) (Eröffnet 1907, eines der größten freitragenden Gewächshäuser der Welt, im 2. Weltkrieg zerstört, in den 1960er Jahren wiederaufgebaut,  2009 Sanierung und Energieeinsparung um 50 %). Architekt beider und noch anderer Gebäude des Botanischen Gartens war der königliche Baurat Alfred Körner.
 

Über Alfred Körner ist im Internet nicht viel zu erfahren, außer, dass er auch Architekt des Rother-Stifts an der Kommandantenstraße in Lichterfelde-West war. Das auffallende Gebäude im Stil der Backsteingotik beherbergte entsprechend dem Stiftungszweck unverheiratete Töchter von Offizieren und Beamten im Alter. Der Stifter, Christian Rother, war Staatminister und Präsident der preußischen Seehandlungsgesellschaft, die später die Preußische Staatbank wurde. Eine interessante Einrichtung, über die ich im Zusammenhang mit den preußischen Schlössern im Hirschberger Tal berichte.

(Fahrt und Bericht im Herbst dieses Jahres: "Zu Gerhart Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal" in diesem Blog.) 


Tropenhaus im Botanischen Garten

Die Zeutenpromenade endet an der Königin-Luise-Straße. Wir gehen weiter zum Königin-Luise-Platz (benannt nach Königin Luise von Preußen), an dem einer der beiden Eingänge des Botanischen Gartens ist (der andere ist an der Straße unter den Eichen), und dort in die Altensteinstraße. Sie ist die nordwestliche Begrenzung des Botanischen Gartens.
 

Die Altensteinstraße ist nach Karl vom Stein zu Altenstein (1770 – 1840) benannt. Altenstein war preußischer Kultusminister in der Zeit von Hardenberg als Staatskanzler. Er unterstützte die Gründung der Gärtnerlehranstalt, was wohl zur Benennung der Straße zwischen der Lehranstalt und dem Botanischen Garten führte (s.u.).

Altenstein setzte die von Wilhelm von Humboldt initiierte Bildungsreform um, das humanistische Gymnasium und das mehrgliedrige Schulsystem (Grundschule und weiterführende Schulen).

Auf der anderen Straßenseite der Altensteinstraße ist ebenfalls ein Gartenkomplex, der etwa zur gleichen Zeit wie der Botanische Garten entstand. Es ist die „Königliche Gärtnerlehranstalt“, die 1903 vom Wildpark in Potsdam hierher verlegt wurde. Gegründet wurde die „Landesbaumschule und Gärtner-Lehranstalt1824 durch Peter Joseph Lenné als Mitglied der Königlichen Gartendirektion. Für die Potsdamer Garten- und Parklandschaften brauche er gut ausgebildete Gärtner. Erster Direktor war Lenné.

Aufgrund von Platzmangel wurde die Schule auf ein Grundstück zwischen der Königin-Luise-Straße und der Altensteinstraße verlegt, gegenüber dem neuen Botanischen Garten. Eingeweiht wurde die „Königliche Gärtnerlehranstalt in Dahlem bei Steglitz-Berlin“ durch dem preußischen Landwirtschaftsminister Victor von Podbielski.
 

Nach dem Landwirtschaftsminister ist die Podbielskiallee benannt, die in der Nähe des Königin-Luise-Platzes auf die Enlerallee stößt.


Die Gewächshäuser der Lehranstalt hat 2008 die „Königliche Gartenakademie(10), eine private Gärtnerei, übernommen und saniert. Eine große Auswahl auch seltener Pflanzen und Stauden ist dort zu sehen. Es macht Spaß, durch die Gewächshäuser und Beetanlagen zu gehen und ein Café haben sie auch. Die anderen Bereiche gehören zur Technischen Universität Berlin. In dem Institutsgebäude von 1903 ist das TU-Institut für Lebensmitteltechnologie und Lebensmittelchemie eingezogen.

Institutsgebäude von 1903.
Davor ist der wieder angelegte Rosen- und Staudengarten.

Im Anschluss an die Gartenakademie sind eine Reihe von Instituten der der Frei Universität Berlin: Zuse Institut, Institut für Informatik, Institut für Mathematik, Institut für Chemie und Biochemie.

 

Das Gebäude des Zuse Instituts
hinter dem historischen Rosen- und Staudengarten.

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Berliner Spaziergänge 
Um den Lietzensee

29. April 2022
Rundweg 3 Kilometer

Mit dem Auto Richtung Norden zur Kantstraße, genauer zur Neuen Kantstraße, die Verlängerung der Kantstraße bis zur Masurenallee. Dort ist, durchschnitten von der Neuen Kantstraße, der Lietzensee.

Der Lietzensee vom Witzlebenplatz gesehen
 

Der Lietzensee ist der nördlichste See in der Seenkette der Grunewaldrinne, einer eiszeitlichen Schmelzwasserrinne (letzte Eiszeit, die Weichsel-Kaltzeit, Beginn vor 100.000 Jahren), zu der auch der Nikolassee, Schlachtensee und der Grunewaldsee gehören. Die Seen sind grundwassergespeist.


An der Kantstraßenbrücke
Der Name
des Lietzensees stammt von dem Dorfnamen Lietzow bzw. Lützow. Abgeleitet wurde der Dorfname von dem slawischen„l uccina“Sumpf oder Lache.
 

Das Dorf wurde bereits 1719 in die damals selbständige Stadt Charlottenburg eingemeindet (die 1705 gegründet und  1920 nach Groß-Berlin eingemeindet wurde). Der Lietzensee gehörte dem Benediktinerkloster St. Marien in Spandau, deren Nonnen den See als Fischteich nutzten (Das 1239 von dem askanischen Markgrafen Johann I. von Brandenburg gegründete Kloster und seine Gebäude existieren nicht mehr).

 

Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte der See und das umliegende Land dem späteren preußischen Staats- und Kriegsminister Job von Witzleben. Nach mehrmaligen Besitzerwechseln begann 1899 die „Terrain-Gesellschaft Park Witzleben“ mit der Entwicklung des Gebietes. Die Neue Kantstraße wurde als Erschließungsstraße angelegt und mit einem Damm mitten durch den Lietzensee geführt. 

An einer der Straßen am Ufer des Lietzensees muss man sich einen Parkplatz suchen. Wir haben in der Lietzenseeufer-Straße gleich nach dem Haus See-Eck geparkt. Das Haus See-Eck liegt neben dem Ringhotel Seehof, in dem wir unseren Spaziergang beenden werden.

Haus See-Eck - Eingang und Rückseite zum See hin

 

Das Haus See-Eck wurde 1910 für den Direktor der Witzleben-Terrain-Gesellschaft, Werner Eichmann, gebaut. Werner Eichmann war auch an der Erschließung von Wilmersdorf und der Villenkolonie Zehlendorf-Grunewald (Gründung der Erschließungs-AG 1899) beteiligt. Es war die Zeit der großen Grundstrücksentwicklungen am Westrand des damaligen Berlins. 


Siehe dazu den Beitrag in diesem Blog: 

Radtour zum Olympiagelände.

Link zum Beitrag


Auf der anderen Straßenseite des Lietzenseeufers fällt ein großes neobarockes Gebäude auf. Es wurde in der gleichen Zeit wie das Haus See-Eck gebaut, das auch die gleiche Wuchtigkeit zeigt.

Witzlebenplatz 2 - ehem. Reichsmilitärgericht

Es ist das Gebäude des ehemaligen Reichsmilitärgerichts (bis 1920). Danach war dort das Reichswirtschaftsgericht und das Kartellgericht und ab 1936 das Reichskriegsgericht der NS-Wehrmacht. In dieser Zeit wurden hier zahlreiche Wehrdienstverweigerer und Widerstandskämpfer zum Tode verurteilt. Ab 1951 war dort das Kammergericht bis zu seinem Umzug zum Kleistplatz untergebracht. Nach 2006 entstanden in dem Gebäude 100 Mietwohnungen (vielleicht sind es inzwischen auch schon Eigentumswohnungen). 


Ein Stück hinter dem Haus See-Eck ist das Lietzenseeufer frei zugänglich. Der Biergarten des Bootshaus Stella (Café am Lietzensee) ist gut besucht. Ab 1924 stand hier das von dem Charlottenburger Gartendirektor Erwin Barth geplante Bootshaus. 1973 brannte es ab.

Bootshaus Stella
 

Erwin Barth (1880 - 1933) gestaltete viele Plätze und Gartenanlagen in Charlottenburg, so z.B. auch den Savignyplatz. 1919 bis 1922 legte er den Landschaftspark am Lietzensee an (1910 hatte die Stadt Charlottenburg den See und das Parkgelände gekauft). 


Hinter der See-Kurve beginnt der Lietzenseepark.
 

Die Anlegung des Parks erfolgte 1918 bis 1920 als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. Die Parkpläne entstanden schon 1912, nachdem die komplette Bebauung des Seeufers durch einen Bebauungsplan gestoppt wurde. Das West- und Nordufer blieben als Park frei zugänglich. 


In der Mitte des Westufer-Parks erinnert ein Denkmal daran, dass Deutschland auch einmal eine Königin Elisabeth hatte, Königin Elisabeth von Preußen (geborene Prinzessin von Bayern, Tante der Kaiserin Sissi von Österreich, 1801 – 1873).

Gefallenendenkmal
 

Königin Elisabeth war Namensgeberin eines preußischen Grenadierregiments. Ein Gefallenendenkmal des Regiments erinnert  an vier Kriege:

1864 – Deutsch-Dänischer Krieg
1866 – Deutscher Krieg
1870/71 – Deutsch-Französischer Krieg
1914- 1918 – Erster Weltkrieg

Die ersten drei Kriege waren die sogen. Einigungskriege, nach denen das preußisch dominierte Deutsche Kaiserreich entstand (1871 Kaiserproklamation im Spiegelsaal von Versailles).


Siehe dazu in diesem Blog: 

Elbe-Radtour IV. Teil, 7. Tagestour

Link zum Beitrag


Vom westlichen Teil des Lietzenseeparks kommt man durch eine Untertunnelung der Kantstraße zum östlichen Teil. Am nördlichen Ende des Sees ist die Große Kaskade, die von Erwin Barth als Teil der Parkanlage angelegt wurde (die Kleine Kaskade ist an dem anderen See-Teil in der Nähe der Wundtstraße).
 

Die Große Kaskade ist ein Wasserspiel, bei dem das Wasser (aus dem See gepumpt) über mehrere Etagen in den Lietzensee fließt (fließen sollte, zurzeit sind die Becken trocken). Neben dem Wasser-Schauspiel sollten die Kaskaden auch das Wasser mit Sauerstoff anreichern, um so das Algenwachstum zu verhindern (eine Idee der Königlichen Landesanstalt für Wasserhygiene). Mit geringem Erfolg, das Bauwerk als solches ist gelungener. 


Die (trockene) Große Kaskade


Der östliche See-Teil mit der Großen Kaskade im Hintergrund


See-Imperssionen: Baumwurzeln und ein Schwanennest

Nach den Kaskaden ist das Seeufer nicht mehr frei begehbar. Das Ufer ist bebaut und es bleibt nur die Straße als Weg (Kuno-Fischer-Straße) bis zur Kantstraße. Eine „Baulücke“ ist der Kuno-Fischer-Platz hinter dem ehemaligen Knappschaftsgebäude.

Das Knappschafts-Gebäude vom Kuno-Fischer-Platz aus

Tafeln am Eingang
 

Das Knappschaftsgebäude wurde 1930 als Verwaltungsgebäude für die Knappschafts-Berufsgenossenschaft Berlin gebaut.

Von 1950 bis 1953 war es Notaufnahmestelle für Flüchtlinge aus der DDR. In dieser Zeit war die Notaufnahme erste Anlaufstelle für 300.000 Menschen, bis im Herbst 1953 das Notaufnahmelager Marienfelde eingerichtet wurde. Heute ist die Deutsche Krebsgesellschaft in dem Haus.

   

Die Knappschaft war eine Renten- und Krankenkasse für Bergleute. Ihre Geschichte geht bis auf das Jahr 126o zurück, als in Goslar eine Bruderschaft zur Unterstützung kranker Bergleute und der Hinterbliebenen verstorbener Bergleute gegründet wurde. Es entwickelten sich regionale  Knappschaftsvereine für die Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung.

1969 wurden sie zur „Bundesknappschaft“ zusammengefasst. Heute sind die Bundesknappschaft, die Bahnversicherungsanstalt und die Seekasse (Kranken- und Rentenversicherung für Seeleute) als Renten- und Krankenversicherungsträger „Knappschaft Bahn See“ zusammengefasst. 

Abschluss-Kaffee auf der Terrasse des Hotels Seehof. Das Hotel wurde 1966 auf einem Trümmergrundstück errichtet. Damals als erstes Westberliner Hotel mit eigenem Hallenbad. Es ist ein familiengeführtes Hotel geblieben.

Blick von der Hotelterrasse auf den See.
Am Ufer feierten an dem Tag die Studierenden der Juristischen Fakultät den Abschluss ihrer Prüfung zum 1. Staatsexamen. Die Prüfungen waren in den gegenüberliegenden Messehallen. Sie feierten das Ende der Prüfung, noch nicht das Bestehen.


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