Elbe-Radtour
Von Magdeburg nach Cuxhaven 
Juli 2019

IV. Teil:  Von Lauenburg nach Cuxhaven


(6) Von Lauenburg bis Buxtehude                              
 Montag 8. Juli 2019

Die Strecke: Lauenburg – (auf das linke Elbeufer) – Artlenburg – Tespe – Marschacht – Drage – Laßrönne – Winsen/Luhe – Stöckte – Hoopte – Rosenweide – Over – Bullenhausen – Harburg – Ovelgönne – Buxtehude
Übernachtung im Navigare NSBhotel

Lauenburg bis Buxtehude . 81 Kilometer

Heute wechseln wir wieder auf das linke Elbeufer. Von Hitzacker nach Lauenburg war die ganze Strecke auf dem rechten Elbeufer.  Die Brücke über die Elbe bei Lauenburg wurde 1951 wieder hergestellt, nachdem sie zum Kriegsende von der deutschen Wehrmacht gesprengt worden war.

Vor Artlenburg fahren wir über die Einmündung des Elbe-Seitenkanals in die Elbe. Er verbindet seit 1975 die Elbe und den Mittellandkanal (siehe II. Teil des Reiseberichtes) . Etwas später sehen wir auf dem anderen Elbufer das stillgelegte Kernkraftwerk Krümmel.

Das Kernkraftwerk Krümmel war 2009 durch eine Reaktorschnellabschaltung aufgrund eines Störfalls stillgelegt worden. Nach der Naturkatastrophe in Fukushima in Japan wurde das Kraftwerk dann nicht wieder angefahren und endgültig stillgelegt. Der Betreiber Vattenfall hat den Rückbau des Atomkraftwerks frühestens für 2020 angekündigt. Er soll 15 Jahre dauern. Es müssen 500.000 Tonnen belasteter Beton und Stahl entsorgt werden.

In Krümmel erfand Alfred Nobel das Dynamit und hier entstand die erste Dynamitfabrik der Welt.

Alfred Nobel, schwedischer Chemiker,  gründete in Krümmel 1865/1866 eine Fabrik für die Herstellung des Sprengstoffes Nitroglyzerin (neben einer Fabrik bei Stockholm) und erfand in Krümmel das Dynamit.

Dynamit ist ein Produkt aus Nitroglyzerin und Kieselgur (Schalen fossiler Kieselalgen. Ein Milliliter reine Kieselgur enthält etwa eine Milliarde Kieselgur-Schalen). Durch die Verbindung des Nitroglyzerins mit Kieselgur  wurde die Handhabung des Sprengstoffs sicherer.

Kurz hinter Krümmel kommt Geesthacht (Geesthacht liegt wie Krümmel auf dem anderen, rechten,  Elbeufer). Als wir unter der Elbebrücke hindurch fahren, erklärt uns ein Spaziergänger, dass genau hier die tideabhängige Elbe beginne.

In Gesthacht wird die untere Elbe vom Oberlauf der Elbe durch eine Staustufe getrennt. Der Höhenunterschied ist zwischen 1,3 und 3,5 Meter, der mit einer 230 Meter lange Schleuse überwunden wird. Für die Fische wurde eine Fischtreppe mit 45 Stufen-Becken angelegt. Bezahlt wurde sie vom Energiekonzern Vattenfall als Ausgleichsmaßnahme für das Kohlekraftwerk Moorburg.
Mit der Staustufe wird der Einfluss von Ebbe und Flut der Nordsee an dieser Stelle beendet. Das Wehr fängt die Tide-Bewegungen ab. Ab hier beginnt die Tideelbe, die durch das Flutwasser der Nordsee salzhaltig ist.

Die Tideelbe teilt sich vor Hamburg-Harburg in die Norder- und Süderelbe. Die beiden Elbearme umfließen die größten Teile des Hamburger Hafengebietes und die Stadtteile Wilhelmsburg und Veddel. Beide Arme vereinigen sich wieder hinter am Altonaer Fischmarkt vor dem Elbe-Tunnel.


Wir fahren zwischen Tespe, Marschacht und Drage (sie bilden die Gemeinde Elbmarschen) an Marschland-Flächen vorbei. Zahlreiche Gräben und Kanäle entwässern das weite, flache Land, unterbrochen nur durch Busch- und Baumreihen. Es ist Weide-  und Grasland.

Bei Laßrönne verlassen wir die Elbe und machen einen Abstecher nach Winsen an der Luhe.

Winsen-Luhe (Niedersachsen)
34.600 Einwohner.
Kreisstadt des Landkreises Harburg.

Der Landkreis Harburg gehört zu Niedersachsen.
Die Stadt Harburg ist seit 1937 ein Teil der Hansestadt Hamburg (Eingemeindung von Harburg und Wilhelmsburg durch das Groß-Hamburg-Gesetz).

Harburg blieb auch noch  nach der Eingemeindung nach Hamburg bis 1944 Kreisstadt des niedersächsischen Landkreises Harburg. Nach Kriegszerstörung der Kreisverwaltung in der Stadt Harburg wurde die Kreisverwaltung in das Schloss in Winsen verlegt.
           
            Sehenswert:
 -Schloss Winsen, um 1230 entstanden, heute Amtsgericht.
 - Marstall am Schlossplatz.
-Stadtkirche St. Marien (ab 1415).
- Blaufärberhaus (1585) in der Luhestraße und historische Häuser auf der Luheinsel (Deichstr. Kehrwieder etc.).
- Hotel zum weißen Ross (1684), 1866 Quartier von General von Manteuffel, Befehlshaber der preußischen Truppen im Deutschen Krieg.
- Rathaus (1896).
           
Schloss Winsen,
heute Amtsgericht
Ursprung der Siedlung Winsen dürfte der Hafen an der Luhe sein. Zum Schutz des Hafens und des Übergangs über die Luhe entstand im 13. Jahrhundert eine Burg, die später zu einem Schloss ausgebaut wurde. Von den Herzogen von Braunschweig-Lüneburg wurde das Schloss im 14. und 15. Jahrhundert mehrfach verpfändet. So waren Lüneburg, Hamburg, Lübeck und auch der Kurfürst von Sachsen Eigentümer des Schlosses und der dazu gehörenden Ländereien.

Nach dem 30-jährigen Krieg wurde das Schloss nur noch Sitz der Amtmänner des Amtes Winsen des Fürstentums Lüneburg, später des Königreichs Hannover.
Heute ist in dem Schloss das Amtsgericht untergebracht.

Im 14. – 15. Jh. bestand in Winsen eine Terminei der Franziskaner-Konventualen, auch Minoriten genannt.

Die Minoriten sind der älteste und kleinste der drei Zweige des ersten Ordens des heiligen Franziskus (1181 – 1226) (Franziskaner, Kapuziner, Minoriten).

Der zweite der Orden, die sich auf Franziskus berufen, besteht aus den Nonnen-Orden der Klarissen, Colettinen und Kapuzinerinnen. Ursprung ist der von Franziskus gemeinsam mit der heiligen Klara von Assisi (1193 – 1253) gegründete Klarissen-Orden.

Der dritte Orden besteht aus Menschen, die die franziskanischen Ideale außerhalb der Kloster-Klausur leben wollen.
           
Die Ordensbrüder der Minoriten gingen zum Almosensammeln (dem Terminieren) von Haus zu Haus. Sie bekamen dafür vom Bischof einen bestimmten Bezirk zugeteilt. Die Terminei war ein Haus oder Raum in dem Bezirk, in dem die Mönche übernachten konnten.

Ein Minorit war auch der Pater Maximilian Kolbe,  der sich stellvertretend für einen Familienvater im KZ Auschwitz töten ließ.

Johann Peter Eckermann, ein Vertrauter Goethes, wurde in Winsen geboren (er verfasste u.a. „Gespräche mit Goethe“). An ihn erinnert eine Bronzeplatte am Marstall.
Johannes Brahms kam in seinen Jugendjahren öfter von Hamburg nach  Winsen. Der Grund war seine Jugendfreundin Elise Giesemann. Er war deswegen oft im Haus des Papierfabrikanten Giesemann. Daran erinnert allerdings keine Informationstafel.


Wir fahren entlang der Luhe und der Ilmenau zurück zur Elbe. Weiter auf und neben dem Elbedeich. Überqueren den Zulauf der Seeve in die Elbe und das Sperrwerk (zum Hochwasserschutz wurden alle Zuflüsse der Elbe mit Sperrwerken versehen). Gegenüber von Bullenhausen teilt sich die Elbe in die Norderelbe und die Süderelbe Wir fahren  weiter die Süderelbe entlang. Danach überqueren wir die Grenze zwischen Niedersachsen und Hamburg, was wir natürlich nur auf der Karte sehen.

Von diesem Streckenabschnitt gibt es keine Bilder. Wir hatten mit dem entgegenkommenden Wind zu kämpfen und sind Kolonne gefahren, um den Windschatten zu nutzen. In Harburg kam dann noch ein kräftiger Regenguss hinzu, der uns zu einer Pause verhalf (wir mussten uns unterstellen).

Die Fahrt durch Harburg zog sich hin. Stader Straße, Cuxhavener Straße, Hauptstraße, Hamburger Chaussee (da hatten wir den Hamburger Stadtteil  Harburg verlassen und waren im niedersächsischen Landkreis Harburg). Ein etwas langweiliger Radweg entlang der Bundesstraße 73. Aber da mussten wir lang.

Buxtehude haben wir dann endlich erreicht. „Begrüßt“ wurden wir von dem Spielmannszug des örtlichen Schützenvereins. Am Wochenende und bis Dienstag wurde das 480. Buxtehuder Schützenfest gefeiert. Am Montag, als wir ankamen, zog der Zug gerade zum Königsschießen.

Buxtehude (Niedersachsen)
39.800 Einwohner.
Landkreis Stade

Sehenswert:
 - Evangelische Pfarrkirche St. Petri, gebaut Ende 13./                          Anfang 14.  Jh..   Mit einem überdimensionalen  Schwert an der                 Turmwand,  Teil des  Gefallenen-Ehrenmals des 1. Weltkriegs.                  Damals war  das so.
- Rathaus, Backsteinbau von 1914, nachdem das mittelalterliche     Rathaus von 1418 abgebrannt war. Buxtehude wurde im Laufe       der Zeit von  mehreren Bränden verwüstet.
Marschtorzwinger, Teil der mittelalterlichen Stadt-  
  befestigung.
- Fleth-Schleuse, die bis 1972 in Betrieb war.
- Ehem. Markthalle (Ursprung war eine Viehmarkthalle) und       danach Brauerei, heute ist dort ein Textilgeschäft.

Buxtehude muss schon gegen Ende des 1. Jahrtausend bestanden haben. Aus dem Jahr 959 existiert eine Schenkungsurkunde Otto I. an das Mauritius-Kloster in Magdeburg, in der die Siedlung erwähnt wird.
           
Otto I. gründete 937 das Mauritius-Kloster. Die Stiftungsurkunde existiert noch (im Landesarchiv Sachsen-Anhalt aufbewahrt).

Buxtehude Fußgängerzone
Gegen Ende des 12. Jh. wurde an der Este, ein Nebenfluss der Elbe, ein Benediktiner Nonnenkloster gegründet. Damals hieß die Siedlung „Buochstadon“ und dann „Buchstadihude“ (vermutlich „Buchenstätte“), aus dem Buxtehude wurde.

Hude bedeutete eine flache Stelle, an der Boote anlegen oder aus dem Wasser gezogen werden konnten (in Norddeutschland gab/gibt es mehrere Hude-Städte, z.B. auch Steinhude).

In dem Kloster lebten bis zum Ende des 30-jährigen Krieges Töchter aus Adels-, Kaufmanns- und Handwerkerfamilien aus der Umgebung. Dann wurde es aufgelöst. Kirche und Gebäude des Klosters wurden abgerissen, Fundamente sind noch erhalten.

Die Reformation erreichte Buxtehude erst 1542 - schon 1517 verkündete Luther seine Thesen in Wittenberg -, also erst kurz vor Ende des 30-jährigen Krieges.

St. Petri Kirche
Ende des 13. Jh. lässt der Bremer Erzbischof die Stadtbefestigung bauen. Sie umfasste den heutigen Altstadtbereich und hatte drei Tore. Von der später verstärkten Stadtbefestigung ist der Turm am Marschtor aus dem 16. Jahrhundert noch erhalten.

1328 erfolgte die Verleihung des Stadtrechtes, womit der Ort die volle Selbstverwaltung und wirtschaftliche Unabhängigkeit erhielt.

1363 wurde Buxtehude Mitglied der Hanse. In der Zeit wurde die Hanse eine nordeuropäische Großmacht (zur Hanse siehe im Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den Bericht „Radreise von Berlin nach Danzig“). Neben dem Fernhandel brachten Viehtransporte Aufschwung und Wohlstand. Nur bei Buxtehude und Stade bestanden damals Elbe-Übergänge. Der Wohlstand endete mit dem 30-jährigen Krieg. Dänen, Schweden und kaiserliche Truppen besetzten und plünderten die Stadt.

Mit dem Westfälischen Frieden wurde Buxtehude zusammen mit dem säkularisierten Herzogtum Bremen schwedisch.
Nach dem Wiener Kongress kam Buxtehude 1815 zum Königreich Hannover und nach der Annektierung des Königreichs Hannovers 1866 durch Preußen wurde Buxtehude preußisch.

F
Bei dem Hochwasser 1962 wurde ein Drittel der Stadt überschwemmt. Die Unterelbe wurde besonders schwer getroffen.
Der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt war damals Innensenator Hamburgs. Sein Krisenmanagement verhinderte noch Schlimmeres.
Fleth-Schluese mit Holztoren
Die Konsequenz der Hochwasser-Katastrophe war die Verstärkung und Erneuerung der Deiche. Teilweise wurden die Deiche in das Landesinnere verlegt, um Überflutungsflächen zu schaffen. Die bis dahin  ungesicherten Nebenflüsse wurden eingedeicht und mit Sperrwerken zur Elbe hin versehen.

Buxtehude bezeichnet sich auch als Märchenstadt.

Das Märchen vom Hasen und dem Igel („Wettlopen twischen den Haasen un den Swinegel op de lütje Haide bi Buxtehude" - Der Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel auf der kleinen Heide bei Buxtehude) wurde ursprünglich von dem niederdeutschen Schriftsteller Dr. Wilhelm Schröder veröffentlicht und von den Brüdern Grimm nacherzählt.

Nach einer Redensart ist Buxtehude die Stadt, in der die „Hunde mit dem Schwanz bellen“. Ursprung soll ein niederländischer Spruch sein, „die Hunten bellen“, was so viel heißen soll wie „die Kirchenglocken läuten". Belegt ist die Herleitung allerdings nicht.

Wirtschaft Buxtehude: Aus Buxtehude kommen heute Dove, Lux und Rexona – Duschgele von Unilever. Die Reederei NSB hat ihren Sitz in Buxtehude.


In Buxtehude hatten wir das beste Hotel unserer Radreise. Alle Hotels waren durchweg gut. Aber das Navigare NSBhotel ragt heraus. Bei der Hotel-Buchung hatte ich angenommen, dass es zu einer Hotelkette gehört, eine NSB-Hotelgruppe. Aber das ist nicht so. Es ist ein Privathotel, dass sich die NSB-Reederei „leistet“.
Das Gebäude war in der Kaiserzeit eine Mädchenschule. Dann wurde es Verwaltungssitz der NSB-Rederei und 2008 zu einem Vier-Sterne-Hotel umgebaut.
Stilgerecht sind die Etagen „Decks“, es gibt vier. Die Zimmer sind nach Schiffen der Reederei benannt. Ich habe auf dem Deck 1 im Zimmer „Maruba Europa“ geschlafen.

Mein Zimmer im NSB-Hotel
Die Maruba Europa ist ein Containerschiff, das die NSB bereedert. Gebaut wurde das 2.7oo TWU Containerschiff 2007 auf der HDW-Gaarden-Werft (ThyssenKrupp) in Kiel.  (TWU: „Twenty Foot Equivalent Unit“, eine Container-Standardgröße. 2.7oo TWU bedeuten, dass 2.700 Container geladen werden können.)

Die NSB Niederelbe Schifffahrtsgesellschaft (GmbH & Co. KG) in Buxtehude ist eine der größten deutschen Bereederungsgesellschaften.

Bereederung ist die technische und kaufmännische Betriebsführung von Seeschiffen. Dazu gehört auch die Bemannung der Schiffe (Schiffsbesatzung vom Kapitän bis zu Maschinenmitarbeitern).
Bereeder sind im Namen und für Rechnung des Eigentümers tätig. Sie erhalten dafür eine Vergütung, meist in Abhängigkeit von den Einnahmen des Schiffes. Das Risiko bleibt i.d.R. beim Schiffseigner.

Die NSB wurde 1982 von Helmut Ponath gegründet. 45 % der Anteile gehören jetzt der Schifffahrtsgesellschaft der Conti Unternehmensgruppe, die der Hamburger Reederei Claus-Peter Offen gehört.
Die bereederten Schiffe sind weitgehend über Schiffsfonds finanziert. Einer der Fondsaufleger ist die Conti-Gruppe.
Ein Nebenzweig der NSB ist ein Reisebüro für Frachtschiffreisen.´

Genau so erstklassig wie das Hotel (und deren Mitarbeiter/innen) ist die Gastronomie. Das Restaurant-Flagschiff „N°4 Gourmetrestaurant“ unter Leitung von Jens Rittmeyer, mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, ist montags geschlossen. Wir mussten uns also mit dem Seabreeze-Restaurant, auch im historischen Kellergewölbe des Hotels gelegen, „begnügen“. Das hat zwar keinen Stern,  aber eine genau so exzellente Küche. Es ist ja auch die des Sternerestaurants. Wir haben sehr gut gegessen und getrunken und waren motiviert für den Rest der Reise.

Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:

 (7)  Von Buxtehude bis Glückstadt                    
Dienstag 9. Juli 2019
 
Die Strecke: Buxtehude - Estebrügge – (Obstmarschenweg) – Jork – Wisch – Grünendeich – Hollern – Speersort – Stade – Bützfleth – Krautsand – Dornbusch – Wischhafen – (Fähre) – Glückstadt.
Übernachtung in der Pension Glückstadt

Buxtehude bis Glückstadt - 74 Kilometer

Aus Buxtehude fahren wir entlang der Este Richtung Elbe. Bei Estebrügge biegen wir auf den Obstmarschenweg ab. Es ist eine Route, die die Obstbauern des niederelbischen Obstanbaugebietes entwickelt haben. Sie führt durch das Alte Land  von Neuenfelde, das noch zu Hamburg gehört, bis Freiburg im Landkreis Stade.

Altes Land / Jork (Niedersachsen)
12,300 Einwohner
Landkreis Stade

Sehenswert:
- Obstmarschenweg, 100 km durch das Alte Land
- Rathaus von Jork (Jork hat 12.000 Einwohner),
  und der Gräfenhof aus dem 12. Jh. (?) - 1776 heirate 
  hier Gotthold Ephraim Lessing (und 2.000 Otto Waalkes)
- Esteburg im Jorker Ortsteil Moorende, Wasserburg der  
  Spätrenaissance (privat, nicht zu besichtigen ?)
Fachwerkhöfe mit Prunkpforten im gesamten Alten Land, 
   sog. AltländerTore.
- bei Steinkirchen sind die Strom-Masten der Elbekreuzung zu 
   sehen (höchste Freileitungsmasten in Europa)

Obstbauernhof mit Prunkpforte

Das Alte Land ist Teil der Elbmarsch südlich der Elbe in Niedersachsen und Hamburg. Der Name geht auf die Zeit der holländischen Kolonisten zurück, die das feuchte und immer wieder überflutete, aber fruchtbare Land der Elbeniederung trockenlegten. Das bearbeitete Land war das „Alte Land“ (Plattdeutsch „Olland – Altland“) und das noch nicht bearbeitete das „Neue Land“.

Der Obstmarschenweg führt durch das Alte Land. Entlang des Weges liegen viele Obstbauernhöfe.
Die Route: Jork – Mittelnkirchen – Steinkirchen – Gründeich – Hollern – Bützfleth (hinter Stade an der Elbe) – Drochtersen – Freiburg/Elbe.

Am Obstmarschenweg
Die Kolonisierung begann Anfang des 12. Jh., als landsuchende Holländer vom Bremer Erzbischof die Genehmigung erhielten, die tiefer gelegenen und versumpften Marschgebiete trockenzulegen.
Die Besiedlung erfolgte in drei Abschnitten, den sog. Meilen. Die Erste Meile war das Gebiet zwischen den Flüssen Schwinge (fließt durch Stade) und Lühe (etwa Ortschaft Gründeich an der Elbe), das um 1140 eingedeicht und besiedelt wurde. Die Zweite Meile (Ende des 12. Jh.)   umfasst das Gebiet zwischen den Flüssen Lühe und Este (fließt durch Buxtehude). Die Dritte Meile zwischen Este und Süderelbe (Hamburg) wurde erst Ende des 15. Jh. eingedeicht.

Die neuen Siedler erhielten weitreichende Selbstverwaltungsrechte und das Land zur freien Verfügung. Die Siedlungsgebiete bekamen eine eigene Gerichtsverfassung nach fränkisch-holländischem Recht (Hollerrecht). So waren die Söhne und Töchter abweichend vom sonst geltenden sächsischen Recht gleichermaßen erbberechtigt.

Mit der Trockenlegung entstanden die typischen Marschhufendörfer. Beiderseits der Entwässerungsgräben wurden langgestreckte Parzellen, die Hufe, abgesteckt, oft ein Streifen von 2,25 km Länge und 150 m Breite. Am Ende der Streifen wurden die Höfe angelegt. 
Typisch sind die Fachwerkhöfe mit Prunkpforten, den sog. Altländer Tore.

Obstplantage an der Elbe
Der heute vorherrschende Obstanbau im Alten Land entstand aus einem Nebenerwerb von Kleinbauern, Handwerkern und Fischern, der vor 700 Jahren von Mönchen angeregt worden war.
Die großen Bauernhöfe  produzierten überwiegend Getreide oder betrieben Viehhaltung und wurden damit dank der guten Marschböden reich.
Eine größere Verbreitung hat der Obstanbau erst zwischen den beiden Weltkriegen erfahren. Die Nachfrage nach Obst sollte im eigenen Land gedeckt werden. Heute ist das Alte Land das größte geschlossene Obstanbaugebiet Europas.


Wir fahren durch die Obstplantagen. Hauptsächlich sind es Apfelbäume die als Spalier, d.h. in Reihen, gepflanzt sind. Das erleichtert die Ernte. Aber auch an Kirschbaum-Plantagen fahren wir vorbei. Die erkennt man leicht an den Netzen, die großflächig über die Bäume gezogen sind. Ohne die würden wahrscheinlich nur die riesigen Vogelschwärme Kirschen ernten. Es sind unendlich viele Stare, die in den Elbwiesen Insekten vertilgen. Oder eben auch Kirschen, wenn sie können.

Vom Deich aus haben wir immer wieder den Blick auf die Elbe. Sehr viele Schiffe beobachten wir nicht.
Dafür sehen wir immer wieder prächtige Fachwerkhäuser der Marschbauern. Die Böden sind hier fruchtbar und die Bauern haben reiche Ernten.

In Speersort biegen wir ab nach Stade. Über den Fluss Schwinge ist die Stadt mit der Elbe verbunden. In Stade trennt eine Schleuse (die Salztorschleuse) den Oberlauf von dem durch Ebbe und Flut (Tiede) auf der Elbe beeinflussten Unterlauf. Bis in die 1950er Jahre wurde die Schwinge für den Gütertransport genutzt.

Stade (Niedersachsen)
47.300 Einwohner.
Kreisstadt des Landkreises Stade

Sehenswert:
 - Das historische Zentrum, das auf der Schwingeinsel innerhalb der ehemaligen Wallanlagen liegt, wird vom Burggraben (der Schwinge) umgeben.
- Die gesamte Altstadt mit Fachwerkhäuern, die meisten stammen aus dem 17. Jahrhundert.
In einigen Straßenzügen stehen wesentlich ältere Häuser, sie stammen aus der Zeit vor dem Stadtbrand von 1659. Dieser zerstörte elf Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges zwei Drittel aller Stader Gebäude.
- Das Rathaus. Nur seine Gewölbe mit dem Ratskeller blieben erhalten. Auf ihnen wurde 1667 das so genannte „Alte Rathaus“ erbaut. Der Ratskeller darunter gehört damit zu den ältesten Ratskellern Deutschlands.
- Der Hansehafen war einst das wirtschaftliche Herz der 
Hansestadt.
Hier befindet sich der Schwedenspeicher aus dem Jahr 1705, der seit 1977 als Museum dient. Der Tretkran am Hafen ist ein Nachbau (ohne Tretrad).

Wahrscheinlich Mitte des 1. Jahrtausends entstand die Siedlung an der Schwinge. Um die Jahrtausendwende wurde der „Alte Hafen“ angelegt. Bis dahin bestand ein natürlicher Anlandeplatz. Davon abgeleitet ist auch der Stadtname. „Stade“ bezeichnete einen natürlich entstandenen Landeplatz für kleinere Schiffe. Ähnlich wie der Name „Hude“.

Alter Hafen Stade

Schon früh überfielen Wikinger die Siedlung. Für das Jahr 994 ist die Plünderung durch die Wikinger überliefert und Stade wird als „Stethu“ das erste Mal erwähnt.

Seit dem 8. Jh. überfielen die Wikinger, auch als Nordmänner bezeichnet, die Küsten von England, Norddeutschland und Frankreich. Hamburg wurde 845 überfallen und geplündert. Der Hamburger Bischof Ansgar musste damals nach Bremen ausweichen.

In dieser Zeit gründeten die Wikinger auch den Handelsort „Haithabu“, südlich des heutigen Schleswig am Ostseefjord der Schlei. Es war im 10. Jh. das größte Handelszentrum in Norddeutschland. Der damals angelegte Schutzwall ist noch heute zu erkennen. 1055 wurde die Stadt von slawischen Angreifern zerstört.

Die Wikinger plünderten auch an der portugiesischen und spanischen Küste und im Mittelmeer (siehe „Kreuzfahrt Westeuropa 1“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh).

Im Rathaus
Bis ins 13. Jahrhundert war Stade der wichtigste natürliche Hafen zwischen Cuxhaven und Harburg und ein strategisch wichtiger Übergangsort über die Elbe. Hier trafen wichtige Handelsstraßen zusammen.

Stade wurde bereits in deren Anfangszeit Mitglied der Hanse und entsandte ab 1373 Vertreter zu den Hansetagen.
1601 wurde Stade zum zweiten Mal und nun dauerhaft „verhanst“, d. h. aus der Hanse ausgeschlossen, da die Stadt 1587 englische Tuchkaufleute der „Merchant Adventure“ aufgenommen hatte. Die Inkaufnahme des Ausschlusses lohnte sich aber nicht. Die Engländer verlagerten ab 1611 ihre Niederlassung nach Hamburg.

1643 eroberten die Schweden die Stadt und im Westfälischen Frieden 1648 erhielten sie die Stadt zusammen mit dem säkularisierten Erzbistum Bremen  zugesprochen. Stade wurde schwedischer Regierungssitz der Herzogtümer Bremen und Verden. 

1715 kam die Stadt durch vertragliche Vereinbarung in den Besitz des Kurfürstentums Hannover. 

Stade bestand aus fünf Stadtteilen.
- Das Klosterviertel mit dem Kloster St. Georg lag am heutigen Pferdemarkt, angrenzend zum Kaufmannsviertel längs der heutigen Hökerstraße.
- Das Viertel des Bischofs vom Bremen entstand rund um die Bischofskirche St. Wilhadi.
- In der heutigen nördlichen Altstadt gab es das Fischerviertel und schließlich 
- das Burgviertel der Grafen von Harsfeld (später von Stade).

Am Fischmarkt
Jeder Stadtteil hatte seine eigene Kirche: 
St. Georg 
im Klosterviertel, 
St. Cosmae et Damiani 
im Kaufmanns- viertel, St. Wilhadi 
im Bischofsviertel, St. Nicolai im Fischerviertel und 
St. Pankratii im Burgviertel.

"Hafen-City" Stade

Die Wirtschaft Stades: Nach 1945 hat sich Stade zu einem Industriestandort entwickelt. Ansässig ist die Chemische Industrie (u.a. Dow Chemical), ein Tochterunternehmen der Airbus SAS, der Aluminiumherstellung Aluminium Oxid.
Das Kernkraftwerk Stade (KKS) wurde 1972 in Betrieb genommen. Es wurde 2003 aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet. Von 2005 bis 2018 wurde das Kernkraftwerk rückgebaut.


Über Bützfleth fahren wir wieder an die Elbe. Gegenüber ist die Elbeinsel Pagensand und danach Schwarztonnensand. Unser Ziel ist der Fährhafen Wischhafen.

Ein Stück hinter Krautsand kommen uns Radler mit der Nachricht entgegen, die Brücke nach Wischhafen sei offen. Gemeint war die Brücke über die Wischhafener Süderelbe am Hochwasser-Sperrwerk. Und „offen“ bedeutete geschlossen. Die Brücke ist eine Klappbrücke.

Bei der Reisevorbereitung hatte ich übersehen, dass die Brücke eine Klappbrücke ist. Sonst hätte ich nachlesen können, dass die Brücke nur an Wochenenden und Feiertagen und auch nur für wenige Stunden für Radfahrer und Fußgänger passierbar ist („Sorry“ Eva und Eckhard). Sie ist nur für den Betriebsverkehr und der Deichunterhaltung gebaut worden, lese ich in einer Information des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft.

Also mussten wir umkehren und von der Elbe weg über Dornbusch entlang die Bundesstraße nach Wischhafen fahren. Einige Kilometer Umweg.


Die Fähre Wischhafen - Glückstadt wird stark angenommen. Eine lange Schlange PKWs und LKWs warteten vor dem Anleger. Mit dem Fahrrad konnten wir aber daran vorbeifahren, ohne lange Wartezeit.  

Bis zu vier Fähren fahren ständig von Wischhafen nach Glückstadt und wieder zurück, um jährlich etwa 600.000 Fahrzeuge über die Elbe zu bringen. 25 Minuten dauert es, die hier 3,5 Kilometer breite Elbe zu queren. Aber der Schiffsweg ist gut 1 Kilometer länger, die Insel Rhinplate muss umfahren werden.

Die Elbe zwischen Wischhafen und Glückstadt

Vom Anleger ist es nicht mehr weit bis zu unserer Unterkunft in Glückstadt.

Glückstadt (Schleswig-Holstein)
11.100 Einwohner.
Kreis Steinburg

Sehenswert:
 - Historischer „Reißbrett“-Grundriss der Altstadt.
- Das Rathaus wurde Ende des 19. Jahrhunderts an der Stelle des baufällig gewordenen alten Rathauses von 1642 errichtet. Dabei wurde die Spätrenaissance-Fassade des Vorgängerbaus nachgebildet.
- In der Altstadt befinden sich viele historische Häuser und Adelshöfe, beispielsweise das Wasmer-Palais, das Brockdorff-Palais (heute Museum und Stadtarchiv) und das Palais „Quasi non Possidentes“ (heute Palais für aktuelle Kunst).
           
Glückstadt wurde als Festungs- und Handelsstadt 1617 durch den König von Dänemark und Norwegen, Christian IV., mit einem planmäßigen Reißbrett-Grundriss gegründet. Die Stadt gehörte mit dem Herzogtum Schleswig zu Dänemark. Glückstadt sollte ein dänischer Gegenpol zu Hamburg werden.

Die Königreiche Dänemark und Norwegen bildeten von 1380 bis 1814 eine Personalunion. 1380 hatte der norwegische König die dänische Königskrone geerbt. Vorher (bis 1355) gab es eine schwedisch-norwegische Personalunion. 1814 musste Dänemark Norwegen an Schweden abtreten.

Rathaus Glückstadt
Der dänische König warb neue Bürger mit kostenlosen Baugrundstücken sowie Steuerfreiheit und Religionsfreiheit. Das zog aus Portugal vertriebene Juden an. Aus den Niederlanden kamen Reformierte Christen, die wegen des spanisch-niederländischen Krieges flohen.

Von 1568 bis 1648 kämpfte die Republik der Sieben Vereinigten Provinzen (Nord-Niederlande) gegen die spanische (Habsburger) Krone um ihre Unabhängigkeit. Der wurde 1648 zusammen mit dem Dreißigjährigen Krieg durch den Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück beendet.

Auf Dauer konnte Glückstadt nicht gegen Hamburg konkurrieren. Die Schifffahrt wurde durch eine Sandbank in der Elbe behindert, das tiefe Fahrwasser in Richtung Hamburg blieb aber bestehen. So entwickelte sich Glückstadt mehr zu einer Militär-und Verwaltungsstadt.

Nach dem Deutsch-Dänischen Krieg kam Glückstadt mit dem Herzogtum Lauenburg 1864 unter die Herrschaft von Preußen.

Der Deutsch-Dänische Krieg war der erste der drei deutschen Einigungskriege, mit denen Preußen (mit Otto von Bismarck als preußischem Ministerpräsidenten) das Deutsche Kaiserreich schuf (Krönung des preußischen Königs zum Deutschen Kaiser in Versailles 1871).

Einer der Palais in Glückstadt
In der Folge des Deutsch-Dänischen Krieges wurden die Herzogtümer  Schleswig und Holstein gemeinsamer Besitz Preußens und Österreichs. Das Herzogtum Sachsen-Lauenburg ging an Preußen.

Es folgte der Deutsche Krieg (1866, Preußen gegen Österreich). Der im Zuge des Wiener Kongresses gebildete „Deutsche Bund“  (unter Einschluss Österreichs) wurde aufgelöst und durch den von Preußen dominierten „Norddeutschen Bund“ abgelöst (ohne Österreich – sog. „kleindeutsche Lösung"). Schleswig und Holstein wurden eine Provinz Preußens.

Der Deutsch-Französische Krieg (1870 – 1871) brachte das „Deutsche Kaiserreich". Elsaß-Lothringen ging an Deutschland.

Eine indirekte Folge des Deutsch-Französischen Krieges war die Annektierung des Kirchenstaates (Region Latinum) durch das Königreich Italien. Frankreich hatte die dortigen Schutztruppen wegen des Krieges mit Deutschland abgezogen. 1929 entstand der heutige Vatikan-Staat in Rom.

Bekannt ist der Glückstädter Matjes. Alljährlich, im Juni 2017 war es zum 50. Mal, gibt es dort die „Glückstädter Matjeswochen“.

Matjes sind besonders milde, vor Erreichen der Geschlechtsreife gefangene Heringe, die im traditionellen Verfahren durch fischeigene Enzyme  (ein kleiner Teil der Innereien verbleibt im Fisch) in einer Salzlake gereift sind.
Der ursprüngliche Herstellungsprozess wurde im Mittelalter in den Niederlanden entwickelt, als „Holländischer Matjes“.

Bei den Glückstädter Matjes werden im Gegensatz zu den Holländischen Matjes die Hauptgräten nicht herausgeschnitten sondern von Hand herausgezogen, wodurch keine Grätenspitzen im Filet verbleiben (so die Erläuterung eines Glückstädter Matjes-Herstellers).


Unsere Pension in Glückstadt war ein „Glücksfall“, sehr große Zimmer in einem renovierten Wohnhaus. Auch die Empfehlung des Pensions-Inhabers für das Abendessen war ein sehr guter Tipp. Im „Kleinen Heinrich“ am Markt gab es vorzügliche Aalsuppe und – natürlich – Glückstädter Matjes.

Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:



(8) Von Glückstadt bis Cuxhaven    
Mittwoch 10. Juli 2019
 
Die Strecke: Glückstadt – (Elbefähre) – Freiburg – Neuhaus – Belum – OtterndorfAltenbruchCuxhaven – Cuxhaven-Döse.
Übernachtung Hotel Deichgraf in Cuxhaven-Döse

Glückstadt bis Cuxhaven   - 70 Kilometer

In Glückstadt müssen wir erst einmal wieder mit der Fähre auf das andere Ufer der Elbe übersetzen. Ein Stück fahren wir noch auf dem Obstmarschenweg, der in Freiburg endet. Wir fahren in größerem Abstand parallel zur Küste. Nördlich von Neuhaus queren wir auf dem Sperrwerk die Oste und kommen in die historische Landschaft Land Hadeln.

Die offene Brücke
am Süderelbe-Sperrwerk
Das Land Hadeln war im Mittelalter Marschland und ein bäuerliches Gemeinwesen mit großer Autonomie. Die Urbarmachung erfolgte wahrscheinlich auch hier durch holländische Kolonisatoren.
Zeitweise war das Land Hadeln im Pfandbesitz Hamburgs. Nachdem das Land mehrfach schwedisch und dänisch war, ging es 1719 an das Kurfürstentum Hannover.

Aus dem Land Hadeln kam der erste niedersächsische Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf (1893 – 1961). Von 1928 bis 1932 war er Landrat des Kreises Land Hadeln.

Bei Otterndorf verlassen wir den Elbe-Radweg und fahren in die Kleinstadt hinein. Bekannte von Eva und Eckhard haben das ehemalige Gefängnis neben dem Schloss Otterndorf saniert und nutzen es als Seminargebäude.

Torhaus des Schlosses Otterndorf
Das Gefängnis wurde 1885 gebaut und kaum verändert. Daneben liegt das 1773 wieder errichtete Schloss, in das auch im Jahr 1885 das Amtsgericht einzog. Erhalten geblieben ist das Torhaus der Schlossanlage, ein Backsteinbau von 1641 (heute Heimatmuseum). Die eisernen Buchstaben über dem Eingang bedeuten: August, Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen.
           
Herzog August (1619 – 1656) von Sachsen-Lauenburg (im weiteren Titel  „Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen“) stammte aus der askanischen Linie. Drei Generationen später ging das Herzogtum an das von Welfen regierte Fürstentum Calenberg (zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg gehörend).

Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen nannten sich die Herzöge von Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Beide Herzogtümer entstanden 1126 nach der Erbteilung des Herzogtums Sachsen.

Das Herzogtum Sachsen wiederum ist der östliche Landesteil des alten Stammesherzogtums Sachsen, das nach dem Sturz Heinrich  des Löwen 1180 an das Askaniergeschlecht ging. Den westlichen Teil erhielt der Kölner Erzbischof.

Das Stammesherzogtum Sachsen war das Siedlungsgebiet des sächsischen Volksstammes, das von Karl dem Großen erobert und in das Frankenreich eingegliedert wurde. Es umfasste Westfalen, Engern und Ostfalen.
(s. im Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den Beitrag „Radreise Berlin – Verona, Teil 7 Geschichte“).


Gleich hinter Otterndorf haben wir die Radtour noch einmal in Altenbruch unterbrochen. In Altenbruch steht einer der drei Bauerndome im Hadelner Land. Die Bezeichnung weist auf den Bau der Kirchen durch die umliegenden Bauern hin. Die waren durch die fruchtbaren Schwemmland-Böden des Marschlandes  sehr reich und selbständig.

Eingang zum Altenbrucher Bauerndom
Der Altenbrucher Bauerndom stammt aus dem 13. Jh.. Ende des 15. Jh. wurde der Chor angebaut und im 18. Jh. erneuert.  Die Größe des Chores zeugt vom damaligen Reichtum der Bauern.
Die Kirchenbänke sind reich bemalt und die Türen zu den Bänken sind mit bäuerlichen Familienwappen geschmückt. Auf den Kirchenbänken saßen nur die Frauen und Kinder und wahrscheinlich auch das Gesinde. Für die Männer (die Bauern) waren zwei Emporen vorbehalten. Die hatten einen eigenen Zugang, so dass die Männer auch während des Gottesdienstes unbemerkt die Kirche verlassen konnten und dann im Wirtshaus zu finden waren.
Eine Besonderheit ist das Kirchengefängnis, ein vergitterter Holzverschlag. Die Bauern hatten ihre eigene Gerichtsbarkeit und sperrten hier verurteilte Diebe und Landstreicher ein.

Altenbrucher Bauerndom
Die Erschließung des Hadelner Marschlandes begann um 1100 mit Hilfe holländischer Kolonisten.

Es galt das sog. Hollernrecht. Die Siedler erhielten das Land als Erbleihe und konnten frei darüber verfügen. Sie waren frei, ähnlich städtischen freien Bürgern (Stadtluft macht frei).  Für die Gebiete galt nicht das bestehende sächsische Recht, sondern das Hollernrecht, eine fränkisch-holländische Gerichtsverfassung. Recht sprach ein vom Landesherren eingesetzter Dorfschulze. Es entstand eine eigenständige Bauernschaft.

Die Bauernschaften unterstanden nur einer lockeren Oberherrschaft durch die Herzoge von Sachsen-Lauenburg. Bei jedem Regentenwechsel ließen sie sich ihre Privilegien auf dem Warningsacker, auf halbem Weg zwischen Otterndorf und Altenbruch gelegen, bestätigen (es gibt einen Hof Warningsacker, aber ob das der Versammlungsort ist, war nicht zu erkunden).


Jetzt ist es nicht mehr weit bis Cuxhaven (Altenbruch gehört schon zur Stadt Cuxhaven). Durch Cuxhaven-Groden und am Fischerei-Hafen vorbei radeln wir nach Cuxhaven-Döse, eines der 11 Kurteile (so die Bezeichnung der Stadt).

Meine Frau ist auch nach Cuxhaven (mit dem Zug mit einer Zwischenstation in Hamburg) gekommen. Am ersten Abend essen wir im Hotel – natürlich Fisch. Am zweiten Abend folgen wir der Empfehlung unserer Berliner Freunde in das  Restaurant Schaarhörn“ des Badhotel Sternhagen in Duhnen. Die Empfehlung war sehr gut.

Cuxhaven (Niedersachsen)
48.500 Einwohner.
Kreisstadt des Landkreises Cuxhaven.
Cuxhaven ist das größte deutsche Seeheilbad. 

Sehenswert:
- "Windstärke 10Wrack- und Fischereimuseum“  befindet sich im historischen Umfeld des Fischereihafens. Auf ca. 4000 m² Gesamtfläche werden die Herausforderungen und Gefahren der Seefahrt gezeigt.
- Fort Kugelbake ist eine historische Marinefestung aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts (Ortsteil Döse). Hier findet seit 2009 das Störtebeker Freilichttheater statt.
- Schloss Ritzebüttel, das zum Teil noch aus dem 14. Jahrhundert stammt, gehört zu den ältesten erhaltenen Profanbauten der Norddeutschen Backsteingotik in der Region. 
- Am Hafen befinden sich die Promenade Alte Liebe sowie der sogenannte „BH“. Dieser Windsemaphor (Wind-Anzeiger) zeigt den in die Nordsee ausfahrenden Schiffen die jeweiligen Windrichtungen und -stärken auf den Inseln Borkum (B) und Helgoland (H) an.
- Hapag-Hallen, 1900 für den Auswandererhafen gebaut, der von Hamburg in das damals hamburgische Cuxhaven verlegt wurde. Sie sind heute noch ein Passagierterminal für Kreuzfahrtschiffe.
Die Wattflächen vor Cuxhaven gehören zum „Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und Niedersächsisches Wattenmeer“. Von Cuxhaven kann man zur Insel Neuwerk durch das Watt wandern.

Kugelbake
Das Wahrzeichen Cuxhavens ist die Kugelbake im Ortsteil Döse, ein hölzernes Seezeichen an der Elbemündung. Es kennzeichnet die Grenze zwischen Unter- und Außenelbe und damit die Grenze für die Binnenschifffahrt. Bis dahin fließt die Elbe, danach beginnt die Nordsee.

Ursprung Cuxhavens ist eigentlich Ritzebüttel. Hier herrschte das Grundherrengeschlecht Lappe, die Lehensnehmer der Herzöge von Sachsen-Lauenburg waren. 1394 verkauften die Herren Lappe ihr Schloss Ritzebüttel und ihren Besitz im Land Hadeln sowie die Gerichtsbarkeit an die Stadt Hamburg (andere Quellen sprechen von einem Pfandeinzug). In einem weiteren Vertrag trat der Herzog von Sachsen-Lauenburg seine Lehensrechte ab. In den folgenden Jahrhunderten war Ritzebüttel (und die umliegenden Gebiete) ein hamburgisches Amt. Es war ein Stützpunkt gegen die Piraterie und Schutzhafen für Hamburg.
1864 wurde Ritzebüttel eines von vier Hamburger Landesherrschaften (Gebiete außerhalb der Stadtmauern, die der Hoheit des Hamburger Rates unterstanden). Die Verwaltung lag bei einem Amtmann, der aus den Reihen des Hamburger Senats kam.

Schloss Ritzebüttel
Cuxhaven entstand Ende des 16. Jh. als Deichsiedlung und Not- und Winterhafen für die hamburgische Schifffahrt. Der Name kommt wahrscheinlich von „Koogshafen“, Hafen am Koog, am eingedeichten Vorland. 1718 wird die Kugelbake, das spätere Wahrzeichen von Cuxhaven, errichtet.
Der hamburgische Amtmann des Amtes Ritzebüttel, August Abendroth, gründet 1816 das Seebad Cuxhaven.

Bereits 1793 hatte der Göttinger Philosoph Georg Christoph Lichtenberg Cuxhaven als geeignetsten Platz für ein deutsches Seebad empfohlen. Lichtenberg war 1770 Professor für Physik, Mathematik und Astronomie in Göttingen geworden.
Er hielt sich öfter in Cuxhaven auf. Gemeinsam mit seinem Schüler Reinhard Wollmann, der Leiter der Wasserbaubehörde in Ritzebüttel geworden war, entwickelte er die Vorstellung von Cuxhaven als Seebad. Er schrieb einen Aufsatz „Warum hat Deutschland noch kein großes öffentliches Seebad?“ unter Verweis auf die englischen Seebäder.

Die Flecken Ritzebüttel und Cuxhaven wurden 1872 zu einer Gemeinde Cuxhaven zusammen gelegt, wobei Ritzebüttel der größere und bedeutendere Ort war.
Im Park Schloss Ritzebüttel
Die Kaiserliche Marine siedelte sich in Cuxhaven an. Der Hafen wurde ausgebaut. Die HAPAG-Reederei (Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft) verlegte ihren Schnelldampferverkehr nach Cuxhaven.

Erst 1907 erhielt die Gemeinde Cuxhaven Stadtrechte. Cuxhaven gehörte weiterhin zu Hamburg.

Mit dem Groß-Hamburg-Gesetz  von 1937 ging Cuxhaven von Hamburg an die preußische Provinz Hannover über.

Das erfolgte als Ausgleich für die Eingemeindung der Städte Altona und Wandsbek (preußische Provinz Schleswig-Holstein), Harburg-Wilhelmsburg (preußische Provinz Hannover) und Bergedorf nach Hamburg.

Bis heute hat sich Cuxhaven neben Bremerhaven als bedeutender Fischereistandort in Deutschland gehalten (Der Großfischmarkt und der Fischereihafen wurden 1908 von der Stadt Hamburg gegründet).  Cuxhaven ist Standort für die deutsche Hochseefischerei und die Küstenfischerei (im wesentlichen Krabbenfang). Die Schiffe haben ihre Liegeplätze im „Alten und Neuen Fischereihafen Cuxhaven“. 

Unser Hotel ist im Ortsteil Döse (seit 1905 Ortsteil von Cuxhaven). „Döse“ bezeichnet eine Niederung, in der Torf gestochen wird. Der Ortsteil bildet die nördliche Spitze der niedersächsischen Nordseeküste.

Cuxhaven hat eigentlich kein richtiges Stadtzentrum. Wichtig ist der Hafen. Der ehemaliger Anleger „Alte Liebe“ (heue eine Aussichtsplattform) und der  BH-Anzeiger sind Anziehungspunkte für die Touristen.

BH-Semaphor
Die BH-Anzeige ist ein „Semaphor“, ein Zeichengeber. Damit wurden Ende des 19. Jh. den Schiffen vor der Elbmündung die Windgeschwindigkeit und –richtung  auf den Inseln Borkum (B) und Helgoland (H) angezeigt. Sie konnten damit die Wetterlage in der Deutschen Bucht besser einschätzten.
Mit Einführung der Funktechnik wurde das überflüssig und die Anzeige-Vorrichtung ein technisches Denkmal.


Also haben wir uns am 2. Cuxhafen-Tag (Donnerstag) für den geschichtlichen Mittelpunkt der Stadt entschieden. Das ist das Schloss und der Park Ritzebüttel.

An dieser Stelle hatten die Grundherren Lappe eine erste „Steenborg“ (um 1340) errichtet. Nach der Übernahme durch Hamburg wurde ein Wehr- und Wohnturm errichtet. Im 18. Jahrhundert wurde  ein barockes Portalgebäude vorgesetzt. Das Schloss wurde der Sitz der hamburgischen Amtmänner von Ritzebüttel. Heute gehört das Schloss der Stadt Cuxhaven und wird  hauptsächlich für kulturelle Zwecke genutzt.

Einer der Amtmänner war Barthold Heinrich Brockes (Amtmann 1735 bis 1741). Er hatte Jura und Philosophie studiert. Sein Interesse galt der deutschen Literatur (Gründung einer Sprachgesellschaft zur Förderung der deutschen Sprache und Literatur) und der naturlyrischen Dichtung. 

Sein erstes Werk, das Passions-Oratorium „Der für die Sünde der Welt gemarterte und sterbende Jesus“ machte ihn berühmt. Georg Friedrich Händel, Georg Philipp Telemann und andere vertonten das Stück. Auch Teile der Texte der Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach stammen aus dem Passions-Oratorium von Brockes.

Bedeutend für die Entwicklung Cuxhavens war der hamburgische Amtmann Abendroth. Er hatte 1816 das Seebad Cuxhaven gegründet. Im gleichen Jahr veranlasste er den Bau der Kirche neben dem Schloss. Den Ritzebüttlern sollte der weite und matschige Weg in die Kirche von Groden (hier sind wir nach Cuxhaven hineingefahren) erspart werden. Die Kirche wurde nach Martin Luther benannt. Gegründet wurde die Kirche auf über 200 Rammpfählen, sie steht auf Marschland.


Natürlich haben wir (Eckhard und ich) eine kleine Wattwanderung am Strand vor Cuxhaven unternommen. Bis zur Insel Neuwerk (das ist die Standardstrecke, die schafft man in einer Ebbe-Zeit, zurück muss man dann mit dem Boot fahren) sind wir nicht gegangen. Dafür reichte die Zeit nicht.


Wattenmeer vor Cuxhaven

Das Watt war ganz anders, als ich es mir das vorgestellt hatte (ich wollte schon immer einmal im Watt waten). Der Wattboden ist angenehm fest. Man geht viel leichter als auf dem Strandsand. Überall sind Spaghetti förmige  Sandhaufen. Das ist der verspeiste Sand der Wattwürmer. Sie fressen den Sand und filtern die organischen Stoffe heraus.

Wattwürmer verarbeiten in der Nordsee einmal im Jahr den gesamten Sand des Wattes bis 20 cm Tiefe. Ein einzelner Wattwurm filtert jährlich über 25 kg Sand.

Im Watt

Neben dem Sandwatt, über das wir vor Cuxhaven gegangen sind, gibt es auch das Schlickwatt (was ich mir bisher unter Watt vorgestellt hatte). An geschützten Stellen gibt es das vor Cuxhaven. Mit den Füßen kann man den fast schwarzen Modder kneten und durchwühlen. Das soll gesund sein. Mit Schlick-Anwendungen werben die Bäderorte an der Nordseeküste und auf den Inseln.

Das Wattenmeer vor der niederländischen, deutschen und dänischen Küste ist die größte zusammenhängende Wattlandschaft der Welt.
Das niedersächsische Wattenmeer ist Nationalpark und ein UNESCO-Biosphärenreservat. Drei Wattenmeer-Nationalparks gibt es an der deutschen Nordseeküste. Neben dem niedersächsischen sind auch das schleswig-holsteinische und das hamburgische (u.a. mit der Insel Neuwerk) Wattenmeer  als Nationalpark geschützt.
Der nordöstlichste Punkt des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ist Cuxhavens Wahrzeichen, die Kugelbake. In Cuxhaven-Sahlenburg informiert ein Besucherzentrum mit Ausstellungen und Exkursionen über das Watt, Salzwiesen und Küstenheide.

Der letzte Abend

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Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:


Am Freitag (12. Juli) war unsere Elbe-Radtour zu Ende und der Rückreisetag mit der Bahn nach Berlin bzw. München. 

In zwei Abschnitten sind wir von Prag (wir haben an der Moldau begonnen) nach Cuxhaven geradelt. Meist bei schönem Wetter, aber auch mit Regen und Wind – je näher wir der Küste kamen, umso stärker waren die Windböen. Auf jeden Fall waren es sehr schöne Radel-Tage.