Elbe-RadtourVon Magdeburg nach Cuxhaven Juli 2019
IV. Teil: Von Lauenburg nach Cuxhaven
(6) Von Lauenburg bis
Buxtehude
Montag
8. Juli 2019
Die Strecke: Lauenburg – (auf das linke Elbeufer) – Artlenburg – Tespe
– Marschacht – Drage – Laßrönne – Winsen/Luhe
– Stöckte – Hoopte – Rosenweide – Over – Bullenhausen – Harburg – Ovelgönne – Buxtehude
Übernachtung im Navigare NSBhotel
Heute wechseln wir wieder auf das linke Elbeufer. Von Hitzacker nach Lauenburg war die ganze Strecke auf dem rechten
Elbeufer. Die Brücke über die
Elbe bei Lauenburg wurde 1951 wieder hergestellt, nachdem sie zum Kriegsende
von der deutschen Wehrmacht gesprengt worden war.
Vor Artlenburg fahren wir über die Einmündung des Elbe-Seitenkanals in die Elbe. Er verbindet seit 1975 die Elbe und
den Mittellandkanal (siehe II. Teil des Reiseberichtes) . Etwas später sehen wir auf dem anderen
Elbufer das stillgelegte Kernkraftwerk Krümmel.
Das Kernkraftwerk Krümmel war 2009 durch
eine Reaktorschnellabschaltung aufgrund eines Störfalls stillgelegt worden.
Nach der Naturkatastrophe in Fukushima in Japan wurde das Kraftwerk dann nicht
wieder angefahren und endgültig stillgelegt. Der Betreiber Vattenfall hat den
Rückbau des Atomkraftwerks frühestens für 2020 angekündigt. Er soll 15 Jahre
dauern. Es müssen 500.000 Tonnen belasteter Beton und Stahl entsorgt werden.
In Krümmel erfand Alfred Nobel das Dynamit und hier entstand die erste Dynamitfabrik der Welt.
Alfred Nobel, schwedischer Chemiker, gründete in Krümmel 1865/1866 eine Fabrik für die
Herstellung des Sprengstoffes Nitroglyzerin (neben einer Fabrik bei Stockholm)
und erfand in Krümmel das Dynamit.
Dynamit ist
ein Produkt aus Nitroglyzerin und Kieselgur (Schalen fossiler Kieselalgen. Ein
Milliliter reine Kieselgur enthält etwa eine Milliarde Kieselgur-Schalen).
Durch die Verbindung des Nitroglyzerins mit Kieselgur wurde die Handhabung des Sprengstoffs
sicherer.
Kurz hinter Krümmel kommt Geesthacht (Geesthacht liegt wie Krümmel auf
dem anderen, rechten, Elbeufer). Als wir
unter der Elbebrücke hindurch fahren, erklärt uns ein Spaziergänger, dass genau
hier die tideabhängige Elbe beginne.
In Gesthacht wird die untere Elbe vom
Oberlauf der Elbe durch eine Staustufe
getrennt. Der Höhenunterschied ist zwischen 1,3 und 3,5 Meter, der mit einer 230
Meter lange Schleuse überwunden wird. Für die Fische wurde eine Fischtreppe mit
45 Stufen-Becken angelegt. Bezahlt wurde sie vom Energiekonzern Vattenfall als
Ausgleichsmaßnahme für das Kohlekraftwerk Moorburg.
Mit der
Staustufe wird der Einfluss von Ebbe und Flut der Nordsee an dieser Stelle
beendet. Das Wehr fängt die Tide-Bewegungen ab. Ab hier beginnt die Tideelbe, die durch das Flutwasser der
Nordsee salzhaltig ist.
Die Tideelbe teilt sich vor Hamburg-Harburg
in die Norder- und Süderelbe. Die
beiden Elbearme umfließen die größten Teile des Hamburger Hafengebietes und die
Stadtteile Wilhelmsburg und Veddel. Beide Arme vereinigen sich wieder hinter am
Altonaer Fischmarkt vor dem Elbe-Tunnel.
Wir fahren zwischen Tespe, Marschacht und Drage (sie bilden die
Gemeinde Elbmarschen) an Marschland-Flächen
vorbei. Zahlreiche Gräben und Kanäle entwässern das weite, flache Land,
unterbrochen nur durch Busch- und Baumreihen. Es ist Weide- und Grasland.
Bei Laßrönne verlassen wir die Elbe und machen einen Abstecher nach Winsen an der Luhe.
Winsen-Luhe (Niedersachsen)
34.600 Einwohner.
Kreisstadt des
Landkreises Harburg.
Der Landkreis Harburg gehört zu
Niedersachsen.
Die Stadt Harburg ist seit 1937 ein Teil
der Hansestadt Hamburg (Eingemeindung von Harburg und Wilhelmsburg durch das
Groß-Hamburg-Gesetz).
Harburg blieb auch noch nach der Eingemeindung nach Hamburg
bis 1944 Kreisstadt des niedersächsischen Landkreises Harburg. Nach Kriegszerstörung
der Kreisverwaltung in der Stadt Harburg wurde die Kreisverwaltung in das
Schloss in Winsen verlegt.
Sehenswert:
-Schloss Winsen, um 1230 entstanden, heute Amtsgericht.
- Marstall am Schlossplatz.
-Stadtkirche St. Marien (ab 1415).
- Blaufärberhaus (1585) in der Luhestraße und historische Häuser auf der
Luheinsel (Deichstr. Kehrwieder etc.).
- Hotel zum weißen Ross (1684), 1866
Quartier von General von Manteuffel, Befehlshaber der preußischen Truppen im
Deutschen Krieg.
- Rathaus (1896).
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Schloss Winsen, heute Amtsgericht |
Nach dem
30-jährigen Krieg wurde das Schloss nur noch Sitz der Amtmänner des Amtes Winsen des Fürstentums Lüneburg,
später des Königreichs Hannover.
Heute ist in
dem Schloss das Amtsgericht untergebracht.
Im 14. – 15.
Jh. bestand in Winsen eine Terminei
der Franziskaner-Konventualen, auch Minoriten
genannt.
Die Minoriten sind der älteste und kleinste der drei Zweige des ersten Ordens des heiligen Franziskus (1181 – 1226) (Franziskaner,
Kapuziner, Minoriten).
Der dritte Orden besteht aus
Menschen, die die franziskanischen Ideale außerhalb der Kloster-Klausur leben
wollen.
Die Ordensbrüder
der Minoriten gingen zum Almosensammeln (dem Terminieren) von Haus zu Haus. Sie
bekamen dafür vom Bischof einen bestimmten Bezirk zugeteilt. Die Terminei war
ein Haus oder Raum in dem Bezirk, in dem die Mönche übernachten konnten.
Ein Minorit war
auch der Pater Maximilian Kolbe, der sich stellvertretend für einen Familienvater im KZ Auschwitz töten ließ.
Johann Peter Eckermann, ein Vertrauter
Goethes, wurde in Winsen geboren (er verfasste u.a. „Gespräche mit Goethe“). An
ihn erinnert eine Bronzeplatte am Marstall.
Johannes Brahms kam in seinen
Jugendjahren öfter von Hamburg nach
Winsen. Der Grund war seine Jugendfreundin Elise Giesemann. Er war
deswegen oft im Haus des Papierfabrikanten Giesemann. Daran erinnert allerdings
keine Informationstafel.
Wir fahren entlang der Luhe und der Ilmenau zurück zur Elbe. Weiter auf und
neben dem Elbedeich. Überqueren den Zulauf der Seeve in die Elbe und das
Sperrwerk (zum Hochwasserschutz wurden alle Zuflüsse der Elbe mit Sperrwerken
versehen). Gegenüber von Bullenhausen teilt sich die Elbe in die Norderelbe und
die Süderelbe Wir fahren weiter die
Süderelbe entlang. Danach überqueren wir die Grenze zwischen Niedersachsen und
Hamburg, was wir natürlich nur auf der Karte sehen.
Von diesem Streckenabschnitt gibt es keine Bilder. Wir hatten mit dem
entgegenkommenden Wind zu kämpfen und sind Kolonne gefahren, um den Windschatten zu nutzen. In Harburg kam dann noch ein kräftiger Regenguss hinzu,
der uns zu einer Pause verhalf (wir mussten uns unterstellen).
Die Fahrt durch Harburg zog sich hin. Stader Straße, Cuxhavener Straße,
Hauptstraße, Hamburger Chaussee (da hatten wir den Hamburger Stadtteil Harburg verlassen und waren im
niedersächsischen Landkreis Harburg). Ein etwas langweiliger Radweg entlang der
Bundesstraße 73. Aber da mussten wir lang.
Buxtehude haben wir dann endlich erreicht. „Begrüßt“
wurden wir von dem Spielmannszug des örtlichen Schützenvereins. Am Wochenende
und bis Dienstag wurde das 480. Buxtehuder Schützenfest gefeiert. Am Montag,
als wir ankamen, zog der Zug gerade zum Königsschießen.
Buxtehude (Niedersachsen)
39.800 Einwohner.
Landkreis Stade
Sehenswert:
- Evangelische Pfarrkirche St. Petri, gebaut
Ende 13./ Anfang 14. Jh.. Mit einem überdimensionalen Schwert an der
Turmwand, Teil des Gefallenen-Ehrenmals des 1. Weltkriegs. Damals war das so.
- Rathaus, Backsteinbau von 1914,
nachdem das mittelalterliche Rathaus von 1418 abgebrannt war. Buxtehude wurde im Laufe der Zeit von mehreren Bränden verwüstet.
- Marschtorzwinger, Teil der
mittelalterlichen Stadt-
befestigung.
- Fleth-Schleuse, die bis 1972 in
Betrieb war.
- Ehem. Markthalle (Ursprung war eine
Viehmarkthalle) und danach Brauerei, heute ist dort ein Textilgeschäft.
Buxtehude muss schon gegen Ende des 1. Jahrtausend bestanden
haben. Aus dem Jahr 959 existiert eine Schenkungsurkunde Otto I. an das
Mauritius-Kloster in Magdeburg, in der die Siedlung erwähnt wird.
Otto
I. gründete 937 das Mauritius-Kloster. Die Stiftungsurkunde existiert noch (im
Landesarchiv Sachsen-Anhalt aufbewahrt).
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Buxtehude Fußgängerzone |
Hude bedeutete eine flache
Stelle, an der Boote anlegen oder aus dem Wasser gezogen werden konnten (in
Norddeutschland gab/gibt es mehrere Hude-Städte, z.B. auch Steinhude).
In dem Kloster lebten bis zum Ende des 30-jährigen
Krieges Töchter aus Adels-, Kaufmanns- und Handwerkerfamilien aus der Umgebung.
Dann wurde es aufgelöst. Kirche und Gebäude des Klosters wurden abgerissen,
Fundamente sind noch erhalten.
Die
Reformation erreichte Buxtehude erst 1542 - schon 1517 verkündete Luther seine
Thesen in Wittenberg -, also erst kurz vor Ende des 30-jährigen Krieges.
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St. Petri Kirche |
1328 erfolgte die Verleihung des Stadtrechtes, womit der Ort die volle Selbstverwaltung und
wirtschaftliche Unabhängigkeit erhielt.
1363 wurde Buxtehude Mitglied der Hanse. In der Zeit wurde die Hanse eine nordeuropäische Großmacht
(zur Hanse siehe im Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den Bericht „Radreise von
Berlin nach Danzig“). Neben dem Fernhandel brachten Viehtransporte Aufschwung
und Wohlstand. Nur bei Buxtehude und Stade bestanden damals Elbe-Übergänge. Der
Wohlstand endete mit dem 30-jährigen Krieg. Dänen, Schweden und kaiserliche
Truppen besetzten und plünderten die Stadt.
Mit dem Westfälischen Frieden wurde Buxtehude zusammen
mit dem säkularisierten Herzogtum Bremen schwedisch.
Nach dem Wiener Kongress kam Buxtehude 1815 zum Königreich Hannover und nach der
Annektierung des Königreichs Hannovers 1866 durch Preußen wurde Buxtehude preußisch.
Der spätere Bundeskanzler Helmut Schmidt war damals
Innensenator Hamburgs. Sein Krisenmanagement verhinderte noch Schlimmeres.
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Fleth-Schluese mit Holztoren |
Buxtehude
bezeichnet sich auch als Märchenstadt.
Das
Märchen vom Hasen und dem Igel („Wettlopen twischen den Haasen un den
Swinegel op de lütje Haide bi Buxtehude" - Der Wettlauf zwischen dem
Hasen und dem Igel auf der kleinen Heide bei Buxtehude) wurde ursprünglich von
dem niederdeutschen Schriftsteller Dr. Wilhelm Schröder veröffentlicht und von
den Brüdern Grimm nacherzählt.
Nach
einer Redensart ist Buxtehude die Stadt, in der die „Hunde mit dem Schwanz bellen“. Ursprung soll ein niederländischer
Spruch sein, „die Hunten bellen“, was so viel heißen soll wie „die Kirchenglocken
läuten". Belegt ist die Herleitung allerdings nicht.
Wirtschaft Buxtehude: Aus Buxtehude kommen heute Dove, Lux und Rexona –
Duschgele von Unilever. Die Reederei NSB hat ihren Sitz in Buxtehude.
In Buxtehude hatten wir das beste Hotel unserer Radreise. Alle Hotels
waren durchweg gut. Aber das Navigare
NSBhotel ragt heraus. Bei der Hotel-Buchung hatte ich angenommen, dass es
zu einer Hotelkette gehört, eine NSB-Hotelgruppe. Aber das ist nicht so. Es ist
ein Privathotel, dass sich die NSB-Reederei „leistet“.
Das Gebäude war in der Kaiserzeit eine Mädchenschule. Dann wurde es Verwaltungssitz
der NSB-Rederei und 2008 zu einem Vier-Sterne-Hotel umgebaut.
Stilgerecht sind die Etagen „Decks“, es gibt vier. Die Zimmer sind nach
Schiffen der Reederei benannt. Ich habe auf
dem Deck 1 im Zimmer „Maruba Europa“ geschlafen.
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Mein Zimmer im NSB-Hotel |
Die NSB Niederelbe Schifffahrtsgesellschaft
(GmbH & Co. KG) in Buxtehude ist
eine der größten deutschen Bereederungsgesellschaften.
Bereederung ist die technische und kaufmännische
Betriebsführung von Seeschiffen. Dazu gehört auch die Bemannung der Schiffe (Schiffsbesatzung
vom Kapitän bis zu Maschinenmitarbeitern).
Bereeder sind im
Namen und für Rechnung des Eigentümers tätig. Sie erhalten dafür eine Vergütung,
meist in Abhängigkeit von den Einnahmen des Schiffes. Das Risiko bleibt i.d.R.
beim Schiffseigner.
Die NSB wurde 1982 von Helmut Ponath gegründet.
45 % der Anteile gehören jetzt der Schifffahrtsgesellschaft der Conti
Unternehmensgruppe, die der Hamburger Reederei Claus-Peter Offen gehört.
Die bereederten
Schiffe sind weitgehend über Schiffsfonds finanziert. Einer der Fondsaufleger
ist die Conti-Gruppe.
Ein Nebenzweig
der NSB ist ein Reisebüro für Frachtschiffreisen.´
Genau so erstklassig wie das Hotel (und deren Mitarbeiter/innen) ist
die Gastronomie. Das Restaurant-Flagschiff „N°4 Gourmetrestaurant“ unter
Leitung von Jens Rittmeyer, mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, ist montags
geschlossen. Wir mussten uns also mit dem
Seabreeze-Restaurant, auch im historischen Kellergewölbe des Hotels
gelegen, „begnügen“. Das hat zwar keinen Stern, aber eine genau so exzellente Küche. Es ist ja
auch die des Sternerestaurants. Wir haben sehr gut gegessen und getrunken und
waren motiviert für den Rest der Reise.
Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:
Dienstag
9. Juli 2019
Die Strecke: Buxtehude - Estebrügge
– (Obstmarschenweg) – Jork – Wisch –
Grünendeich – Hollern – Speersort – Stade
– Bützfleth – Krautsand – Dornbusch – Wischhafen – (Fähre) – Glückstadt.
Übernachtung in der Pension Glückstadt
Aus Buxtehude fahren wir
entlang der Este Richtung Elbe. Bei Estebrügge biegen wir auf den Obstmarschenweg ab. Es ist eine Route,
die die Obstbauern des niederelbischen Obstanbaugebietes entwickelt haben. Sie
führt durch das Alte Land von Neuenfelde, das noch zu Hamburg gehört,
bis Freiburg im Landkreis Stade.
Altes Land / Jork (Niedersachsen)
12,300 Einwohner
Landkreis Stade
Sehenswert:
- Obstmarschenweg, 100 km durch das Alte
Land
- Rathaus von Jork (Jork hat 12.000
Einwohner),
und der Gräfenhof aus dem 12. Jh. (?) - 1776 heirate
hier Gotthold Ephraim Lessing (und 2.000 Otto Waalkes)
- Esteburg im Jorker Ortsteil Moorende,
Wasserburg der
Spätrenaissance (privat, nicht zu besichtigen ?)
- Fachwerkhöfe mit Prunkpforten im gesamten Alten Land,
sog. AltländerTore.
- bei Steinkirchen sind die Strom-Masten der Elbekreuzung
zu
sehen (höchste Freileitungsmasten in Europa)
Das Alte Land ist Teil der Elbmarsch
südlich der Elbe in Niedersachsen und Hamburg. Der Name geht auf die Zeit der holländischen
Kolonisten zurück, die das feuchte und immer wieder überflutete, aber
fruchtbare Land der Elbeniederung trockenlegten. Das bearbeitete Land war das
„Alte Land“ (Plattdeutsch „Olland – Altland“) und das noch nicht bearbeitete
das „Neue Land“.
Der Obstmarschenweg führt durch das Alte
Land. Entlang des Weges liegen viele Obstbauernhöfe.
Die Route: Jork
– Mittelnkirchen – Steinkirchen – Gründeich – Hollern – Bützfleth (hinter Stade
an der Elbe) – Drochtersen – Freiburg/Elbe.
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Am Obstmarschenweg |
Die neuen
Siedler erhielten weitreichende Selbstverwaltungsrechte
und das Land zur freien Verfügung. Die Siedlungsgebiete bekamen eine eigene
Gerichtsverfassung nach fränkisch-holländischem Recht (Hollerrecht). So waren
die Söhne und Töchter abweichend vom sonst geltenden sächsischen Recht
gleichermaßen erbberechtigt.
Mit der
Trockenlegung entstanden die typischen Marschhufendörfer.
Beiderseits der Entwässerungsgräben wurden langgestreckte Parzellen, die Hufe,
abgesteckt, oft ein Streifen von 2,25 km Länge und 150 m Breite. Am Ende der
Streifen wurden die Höfe angelegt.
Typisch sind die Fachwerkhöfe mit Prunkpforten,
den sog. Altländer Tore.
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Obstplantage an der Elbe |
Die großen
Bauernhöfe produzierten überwiegend
Getreide oder betrieben Viehhaltung und wurden damit dank der guten Marschböden
reich.
Eine größere
Verbreitung hat der Obstanbau erst zwischen den beiden Weltkriegen erfahren.
Die Nachfrage nach Obst sollte im eigenen Land gedeckt werden. Heute ist das
Alte Land das größte geschlossene
Obstanbaugebiet Europas.
Wir fahren durch die Obstplantagen. Hauptsächlich sind es Apfelbäume
die als Spalier, d.h. in Reihen, gepflanzt sind. Das erleichtert die Ernte.
Aber auch an Kirschbaum-Plantagen fahren wir vorbei. Die erkennt man leicht an
den Netzen, die großflächig über die Bäume gezogen sind. Ohne die würden
wahrscheinlich nur die riesigen Vogelschwärme Kirschen ernten. Es sind
unendlich viele Stare, die in den Elbwiesen Insekten vertilgen. Oder eben auch
Kirschen, wenn sie können.
Vom Deich aus haben wir immer wieder den Blick auf die Elbe. Sehr viele
Schiffe beobachten wir nicht.
Dafür sehen wir immer wieder prächtige Fachwerkhäuser der Marschbauern.
Die Böden sind hier fruchtbar und die Bauern haben reiche Ernten.
In Speersort biegen wir ab nach Stade.
Über den Fluss Schwinge ist die Stadt mit der Elbe verbunden. In Stade trennt
eine Schleuse (die Salztorschleuse) den Oberlauf von dem durch Ebbe und Flut
(Tiede) auf der Elbe beeinflussten Unterlauf. Bis in die 1950er Jahre wurde die
Schwinge für den Gütertransport genutzt.
Stade (Niedersachsen)
47.300
Einwohner.
Kreisstadt des Landkreises Stade
Sehenswert:
- Das historische Zentrum, das auf der Schwingeinsel innerhalb der ehemaligen
Wallanlagen liegt, wird vom Burggraben (der Schwinge) umgeben.
- Die gesamte Altstadt mit Fachwerkhäuern, die meisten stammen aus
dem 17. Jahrhundert.
In einigen Straßenzügen stehen
wesentlich ältere Häuser, sie stammen aus der Zeit vor dem Stadtbrand von 1659.
Dieser zerstörte elf Jahre nach Ende des Dreißigjährigen Krieges zwei
Drittel aller Stader Gebäude.
- Das Rathaus. Nur seine Gewölbe mit dem Ratskeller blieben erhalten. Auf ihnen
wurde 1667 das so genannte „Alte Rathaus“ erbaut. Der Ratskeller darunter
gehört damit zu den ältesten Ratskellern
Deutschlands.
- Der Hansehafen war einst das
wirtschaftliche Herz der
Hansestadt.
Hier
befindet sich der Schwedenspeicher aus
dem Jahr 1705, der seit 1977 als Museum dient. Der Tretkran am Hafen ist ein Nachbau (ohne Tretrad).
Schon früh überfielen Wikinger die
Siedlung. Für das Jahr 994 ist die Plünderung durch die Wikinger überliefert
und Stade wird als „Stethu“ das erste Mal erwähnt.
Seit
dem 8. Jh. überfielen die Wikinger,
auch als Nordmänner bezeichnet, die Küsten von England, Norddeutschland und
Frankreich. Hamburg wurde 845 überfallen und geplündert. Der Hamburger Bischof
Ansgar musste damals nach Bremen ausweichen.
In
dieser Zeit gründeten die Wikinger auch den Handelsort „Haithabu“, südlich des heutigen Schleswig am Ostseefjord der
Schlei. Es war im 10. Jh. das größte Handelszentrum in Norddeutschland. Der
damals angelegte Schutzwall ist noch heute zu erkennen. 1055 wurde die Stadt
von slawischen Angreifern zerstört.
Die
Wikinger plünderten auch an der portugiesischen und spanischen Küste und im
Mittelmeer (siehe „Kreuzfahrt Westeuropa 1“ im Internet-Blog „Sattel und Schuh).
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Im Rathaus |
Stade wurde bereits in deren Anfangszeit Mitglied der Hanse und entsandte ab 1373 Vertreter
zu den Hansetagen.
1601 wurde Stade zum zweiten Mal und nun dauerhaft „verhanst“,
d. h. aus der Hanse ausgeschlossen, da die Stadt 1587 englische
Tuchkaufleute der „Merchant Adventure“ aufgenommen hatte. Die Inkaufnahme
des Ausschlusses lohnte sich aber nicht. Die Engländer verlagerten ab 1611 ihre
Niederlassung nach Hamburg.
1643 eroberten die Schweden die Stadt und im Westfälischen Frieden 1648 erhielten sie die Stadt zusammen mit dem säkularisierten Erzbistum Bremen zugesprochen. Stade wurde schwedischer Regierungssitz der Herzogtümer Bremen und Verden.
1715 kam die Stadt durch vertragliche Vereinbarung in den Besitz des Kurfürstentums Hannover.
Stade bestand aus fünf Stadtteilen.
- Das Klosterviertel
mit dem Kloster St. Georg lag am heutigen Pferdemarkt, angrenzend zum Kaufmannsviertel längs der heutigen
Hökerstraße.
- Das Viertel des
Bischofs vom Bremen entstand rund um die Bischofskirche St. Wilhadi.
- das
Burgviertel der Grafen von Harsfeld (später
von Stade).
St. Georg
im Klosterviertel,
St. Cosmae et Damiani
im Kaufmanns- viertel, St. Wilhadi
im Bischofsviertel, St. Nicolai im Fischerviertel und
St. Pankratii
im Burgviertel.
Die Wirtschaft Stades: Nach 1945 hat
sich Stade zu einem Industriestandort entwickelt. Ansässig ist die Chemische
Industrie (u.a. Dow Chemical), ein Tochterunternehmen der Airbus SAS, der
Aluminiumherstellung Aluminium Oxid.
Das Kernkraftwerk Stade (KKS) wurde 1972 in
Betrieb genommen. Es wurde 2003 aus wirtschaftlichen Gründen abgeschaltet. Von
2005 bis 2018 wurde das Kernkraftwerk rückgebaut.
Über Bützfleth fahren wir wieder an die Elbe. Gegenüber ist die
Elbeinsel Pagensand und danach Schwarztonnensand. Unser Ziel ist der Fährhafen
Wischhafen.
Ein Stück hinter Krautsand kommen uns Radler mit der Nachricht
entgegen, die Brücke nach Wischhafen sei offen. Gemeint war die Brücke über die
Wischhafener Süderelbe am Hochwasser-Sperrwerk. Und „offen“ bedeutete geschlossen. Die Brücke ist eine Klappbrücke.
Bei der Reisevorbereitung hatte ich übersehen,
dass die Brücke eine Klappbrücke ist. Sonst hätte ich nachlesen können, dass
die Brücke nur an Wochenenden und Feiertagen und auch nur für wenige Stunden für
Radfahrer und Fußgänger passierbar ist („Sorry“ Eva und Eckhard). Sie ist nur
für den Betriebsverkehr und der Deichunterhaltung gebaut worden, lese ich in
einer Information des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft.
Also mussten wir umkehren und von der Elbe
weg über Dornbusch entlang die Bundesstraße nach Wischhafen fahren. Einige
Kilometer Umweg.
Die Fähre Wischhafen - Glückstadt
wird stark angenommen. Eine lange Schlange PKWs und LKWs warteten vor dem
Anleger. Mit dem Fahrrad konnten wir aber daran vorbeifahren, ohne lange
Wartezeit.
Bis zu vier
Fähren fahren ständig von Wischhafen nach Glückstadt und wieder zurück, um
jährlich etwa 600.000 Fahrzeuge über die Elbe zu bringen. 25 Minuten dauert es,
die hier 3,5 Kilometer breite Elbe zu queren. Aber der Schiffsweg ist gut 1
Kilometer länger, die Insel Rhinplate muss umfahren werden.
Vom Anleger ist es nicht mehr weit bis zu unserer Unterkunft in Glückstadt.
Glückstadt (Schleswig-Holstein)
11.100 Einwohner.
Kreis Steinburg
Sehenswert:
- Historischer „Reißbrett“-Grundriss der Altstadt.
- Das Rathaus wurde Ende des 19. Jahrhunderts
an der Stelle des baufällig gewordenen alten Rathauses von 1642 errichtet.
Dabei wurde die Spätrenaissance-Fassade des Vorgängerbaus nachgebildet.
- In der Altstadt befinden sich viele
historische Häuser und Adelshöfe, beispielsweise das Wasmer-Palais, das
Brockdorff-Palais (heute Museum und Stadtarchiv) und das Palais „Quasi non
Possidentes“ (heute Palais für aktuelle Kunst).
Glückstadt wurde als Festungs-
und Handelsstadt 1617 durch den König
von Dänemark und Norwegen, Christian IV., mit einem planmäßigen
Reißbrett-Grundriss gegründet. Die Stadt gehörte mit dem Herzogtum Schleswig zu
Dänemark. Glückstadt sollte ein dänischer Gegenpol zu Hamburg werden.
Die Königreiche Dänemark und Norwegen
bildeten von 1380 bis 1814 eine Personalunion. 1380 hatte der norwegische König
die dänische Königskrone geerbt. Vorher (bis 1355) gab es eine schwedisch-norwegische
Personalunion. 1814 musste Dänemark Norwegen an Schweden abtreten.
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Rathaus Glückstadt |
Von 1568 bis 1648 kämpfte die Republik der
Sieben Vereinigten Provinzen (Nord-Niederlande) gegen die spanische
(Habsburger) Krone um ihre Unabhängigkeit. Der wurde 1648 zusammen mit dem
Dreißigjährigen Krieg durch den Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück
beendet.
Auf Dauer
konnte Glückstadt nicht gegen Hamburg konkurrieren. Die Schifffahrt wurde durch
eine Sandbank in der Elbe behindert, das tiefe Fahrwasser in Richtung Hamburg
blieb aber bestehen. So entwickelte sich Glückstadt mehr zu einer Militär-und
Verwaltungsstadt.
Nach dem
Deutsch-Dänischen Krieg kam Glückstadt mit dem Herzogtum Lauenburg 1864 unter
die Herrschaft von Preußen.
Der Deutsch-Dänische
Krieg war der erste der drei
deutschen Einigungskriege, mit denen Preußen (mit Otto von Bismarck als
preußischem Ministerpräsidenten) das Deutsche Kaiserreich schuf (Krönung des
preußischen Königs zum Deutschen Kaiser in Versailles 1871).
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Einer der Palais in Glückstadt |
Es folgte der Deutsche Krieg (1866, Preußen gegen Österreich). Der im Zuge des
Wiener Kongresses gebildete „Deutsche Bund“ (unter Einschluss Österreichs) wurde aufgelöst
und durch den von Preußen dominierten „Norddeutschen Bund“ abgelöst (ohne
Österreich – sog. „kleindeutsche Lösung"). Schleswig
und Holstein wurden eine Provinz Preußens.
Der Deutsch-Französische
Krieg (1870 – 1871) brachte das „Deutsche Kaiserreich".
Elsaß-Lothringen ging an Deutschland.
Eine indirekte Folge des Deutsch-Französischen
Krieges war die Annektierung des Kirchenstaates (Region Latinum) durch das
Königreich Italien. Frankreich hatte die dortigen Schutztruppen wegen des
Krieges mit Deutschland abgezogen. 1929 entstand der heutige Vatikan-Staat in
Rom.
Bekannt ist
der Glückstädter Matjes. Alljährlich,
im Juni 2017 war es zum 50. Mal, gibt es dort die „Glückstädter
Matjeswochen“.
Matjes sind besonders milde,
vor Erreichen der Geschlechtsreife gefangene Heringe, die im traditionellen
Verfahren durch fischeigene Enzyme (ein kleiner Teil der Innereien
verbleibt im Fisch) in einer Salzlake gereift sind.
Der ursprüngliche Herstellungsprozess wurde im Mittelalter in
den Niederlanden entwickelt, als „Holländischer
Matjes“.
Bei den Glückstädter Matjes werden im
Gegensatz zu den Holländischen Matjes die Hauptgräten nicht herausgeschnitten
sondern von Hand herausgezogen, wodurch keine Grätenspitzen im Filet verbleiben
(so die Erläuterung eines Glückstädter Matjes-Herstellers).
Unsere
Pension in Glückstadt war ein „Glücksfall“, sehr große Zimmer in einem
renovierten Wohnhaus. Auch die Empfehlung des Pensions-Inhabers für das
Abendessen war ein sehr guter Tipp. Im „Kleinen Heinrich“ am Markt gab es
vorzügliche Aalsuppe und – natürlich – Glückstädter Matjes.
Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:
(8) Von Glückstadt bis
Cuxhaven
Mittwoch 10.
Juli 2019
Die Strecke: Glückstadt –
(Elbefähre) – Freiburg – Neuhaus – Belum – Otterndorf
– Altenbruch – Cuxhaven – Cuxhaven-Döse.
Übernachtung Hotel Deichgraf in Cuxhaven-Döse
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Glückstadt bis Cuxhaven - 70 Kilometer |
In Glückstadt müssen wir erst einmal wieder mit der Fähre auf das
andere Ufer der Elbe übersetzen. Ein Stück fahren wir noch auf dem Obstmarschenweg, der in Freiburg endet.
Wir fahren in größerem Abstand parallel zur Küste. Nördlich von Neuhaus queren wir
auf dem Sperrwerk die Oste und kommen in die historische Landschaft Land Hadeln.
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Die offene Brücke am Süderelbe-Sperrwerk |
Zeitweise war
das Land Hadeln im Pfandbesitz Hamburgs. Nachdem das Land mehrfach schwedisch
und dänisch war, ging es 1719 an das Kurfürstentum Hannover.
Aus dem Land
Hadeln kam der erste niedersächsische Ministerpräsident Hinrich Wilhelm Kopf (1893 – 1961). Von 1928
bis 1932 war er Landrat des Kreises Land Hadeln.
Bei Otterndorf verlassen wir
den Elbe-Radweg und fahren in die Kleinstadt hinein. Bekannte von Eva und
Eckhard haben das ehemalige Gefängnis
neben dem Schloss Otterndorf saniert und nutzen es als Seminargebäude.
Das Gefängnis wurde 1885 gebaut und kaum verändert. Daneben liegt das
1773 wieder errichtete Schloss, in
das auch im Jahr 1885 das Amtsgericht einzog. Erhalten geblieben ist das Torhaus der Schlossanlage, ein
Backsteinbau von 1641 (heute Heimatmuseum). Die eisernen Buchstaben über dem
Eingang bedeuten: August, Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen.
Herzog August (1619 – 1656) von
Sachsen-Lauenburg (im weiteren Titel
„Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen“) stammte aus der askanischen
Linie. Drei Generationen später ging das Herzogtum an das von Welfen regierte
Fürstentum Calenberg (zum Herzogtum Braunschweig-Lüneburg gehörend).
Herzog zu Sachsen, Engern und Westfalen nannten sich
die Herzöge von Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg. Beide Herzogtümer
entstanden 1126 nach der Erbteilung des Herzogtums Sachsen.
Das Herzogtum
Sachsen wiederum ist der östliche Landesteil des alten Stammesherzogtums
Sachsen, das nach dem Sturz Heinrich des
Löwen 1180 an das Askaniergeschlecht ging. Den westlichen Teil erhielt der
Kölner Erzbischof.
Das
Stammesherzogtum Sachsen war das Siedlungsgebiet des sächsischen Volksstammes, das von Karl dem Großen erobert und in das Frankenreich eingegliedert wurde. Es
umfasste Westfalen, Engern und Ostfalen.
(s. im
Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den Beitrag „Radreise Berlin – Verona, Teil 7
Geschichte“).
Gleich hinter Otterndorf haben wir die Radtour noch einmal in
Altenbruch unterbrochen. In Altenbruch
steht einer der drei Bauerndome im
Hadelner Land. Die Bezeichnung weist auf den Bau der Kirchen durch die
umliegenden Bauern hin. Die waren durch die fruchtbaren Schwemmland-Böden des
Marschlandes sehr reich und selbständig.
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Eingang zum Altenbrucher Bauerndom |
Die
Kirchenbänke sind reich bemalt und die Türen zu den Bänken sind mit bäuerlichen
Familienwappen geschmückt. Auf den Kirchenbänken saßen nur die Frauen und
Kinder und wahrscheinlich auch das Gesinde. Für die Männer (die Bauern) waren
zwei Emporen vorbehalten. Die hatten einen eigenen Zugang, so dass die Männer
auch während des Gottesdienstes unbemerkt die Kirche verlassen konnten und dann
im Wirtshaus zu finden waren.
Eine
Besonderheit ist das Kirchengefängnis, ein vergitterter Holzverschlag. Die
Bauern hatten ihre eigene Gerichtsbarkeit und sperrten hier verurteilte Diebe
und Landstreicher ein.
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Altenbrucher Bauerndom |
Es galt das sog.
Hollernrecht. Die Siedler erhielten
das Land als Erbleihe und konnten frei darüber verfügen. Sie waren
frei, ähnlich städtischen freien Bürgern (Stadtluft macht frei). Für die Gebiete galt nicht das bestehende
sächsische Recht, sondern das Hollernrecht, eine fränkisch-holländische
Gerichtsverfassung. Recht sprach ein vom Landesherren eingesetzter Dorfschulze.
Es entstand eine eigenständige Bauernschaft.
Die
Bauernschaften unterstanden nur einer lockeren Oberherrschaft durch die Herzoge
von Sachsen-Lauenburg. Bei jedem Regentenwechsel ließen sie sich ihre Privilegien auf dem Warningsacker, auf
halbem Weg zwischen Otterndorf und Altenbruch gelegen, bestätigen (es gibt
einen Hof Warningsacker, aber ob das der Versammlungsort ist, war nicht zu
erkunden).
Jetzt ist es nicht mehr weit bis Cuxhaven (Altenbruch gehört schon zur
Stadt Cuxhaven). Durch Cuxhaven-Groden und am Fischerei-Hafen vorbei radeln wir
nach Cuxhaven-Döse, eines der 11 Kurteile (so die Bezeichnung der Stadt).
Meine Frau ist auch nach Cuxhaven (mit dem Zug mit einer Zwischenstation in Hamburg) gekommen. Am ersten Abend essen wir im
Hotel – natürlich Fisch. Am zweiten Abend folgen wir der Empfehlung unserer
Berliner Freunde in das „Restaurant
Schaarhörn“ des Badhotel Sternhagen in Duhnen. Die Empfehlung war sehr gut.
Cuxhaven (Niedersachsen)
48.500
Einwohner.
Kreisstadt des Landkreises Cuxhaven.
Cuxhaven ist das
größte deutsche Seeheilbad.
Sehenswert:
- "Windstärke
10 – Wrack- und Fischereimuseum“ befindet sich im historischen Umfeld des Fischereihafens. Auf ca. 4000 m² Gesamtfläche
werden die Herausforderungen und Gefahren der Seefahrt gezeigt.
- Fort
Kugelbake ist eine historische Marinefestung aus der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts (Ortsteil Döse). Hier findet seit 2009 das
Störtebeker Freilichttheater statt.
- Schloss Ritzebüttel, das zum Teil noch aus dem 14. Jahrhundert
stammt, gehört zu den ältesten erhaltenen Profanbauten der Norddeutschen
Backsteingotik in der Region.
- Am Hafen befinden sich die Promenade Alte Liebe sowie der sogenannte „BH“. Dieser Windsemaphor (Wind-Anzeiger)
zeigt den in die Nordsee ausfahrenden Schiffen die jeweiligen Windrichtungen
und -stärken auf den Inseln Borkum (B) und Helgoland (H) an.
- Hapag-Hallen, 1900 für den Auswandererhafen gebaut, der von Hamburg
in das damals hamburgische Cuxhaven verlegt wurde. Sie sind heute noch ein
Passagierterminal für Kreuzfahrtschiffe.
- Die Wattflächen vor Cuxhaven gehören zum „Nationalpark
Hamburgisches Wattenmeer und Niedersächsisches Wattenmeer“. Von Cuxhaven kann
man zur Insel Neuwerk durch das Watt wandern.
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Kugelbake |
Ursprung Cuxhavens ist
eigentlich Ritzebüttel. Hier
herrschte das Grundherrengeschlecht Lappe, die Lehensnehmer der Herzöge von
Sachsen-Lauenburg waren. 1394 verkauften die Herren Lappe ihr Schloss
Ritzebüttel und ihren Besitz im Land Hadeln sowie die Gerichtsbarkeit an die
Stadt Hamburg (andere Quellen sprechen von einem Pfandeinzug). In einem weiteren
Vertrag trat der Herzog von Sachsen-Lauenburg seine Lehensrechte ab. In den
folgenden Jahrhunderten war Ritzebüttel (und die umliegenden Gebiete) ein
hamburgisches Amt. Es war ein Stützpunkt gegen die Piraterie und Schutzhafen
für Hamburg.
1864 wurde
Ritzebüttel eines von vier Hamburger Landesherrschaften (Gebiete außerhalb der
Stadtmauern, die der Hoheit des Hamburger Rates unterstanden). Die Verwaltung
lag bei einem Amtmann, der aus den Reihen des Hamburger Senats kam.
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Schloss Ritzebüttel |
Der
hamburgische Amtmann des Amtes Ritzebüttel, August Abendroth, gründet 1816 das
Seebad Cuxhaven.
Bereits 1793 hatte der Göttinger
Philosoph Georg Christoph Lichtenberg
Cuxhaven als geeignetsten Platz für ein deutsches
Seebad empfohlen. Lichtenberg war 1770 Professor für Physik, Mathematik
und Astronomie in Göttingen geworden.
Er hielt sich öfter in Cuxhaven auf.
Gemeinsam mit seinem Schüler Reinhard Wollmann, der Leiter der Wasserbaubehörde
in Ritzebüttel geworden war, entwickelte er die Vorstellung von Cuxhaven als
Seebad. Er schrieb einen Aufsatz „Warum
hat Deutschland noch kein großes öffentliches Seebad?“ unter Verweis auf
die englischen Seebäder.
Die Flecken
Ritzebüttel und Cuxhaven wurden 1872 zu
einer Gemeinde Cuxhaven zusammen gelegt, wobei Ritzebüttel der größere und
bedeutendere Ort war.
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Im Park Schloss Ritzebüttel |
Erst 1907
erhielt die Gemeinde Cuxhaven
Stadtrechte. Cuxhaven gehörte weiterhin zu Hamburg.
Mit dem
Groß-Hamburg-Gesetz von 1937 ging Cuxhaven von Hamburg an die preußische Provinz Hannover über.
Das erfolgte als Ausgleich
für die Eingemeindung der Städte Altona und Wandsbek (preußische Provinz
Schleswig-Holstein), Harburg-Wilhelmsburg (preußische Provinz Hannover) und
Bergedorf nach Hamburg.
Bis heute hat
sich Cuxhaven neben Bremerhaven als bedeutender Fischereistandort in Deutschland gehalten (Der Großfischmarkt und
der Fischereihafen wurden 1908 von der Stadt Hamburg gegründet). Cuxhaven ist Standort
für die deutsche Hochseefischerei und die Küstenfischerei (im wesentlichen
Krabbenfang). Die Schiffe haben ihre Liegeplätze im „Alten und Neuen
Fischereihafen Cuxhaven“.
Unser Hotel
ist im Ortsteil Döse (seit 1905
Ortsteil von Cuxhaven). „Döse“ bezeichnet eine Niederung, in der Torf
gestochen wird. Der Ortsteil bildet die nördliche Spitze der
niedersächsischen Nordseeküste.
Cuxhaven hat eigentlich kein richtiges Stadtzentrum. Wichtig ist der
Hafen. Der ehemaliger Anleger „Alte Liebe“ (heue eine Aussichtsplattform) und
der BH-Anzeiger sind Anziehungspunkte für
die Touristen.
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BH-Semaphor |
Mit Einführung der Funktechnik wurde
das überflüssig und die Anzeige-Vorrichtung ein technisches Denkmal.
Also haben wir uns am 2. Cuxhafen-Tag (Donnerstag) für den geschichtlichen
Mittelpunkt der Stadt entschieden. Das ist das Schloss und der Park Ritzebüttel.
An dieser Stelle hatten die Grundherren Lappe eine erste „Steenborg“
(um 1340) errichtet. Nach der Übernahme durch Hamburg wurde ein Wehr- und
Wohnturm errichtet. Im 18. Jahrhundert wurde
ein barockes Portalgebäude vorgesetzt. Das Schloss wurde der Sitz der
hamburgischen Amtmänner von Ritzebüttel. Heute gehört das Schloss der Stadt
Cuxhaven und wird hauptsächlich für
kulturelle Zwecke genutzt.
Einer der Amtmänner war Barthold Heinrich Brockes (Amtmann 1735
bis 1741). Er hatte Jura und Philosophie studiert. Sein Interesse galt der deutschen Literatur (Gründung einer Sprachgesellschaft zur Förderung der
deutschen Sprache und Literatur) und der naturlyrischen Dichtung.
Sein erstes
Werk, das Passions-Oratorium „Der für die Sünde der Welt gemarterte und
sterbende Jesus“ machte ihn berühmt. Georg Friedrich Händel, Georg Philipp
Telemann und andere vertonten das Stück. Auch Teile der Texte der
Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach stammen aus dem Passions-Oratorium
von Brockes.
Bedeutend für die Entwicklung Cuxhavens war der hamburgische Amtmann
Abendroth. Er hatte 1816 das Seebad Cuxhaven gegründet. Im gleichen Jahr
veranlasste er den Bau der Kirche
neben dem Schloss. Den Ritzebüttlern sollte der weite und matschige Weg in die
Kirche von Groden (hier sind wir nach Cuxhaven hineingefahren) erspart werden.
Die Kirche wurde nach Martin Luther benannt. Gegründet wurde die Kirche auf
über 200 Rammpfählen, sie steht auf Marschland.
Natürlich haben wir (Eckhard und ich) eine kleine Wattwanderung am Strand vor Cuxhaven unternommen. Bis zur Insel
Neuwerk (das ist die Standardstrecke, die schafft man in einer Ebbe-Zeit,
zurück muss man dann mit dem Boot fahren) sind wir nicht gegangen. Dafür
reichte die Zeit nicht.
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Wattenmeer vor Cuxhaven |
Das Watt war ganz anders, als ich es mir das vorgestellt hatte (ich wollte schon immer einmal im Watt waten). Der Wattboden ist angenehm fest. Man geht
viel leichter als auf dem Strandsand. Überall sind Spaghetti förmige Sandhaufen. Das ist der verspeiste Sand der
Wattwürmer. Sie fressen den Sand und filtern die organischen Stoffe heraus.
Wattwürmer
verarbeiten in der Nordsee einmal im Jahr den gesamten Sand des Wattes bis 20
cm Tiefe. Ein einzelner Wattwurm filtert jährlich über 25 kg Sand.
Neben dem Sandwatt, über das wir vor Cuxhaven
gegangen sind, gibt es auch das Schlickwatt
(was ich mir bisher unter Watt vorgestellt hatte). An geschützten Stellen gibt
es das vor Cuxhaven. Mit den Füßen kann man den fast schwarzen Modder
kneten und durchwühlen. Das soll gesund sein. Mit Schlick-Anwendungen werben
die Bäderorte an der Nordseeküste und auf den Inseln.
Das Wattenmeer vor der niederländischen,
deutschen und dänischen Küste ist die größte zusammenhängende Wattlandschaft
der Welt.
Das
niedersächsische Wattenmeer ist Nationalpark
und ein UNESCO-Biosphärenreservat. Drei Wattenmeer-Nationalparks gibt es an der
deutschen Nordseeküste. Neben dem niedersächsischen sind auch das
schleswig-holsteinische und das hamburgische (u.a. mit der Insel Neuwerk)
Wattenmeer als Nationalpark geschützt.
Der
nordöstlichste Punkt des Nationalparks Niedersächsisches Wattenmeer ist
Cuxhavens Wahrzeichen, die Kugelbake. In Cuxhaven-Sahlenburg informiert ein Besucherzentrum mit Ausstellungen und
Exkursionen über das Watt, Salzwiesen und Küstenheide.
Die Erläuterungen stammen meist aus Wikipedia- Artikeln im Internet, ohne einzelne Zitierung.
Zu dem Reisebericht gibt es ein Fotoalbum:
Am Freitag (12. Juli) war unsere Elbe-Radtour zu Ende und der
Rückreisetag mit der Bahn nach Berlin bzw. München.
In zwei Abschnitten sind
wir von Prag (wir haben an der Moldau begonnen) nach Cuxhaven geradelt. Meist
bei schönem Wetter, aber auch mit Regen und Wind – je näher wir der Küste
kamen, umso stärker waren die Windböen. Auf jeden Fall waren es sehr schöne
Radel-Tage.