Beelitz-Heilstätten

August 2025 


Beelitz ist eine kleinere Stadt südwestlich von Berlin. Bekannt ist Beelitz durch den Spargelanbau – das Gebiet um Beelitz soll die größte geschlossene Anbauregion in Deutschland sein – und durch die Beelitzer-Heilstätten für Tuberkulose-Patienten. Die haben wir – Angelika und Andreas und ich – besucht und sind durch die Parkanlage mit den Ruinen der ehemaligen Heilstätten-Häuser gegangen, haben die Besichtigungstour durch drei Gebäude gemacht und sind auf dem Baumkronenpfad über die Häuser gegangen.

Der Teil der Beelitzer-Heilstätten
mit dem Baumwipfel-Pfad

Ende des 19. Jahrhunderts war Tuberkulose Volkskrankheit Nr. 1.


Tuberkulose ist eine bakterielle Infektionskrankheit der Lunge, die unbehandelt zu Gewichtsabnahme – darum auch die Bezeichnung Schwindsucht - und schließlich zum Tod führen kann. Die Bakterien werden über die Luft zum Beispiel durch Nießen und Husten übertragen.

Je enger die Menschen zusammen sind, umso größer ist die Ansteckungsgefahr. Auch Milch von an Tuberkulose erkrankten Kühen war eine Infektionsquelle. Darum wird Milch grundsätzlich pasteurisiert (kurzzeitige Erhitzung; benannt nach dem französischen Chemiker Louis Pasteur, der das Verfahren entwickelte).

 

Den Erreger der Tuberkulose entdeckte Robert Koch 1882 (er erhielt dafür 1905 den Nobelpreis für Medizin). Ein Mittel zur Bekämpfung der Bakterien fand er aber nicht. Erst 1920/1921 entwickelten die französischen Wissenschaftler Albert Calmette und Camille Guérin einen Tuberkulose-Impfstoff, mit dem Kinder vorbeugend gegen Tuberkulose geimpft wurden (in Deutschland wird die Impfung seit 1998 von der Ständigen Impfkommission nicht mehr empfohlen, da das Infektionsrisiko unter 0,1 Prozent gesunken war).                       

Begünstigt wurde die Verbreitung der Tuberkulose durch die engen Wohnverhältnisse in Berlin und auch in anderen Großstädten. Berlin wuchs zum Beispiel von 1820 bis 1850 von 200.000 Personen auf über 400.000, im Jahr 1880 waren es über 1.100.000. Das führt zu katastrophalen Wohnverhältnissen, zu viel Personen in kleinen Wohnräumen, doppelte Belegung von Schlafplätzen. Die Todesrate stieg durch Tuberkulose rasant an. An Tuberkulose erkrankte Arbeiterinnen und Arbeiter fehlten in den Fabriken. Um 1880 sollen fast 40 Prozent aller Todesfälle unter der arbeitenden Bevölkerung Berlins auf Tuberkulose zurückzuführen sein. 

Medikamente gegen Tuberkulose fehlten. Im schlesischen Riesengebirge wurde 1859 eine erste private Heilanstalt gegen Tuberkulose eröffnet. Die Therapie bestand aus einer Luftkur bei guter Ernährung und penibler Reinlichkeit. So gab es für den Hustenauswurf spezielle Spuckfläschchen. 

Den privaten Heilanstalten folgten Volksheilstätten. 1889 wurde mit dem Invalidensicherungsgesetz den Landesversicherungsanstalten erlaubt, vorbeugende Heilbehandlungen durchzuführen und entsprechende Einrichtungen aufzubauen. Im Jahr 1908 gab es im Deutschen Reich bereits 99 Heilstätten mit über 10.000 Betten. 

           Im Jahr 1890 wurden in allen deutschen Bundesstaaten 31

Versicherungsanstalten gegründet. Sie erhoben Beiträge, zahlten die Renten und gewährten die Heilbehandlungen in ihrem Zuständigkeitsgebiet. Grundlage der Gründungen war das 1889 vom Reichstag des Deutschen Reiches auf Antrag des Reichskanzlers Otto von Bismarck verabschiedete „Gesetz betreffend die Invaliditäts- und Altersversicherung“. Schon sechs Jahre vorher wurde die gesetzliche Krankenversicherung gegründet und fünf Jahre vorher die Unfallversicherung (Bismarck’sche Sozialgesetze).

Die Landesversicherungsanstalten wurden von den Beitragszahlern, den Versicherten und deren Arbeitgeber, selbstverwaltet. Ein Ausschuss (heute die Vertreterversammlung) und der Vorstand wurden von den Vertretern der Versicherten und Arbeitgeber gewählt. 

Ab 1889 errichtete die Landesversicherungsanstalt Berlin (Bauzeit bis 1930) die Arbeiter-Lungenheilstätten in Beelitz. 60 Gebäude wurden auf einer 200 Hektar großen Fläche gebaut. Das Gelände lag in einem großen Waldgebiet (gute Luft) und an der Bahnstrecke nach Berlin (gute Erreichbarkeit). Nördlich der Eisenbahntrasse entstand die Lungenheilstätte, im südlichen Bereich waren die Sanatorien für nicht ansteckende Krankheiten. 

Wie damals üblich, wurden die Frauen und Männer getrennt untergebracht und behandelt. Westlich der Landstraße waren Gebäude für Frauen, östlich davon die für Männer. Die Geschlechtertrennung wurde auch bei den Wirtschaftsgebäuden eingehalten. Die Küchengebäude und Waschhäuser, in denen überwiegend Frauen arbeiteten, lagen auf der westlichen Seite. Die Werkstätten, das Heizhaus und der Fuhrpark mit überwiegend männlichen Beschäftigten waren auf der östlichen Seite angesiedelt. 

Die Beelitz-Heilstätten waren in vier Quadranten aufgeteilt,
durchschnitten von der Bahntrasse und der Landstraße.

Das Heilstätten-Areal war in vier Quadranten unterteilt, die jeweils ein eigenes Pförtnerhaus hatten. Das bedeutete, dass die Areale alle eingezäunt waren. Das Areal A (nördlich der Bahnlinie, westlich der Landstraße) war der Frauenbereich mit den Frauen-Lungenheilgebäuden. Gegenüber (nördlich der Bahnlinie, östlich der Landstraße) war der Quadrant B, der Männerbereich mit den Männer-Lungenheilgebäuden. Die Patientenzimmer waren alle nach Süden ausgerichtet, hoch und lichtdurchflutet. Zu den Heilgebäuden gehörten überdachte, offene Liegehallen.  Die Heilkur bestand aus Schlafen, Essen und Ruhen. 3.400 Kilokalorien hatten die täglich fünf Mahlzeiten während der Kur. Der Normalverbrauch liegt bei 1.900 bis 2.400 Kilokalorien. 

Wochenspeiseplan Januar 1908

Südlich der Bahntrasse waren die Quadranten D (westlich der Landstraße) und C (östlich der Landstraße). Hier befanden sich das Frauen-Sanatorium (D) und das Männer-Sanatorium (C) für die leichteren Tuberkulose-Fälle. Im Bereich C waren auch die Werkstätten, Bäckerei und Schlachterei und andere Funktionsräume. Die Wäscherei war im Bereich D. Zwei landwirtschaftliche Güter außerhalb von Beelitz lieferten täglich frisches Gemüse, Milch und andere Lebensmittel. 


Die historischen Gebäude
in den Quadranten A bis D

Das Heiz- und Maschinenhaus mit seinem weithin sichtbaren Wasserturm (Quadrant C) hatte eine moderne Kraft-Wärme-Kopplung. Der in den Heizkesseln erzeugte Dampf wurde zum Antrieb von Stromgeneratoren der Firma Borsig und für die Gebäudeheizung genutzt. Über ein 10 Kilometer langes unterirdisches Kanalnetz wurden alle Gebäude mit Wärme und Strom sowie Trink- und Warmwasser versorgt. 


Die Kraft-Wärme-Kopplung war zu seiner Zeit sehr fortschrittlich. Eine umfassende Förderung der energieeffizienten Wärme- und Stromerzeugung wurde in Deutschland mit dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz 2002 begonnen. 

Während des 1. Weltkriegs und später auch im 2. Weltkrieg wurden die Gebäude als Militärlazarett genutzt. Nach dem 2. Weltkrieg übernahm die Sowjetarmee das Heilstättengelände als Militärhospital. Bis 1994 war es das größte sowjetische Militärkrankenhaus außerhalb der UdSSR. Nach dem Abzug der Sowjetsoldaten wurden die Gebäude geplündert und wahllos zerstört. 

Die Berliner Landesversicherungsanstalt erhielt das Areal rückübertragen, wollte es aber nicht übernehmen oder selber entwickeln und verkaufte es 1995 an eine Tochtergesellschaft der Unternehmensgruppe Roland Ernst. Im Jahr 2000 musste Roland Ernst Insolvenz anmelden. Erst 2008 übernahmen andere Unternehmen das Gelände. 

Baumkronenpfad über Ruinen

Auf dem Quadranten A hat die HPG Projektentwicklungsgesellschaft Beelitz von Beate und Hans-Georg Hoffmann einen Baumkronenpfad aufgebaut. 2015 wurde der erste Abschnitt eröffnet, der 2020 auf eine Länge von 700 Metern erweitert wurde. Er führt über die historischen Gebäude und an ihnen vorbei. Der höchste Punkt ist die Terrasse des Aussichtsturms mit über 40 Metern.

Der Aussichtsturm des Baumwipfel-Pfades

Der Pfad führt am Alpenhaus vorbei

Die Ruine des Alpenhauses mit dem Stahlskelett des Wassertanks.
Das  "Alpenhaus" war das Frauen-Lungenheilgebäude für 273 Patienten.
Alpenhaus wurde das Gebäude genannt, weil in der Nähe kleine Berge aus dem Erdaushub der Bauarbeiten entstanden, die scherzhaft als "Beelitzer Alpen" bezeichnet wurden.

Am Pfad sind Erläuterungen zu den unterschiedlichen Baum- und Straucharten angebracht

Ganz schön hoch

mit schönem Überblick

über das Heilstätten-Gelände

Die ehemalige Chirurgie ist mit Balkonblumen dekoriert

Führung durch drei Gebäude

Die Gebäuderuinen wurden gesichert. Es gibt verschiedene Führungen. Wir haben die Führung durch drei Gebäude gebucht und uns die Koch-Küche, die Wasch-Küche und den Frauenpavillon angesehen. Andere Führungen gehen durch die Ruine des Alpenhauses und die der Chirurgie. 

Das Gebäude der Koch-Küche

Den Luftabzug der Kochherde ist von den Metalldiebstählen verschont geblieben

Überbleibsel aus sowjetischer und deutscher Zeit

Das Waschküchen-Gebäude

Nach 1930 wurden im Waschküchen-Gebäude 
Forschungs-Lehrräume eingerichtet.
Hier der Hörsaal.

Das Frauen-Lungenheilgebäude (Frauenpavillon)

Detailansichten


Liegeterrasse des Frauenpavillons für die schwerer erkrankten Patienten

Helle und hohe Räume

Baderaum und was davon geblieben ist.
In den Resten der Liegehallen vor den Krankengebäuden
werden in einer Ausstellung Fotos der historischen Gebäude gezeigt.

Das neue Quartier

Im Quadrant C (südlich der Bahnlinie und östlich der Landstraße) mit dem Bahnhofsgelände und dem historischen Wasserturm wurde und wird ein Wohngebiet entwickelt. 


Im Quadrant B (gegenüber dem Baumkronenpfad) entstand u.a. eine neurologische Rehaklinik. Der Landkreis hat ein Feuerwehrtechnisches Zentrum eingerichtet. 


Das ehemalige Desinfektionshaues ist jetzt das Landhotel Gustav.
Der Großvater des Bauunternehmers Thomas Schielke 
hatte das Haus 1905 mit gebaut. Als der Enkel 1995 den Abrissauftrag erhielt,
entschied er sich für die Erhaltung, seines Großvaters wegen.

Im Männer-Lungenheilgebäude ist jetzt eine Neurologische Fachklinik
(Die Ruine des Frauen-Lungenheilgebäudes auf der anderen Seite der Landstraße haben wir besichtigt)

Im Quadrant D (südlich der Bahntrasse und westlich der Landstraße) wurden in den historischen Gebäuden Eigentumswohnungen errichtet und ein Wohngebiet entwickelt. 


Die Entwicklung des Heilstätten-Quartiers ist noch nicht abgeschlossen. Seit 2024 ist Beelitz-Heilstätten ein neuer Ortsteil der Stadt mit 1800 Einwohnern geworden. Weitere Wohnungsbauten sind in der Planung. 3000 Einwohner und 1000 Arbeitsplätze sollen es werden.


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Rhodt unter Rietburg

August 2025

Seit über zehn Jahren treffen wir uns jedes Jahr in der ersten Augustwoche in der Pfalz in Rhodt unter Rietburg. Wir, das ist der Freundeskreis aus Teneriffa, der im Winterhalbjahr länger oder kürzer in Puerto de la Cruz „überwintert“, das sind jetzt Ruth und Jürgen aus der Kölner Gegend, Marianne und Bert aus Fellbach bei Stuttgart, Maria aus Köln, Irene und Erich aus Kassel und wir aus Berlin.

Winzerhof Heinrich Krieger

In Rhodt unter Rietburg wohnen wir im Weingut Heinrich Krieger an der Edesheimer Straße. Das wir dort sind, hat sich zufällig ergeben. Das wir dort noch immer sind, liegt an den guten Gästezimmern mit hervorragendem Frühstück, dem herrlichen Innenhof, in dem wir jeden Abend verbringen und an dem guten Geist der Familie, Ulrike Krieger.

Sandsteintafel über dem Fasskeller.
Das Weingut ist über 300 Jahre alt.

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Unsere Restaurants

Vorsichtshalber reservieren wir die Restaurants für das Abendessen längere Zeit im Voraus. In diesem Jahr waren wir am Dienstag im Kastanienhof, am Mittwoch in der Burrweiler Mühle und am Donnerstag in der Straußenwirtschaft Zum Weinsticher. In anderen Jahren waren wir auch schon im Gasthaus zur Sonne und in der Alten Schmiede.

Das Gasthaus Alter Kastanienhof liegt an der Theresienstraße am westlichen Ende des Dorfes, Richtung Pfälzerwald. 

Die Theresienstraße ist nach der Frau des bayrischen Königs Ludwig I., Therese von Sachsen-Hildburghausen, benannt. Ihre Hochzeit auf der Theresienwiese in München begründete das Münchener Oktoberfest.

Über die Theresienstraße und Rhodt unter Rietburg berichte ich in einem ersten Beitrag über unsere Rhodt-Treffen:

Link zum Beitrag 

Im Kastanienhof isst und sitzt man gut, auf der Terrasse zwischen Rebstöcken (wie wir diesmal), im Restaurant oder auch vorn im Hof (dort waren wir auch schon). Natürlich gibt es Saumagen und andere Pfälzer Spezialitäten. Ich habe mich für schwäbische Spätzle entschieden. Den Saumagen hebe ich mir immer für die Burrweiler Mühle auf.  Der Wein im Kastanienhof kommt vom Weingut Fader, ein paar Häuser weiter unten an der Theresienstraße. Der ist sehr gut. Bis zu 250 Plätze gibt es im Kastanienhof alles in allem und trotzdem war es in früheren Jahren manchmal schwer, einen Tisch zu bekommen. 



Die Burrweiler Mühle liegt in einem Bachtal südwestlich des Dorfes Burrweiler. Von Rhodt ist es eine Wegstrecke von gut 4 Kilometern. Man sitzt sehr schön im Mühlengarten, auf der Terrasse (wie wir diesmal) oder im stilvoll eingerichteten Gasthaus (dort waren wir auch schon). Das Landrestaurant wird in der 11. Generation als Familienbetrieb geführt.

Burrweiler Mühle

Die Scheune - heute saßen alle draußen

Die Terrasse

Am Mühlenteich

Das Landgasthaus ist bekannt und entsprechend gut besucht. Heute habe ich im Internet gesehen, dass die nächsten Augusttage abends vollständig ausgebucht sind und keine Reservierungen mehr angenommen werden. Da hatten wir doch Glück bzw. rechtzeitig vorher reserviert.

Das Landgasthaus hat die beste Küche, die wir in all den Jahren in der Pfalz probiert haben. Es gibt klassische Pfälzer Gerichte, aber auch gute Steaks und Forellen. Die kommen aber wahrscheinlich nicht aus dem hauseigenen Mühlenteich. Ich esse dort immer Pfälzer Saumagen. Es ist der beste weit und breit. Nirgendwo anders habe ich ihn, ausgezeichnet mit dem Goldpokal des Saumagenwettbewerbs der Fleischer-Innung, saftiger und würziger gegessen.

Getrunken wurde der „Jubiläumswein 750 Jahre Burrweil“ vom letzten Jahr, ein Riesling-Wein vom Schieferboden, den 10 Burrweiler Winzer aus Anlass der 750-Jahre-Feier von handselektierten Trauben in Spontanvergärung ausgebaut haben. Wie der Saumagen eine gute Wahl. 



Die Straußenwirtschaft Zum Weinsticher des Weinguts Nichterlein hatte das erste Mal wieder geöffnet und war „rappelvoll“ und entsprechend laut war es im Winzerhof. Wir waren zum ersten Mal hier. Pfälzer Straußenwirtschaft-Küche. Meine Leberknödel mit Sauerkraut waren richtig gut. 

*

Unsere Wanderungen 


Natürlich sitzen wir nicht nur im schönen Winzerhof unseres Quartiers. Meistens sind Wanderungen angesagt. In manchen Jahren sind wir auch in die Orte der Umgebung gefahren: Neustadt, Landau, Speyer, Bad Dürkheim und in das Schuhdorf Hauenstein. Einmal stand eine Draisinen-Fahrt auf dem Programm. Das war bei sehr großer Hitze sehr anstrengend. Im Nachhinein ist die Erinnerung ganz schön, aber noch einmal machen wir das nicht. 
Dieses Jahr sind wir an beiden  Tagen gewandert.                                                                                          
*
Rietburg-Wanderung
Vom Weingut Krieger gehen wir über die Theresienstraße bis zum Kastanienberg, schon außerhalb des Ortes. Hier biegen wir ab und gehen zur Talstation der Rietburgbahn hinauf, vorbei an der Villa Ludwigshöhe. Seilbahnfahrt bis zur Bergstation neben der Ruine der Rietburg. Den Sessellift gibt es schon seit 1954. Von der Rietburg ist außer ein paar Grundmauern nicht mehr viel erhalten. Im Hof der ehemaligen Burg ist jetzt die Höhengaststätte Rietburg mit weitem Blick in das Land. Man soll bei guter Sicht sogar den Nordschwarzwald erkennen. Die Gaststätte ist ein guter Platz für eine Pause vor dem Rückweg. Schließlich sind wir schon ein Stück von Rhodt hier hinaufgegangen. Obwohl, der Rückweg ist die weitere Strecke. 

9 Kilometer (ohne Seilbahnstrecke) Wanderung
180 Höhenmeter (ohne Seilbahnstrecke)

Blick die Theresienstraße hinauf zur Rietburg

Blumengeschäft an der Theresienstraße

Feigenbaum an der Theresienstraße
Wie den Wein soll es auch schon in der Römerzeit 
Feigen in der Pfalz gegeben haben.

Rhodter Piff, ein 1-Liter Weinglas
Erfinder dieses Rhodter Weinmaßes war 1903 Ferdinand Seitz, 
damals der Wirt des Gasthauses "Zum Adler". 
Seine Nachfahren bewirtschaften jetzt das Weingut Seitz-Schreiner.
Der Gedenkstein steht an der Theresienstraße neben dem Alten Kastanienhof.

 
Am Dorfausgang an der Theresienstraße:
Eine Plakette mit dem Bild der Namensgeberin der Theresienstraße,
Therese von Sachsen-Hildburghausen, Frau Ludwigs I. von Bayern,
angebracht 1880 "zur Erinnerung an das siebenhundertjährige Jubiläum des Hauses Wittelsbach".
Die Verehrung für die Frau Ludwigs muss anhaltend gewesen sein, sie starb 1854.

Die Rietburg und die Villa Ludwigshöhe.

Das 1852 fertiggestellte klassizistische Schloss "Villa Ludwigshöhe"  gab Ludwig I. in Auftrag. Damals gehörte die Pfalz zu Bayern. 

            Zur Geschichte Bayerns und der Pfalz siehe den 
            Bericht Radreise Berlin-Verona, Geschichte Bayerns
            Link zum Bericht

Zur Schlossanlage gehörten ursprünglich auch ein Marstall, der nicht mehr erhalten ist, und ein Kavaliersbau für den Hofstaat. In dem Kavaliershaus ist heute das Weingut "Vinification Ludwigshöhe".
Ludwig I., "König von Bayern, Herzog von Ranken, Herzog in Schwaben und Pfalzgraf bei Rhein", änderte nach seiner Thronbesteigung die Schreibweise des Namens Baiern (mit i) in Bayern (mit dem griechischen y, Ludwig schwärmte vom Griechentum).
Als die Villa Ludwigshöhe 1852 fertiggestellt war, Baubeginn war schon 1846, war Ludwig allerdings nicht mehr bayrischer König. Er musste nach den Revolutionsunruhen 1848 zu Gunsten seines Sohnes Maximilian II. abdanken.
Der Enkel Ludwigs, Ludwig II., baute die bayrischen Schlösser Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof, wurde entmündigt und hat sich im Starnberger See umgebracht.


Schlehen am Wegesrand

Hagebutten

Bienenkörbe unter Kastanienbäumen

Villa Ludwigshöhe

Kastanien, richtig: Edelkastanien oder Maronen.
In der Pfalz heißen sie "Keschde".
Wir befinden uns auf dem "Pfälzer Keschdeweg" am Kastanienberg.

Mit dem Sessellift zur Rietburg

Blick zurück auf Edenkoben.

Wir gehen nicht den steilen Serpentinenweg entlang der Seilbahntrasse zurück, sondern in einer langen Schleife an der Seite des Berges hinunter. Ein weiterer Weg, aber dafür weniger steil und es ist ein breiter, gut zu gehender Forstweg. Gelegentlich können wir in das Tal mit einem Flusslauf sehen. Das müsste der Tiefenbach sein, an dem sich der Hirschweiher-Teich und die Edenkobener Hütte des Pfälzerwald-Vereins befinden. Hier sind wir schon bei einem unserer früheren Pfalz-Treffen gewandert. 


Wir gehen am Wildgehege vorbei

Ein gut zu gehender, nur leicht abschüssiger Forstweg.

Heidekraut (Erika) am Weg

Es gab auch Heidelbeerbüsche. 
Die blauen Beeren waren aber viel kleiner, als sie auf dem Foto aussehen.

Königskerze am Weg

Der Forstweg endet in der Nähe der Talstation der Rietburgbahn. Ab hier gehen wir den gleichen Weg wie beim Aufstieg. Den haben wir bewusst genommen (sonst sehen wir immer zu, nicht den gleichen Weg zu gehen). An der Theresienstraße stehen oberhalb des Ortes zahlreiche Brombeerbüsche und Mirabellenbäume mit reifen Früchten am Weg. Und auch die Rotweintrauben waren schon so weit, dass „Öchsleproben“ möglich waren (man kann es auch naschen nennen). Das Vergnügen wollten wir zweimal genießen. 

Reife Mirabellen

An anderen Sträuchern waren die Brombeeren schon reif

Die ersten Trauben waren schon reif.
Die Ernte beginnt etwa ab Mitte September.

Die Pfirsiche brauchen noch etwas Zeit

Haus an der Theresienstraße

Eibisch / Hibiskus

Mammutbaum an der Theresienstraße

Ursprünglich wachsen die Mammutbäume in Nordamerika. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts gibt es sie auch in Mitteleuropa. Der älteste Mammutbaum in Deutschland wurde 1842 in Wernigerode am Harz gepflanzt, im Christianental des Tiergarten der Grafen zu Stollberg. Der Mammutbaum in Rhodt unter Rietburg ist in der Liste der dicksten Mammutbäume in Deutschland nicht verzeichnet. Dort werden für Rheinland-Pfalz nur zwei Bäume in Gleisweiler (zu Edenkoben gehörend) und in Landstuhl (Landkreis Kaiserslautern) aufgeführt.

Das Café Ludwig lädt ein

Zurück am Weingut Krieger an der Edesheimer Straße

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Zur Burrweiler Mühle
Von Roth sind es etwa 4 Kilometer zur Burrweiler Mühle, egal ob man über Weyher oder Hainfeld geht. Ich habe den Weg über Hainfeld genommen. In den anderen Jahren sind wir (fast) alle mindestens den Hinweg zur Burrweiler Mühle gegangen. In diesem Jahr war, wohl wegen der Wanderung zur Rietburg am gleichen Tag, fahren angesagt. Aber einer musste zumindest den Hinweg zu Fuß gehen. 

Zur Burrweiler Mühle über Hainfeld

Blick über ein "Reben-Meer" nach Hainfeld

Von Rhodt gehe ich die Weinstraße (eine der vielen in der Pfalz) hinaus nach Hainfeld, vorbei an den Rebstock-Reihen mehrerer Winzer. Vielfach gehören nur wenige Reihen zu einem Weinbauern. Wahrscheinlich hat die Erbteilung über die Jahre so kleine Parzellen herausgebildet.

Oft werden Rosenbüsche vor die Rebstock-Reihen gepflanzt.

Früher pflanzten die Winzer Rosen als Indikatorpflanzen an ihre Rebzeilen. Rosen sind im Vergleich zu Reben noch viel anfälliger für die Pilzkrankheit. Zeigten sich an den empfindlichen Rosen die ersten Symptome des Rosen-Mehltaus, war es an der Zeit, die etwas robusteren Rebstöcke gegen den aggressiven Reben-Mehltau zu schützen.


Auch am Rand der Rebstöcke: Gewöhnlicher Natternkopf

Das kann das Gewöhnliche Ferkelkraut sein,
das in Weinbergen vorkommt.

Wilde Malve
Ursprünglich kommt die Wilde Malve aus Asien und Südeuropa.
Inzwischen ist sie auch in Mitteleuropa heimisch.




Maximilian-Joseph-Kapelle an der Weinstraße nach Hainfeld


Errichtet wurde die Kapelle 1824 aus Anlass des 25-jährigen Regierungsjubiläums König Maximilian I. Joseph von Bayern,
damals noch Hainfelt (mit "t").
Davor stand an der Stelle eine 1684/85 von einem Andreas Hagenbucher errichtete Kapelle, die in den französischen Revolutionskriegen zerstört wurde. Die französischen Revolutionskriege waren 1792 bis 1802 Kriege Preußens und Österreichs gegen das revolutionäre Frankreich. 1794 und 1795 waren Kämpfe in und um Edenkoben. Die 1824 errichtete Kapelle wurde 1959 von der Gemeinde Hainfeld erneuert.

Von 1806 bis zu seinem Tod 1825 war Maximilian I. Joseph König von Bayern, nachdem Napoleon das Herzogtum Bayern zum Königreich gemacht hatte. Bis 1806 war er Kurfürst von Bayern. Zum Kurfürstentum Bayern (1623 war das Herzogtum Bayern zu einem Kurfürstentum im Deutschen Reich erhoben worden, d. h. die bayrischen Fürsten durften den deutschen König mit wählen) gehörte seit 1778 auch die Kurpfalz
Die bayrische Linie der Wittelsbacher starb aus und die Kurfürsten der Pfalz erbten das Kurfürstentum Bayern. Das Kurfürstentum der Pfalz, Kur-Pfalz, bestand aus einem Flickenteppich verschiedener Ämter, zu denen auch Rhodt unter Rietburg und Hainfeld gehörten. Nachfolger von Maximilian I. Joseph von Bayern war Ludwig I., der das Schloss Ludwigshöhe bauen ließ.


Dorfkirche von Hainfeld, erbaut 1508/1509 mit den Steinen der Hainfelder Wasserburg. In der 1718/1719 umgestalteten Kirche ist noch der Taufstein von 1511 erhalten. Der Kirchturm ist von 1886.

Die Sandsteinbank am historischen Röhrenbrunnen 
ist der Pfälzer Weinkönigin von 2002/2003 gewidmet, die aus Hainfeld kam.
Der Brunnen wurde 1561 zur Erinnerung an das Taufrecht, das die Hainfelder Pfarrkirche 1511 erhielt, aufgestellt.

Um 1200 gab es eine Wasserburg in Hainfeld im Besitz der Herren von Hainfeld, eine staufische Ministerialenfamilie, die Ende des 15. Jahrhunderts ausstarb. Die Steine der Burg wurden danach für den Neubau der Hainfelder Kirche verwandt.  Auf dem Gelände gab es dann eine Ölmühle, eine Geräteschmiede und ab 1835 eine Getreidemühle, angetrieben von dem  Wasser des Modenbachs. Um 1910 wurde die Mühle wie fast alle am Modenbach stillgelegt. 

Von Heinfeld führt der Weg im Modenbach-Tal vorbei an der Mittelmühle direkt zur Burrweiler Mühle. 

Die Mittelmühle am Modenbach des Klosters Weißenburg 
aus Ende des 14. Jahrhunderts. 1910 wurde sie wie die anderen Mühlen stillgelegt.

Das Kloster Weißenburg im Elsass wurde im 7. Jahrhundert gegründet. In früherer Zeit war es das Kloster des Bischofs von Speyer. Diese Verbindung führte wohl zu den Stiftungen in der Pfalz neben denen im Elsass. In der fränkischen Zeit war es das reichste und kulturell bedeutendste Kloster des Reiches.

Jetzt ist auf dem Gelände der Mühle am Modenbach ein Skulpturenpark
der Bildhauerin Gudrun Rienhardt

Blick vom Modenbach auf Weyher und die Rietburg

Neben der Burrweiler Mühle gibt es auch Terrassen-Weinbau,
eine Seltenheit in der Pfalz

Die Burrweiler Mühle am Modenbach

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Nach Sankt Martin
Der Nachbarort Sankt Martin ist fast jedes Jahr unser Wanderziel. Genaugenommen ist es der übernächste Ort. Zwischen den Gebieten von Rhodt und St. Martin liegt noch die Gemarkung von Edenkoben. Durch den Ort selber gehen wir nicht, der liegt weiter westlich.

In den vergangenen Jahren sind wir nach St. Martin einen Weg entlang des Pfälzer Waldes gegangen. In diesem Jahr haben wir uns einen Weg mitten durch die Weinberge ausgesucht. Der hatte deutlich weniger Steigungen als der Weg am Pfälzer Wald, der den Wellen der Bergausläufer und deren Tälern folgt. 

Von Rhodt nach Sankt Martin

St. Martin ist ein hübscher Ort, kompakter um die Kirche herum gebaut als Rhodt mit seiner langen Theresienstraße, mit vielen Weinstuben und Winzerhöfen (gefühlt mehr als Rhodt). 

Auf dem Weg nach Sankt Martin vor dem Tiefenbachtal.
Aus dem Tal heraus ist der einzige Anstieg dieser Wanderstrecke.
Im Hintergrund ist das Hambacher Schloss zu sehen.

Das Hambacher Schloss ist durch das Hambacher Fest bekannt. 1832 versammelten sich etwa 25.000 Menschen. Es war eine frühe Demonstration der deutschen Demokratiebestrebungen. Anlass war die Unzufriedenheit der Pfälzer über Repressionen der bayrischen Verwaltung. Eine politische Kundgebung dagegen wurde verboten. Die Veranstalter gaben die Demonstration darum als „Volksfest“ aus. Seitdem gilt das Hambacher Schloss als Beginn der Demokratiebewegung in Deutschland.

Zur Zeit des Hambacher Festes war das Schloss eine Ruine. Im 11. Jahrhundert stand hier eine Burg, die die Handelswege bei Neustadt beherrschte. Später kam die Burg zum Hochstift Speyer. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg, Frankreich gegen das Deutsche Reich, in dem es um Gebietsansprüche Ludwig XIV. ging, wurde die Burganlage 1688 zerstört. 1844 begann das Königreich Bayern mit dem Wiederaufbau, der wurde aber wegen der Revolution 1848/49 nicht vollendet. In den 1960er Jahren wurde mit der Fertigstellung begonnen, die 1982, dem 150. Jahrestag des Hambacher Festes, abgeschlossen wurde. 


Historische Weinpresse

Rotweintrauben
und ein
Apfelbaum inmitten der Reben-Landschaft

Die zwei Kirchtürme von Edenkoben

Auch hier am Weg: reife Mirabellen

Blick hinauf zur Kropsburg am  Pfälzer Wald

Die Kropsburg ist um 1200 gebaut worden. Sie gehört zu einem ganzen Kranz von Burgen am Rand des Pfälzer Waldes: Reichsburg Trifels, Kästenburg (Hambacher Schloss), Rietburg. Zur Herrschaft der Kropsburg gehörten Sankt Martin, Maikammer und Winnweiler. Zeitweise war sie im Besitz des Hochstifts Speyer. Im Pfälzischen Erbfolgekrieg wurde sie zerstört. Ende des 18. Jahrhunderts wurde an der Stelle der Burg ein Herrenhaus errichtet, in dem später ein Restaurant eröffnet wurde.

Blick hinauf zum Rand des Pfälzer Waldes mit dem Hotel Arens 327.
Die 327 steht für die Höhe 327 Meter über NN.
In dem Hotel - es hieß damals sicher anders - waren wir vor wohl über 30 Jahren, damals bei einem Treffen der Altstipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung. Wie waren schon damals von Sankt Martin und der Pfalz begeistert.

Steinsäule - Teil des Wein- und Stein-Lehrpfads
St. Martin liegt an der Abbruchkante des Pfälzerwaldes zum Oberrheingraben, der vor etwa 50 Millionen Jahren aufriss. 

In einem Drahtkorb sind die in der Umgebung von St. Martin vorkommenden Gesteinsarten nach geologischem Alter sortiert ausgestellt. 
Kalkstein entstand in einem Flachmeer vor 20 bis 25 Millionen Jahren.
Buntsandstein ist etwa 250 Millionen Jahre alt.
Gneis ist durch hohen Druck und Temperaturen verändertes Gestein, vor 550 Millionen Jahren entstanden.

Auch etwas älter: Ein Mammutbaum auf dem Hof eines Weinguts.
Einen Mammutbaum gibt es auch in Rhodt an der Theresienstraße.


Heiligenfiguren an den Häusern in Sankt Martin


Der Name des Ortes geht wohl auf die Ortskirche Sankt Martin zurück. Der ursprüngliche Name soll Martenheim gewesen sein. 
Eine erste Kirche aus Holz wurde um das Jahr 700 dem Heiligen Martinus geweiht. Eine Steinkirche folgte um 1200. Der Kirchturm wurde erst 300 Jahre später hinzugefügt.  Patronatsherr war Konrad von Kropsberg. (oder: von Kropsburg?).
Später oblag die Instandhaltung der Kirche den Empfängern des Weinzehnten (Abgabe der Weinbauern in Naturalien an die Landeigentümer). Das waren ein Erhart von Ramberg, der Kämmerer von Worms (ein von Dalberg) und die Domherren zu Speyer. 

Origineller Türöffner


Erker am Alten Schlösschen in der Maikammer Straße

Spiegelbild

Natürlich kehren wir vor dem Rückweg in einer Weinstube ein. In der Straußenwirtschaft Aloishof in der Mühlenstraße sitzt und trinkt man gut und es gibt auch Pfälzer Kleinigkeiten. In dem schönen Innenhof geht es etwas ruhiger zu als in der Straußenwirtschaft in Rhodt.

Zurück sind wir wieder einen einfacheren Weg durch die Weinberge gegangen und zum Abschluss waren wir dann noch im Café Ludwig. Kaffee und Kuchen sind dort sehr gut und es gibt natürlich auch Eis. Das andere Kaffee, in dem wir am Vortag waren, ist das Café Eyer, auch gut, mit Tischen im Freien.



Noch einmal die zwei Kirchen in Edenkoben


Von Sankt Martin zurück nach Rhodt

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Die Abende verbringen wir immer im Innenhof des Weinguts Heinrich Krieger, unserer Pension in Rhodt. Der ist gemütlich, wir sind ungestört, ein richtig schöner Abend-Platz. Es sind drei schöne Tage, die wir in Rhodt gemeinsam verbringen. Inzwischen ist unser Treffen eine Tradition, die wir auch im nächsten Jahr fortsetzen werden.