Die Schlösser der Loire

Tours und die
Schlösser Villandry und Azay-le-Rideau

Juni 2025 

Eine Fahrt mit Studiosus zu den Schlössern im Tal der Loire und weiter nach Norden in die Ile-de-France vom 20. bis 29. Juni 2025.

Von unserer Reise, den Schlössern, Kathedralen, Städten und Landschaften berichte ich in Tagesabschnitten entsprechen dem Reiseverlauf: 

(1) Metz – Nancy – Sancerre
(2) Chambord – Cheverny – Blois
(3) Amboise – Chenonceau
(4) Tours – Villandry – Azay-le-Rideau
(5) Chartres – Rambouillet – Versailles
(6) Fontainebleau – Troyes
  
 

Hier der vierte Bericht: 

Tours – Villandry – Azay-le-Ridau 

6. Tag Mittwoch 25. Juni


Fahrt von Blois nach Tours, Villandry und Azay-le-Rideau, zurück nach Blois.
Übernachtung Blois Hotel Mercure

Der Tagesausflug heute führt uns zunächst nach Tours, die Hauptstadt des Departements und der historischen Provinz Touraine. Seinen Namen hat Touraine von dem gallischen (keltischen) Stamm der Turonen, die hier vor den Römern siedelten. Bekannt ist die Touraine für ihren Wein, den wir bei einem Picknick probieren.

Der Weinbau in der Touraine reicht bis in das 4. Jahrhundert zurück. Das ist nicht verwunderlich. Die Römer haben die Weinreben zwar nicht nach Frankreich gebracht (das waren Griechen aus der Stadt Phokaia), den Weinanbau aber ausgeweitet, nachdem sie zunächst italienische Weine in Amphoren über die Rhone ins Land brachten.

Wir sehen uns in Tours die Fachwerkhäuser aus dem 15. Jahrhundert rund um den Place Plumerau an und natürlich die beiden großen Kirchen, die Kathedrale Saint-Gatin und die Basilka Saint-Martin. In der Markthalle holen wir uns Appetit für das angekündigt Picknick vor der Weiterfahrt nach Villandry.


Tours


39.000 Einwohner
Region Centre-Val de Loire
Department Indre-et-Loire 

Hauptstadt/Präfektur des Departments. An der Mündung des Cher in die Loire gelegen. Beide Flüsse fließen vor der Mündung parallel durch die Stadt. 

Kelten waren die ersten Bewohner. Dann kamen die Römer. Tours wurde (im Jahr 374) die Hauptstadt einer der drei römischen Provinzen in Gallien. Reste eines der größten Amphitheater des Römischen Reiches wurden hinter der heutigen Kathedrale gefunden.  100 Jahre später kamen Westgoten und ab 508 gehörte Tours zum Fränkischen Reich. Im 8. Jahrhundert versuchten die Mauren, die Stadt zu erobern, wurden aber von Karl Martell (der Großvater Karls des Großen) zurückgeschlagen. Mitte des 9. Jahrhunderts und noch einmal 50 Jahre später verwüsteten die Wikinger die Gegend. Danach kam die Grafschaft Tours zu den Grafen von Blois, wurde dann Teil des Angevinischen Reiches (Westfrankreich und England) und kam schließlich nach dem französisch-englischen Krieg (Mitte des 13. Jahrhunderts) zum Königreich Frankreich. 

In der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts, also in römischer Zeit, wird der Heilige Gatianus erster Bischof von Tours.


Das Christentum wurde im Römischen Reich teils geduldet, teils verfolgt. Erst unter den Doppelkaisern Konstantin (Westreich) und Licinius (Ostreich) wurde 313 mit der Vereinbarung von Mailand (Konstantinische Wende) die freie Religionswahl erlaubt. Im Jahr 380 wurde das Christentum Staatsreligion des Römischen Reiches. 

Im Jahr 372 wird der Heilige Martin als dritter Bischof von Tours gewählt. In jungen Jahren war er Soldat der römischen Kaisergarde. Als er einem frierenden Bettler begegnete, teilte der seinen Soldatenmantel mit dem Schwert und gab ihm eine Hälfte. So die Erzählung. Am 11. November wird in den christlichen Kirchen an den Heiligen Sankt Martin erinnert. Es soll der Tag seiner Grablegung im Jahr 397 gewesen sein. 

 

Heiliger Sankt Martin


Traditionell ziehen Kinder am St. Martins Tag singend von Haus zu Haus und bitten um kleine Gaben, Obst, Gebäck oder Süßigkeiten. Der Ursprung dieser Tradition soll aus dem Mittelalter stammen. Am 11. November endete das bäuerliche Wirtschaftsjahr und die Landarbeiter wurden während der Wintermonate entlassen und mussten in dieser Zeit ohne festen Lohn auskommen. Um Lebensmittel für den Wintervorrat zu erbitten, zogen die Kinder am Abend mit ihren Laternen aus Zuckerrüben von Haus zu Haus und sangen Lieder über den Heiligen Martin von Tours.

 

Eine andere Tradition ist das Martinsgans-Essen am 11. November. Auch sie hat mit dem Ende des bäuerlichen Wirtschaftsjahrs zu tun. Abgaben, Zinsen und Steuern wurden bezahlt, oft auch in Naturalien und oftmals mit Gänsen. Damit sie nicht durch den Winter gefüttert werden mussten, wurden sie geschlachtet und am Martinstag gab es Gänsebraten. Wohl auch, weil am 15. November die strenge Fastenzeit vor Weihnachten begann.

 

In evangelischen Kirchengemeinden wird der 10. November als Martinitag gefeiert, der Geburtstag von Martin Luther. Er wurde einen Tag später getauft, am Namenstag von Sankt Martin. 

Im Jahr 1920 wurde in Tours die Kommunistische Partei Frankreichs gegründet. 

Im 2. Weltkrieg wurde die Stadt wegen des strategisch wichtigen Loire-Übergangs stark zerstört. 


Der historische Place Plumerau

Fachwerkhäuser und mittelalterliche Straßen im Stadtteil Saint-Martin. Der Platz ist 1888 nach dem Stadtrat Charles Plumerau benannt worden, weil er sein Erbe der Stadt zur Förderung der säkularen Schulen vermacht hatte. Im 2. Weltkrieg schwer beschädigt, wurden die Fachwerkhäuser aus dem 13. bis 16. Jahrhundert in den 1960er Jahren nach dem Malraux-Gesetz saniert. 


Das Malraux-Gesetz von 1962 regelte in Frankreich die Stadterneuerung und den Erhalt historisch bedeutsamen Erbes in Schutzzonen. André Malraux war ein französischer Schriftsteller und Politiker Während der Präsidentschaft Charles de Gaul war er von 1959 bis 1959 Staatsminister für kulturelle Angelegenheiten. 

Fachwerkhäuser am Place Plumerau


Treppenhäuser wurden oft einfach vor die Fassade gesetzt.

Kathedrale Saint-Gatien

Der Heilige Gatianus verbreitete im 3. Jahrhundert als erster Bischof von Tours das Christentum.  100 Jahre später wurde die erste Kirche gebaut. Um 1220/1230 wurde mit dem Bau der heutigen Kathedrale begonnen, die dem Heiligen Gatianus geweiht wurde. Sankt Martin, der dritte Bischof von Tours, ließ die Gebeine Bischofs Gatianus in die Kathedrale überführen. 

Saint-Gatien

Saint-Gatien

Die Bleiglasfenster stammen aus dem 13. Jahrhundert, die Fensterrosen aus dem 14. bzw. 15. Jahrhundert. 

Die beiden Fensterrosen


Glasbilder im Krichenschiff

In einem Marmorhochgrab sind sechs früh gestorbene Kinder Annes de Bretagne und Königs Karl VIII. begraben. König Karl VIII. starb mit 27 Jahren (er war mit dem Kopf gegen einen Balken gestoßen). 

Das Grab der Kinder Annes de Bretagne


Basilika Saint-Martins

Als der Bischof von Tours, der spätere Heilige Martin, im Jahr 397 in Candes an der Loire starb, gelang es den Mönchen von Tours, den Leichnam nach Tours zu holen. Über seinem Grab in Tours wurde die Basilika Saint-Martin errichtet, im Mittelalter einer der größten Kirchenbauten Westeuropas. Der einsetzende Pilgerstrom förderte die Entwicklung von Tours. Tours war lange Zeit eine wichtige Metropole der Christenheit. 

Die erste Basilika wurde im 9. Jahrhundert von einfallenden Normannen, wie alle anderen Kirchen der Stadt, niedergebrannt. Die Reliquie des Heiligen Martin war zuvor gesichert worden. Vom 10. bis zum 14. Jahrhundert wurde eine neue, größere Kirche gebaut. 1562 wurde die Kirche in dem ersten Hugenottenkrieg, ein Religionskrieg zwischen Protestanten und Katholiken, verwüstet und die Reliquien wurden verbrannt. Von dem Heiligen Sankt Martin konnte noch das Fragment eines Armes und des Kopfes gerettet werden. 

In der Französischen Revolution wurde die Kirche ein Pferdestall. Ende des 18. Jahrhunderts stürzte ein Teil der Gewölbe ein und die Kirche musste abgerissen werden. Nur zwei Türme blieben erhalten. Um einen Wiederaufbau der Kirche zu verhindern, wurde eine Straße durch das Gelände gebaut. 

Zweit Türme der Basilika sind erhalten. 
Durch das ehemalige Kirchenschiff wurde eine Straße gebaut.

Der Karlsturm, einer der beiden Kirchentürme.

1887 wurde mit dem Bau einer neuen Basilika auf einer Teilfläche des ehemaligen Kirchengebäudes begonnen, die 1925 geweiht wurde.  In der Krypta befindet sich das Grab des Heiligen Martin. 

Die neue Basilika

Chateau de Tours

Der Ursprung ist eine königliche Burg aus dem 10. bis 13. Jahrhundert. Erhalten ist nur der 30 Meter hohe Wehrturm. Nachdem das Schloss im 15. Jahrhundert verlassen wurde, diente es als Steinbruch. Der Gouverneurs-Sitz neben dem Turm wurde im 15. Jahrhundert errichtet. 

Wehrturm der königlichen Burg

Rillets de Tours

Eine Spezialität sind Rilletts de Tours, ein Brotaufstrich aus Schweinefleisch. Rilletts entstand im 15. Jahrhundert, um Schweinfleisch länger haltbar zu machen. Das Schweinefleisch wird im eigenen Fett unter Zugabe von Gewürzen und etwas lokalem Wein langsam gekocht, bis es weich und faserig ist. Dann wird es zerkleinert und in einem Behälter mit Fett aufbewahrt.

Rillettes kann man auch aus anderem Fleisch machen, z.B. aus Ente. Wir machen auf Teneriffa jedes Jahr nach unserem traditionellen Entenessen zu Weihnachten aus den Fleischresten en leckeres Enten-Rillettes. 

Cointreau

Aus der Nähe von Tours, Angers, kommt ein bekannter Likör, Cointreau. Seit vier Jahrhunderten übt hier die Familie Cointreau ihr traditionelles Handwerk aus. Gegründet wurde die erste Destillerie des Unternehmens 1849 unter dem Namen „Cointreau Frères". 1875 übernahm Edouard Cointreau Junior das damals noch kleine Unternehmen und erfand den heute so berühmten Likör und die markante eckige Flasche aus braunem Glas. Zur Weltausstellung 1878 konnte er seinen Likör erfolgreich in Paris präsentieren und wurde sogar mit einen Ersten Preis ausgezeichnet. 1885 ließ er aufgrund des zunehmenden Erfolgs den Namen Cointreau als Markennamen schützen.

 

Am Ende des Rundgangs stand die Markthalle von Tours auf dem Programm. Eine große Auswahl an allen möglichen Käsesorten lag hinter den Glasscheiben der Käsestände und es gab alles was es sonst auf Märkten gibt. Eine kleine Auswahl nahm unser Reiseleiter für das Picknick in der Nähe des Cher mit. 

Weiterfahrt nach Villandry. Der Ort und das Schloss liegen ein Stück hinter Tours, den Cher flussabwärts, kurz vor seiner Mündung in die Loire.

 

Schloss Villandry


Baujahr 1532 - 1563
Bauherr Jean le Breton, Finanzsekretär und Verwalter der Grafschaft Blois unter König Franz I.. 

Chàteau de Villandry wurde in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts von dem Finanzminister von König Franz I., Jean Le Breton, auf den Grundmauern der Festung Colombie aus dem 12. Jahrhundert in der Nähe der Mündung der Cher in die Loire gebaut. Er ließ die mittelalterliche Festung abreißen. Nur der Bergfried blieb stehen und wurde in den Schlossbau einbezogen. 

Das Schloss mit einem großen Garten ist eines der letzten im Renaissancestil errichteten Schlösser an der Loire. Mehrfach wechselte es den Besitzer. Einer von ihnen war ein Bruder Napoleons, Jerome Bonaparte. 

Das Schloss 

Der Innenhof

Gartenseite des Schlosses

Der Platz vor dem Schloss mit dem Wirtschaftsgebäude

Im Jahr 1906 kaufte Joachim Carvallo das heruntergekommene Schloss, sanierte es und ließ den Garten im Stil des 16. Jahrhunderts neu anlegen 


Joachim Carvallo (1869 – 1936) war ein spanischer Arzt und Medizinforscher. Er heiratete die Amerikanerin Ann Coleman, mit deren Erbe beide das Schloss kaufen und sanieren konnten. Carvallo gab die Medizinforschung auf und widmete sich der Wiederherstellung von Schloss und Garten. Die zuvor in Paris zusammengetragene Sammlung spanischer Gemälde nahmen sie in das Schloss mit. 

Heute kümmert sich der Enkel des Ehepaars Carvallo um das Schloss, das seit 1920 für die Öffentlichkeit geöffnet ist. 

Das Schloss und die Gartenanlage
(Googlemaps)

Die Gartenanlage im Stil der Renaissance ist bedeutend. Nach alten Stichen und Plänen wurden die Gärten auf drei Ebenen rekonstruiert, Sonnengarten, darunter eine Terrassenanlage mit dem Belvedere, Ziergärten und Küchengarten, etwas tiefergelegen ein Wassergarten.





Nur gut 10 Kilometer Busfahrt ist es von Villandry zum nächsten Schloss, Azay-le-Rideau.


Schloss Azay-le-Rideau


Baujahr 1518 – 1527
Bauherr Gilles Berthelot, Rechnungsprüfer und Präsident der Rechnungskammer Königs Ludwig XII., Bürgermeister von Tours 

Das Wasserschloss steht auf einer Insel in der Indre. 


Hier wurde 1189 der Vertrag von Azey zwischen dem englischen König Heinrich II. (König von England, Herzog der Normandie und von Aquitanien, Graf von Anjou) und dem französischen König, mit dem sich Heinrichs Sohn, Richard Löwenherz, verbündet hatte, unterzeichnet.

Richard Löwenherz hatte von seinem Vater den Titel des Herzogs von Aquitanien (Südwest-Frankreich) erhalten, die Hälfte der Einnahmen aus den Ländereien und zwei Residenzen. Nach Streitigkeiten befürchtete er, enterbt zu werden und verbündete sich mit dem Französischen Königs Phillip II. gegen seinen Vater. Es kam zu kriegerischen Auseinandersetzungen. Heinrich II. unterlag und musste Richard Löwenherz als Alleinerben einsetzen. Zwei Tage später starb Heinrich II. 

Die Indre ist ein Nebenfluss der Loire. Im Mittelalter befand sich die Burg des Ritters Ridel d’Azay auf der Flussinsel. Sie diente dem Schutz bzw. der Kontrolle der Flussdurchfahrt. 

Anfang des 16. Jahrhunderts wurde ein Schloss an der Stelle der inzwischen abgetragenen Burg errichtet. Ein Jahrhundert zuvor  (1418) war die Burg von dem späteren französischen König Karl VII. niedergebrannt worden. Der Anlass soll eine Beleidigung durch die Soldaten der Burg-Garnison gewesen sein. Karl ließ die gesamte Mannschaft (350 Mann) hinrichten und die Burg schleifen.

Gilles Berthelot, Bürgermeister von Tours und Schatzmeister Königs Franz I. ließ das Schloss von 1518 bis 1523 bauen. Nach einem Unterschlagungsskandal beschlagnahmte der französische König das unvollendete Schloss. In den folgenden Jahrhunderten folgten mehrere Eigentümer.

Schloss Azay-le-Rideau

Blick auf die Indre

Treppenhaus mit Kastendecke

Der große Saal

Die Dachkonstruktion

Letzter Eigentümer war Charles de Biencourt (1747-1824). 1789 wurde er als Abgeordneter des Adels in die Versammlung der Generalstände gewählt. Er schloss sich als einer der ersten des Adelsstandes dem Dritten Stand der Generalversammlung an und stimmte für die Einberufung einer verfassunggebenden Nationalversammlung.

Die Generalstände waren in Frankreich die Versammlung der Vertreter des Klerus, des Adels und des Dritten Standes (Bürger, Handwerker, freie Bauern). Sie wurden erstmals 1302 und letztmals 1789 einberufen. Sie hatten zunächst nur eine beratende Funktion, konnten später die Genehmigung von Steuererhöhungen durch den König durchsetzen.

König Ludwig XVI. hatte die Generalstände 1789 erstmals seit 1614 einberufen um seine Finanznot durch eine Steuererhöhung zu beheben. Es sollten auch die letzten Generalstände werden. Die Versammlung der Generalstände entglitt seiner Kontrolle. Der Dritte Stand, dem sich Vertreter des Adels und des Klerus anschlossen, erklärte sich zu einer Nationalversammlung. Diese Nationalversammlung regierte das Land im Rahmen einer konstitutionellen Monarchie bis 1792. In dieser Zeit begann die Französische Revolution. 1789 war der Sturm auf die Bastille. Der König wurde gezwungen, von Versailles nach Paris umzuziehen. Die Nationalversammlung schaffte die Privilegien des Adels und des Klerus ab.

1906 verkauften die Erben das leergeräumte Schloss an den französischen Staat. Die heute im Schloss befindlichen Möbel und Sammlungen stammen u.a. aus dem Louvre und sollen einen Eindruck der Möblierung im 16. und 17. Jahrhundert verschaffen. 

Biencourt ließ 1810 die Wiesen neben dem Schloss trockenlegen und einen englischen Landschaftspark angelegen.

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Die Schlösser der Loire
Amboise und Chenonceau

Juni 2025 

Eine Fahrt mit Studiosus zu den Schlössern im Tal der Loire und weiter nach Norden in die Ile-de-France vom 20. bis 29. Juni 2025.

Von unserer Reise, den Schlössern, Kathedralen, Städten und Landschaften berichte ich in Tagesabschnitten entsprechen dem Reiseverlauf:


(1) Metz – Nancy – Sancerre
(2) Chambord – Cheverny – Blois
(3) Amboise – Chenonceau
(4) Tours – Villandry – Azay-le-Rideau
(5) Chartres – Rambouillet – Versailles
(6) Fontainebleau – Troyes  

Hier der dritte Bericht: 

 Amboise und Chenoncceau 


5. Tag Dienstag, 24. Juni
Amboise – Chenonceau
Übernachtung in Blois im Hotel Mercure 

Von Blois nach Amboise und Chenonceau und zurück nach Blois. 

Ein Tagesausflug von Blois zu den Schlössern Amboise und Chenonceau. Zunächst im Loire-Tal hinunter bis Amboise. Das Schloss thront auf einem Felsen 40 Meter über der Loire. Besichtigung. Weiterfahrt zum Schloss Chenanceau. Das Schloss liegt im Tal der Cher, ein Nebenfluss der Loire, der weiter westlich bei Tours in die Loire mündet. Zur Abwechselung machen wir vor der Besichtigung von Chenanceau eine Bootsfahrt auf dem Cher und können vom Fluss aus das über den Fluss gebaute Chateau bestaunen.

 

Schloss Amboise

Baujahr 1483 bis 1468
Bauherr König Ludwig XI.
Erweiterung 1492 durch König Karl VIII. (1470 – 1498, auf Schloss Ambois geboren und gestorben) 

Auf dem Weg durch Aboise zum Schloss


Das Schloss ist auf einem Felsplateau über der Stadt Amboise gelegen.
Hier der Teil mit der Hubertuskapelle zu sehen.

Bick hinunter auf die Stadt

Blick hinunter auf die Loire

Zuerst war hier ein gallisches Oppidum (eine befestigte Siedlung aus gallischer Zeit), dann ein römisches Castellum (ein befestigtes Militärlager). Im 1. Jahrtausend entstand eine erste Burg. Mitte des 15. Jahrhunderts begannen die Um- und Erweiterungsbauten zu einem Schloss. Mit 247 Zimmern war es eine der größeren Schlossanlagen.
Im 15. und 16. Jahrhundert war das Schloss mehrfach die Residenz französischer Könige. Es wurde die Hauptresidenz Königs Karl VIII.. Er wurde 1470 hier geboren und starb hier 1498 (nachdem er mit dem Kopf gegen die Tür einer Galerie des Schlosses gestoßen war). Danach wohnte Caterina de‘ Medici, durch Heirat mit Heinrich II. ab 1547 Königin von Frankreich, zeitweise in dem Schloss.

Die Medici herrschten in Florenz von 1434 bis 1737 mit nur kurzen Unterbrechungen. Die Ehe war auf betreiben Franz I., dem Vater von Heinrich II., und Papst Leo X., Großonkel von Katharina und ihr Vormund, zustande gekommen.  

Nach 1563 wurde das Schloss nur noch militärisch und als Gefängnis genutzt. In napoleonischer Zeit wurden Teile der Schlossanlage abgerissen.

Die Schlossanlage im 16. Jahrhundert
Nur wenig ( die schwarz markierten Gebäudeteile) ist erhalten geblieben
(beide Bilder stammen aus dem Internet)

Erhalten geblieben ist der zweiflügeliger Schlossbau mit der Schlosskapelle (Hubertuskapelle) und vier Rundtürme mit der Schlossmauer. Genutzt wird der erhaltene Gebäudeteil heute als Industriemuseum. 


Der zweiflügelige Schlossbau.
Der linke  Flügel wurde von Karl VIII. (Gotik) 
und der rechte Flügel von Franz I. (Renaissance) in Auftrag gegeben.


Der große Saal

Die Säulen sind mit den Emblemen der Königin und des Königs verziert.
Der weiße Hermelin ist das Symbol der Bretagne und von Anne de Bretagne.
Die Lilie ist das Symbol der französischen Könige, hier von Karl VIII..

Kamin im großen Saal


Einer der beiden Kavallerietürme (Heurtault-Turm).
Ende des 15. Jahrhunderts von Karl VIII. errichtet.
Die Türme waren mit Spiralrampen versehen, über die das auf dem Felsen gelegene Schloss zu Pferde erreicht werden konnte. 

In der Schlosskapelle St. Hubertus sollen die Gebeine von Leonardo da Vinci beigesetzt sein.  Er starb am 2. Mai 1519 im Alter von 67 Jahren auf Schloss Le Clos Lucé, unweit von Schloss Amboise.  Im Kreuzgang der Kirche Saint-Florentin in Amboise wurde er beigesetzt. Das Grab wurde in den Hugenottenkriegen (1562-1598) zerstört. Leonardos Überreste galten seitdem als verschollen. Bei späteren Grabungsarbeiten auf dem Gelände der Kirche wurden Gebeine entdeckt, die für die Überreste Leonardos gehalten wurden. Diese wurden in die Hubertuskapelle von Schloss Amboise umgebettet, wo sich heute das angenommene Grab Leonardos befindet.

Die Schlosskapelle auf dem Plateau

Die Schlosskapelle von der Stadt aus gesehen

Eingang

Kirchenraum

Grabplatte des Grabs von Leonardo da Vinci

Buntglasfenster über dem Grab von da Vinci

Das Schloss Le Clos Lucé befindet sich in Amboise, etwa 500 Meter entfernt vom Loire-Schloss Amboise.

Erbaut wurde das Schloss in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Danach kaufte es der französische König Karl VIII. für seine Frau Anne de Bretagne. Später wurde es von König Franz I. genutzt. 1516 überließ er das Schloss Leonardo da Vinci.

Heute ist es ein Leonardo da Vinci-Museum.

Erhalten sind der Landschaftsgarten und der Schlossgarten.


Ein orientalischer Garten erinnert an den algerischen Freiheitskämpfer Abd el-Kadir, der mit Frauen und Gefolge im Schloss gefangen gehalten wurde. In der Gefangenschaft gestorbene Angehörige seines Gefolges sind hier begraben. 

Der Orientalische Garten wird gerade renoviert und ist gesperrt.

Abd el-Kadir vereinigte die Berberstände in Westalgerien gegen die Franzosen, die 1830 Algier eroberten.    1847 geriet er in französische Gefangenschaft und wurde mit seinen Frauen und Dienern nach Amboise gebracht. Napoleon Bonaparte, damals französischer Staatspräsident bevor er sich zum Kaiser ausrief, ließ el-Kadir 1852 frei, der nach Damaskus ging. Dort rettete er 1860 im Bürgerkrieg im Libanongebirge tausende Christen vor einem Massaker durch die Drusen. 



Chrysanthemen auf der Schlossterrasse

Lavendel vor dem Schloss


***

Zwischen den beiden Schlössern Amboise und Chnonceau hat die Studiosus-Reiseleitung klugerweise eine Schiffstour auf dem Cher eingeplant. Bei den vielen Schlossbesichtigungen helfen ohnehin nur die Fotoaufnahmen, sich an die Unterschiede der Schlösser zu erinnern. 

Die Anlegestelle für die Bootsfahrt war ein Stück vor dem Schloss Chenonceau. Mit dem Ausflugsboot fuhren wir den Cher hinunter und schon sahen wir Schloss Chenonceau mit der über den Fluss gebauten zweistöckigen Galerie. Nur vom Fluss aus kann man die Eleganz des Galeriegebäudes erfassen. Unser Boot fuhr durch eine der Bogenbrücken hindurch und nach dem Wenden ein Stück hinter dem Schloss wieder durch die Bogenbrücke zurück zur Anlagestelle. Wir konnten also beide Flussseiten der Galeriefassade betrachten und natürlich auch fotografieren. 



Flussfahrt: 

Die Loire ist im Mittel- und Unterlauf ein wilder Fluss geblieben. Nur im Oberlauf ist eine Staustufe zum Hochwasserschutz gebaut worden. Die angebotene Loire-Flusskreuzschifffahrt muss sich auf das Kurze Stück zwischen Nantes und der Atlantikküste beschränken. 

Der Cher ist dagegen kanalisiert worden. Aber die 13 Staustufen und Schleusen sind nur im Sommer in Betrieb. Dann wird das Wasser gestaut, damit die Ausflugsboote fahren können. Im Winter sind die Schleusen geöffnet und der Wasserstand des Cher ist ziemlich niedrig. 

Der Cher ist an der Anlegestelle ziemlich breit

Reguliert wird der Wasserstand mit sogenannten Nadelwehren, erklärte uns der Bootsführer auf dem Cher. Die „Nadeln“ sind lange Kanthölzer, die dicht an dicht an einem Gestell aufgereiht sind und je nach Bedarf aus dem Gestell gezogen werden, so dass eine bestimmte Menge an Wasser abgelassen werden kann.

Nadelwehren gibt es nur noch selten, allerdings auch in Deutschland, zum Beispiel in der Havel bei Ratheow, nordwestlich von Potsdam.

 

Das Foto aus dem Internet zeigt das Nadelwehr in der Havel.  


Schloss Chenonceau

Baujahr 1513 bis 1517

Bauherr Thomas Bohier, Finanz- und Steuerminister der Könige Karl VIII., Ludwig XII. und Franz I. 

Das Schloss bei der Hinfahrt, von Osten aus gesehen.

Auf der Rückfahrt, von Westen aus gesehen:
Der Turm und das Schloss mit der Gallerie.

Ein Wasserschloss am Cher (Nebenfluss der Seine) mit der Galerie über den Fluss soll nach Versailles das meist besuchte Schloss in Frankreich sein, ein Schloss mit 426 Zimmer, 77 Treppen und 282 riesige Kamine. 


Chenonceau (ohen x) heißt das Chateau, Chenonceaux (mit x) der Ort, zu dem das Schloss gehört. 

Der Ursprung war eine Burg mit einer Wassermühle, die Thomas Bohier zusammen mit dem umliegenden Land um 1500 aufkaufte und darauf das Schloss bauen ließ. Das Hauptgebäude steht, von einem Wassergraben umgeben, auf den Pfeilern der abgerissenen Mühle auf der Nordseite des Flusses. Der Vorhof des Schlosses entspricht dem Grundriss der alten Burg, deren Turm im Renaissance-Stil umgebaut wurde. Später ließ Katharina von Medici die Galerie über den Cher bauen.

Der Burgturm mit dem Wassergraben

Schwalben haben ihre Nester am Turm

Die Tür des Turms mit dem Wappen von Catherine Brissonnet,
Frau von Thomas Bohier, ist noch erhalten.

Nach dem Tod Bohiers wurde dieser der Veruntreuung königlicher Gelder beschuldigt. Das Schloss ging in den Besitz König Franz I. über, der es als Jagdschloss nutze. 

König Heinrich II. schenkte das Schloss seiner Mätresse Diane de Piters (sie war 19 Jahre älter). Nach dem Tod Heinrich II. beanspruchte seien Witwe, Katharina de Medici, das Schloss und de Piters musste in ein anderes Schloss umziehen. Katharina von Medici vermachte das Schloss ihrer Schwiegertochter. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts bekam die Mätresse König Heinrichs IV. das Schloss. Bei so vielen Frauen im Schloss wundert es nicht, wenn es gelegentlich als „Chateau des Dames“, Schloss der Frauen, bezeichnet wird. 

Eine 300 Meter lange Platanen-Allee führt zum Schloss

Parkanlage vor dem Schloss

Rechts vor dem Schloss ist der Burgturm

Der Schlossgraben ist eine "Entenweide"

Ende des 17. Jahrhunderts wurde das Schloss verlassen und 1733 von dem Steuerpächter und Verwalter der Krongüter, Dauphin, gekauft. Seine Frau machte das Schloss zu einem kulturellen Treffpunkt. Voltaire und Montesquieu waren dort. Jean-Jacques Rousseau (Schriftsteller und Philosoph, 1712 – 1778) wohnte als Erzieher des Sohnes im Schloss. 

Das Schloss wurde in der Französischen Revolution nicht geplündert. Es heißt, Madame Dauphin habe dies durch ihren freundlichen Umgang mit der Bevölkerung erreicht. Auch wird die Schreibweise des Schlosses, Chenonceau ohne „x“, auf sie zurückgeführt. Sie habe sich damit von dem königlichen Schloss Chenaneaux (mit „x“ wie die Schreibweise des Dorfes) absetzen wollen. 

Die Schlossküche im Untergeschoss

Flämischer Wandteppich aus dem 16. Jahrhundert

Kamin mit den Wappen 
von Franz I., ein Salamander,
und seiner Frau Anne de Bretagne, ein Hermelin.


Zwei der Appartements


Die zwei Etagen der Galerie


Alle Räumen waren mit Blumen geschmückt.

 Seit 1913 gehört das Schloss der Schokoladen-Familie Menier, die es aufwändig erhält. Zurzeit sind zwei Museen und eine Kunstgalerie im Schloss. 


Menier gründete 1816 in Paris ein Unternehmen zur Herstellung von Arzneien, als Schokolade als Arzneimittel verwendet wurde. Seine Schokolade wurde hauptsächlich zum Überziehen bitterer Medizin verwendet. In Noisel am Stadtrand von Paris gründete er 1925 die erste mechanisierte Fabrik in Frankreich zur Herstellung von Kakaopulver. 1836 brachte er die ersten Schokoladentafeln auf den Markt. Unter seinem Sohn wurde die Fabrik der größte Schokoladenhersteller in Frankreich. Seit 1988 wird die Schokolade von Nestle hergestellt. 

Die zum Schloss gehörenden beiden Renaissance-Gärten sind mit einer Mauer umgeben, um sie vor dem Hochwasser des Cher zu schützen.

Fontaine im Garten des Schlosses


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