Zu Gerhart Hauptmann und den Schlössern im Hirschberger Tal
Eine Fahrrad- und Wanderreise in das Hirschberger Tal
und das Riesengebirge in Niederschlesien und Böhmen.
Vom
9. bis 21. August 2022
(5 A) Zum Heilbad der Schaffgotsch
Hirschberg – Cieplice Slakie-Zdroj/Bad Warmbrunn – Palais Schaffgotsch – Evangelische Erlöserkirche – Zisterzienserkloster – Langes Haus – Kurpark – Norwegischer Pavillion - Palac Pakoszowie/ Schloss Wernersdorf – Palac Sobieszow/Schloss Hermsdorf - Cieplice Slakie-Zdroj/Bad Warmbrunn - Hirschberg.
Seit dem 13. Jahrhundert sind die Heilquellen in Bad Warmbrunn bei Hirschberg bekannt. Schon meine Großmutter (die in Plagwitz bei Löwenberg wohnte) war hier zur Kur. Das Heilbad und zwei weitere Schlösser waren das Ziel meiner heutigen Tour.
Geplant hatte ich allerdings auch noch, bis zu dem „Gesundheitsort“ Stonsdorf, aus dem der „Gesundheitslikör echt Stonsdorfer“ kommt, südlich von Bad Warmbrunn, zu fahren. Daraus wurde heute nichts. Es regnet so stark, dass ich umgeplant habe. Ich habe am Nachmittag den für den nächsten Tag vorgesehenen Stadtrundgang durch Hirschberg vorgezogen und werde dafür morgen nach Stonsdorf fahren, allerdings auch nicht so wie geplant. Doch dazu morgen mehr.
Von Hirschberg fahre ich im Tal des Zacken bis nach Bad Warmbrunn/Cieplice Slakie-Zdroj mit dem Schloss der Schaffgotsch, dem Kurpark und dem angrenzenden Norwegischen Park.
Bad Warmbrunn - Das Heilbad der
Schaffgotsch
Schon im 13. Jahrhundert waren die radiumaktiven, heißen Schwefelquellen des Heilbades bekannt. Damals, 1281, schenkte der Herzog von Jauer und Löwenberg Wald, Wiesen und Ackerland „an der warmen Quelle“ für zwanzig Jahre abgabenfrei dem Johanniter-Orden, der dort eine Herberge für kranke Besucher einrichten wollte.
Im 14. Jahrhundert erwarb ein Vorfahre der späteren Reichsgrafen Schaffgotsch die Grundherrschaft. Eine der zwei bekannten Quellen betrieben die Schaffgotsch selber, die andere schenkten sie Zisterzienser-Mönchen. Nach der Säkularisierung des Klosterbesitzes wurde deren Quelle 1812 von den Schaffgotsch übernommen.
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde Warmbrunn ein bekanntes Kurbad mit schwefelhaltigen Bädern. Kurhäuser und Hotels entstanden. In dieser Zeit entdeckte auch der deutsche Hochadel, allen voran das Preußische Königshaus, das Hirschberger Tal. 1925 erhielt Warmbrunn die Auszeichnung „Bad“.
Meine Mutter erzählte mir, dass ihre Mutter, meine Großmutter, mehrfach zur Kur in Bad Warmbrunn war. Das Bad war nicht weit von ihrem Heimatort Plagwitz bei Löwenberg entfernt. Es muss damals auch für die „einfachen Leute“ erschwinglich gewesen sein.
Bad Warmbrunn ist jetzt ein Stadtteil von Hirschberg.
Palais Schaffgotsch (1)
Das Palais Schaffgotsch wurde von 1784 bis 1788 durch Reichsgraf Johann Nepomuk Schaffgotsch errichtet, ein hufeisenförmiges Schloss im Übergangsstil vom Barock zum Empire. Es ersetzte einen Vorgängerbau von 1600, der 1777 abbrannte. Sehenswert ist der Ballsaal im Empirestil mit einem Intarsien-Fußboden (der aber nicht zu besichtigen war).
Erlöserkirche / Kosciol Zbawiciela (2)
Kirche der Evangelisch-Augsburgischen Kirchengemeinde in Polen.
Die Evangelisch-Augsburgische Kirche ist die größte der evangelischen Kirchen in Polen (mit etwas über 60.000 Mitgliedern, neben anderen evangelischen Gemeinschaften wie der Pfingstkirche oder der Evangelisch-Reformierten Kirche). Der Name nimmt Bezug auf die Lehre von Philip Melanchton (neben Martin Luther der wichtigste Reformator), dem „Augsburger Bekenntnis“.
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Erlöserkirche |
Kloster und Kirche Johannes der Täufer/ Parafia Jana Chrzciciela (4)
Die Kirche ist Teil des Anfang des 15. Jahrhunderts begründeten Klosters der Zisterzienser. Nach Zerstörung der Kirche durch einen Brand erfolgte 1712 bis 1714 ein Neubau. Patronatsherr war Hans Anton von Schaffgotsch.
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Altar der Johannes-Kirche |
Heute ist die ehemalige Klosterkirche eine Pfarrkirche. In dem Kloster-Gebäudeteil ist wieder ein Orden (Piaristenorden), der die Kirche betreut.
Langes Haus (5)
Das „Lange Haus“ ist heute das Kurhotel. Ende des 17. Jahrhunderts war das Lange Haus für die zur
Kur kommenden Äbte des Grüssauer
Zisterzienser-Klosters im Warmbrunner Koster eingerichtet worden.
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Die Unterkunft für die Äbte des Klosters Grüssau |
Das
Zisterzienserkloster Grüssau in Kamienna
Gora/Landeshut (östlich von Kowary/Schmiedeberg) wurde 1292 von den
schlesischen Herzögen Bolkow I. und Heinrich V. gestiftet. Es wurde mit großen
Ländereien und 14 Dörfern ausgestattet. Die Mönche sollten die Ländereien
erschließen und weitere Dörfer gründen.
1403 kam die Propstei
Warmbrunn dazu, von Schaffgotsch gestiftet. Das Kloster Grüssau vergrößerte
seine Ländereien auf 40 Dörfer und 2 Städte. Nach dem 30-jährigen Krieg wurde
es Zentrum der Gegenreformation in Schlesien.
1810 wurde das Kloster durch Preußen aufgelöst.
Kurpark und Kurhaus (6)
Der Kurpark
gegenüber dem Schloss der Schaffgotsch wurde
1713 an der Stelle eines Gemüsegartens angelegt und später erweitert. 1838
wurde er im englischen Stil zweiteilig umgestaltet, ein Park für die Schlossbewohner und ein Kurpark für die Kurgäste.
Norwegischer Park und Pavillon (7)
Südlich an den Kurpark angrenzend ist der Norwegische Pavillon und Park.
Ich hatte den Park südlich neben dem Kurpark
auf der Karte gesehen, aber nicht beachtet. Bis ich bei einer Radtour zum Stahnsdorfer Friedhof bei Berlin etwas
mehr zu der dort errichteten Holzstabkirche erfahren wollte. Warum wurde dort
eine Kirche in einem norwegischen Baustil errichtet? Der Grund war wohl die
Vorliebe des letzten deutschen Kaisers
Wilhelm II. für diesen Baustil, der dadurch in Mode gekommen war. In
Krummhübel wurde die Kirche Wang errichtet. In Potsdam die Matrosenstation Kongsnaes.
Und dieser Vorliebe für die
Drachenstil-Architektur folgte auch der Hirschberger Unternehmer Eugen Füllner.
Bekanntester Architekt des Drachenstils
(Kennzeichen sind die Giebeldrachen) war der Norweger Holm Hansen Munthe (1848 – 1898). Er hatte sein Architekturstudium
an der Polytechnischen Hochschule in
Hannover abgeschlossen und danach zwei Jahre in Hildesheim gearbeitet.
Der Park und mittendrin der Pavillon wurden
von dem Papiermaschinenhersteller Eugen
Füllner 1909 errichtet. Füllner hatte eine Fläche neben seiner Werksanlage
erworben. Auf 3 Hektar errichtete er eine Wohnsiedlung für seine Arbeiter und auf
weiteren 15 Hektar ließ er den „Füllner-Park“
anlegen.
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Der Norwegische Pavillon |
Eugen Füllner (1853 –
1925) hat den von seinem Vater übernommenen Betrieb zu einem der weltweit größten Hersteller von
Papiermaschinen aufgebaut. In Norwegen stammten 1918 von den 81
Papiermaschinen 40 von Füllner.
Füllner war kinderlos und verkaufte sein Unternehmen an die „Linke-Hofmann-Werke“ in Breslau (später Linke-Hofmann-Busch, die nach dem 2. Weltkrieg in Salzgitter eine Waggonfabrik aufbauten, heute zu Alstrom gehörend). Das Füllner-Werk wurde 1945 demontiert und in die Sowjetunion gebracht. Polnische Ingenieure bauten in den leeren Hallen mit verbliebenen deutschen Arbeitern und vorhandenen Konstruktionsplänen die Papiermaschinen-Herstellung wieder auf und gründeten die „PMPoland“, die heute zur finnischen „Valmet Group“ gehört.
Weiter radele ich im Zacken-Tal, immer noch im Regen, Richtung Westen zum Schloss Hermsdorf am Kynast/Palac Sobieszów und dann zum Schloss Wernsdorf/Palac Pakoszowie. Die beiden Schlösser in der Nähe von Bad Warmbrunn wollte ich noch sehen. Hinauf zur Kynast-Burg/Zamek Chojnik oberhalb von Hermsdorf fahre ich nicht. Das hatte ich sowieso wegen des steilen Anstiegs schon in der ersten Planung gestrichen. Neben Schloss Hermsdorf entdecke ich zufällig die evangelische Pfarrkirche, die ich mir natürlich ansehen.
Schloss Hermsdorf unterm Kynast/Palac Sobieszów (8)
Als „Hermanni villa“ wird der Ort Hermsdorf
1305 erstmals urkundlich erwähnt. Ab 1369 gehörten der Ort zur Standesherrschaft der von
Schaffgotsch.
Nachdem 1675 die oberhalb von Hermsdorf
gelegene Kynastburg durch einen
Blitzschlag abbrannte, wurden der Familiensitz und die Güterverwaltung in das Vorwerk des Gutes Hermsdorf verlegt,
bis 1712 das neue Schloss
fertiggestellt wurde.
Zamek Chojnik/Burg
Kynast
Die Kynast-Burg oberhalb von Schloss Hermsdorf war vermutlich Teil einer
Grenzbefestigung der schlesischen Herzöge gegenüber Böhmen (das muss vor der
Anlehnung der schlesischen Piasten-Herzöge an Böhmen ab dem Ende des 13.
Jahrhunderts gewesen sein). 1364 wurde die Burg als „Kinast“ urkundlich erwähnt
und 1381 dem Ritter Gotsche Schoff als Lehen
gegeben. Zu dem Lehen gehörten neben HerBurmsdorf auch die Güter und Orte
Herischdorf, Petersdorf, Schreiberhau und Warmbrunn.
Nach einem Blitzschlag 1675 wurde die Burg nicht wiederaufgebaut.
Evangelische Kirche in Hermsdorf (9)
Wie überall im Habsburger Schlesien wurden mit der
Gegenreformation die evangelischen Kirchen geschlossen, Erst nach der
Konvention von Altranstädt (1707) wurden die sogenannten Gnadenkirchen
gebaut, u.a. in Hirschberg (s.o.). Sie war auch für die evangelischen
Hermsdorfer lange Jahre die einzige Möglichkeit, an einem Gottesdienst
teilzunehmen, weit entfernt. Erst 1742 wurde nach 87 Jahren ein erster
evangelischer Gottesdienst in Hermsdorf abgehalten. Kurz davor erhielten sie
auch die Genehmigung zum Bau einer
Kirche (wie in Bad Warmbrunn, Schlesien war von Preußen erobert worden).Die wurde 1745 gebaut, als
Bethaus ohne Turm.
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Das Bethaus mit Empore |
Schloss
Wernersdorf/Palac Pakoszowie (10)
Ursprünglich gehörte der Landsitz in Wernersdorf/Pakoszów im Zacken-Tal den Grafen von Schaffgotsch. Ab 1725 war der Schleierherr Johann Martin Gottfried (späterer Bürgermeister von Hirschberg und Kirchenvorstand der Gnadenkirche) Eigentümer. Er ließ den Landsitz zu einem Barockschloss umbauen, mit Barocksaal und Wohnräumen im Obergeschoss, Leinen-Lager im Erdgeschoss und Bleiche auf dem Grundstück vor Haus. Gottfried war der Schwiegersohn des Leinenhändlers Christian Menzel, Eigentümer von Schloss Lomnitz.
Später wurde ein anderer Scheierherr, Heinrich Hess, (er heiratete die Enkelin von Johann Gottfried) Eigentümer und betrieb hier bis 1856 einen Leinenhandel. Nach ihm wurde das Schloss die „Hess´sche Bleiche“ genannt.
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Schloss Wernsdorf |
Nach den beiden Schlössern fahre ich über Bad Warmbrunn zurück nach Hirschberg. In Bad Warmbrunn komme ich an dem gerade stattfindenden Wochenmarkt vorbei. Händler, Marktfrauen, Gartenbesitzer verkaufen ihr Obst und Gemüse. Es ist Zwetschgen-Zeit und ich kaufe mir eine Tüte zum Naschen.