Mit dem Fahrrad sind wir (Eva, Eckhard und ich) im Juni 2017 über die Alpen
gefahren Zuerst bin ich von Berlin bis München geradelt und dann zusammen von München über den
Brenner bis nach Verona. Danach haben wir die Elbe-Radtour von Prag bis Cuxhaven
gemeinsam gemacht.
Jetzt wollten wir zu Fuß gehen, natürlich über die Alpen.
Mit dem Fahrrad sind wir der Römerstraße Via Raetia gefolgt. Den gleichen Weg wollten wir jetzt nicht gehen. Also haben wir zunächst geschaut, welche Wege es über die Alpen gibt.
Viele Wege führen
nach Rom – auch über die Alpen?
In römischer Zeit hieß es „Viele Wege führen nach Rom“. Aber
über die Alpen, zu den nördlichen Territorien des Römischen Reiches, waren es
so viele nicht.
Den Römerweg über den
Brenner, die Via Raetia, sind wir ja schon mit dem
Fahrrad gefahren. Von München sind wir nach Innsbruck und dann die Route der
Römerstraße bis Verona geradelt. Unsere Frauen Eva und Uschi waren in einem
"Begleitfahrzeug" dabei. Siehe "Radreise Berlin - Verona" in diesem Blog.
Der andere Römerweg
führt von Füssen über die Alpen nach
Meran und ist ein Teil der Via
Claudia Augusta, die Venedig am Mittelmeer mit Augsburg nördlich der Alpen
verband. Die Via Raetia hat die gleichen Endpunkte, überquert die Alpen aber
über den Brenner (Verona - Bozen – Eisacktal - Brenner - Innsbruck - Mittenwald
- Augsburg). Die Via Claudia führt über den Reschenpass und den Fernpass
(Verona – Bozen – Etschtal – Reschenpass – Oberinntal – Fernpass – Füssen –
Augsburg). Sie war die erste Straßenverbindung, auf der römische Soldaten,
Kaufleute und Handwerker über die Alpen zu den nördlichen Territorien reisen
konnten.
Einen anderen Weg hatte ich mir auch angesehen. Der führt ebenfalls
von Füssen nach Meran und überquert die Hohen Tauern. Das ist auch ein
interessanter Weg, aber mit Hüttenübernachtungen. Das will ich nicht mehr.
Vielmehr möchte ich das Wandererlebnis etwas bequemer haben. Da bot sich der
Wanderweg der Via Claudia Augusta an. Der hat zwar zwei Pässe, die aber nicht
so hoch sind. Sonst ist es eine Wanderung durch bewohnte Täler.
Grundlage der
Wegplanung
Der Fernwanderweg Via Claudia Augusta war der Ausgangspunkt der Planung. Er wird von der "Via
Claudia Augusta Transnational EWIV" mit Sitz in Füssen betreut. Das ist eine gemeinsame Organisation der nationalen Fernwanderweg-Vereine in
Italien, Österreich und Deutschland. Ich habe mich meist, aber nicht immer, an
die offizielle Wegeführung gehalten. Abgewichen davon bin ich, um interessante
oder historische Gebäude und Wege mit in unsere persönliche Route aufzunehmen.
Gelernt habe ich dabei, was eine
EWIV ist. Das ist eine "Europäische wirtschaftliche
Interessenvereinigung" nach dem Recht der Europäischen Union. Sie wurde
1985 als erste europäische Unternehmensform der damaligen EWG (Europäische
Wirtschaftsgemeinschaft, 1957 von Belgien, Luxemburg, Niederlande, Frankreich,
Italien und Deutschland gegründet) eingeführt. In Deutschland ist die EWIV eine
Handelsgesellschaft (Personengesellschaften wie OHG und KG und
Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG) im Sinne des Handelsgesetzbuchs.
Der Römerweg Via
Claudia Augusta
Zur Erschließung des im Jahr 15 vor Christi eroberten Gebietes nördlich der
Alpen (die spätere Provinz Raetia), brauchten die Römer eine Verbindung vom
Römischen Reich in die eroberten Gebiete. Sie nutzten dabei schon bestehende
Alpenpfade der Urbevölkerung, der Volksgruppen der Kelten und Räter. Die Via Claudia Augusta führt von der Adria durch die Poebene, über den Reschenpass, das Oberinntal,
den Fernpass und das Lechtal bis nach Augsburg im süddeutschen Alpenvorland. In
der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christus ließ Kaiser Tiberius
Claudius Augustus (Kaiser von 41 bis 54 nach Chr.) die Römerstraße als
Heerstraße und Handelsstraße ausbauen.
Bis zum Bau einer weiteren Römerstraße über die Alpen, der Via Raetia, im 2. Jahrhundert n.Chr. war sie die bedeutendste Verbindung des
Römischen Reiches zu den Provinzen nördlich der Alpen.
Mit dem Untergang des Römischen Reiches verloren auch die
Verbindungen über die Alpen an Bedeutung. Erst im Mittelalter wurden die
Alpenstraßen wieder intensiver genutzt, so für den Salzhandel. Über die Via
Claudia Augusta wurde ab dem 15. Jahrhundert das Salz aus dem österreichischen
Hall bis zum Bodensee und die Schweiz transportiert. Im Mittelalter zogen die
Deutschen Könige über die Alpen nach Rom, um sich vom Papst zum Kaiser des
Heiligen Römischen Reiches krönen zu lassen. Sie nahmen dabei die Route über
den Fernpass (aber auch über den Brenner). Um die Verbindung zu sichern, belieh
Kaiser Konrad II. 1207 den Bischof von Trient mit zahlreichen Ländereien, so
auch mit dem späteren Südtirol und Trentino (Provinz Triest).
Die Landschaften
des Römerwegs - ein Überblick
Die Wanderung beginnt im bayrisch-österreichischen
Grenzgebiet. Füssen gehört zum schwäbischen Landkreis Ostallgäu. Hinter der
bayrischen Grenze beginnt das österreichische Tirol.
Außenfern
Die erste Landschaft der Wanderroute ist das Außenfern, eine
historische Landschaft, die dem heutigen politischen Bezirk Reutte im
österreichischen Bundesland Tirol entspricht. Zum Außenfern gehören das Lechtal
und das Reuttener Becken und daran anschließend die Tallandschaft Zwischentoren
und das Ehrwalder Becken. Danach kommt der Fernpass.
Der Name Außenfern ist von "Außer dem Fern", vor
dem Fernpass, abgeleitet. Besiedelt wurde das Außerfern von Alemannen (aus dem
Schwabenland/Allgäu). Bei der Bildung von Landesherrschaften im Heiligen
Römischen Reich (die Herzogtümer Schwaben, Bayern, Franken, Sachsen usw.
bildeten sich) kam das Außenfern zur Grafschaft Tirol. Die kulturellen und
wirtschaftlichen Beziehungen zum Allgäuer Raum blieben lange bestehen. So war
das Außenfern bis 1816 kirchlich dem Bistum Augsburg unterstellt. (1816 wurde
im Vertrag von München ein Gebietstausch zwischen Bayern und Österreich
geregelt. Bayern gab u.a. das in der Napoleonischen Zeit erhaltene Innviertel
an Österreich zurück).
Das Lechtal von
Füssen bis Reutte ist der erste Abschnitt der Wanderung im Außenfern. Im Westen
des Tales liegen die Allgäuer Alpen. Südlich von Reutte beginnen die Lechtaler
Alpen. Die Lechtaler Alpen sind Teil der Nördlichen Kalkalpen, ein 600
Kilometer langer Gebirgszug vom Bodensee bis Wien, der den Zentralalpen
vorgelagert ist. Im Osten wird das Tal von den Ammergauer Alpen begrenzt.
Nördlich von Füssen ist die Landschaft von Moränen ehemaliger Gletscher
geprägt.
Das Reuttener Becken
schließt an das Lechtal an (Reutte, Ehenbichl). Es entstand
durch einen eiszeitlichen Gletscher, der eine Talsenke schuf.
Hinter Reutte weicht der Römerweg den südlichen Lechtaler
Alpen aus und schwenkt nach Südosten in die Tallandschaft Zwischentoren (Heiterwang, Bichlbach), die zwischen dem Reuttener
Becken und dem Ehrwalder Becken liegt.
(In einem weiteren Sinn wird mit "Zwischentoren"
ein größeres Gebiet zwischen der Ehrenberger Klause und dem Fernpass
bezeichnet).
Das Ehrwalder Becken
(Lermoos, Ehrwald, Biberwier) ist wie das Reuttener Becken durch einen
Gletscher entstanden. In römischer Zeit war das Becken ein großes Moorgebiet.
Östlich des Ehrwalder Beckens ist das Zugspitzgebiet und die
österreichisch-deutsche Grenze.
Fernpass und
Gurglbach-Tal
Das Bergmassiv des Fernpasses
begrenzt das Ehrwalder Becken nach Süden. Vor 4.100 Jahren ist das Bergmassiv
durch einen Bergsturz entstanden. Er bildete eine stark gegliederte
Bergsturz-Landschaft mit Wällen, Gräben, kegelförmigen Hügeln und Mulden, in
denen sich Seen bildeten (u.a. der Fernstein-See). Der Bergsturz verschüttete
das davor liegende Tal und bildete eine neue Wasserscheide. Nach Norden fließt
seitdem die Loisach (die zuvor nach
Süden floss und jetzt in die Isar mündet) und abfließend nach Süden entstand
neu der Gurglbach. Der Gurglbach
entspringt nordwestlich des Fernpasses und mündet in den Inn. Im Gurglbachtal
ist der weitere Verlauf der Römerstraße und unseres Wanderweges Richtung Süden
(Fernsteinsee, Nassereith, Imst).
Tiroler Oberinntal
Dann folgt der Weg dem Tal des Inn, den Flusslauf aufwärts. Es ist das Tiroler Oberinntal
(Landeck, Pfunds), das vom Schweizer Engadin bis etwa Innsbruck reicht.
Nördlich des Inntals sind die Nördlichen Kalkalpen, südlich die Zentralalpen.
Das Inntal ist eine wichtige Ost-West-Verkehrsachse
(Arlbergbahn, Autobahn Innsbruck, Tiroler Bundesstraße). Durch einen Teil des
Inntals führt auch die Nord-Süd-Verkehrsverbindung (Fernpassstraße, Römerstraße
Via Claudia Augusta).
Reschenpass
An einem der Inn-Zuflüsse, dem Stiller Bach, verlässt der Römerweg das Oberinntal und wendet sich
talaufwärts dem Alpenhauptkamm zu,
den er auf dem Reschenpass erreicht. Östlich davon sind die Ötztaler Alpen.
Hinter dem Reschenpass ist die Grenze zwischen Tirol in Österreich und Südtirol
in Italien.
Tirol gehörte über eine lange Zeit zum Herzogtum Bayern. Ab
etwa dem 6. Jahrhundert begann die Besiedlung Tirols durch die Bajuwaren. Das
Siedlungsgebiet reichte bis in das heutige Südtirol.
Mitte des 14. Jh. ging die Grafschaft Tirol an den
Habsburger Herzog von Österreich, Kärnten und der Steiermark.
Die Grafschaft Tirol umfasste im Wesentlichen die Gebiete
des heutigen Nordtirols (nördlich des Brenners, die Orte Reutte, Innsbruck,
Kufstein, Kitzbühel), Südtirols (südlich des Brenners, die Orte Meran, Brixen,
Bozen, Bruneck) und Osttirols (östlich von Südtirol, der Ort Lienz).
Nach dem 1. Weltkrieg kam der südlich des Brenners gelegene
Teil Tirols an Italien. Italien war 1915
nach geheimen Gebietszusagen (Südtirol und Trentino) an der Seite der Entente
(England und Frankreich) in den Krieg gegen Deutschland und Österreich
eingetreten.
(siehe ausführlicher: Radreise Berlin - Verona. 7. Teil
Geschichte (5) Tirol)
Vinschgau
Südlich des Reschenpasses beginnt der Vinschgau mit dem Reschensee und der oberen Etsch bis zur Etsch-Talstufe Töll. Dann
folgt der Meraner Talkessel, der zum
Burgenland gehört.
Der Vinschgau/Val Venosta war schon im Frankenreich (772
n.Chr.) eine Verwaltungseinheit, ein Gau. Der Hauptort ist Schlanders.
Der Name geht auf den in dem Tal in Vorzeiten ansässigen
Stamm der Venosten zurück. In den Jahren 16 und 15 v.Chr. wurden die Venosten
während der römischen Alpenfeldzüge besiegt und in die römische Provinz Raetia
(das heutige Graubünden und das Alpenvorland bis zur Donau) eingegliedert.
Anfang des 11. Jahrhunderts erhielt der Fürstbischof von
Trient den Vinschgau als kaiserliches Lehen. Die römisch-deutschen Kaiser
wollten so die wichtigen Verbindungswege über die Alpen gesichert wissen. Kirchenrechtlich blieb das Gebiet aber beim Bistum Chur.
Im 11. Jahrhundert
entstand die Grafschaft Tirol mit dem Vinschgau und dem Burggrafenland (Meran).
Später kamen das Inntal und das Eisacktal dazu. Im 12. Jahrhundert erfolgte die
deutschsprachige Besiedlung durch das Kloster Marienberg.
Bis zum 1. Weltkrieg gehörte der Vinschgau und das
Burggrafenland politisch zur Grafschaft Tirol und zur Habsburger Monarchie.
Das Etsch-Tal verläuft in der Hauptsache (ab Mals) in
West-Ost-Richtung. Die auf der Nordseite liegenden Berge werden als Sonnenberg
bezeichnet, die im Süden liegenden Berge sind die Nördersberge. Durch die
südexponierte Lage ist der Sonnenberg sehr trocken. Eine landwirtschaftliche
Nutzung ist nur mit Bewässerung möglich. Dadurch sind dort viele
Bewässerungskanäle entstanden, die Waale, die das Wasser höher gelegener Bäche
und Quellen verteilen. Durch das milde Klima gedeihen am Sonnenberg Wein und
Esskastanien.
Der Talgrund war früher die Kornkammer Tirols. Nach dem 1.
Weltkrieg wurde die Landwirtschaft überwiegend vom Obstanbau (Äpfel) geprägt.
Die Felder waren für eine maschinelle Bearbeitung zu klein und oft auch zu
steil. Von 30.000 Hektar Getreideflächen blieben 243 Hektar übrig (Jahr 2.000).
Meraner Becken
Es folgt das Meraner Becken, ein Talkessel der Etsch, das
politisch das Burggrafenamt ist.
Das Burggrafenamt/Burgraviato war das Kerngebiet der
historischen Grafschaft Tirol. Den Namen Burggrafenamt hat der schon im
Mittelalter bestehende Verwaltungsbezirk erhalten, weil er direkt dem
Burggrafen zu Tirol unterstellt war.
Neben Meran gehören heute wegen ihrer Nähe zu Meran auch
Orte des Vinschgaus Partschins und Naturns zum Burggrafenamt.