Zum Einwandern nach San Pedro und zum B0llullo

Dezember 2021

Die klassischen Einwanderungs-Touren sind an der Küste entlang. Von Puerto aus Richtung Osten zur Bollullo-Bucht und Richtung Westen nach San Pedro. Und an beiden Wegzielen gibt es ein Restaurant in das – natürlich – eingekehrt wird. Am Mirador San Pedro ist es das gleichnamige Restaurant, das seit einiger Zeit mit dem Restaurant des anderen Weges verbunden ist, dem Bollullo-Restaurant oberhalb der Bucht.

Beide Wege sind wir schon oft gegangen und sie sind auch im Blog „Sattel und Schuh“ beschrieben:

Link: Nach San Pedro

Link: Zur B0llulluo-Bucht


Nach San Pedro

Ich habe die Tour nach San Pedro jetzt zweimal gemacht. Einmal allein vorweg, um zu sehen, ob der Weg wieder frei ist. Er war (vor zwei Jahren?) gesperrt worden, nachdem ein Felsbrocken von der Steilwand auf den Weg gefallen war. Das hat uns - und andere - allerdings nicht gehindert, die Absperrung am Beginn des Weges hinter dem Maritim-Hotel zu umgehen. So ist es immer noch. Am Weg wurde nichts gemacht. Die Absperrung ist noch einmal verstärkt worden. Eine Umgehung ist noch immer möglich und der Weg eigentlich ungefährlich. 

Der Stein des Anstosses
Viele Wanderschuhe haben einen Umgehungspfad getrampelt

Von La Paz aus gehen wir immer durch die Stadt bis zum Hafen. Von dort auf der Mole bis zur Playa Jardin, durch den alten Ortsteil Punta Brava bis zum Hotel Maritim.


Auf der Mole vom Hafen bis zum Playa Jardin atmet man die salzhaltige Seeluft des Atlantiks. Man spürt das Salz auf der Haut und manchmal auch als feinen Niederschlag auf der Brille. Bei hohem Wellengang muss man sich vor dem überschwappenden Wasser in acht nehmen.  Und man braucht feste Schuhsohlen. Der Betonboden wird bei hohem Wellengang immer mehr ausgewaschen und rauer.

Die Stadt Puerto könnte hier mit einer Luftkurort-Zone werben. Städte in Deutschland unterhalten mit hohem Aufwand Gradierwerke zu Kurzwecken. 


Am Playa Jardin ist jetzt ein Beachvolleyball-Platz angelegt worden

Im Hotel Maritim machen wir meist die erste Pause. Aber da ich allein unterwegs war, bin ich an dem Pool-Restaurant des Hotels vorbei gegangen. Hinter dem Hotel beginnt der eigentliche Wanderweg. Der Weg folgte der Küste. Es kommt die Playa de los Roques. Die Ferienhaussiedlungen Romantica II und Romantica I liegen weiter oberhalb. Die große Bucht bis zur Playa de Castro heißt „Callao de Mendez“. 

Die Aushölung im Roque scheint größer geworden zu sein.
Scheint nur - der Fels ragt nur bei Ebbe höher aus dem Wasser.

Unterhalb des Miradors San Pedro liegen die ehemalige Finca Castro (Caserio de la Rambla de Castro) und die Playa de CastroDas Finca-Gebiet ist heute ein Naturschutzgebiet. Meist gehen wir geradeaus durch die „Paisaje Protegido de  Rambla de Castro“ auf dem „schnellsten Weg“ zum Restaurant. Heute gehe ich einige Umwege. Hinunter zu den Kanonen des „Fortin de San Fernando“, ein Überbleibsel der alten Küstenbefestigung, durch die Palmenallee und die (nicht mehr erkennbaren) Gärten des Bauernhofes und hinunter zur Playa. Von dort hört man das Rollen der schwarzen Lavasteine am Ufer, wenn sie von den Atlantikwellen bewegt werden. 

Der "Roque del Camello" vor der Playa de Castro 



Das Fort San Fernando von 1808


Der Teich des Gartens ist noch erhalten


Die Bucht "Playa de Castro"


Der Weg hinunter - und hinauf


Die rollenden Steine am Strand


Ein altes Wasserwerk unterhalb der Hacienda Castro,
das das Wasser hinauf auf die Felder gepumpt hat.
(Ein anderes Wasserwerk ist die Casa Hamilton).
An der Felswand sind drei Tunneleingänge zu erkennen, 
die vielleicht Wasserschächte waren.
Die outdoor-Wanderkarte verzeichnet an der Küste mehrere Wassertunnel.


Bei der zweiten Tour waren Ruth und Jürgen (sie sind seit dem 1. Dezember wieder hier) sowie Irene und Erich (sie sind am 11. Dezember gekommen) dabei. Abschluss – wie immer - im Restaurant San Pedro.

Es gab „Conejo en Salmorejo“ (Kaninchen), „Pulpo Assado“ (gegrillter Tintenfisch-Arm), „Tortellini rellenos“, „Tataki de Cerdo Iberico” (japanisch zubereitet). Alles sehr gut.

Zurück nach Puerto mit dem Taxi

Kanaren-Trichternarzisse (Amaryllisgewächs) am Küstenweg nach San Pedro
 

Zur Bollullo-Bucht

Den Weg zur Bollullo-Bucht haben wir vor der San Pedro Tour zu viert unternommen (mit Ruth, Jürgen und Uschi). Zu Fuß hin und wieder zurück. Der Weg ist nicht ganz so weit wie der zum Mirador San Pedro. Vor dem Rückweg Einkehr in dem noch einmal vergrößerten Terrassen-Restaurant oberhalb der Bucht.

Es gab „Arroz de pescado y marisco“ (Reis mit Fisch und Muscheln), „Croquetas de pescado” und “Croquetas de cochino negro” (Fisch- und Fleischkroketten). Wie beim San Pedro sehr gut.  Zum Abschluss kam ein Zaperoco.  

Eine Kanareneidechse 
 

Zaperoco ist ein typisch kanarischer Kaffee aus sehr süßer und cremiger Kondensmilch, Espresso, Likör (Cuarenta y Tres – 43-Kräuter-Likör) und Milchschaum – in der Reihenfolge im Glas geschichtet, gewürzt mit etwas gemahlenem Zimt und einem Stückchen Zitronenschale. Kenner trinken den Kaffee, indem sie die Zitronenschale zwischen die Lippen nehmen und darüber den Kaffee schlürfen. Der süße und mit etwas Zimt gewürzte Kaffee nimmt einen Hauch von Zitrone an.


Barraquito heißt der Kaffee, wenn er ohne Likör serviert wird. Angeblich heißt der Kaffee mit Likör im Süden Barraquito und der Kaffee ohne Likör Zaperoco. Im Norden sei es umgekehrt, der Zaperoco ist der Kaffee mit Likör. Wie dem auch sei, mit Likör schmeckt er besser.


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Der Behrensbau
und die Anfänge der Automobile in Berlin

November 2021

Autostadt Berlin? Ja, die gab es einmal, vor mehr als 100 Jahren. Genaugenommen war aber nicht Berlin die Autostadt, sondern Oberschöneweide, damals eine selbständige Gemeinde im Süd-Osten von Berlin. Am 1. Oktober 1917, im 1. Weltkrieg, begann die AEG mit der Serienproduktion in der „Nationalen Automobilgesellschaft NAG“.

Wir waren in einer der ehemaligen Fabrikhallen der NAG, als wir mit dem „Förderverein Schloss Britz“ die Ausstellung „Unvollendete Metropole – 100 Jahre Großberlin“ besucht haben, die in einer Halle des sog. Behrensbaus ist. Dabei konnten wir auch den Behrens-Turm besteigen und den Süd-Osten Berlins im letzten Nachmittags-Licht von oben sehen. (3. November 2021)

Der Behrensbau

Der Behrensturm ist Teil des von Peter Behrens geplanten Industriegebäudes an der Spree in Oberschöneweide. Er war damals das höchste Gebäude Deutschlands (70 Meter, nur Kirchtürme waren höher).

Behrensbau und Behrensturm
Bis dahin war das Augsburger Rathaus (57 Meter) das höchste Gebäude. Aber schon nach einem Jahr musste der Turm den Titel an den nur wenig höheren Siemensturm (70 Meter) in Spandau, im Nord-Westen Berlins, abgeben. 

Heute sind das Hotel am Alexanderplatz und die Treptowers mit 125 Metern die höchsten Gebäude Berlins. Nur der Fernsehturm ist mit 368 Metern höher. Aber der ist nur ein Turm. In einigen Jahren soll der neue Estrel-Tower des gleichnamigen Hotels in Neukölln mit 175 Metern Berlins höchstes Gebäude werden.

Der Behrensbau in der Ostendstraße wurde 1917 eingeweiht. Damals war noch der 1. Weltkrieg im Gang und in dem Jahr trat die USA gegen Deutschland und Österreich in den Krieg ein und in der Sowjetunion begann die Revolution. Die Männer waren an der Front und die Frauen mussten die Produktion in den Fabriken aufrechterhalten und die neuen Fabriken bauen. Das war auch beim Bau der NAG-Fabrik so.

Das Gebäude hat einem U-förmigen Grundriss und enthält mehrgeschossige Fabrikationshallen und ein Bürogebäude. Blickpunkt und Mittelpunkt ist der quadratische Turm mit einer Treppenhalle und umlaufenden Galerien, einem Atrium gleich. Die vier Geschoss hohe Halle wurde mit einer Glasdecke abgeschlossen, sodass ein Lichthof entstand.

Der Lichthof im Behrensturm

Die Architektur ist Ausdruck der „Neuen Sachlichkeit“, die auch den Bauhausstil (Bauhaus Weimar und Dessau, von Walter Gropius gegründet) prägte.

Das Gebäude verfügte über eine eigene Wasserversorgung mit einem Hochbehälter im zentralen Turmgebäude. Eine Warmwasserheizungsanlage versorgte alle Büros und Produktionsräume. Es gab eine eingebaute Klimaanlage für alle Büroräume, eine automatische Staubsaugeranlage, eine eigene Fernsprechanlage mit 200 Anschlüssen, eine drei Kilometer lange Gleisanlage mit elektrischen Drehscheiben sowie eine Kantine mit elektrischer Flaschenreinigungsanlage, Kaffee- und Teekochapparaten.

Der Wassertank ist noch im Turm. Dass er 1949 
das letze Mal gestrichen wurde, ist auch noch zu sehen.

Auch den Paternosteraufzug gibt es noch.
Die Bezeichnung "Paternoster" - lat. Unser Vater - ist der Rosenkranz-Gebetskette nachempfunden. Der Rosenkranz hat aneinandergereihte Perlen und wurde auch als Paternosterschnur bezeichnet. Beim Paternosteraufzug sind die Kabinen wie Perlen aneinandergereiht.
Die Lampen im Turm sollen neueren Datums sein. 
Sie sollen aus dem abgerissenen Palast der Republik (dort steht jetzt das Humoldt Forum) stammen, erzählte uns die Stadterklärerin (Stadtführerin).


Peter Behrens

Der Behrensbau ist nach seinem Architekten Peter Behrens benannt. Er war der „Haus- und Hofarchitekt“ der AEG, nachdem er 1907 künstlerischer Berater der AEG wurde. Er gestaltete das AEG-Erscheinungsbild, das Corporate Design des Konzerns, das AEG-Logo, Werbeprospekte, Produktdesigns und auch die Fabrik- und Verwaltungsgebäude der AEG.

Peter Behrens (1868 – 1940) war Architekt (Autodidakt ohne Architekturstudium), Maler und Designer. Er war Direktor der Kunstgewerbeschule Düsseldorf (1903 – 1907). Später (1921) wurde er an die Kunstakademie Düsseldorf berufen. Die Innschrift „Dem deutschen Volke“ am Berliner Reichstagsgebäude hat er (zusammen mit der Kalligraphin Anna Simons) mit einer eigens dafür entworfenen Schrift gestaltet.

In Berlin gründete er ein Architekturbüro in Steinstücken (nach dem 2. Weltkrieg Westberliner Exklave), in dem zeitweise Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe und Le Corbusier Mitarbeiter waren.

Neben den Industriegebäuden entwarf er für die AEG u.a. auch die Werksiedlung in Hennigsdorf bei Berlin, das Mannesmann-Haus in Düsseldorf, das Verwaltungsgebäude der Continental in Hannover, die Deutsche Botschaft in St. Petersburg

 

Emil, Erich  und Walther Rathenau

Den Auftrag für den Behrensbau gab noch der damalige Chef der AEG, Emil Rathenau (1838 – 1915). Er war der Vater von Walther Rathenau.

Emil Rathenau und der Maler Max Liebermann (Liebermann-Haus am Brandenburger Tor, Liebermann-Villa am Wannsee) hatten den gleichen Großvater, Josef Liebermann, ein Textilunternehmer. Der baute Maschinen zur Herstellung von Kattun-Stoffen (Baumwoll-Gewebe) und durchbrach damit das englische Monopol auf diese Stoffe. Er begründete das Familien-Vermögen.

Der Sohn von Emil Rathenau, Walther Rathenau (1897 geboren, 1922 ermordet), übernahm leitende Positionen in der AEG.  1912 war er deren Aufsichtsratsvorsitzender. Er hatte mit der Zeit etwa 80 Aufsichtsratsposten in der deutschen Wirtschaft.  Ab 1914 bis 1915 organisierte er die deutsche Kriegsrohstoffversorgung. Nach dem Tod seines Vaters wurde Emil Rathenau zwar „Präsident der AEG“, aber Nachfolger seines Vaters als Vorstandsvorsitzender der AEG wurde ein Weggefährte des Vaters, Felix Deutsch.

Walter Rathenau wollte vor seinem Eintritt in die AEG gern eine Offiziers- oder Diplomatenlaufbahn beginnen. Als Jude war ihm das bei dem in Preußen herrschenden Antisemitismus verwehrt. Es gab von 1885 bis 1914 keinen jüdischen Reserveoffizier. Ebenso war den jüdischen Bürgern im Kaiserreich meist eine Karriere im höheren Staatsdienst, in der Justiz oder an Universitäten nicht möglich.

Walther Rathenau wurde Mitbegründer der linksliberalen „Deutsche Demokratische Partei (DDP)“ (1918). 1921 wurde er Wiederaufbauminister. 1922 wurde er Außenminister. Im gleichen Jahr wurde er von Angehörigen einer nationalistischen und antisemitischen Terrororganisation ermordet. Die Weimarer Republik sollte durch politische Morde destabilisiert werden. Die Gruppe hatte zuvor schon den Zentrumspolitiker Matthias Erzberger ermordet und einen Mordversuch an dem SPD-Politiker Philipp Scheidemann unternommen (Scheidemann hatte 1918 die Republik ausgerufen und war kurze Zeit unter Reichspräsident Friedrich Ebert Reichsministerpräsident. 1919 bis 1925 war er Oberbürgermeister von Kassel).

Walther Rathenau wurde in der Familien-Grabstätte auf dem Waldfriedhof Oberschöneweide beigesetzt. Der Friedhof war im Auftrag seines Vaters angelegt worden.

Rathenau-Villa zwischen
Kabelwerk und Behrensbau
Ein zweiter Sohn, Erich Rathenau (1871 – 1903), leitete das Kabelwerk Oberspree (neben dem Behrensbau). Er wollte nah an der Fabrik wohnen und ließ sich neben dem Kabelwerk die Rathenau-Villa bauen. Sein früher Tod verhinderte den Einzug der Familie. Nach der Wiedervereinigung erhielten die Erben die Villa zurück und übergab sie der schon 1903 gegründeten Berliner Elektroinnung. Die stellt die Villa Start-ups zur Verfügung.

Emil Rathenau begründete 1883 die spätere „AEG – Allgemeine Elektrizitäts-gesellschaft“ mit dem Erwerb der Glühlampen-Patente für Deutschland von Thomas Edison.

Edison hatte 1880 ein Patent auf eine von ihm entwickelte Glühlampe mit einem langlebigen Kohlefaden in einem Vakuum erhalten. Daran hatte er drei Jahre lang geforscht, bis er eine Lebensdauer der Glühbirnen von 1.000 Stunden erreichte. Er ergänzte die Erfindung mit der Entwicklung von Komponenten für die Stromverbrauchsmessung und Stromverteilung. Insgesamt hat Edison über 1.000 Patente in unterschiedlichen Bereichen der Stromerzeugung und Stromverteilung, der Telekommunikation und für Verfahrenstechniken erhalten.

Das von Edison 1876 aufgebaute Labor in New Jersey in den USA ist der Ursprung der „Edison General Electric Company“. Daraus entstand die „General Electic Company“.

In Springe bei Hannover soll ein Glühbirnen-Denkmal an einen anderen Glühbirnen-Erfinder, Heinrich Göbel, erinnern. Dass er der Erfinder der Glühbirne sei, ist aber nur eine Legende. Heinrich Göbel war ein 1848 in die USA ausgewanderter Handwerker (Uhrmacher?) aus Springe. Er behauptete in Amerika, dass er vor Edison eine Glühlampe mit einem Kohleglühfaden erfunden habe, was erwiesenermaßen nicht stimmt. Seine Behauptung führte aber dazu, dass andere Glühlampen-Hersteller das Patent von Edison angriffen, um eine Stilllegung ihrer Produktion wegen Patentverletzung zu umgehen. Der Streit dauert Jahre lang, ging dann zugunsten von Edison aus.

Das Unternehmen von Rathenau erhielt zunächst den Namen „Deutsche Edison-Gesellschaft für angewandte Elektrik“ mit einer Fabrik für Glühlampen in Berlin-Mitte. Heute sind dort die „Edison-Höfe“. Es folgten Fabrikbauten im Berliner Norden (Ortsteil Gesundbrunnen).

 

Die AEG in Oberschöneweide

Ab 1910 erfolgte die Entwicklung von Fabrik- und Verwaltungsgebäuden in Oberschöneweide. Zwei Großbetriebe entstanden dort, das „Kabelwerk Oberspree“ und das „Transformatorenwerk Oberspree“. Die Edison-Company war inzwischen zur „Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft AEG“ umfirmiert worden.

Oberschöneweide ist heute ein Ortsteil des Berliner Bezirks Treptow-Köpenick. Als „Schöne Weyde“ wurde die Uferlandschaft der Spree schon zur Zeit des brandenburgischen Kurfürsten Joachim II. (1505 – 1571, er führte die Reformation in Brandenburg ein) bezeichnet.

 

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte eine private Grundstücksgesellschaft den Wilhelminenhof, eine ehemalige Domäne, baute eine Brücke über die Spree und ein Eisenbahngleis (die Industriebahn Oberschöneweide). 1890 baute die AEG das erste Fabrikgebäude für eine Batteriefertigung (wegen des Gleisanschlusses). Es folgten das Kraftwerk Oberspree (das erste Dampfturbinen-Drehstrom-Kraftwerk in Deutschland für die großflächige Stromversorgung Berlins), ein Kabelwerk mit einem Kupferwalzwerk, einer Drahtzieherei und einem Gummiwerk.

Das Gebiet wurde ein Schwerpunkt der Elektroindustrie. In unmittelbarer Nähe zu den Fabriken entstanden die Mietshäuser für die Arbeiter.

Es war die Gründerzeit der industriellen Entwicklung des Deutschen Kaiserreichs. Nicht zuletzt die hohen Reparationszahlungen Frankreichs an das Deutsche Reich nach dem Deutsch-Französischen Krieg 1870 bis 1871 finanzierten den industriellen Aufbau.

 

Mit der Industrie- und Wohnbebauung wurde der Köpenicker Gutsbezirk eine selbständige Landgemeinde (1898). Nach nur 22 Jahren wurde die kommunale Selbständigkeit wieder beendet. Am 1. Oktober 1920 trat das Groß-Berlin Gesetz in Kraft. In die bisherige Stadtgemeinde Berlin wurden sechs kreisfreie Städte und Teile der umliegenden Landkreise eingemeindet. So auch Oberschöneweide.

 

Werbeplakat der NAG
1914 bis 1917 wurde für die AEG-Tochtergesellschaft „NAG Nationale Automobil-Gesellschaft AG“ ein Neubau errichtet, heute als „Behrensbau“ zur Erinnerung und Ehrung seines Architekten bezeichnet. Die Fertigungsanlagen im Kabelwerk Oberspree, wo man mit der Automobil-Fertigung begonnen hatte, reichten nicht mehr aus.

Die Automobil-Gesellschaft der AEG wurde von Emil Rathenau zusammen mit seinem Sohn Walther 1901 als „Neue Automobilgesellschaft“ gegründet und 1915 „patriotisch“ in „Nationale Automobilgesellschaft“ umbenannt. Im Werk in Oberschöneweide (1904 mit 1.400 Arbeitern) wurden PKWs, Lieferwagen, LKWs und Omnibusse (damals auch schon Doppeldecker) gebaut. Sie wurden von Benzin- bzw. Dieselmotoren angetrieben. Eine kurze Zeit wurden auch Elektromobile, hauptsächlich als Taxis (Elektrodroschken), gebaut. Sie setzen sich aber nicht durch.

In der Zeit (1905 – 1910) baute auch Siemens Elektroautos in Berlin (Siemens-Schuckert-Werke in Berlin-Siemensstadt).

1934 beendete die AEG die Automobilproduktion (1938 wurde mit dem Bau des Volkswagenwerks in Fallersleben bei Braunschweig begonnen). Im Behrens-Bau wurden Elektronenröhren für Radargeräte der Wehrmacht und Fernmeldekabel und Fernmeldeapparate gebaut.


Blick vom Behrensturm 




Jetzt hat im Behrensbau u.a. die Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW ihren Campus Wilhelminenhof. In einer der ehemaligen Werkshallen erinnert eine Ausstellung „Unvollendete Metropole“ an die Entwicklung von „Groß Berlin“ und Ideen für die Weiterentwicklung der Region bis 2070.


Die Ausstellung "Unvollendete Metropole" zeigt auch die 
Abbildungen der Rathäuser von 18 ehemals selbständigen Städten.


Den Behrensbau und die umliegenden Industrie-Grundstücke hat 1919 die „Deutsche Immobilien Entwicklungs AG (DIE AG)“, eine Berliner Projektentwicklungsgesellschaft, gekauft. In den nächsten Jahren sollen hier weitere  Büroflächen entstehen

* * *

Die Informationen stammen meist aus Wikipedia- und           
anderen Artikeltn im Interntet, ohne Zitierung im Einzelnen.
 


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Zu Fuß durch die Alpen

August 2021

Eine Wanderung auf dem Wanderweg Via Claudia Augusta 

von Füssen nach Meran,
über den Fernpass und den Reschenpass, 
in 12 Wandertagen mit insgesamt 241 Kilometern
und mit 2 Tagen in Meran. 

Mit den Abschnitten:

Einführung

(1) Durch das Lechtal und das Reuttener Becken
(2) Durch das Ehrwalder Becken, über den Fernpass und  
       durch das Gurglbach-Tal 
(3) Durch das Tiroler Oberinn-Tal
(4) Über den Reschenpass und durch den Vinschgau
(5) In Meran 

                                            Die Informationen zu den Berichten stammen meist aus  
  Wikipedia- und anderen Internet-Artikeln, ohne Zitierung


Einführung

Mit dem Fahrrad sind wir (Eva, Eckhard und ich) im Juni 2017 über die Alpen gefahren Zuerst bin ich von Berlin bis München geradelt und dann zusammen von München über den Brenner bis nach Verona. Danach haben wir die Elbe-Radtour von Prag bis Cuxhaven gemeinsam gemacht.

Jetzt wollten wir zu Fuß gehen, natürlich über die Alpen.
Mit dem Fahrrad sind wir der Römerstraße Via Raetia gefolgt. Den gleichen Weg wollten wir jetzt nicht gehen. Also haben wir zunächst geschaut, welche Wege es über die Alpen gibt.
 

Viele Wege führen nach Rom – auch über die Alpen?

In römischer Zeit hieß es „Viele Wege führen nach Rom“. Aber über die Alpen, zu den nördlichen Territorien des Römischen Reiches, waren es so viele nicht.

Den Römerweg über den Brenner, die Via Raetia, sind wir ja schon mit dem Fahrrad gefahren. Von München sind wir nach Innsbruck und dann die Route der Römerstraße bis Verona geradelt. Unsere Frauen Eva und Uschi waren in einem "Begleitfahrzeug" dabei. Siehe "Radreise Berlin - Verona" in diesem Blog.

Der andere Römerweg führt von Füssen über die Alpen nach Meran und ist ein Teil der Via Claudia Augusta, die Venedig am Mittelmeer mit Augsburg nördlich der Alpen verband. Die Via Raetia hat die gleichen Endpunkte, überquert die Alpen aber über den Brenner (Verona - Bozen – Eisacktal - Brenner - Innsbruck - Mittenwald - Augsburg). Die Via Claudia führt über den Reschenpass und den Fernpass (Verona – Bozen – Etschtal – Reschenpass – Oberinntal – Fernpass – Füssen – Augsburg). Sie war die erste Straßenverbindung, auf der römische Soldaten, Kaufleute und Handwerker über die Alpen zu den nördlichen Territorien reisen konnten. 

Einen anderen Weg hatte ich mir auch angesehen. Der führt ebenfalls von Füssen nach Meran und überquert die Hohen Tauern. Das ist auch ein interessanter Weg, aber mit Hüttenübernachtungen. Das will ich nicht mehr. Vielmehr möchte ich das Wandererlebnis etwas bequemer haben. Da bot sich der Wanderweg der Via Claudia Augusta an. Der hat zwar zwei Pässe, die aber nicht so hoch sind. Sonst ist es eine Wanderung durch bewohnte Täler. 

Grundlage der Wegplanung

Der Fernwanderweg Via Claudia Augusta war der Ausgangspunkt der Planung. Er wird von der "Via Claudia Augusta Transnational EWIV" mit Sitz in Füssen betreut. Das ist eine gemeinsame Organisation der nationalen Fernwanderweg-Vereine in Italien, Österreich und Deutschland. Ich habe mich meist, aber nicht immer, an die offizielle Wegeführung gehalten. Abgewichen davon bin ich, um interessante oder historische Gebäude und Wege mit in unsere persönliche Route aufzunehmen.

Gelernt habe ich dabei, was eine EWIV ist. Das ist eine "Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung" nach dem Recht der Europäischen Union. Sie wurde 1985 als erste europäische Unternehmensform der damaligen EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft, 1957 von Belgien, Luxemburg, Niederlande, Frankreich, Italien und Deutschland gegründet) eingeführt. In Deutschland ist die EWIV eine Handelsgesellschaft (Personengesellschaften wie OHG und KG und Kapitalgesellschaften wie GmbH und AG) im Sinne des Handelsgesetzbuchs.

 Der Römerweg Via Claudia Augusta

Zur Erschließung des im Jahr 15  vor Christi eroberten Gebietes nördlich der Alpen (die spätere Provinz Raetia), brauchten die Römer eine Verbindung vom Römischen Reich in die eroberten Gebiete. Sie nutzten dabei schon bestehende Alpenpfade der Urbevölkerung, der Volksgruppen der Kelten und  Räter. Die Via Claudia Augusta führt von der Adria durch die Poebene, über den Reschenpass, das Oberinntal, den Fernpass und das Lechtal bis nach Augsburg im süddeutschen Alpenvorland. In der ersten Hälfte des ersten Jahrhunderts nach Christus ließ Kaiser Tiberius Claudius Augustus (Kaiser von 41 bis 54 nach Chr.) die Römerstraße als Heerstraße und Handelsstraße ausbauen.

Bis zum Bau einer weiteren Römerstraße über die Alpen, der Via Raetia, im 2. Jahrhundert n.Chr. war sie die bedeutendste Verbindung des Römischen Reiches zu den Provinzen nördlich der Alpen.

Mit dem Untergang des Römischen Reiches verloren auch die Verbindungen über die Alpen an Bedeutung. Erst im Mittelalter wurden die Alpenstraßen wieder intensiver genutzt, so für den Salzhandel. Über die Via Claudia Augusta wurde ab dem 15. Jahrhundert das Salz aus dem österreichischen Hall bis zum Bodensee und die Schweiz transportiert. Im Mittelalter zogen die Deutschen Könige über die Alpen nach Rom, um sich vom Papst zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches krönen zu lassen. Sie nahmen dabei die Route über den Fernpass (aber auch über den Brenner). Um die Verbindung zu sichern, belieh Kaiser Konrad II. 1207 den Bischof von Trient mit zahlreichen Ländereien, so auch mit dem späteren Südtirol und Trentino (Provinz Triest).


Die Landschaften des Römerwegs - ein Überblick

Die Wanderung beginnt im bayrisch-österreichischen Grenzgebiet. Füssen gehört zum schwäbischen Landkreis Ostallgäu. Hinter der bayrischen Grenze beginnt das österreichische Tirol.

Außenfern

Die erste Landschaft der Wanderroute ist das Außenfern, eine historische Landschaft, die dem heutigen politischen Bezirk Reutte im österreichischen Bundesland Tirol entspricht. Zum Außenfern gehören das Lechtal und das Reuttener Becken und daran anschließend die Tallandschaft Zwischentoren und das Ehrwalder Becken. Danach kommt der Fernpass.

Der Name Außenfern ist von "Außer dem Fern", vor dem Fernpass, abgeleitet. Besiedelt wurde das Außerfern von Alemannen (aus dem Schwabenland/Allgäu). Bei der Bildung von Landesherrschaften im Heiligen Römischen Reich (die Herzogtümer Schwaben, Bayern, Franken, Sachsen usw. bildeten sich) kam das Außenfern zur Grafschaft Tirol. Die kulturellen und wirtschaftlichen Beziehungen zum Allgäuer Raum blieben lange bestehen. So war das Außenfern bis 1816 kirchlich dem Bistum Augsburg unterstellt. (1816 wurde im Vertrag von München ein Gebietstausch zwischen Bayern und Österreich geregelt. Bayern gab u.a. das in der Napoleonischen Zeit erhaltene Innviertel an Österreich zurück).

Das Lechtal von Füssen bis Reutte ist der erste Abschnitt der Wanderung im Außenfern. Im Westen des Tales liegen die Allgäuer Alpen. Südlich von Reutte beginnen die Lechtaler Alpen. Die Lechtaler Alpen sind Teil der Nördlichen Kalkalpen, ein 600 Kilometer langer Gebirgszug vom Bodensee bis Wien, der den Zentralalpen vorgelagert ist. Im Osten wird das Tal von den Ammergauer Alpen begrenzt. Nördlich von Füssen ist die Landschaft von Moränen ehemaliger Gletscher geprägt.

Das Reuttener Becken schließt an das Lechtal an (Reutte, Ehenbichl). Es entstand durch einen eiszeitlichen Gletscher, der eine Talsenke schuf.

Hinter Reutte weicht der Römerweg den südlichen Lechtaler Alpen aus und schwenkt nach Südosten in die Tallandschaft Zwischentoren (Heiterwang, Bichlbach), die zwischen dem Reuttener Becken und dem Ehrwalder Becken liegt.

(In einem weiteren Sinn wird mit "Zwischentoren" ein größeres Gebiet zwischen der Ehrenberger Klause und dem Fernpass bezeichnet).          

Das Ehrwalder Becken (Lermoos, Ehrwald, Biberwier) ist wie das Reuttener Becken durch einen Gletscher entstanden. In römischer Zeit war das Becken ein großes Moorgebiet. Östlich des Ehrwalder Beckens ist das Zugspitzgebiet und die österreichisch-deutsche Grenze.

 Fernpass und Gurglbach-Tal

Das Bergmassiv des Fernpasses begrenzt das Ehrwalder Becken nach Süden. Vor 4.100 Jahren ist das Bergmassiv durch einen Bergsturz entstanden. Er bildete eine stark gegliederte Bergsturz-Landschaft mit Wällen, Gräben, kegelförmigen Hügeln und Mulden, in denen sich Seen bildeten (u.a. der Fernstein-See). Der Bergsturz verschüttete das davor liegende Tal und bildete eine neue Wasserscheide. Nach Norden fließt seitdem die Loisach (die zuvor nach Süden floss und jetzt in die Isar mündet) und abfließend nach Süden entstand neu der Gurglbach. Der Gurglbach entspringt nordwestlich des Fernpasses und mündet in den Inn. Im Gurglbachtal ist der weitere Verlauf der Römerstraße und unseres Wanderweges Richtung Süden (Fernsteinsee, Nassereith, Imst).

 Tiroler Oberinntal

Dann folgt der Weg dem Tal des Inn, den Flusslauf aufwärts. Es ist das Tiroler Oberinntal (Landeck, Pfunds), das vom Schweizer Engadin bis etwa Innsbruck reicht. Nördlich des Inntals sind die Nördlichen Kalkalpen, südlich die Zentralalpen.

Das Inntal ist eine wichtige Ost-West-Verkehrsachse (Arlbergbahn, Autobahn Innsbruck, Tiroler Bundesstraße). Durch einen Teil des Inntals führt auch die Nord-Süd-Verkehrsverbindung (Fernpassstraße, Römerstraße Via Claudia Augusta).

 Reschenpass

An einem der Inn-Zuflüsse, dem Stiller Bach, verlässt der Römerweg das Oberinntal und wendet sich talaufwärts dem Alpenhauptkamm zu, den er auf dem Reschenpass erreicht. Östlich davon sind die Ötztaler Alpen. Hinter dem Reschenpass ist die Grenze zwischen Tirol in Österreich und Südtirol in Italien.

Tirol gehörte über eine lange Zeit zum Herzogtum Bayern. Ab etwa dem 6. Jahrhundert begann die Besiedlung Tirols durch die Bajuwaren. Das Siedlungsgebiet reichte bis in das heutige Südtirol.
Mitte des 14. Jh. ging die Grafschaft Tirol an den Habsburger Herzog von Österreich, Kärnten und der Steiermark.

Die Grafschaft Tirol umfasste im Wesentlichen die Gebiete des heutigen Nordtirols (nördlich des Brenners, die Orte Reutte, Innsbruck, Kufstein, Kitzbühel), Südtirols (südlich des Brenners, die Orte Meran, Brixen, Bozen, Bruneck) und Osttirols (östlich von Südtirol, der Ort Lienz).

Nach dem 1. Weltkrieg kam der südlich des Brenners gelegene Teil Tirols an Italien.  Italien war 1915 nach geheimen Gebietszusagen (Südtirol und Trentino) an der Seite der Entente (England und Frankreich) in den Krieg gegen Deutschland und Österreich eingetreten.

(siehe ausführlicher: Radreise Berlin - Verona. 7. Teil Geschichte (5) Tirol)

 Vinschgau

Südlich des Reschenpasses beginnt der Vinschgau mit dem Reschensee und der oberen Etsch bis zur Etsch-Talstufe Töll. Dann folgt der Meraner Talkessel, der zum Burgenland gehört.

Der Vinschgau/Val Venosta war schon im Frankenreich (772 n.Chr.) eine Verwaltungseinheit, ein Gau. Der Hauptort ist Schlanders.

Der Name geht auf den in dem Tal in Vorzeiten ansässigen Stamm der Venosten zurück. In den Jahren 16 und 15 v.Chr. wurden die Venosten während der römischen Alpenfeldzüge besiegt und in die römische Provinz Raetia (das heutige Graubünden und das Alpenvorland bis zur Donau) eingegliedert.

Anfang des 11. Jahrhunderts erhielt der Fürstbischof von Trient den Vinschgau als kaiserliches Lehen. Die römisch-deutschen Kaiser wollten so die wichtigen Verbindungswege über die Alpen gesichert wissen. Kirchenrechtlich blieb das Gebiet aber beim Bistum Chur.

Im 11. Jahrhundert entstand die Grafschaft Tirol mit dem Vinschgau und dem Burggrafenland (Meran). Später kamen das Inntal und das Eisacktal dazu. Im 12. Jahrhundert erfolgte die deutschsprachige Besiedlung durch das Kloster Marienberg.

Bis zum 1. Weltkrieg gehörte der Vinschgau und das Burggrafenland politisch zur Grafschaft Tirol und zur Habsburger Monarchie.

Das Etsch-Tal verläuft in der Hauptsache (ab Mals) in West-Ost-Richtung. Die auf der Nordseite liegenden Berge werden als Sonnenberg bezeichnet, die im Süden liegenden Berge sind die Nördersberge. Durch die südexponierte Lage ist der Sonnenberg sehr trocken. Eine landwirtschaftliche Nutzung ist nur mit Bewässerung möglich. Dadurch sind dort viele Bewässerungskanäle entstanden, die Waale, die das Wasser höher gelegener Bäche und Quellen verteilen. Durch das milde Klima gedeihen am Sonnenberg Wein und Esskastanien.

Der Talgrund war früher die Kornkammer Tirols. Nach dem 1. Weltkrieg wurde die Landwirtschaft überwiegend vom Obstanbau (Äpfel) geprägt. Die Felder waren für eine maschinelle Bearbeitung zu klein und oft auch zu steil. Von 30.000 Hektar Getreideflächen blieben 243 Hektar übrig (Jahr 2.000).

 Meraner Becken

Es folgt das Meraner Becken, ein Talkessel der Etsch, das politisch das Burggrafenamt ist.

Das Burggrafenamt/Burgraviato war das Kerngebiet der historischen Grafschaft Tirol. Den Namen Burggrafenamt hat der schon im Mittelalter bestehende Verwaltungsbezirk erhalten, weil er direkt dem Burggrafen zu Tirol unterstellt war.

Neben Meran gehören heute wegen ihrer Nähe zu Meran auch Orte des Vinschgaus Partschins und Naturns zum Burggrafenamt.


(1) Durch das Lechtal und das Reuttener Becken

Anreise nach Füssen. Beginn der Wanderung im Lechtal, 1. Wandertag, und Fortsetzung am 2. Wandertag von Reutte bis nach Lermoos am Beginn des Ehrwalder Beckens.


Anreisetag: Füssen

Dienstag, 10. August 2021.
Übernachtung im Hotel Sonne. 

Füssen

15.500 Einwohner, Deutschland, Freistaat Bayern, Regierungsbezirk Schwaben, Landkreis Ostallgäu.

Die Entstehung des Ortes ist eng mit der Römerstraße Via Claudia Augusta verbunden. Fundamentreste eines römischen Kastells stammen aus dem 4. und 5. Jahrhundert. Der Name der Stadt ist von dem Namen des römischen Militärlagers "Foetibus/Foetes" (Lateinisierung des germanischen "fot", Fuß, - zu Füßen der Berge) abgeleitet.

 

Im 5. Jahrhundert endete die römische Herrschaft.  Nach dem Ende des Weströmischen Reiches kamen die Ostgoten und später gehörte Füssen zum Fränkischen Reich.


Die zivile Entwicklung begann mit dem St. Gallener Mönch Magnus und der Gründung eines Klosters durch die Augsburger Bischöfe.

Das Ostfränkische Reich errichtete eine Vogtei. 1294 erhielt Füssen das Stadtrecht.

1803 kam Füssen im Zuge der Säkularisierung als Teil des Fürstbistums Augsburg zum Herzogtum Bayern, 1806 bekam das  inzwischen Königreich gewordene Bayern auch das Kloster Mang.

 

Frankreich hatte 1794 die deutschen linksrheinischen Gebiete besetzt. 1801 wurden diese Gebiete dem französischen Staatsgebiet zugeordnet. Als Entschädigung für dort verlorene Herrschaften erhielten die Fürstentümer des Heiligen Römischen Reiches enteigneten Kirchenbesitz (Säkularisierung) im übrigen Reich. Geregelt wurde das mit dem Reichsdeputationshauptschluss 1803, der neben der Enteignung (Säkularisierung kirchlichen Eigentums) auch die Auflösung kleinerer Fürstentümer (Mediatisierung - das Eigentum blieb erhalten, nur Souveränitätsrechte gingen verloren) vorsah.



Stadtrundgang:

Kloster Sankt Mang

Am Anfang war die Einsiedelei des Mönchs und Missionars Magnus aus dem Kloster St. Gallen. Daraus entstand im 9. Jahrhundert das Kloster Sankt Mang als Eigenkloster der Augsburger Bischöfe. Die Klostergründung war nicht nur religiös motiviert. Mit dem Kloster besetzten die Augsburger Bischöfe einen geographisch wichtigen Ort, die Engstelle des Lechs an der Handelsstraße von Augsburg über die Alpen nach Oberitalien.

Anfang des 17. Jh. wurde die unregelmäßig gewachsene Klosteranlage im Barockstil überformt. Die mittelalterliche Basilika wurde eine nach venezianischen Vorbildern gestaltete Barockkirche.

In der Napoleonischen Zeit wurde das Kloster 1803 säkularisiert. Später ging die Klosterkirche als Schenkung an die Pfarrei Füssen (1837). Anfang des 20. Jahrhunderts kaufte die Stadt Füssen die Klostergebäude und nutzt sie als Rathaus und für ein Museum. 



Kloster und Klosterkirche St. Mang



Innenraum



Ein gezähmter Drache als Kandelaber-Figur
Erinnerung an den Hl. Magnus als Drachentöter.
Der überwundene und gezähmte Drache wurde Diener der Kirche.

Krypta St. Mang
Ältester Raum der Klosterkirche St. Mang.

Hohes Schloss

Das Schloss auf dem Berg oberhalb des Klosters wurde im 15. Jahrhundert in seiner heutigen Form von den Bischöfen von Augsburg errichtet bzw. umgebaut. Das Burgschloss gilt als eines der am besten erhaltenen mittelalterlichen Burganlagen in Bayern.

Schon in römischer Zeit stand auf dem Berg ein Kastell. Der Bayrische Herzog errichtete Ende des 13. Jahrhunderts eine Burg, um seine Ansprüche über das Füssener Gebiet abzusichern. Wenig später erwarb das Augsburger Hochstift die Burg. 

Heute ist ein Teil des Schlosses Finanzamt und Museum.


Das Schloss trohnt über der Stadt

Aufgang zum Schloss

Schlosshof mit Illusionsmalereien von 1499 
(gemalte Erker, Fensterbrüstungen und Verzierungen)

Franziskaner Kloster

Im Dreißigjährigen Krieg (1638) gründete der Augsburger Bischof das Franziskaner Kloster St. Stephan. Die ersten Mönche kamen aus dem benachbarten Reutte. Heute leben dort ältere Franziskanerbrüder. 

Klosterhof an der historischen Stadtmauer

Kloster und Klosterkirche


Heilig-Geist-Kirche

An dem Ort der Kirche stand bis zu einem Brand in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts eine Spitalkirche des benachbarten Spitals. Der Neubau der Kirche erfolgte im Rokokostil mit einer vollständig bemalten Fassade. 

Außenfassade und Innenraum

In der Kirche eingemauert


Altstadt

Klosterplatz, Brotmarkt (hier entstand die erste Siedlung), Schrannenplatz (mit dem Schrannehaus von 1483, in dem die Bauern der Umgebung ihr Getreide verkauften), Reichenstraße sind das Zentrum der Altstadt Füssens mit vielen bemalten Hausfassaden.

In der Innenstadt


Eine kleine Kirche zwischen Bürgerhäusern:
  Krippkirche St. Nikolaus von 1717,
  1611 als "Kapelle zu unserer Frauenkrippe" errichtet
  (Warum "Krippkirche"?)


Die Berge über den Dächern von Füssen

Im Jahr 2000 wurde das Festspielhaus Neuschwanstein am Ufer des Forggensees für das Musical Ludwig II., König von Bayern, gebaut. In der Nähe von Füssen sind die bayrischen Schlösser Neuschwanstein und Hohenschwangau.


* * *


1. Wandertag: Füssen – Reutte


Mittwoch, 11. August 2021.
Füssen – Pinswang – Reutte.
Übernachtung Hotel zum Mohren.


14 Kilometer – 210 Meter bergauf, 170 Meter bergab.
Höchster Punkt 890 Meter.


Ab Füssen folgt der Wanderweg Via Claudia Augusta dem Lech flussaufwärts. Gleich hinter Füssen passieren wir den Lechfall. Dann kommt die deutsch-österreichische Grenze.

Die Staustufe Lechfall

Der Lech hinter der Staustufe

Der Lech ist ein südlicher Nebenfluss der Donau. Die Quelle ist im österreichischen Bundesland Vorarlberg. Er fließt durch Tirol und Südbayern. Größere Städte am Lech sind Füssen, Landsberg und Augsburg.

Nördlich von Füssen fließt der Lech durch den Forggensee. Der ist als Stausee nach dem Bau der Staumauer an einem Lech-Durchbruch bei Roßhaupten in einem eiszeitlichen Becken entstanden. In römischer Zeit war hier die Via Claudia Augusta. Beim winterlichen Abstau des Sees ist der Straßendamm erkennbar.

Der Lechfall ist ein 12 Meter hohes Stauwehr am Ende einer Klamm (eingeschnittenes Tal), das Ende des 18. Jh. zur Nutzung der Wasserkraft gebaut wurde. Über einen Stollen wird das Wasser auf zwei Turbinen (Neubau 2007) unterhalb des Stauwehrs geleitet.

Den Flussbogen des Lech kürzen wir ab, gehen dafür aber ein Stück den Berghang hinauf. Es ist eine von zwei Steigungen der Wanderstrecke. Die andere ist die Sternschanze hinter Oberpinswang. Sonst ist der Weg eine ebene Talstrecke.

In den Bergen südlich von Füssen, im Gebirgsstock bei Pinswang, bauten die Römer den dort vorkommenden gelblichgrauen Marmor ab. Ein Sarkophag, der heute in Kempten ausgestellt wird, stammt aus der Felswand über Pinswang.

Etwas weiter südlicher, beim Gutshof zum Schluxen, wurde im 15. Jahrhundert Eisenerz abgebaut.

Die Talebene bei Pinswang

Es folgt die Ruine der Sternschanze am Kniepass. In der Zeit des 30-jährigen Krieges war sie als Vorwerk der Festung Ehrenberg gebaut worden. Die Burg Ehrenberg sicherte die nördliche Grenze Tirols. Über den Kniepass führte der Weg von Reutte nach Füssen.

Aufstieg zur Sternschanze

Ruine der Sternschanze

Von der Sternschanze 
hat man den Inn und den Kniepass gut im Blick

Über die Ortsteile Pflach und Hüttenbichl ("Bichel" - Hügel) gehen wir in die Stadt Reutte hinein. Im Ortsteil Pflach (der Name kommt aus dem mittelhochdeutschen „vlach“ – Ebene) bestand im 16. Jahrhundert eine Messinghütte. Das Kupfer kam vom Unterinn, das Zinkerz aus der Umgebung des Fernpasses. 

Bei Hüttenbichl

Vor Reutte

Reutte

7.000 Einwohner, Österreich, Bundesland Tirol, Bezirk Reutte. 

Der Name Reutte bezeugt den Ursprung der Gemeinde, eine Rodungssiedlung. Als "Ruthi prope Breitenwanch" (Reutte bei Breitenwang) wird der Ort 1278 bezeichnet. Damals war der Nachbarort Breitenwang bedeutender.

Ursprünglich führte die Via Claudia Augusta nicht durch Reutte, sondern durch Breitenwang (Name: Breiter Wiesenhang).  Erst als die Straße verlegt und bei Reutte eine Brücke über den Lech gebaut wurde (1464), verlagerte sich die Bedeutung von Breitenwang nach Reutte.  1471 (anders: 1612) wurde Reutte "Rodstation", dann Markt (1489) und knapp ein Jahrhundert später (1553) Gerichtssitz anstelle der Festung Ehrenberg. Unter Kaiserin Maria Theresia wurde Reutte 1754 Hauptort eines neuen Kreises Oberinntal (mit Imst und Landeck und Teilen des heutigen Südtirols). Kirchlich blieb Reutte allerdings bis 1945 Teil der katholischen Pfarre Breitenwang.

Wirtschaftliche Bedeutung erlangte Reutte durch den Salzhandel. 1649 wurde Reutte Hauptniederlagsort für den Salzhandel. Der dadurch entstandene Wohlstand hielt bis etwa 1800 an.

1921 gründete Paul Schwarzkopf in Reutte die Metallwerk Plansee GmbH. Das Unternehmen stellt Molybdän und Wolfram und damit beschichtete Werkzeuge und Formteile her (auch Komponenten für Brennstoffzellentechnologie, hochtemperaturbeständige Bauteile für LEDs, Spezialbeschichtung für Raumfahrzeuge) und gilt als Weltmarktführer. Rund 1.000 Mitarbeiter.


Stadtrundgang:

Häuser mit Fassadenmalereien. Die meisten stammen von dem Reuttener Freskenmaler Johann Jakob Zeiller (1708 - 1783). Nach Lehrzeiten in Rom und Neapel erlangte er in Wien den Titel eines "Kaiserlichen Hofmalers".  Mit dem Titel war er von allen Gewerbesteuern befreit. 
Er malte auch das große barocke Kuppelfresko der Klosterkirche von Ettal (1.300 Quadratmeter).  

Grabherrhaus

Zeillerhaus

Tauscherhaus

Grünes Haus

Bezirkshauptmannschaft
Ehem. Gasthof zur Gemse

St. Anna Kirche 
Kirche des ehem. Franziskanerklosters. 
Das Kloster wurde 1628 von dem Habsburger Erzherzog Leopold IV.
 und seiner Frau Claudia von Medici gestiftet. 2014 wurde das Kloster 
mangels Ordenspersonals geschlossen. 

Gasthof Schwarzer Adler

Alte Post

Gasthof zum Mohren (in dem wir übernachtet haben)
Reutte besitzt viele Gasthöfe, die durch die Lage an der
Handels- und Salzstraße entstanden sind.
Auffallend viele waren geschlossen, Corona bedingt?


Floriankapelle
Rokokokapelle. Um 1760 gebaut. 
Fresken am Fassadengiebel von 1951.

Die Salzstraße

Über die Route der Römerstraße Via Claudia Augusta wurde ab dem 15. Jahrhundert das Salz aus dem Tiroler Hall transportiert. Sie führte bis an den Bodensee und die Schweiz. 

Von Hall wurde das Salz den Inn entlang bis Imst und dann weiter nach Norden über Nassereith und Fernstein nach Reutte gebracht. Von dort wurden das Bodensee-Gebiet und die Schweiz versorgt. Von Imst nach Süden führte die Salzstraße über den Reschenpass und den Vinschgau in das heutige Südtirol. 

Das Salz wurde in Fässern mit Pferd und Wagen, im Winter auch mit Schlitten, von Rodstation zu Rodstation transportiert, die eine Tagesstrecke (ca. 30 Kilometer) auseinanderlagen.

"Rod" bedeutet Reihe und bezieht sich auf die Reihenfolge, in der die Fuhrwerksbesitzer die Transporte durchführen durften. Die Rodordnung reglementierte auch, wer das Salz transportieren durfte. Auf der Strecke zwischen Reutte und Füssen durften zu einem Drittel nur Fuhrleute aus den Pfarrbezirken Breitenwang und Aschau fahren, zwei Drittel der Fracht stand den Fuhrleuten aus dem Pfarrbezirk Reutte zu. Jeder Fuhrmann durfte nur eine Fahrt pro Tag machen. Sollten die Fuhrleute aus den drei Pfarreien den Transport nicht schaffen, durften andere übernehmen.

Für die Straßenbenutzung musste Zoll gezahlt werden. Eine solche Zollstelle war die Ehrenberger Klause.         

Nach 1800 wurde das Haller Salz über den Arlberg transportiert. Die Rod-Fuhrleute verloren ihre Arbeit. Die Männer mussten darum im Sommer als Handwerker ins Ausland gehen. Schulpflichtige Kinder wurden zum Verhüten in das Schwabenland geschickt (Schwabenkinder - Der Film "Schwabenkinder" von 2003 zeigte anschaulich das Elend dieser Kinder). Die wirtschaftliche Situation wurde erst besser, als 1825 eine Leinenfaktorei angesiedelt wurde und später Baumwollspinnereien.



Erinnerung an den in Reutte geborenen 
Forstmeister und Professor Dr. Walter Bitterlich.
Er entwickelte Methoden der Erfassung 
des Baumbestandes in Wäldern.

Südtirol-Siedlung:


In den 1940er Jahren wurden in Füssen und anderen Orten in Österreich sogen. Südtirol-Siedlungen gebaut. Die Diktatoren Hitler und Mussolini hatten ein Abkommen geschlossen, nach dem sich deutschsprachige Südtiroler entscheiden mussten, ob sie nach Deutschland oder Österreich auswandern (das waren die „Obtanten“) oder in Italien bleiben wollten (die „Dableiber“). Bis Ende des 2. Weltkriegs wanderten 75.000 aus. Für sie wurden die Südtirol-Siedlungen gebaut.

In der Reuttener Südtirol-Siedlung


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2. Wandertag: Reutte - Lermoos


Donnersteag, 12. August 2021.
Reutte - Heiterwang - Bichlbach - Wengle - Lahn – Lermoos.
Übernachtung Gasthof Juchhof 


24 Kilometer – 440 Meter bergauf, 360 Meter bergab.
Höchster Punkt 1.160 Meter.

In Reutte verlassen wir das Lechtal und folgen einem kleinen Bach hinauf zur Burgruine Ehrenberg

Von Reutte Richtung Burg Ehrenberg 
Blick auf die Lechtaler Alpen

Der Wanderweg im Tal des kleinen Katzenbichlbachs

Die ehemalige Festungsanlage wird jetzt von dem Verein "Burgenwelt Ehrenberg" unterhalten und betrieben. Eine 406 Meter lange Fußgängerbrücke "highline 179" verbindet das Burgareal Ehrenberg und das Fort Claudia (nur die 494 Meter lange Europabrücke in Zermatt ist länger). 

Die Eingangstore der Festung Ehrenberg

"highline 179"
Die Zahl 179 verweist auf die Fernpassstraße B 179.

Burgruine Ehrenberg

Als Sicherung Tirols gegenüber Bayern entstand die Burg Ehrenberg Ende des 13. Jahrhunderts am Nordrand der Lechtaler Alpen, oberhalb des rechten (westlichen) Inntals. Im Laufe der Zeit wurde sie Teil eines größeren Festungskomplexes. 

Weiter oberhalb der Burg ist die Festung Schlosskopf, Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut.

Unterhalb der Burg wurde ein befestigtes Gebäude, die Ehrenberger Klause, zur Sperrung des Tals und als Maut- und Zollstelle errichtet.

Im 17. Jahrhundert kam auf der anderen Talseite das Fort Claudia hinzu (benannt nach der Erzherzogin von Österreich, Claudia de Medici).

Nicht lange danach, 1782, gab Kaiser Josef II. (Sohn Maria Theresias) die gesamte Festungsanlage auf, wie fast alle anderen Tiroler Festungen auch. Die Festungsgebäude wurden als Steinbruch verkauft.

Dann gehen wir hinunter nach Heiterwang. Hier beginnt die Landschaft Zwischentoren. Die Fernpassstraße begleitet uns in einigem Abstand. Der Ort ist seit Ende des 13. Jh. bekannt. Es war eine Pferdewechselstation der Handelsstraße. Der Name Heiterwang kommt von "Aytenwanch" (Brennesselwiese). 

Heiterwang


Kleinigkeit am Weg - Erdbeere zum Naschen

Gößeres am Weg - Ameisen


Blick auf Bichlbach


Postsäule  an der Via Claudia Augusta -
allerdings nicht aus der Römerzeit.
Der Meilenstein stammt aus dem 19. Jh.,
"10 deutsche Meilen von Innsbruck",
ca 75 Kilometer.


           Auf der Via Claudia Augusta

Wir gehen zwischen Heiterwang und Bichlbach ziemlich genau auf der Route der alten Via Claudia Augusta.

In Römerzeiten diente sie als Heerstraße der Versorgung der vom Römischen Reich eroberten Gebiete nördlich der Alpen. 

In der Zeit des Heiligen Römischen Reiches benutzten die Deutschen Könige und Kaiser den Weg bei ihren Reisen nach Rom. Kaiser Lothar III. von Supplinburg (1075 – 1137) starb in Breitenwang (bei Reutte) 1137 auf der Rückreise von seinem 2. Italienfeldzug (sein Leichnam wurde in den Kaiserdom in Königslutter (bei Helmstedt in Niedersachsen überführt).

Im Mittelalter verlief der Orienthandel (Gewürze, Wein, Baumwolle aus Ägypten) zwischen Venedig und Augsburg auf der Handelsstraße.

Tiroler Salz wurde ab 1200 (bis zum Bau der Eisenbahn über den Arlberg 1884) in die Österreichischen Vorlande (Habsburger Besitz in der Schweiz, Voralberg, Baden-Württemberg, bayrisches Schwaben) transportiert. Um 1660 waren es  täglich über 40 Wagen nur mit Salz, die durch das Außenfern befördert wurden.



Vor Bichlbach:






Im nächsten Ort, Bichlbach, machen wir einen Abstecher zur Zunftkirche St. Josef. Es ist die einzige Zunftkirche Österreichs. Im 17. Jahrhundert mussten die Bewohner des Außenfern ihren Lebensunterhalt als Saison-Handwerker in den nördlichen Regionen, insbesondere in Schwaben, verdienen. Bevor sie zu Saisonbeginn hinauszogen, trafen sie sich in der Josefskirche.

Die Steinkirche wurde 1710 bis 1718 anstelle einer Holzkirche gebaut, die an die Verschüttung des zu Bichlbach gehörenden Ortes Lähn 1689 durch eine Lawine erinnern sollte. Um das zu ermöglichen, gründete der Pfarrer eine Zunft der Bauhandwerker, die durch eigene Arbeit  und Abgaben die Kirche bauen sollten. Es entstand "Die hochlöbliche bruderschaft Jesu. Mariae. Josef in dem Dorf und Pfarr Piechelbach und einverleibte Handwerkhsleuth" mit 240 Mitgliedern.

Zunftkirche St. Josef


Alpenpanorama bei Bichlbach

Bichlbach

Der Ort wurde vom Allgäu aus (Kloster Füssen) besiedelt.

Um 1300 wurde hier Waschgold gefunden. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde Blei abgebaut. Bergmänner siedelten sich an.

Als die Bleivorkommen erschöpft waren, mussten die Bergleute als Handwerker in Schwaben arbeiten. 1694 gründeten sie eine Handwerker-Zunft. Bevor sie auf Wanderschaft gingen, trafen sie sich in der Josefkirche. Sie wurde eine Zunftkirche, die einzige in Österreich. 1732 wurde sie zu einer barocken Kirche ausgebaut.

Bichlbach war die südlichste Pfarrei des Bistums Augsburg an der Grenze zum Bistum Brixen.


Wir wandern auf dem Höhenweg am östlichen Rand der Tallandschaft. Unten im Tal liegen die Dörfer Wengle und Lähn, die noch zu Bichlbach gehören. Der Ortname Lähn bedeutet Lawine und erinnert daran, dass der Ort durch eine Lawine vollständig zerstört wurde (1456 und 1689). Südlich des alten Platzes wurde der Ort weiter unten im Tal neu gebaut. In neuerer Zeit wurde ein Lawinen-Schutzwall angelegt.


Die Berge immer im Blick:



Zwischen Wengle und Lähn

Obergarten

Obergarten, Ortsteil von Lermoos



Lawinenschutz zwischen Wengl eund Lähn.
Lange Wälle sollen das Tal schützen.
Nützlicher Nebeneffekt: Nasch-Himbeeren



So ein kleiner Bach und ein so gewaltiges Sperrwerk.
Es muss bei Unwettern viel Wasser und Geröll 
hier herunterkommen, das aufgehalten werden muss.

Ein friedlicheres Bild: Bienenstöcke am Waldrand.

Bei Lermoos gehen wir hinunter in das Tal. Lermoos liegt am nordwestlichen Beginn des Ehrwalder Beckens. 

Wir gehen nach Lermoos hinunter

Das Zugspitzmassiv im Osten

Lermoos - dahinter die Lechtaler Alpen im Süden

           Lermoos

           1.200 Einwohner, Bundesland Tirol, Bezirk Reutte.

Der Ort liegt am Nordwest-Rand des Ehrwalder Beckens (Ehrwald am östlichen Rand). In früherenn Zeiten waren große Teile des Talkessels ein großes Moorgebiet, das Lermooser Moor.


Lermoos gilt als einer der ältesten Orte nördlich des Fernpasses. Als "Larinmoos" wird er im 11. Jahrhundert urkundlich erwähnt. Die Lage an der Römerstraße und später an der Salzstraße machten Lermoos wirtschaftlich bedeutsam. Es war Rodstation mit einem "Salzstadl". Mit der Verlagerung der Salzstraße über den Arlberg verlor Lermoos wie Reutte seine Bedeutung.


Barocke Pfarrkirche St. Katharina
aus Mitte des 18. Jahrhunderts.
Die Glocke ist von 1811, eine der ältesten Glocken
in Nordtirol.

Altar und Deckenfresken


Der Grabstein an der Kirche 
erinnert an einen Salzfaktor (Salz-Großhändler) von Lermoos.
Interessant ist die unterschiedliche Schreibweise 
von Vater (von Didrich) und Sohn (von Dietrich).


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