Silberstadt Freiberg am Wochenende des Weltkulturerbes
September 2019
Am 14. September 2019 feierte
Freiberg die Aufnahme der (deutschen und tschechischen) Erzgebirgs-Region in die Liste des UNESCO-Welterbes und gleichzeitig den 250. Geburtstag ihres
berühmtesten Bergakademie-Studenten.
Den Titel
Welterbe (Weltkulturerbe und Weltnaturerbe) verleiht die UNESCO an
historisch, künstlerisch oder wissenschaftlich herausragende Regionen oder
Orte. Die Auszeichnung ist eine Verpflichtung für die Erhaltung des Erbes, aber
auch eine gute Werbung.
Mit der Anerkennung der Erzgebirgsregion
werden die technologischen und wissenschaftlichen Innovationen über acht Jahrhunderte
gewürdigt.
In Berlin sind die Großsiedlungen der
„klassischen Moderne“ (1913 -1934 gebaut) Welterbe. Dazu gehört die
GSW-Siedlung Siemensstadt (Architekten u.a. Hans Scharoun und Walter Gropius).
Die Aufnahme in die UNESCO-Welterbe-Liste erfolgte 2008 (nach meiner Zeit als
Geschäftsführer der GSW).
An dem Wochenende der Weltkulturerbe-Verleihung und des Humboldt-Geburtstags trafen sich die ehemaligen Assistenten-Kollegen und Doktoranden des Göttinger Lehrstuhls von Professor Dr. H.K. Weber mit Partnern in Freiberg. Einmal im Jahr treffen wir uns entweder in Göttingen oder in einem Arbeitsort eines ehemaligen Weber-Schülers. Dieses Jahr hatte Professor Dr. Silvia Rogler nach Freiberg eingeladen und das Programm organisiert, u.a. die Einfahrt in die „Reiche Zeche“.
Alexander von Humboldt
Freibergs berühmtester Student
war Alexander von Humboldt, dessen 250. Geburtstag am Tag der
Welterbe-Verleihung ebenfalls gefeiert wurde. Der 21-jjährige Humboldt schrieb
sich am 14. Juni 1791 in der Bergakademie für das Studium des Bergbaus und
Minenwesens ein und studierte dort 8 Monate.
Es war aber nicht sein erstes Studium. 1787
hatte er mit seinem zwei Jahre älteren Bruder das Studium an der Alma mater Viadrina in Frankfurt/Oder
aufgenommen.
„Viadrina“
(lateinisch) bedeutet „die an der Oder gelegene“.
Alma mater (lateinisch, „gütige Mutter“)
wird im deutschsprachigen Raum als Bezeichnung für Universitäten gebraucht. Die
Studenten wurden „mit Bildung und Wissen genährt“. Die Verwendung der
Bezeichnung geht auf die „Alma mater studiorum“ der ältesten Universität
Europas, die Universität Bologna, zurück.
Alexander von Humboldt studierte „Kameralwissenschaften“
(Staatswirtschaftslehre), sein Bruder Wilhelm Jura. Die Studien sollten nach
dem Willen der Mutter auf den Staatsdienst vorbereiten (Der Vater war
preußischer Offizier und Kammerherr der Prinzessin von Preußen gewesen. Der spätere
König Friedrich Wilhelm II. war Taufpate
Alexanders.).
Beide verließen nach einem Semester Frankfurt.
1789 immatrikulierte sich Alexander in Göttingen
für das Studium der Naturwissenschaften (u.a. bei dem Physiker Georg
Christoph Lichtenberg). Danach ging er nach Hamburg, um in der Handelsakademie seine kameralistische Ausbildung
zu beenden.
Danach strebte Humboldt eine Anstellung bei
dem Generalbergkommissar für das sächsische Bergwesen an.
Das war Friedrich Anton von Heynitz. Zusammen mit dem Oberberghauptmann
Friedrich Wilhelm von Oppel gründete er 1765 die Bergakademie Freiberg. Später
war Heynitz Minister und Oberberghauptmann in Preußen.
Zur Vorbereitung studierte er acht Monate an der Freiberger
Bergakademie.
1792 erhielt Alexander von Humboldt eine
Anstellung als „Bergassessor cum voto
( mit
der Berechtigung, amtliche Gutachten zu erstellen). Schon nach einem halben
Jahr wurde er Oberbergmeister für
den Bergbau im Fichtelgebirge und Frankenwald.
In Steben (Landkreis Hof, Oberfranken)
gründete er mit eigenen Mitteln die erste Arbeiter-Berufsschule in Deutschland.
Unterrichtet war von Schichtende bis 23 Uhr.
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Bergparade 2019 |
1785 quittierte er den Dienst. Ein
beträchtliches Erbe ermöglichte ihm ein berufsfreies Leben. Er beschäftigte
sich mit Arbeiten zur Biologie und Chemie.
Schon als Bergbeamter hatte er mit der
Vorbereitung einer Forschungsreise nach
Südamerika begonnen. 1799 startete er seine erste große Forschungsreise, zu
deren Beginn er Teneriffa besuchte und den höchsten Berg Spaniens, den 3715
Meter hohen Teide, bestieg.
Die Seereise nach Südamerika unternahm
Humboldt von La Coruña an der spanischen Atlantikküste aus. Die Abfahrt
verzögerte sich, weil englische Kriegsschiffe die spanische Küste blockierten. Frankreich
(Napoleon) hatte Spanien in seinen Krieg gegen England hineingezogen.
Gefeiert wurde die Weltkulturerbe-Verleihung und der Geburtstag Humboldts mit einer Bergparade. Das ist der Aufzug der
Bergmannskapellen und Bergmannsvereine der Region in ihrer traditionellen
Berufs(Sonntags-)kleidung. Mit dabei war Silvia Rogler in ihrer Funktion als
Prorektorin der Universität.
Silberstadt Freiberg in Sachsen
Freiberg ist kreiszugehörige
Stadt im Kreis Mittelsachsen des Freistaates Sachsen, etwas über 40.000
Einwohner.
Die Stadt liegt etwa in der geografischen Mitte Sachsens, zwischen Chemnitz und Dresden, im Tal der Freiberger Mulde, auf der von
Norden langsam ansteigenden Hochfläche des östlichen
Erzgebirges.
Das Erzgebirge
ist Quellgebiet mehrerer nach Norden entwässernder Flüsse: Die Zwickauer
Mulde im Westen und im Osten die Freiberger
Mulde, die als Mulde bei Dessau-Roßlau in die Elbe mündet. Kleinere Flüsse
fließen bei Dresden und Pirna in die Elbe.
Der Kamm
des Erzgebirges bildet seit 1459 die Grenze
zwischen Tschechien und Deutschland (damals zwischen dem Königreich Böhmen
und dem Kurfürstentum Sachsen – siehe im Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den
Beitrag „Von Prag nach Magdeburg Teil I“). Es ist die älteste noch bestehende
Grenze in Europa.
Die Stadt steht auf dem Freiberger Gneisdom, eine geologische
Formation im Ost-Erzgebirge, das auch das Rahmengestein der Silberlagerstätten
ist.
Gneis ist ein Gestein, das unter hohen Druck- und
Temperaturverhältnissen entstanden ist.
Es besteht hauptsächlich aus Feldspat und Quarz (Feldspat und Quarz sind die in
der Erdkruste am häufigsten vorkommenden Minerale).
Gneis hat eine typische Bänderstruktur
heller und dunkler Bänder, durchzogen mit (glitzernden) Glimmermineralien. Man
erkennt das gut an Hausmauern, die aus Gneis bestehen.
Die Bezeichnung des Gesteins als „Gneis“
stammt von den Bergleuten des Erzgebirges im 16. Jahrhundert. Das Gestein heißt
auch im Französischen und Englischen „gneiss“.
Geschichte Freibergs
Bis zur Mitte des 12.
Jahrhunderts waren große Teile Südsachsens und des Erzgebirges unerschlossener
Urwald.
Zum
Vergleich:
München wurde 1157/1158 durch Heinrich den
Löwen, Herzog von Bayern, gegründet.
Die Mark Brandenburg wurde im gleichen Jahr
(1157) durch Albrecht den Bären begründet (Eroberung der Brandenburg). Davor
begann 1147 der Wendenkreuzzug, mit dem die slawischen Gebiete östlich der Elbe
wieder erobert wurden. Eine erste Eroberung erfolgte schon 928/929 (Schlacht
bei Lenzen, Gründung der Bistümer Brandenburg und Havelberg), die aber durch
den Slawenaufstand 983 verloren ging.
Berlin (und Cölln, heute Teil Berlins)
wurden 1237 und 1244 als Handelsorte erstmals erwähnt.
Der Markgraf von Meißen (Wettiner,
1125 – 1190, später erhielt er wegen seines Silberreichtums den Zusatz
„der Reiche)) ließ den Wald roden und siedelte
Bauern im Erzgebirgsvorland an. In Annaberg kamen die Bauern zum Beispiel
aus Franken. Auf dem Gebiet der heutigen Stadt Freiberg wurde ein Waldhufendorf, Christiansdorf, mit der Kirche St. Donati, angelegt. Die stand in
der Nähe des heutigen Donatsturms.
1081 hatte der Wettiner Graf auf Eulenburg (Heinrich I.) die Markgrafschaft
Lausitz und 1089 die Markgrafschaft Meißen vom römisch-deutschen Kaiser
(Heinrich IV.) als Lehen erhalten.
1168 wurden bei dem Dorf
Christiansdorf silberhaltige Bleierze
entdeckt. Drei Jahre vorher hatte Markgraf Otto das Kloster Marienzelle (heute
Altzella, an der Freiberger Mulde, nördlich von Freiberg) gegründet und es mit Ländereien
um Christiansdorf ausgestattet. Nach dem Silberfund gelang es ihm, die Ländereien
vom Kloster zurückzutauschen.
Er erreichte es auch, von Kaiser Friedrich I. Barbarossa (1155 –
1190 römisch-deutscher Kaiser) das Bergregal
für das Gebiet der Mark Meißen als Lehen zu erhalten. Damit sicherte er sich
das Recht auf den Abbau aller Bodenschätze, das seinen Reichtum begründete (und
den Namen Otto „der Reiche“).
Friedrich I. Barbarossa hatte 1158 die Ausbeutung von Salinen und Silberminen
als „regales“, als königliches
Anrecht formuliert, das weiterverleihbar war (Reichstag von Roncaglia, Italien).
Damit wollte er die königliche Macht insbesondere gegenüber den Kommunen in
Oberitalien wiedergewinnen.
Um das Silber abbauen zu können,
mussten Bergleute gewonnen werden.
Die wurden mit der sog. Bergfreiheit geworben. Der Bergleute konnten in einem
abgesteckten Areal frei und auf eigene Rechnung nach Silber schürfen. Von den
Erträgen mussten sie den Zehnten an den Landesherren abgeben.
Zu Hilfe kam dem Herzog bei der Anwerbung
von Bergleuten der Streit Heinrichs des Löwen mit Kaiser Barbarossa um die
Stadt Goslar. Heinrich der Löwe hatte bereits 1173 erfolglos die Belehnung mit
Goslar vom Kaiser gefordert. Nach seiner Ächtung belagerte Heinrich der Löwe
die Stadt, aus der Kaiser Barbarossa Goslar 1180 befreite. Vorher hatte
Heinrich der Löwe die kaiserlichen Hütten und Erzgruben zerstört, weswegen der
Bergbau bis 1209 ruhte. Viele Goslarer
Bergleute folgten darum dem Ruf des Silberfundes und zogen in das
Erzgebirge und nach Freiberg. Es entstand die Bergmannsiedlung Sächsstadt mit der
Jakobikirche westlich der Freiberger Altstadt.
Zu Anfang war das Schürfen sehr
erfolgreich. Durch Verwitterung und Auswaschungen waren die Silberanteile im
Oberflächenerz relativ hoch. Im Bereich der späteren „Himmelfahrt Fundgrube“
(s. u. Einfahrt in den Schacht „Reiche Zeche“) sind 330 solcher Gruben namentlich bekannt.
Später mussten Schächte und
Stollen gegraben werden. Grundwasser und eindringendes Oberflächenwasser musste
abgeschöpft werden (s. u. Revierwasserlaufanstalt).
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Schloss Freudenstein |
Ende des 12. Jahrhunderts war der
Bergbauort so groß wie das ältere Leipzig.
Herzog Otto ließ zwischen 1170
und 1180 eine Burg als markgräflichen
Herrenhof errichten (das spätere Schloss
Freudenstein). In der Zeit wurde auch
die Marienkirche (Dom am Untermarkt) gebaut.
1201 (1218?) ist erstmals der
Stadtname „Freiberg“ (Vrilberge, Friberch) belegt. Abgeleitet soll der Name aus
der „Bergfreiheit“ sein. Um 1300 war Freiberg die größte Stadt der
Markgrafschaft Meißen.
Später, 1423, erhielt der Markgraf von
Meißen das Kurfürstentum Sachsen (Sachsen-Wittenberg) als Lehen (die askanische
Linie war ausgestorben). Die Mark Meißen ging in dem Kurfürstentum
Sachsen auf (s. im Internet-Blog „Sattel und Schuh“ den Beitrag „Radreise
Berlin – Verona, Teil 7“). Das Silber des Erzbergbaus machte das Kurfürstentum
wohlhabend.
1485
war die Leipziger Teilung. Die
Brüder Ernst und Albrecht traten zunächst gemeinsam das Erbe ihres Vaters,
Kurfürst Friedrich II., gemeinsam an,
einigten sich später aber auf die Teilung des Kurfürstentums. Freiberg kam zum Herzogtum Sachsen mit
Albrecht als Herzog (und Markgraf von Meißen). Sein Bruder Ernst erhielt
die Kurfürstenwürde.
Die Erträge aus dem Erzbergbau und das
Münzrecht standen beiden zu gleichen Teilen zu. Das hielt aber nur bis 1530,
von da ab wurde getrennt gemünzt. Auslöser der Trennung war, dass der Kurfürst
von Sachsen den Silbergehalt des sächsischen Guldens verringern wollte, der
Herzog von Sachsen dies aber ablehnte.
1547
ging die Kurfürstenwürde von der ernestinischen auf die albertinische Linie
über. Herzog Moritz wurde
Kurfürst.
Vorausgegangen war der Schmalkaldische Krieg
(1546 – 1547). Kaiser Karl V. (in Personalunion auch König von Spanien) kämpfte
gegen den protestantischen Schmalkaldischen Bund, angeführt vom Kurfürstentum
Sachsen, um den Protestantismus zurückzudrängen. Herzog Moritz von Sachsen
verpflichtete sich gegenüber dem Kaiser zur Neutralität und erhielt dafür die
Herrschaft über das Hochstift Halberstadt und das Bistum Magdeburg.
Der Schmalkaldische Bund verlor. Der albertinische Herzog Moritz bekam die Kurfürstenwürde seiner ernestinischen Verwandten
und Landesteile des Kurfürstentums (Gebiete um Wittenberg und Zwickau). Die
ernestinischen Wettiner mussten sich mit der Herzog-Würde begnügen und
behielten im Wesentlichen nur die thüringischen Gebiete.
Das Schloss Freudenstein in Freiberg wurde Residenz der sächsischen
Herzöge (albertinische Linie). Heinrich
der Fromme (1473 – 1541), Bruder des sächsischen Herzogs, erhielt Amt und
Schloss Freiberg (Vater war Herzog Albrecht). 1536 beerbte er seinen Bruder und
wurde Herzog von Sachsen und Markgraf von Meißen.
Er bekannte sich zur Lehre Luthers und führte den Protestantismus
als Staatsreligion im albertinischen Herzogtum Sachsen ein. Sein, Bruder Herzog
Georg, war katholisch geblieben. Das ernestinischen Kurfürstentum Sachsen war schon
10 Jahre früher evangelisch geworden.
Der Bergbau im Erzgebirge
1168 wurde bei dem Dorf Christiansdorf
(später Stadt Freiberg) das erste
Silbermetall gefunden. Um 1300 war Freiberg die größte Stadt der Markgrafschaft
und hatte Handelsbeziehungen zu den großen Städten Norditaliens.
1471 wurde am Schneeberg (Stadt Schneeberg, südwestlich von
Chemnitz) Silber gefunden. 1478 gab es
dort 167 Silbergruben. Ein Bergwerk wird 1453 erwähnt. Es wurden zinn-,
eisen-, und kupferhaltige Erze abgebaut.
1491 folgten Funde am
Schreckenberg (Stadt Annaberg-Buchholz,
östlich von Schneeberg). 1496 wurde auf Weisung des Herzogs eine „Newe Stat am
Schrekenbergk“, die Stadt Annaberg, gegründet. In der 1. Hälfte des 16. Jh.
war Annaberg nach Freiberg die zweitgrößte Stadt im Herzogtum.
Etwa 1522 kam Adam Ries (1492 – 1559, auch Adam Riese genannt) nach Annaberg, der hier
bis zu seinem Lebensende als Bergbeamter (Rezessschreiber/Buchhalter) tätig war.
Adam Riese gilt als
„Vater des modernen Rechnens“. Er hat entscheidend dazu beigetragen, dass die
römische Zahlendarstellung (I, II, III, IV etc.) durch indisch-arabische
Zahlzeichen (1, 2, 3, 4 etc.) ersetzt wurde.
Bekannt ist die Redewendung
„nach Adam Riese“.
1520
fand man östlich von Annaberg reiche Erze und ein Jahr
später entstand dort die Stadt Marienberg
planmäßig auf dem Reißbrett.
In Joachimsthal
(heute Jáchymov) in Böhmen, im tschechischen Teil der
Erzgebirgsregion, wurden Anfang des 16. Jahrhunderts erstmals Silbermünzen geprägt,
weil sich aus gemünztem Silber ein höherer Gewinn erzielen ließ. Vorher wurde
das Silber an Handelshäuser verkauft.
Nach dem Prägeort
wurden die ersten Münzen „Jochachimsthaler“
genannt. Daraus entstand verkürzt die Bezeichnung Taler, niederdeutsch „Daler“,
holländisch „Daaler“ und schließlich in Nordamerika die Bezeichnung „Dollar“.
Mitte des 16. Jahrhunderts war die große Zeit des Silberbergbaus vorbei. Die Erzgewinnung in größerer Tiefe verursachte höhere
Kosten. Dann bedeutete der 30-jährige
Krieg das Aus für die meisten Silbergruben.
In den
folgenden Jahrhunderten wurde immer wieder Silber-Bergbau an verschiedenen
Orten betrieben. Die Funde konnten jedoch an den Silberreichtum der Blütezeit
nicht mehr heranreichen. Nachdem 1873 die Währung des Deutschen Reiches auf
Gold umgestellt wurde, sank der Wert des Silbers immer mehr und der
Silberbergbau wurde praktisch bedeutungslos.
Ende
des 18. Jh. wurde der Silberbergbau durch verbesserte Abbau- und
Aufbereitungsmethoden wiederbelebt. 1765 wurde dafür die Bergakademie Freiberg gegründet. Bis 1913 war die Mehrzahl der Silbergruben abermals und auf Dauer stillgelegt.
Die
Autarkiebestrebungen im nationalsozialistischen Deutschland führten zur
Errichtung neuer Bergwerke, wobei andere Bodenschätze als Silber in den
Vordergrund traten, Wolfram, Nickel und Mangan zur Stahlveredelung.
In der
DDR-Zeit wurde im Erzgebirge nach Uran gesucht. Die SDAG Wismut (Sowjetisch
Deutsche Aktiengesellschaft – Wismut war
ein Tarnname für den Uranabbau) nutzte die bestehenden Bergwerke (u.a.
Schneeberg, nicht aber Freiberg).
Revierwasserlaufanstalt Freiberg
Um die
unterirdischen Stollen betreiben zu können, musste das Grubenwasser abgeschöpft werden. Dazu wurden Wasserknechte beschäftigt, die mit Leder- und Holzeimern das Wasser
aus dem Bergwerk schafften. Im Freiberger Revier wurden bis zu 2.000
Wasserknechte beschäftigt. Manchmal waren mehr Wasserknechte als Hauer unter
Tage.
Um 1300
wurden Stollen zur Entwässerung der
Gruben gebaut. Die Freiberger Topographie war dazu gut geeignet. Die Erzgruben
lagen teilweise höher als das Tal der Mulde. Ein erster Stollen wurde mit Entwässerung
in die Mulde angelegt.
Viel später, die Schächte wurden immer tiefer
vorangetrieben, wurde ein Entwässerungsstollen zum Elbtal angelegt. Von 1844
bis 1882 wurde der Rothschönberger Stolln
aufgefahren (so die Fachsprache). Er endet nach über 50 Kilometern bei
Rothschönberg im Tal der Triebisch, die weiter nördlich in die Elbe mündet.
Ab
Mitte des 16. Jh. wurden sog. Pumpenkünste und Wasserkünste eingesetzt. Das war ein System zur Hebung und
Ableitung des Wassers. Untertage eingesetzte Pumpen wurden von oberirdischen
Wasserrädern angetrieben. Dazu wurde ein System aus Teichen, Gräben und Stollen
angelegt, dass die Pumpenkünste mit „Aufschlagwasser“ (das die Wasserräder
antrieb) versorgten.
Ab 1558
wurde ein solches System zur Wasserhaltung in Freiberg angelegt, die Revierwasserlaufanstalt. Sie besteht
aus über 70 Kilometer Gräben und Stollen mit 11 Teichen. Heute werden Freiberg,
Chemnitz und der Dresdener Raum daraus mit Trinkwasser versorgt.
Etwa in der
gleichen Zeit entstand das Oberharzer
Wasserregal für die Bergwerke im Harz. Der Bergbau begann hier im 12. und
13. Jahrhundert durch die Mönche des Zisterzienser-Klosters Walkenried. Am
Rammelsberg bei Goslar soll der Bergbau schon 968 begonnen worden sein.
Wiederbelebt wurden die Bergwerke im Harz ab etwa 1520 durch den Herzog von
Braunschweig-Wolfenbüttel.
Bergakademie und Universität
Vorläufer
der Bergakademien Freiberg waren die Bergschulen,
die der beruflichen Ausbildung der Bergleute dienten. Bereits 1702 wurden in
Freiberg staatliche Stipendien für die Ausbildung von Berg- und Hüttenbeamten
vergeben (Stipendienkasse beim Oberbergamt Freiberg).
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Gründungshaus der Bergakademie |
1765
wurde die „Kurfürstlich-Sächsische Bergakademie
zu Freiberg“ als „montanwissenschaftliche
höhere Bildungseinrichtung“ gegründet. Gründer war der Enkel August des Starken, Franz Xaver von Sachsen. Die geistigen
Väter der Akademie waren der Generalbergkommissar Friedrich Anton von Heynitz
und der Oberberghauptmann Friedrich Wilhelm von Oppel. 1766 begannen die
Vorlesungen im Haus des Oberberghauptmanns in der Akademiestraße 6. Heute ist
dort das Hauptgebäude der Universität.
Nach dem
7-jährigen Krieg (1756 – 1763, auch dritter schlesischer Krieg, Preußen bekam
das österreichische Schlesien) sollte ein wirtschaftlicher Aufschwung im
Fürstentum Sachsen durch Verbesserung des Wissens über die Gewinnung,
Aufbereitung und Weiterverarbeitung gefördert werden.
Zwei chemische Elemente wurden in der Akademie entdeckt, Indium (wird als Leiter bei Flachbildschirmen und Touchscreens verwendet) und Germanium (wird in der Hochfrequenztechnik und in Glasfasern eingesetzt).
Die
Bergakademie ist die älteste noch
bestehende montanwissenschaftliche Bildungseinrichtung der Welt.
1899 wurde die Bergakademie mit den Technischen Hochschulen gleichgestellt.
1993
wurde die Bergakademie in „Technische
Universität Bergakademie Freiberg“ umbenannt. Die Universität hat sechs Fakultäten
(und eine virtuelle), darunter die Wirtschaftswissenschaftliche
Fakultät mit Volkswirtschaftslehre und Recht sowie Betriebswirtschaftslehre (u.a. der Lehrstuhl für Rechnungswesen und
Controlling Prof. Dr. Silvia Rogler). Es
gibt die Studiengänge mit Abschluss Bachelor, Master und Diplom.
Einfahrt in den Schacht „Reiche Zeche“
Zur
Universität gehören auch zwei Schachtanlagen, die als Lehr- und Forschungsbergwerke betrieben werden. Es sind die Schächte
„Reiche Zeche“ und „Alte Elisabeth“ der Erzgrube „Himmelfahrt Fundgrube" (Erzgruben hatten immer mehrere Schächte). Die
Erzgrube war eine von drei Gruben im Freiberger Zentralrevier. Ende des 19.
Jahrhunderts fuhren durchschnittlich 1.500 bis 2.000 Mann in die Grube „Himmelfahrt
Fundgrube“ ein.
Die Universität Freiberg ist europaweit
die einzige Hochschule mit einem
Bergwerk für Forschungs- und Lehrzwecke.
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Schacht "Reiche Zeche" |
Für Besucherführungen darf der „Förderverein Reiche Zeche“ das Bergwerk
mitbenutzen. Der Schacht „Reiche Zeche“
bestand bereits 1384 und ist eine der ältesten Freiberger Bergbauanlagen.
Für uns hatte Silvia Rogler eine Sonderführung organisiert. Ausgestattet mit
festem Overall, Gummistiefeln, Helm und Grubenlampe (bergmännisch: Geleucht)
sind wir mit dem Förderkorb (eng, max. 6 Personen) in die 150 Meter tiefe Sohle
des Bergwerks gefahren. Die Ausstattung war sinnvoll. Der Overall schützte vor
der Bergkälte (10 Grad Dauertemperatur sind im Bergwerk. Die wärmere
Erdtemperatur ist erst in größerer Tiefe). Die Gummistiefel waren notwendig,
Wasser war überall, es tropfte von der Decke und lief in kleinen, braunen
(Eisenoxid) Rinnsalen durch die Stollen. Und der Helm mit dem „Geleucht“ war
„überlebenswichtig“, die Stollen waren dunkel und zum Teil sehr niedrig. Immer
wieder kratzte mein Helm am Felsen, ohne hätte das blutige Schrammen gegeben.
Unterirdisch sind
wir rd. 3 Kilometer durch die Stolln (Stolln, ohne „e“, heißen die Stollen im sächsischen Erzgebirge) gewandert.
Teils stabiler Fels, teils mit Holz und Eisenschienen abgestützte Strecken,
teils als Tonnengewölbe ausgemauerte Abschnitte, je nach Beschaffenheit des Gebirges. Die
Stollen folgten den Erzgängen. Darum bekamen wir auch eine sportliche Einlage.
Über Fahrten (schrägen Leitern) und in den Fels gehauenen Stufen ging es 60
Meter hoch zur höher gelegenen Sohle. Teilweise war das ganz schön eng und nur
gebückt begehbar.
ilber haben wir
nicht mehr gefunden. Aber reines Silber gab es ja auch kaum. Meist war Silber
mit Blei- oder anderen Erzen verbunden.
Neben den visuellen Eindrücken bekamen
wir auch noch einige interessante Informationen über die Schachtanlage.
Wir bewegten uns auf der 150-Meter-Sohle. Die tiefste noch
begehbare Sohle liegt bei 220 Meter Tiefe.
Ab 230 Meter Tiefe ist das Bergwerk geflutet. Nach Beendigung des
aktiven Bergbaus wurden die Wasserpumpen in den tieferen Lagen abgestellt, so
dass die Stollen durch Grund- und Oberflächenwasser vollgelaufen sind. Der
Rothschönberger Stolln in 230 Meter Tiefe ist der künstlich geschaffene natürliche
Wasserabfluss des Bergwerks, der noch heute funktioniert.
Der tiefste Schacht im Bereich der
„Himmelfahrt Fundgrube“ war der Davidschacht mit 736 Metern (heute in 40 Meter
Tiefe verschlossen).
Die zum Rothschönberger Stolln
aufsteigenden Tiefenwässer haben
über das ganze Jahr eine Temperatur von 19 Grad (Tiefenwärme). Im
Rothschönberger Stolln hat das Wasser dagegen konstante 14 Grad. Das wird mit einer Geothermieanlage
genutzt. Im Sommer wird das Wasser des Rothschönberger Stolln zur Kühlung
benutzt, im Winter das Wasser des Schachtes zur Wärmegewinnung.
Die saubere, von Staub, Abgasen und
Pollen freie Luft des Bergwerks nutzt das städtische Krankenhaus für die Belüftung der Operationssäle und
Patientenzimmer.
Geothermie ist eines der vielen Forschungsfelder der Bergakademie. Ein
Hochdruckforschungszentrum betreibt eine Sprengkammer im Bergwerk. Mit dem „Helmholtz-Institut
Freiberg für Ressourcentechnologie“ wird der Bau neuer untertägiger
Forschungsinfrastrukturen geplant. Es sind sehr viele Aktivitäten, zu viele um
über alle hier zu berichten.
Aus dem Bergbau und Hüttenwesen
und in Verbindung mit der Bergakademie sind in und um Freiberg zahlreiche mittelständische
Betriebe entstanden.
Eines der interessanten Unternehmen der Solarzellenindustrie
und Photovoltaikherstellung, die 1998 gegründete Solarworld AG, ist 2017/2018 insolvent geworden und hat die
Produktion in Freiberg (Modulfertigung) und im thüringischen Arnstadt
(Fertigung von Solarzellen) eingestellt. In Freiberg waren rund 1.150
Mitarbeiter beschäftigt.
Freiberger Stadtrundgang
Das
Zentrum Freibergs bilden die Ober- und die Unterstadt. Die Unterstadt mit dem
Untermarkt ist der ältere Teil. Bereits um 1180 wurde die Marienkirche, der
heutige Dom, errichtet. Die Oberstadt mit dem Obermarkt wurde zwischen 1210 und
1217 durch den Markgrafen von Meißen angelegt.
Der von Silvia
Rogler vorbereitete Rundgang durch das historische Freiberg begann am Schloss.
Die Reihenfolge dieses Berichtes weicht etwas von unserem Stadtrundgang ab.
Obermarkt
Der historische
Obermarkt in Freiberg wurde bereits zwischen 1210 und 1217 bei den Planungen
der Freiberger Oberstadt angelegt. Damals umschloss der Markt auch die heute
südwestlich liegende Petrikirche. Die Häuserzeile, die den Obermarkt und den
heutigen Petriplatz trennt, wurde nach dem Stadtbrand von 1484 errichtet.
Anfangs war die Petrikirche auf dem höchsten Punkt der
Innenstadt die Hauptkirche der Stadt. Im 18. Jahrhundert erfolgte der barocke
Umbau, der Stadtbrand von 1728 (die Stadt erlebte mehrere große Brände) hatte
die Kirche zerstört.
Bis 1905 war in
dem Turm der Petrikirche eine Wohnung für die Türmerfamilie. Aufgabe des
Türmers war es, die Stadt vor Gefahren, insbesondere vor Bränden, zu warnen und
die Stundenglocke zu schlagen. Neben dem Petriturm hat die Kirche noch zwei
weitere, kleinere Türme.
Der Petriturm gehörte, obwohl bauliche
Einheit, wie bei vielen Kirchen vermögensrechtlich nicht zur Kirche, sondern wurde als städtisches Eigentum gesehen.
Seine Funktion war eine öffentliche, die der
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Silbermannorgel in der Petrikirche |
Gefahrenbeobachtung. Nach der
Reformation wurde die Kirche der Stadt unterstellt. Das Kirchenschiff wurde dem
„Geistlichen Einkommen“ zugeordnet, die drei Kirchtürme aber den „Öffentlichen
Gebäuden“.
Erst 1996
verzichtete die Stadt Freiberg zugunsten der Kirchengemeinde auf ihre Rechte am
Petriturm sowie an der Stunden- und Sturmglocke und der Heuerglocke (mit der
früher die Knappen zur Schicht gerufen wurden).
1735 wurde die Silbermann-Orgel geweiht (in der
gleichen Zeit hatte Silbermann auch die Orgel für die Dresdener Frauenkirche
hergestellt). Es ist die zweitgrößte von Silbermann gebaute Orgel (die größte
ist in der Hofkirche in Dresden).
In den 1980er
Jahren baute die Kirchengemeinde das Kirchenschiff zu einem Gemeindezentrum und
Ausstellungsraum um. Der Innenraum ist darum auf den ersten Blick nicht gut als
Kirche erkennbar.
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Rathaus am Obermarkt |
Am Obermarkt stehen mehrere spätgotische
Patrizierhäuser. Dominiert wird der Platz durch das um 1410 errichtete Rathaus. Der Rathausturm beherbergt ein
Glockenspiel aus Meißner Porzellan (täglich um 11:15 Uhr und
16:15 Uhr kann
man dort das Steigerlied „Glück auf, der Steiger kommt“ läuten hören).
In der Mitte des
Obermarktes steht der Brunnen (von
1897), der den Stadtgründer „Otto den Reichen“ und vier Wappenlöwen zeigt.
Eine Tradition
war und ist das „Löwenreiten“ der Freiberger Studenten nach Abschluss ihres
Studiums – ähnlich dem Küssen des Gänseliesels vor dem Göttinger Rathaus. Als
Erinnerung daran bewahrt so mancher Absolvent den Strafzettel des
Oberbürgermeisters „wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses durch Löwenreiten“
auf.
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Brunnendenkmal "Otto der Reiche" |
Wir haben im Hotel am Obermarkt gewohnt. Wie die meisten historischen Häuser
entstand das Gebäude nach dem letzten großen Stadtbrand von 1484. Eine Zeit
lang wurde es als Waisenhaus genutzt, darauf weist auch der Straßenname „Waisenhausstraße“
hin. Danach war es zeitweise Gefängnis, in Friedenszeiten für Landstreicher und
Trunkenbolde, in Kriegszeiten für die jeweiligen Gegner. Die sowjetische Besatzungsmacht
nutzte das Haus ebenfalls als Gefängnis. In der DDR-Zeit waren die
Konsumverwaltung und eine Einkaufsgenossenschaft untergebracht. Anfang der 90er
Jahre wurde das Hotel eingerichtet.
„Um die Ecke“, in der
Petersstraße, gibt es in einem sehr schönen Jugendstil-Café, in der Konditorei
Hartmann, den „Bauerhase“ und
die „Freiburger Eierschecke“.
Die „Dresdener Eierschecke“ hatten wir auf unserer Elbe-Radtour (mit Eva
und Eckhardt, die auch hier in Freiberg dabei sind) kennengelernt (s. im Internet-Blog
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Bergmannsdenkmal am Rathaus |
„Sattel
und Schuh“ den Beitrag „Von Prag nach Magdeburg, Teil III“). In der Konditorei
haben wir das Freiberger Gegenstück probiert, auch sehr gut. Der Unterschied
ist, dass die Dresdener Eierschecke zusätzlich zu der Eier-Zucker-Creme noch
eine Quark-Pudding Schicht auf dem Hefeboden hat.
Genauso gut war der „Bauerhase“, ein süßes Hefegebäck mit
Mandeln und Zuckerguss, eine Spezialität
der Konditorei. Um den Bauerhase rankt sich eine nette Sage. Am Abend vor der
Osterfastenzeit gab es beim Markgrafen ein üppiges Gelage. Nach Mitternacht
sollte es noch Hasenbraten geben. Dem widersprach der anwesende Kaplan heftig,
die Fastenzeit war angebrochen. Der Koch wollte es weder mit dem Markgrafen
noch mit dem Kaplan verderben. Er servierte einen Hasenbraten, der nur aussah
wie ein Hasenbraten, aber eben das beschriebene Hefegebäck war. Nach dem Koch,
er hieß Bauer, wurde es künftig „Bauerhase“ genannt.
Untermarkt
Den Namen bekam er aufgrund seiner Lage, gut 10 Meter tiefer als der
Obermarkt. Dominiert wird der Markt an seiner Südwestseite vom spätgotischen Dom St. Marien.
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Domherrenhof - heute Museum |
Gegenüber dem Dom steht der ehemalige Domherrenhof . Er wurde nach dem großen Stadtbrand von 1484 errichtet. Als nach
Reformation und Säkularisierung kein Domherr und damit auch kein Domherrenhof
mehr benötigt wurde, diente das Gebäude zunächst als Lateinschule. Seit 1903
ist der Domherrenhof Stadt- und Bergbaumuseum.
Die Nikolaikirche (am Ende der Engen Gasse)
ist die zweitälteste Kirche Freibergs (Ende des 12. Jahrhunderts, Mitte des 18.
Jahrhunderts im Stil des Barocks umgebaut). In den 1970er Jahren wurde die
Kirche aufgegeben, an die Stadt verkauft und als Lager und Requisitenkammer des
benachbarten Theaters genutzt. Jetzt wird das Kirchenschiff als Konzert- und
Tagungshalle genutzt.
Die Orgel ist nach
Silbermann´s Zeit von dem letzten Leipziger Universitäts-orgelbaumeister Johann
Gottlob Mende 1845 gebaut worden, in der
Klang-Tradition von Gottfried Silbermann. Die Orgel wurde von der
Kirchengemeinde nach der Entwidmung der Kirche an die Nikolaikirche in Wismar
verkauft. Das Taufbecken ging an die Frauenkirche in Dresden.
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Nikolaikirche |
Nach der Wende
wurde der Kirchenbau saniert. Die Universität hat ihre feierlichen Absolventenverabschiedungen
in dem Kirchensaal. Sonntags finden Trauungen statt.
Freiberg soll mit
dem Mittelsächsischen Theater das älteste
Theater der Welt (?) haben. 1789 kaufte ein Freiberger Unternehmer das Wohnhaus
am Buttermarkt und baute es zu einem Theater um. Da er mit der Theaterkunst das erwartete Geld nicht verdiente, verkaufte er das Theater bereits 1791 an die
Stadt. Zu dem Theater gehört das Mittelsächsische Philharmonieorchester.
1800 wohnte der
14-jährige Karl Maria von Weber für
einige Monate in Freiberg. In der Zeit wurde im Stadttheater sein erste Oper
aufgeführt, „Das Waldmädchen“. Sein bekanntestes Werk ist wohl die Oper „Der
Freischütz“, 1821 im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Berlin uraufgeführt.
Carl Maria von
Weber war ein Cousin von Mozarts Frau Constanze, geb. Weber (Bruder des
Vaters).
Am und in
unmittelbarer Umgebung des Marktes findet man viele Gaststätten, Cafés und Kneipen.
Unser gemeinsames Abendessen war im Restaurant
„Genussbar“ im Hotel Freyhof,
Mönchsstraße 1 (sehr zu loben), in der Unterstadt unweit des Doms.
Das Hotel stand
früher als „Unterhof“ im Gebiet des ehemaligen Burglehens. Das war im
Mittelalter das Wohnquartier der Ministerialen am meißenischen Hof. Die
Häuser, Freihäuser und Freihöfe, des Buglehens standen außerhalb der
städtischen Zuständigkeit und waren direkt dem Landesherren unterstellt. Das
Unterhof-Freihaus war von allen Steuern und Diensten befreit und durfte drei
tranksteuerfreie Biere brauen und Wein lagern. Damals musste alles genehmigt
werden.
Zu Anfang war der
Freyhof im Besitz von Bürgermeisterfamilien (1523). 1856 tagte das
Bezirksgericht in dem Haus. Ende des 19. Jahrhunderts wurde es Armenhaus der
Stadt Freiberg. Dann richtete die Stadt dort einen Kindergarten ein. Nach den
vielen unterschiedlichen Nutzungen ist das Haus seit 2016 das Hotel Freyhof.
Dom St. Marien
Der Dom St. Marien
entstand
bereits um 1180 als romanische Basilika. Beim Stadtbrand 1484 zerstört, wurde
der Dom als spätgotischer Bau wieder aufgebaut.
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Dom St. Marien |
Erhalten geblieben war
die „Goldene Pforte“, ein spätromanisches, um 1230 geschaffenes Rundbogen-Sandsteinportal,
mit Skulpturen reich verziert. Es war leuchtend-farbig bemalt. Ursprünglich war
es der Haupteingang der abgebrannten romanischen Kirche. Beim Wiederaufbau
wurde das Tor abgetragen und an der Südseite neu aufgebaut. Anfang des 20.
Jahrhunderts wurde die Goldene Pforte mit einem Vorbau gegen
Witterungseinflüsse geschützt, der gut in die Architektur eingepasst ist.
Die Orgeln im Dom (die
große und gegenüber die kleine) sind von Gottfried
Silbermann. Die Hauptorgel entstand von 1710 bis 1714. Die
gegenüberliegende kleinere Chororgel wurde erst 1939 im Dom eingebaut.
Ursprünglich befand sie sich in der Kirche St. Johannis (Hospitalkirche
außerhalb der Stadtmauer), die wegen Baufälligkeit gesperrt wurde (die Stadt
als Eigentümerin lehnt die Instandsetzung ab, in den 1990er Jahren wurde sie
als
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Goldene Pforte |
katholische Kirche saniert, die Silbermann-Orgel blieb im Dom).Im Mittelschiff stehen
gleich zwei Predigt-Kanzeln.
Die ältere ist die Tulpenkanzel von 1505. Der Predigtkorb
wächst freistehend aus einem von Pflanzen und Engeln umgebenen Mittelstamm.
Eine filigrane Arbeit aus hellem Tuffstein. Die Tulpenkanzel wird als
Festtagskanzel an hohen kirchlichen Festtagen genutzt. Die Bergmannskanzel ist aus Sandstein gefertigt (1638) und die Stiftung
eines Bürgermeisters. Ein Bergknappe und ein Steiger tragen die Kanzeltreppe
und den Kanzelkorb.
Der Dom war kurfürstliche
Grablege der albertinischen/protestantischen Wettiner von 1541 bis
1694. August der Starke trat zum Katholizismus über. Er selbst ist in der
Kathedrale des Krakauer Schlosses
beigesetzt. Seine Nachfahren wurden fortan in der Dresdener Hofkirche
beerdigt.
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Tulpenkanzel |
Vom Dom St. Marien ist die Grablege, der
frühere Hohe Chor, mit
einem Eisengitter getrennt. Das ist auch die Grenze zwischen der Kirche und der
jetzt dem Sächsischen Staat gehörende Grablege. Nach der Reformation wurde der katholische
Dom 1537 eine evangelische Kirche. Der Hohe Chor verlor seine Funktion und
stand leer. Nach dem Tod des
Kurfürsten Moritz von Sachsen 1553 (in der Schlacht bei Sievershausen bei
Lehrte in Niedersachsen) entstand die Idee, für ihn ein Grabmonument im Chor
des Doms zu errichten. 1563 war das Moritzmonument
im früheren Hohen Chor aus schwarzem Marmor fertiggestellt.
Hinter dem
Moritzmonument ist die kurfürstliche Begräbniskapelle
(auch als Nossini-Chor bezeichnet, nach dem Gestalter). An der Decke der
Kapelle ist das Weltgericht abgebildet, mit singenden und musizierenden Engeln.
Die Musikinstrumente der Engel sind
originale
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Moritzmonument |
Renaissance-Instrumente. Bei der Renovierung der Kapelle wurden sie abgenommen und im
Musikinstrumentenmuseum in Leipzig nachgebaut (aus dieser Zeit waren keine Instrumente mehr vorhanden), so dass man mit den Instrumenten
das typische Klangbild der damaligen Zeit rekonstruieren konnte.
Links und rechts des
Moritzmonuments sind zwei Kapellen. Die Südkapelle
(rechts) war vor der Reformation eine Marienkapelle. In ihr sind die Mutter und
Schwester August des Starken beigesetzt. In der Nordkapelle sind die Zinnsärge und Gräber der Wettiner
Familienmitglieder.
Wegen ihrer Pracht
vergleichen manche Domführer die
Freiberger Grablege mit dem Grabmal Kaiser Maximilians I. in der Hofkirche in
Innsbruck und der königlichen Grablege der Spanischen Herrscher in der Kloster-
und Palastanlage El Escorial in Madrid (u.a. der Habsburger Kaiser Karl V.).
Donatsturm und Stadtmauer
Bis ins 15. Jahrhundert
hinein war Freiberg die reichste Stadt in Sachsen. Entsprechend notwendig war
seinerzeit auch eine wehrhafte Befestigung der Stadt. Die Stadttore wurden
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Donatsturm |
zwar
im 19. Jahrhundert abgerissen – doch bedeutende Reste der Ummauerung sind bis heute erhalten. Der 35 Meter hohe Donatsturm wurde zum Schutz des
Donatstores im 15. Jahrhundert errichtet. Unweit des Donatsturms steht
die Jakobikirche
(Donatsring/Dresdener Straße). Sie ist ein Neubau von Ende des 19.
Jahrhunderts. Sie wurde anstelle der baufälligen und abgerissenen Pfarrkirche Jakobi des Dorfes Christiansdorf (von 1160) errichtet. Die
stand aber ganz wo anders, in der Altstadt, 200 Meter vom Dom entfernt
(Talstraße/Pfarrgasse).
Auch nicht weit vom Donatsturm
entfernt ist am ehemaligen Erbischen Tor (Hornstraße/Erbischen Straße) eine von
drei im Original erhaltene sächsische
Postmeilensäule. Postmeilensäulen stehen in vielen Städten in Sachsen, allerdings
sind es meist Nachbildungen.
Postmeilensäulen wurden
ab 1721 auf Anweisung August des Starken als Wegemarken errichtet. Sie waren
einheitlich 4,50 Meter hoch und zeigen die
Initialien des Kurfürsten (AR –
Augustus Rex) mit der Königskrone und dem kursächsichen sowie königlich
polnischen Wappen. Die Entfernungsangaben
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Schwedendenkmal |
sind in Stunden angegeben. 2 Stunden
entsprachen einer kursächsichen Postmeile, die 9062 Meter lang war, die
Stundengeschwindigkeit der Post war also etwas über 4,5 Kilometer.
An einem anderen Abschnitt der
alten Stadtmauer ist das Schwedendenkmal
zu sehen (im Albertpark). Es erinnert an die erfolgreiche Abwehr der
Belagerung durch schwedische Truppen während des 30-jährigen Krieges.
Dargestellt werden ein Bürger als Verteidiger, ein kurfürstlicher Soldat und
ein Bergmann mit einer Bergmannsaxt (Barte).
Schloss Freudenstein
1168 errichtete der Markgraf von Meißen eine Burg zum Schutz des Silberbergbaus. Ab 1505 residierte Herzog Heinrich der Fromme meist in Freiberg.
1566 begann der Neubau des Schlosses. Ende des 18. Jh. wurde es als
militärisches Magazin umgebaut. Später wurde die Fassade im Stil der
Renaissance (im Zustand von 1577) rekonstruiert. Heute ist es Ausstellungs- und
Archivgebäude und beherbergt die Mineraliensammlung.
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Wirtschafswissenschaftliche Fakultät am Schlossplatz |
Gegenüber dem Schloss Freudenstein sind das Gebäude der Fakultät für Wirtschafts-wissenschaften
(Schlossplatz 1) und das Haus der Werkstatt (Schlossplatz 6) des Orgelbauers Gottfried Silbermann (1683
– 1753).
Silbermann gilt als der bedeutendste mitteldeutsche
Orgelbauer der Barockzeit. Kurfürst Friedrich August I. (August der Starke, König
von Polen-Litauen) verlieh ihm das Privileg eines „Königlichen Hof- und
Land-Orgel-Bauers“. Lukrative Aufträge aus dem Ausland lehnte Silbermann ab, er
begrenzte seinen Wirkungskreis auf Dresden und Umgebung. Für Freiberger Kirchen
hat er fünf Orgeln geschaffen.
Insgesamt sind noch 31 von ehemals 50
Silbermann-Orgeln erhalten, in Dresden und in der näheren Umgebung.
Der Bruder von Gottfried Silbermann, Andreas Silbermann,
war Orgelbauer in Straßburg.
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Schloss Freudenstein |
Im Schloss ist die
Mineralienausstellung "Terra mineralia" der Universität Freiberg. 3.500 Mineralien, Edelsteine
und Meteoriten umfasst die Mineralienschau.
Die Mineraliensammlung
stammt von Erika Pohl-Ströher. Sie
überließ ihre 80.000 Exemplare umfassende Mineraliensammlung der Technischen
Universität als Dauerleigabe.
Der Großvater
von Erika Pohl-Ströher, der Friseur Franz Ströher aus Oberwiesental im
Erzgebirge, hat 1880 die Kosmetikfirma
Wella gegründet. 2003 erfolgte der Verkauf der Firma an Procter & Gamble
(nachdem 1994 die Kölner Mülhens KG mit der Marke „4711“ hinzugekauft wurde).
Heute
gehören die Wella-Werke zu dem Kosmetikkonzern Coty Inc. in New York
(Parfüme Hugo Boss, Gucci, Lacoste, Davidoff, Jil Sander).
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Krügerhaus am Schloss Freudenstein |
Am Schlossplatz 3
befindet sich das Krügerhaus der „Dr.
Erich Krüger Stiftung“. Der Freiberger Peter Krüger erzielte mit dem
Delikatessengeschäft „Schlemmermeyer“ in München und mit Immobilien ein
Millionenvermögen. Er überführte sein Vermögen in die nach seinem Vater
benannte Stiftung und vermachte sie der Universität Freiberg. Es ist das größte
Stiftungsvermögen einer staatlichen Hochschule in Deutschland.
Rückfahrt durch das Tal der Wilden Weißeritz
Zurückgefahren nach Dresden und
dann weiter nach Berlin sind wir mit der Bahn durch das romantische, teilweise
tief eingeschnittene Tal der Wilden
Weißeritz. Freiberg ist über Dresden gut angebunden (auch in die andere
Richtung nach Chemnitz). Nur der Freiberger Bahnhof müsste dringend saniert
werden.
Die Wilde Weißeritz entspringt im
tschechischen Erzgebirge und mündet als Vereinigte Weißeritz in Dresden in die
Elbe. Zwischen Freiberg im Tal der
Freiberger Mulde und dem Tal der Weißeritz fährt der Zug an einer hügeligen, waldlosen Hochebene vorbei, die mit
ihren Wiesen an das Allgäu erinnert. Für die Erzverhüttung wurde früher viel
Holz benötigt, das wahrscheinlich hier geschlagen wurde und die waldlose Hügellandschaft
hinterlassen hat.
Im Mulde-Tal bei Freiburg sind
zwei hohe Schornsteine sichtbar. Sie gehören zur MRU, der Muldenhütten Recycling und Umwelttechnik GmbH, in
Muldenhütten.
Gegründet
wurde die Hütte im 14. Jahrhundert. Anfänglich wurde nur Silbererz aus den
Freiberger Bergbaurevieren geschmolzen. Das Bergsilber wurde vom Münzmeister zu
einem vom Landesherren festgelegten Preis aufgekauft. Bis 1556 wurde alles
Silber in der Freiberger Münze zu Brakteaten, Meißner Groschen und Talern
geprägt. Danach war nur noch Dresden die Münzstätte der sächsischen Kurfürsten
und das Freiberger Silber wurde nach Dresden geliefert.
Die
zurückgehende Silberförderung glich die Silberhütte durch ausländische Erze
aus, am Anfang des 20. Jahrhunderts betrug dessen Anteil etwa 80 %.
In den 1970er
Jahren wurde die Produktion auf das Recycling von Metallen umgestellt. Nach der Privatisierung 1990 wird
aus Batterien- und Akkumulatorenschrott Sekundär-Blei gewonnen.
Muldenhütten ist der älteste, noch in Betrieb befindliche
Hüttenstandort in Deutschland.
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