Wanderung Tegeler See und Borsig-Villa
September 2025
Mit Tegel verbindet man den
Berliner Flughafen. Der ist aber nicht mehr dort, sondern im Süden Berlins im
Brandenburger Schönefeld. Der Flughafen war auch nicht unser Ziel. Wir wollten
zum Tegeler See. Dort und im angrenzenden Tegeler Forst gibt es gut
angelegte Waldwege, ähnlich wie im Grunewald.
Wir starten am Tegeler Hafen, in der Nähe der Humboldtbibliothek.
Der Tegeler Hafen ist 1908 am Tegeler
See eröffnet worden und war ein Umschlagplatz an der 1914 als Großschifffahrtsweg
Berlin-Stettin eröffneten Wasserstraße.
Die Wasserstraße zwischen der Oder
und Havel
verbindet die Westoder bei Friedrichsthal vor Stettin mit der Havel bei Spandau
und dem Abzweig des Berlin-Spandauer-Schifffahrtskanals, der die Havel mit der
Spree und dem Berliner Westhafen verbindet.
Die Teilung der Oder bei
Friedrichsthal (vor Gartz an der Oder) ist mit der 1905 begonnenen
Oderregulierung entstanden. Die Ostoder wurde neu gegraben, um das
Oder-Hochwasser auf kürzestem Weg in den Dammschen See (Jezioro Dabie), eine
Ausweitung der Oder bei Stettin, abzuleiten. Die westlicher fließende Westoder
ist der ursprüngliche Oderfluss, die seit dem 2. Weltkrieg die
deutsch-polnische Grenze bildet.
Ab Friedrichsthal verläuft die Hohensaaten-Friedrichsthaler Wasserstraße parallel zur Oder bis zum Schiffshebewerk Niederfinow, bei dem der Oder-Havel-Kanal beginnt.
Der Tegeler Hafen wurde durch Verbreiterung des Tegeler Fließes angelegt. Auf einer künstlich angelegten, schmalen Insel (Humboldtinsel) zwischen dem Fließ und dem Hafenbecken wurde Gleisanlage mit den Ladekränen errichtet. Das Hafenbecken war über einen halben Kilometer lang und 20 Schiffe der damaligen Größe konnten gleichzeitig anlegen.
Das Tegeler Fließ, ein kleiner Bach, hat sein Quellgebiet bei Mühlenbeck in Brandenburg und ist nur etwa 30 Kilometer lang. Er mündet in den Tegeler See. Der Tegeler See ist eine Ausbuchtung der Havel und nach dem Müggelsee der zweitgrößte See Berlins.
Wir parken unser Auto zwischen der Humboldt-Bibliothek und dem Medical-Park Berlin Humboldtmühle. Wir gehen auf dem Wilhelmsteg zur Tegeler Insel und über den Alexandersteg auf das südliche Ufer des Tegeler Hafens und hier am Ufer weiter bis zur Greenwich Promenade.
Bei der Eröffnung des Hafens war Tegel eine selbständige Gemeinde im Norden Berlins. Die Landgemeinde Tegel gab es seit Anfang des 14. Jahrhunderts. Mitte des 14. Jahrhunderts gehörte das Dorf den Nonnen des Klosters Spandau.
Nach der Reformation kam das Klostervermögen zum Amt Spandau. Tegel gehörte bis 1872 dem Amt Spandau und wurde dann eine selbständige Landgemeinde (?). Neben der Landgemeinde Tegel gab es den Gutsbezirk Tegel, zu dem das Schloss Tegel und weite Gebiete am Tegeler See und die Inseln im See gehörten. Die Landgemeinde und der Gutsbezirk wurden 1920 nach Groß Berlin eingemeindet und Teil des Verwaltungsbezirks Reinickendorf.
Hinter der Hafenbrücke sind wir durch Alt Tegel gegangen. Vorbei an der Dorfkirche, die hier kurz vor Beginn des 1. Weltkrieges errichtet wurde. Die erste Kirche des Landdorfes Tegel entstand natürlich viel früher. Es wird angenommen, dass schon mit der Gründung des Dorfes Tegel um 1240 eine Kirche gebaut wurde, eine kleine „Kirche von Holz erbaut mit schlechter Lehmwand“, wie der Pfarrer der benachbarten Dalldorfer (heute Wittenau) Kirche 1714 monierte.
Zurück am Tegeler Hafen schauen wir noch auf die Humboldtmühle. Es ist ein großer Klinkerbau, im Aussehen ähnlich den Speicherbauten im Hamburger Hafen. Eine erste Mühle am Tegeler Fließ ist 1361 dokumentiert. Sie gehörte dem Brandenburger Markgraf, später erwarben die Spandauer Benediktinerinnen die Mühle (ihnen gehörte schon das Dorf Tegel). Nach der Reformation kam sie an den Brandenburger Kurfürsten, dann an die von Humboldt, darum Humboldtmühle, und später an andere Eigentümer.
Mit dem Namen Humboldt verbinden wir Wilhelm (1767 – 1835) und Alexander von Humboldt (1769 – 1859). Wilhelm war ein preußischer Gelehrter, Schriftsteller und Staatsmann. Auf ihn geht die Gründung der Berliner Universität zurück. Alexander war Forschungsreisender. Ihrer beiden Mutter brachte das Gut und das Schloss Tegel bei der Heirat (1766) mit Alexander Georg von Humboldt (von Friedrich II. dem Großen erhielt er das Hofamt eines Kammerherrn) in die Ehe ein. Wilhelm von Humboldt ließ das Schloss durch Karl Friedrich Schinkel (Architekt Friedrichs II. und bedeutender Baumeister) im Stil des Klassizismus umgestalten. Durch Erbschaften gehört das Schloss jetzt einer Familie von Heinz (Ur…-Enkel von Wilhelm von Humboldt).
Der Klinkerbau war der Getreidespeicher, 1939/1940 nach dem Abbrand des alten Speichers gebaut. Daneben waren die Mühlen- und Maschinengebäude. Um 1990 erwarb Ernst Freiberger die Gebäude. Der Getreidespeicher und die anderen Gebäude wurden zu einem Hotel umgebaut. Ein Neubau ergänzte die Anlage. Seit 2009 ist der ehemalige Mühlenkomplex eine Fachklinik Medical Park Berlin Humboldtmühle, die von Ernst Freiberger betrieben wird.
Ernst Freiberger hatte zuvor das
Quartier der ehemaligen Bolle Meierei in Berlin-Moabit entwickelt.
Unsere erste Wohnung in Berlin war ganz in der Nähe. Mitte der 1970er Jahre
kaufte Freiberger eine vom Konkurs bedrohte Pizzafabrik in Berlin-Moabit. Das
Pizza-Geschäft lief gut und er baute 1986 in Reinickendorf eine neue Fabrik, es
war damals die größte Pizzafabrik Europas. 1989 verkaufte er ein Viertel
der Unternehmensanteile an die Südzucker AG (seit 1998 ist Freiberger eine 100% Tochter
der Südzucker). Mit dem Geld kaufte Freiberger das Bolle-Areal in Moabit von
der in Konkurs gegangen Coop-Berlin. Die Gebäude der Bolle Meierei werden ein
Hotel und Restaurants. Daneben baut er den Spreebogen und vermietete ihn
an das Innenministerium.
In Berlin-Mitte entwickelte Freiberger das Forum an der
Museumsinsel auf dem Areal des ehemaligen Haupttelegraphenamtes an der Oranienburger
Straße (20.000 Telegramme täglich, Rohrpostanlage mit einem 250 Kilometer
langen Netz) und der ehemaligen Charité-Frauenklinik neben dem Monbijou Park. Jetzt
sind dort Büros für Unternehmen, ein Hotel und mehrere Restaurants.
Und schließlich hat Freiberger auch die Humboldtmühle in
Tegel einer neuen Nutzung zugeführt.