Nicht nur Lavendel und Flamingos 
Eine Rundfahrt durch die Provence  

7. und letzter Teil:  


Lavendelfelder und Pont du Gard

 19. und 21. Juli 

Auf der Fahrt von Aix-en-Provence nach Avignon sind wir einen Umweg gefahren, um die blauen Lavendelfelder, für die die Provence bekannt ist, zu sehen. Und von Avignon aus haben wir dann als Abschluss unserer Provence-Fahrt auch noch einen Ausflug zur Pont du Gard gemacht, dem Aquädukt aus römischer Zeit, das man gesehen haben muss, wenn man in Südfrankreich ist.

Normal fährt man von Aix en Provence nach Avignon ziemlich diagonal nach Nordosten. Wir sind von Aix aber nach Norden gefahren, um in das Lavendel-Gebiet zu kommen. Davor haben wir in Lourmarin einen Zwischenstopp eingelegt.

Als wir in Lourmarin hineinfahren, staunen wir über die Menge an parkenden Autos. Nur am Ortsrand konnten wir unseren Wagen mit Mühe und Not abstellen. Zunächst glaubten wir, die Fahrer der geparkten Autos hätten das gleiche Ziel wie wir, das Grab von Albert Camus.

Albert Camus (1913 – 1960) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph. Aufgewachsen war er im französischen Algerien. 1957 hat er den Nobelpreis für Literatur erhalten. Von dem Preisgeld kaufte er eine ehemalige Raupenzucht in Lourmarin. Bei einem Autounfall in der Nähe von Lourmarin ist er mit 46 Jahren gestorben und wurde hier begraben.

Lourmarin besitzt die Klassifizierung als eines der schönsten Dörfer Frankreichs, Plus beaux villages de France. Das Schloss in Lourmarin soll das älteste Renaissanceschloss der Provence sein (Baujahr 1526).

Dies beides, das schönste Dorf und das Schloss waren wohl der Grund für die zugeparkten Straßen des Ortes. Auf dem Friedhof waren wir die einzigen Besucher. Und wir mussten lange suchen, bis wir das Grab von Camus und seiner Frau Francine (sie starb 1979) entdeckten.


Wir mussten lange suchen, bis wir das Grab von Camus
und seiner Frau gefunden haben. 
Großartig gepflegt waren beide Gräber nicht.


Lourmarin liegt südlich der Kalkstein-Gebirgskette Luberon. Von Lourmarin aus fahren wir nach Norden, durch die Schlucht zwischen dem Petit Luberon und dem Gran Liberon. Es ist die einzige Straße durch den Luberon nach Norden. Wir wollen zu den Lavendelfeldern nördlich des Luberon. Über Saignon, Apt, Saint-Saturnin-lés-Apt wollen wir bis Sault immer geradezu nach Norden und danach nach Südwesten abbiegen, um Avignon zu erreichen. 

Die Provence gilt als der wichtigste Anbauort für Lavendel weltweit. Bereits in der frühen Antike war Lavendel als Heilpflanze und für die Parfümherstellung bekannt. Bis zum 18. Jahrhundert wurde in der Provence wilder Lavendel von Bauernfamilien gepflegt und geerntet. Unterstützt wurden sie dabei von ihren Schafen und Ziegen, die den Wildwuchs zwischen den Pflanzen fraßen, den Lavendel wegen seiner ätherischen Öle aber mieden. 

Lavendel - wahrscheinlich aber Lavadin

Ab dem 18. und 19. Jahrhundert entstand eine Lavendelindustrie und erste Parfumfabriken in der Stadt Grasse (Departement Alpes-Maritimes, nordwestlich von Cannes, also weiter westlich unserer heutigen Route). Im 20. Jahrhundert stieg der Bedarf an Lavendel-Ölen und die Parfümfabriken begannen Lavendel in der Haute-Provence großflächig zu kultivieren. 

Um 1930 wurde eine natürliche Kreuzung (Bienenbestäubung mit einer anderen Sorte) des Lavendels entdeckt, der Lavandin. Aus Lavanndin kann dreimal mehr ätherisches Öl gewonnen werden, als aus dem echten Lavendel. Allerdings ist die Qualität der Öle von Lavandin geringer als die von echtem Lavendel. Trotzdem ist der Anbau von Lavandin wirtschaftlicher als der von echtem Lavendel. Der Anteil an Lavandin in der Provence beträgt 75 %. 


Saignon
ist ein Bergdorf im Naturpark Luberon und liegt wie eine mittelalterliche Festung auf einem Hügel, von Lavendelfeldern umringt (so die örtliche Beschreibung). Auf dem dominierenden Felsen Rocher Bellevue befanden sich einmal drei Festungsburgen, wohl wegen der strategisch guten Lage des Felsens. 

An den Felsen angeschmiegte Häuser des Bergdorfs

Blick ins Land

Der Felsen über dem Dorf

Apt 
ist die ehemalige römische Stadt Apta lulia (150 n.Chr.), an der Via Domitia gelegen (die Römerstraße in Gallien, die Italien mit Spanien verband).

Apt ist für seine kandierten Früchte bekannt (Fruits confits d’Apt). Die Stadt ist umgeben von Obstplantagen und Rebflächen. 

Saint-Saturnin-lés-Apt

ist ein mittelalterliches Dorf im Vaucluse. Hier wagte um 1810 Joseph Talon ein Experiment. Er setzte Eicheln (oder Eichenschösslinge?) von Eichen, unter denen er Trüffel gefunden hatte, in seinen steinigen Ackerboden.  Nach etwa 10 Jahre erntete er die ersten Trüffel. Heute ist die Region Vaucluse führend in der Trüffelproduktion.  


In Frankreich werden die meisten Trüffel in der Provence gefunden. Es gibt drei Hauptsorten (unter 30 Trüffelsorten), den Schwarzen Trüffel (Ernte November bis März), den Tuber Brumale (dem Schwarzen Trüffel ähnlich, Ernte Dezember bis März), den Weißen Trüffel (Ernte in Vaucluse Januar bis April, er wird auch als Märztrüffel bezeichnet).          

 

In Deutschland kann man lt. „Mein schöner Garten“ in Baumschulen Bäume und Büsche (Rotbuche, Stieleiche, Haselnuss) kaufen, die mit den Sporen des Burgundertrüffels geimpft sind. Mit Glück könne man nach 5 bis 10 Jahren die ersten Trüffel unter Haselsträuchern ernten, wenn der Boden geeignet ist (wasserdurchlässig, kalkhaltig und hoher ph-Wert). Im Inernet gibt es Berichte, die Trüffelfunde und Trüffelkulturen in Deutschland bestätigen. Ich habe aber nirgends gelesen, dass man deutsche Trüffel kaufen könnte. 


Sault

liegt auf einem Felsvorsprung in einer Ebene, die aus Weizen-, Dinkel- und Lavendelfeldern besteht, 26 Kilometer südöstlich des Mont Ventoux in den Provenzalischen Voralpen. Der Mont Ventoux ist durch das Radrennen Tour de France bekannt. 

Vor Saignon sind wir durch die Lavendelfelder auf der Hochebene des Plateaus des Claparédes gefahren. Es ist keine zusammenhängende Lavendel-Landschaft. Einzelne Felder werden von lockerem Baum- und Buschbewuchs abgegrenzt. Es ist eine karge Landschaft, in der der Getreideanbau wegen geringer Erträge aufgegeben wurde. 

Wir dachten schon, wir wären zu spät. 
Das erste Lavendelfeld, das wir sahen, war schon abgeerntet.

Dann waren die Büsche doch noch blau

Inmitten eines Lavendelfeldes

Lavendel - nicht bis zum Horizont.
Am Horizont ist das Gebirge des Luberon.

Am Rand der Lavendelfelder:
Die weißen Punkte an den Grashalmen sind Schnecken. Die Grashalme waren übersäht von Massen an kleinen Schnecken, Weiße Heideschnecken (auch: Östliche Heideschnecken). Sie leben in trockenen Gebieten und heften sich an Grashalme und Steine.  Da sie Gräser und Heu mit ihrem Schleim verunreinigen, gelten sie als Schädlinge. In Deutschland gibt es diese Schneckenart östlich einer Linie Heidelberg- Lübeck.

Die Fahrt durch den Luberon war ziemlich kurvenreich und kurvig war auch die Fahrt hinunter und wieder hinauf nach Saignon. Und so sollte die ganze weitere Strecke sein. Das wollten wir eigentlich nicht. Und so entschlossen wir uns, nicht weiter nach Norden, nach Apt, Saint-Saturnin-lés-Apt und Sault zu fahen. Den Trüffel-Ort Saint-Saturnin hätte ich gern gesehen und natürlich auch noch mehr Lavendel-Felder, vielleicht zusammenhängende blaue Lavendel- Landschaften, wie sie in den Touristen-Prospekten beschrieben werden. Aber dafür einen Tag lang eine Kurven-Strecke nach der anderen zu fahren, wollten wir nicht. Also sind wir von Saignon aus direkt nach Avignon gefahren. 

Von Avignon habe ich schon berichtet. 

Nach den Stadtwanderungen durch Avignon sind wir am letzten Tag vor dem Rückflug nach Deutschland noch zur Pont du Gard aus der Römerzeit gefahren. Die Brücke liegt westlich von Avignon, gut 30 Kilometer Fahrweg entfernt. Zunächst sind wir ein Stück die Rhone flussabwärts gefahren. Hinter der Mündung des Gardon (andere Bezeichnung: Gard) in die Rhone sind wir dem Gardon auf dem rechten Flussufer (die westliche Seite) bis zur Brücke gefolgt. Man kann das Auto auch am östlichen Ufer am Musée Pont du Gard parken, muss dann aber anders fahren. 

Pont du Gard

Römischer Aquädukt aus Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr.. Eine der am besten erhaltenen Wasserleitungen aus der Römerzeit. 

Die Brücke war Teil einer 50 Kilometer langen Wasserleitung von den Quellen nahe des Ortes Ucetia (Uzés), auf einem Kalkplateau gelegen, bis zur Stadt Nemausus (Nimes).  Die Luftlinie zwischen der Quelle und Nimes beträgt zwar nur 20 Kilometer. Beim Bau der Leitung mussten aber verschiedene Gebirgsformationen umgangen werden, so dass eine Gesamtlänge von 50 Kilometern erreicht wurde. Der Höhenunterschied zwischen der Quelle und Nemausus betrug 17 Meter. 20.000 Kubikmeter Wasser flossen durch die Leitung, rund 1000 Liter pro Einwohner. 

Die Brücke über den Gardon ist 49 Meter hoch und umfasst drei Bogen-Etagen mit 6, 11 und 35 Bögen. Von der Mitte ausgehend wird die Bogenspannweite zum Ufer hin immer kleiner. 

Im 9. Jahrhundert wurde die Wasserleitung durch Ablagerungen und Abtragung der Werksteine unbrauchbar. Es gab offensichtlich eine andere Wasserversorgung? Dann wurde die Brücke bis in das 18. Jahrhundert als Straßenbrücke benutzt. Mitte des 19. Jahrhunderts baute man eine neue Straßenbrücke über den Gardon. Die römische Brücke wurde  in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen (1985) und der Besucherverkehr geregelt. 

Die untere Etage der Brücke ist für Besucher geöffnet und wir sind sie vom rechten Ufer zum anderen Ufer und wieder zurück gegangen. Die obere Etage der Wasserleitung ist nur vom linken Ufer aus begehbar und nur mit Führungen, die am Brücken-Museum beginnen. 

Pont du Gard:


Zugang zur unteren Etage





Zugang/Ende der oberen Etage

Die Pont du Gard wurde in römischer Zeit für die Überführung der Wasserleitung über den Gard/Gardon gebaut. Erst in der Nachnutzung diente sie als Brücke für Fuhrwerke und Personen. Ein römischer Brückenübergang über den Gardon wird in der Nähe der Pont du Gard bei Remoulins vermutet, etwa 2 Kilometer flussabwärts. Davon ist aber nichts erhalten geblieben.

Erhalten geblieben sind die Reste einer Brücke aus neuerer Zeit. Auf dem Rückweg von der Pont du Gard nach Avignon sind wir an ihr vorbeigekommen. Zunächst dachten wir, es wäre auch ein Bauwerk aus römischer Zeit. Ein Gebäude wie ein Mausoleum und römische Säulen. Die Suche im Internet ergab aber, dass es die Überreste einer der ersten Drahtseil-Hängebrücken in Frankreich waren, das Werk der Brüder Marc und Camille Seguin, die in Frankreich die Erfinder der Drahtseil-Hängebrücken waren. Die Brücke über den Gardon bei Remoulins wurden im Mai 1830 fertiggestellt und 1937 nach Beschädigungen durch ein Hochwasser abgebaut. 

Sieht aus wie aus römischer Zeit,
ist aber ein technisches Bauwerk aus dem 19. Jahrhundert,
die Ancien pont von Remoulins.

Marc Seguin baute und betrieb in Frankreich 186 Hängebrücken, für die er eine Brückenmaut erheben durfte. Er erfand auch den Rauchrohkessel für Dampflokomotiven, bei denen das heiße Rauchgas in mehreren Rohren durch  einen Wasserkessel geführt wird und das Wasser zu Dampf erhitzen.

Platanenallee der Avenue du Pont du Gard
zwischen der Pont du Gard und der Ancien pont


Die kleine Wanderung über die Pont du Gard war der letzte Ausflug unserer Provence-Fahrt. Am nächsten Tag ging es zurück nach Berlin. Mit dem Auto von Avignon bis zum Flughafen Marseille und im Flugzeug mit Zwischenstopp in Zürich zum Berliner Flughafen.


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