Nicht nur Lavendel und
Flamingos
Eine Rundfahrt durch die Provence
7. und
letzter Teil:
Auf der Fahrt von Aix-en-Provence
nach Avignon sind wir einen Umweg gefahren, um die blauen Lavendelfelder,
für die die Provence bekannt ist, zu sehen. Und von Avignon aus haben wir dann als
Abschluss unserer Provence-Fahrt auch noch einen Ausflug zur Pont du Gard
gemacht, dem Aquädukt aus römischer Zeit, das man gesehen haben muss, wenn man
in Südfrankreich ist.
Normal fährt man von
Aix en Provence nach Avignon ziemlich diagonal nach Nordosten. Wir sind von Aix
aber nach Norden gefahren, um in das Lavendel-Gebiet zu kommen. Davor
haben wir in Lourmarin einen Zwischenstopp eingelegt.
Als
wir in Lourmarin hineinfahren, staunen wir über die Menge an parkenden Autos.
Nur am Ortsrand konnten wir unseren Wagen mit Mühe und Not abstellen. Zunächst
glaubten wir, die Fahrer der geparkten Autos hätten das gleiche Ziel wie wir,
das Grab von Albert Camus.
Albert Camus (1913 –
1960) war ein französischer Schriftsteller und Philosoph. Aufgewachsen war er
im französischen Algerien. 1957 hat er den Nobelpreis für Literatur
erhalten. Von dem Preisgeld kaufte er eine ehemalige Raupenzucht in Lourmarin. Bei
einem Autounfall in der Nähe von Lourmarin ist er mit 46 Jahren gestorben und
wurde hier begraben.
Lourmarin besitzt die Klassifizierung als eines der schönsten Dörfer Frankreichs, Plus beaux villages de France. Das Schloss in Lourmarin soll das älteste Renaissanceschloss der Provence sein (Baujahr 1526).
Dies beides, das
schönste Dorf und das Schloss waren wohl der Grund für die zugeparkten Straßen
des Ortes. Auf dem Friedhof waren wir die einzigen Besucher. Und wir
mussten lange suchen, bis wir das Grab von Camus und seiner Frau Francine (sie
starb 1979) entdeckten.
Lourmarin liegt südlich der Kalkstein-Gebirgskette Luberon. Von Lourmarin aus fahren wir nach Norden, durch die Schlucht zwischen dem Petit Luberon und dem Gran Liberon. Es ist die einzige Straße durch den Luberon nach Norden. Wir wollen zu den Lavendelfeldern nördlich des Luberon. Über Saignon, Apt, Saint-Saturnin-lés-Apt wollen wir bis Sault immer geradezu nach Norden und danach nach Südwesten abbiegen, um Avignon zu erreichen.
Die Provence gilt als der wichtigste Anbauort für Lavendel weltweit. Bereits in der frühen Antike war Lavendel als Heilpflanze und für die Parfümherstellung bekannt. Bis zum 18. Jahrhundert wurde in der Provence wilder Lavendel von Bauernfamilien gepflegt und geerntet. Unterstützt wurden sie dabei von ihren Schafen und Ziegen, die den Wildwuchs zwischen den Pflanzen fraßen, den Lavendel wegen seiner ätherischen Öle aber mieden.
Ab dem 18. und 19. Jahrhundert entstand eine Lavendelindustrie und erste Parfumfabriken in der Stadt Grasse (Departement Alpes-Maritimes, nordwestlich von Cannes, also weiter westlich unserer heutigen Route). Im 20. Jahrhundert stieg der Bedarf an Lavendel-Ölen und die Parfümfabriken begannen Lavendel in der Haute-Provence großflächig zu kultivieren.
Um 1930 wurde eine natürliche Kreuzung (Bienenbestäubung mit einer anderen Sorte) des Lavendels entdeckt, der Lavandin. Aus Lavanndin kann dreimal mehr ätherisches Öl gewonnen werden, als aus dem echten Lavendel. Allerdings ist die Qualität der Öle von Lavandin geringer als die von echtem Lavendel. Trotzdem ist der Anbau von Lavandin wirtschaftlicher als der von echtem Lavendel. Der Anteil an Lavandin in der Provence beträgt 75 %.
Apt ist für seine kandierten Früchte bekannt (Fruits confits d’Apt). Die Stadt ist umgeben von Obstplantagen und Rebflächen.
In Frankreich werden die meisten Trüffel in der Provence gefunden. Es gibt drei Hauptsorten (unter 30 Trüffelsorten), den Schwarzen Trüffel (Ernte November bis März), den Tuber Brumale (dem Schwarzen Trüffel ähnlich, Ernte Dezember bis März), den Weißen Trüffel (Ernte in Vaucluse Januar bis April, er wird auch als Märztrüffel bezeichnet).
In Deutschland kann man lt. „Mein schöner Garten“ in Baumschulen Bäume und Büsche (Rotbuche, Stieleiche, Haselnuss) kaufen, die mit den Sporen des Burgundertrüffels geimpft sind. Mit Glück könne man nach 5 bis 10 Jahren die ersten Trüffel unter Haselsträuchern ernten, wenn der Boden geeignet ist (wasserdurchlässig, kalkhaltig und hoher ph-Wert). Im Inernet gibt es Berichte, die Trüffelfunde und Trüffelkulturen in Deutschland bestätigen. Ich habe aber nirgends gelesen, dass man deutsche Trüffel kaufen könnte.
Sault
Vor Saignon sind wir durch die Lavendelfelder auf der Hochebene des Plateaus des Claparédes gefahren. Es ist keine zusammenhängende Lavendel-Landschaft. Einzelne Felder werden von lockerem Baum- und Buschbewuchs abgegrenzt. Es ist eine karge Landschaft, in der der Getreideanbau wegen geringer Erträge aufgegeben wurde.
Die Fahrt durch den Luberon war ziemlich kurvenreich und kurvig war auch die Fahrt hinunter und wieder hinauf nach Saignon. Und so sollte die ganze weitere Strecke sein. Das wollten wir eigentlich nicht. Und so entschlossen wir uns, nicht weiter nach Norden, nach Apt, Saint-Saturnin-lés-Apt und Sault zu fahen. Den Trüffel-Ort Saint-Saturnin hätte ich gern gesehen und natürlich auch noch mehr Lavendel-Felder, vielleicht zusammenhängende blaue Lavendel- Landschaften, wie sie in den Touristen-Prospekten beschrieben werden. Aber dafür einen Tag lang eine Kurven-Strecke nach der anderen zu fahren, wollten wir nicht. Also sind wir von Saignon aus direkt nach Avignon gefahren.
Von Avignon habe ich schon berichtet.
Nach den Stadtwanderungen durch Avignon sind wir am letzten Tag vor dem Rückflug nach Deutschland noch
zur Pont du Gard aus der Römerzeit gefahren. Die Brücke liegt westlich von
Avignon, gut 30 Kilometer Fahrweg entfernt. Zunächst sind wir ein Stück die
Rhone flussabwärts gefahren. Hinter der Mündung des Gardon (andere Bezeichnung:
Gard) in die Rhone sind wir dem Gardon auf dem rechten Flussufer (die westliche
Seite) bis zur Brücke gefolgt. Man kann das Auto auch am östlichen Ufer am
Musée Pont du Gard parken, muss dann aber anders fahren.
Pont du Gard
Römischer Aquädukt aus Mitte des 1. Jahrhunderts n.Chr.. Eine der am besten erhaltenen Wasserleitungen aus der Römerzeit.
Die Brücke war Teil einer 50 Kilometer langen Wasserleitung von den Quellen nahe des Ortes Ucetia (Uzés), auf einem Kalkplateau gelegen, bis zur Stadt Nemausus (Nimes). Die Luftlinie zwischen der Quelle und Nimes beträgt zwar nur 20 Kilometer. Beim Bau der Leitung mussten aber verschiedene Gebirgsformationen umgangen werden, so dass eine Gesamtlänge von 50 Kilometern erreicht wurde. Der Höhenunterschied zwischen der Quelle und Nemausus betrug 17 Meter. 20.000 Kubikmeter Wasser flossen durch die Leitung, rund 1000 Liter pro Einwohner.
Die Brücke über den Gardon ist 49 Meter hoch und umfasst drei Bogen-Etagen mit 6, 11 und 35 Bögen. Von der Mitte ausgehend wird die Bogenspannweite zum Ufer hin immer kleiner.
Im 9. Jahrhundert wurde die Wasserleitung durch Ablagerungen und Abtragung
der Werksteine unbrauchbar. Es gab offensichtlich eine andere Wasserversorgung?
Dann wurde die Brücke bis in das 18. Jahrhundert als Straßenbrücke benutzt. Mitte des 19. Jahrhunderts baute
man eine neue Straßenbrücke über den Gardon. Die römische Brücke wurde in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen (1985)
und der Besucherverkehr geregelt.
Die untere Etage der Brücke ist für Besucher geöffnet und wir sind sie vom rechten Ufer zum anderen Ufer und wieder zurück gegangen. Die obere Etage der Wasserleitung ist nur vom linken Ufer aus begehbar und nur mit Führungen, die am Brücken-Museum beginnen.
Pont du Gard:
Die kleine Wanderung über die Pont du Gard war der letzte Ausflug
unserer Provence-Fahrt. Am nächsten Tag ging es zurück nach Berlin. Mit dem Auto von Avignon
bis zum Flughafen Marseille und im Flugzeug mit Zwischenstopp in Zürich zum
Berliner Flughafen.